Gib mir Liebe - Kou von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 11: Nicht jetzt ----------------------- Nervös schaute Kaoru auf ihre Armbanduhr, ehe sie den Arm wieder in ihren Schoß fallen ließ. Sie war viel zu früh dran, sie war eigentlich erst in einer Stunde mit Kou zum Lernen verabredet und dennoch saß sie schon in der Bibliothek und wartete auf ihn. Kaoru ordnete und arrangierte ihre Lernmaterialien nochmals neu und beschloss, noch einmal die Inhalte der letzten Vorlesung durchzugehen. Doch sie konnte sich nicht konzentrieren, da sich ihre Gedanken nach wie vor nur um das Eine drehten. Wie sollte die Kou begegnen und normal mit ihm reden, nachdem DAS zwischen ihnen passiert war? Die Röte kroch augenblicklich in Kaorus Gesicht und sie versteckte es schnell hinter ihren Händen, damit niemand ihr Dilemma mitbekam. Am liebsten wollte sie laut schreien, aber es war in der Bibliothek strengstens untersagt, irgendwelchen Lärm zu machen. //Oje, was mache ich nur...?//, dachte Kaoru und spielte mit dem Stift in ihrer linken Hand, um sich zu beschäftigen. Es war wirklich dumm gewesen, ihn von sich zu schieben und dann ohne ein Wort aus seiner Wohnung zu verschwinden, doch Kaoru hatte einfach instinktiv gehandelt, weil es in jenem Moment einfach zu viel für sie gewesen war. Nicht, dass sie diesen Kuss nicht auch gewollt hatte, im Gegenteil... doch dadurch war sie nun ganz durcheinander und konnte sich kaum auf alltägliche Sachen konzentrieren, am allerwenigsten aufs Lernen. Nervös klickte Kaoru jetzt mit ihrem Stift herum, bis die Bibliotheksverantwortliche sich laut und vernehmlich räusperte und ihr einen bitterbösen Blick zuwarf. Kaoru warf den Stift peinlich berührt auf ihre Unterlagen und verschränkte die Arme, um damit ihre hypernervösen Hände einzuklemmen. Natürlich half es nicht, denn der Zeiger der großen Uhr am Eingang zeigte ihr, dass die Zeit nur so dahinkroch. Wenn das so weiterging, würde sie noch durchdrehen, bevor Kou überhaupt hier war. //Ganz ruhig, Kaoru, dir fällt etwas ein//, sagte sie zu sich selbst, doch ihr Kopf war wie leergefegt. Ihr Besuch hatte wenigstens insofern etwas gebracht, dass Kou am nächsten Tag wieder zur Uni gekommen war. Weiterhin hatte er nichts über den Kuss gesagt, sondern sich stattdessen so wie vorher mit Kaoru unterhalten, als ob nichts geschehen wäre. Es war genauso, wie Kaoru es sich zwischen ihnen gewünscht hatte, nur, dass die Sache mit dem Kuss zwischen ihnen ungeklärt war. //Außerdem will ich jetzt nicht mehr, dass wir nur befreundet sind//, seufzte Kaoru innerlich und schaute unglücklich auf den Tisch vor sich. Dieser Kuss ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf, ebenso die Vorstellung, dass Kou ihr Freund sein könnte. Sie konnte sich fast nichts Schöneres vorstellen, weil er so ziemlich allem entsprach, was sie sich von einem Freund wünschte. Doch genau da begannen auch schon die Probleme, denn Kou hatte ziemlich deutlich gemacht, dass er keine Freundin wollte und Kaoru gab sich nicht dem Luxus hin zu denken, dass er allein für sie eine Ausnahme machen würde. Kaoru seufzte, was ihr einen erneuten strengen Blick der Bibliotheksverantwortlichen einbrachte und dieses Mal hätte sie ihr gern die Zunge herausgestreckt. Sie dachte gerade darüber nach, wie sie in Zukunft mit Kou umgehen sollte, wenn sie allein waren und ob und wie sie das Thema mit dem Kuss anschneiden sollte, da war doch ein bisschen Nachsicht wohl angebracht. „Du siehst aus, als würdest du gleich jemanden auffressen“, sagte eine leise Stimme dicht