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Wo der Himmel ist

Sag mir das das hier ein Märchen ist, mit Happy End für alle Leute.
von

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Gebrandmarkt

Hope fades, into the world of night.

Through shadows falling, out of memory and time.
 


 

Frau blickte auf seine Stiefelspitzen. Es war früher Nachmittag und er saß auf einer Bahre in einem improvisiertem Krankenzimmer. Er war nicht verletzt, er war lediglich an der Reihe sich Galas Untersuchung zu unterziehen. In Anbetracht der Tatsache das sie als Piraten meiste Monatelang nur von dem lebten was sich an Bord ihres Schiffes befand eine sicher gar nicht so unsinnige Idee sie als Ärztin einzuspannen. Auch wenn es ihm ein wenig komisch vorkam das sie sich so gut mit Gido zu verstehen schien. Davon mal abgesehen hatte er allerdings ein viel größeres Problem damit das er mit der ganzen Situation hier nur recht wenig anfangen konnte. Erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst das er sich auf dem Schiff immer nur zu seinem ehemaligen Vormund geflüchtet hatte, doch jetzt wo er das nicht konnte merkte er wie Fremd ihm immer noch alles schien. Der Blondhaarige ließ die Kette seines Feuerzeugs zwischen seinen Fingern entlanggleiten. Schweigend hob er den Blick und betrachtete das dichte Geäst der Bäume die er vom Fenster aus sehen konnte. Er gab sich Mühe nicht an Labrador zu denken und er fragte sich was wohl aus ihm geworden war, wenn er nun nicht Profes Platz eingenommen hatte. Sie waren jetzt schon fast zwei Tage hier, doch er hatte noch keine Wirkliche Gelegenheit bekommen nach ihm zu suchen, obwohl er sich nicht mal sicher war ob er ihn ansprechen wollte. Er wollte ihn einfach nur sehen, das war ihm eigentlich schon genug. Erst als Gala ihre Stimme wieder erhob und sich von ihrer Arbeitsplatte löste, der Tisch war bestückt mit unzähligen Kräutern, von denen Frau vielleicht gerade mal die Hälfte schon mal bei Labrador gesehen hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder ihr zu. Sein Blick glitt an der hellhaarigen Frau hinab und vorsichtig wieder hinauf.Bisher hatte sie alle seine Versuche mit ihr zu flirten zu nichte gemacht. Nicht mal aus Spaß schien sie das mitmachen zu wollen. Eigentlich schade, dachte er, als er sie so musterte und sich fragte was Gido an sich hatte das sie bei ihm nichts dagegen hatte, wenn er ihr ohne Ernsthaftigkeit schöne Augen machte. Gala hatte ihn als einen der ersten auf ihr Zimmer bestellt, auch wenn er für heute der letzte zu sein schien. Zumindest hatte sie etwas in die Richtung angedeutet. Ihre lilafarbenen Augen, besaßen die Selbe sanfte Strenge wie die Labradors, als sie ihn nun von oben bis unten kritisch musterte. „Ich nehme an du hattest keine sonderlich schwere Verletzungen in letzter Zeit...“
 

„Keine von denen ich wüsste“, antwortete Frau wahrheitsgemäß und hoffte einfach das sein Alter Ego in letzter Zeit tatsächlich aufgepasst hatte. Ihr Blick erinnerte ihn fast schon schmerzhaft an den Älteren und als sie noch einige weitere Fragen stellte tat er sich schwer sie nicht zu vergleichen. Vor allem fragte er sich aber was sie wohl für den Hellhaarigen war. Eine Schwester? Eine Cousine? Eine Tante? Eine entfernte Verwandte? Der Gedanke brachte ihn darauf das er nicht mal genau wusste was Gido jetzt für ihn war – sie stammten doch aus dem selben Haus, also mussten sie doch irgendwie miteinander verwandt sein, oder nicht? Aber anscheinend nicht nah genug um voneinander die Finger zu lassen. Vielleicht sollte er einfach mal fragen, überlegte er, als er Galas Zaiphon durch seinen Körper wandern spürte. Für einen Moment ging sein Puls hoch, nämlich als ihm einfiel das sich die Schäden die Devaki angerichtet hatte auch auf diesen Körper übertragen hatten. Labrador bestand ja nicht umsonst darauf das er sich regelmäßig untersuchen ließ. Wohl schon allein, weil sie ihm so oft den Appetit raubte. Doch die blondhaarige Frau hatte ebenso wie ihr vielleicht späterer Nachfolger das Glück das er ein verdammt umgänglicher Patient war. Er ließ es alles über sich ergehen, auch die Fragen. Hauptsache es dauerte nicht den ganzen Tag. Erst als ihre Hände über seinem rechten Augen verweilten und sie nachdenklich das Gesicht verzog, kehrte das mulmige Gefühl wieder zurück. Es war unangenehm und schlug ihm ein wenig auf den Magen, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Vorsichtig schluckte der Blonde und starrte sie suchend aus beiden Augen an, wobei die junge Frau seine Lider auseinander gezogen hatte und er auch gar nicht anders konnte als sie anzustarren.
 

„Du hast da...“, sie sprach den Satz nicht zu Ende, sondern zog einfach nur die Brauen zusammen. „Hattest du als Ki-“, weiter kam sie gar nicht denn fast schon fluchtartig rückte Frau von ihr Weg und riss dabei den Kopf aus ihren Händen.
 

„Gar nichts!“, fauchte er und blickte weg. Es machte keinen Sinn. Warum sollte das denn noch da sein? Das war doch nicht sein Körper, das war der von irgendwem der nur zufällig aussah wie er. Das konnte doch gar nicht sein!
 

„Mick lass es mich ansehen, wenn du verletzt –“
 

„Ich bin nicht verletzt!“ Er schluckte und rieb sich mit einer Hand übers Gesicht. „Ich...“, er stockte und fuhr geistesabwesend die Linie um sein Auge nach. Er zog die Lider ein wenig auseinander und rieb sich das Auge. „Es ist nichts.“ Er knurrte diese letzten Worte und entzog ihr den Kopf, als sie erneut versuchte ihn festzuhalten. „Und helfen kannst du mir da auch nicht...“, fügte er nach einer Weile des Schweigens hinzu. Seufzend hatte Gala die Arme verschränkt und schüttelte den Kopf.
 

„Sei nicht so ein Sturkopf, ich will es mir doch nur ansehen...“, entgegnete sie. „Ich muss wenigstens wissen was los ist, vielleicht kann ich ja doch was tun...?“ Und dann legten sich ihre kalten Hände wieder an sein Gesicht und sie zog seine Augenlider auseinander, während er die sanfte wärme ihres Zaiphons auf seinem Gesicht spüren konnte. „Ich tu auch nichts was du nicht wills – aber lass es mich wenigstens anschauen.“ Die ganze Zeit über hatte der Blondhaarige jedoch nur versucht wegzusehen. Sie hatte ihn mit einem Mal so sehr an Labrador erinnert das er kaum gewagt hatte sich noch einmal zu verweigern. Dennoch versuchte er den Blick abzuwenden und als ihm das nicht gelang zu senken, wobei er zugeben musste das ihm der Ausblick auf ihr Dekolleté ziemlich gefiel. Vorsichtig wanderten seine Augen jedoch wieder nach oben, als er ihren mahnenden Blick auf sich spürte und er grinste schief, wie um sich zu entschuldigen. „Hat dir schon mal jemand gesagt das du fürchterlich bist?“, fragte sie und schien dabei fast schon angestrengt konzentriert.
 

„Gido... in letzter Zeit ziemlich oft“, gab er zu und sie lachte.
 

„Oh wirklich? Aber ich verzweifle das du ihm in den Ausschnitt guckst.“
 

Jetzt war es an Frau zu lachen, ehe er antwortete, „nein tu ich nicht... nicht nur.“
 

„So so...“, schmunzelte die Blondhaarige und fuhr sich durch die Haare, als sie sich wieder aufrichtete. „Ich befürchte du hattest recht, da kann ich nichts machen. Die Wunde ist zwar verheilt und die Nerven augenscheinlich unbeschädigt, aber...“, sie zögerte und er senkte den Blick. „Es ist Nar–“
 

„Es ist Narbengewebe vorhanden, ich weiß.“
 

Gala runzelte die Stirn und nickte, „ja das ist richtig. Ich vermute es war eine Brandwunde, oder?“ Nun war es an dem Jüngeren zu nicken. „Sie scheint ziemlich alt zu sein–“
 