neben ihrem Ohr und Kaoru sprang mit einem Aufschrei von ihrem Stuhl hoch. Sämtliche Anwesende in der Bibliothek fuhren zu Kaoru herum, welche augenblicklich rot anlief und sich wünschte, der Boden möge sich unter ihr auftun und sie verschlucken. Doch natürlich tat sich nichts dergleichen und sie wurde mit einem ziemlich belustigten Kou des Raumes verwiesen. „Das ist nur deine Schuld“, schämte sich Kaoru und stieß Kou in die Seite, was diesen nur noch mehr amüsierte. „Ich habe dir gleich gesagt, dass das Lernen in der Bibliothek eine schwachsinnige Idee ist. Das war das beste Beispiel dafür“, erinnerte er sie und suchte sich nun einen leeren Seminarraum, um sich dort auszubreiten. Kaoru schloss die Tür hinter ihnen, damit sie ihre Ruhe hatten und stockte aber mittendrin. Sollte sie die Tür nicht besser auflassen, damit Kou nicht gleich ahnte, was sie vorhatte? Aber dann konnten sie nicht ungestört lernen, das stand wohl fest, also ließ Kaoru die Tür zu und ging zu Kou. Das brachte sie direkt zu Problem Nummer zwei: Wohin sollte sie sich setzen? Gegenüber von Kou, mit einem Tisch zwischen sich und ihm? Neben ihn, wie immer? Oder doch lieber weiter weg, damit er sich nicht unwohl mit ihr fühlte? „Kaoru?“ Sie sah hoch, direkt in sein Gesicht und sie musste wieder an diesen Kuss denken. Es war so anders gewesen als damals, als sie ihn geküsst hatte, als er geschlafen hatte. Es hatte sie einfach überkommen und sie hatte vorgehabt, es danach einfach abzuhaken, doch da war er aufgewacht und sie hatten Phase eins des aktuellen Problems erreicht. Sein Kuss wiederum hatte sie viel mehr aufgewühlt, einfach, weil es von ihm ausgegangen war. Sie hatte gespürt, dass er genau gewusst hatte, was er da tat und es hatte unaussprechliche Sachen mit ihr angestellt. Ihr ganzer Körper war in Aufruhr gewesen, ihr Herz hatte wild in ihrer Brust geschlagen und am liebsten hätte sie sich an ihn gedrückt, um die letzten Zentimeter zu überbrücken, die sie von ihm getrennt gewesen war. Am liebsten hätte sie sich sogar ausgezogen und sich ihm hingegeben, das war die Wahrheit, die sie am liebsten gut verborgen hätte. Genau dieser Gedanke hatte sie abrupt den Kuss beenden lassen und hatte sie dazu veranlasst, vor ihm zu flüchten. Ein Kuss war ein Kuss, was in seiner Nähe schon gefährlich genug war. Aber dass er so etwas Wildes in ihr hervorrief, dass sie am liebsten über ihn hergefallen wäre, hatte Kaoru zutiefst erschreckt. Aber es ängstigte sie nicht, sondern löste eher nervöse Ehrfurcht in ihr aus, schließlich war er der Erste, der solche leidenschaftlichen Gefühle in ihr weckte. Sie hatte zuvor schon zwei Beziehungen gehabt, doch diese waren nie sonderlich aufregend gewesen. Sie hatte diese anderen Jungs geküsst, hatte mit ihnen geschlafen... aber es kam nicht einmal annähernd an das heran, was sie gefühlt hatte, als Kou sie von sich aus geküsst hatte. Diese anderen Beziehungen hatten irgendwann an Reiz verloren und waren schnell von beiden Seiten aus beendet worden... doch Kaoru hatte das Gefühl, dass es mit Kou anders sein konnte. Doch genau dieses Wissen war es, dass sie traurig machte, schließlich würde sie nie eine Chance dazu bekommen, es heraus zu finden. „Kaoru... möchtest du mir irgendetwas sagen?“, hörte sie Kous Stimme und sie konzentrierte sie wieder aufs aktuelle Geschehen. Sie lächelte, setzte sich ihm gegenüber, so dass ein Tisch sie trennte... und seine Miene verfinsterte sich ein wenig. Kaoru zuckte zusammen und überlegte fieberhaft, was ihr Fehler gewesen war, doch sie kam nicht darauf. „Wenn es dir unangenehm ist...