„Ich war noch ein Kind“, meinte er leise und hielt den Blick abgewandt. „Die erste Behandlung war ein Reinfall, Lab- … ein guter Freund hat später nachgebessert und die schlimmsten Fehler beseitigt.“
 

„So ist das also“, seufzte sie und strich den Rock ihres Kleides glatt als sie sich neben ihn setzte. „Dann weißt du sicher, das die einzige Chance auf vollständige Heilung die wäre die Wunde zu öffnen.“ Aus dem Augenwinkel sah sie wie er nickte, als sie hinzufügte, „was natürlich ebenso risikoreich ist... ich nehme an –“
 

„Nein, ich wills nicht versuchen. Es tut weder weh noch stört es“, ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er sie nun anblickte. „Ich kann damit eher leben, als auf einem Auge blind zu sein.“
 

„Dann solltest du zumindest auch weitere Verletzungen vermeiden, ich kann nicht garantieren das es dann wieder so glimpflich –“
 

„Ausfallen wird. Ich weiß, ich weiß...“, er lachte leise und kratzte sich am Hinterkopf. „Du klingst sehr nach jemandem den ich kenne...“
 

„Ach? Tu ich das...?“
 

Doch darauf antwortete er nicht mehr, lächelte nur noch in sich hinein und fragte vorsichtig, „tust du mir einen Gefallen?“
 

„Was denn?“
 

„Sag es Gido nicht. Er weiß nichts davon und manchmal benimmt er sich wie die überfürsorgliche Mutter Henne.“

Gala lachte, musterte ihn nachdenklich und nickte schließlich. „Na gut, von mir erfährt er es nicht. Dann kannst du jetzt gehen. Scheinst ja sonst gesund zu sein – Tyrone soll als nächster zu mir, okay?“ Nickend richtete er sich auf und sie blickte ihm nach, beobachtete wie er sich im vorbeigehen seinen Mantel griff und den Raum verließ. Und für den Moment schien es ihr nicht Frau zu sein der davonging und sie verschränkte die seufzend die Arme. Der Blonde schien verändert seit dem sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, nicht einfach nur ein Stück weit erwachsener oder erfahrener – wie man es auch immer nennen mochte. Er war Gido schon immer irgendwie ähnlich gewesen und das nicht nur, weil sie von ähnlicher Statur und ähnlichem Charakter waren, doch momentan hatte sein Verhalten etwas an sich das sie von seinem ganzen Wesen her an den Schwarzhaarigen erinnerte. Die Blondhaarige strich sich die Haare zurück und stand wieder auf und ging wieder zu ihrem Arbeitstisch herüber. Vielleicht bildete sie es sich ja auch nur ein.
 

Frau für seinen Teil war froh das Krankenzimmer wieder verlassen zu haben und da er gerade auch nichts besseres zu tun hatte, machte er sich gerade tatsächlich auch auf die Suche nach Tyrone. Doch da das Anwesen groß war, gab er es nach einer Weile auf, fand stattdessen Kojetan, der ihm erklärte wo er den Blondhaarigen finden würde. Seufzend drehte der Größere um und schlug genau die Richtung ein aus der er gerade gekommen war. Was tat man nicht alles um sich nicht zu langweilen... Außerdem konnte er Gido nirgends finden, was auch irgendwie komisch war. Er hatten ihn die letzten beiden Tage irgendwie ständig gesehen. Der Blick des Blonden blieb ab und zu an einigen Familienportraits hängen die die Wände zierten, doch ansonsten ließ er die Einrichtung des Hauses fast gänzlich unbeachtet. Er ging einen langen Gang hinab und ein paar Treppen hinauf, ehe er den Blondhaarigen fand und ihn zu Gala schickte. Er wollte gerade umdrehen und sich irgendwas suchen womit er sich wirklich die Zeit vertreiben konnte, als sein Blick auf eine Gestalt im Garten fiel. Eine Gestalt die ihm sehr bekannt vorkam. Frau hielt inne und ging näher zum Fenster, versuchte dieses zu öffnen und als es ihm gelang beugte er sich etwas raus. Da hockte Labrdor im Garten pflegte die Blumen. Ein leichtes lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und Frau wusste gar nicht wirklich wieso, doch bevor er genauer darüber nachgedacht hatte, war er hinabgeeilt zur Terrassentür. Leise öffnete er sie und schlich hinaus in den Garten. Es war das erste Mal das er ihn alleine hier sah, nicht mal das blondhaarige Mädchen war bei ihm. Dabei schien sie ihm sonst immer auf Schritt und tritt zu folgen. Das wäre jetzt eigentlich die perfekte Chance um mit ihm zu reden, doch trotzdem blieb er hinter einer großen Eiche stehen und lugte nur vorsichtig hervor. Der Baum musste sicherlich drei Mal so alt sein wie er, denn er bot selbst für jemanden seiner Statur einen guten Schutz vor neugierigen Blicken.
 

Was zum Teufel tat er hier überhaupt?
 

Aber was sollte er auch sonst tun? Einfach zu ihm hingehen und mit ihm reden? Wer wusste schon ob das immer noch der Mann war den er kannte. Obwohl... na ja Gido war auch immer noch der selbe, aber das stand doch auch in keinem Bezug zueinander. Gido tat nichts anderes als vor zehn Jahren, aber Labrador war hier immer noch der Erbe des Hausherren und würde eines Tages seine Position übernehmen. Das war jemand ganz anderes – er kannte diesen Menschen nicht. Aber er kannte jemanden der sein Zwilling hätte sein können. „Du kannst ruhig rauskommen“, seine klare sanfte Stimme ließ ihn aus seinen Gedanken schrecken. Frau hatte sich am Fuß der Eiche niedergelassen und späte zwischen den Büschen hervor. Ilyusha lachte und Frau musste blinzeln als er sich über ihn beugte, denn das Sonnenlicht direkt im Hintergrund blendete ihn. So konnte er für einen Moment auch nichts weiter tun, als ihn anzustarren, während die gleißende Gestalt vor seinen Augen seine Hand nahm und ihm aufhalf. Das Sonnenlicht hatte seine Gestalt verschwimmen und ihm für einen Moment alles schrecklich unwirklich vorkommen lassen.

„Lab...“, seine Stimme schien ihm so dünn wie Papier, als er sprach und er räusperte sich. Doch erst einige Sekunden danach fühlte er sich wieder ganz da.
 

Verwirrung zeigte sich auf dem Gesicht des Hellhaarigen, der sehr wohl verstanden hatte was er gesagt hatte, sich aber aber keinen Reim darauf und auf den merkwürdig sanften Blick in den Augen des Blondhaarigen machen konnte. „Hey, ich kenn dich doch.“ Die Brauen des Blonden schnellten hoch bei diesen Worten. Tat er das? „Du gehörst mit zu den Piraten die manchmal bei Gala auftauchen“, lächelte er dann und der Jüngere entspannte sich mit einem seufzen. Also kannte er ihn nur vom sehen.
 

Ein schwaches Lächeln bildete sich auf Fraus Lippen. „Ja, stimmt“, antwortete er. „Du bist der Sohn des Hausherren, oder?“, fragte er und steckte die Hände in die Manteltaschen, lehnte sich gegen den Stamm der Eiche.
 

Irritiert blickt Ilyusha an sich hinab und dann wieder zu dem Größeren. Das Hemd und die Hose die er trug waren ausgewaschen und neuen und alten Gras- und Erdflecken übersät. „Schon...“, sagte er und musterte ihn verwirrt.

„Ich habs aufgeschnappt“, grinsend winkte der Blonde ab und fischte nach einer Zigarette. „Es wundert mich nur das jemand der sich zehn Gärtner, mindestens, leisten könnte die Arbeit selbst erledigt.“
 

„Ähm...“, nach Worten suchend ließ der Hellhaarige den Blick wandern. Doch anstatt zu antworten lachte er mit einem Mal und auch wenn es nur ein leichtes lachen, verschränkte er die Arme vor dem Bauch. „Tut mir leid... manchmal verlier ich mich so in der Gartenpflege das ich hinterher gar nicht mehr ansprechbar bin.“ Ein warmes freundliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Es macht Spaß weißt du... und die Arbeit macht sich bezahlt. Außerdem haben wir einige Gärtner, aber ein paar der Beete sind meine eigenen.“
 

Frau musste sich zwingen zuzuhören und auf die Worte zu achten, als er sprach. Denn als er ihn mit einem Mal angelächelt hatte, hatte er so sehr nach Labrador ausgesehen das es fast schon wehgetan hatte. „Ich mag das“, murmelte er.
 