“ „Nein, nein! Nichts ist mir unangenehm, es ist total angenehm mit dir, äh- ich- ich meine-“, stotterte Kaoru und sie sank etwas auf ihrem Stuhl zusammen. Wie peinlich... Kou schaute mit nachdenklicher Miene auf Kaoru. Er konnte sich gut vorstellen, was sie umtreiben musste, aber noch war er nicht bereit, darüber zu reden. „Ich denke, ich weiß, was los ist...“, begann er und Kaoru hob den Kopf, um ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Angst anzuschauen. Es versetzte ihm einen Stich, aber er ignorierte es, um weitermachen zu können. „Lass uns die Sache nicht jetzt bereden. Wenn die Prüfungen vorbei sind, werden wir reden, so ausführlich du willst... aber vorerst sollten wir das Thema ruhen lassen“, meinte er dann, obwohl er das unbändige Gefühl verspürte, sie erneut an sich zu reißen, um sie nochmal zu küssen. Es hatte sich viel zu gut angefühlt, etwas, was ihn vollkommen aus dem Konzept gebracht hatte. Seither wollte er noch mehr von ihr, aber er verbot sich diesen Gedanken und dieses Gefühl, weil es nichts anderes als sein Jagdtrieb von damals sein konnte. Wenn er es nur lange genug hinauszögerte, würde Kaoru jemand anderen finden, jemanden, der besser zu ihr passte. Er wollte, dass sie glücklich wurde und das konnte sie nicht mit jemandem wie ihm, egal, wie sehr er auch auf ihr Wohl bedacht war. Über kurz oder lang würde er ihr wehtun und das wollte er auf keinen Fall... „Du meinst... wir reden später darüber? In den Ferien?“, hakte Kaoru vorsichtig nach und ein kleines Glücksgefühl durchfuhr sie, als er nickte. Das hieß schon mal, dass er sie weiterhin sehen wollte. Das machte ihr ein wenig Hoffnung, denn so hatte sie vielleicht noch genug Zeit, um Kou von sich zu überzeugen. Sie wusste zwar noch nicht, wie sie das anstellen würde, aber vielleicht fiel ihr doch etwas ein, um das Blatt zu wenden. „Vielleicht unternehmen wir auch etwas Besonderes... natürlich nur, wenn du in den Prüfungen zeigst, dass du mit mir mithalten kannst“, lächelte Kou schließlich und Kaoru war sofort Feuer und Flamme. „Natürlich kann ich mit dir mithalten, pass´ nur auf, ich zeige es dir!“, rief sie enthusiastisch und den Blonden brachte das zum Lachen. Kaoru machte sich anschließend mit Feuereifer daran, mit Kou die Prüfungsfragen zu bearbeiten. Sie war entschlossen, aus dieser besonderen Unternehmung etwas wirklich „Besonderes“ zu machen und noch nicht aufzugeben. Noch waren nicht alle Karten ausgespielt und sie war sich sicher, noch ein, zwei Asse im Ärmel zu haben. „Wenn ich besser bin als du, gehen wir zum Sommerfest“, bestimmte sie, stemmte den Ellenbogen auf den Tisch vor sich und bot Kou zum Versprechen den kleinen Finger da. Kou schaute skeptisch darauf und gerade, als Kaoru die Geste zurückziehen wollte, ergriff er ihren Finger mit seinem. Er nickte. „Einverstanden.“ Kaoru durchfloss erneut dieses Glücksgefühl und ließ sie errötend und lächelnd zurück. Nun konnte sie nichts mehr aufhalten, das wusste sie ganz genau. „Und wenn ich gewinne, musst du dich von mir fernhalten“, sagte er plötzlich ernst und das Glücksgefühl wich einer plötzlichen Eiseskälte in ihrem Inneren. //Meint er das ernst?//, fragte sich Kaoru entsetzt und stellte fest, dass er ihren kleinen Finger nach wie vor mit seinem umklammert hielt. Kaoru zögerte sehr lange, ehe sie ein zögerndes Versprechen gab. „In Ordnung...“, meinte sie dann, wobei ihr Inneres fast taub wurde. Sich von Kou fernhalten? Schlimmer konnte es einfach nicht kommen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)