„Hm?“
 

„Ich mags“, grinsend stieß er sich vom Baum ab und ging einige Schritte, nahm einen Zug von seiner Zigarette. „Also das du das selber machst“, fügte er lächelnd hinzu und sah ihn an. „Weißt du, du erinnerst mich an jemanden, den ich kenne. Der is auch so ein Pflanzennarr.“ Abwesend senkte er den Blick hinab auf die Erde, wo jedoch nur Unmengen von Gras und viele kleine Blumen in den unterschiedlichsten Farben und Formen zu erkennen war. Sie befanden sich auf einem der weniger ausgetretenen Trampelpfade des Gartens.
 

Ilyusha beobachtete ihn und fragte schließlich, „wie heißt du?“
 

„Fr-Frau“, er hatte kurz nachdem er zu sprechen begonnen hatte gestockt und Mick sagen wollen, es dann aber doch gelassen. Das ihn alle so nannten machte sich gerade wirklich bezahlt, wenn man so wollte. „Sag Frau“, ein weiteres Grinsen und ein weiterer Zug von seiner Zigarette. „Und du?“ Eigentlich wusste er das ja schon, aber na ja – die Höflichkeit.
 

„Ilyusha“, antwortete der Angesprochene. An seinen Lippen klebte genau wie bei Labrador immer noch ein Lächeln. „Was macht ihr hier bei Gala?“
 

„Medizinische Versorgung“, schmunzelte der Blondhaarige und ein Stück weit Empörung machte sich auf dem Gesicht des Älteren breit.
 

„Gemeinheit“, murrte er. „Ich möchte auch helfen! Immer macht sie alles alleine.“ Ein seufzen folgte und schon war das Lächeln wieder da. „Na ja... ich schätze Vater würde es nicht gerne sehen, wenn ich euch helfe... Er würde es sicher nicht mal befürworten das ich jetzt mit dir rede.“
 

„Ich leg ein gutes Wort für dich bei ihr ein“, lächelte Frau.
 

„Danke...“, erwiderte er ebenfalls lächelnd und wandte den Blick ab. „Aber ich schätze das bringt nicht viel.“

„Ach, du wirst schon sehen“, er zwinkerte. „Ich kann Wunder vollbringen!“ Der Hellhaarige lachte und folgte ihm die paar Schritte die er schon gegangen war. Er glaubte ihm das mit den Wundern zwar nicht, aber trotzdem mochte er den Blondhaarigen irgendwie. „Wo hast du überhaupt die beiden andern gelassen?“
 

„Die sind beschäftigt“, erwiderte er und ließ dabei aus das er sie mit Absicht beschäftigt hatte, in der Hoffnung ihren Beobachter mal aus seinem Versteck zu locken. „Warum hast du uns eigentlich die ganze Zeit beobachtet?“ Ilyusha war stehen geblieben und hatte sich wieder hingekniet um weiter zu arbeiten. Der Jünger für seinen Teil setzte sich einfach nur in seine Nähe, auch wenn es nun an ihm war nach Worten zu suchen. Und während er versuchte eine glaubwürdige Erklärung zu finden, bemerkte er gar nicht das sie beobachtet wurden. An einem der vielen Fenster des Anwesens stand eine schwarzgekleidete, großgewachsene Gestalt, den Blick auf den Garten gerichtete. Der junge Mann dort neben seinem ehemaligen Schützling war der Sohn des Hausherren soweit er sich erinnerte. Gala hatte es ihm mal im vorbeigehen erzählt und da sie sich hier nicht im Haupthaus befanden begegneten sie außer ihr und einigen Bediensteten eigentlich sowieso niemanden der hier lebenden. Sie schienen sich ganz gut zu verstehen.
 

„Hier...“, ihr sanfte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Gala hatte sich ohne das er es bemerkt hatte neben ihn gestellt, in den Händen hielt sie eine dampfende Tasse Tee. Doch Gido wehrte ab. „Na gut...“, seufzend stellte sie diese auf die Fensterbank. „Dann leide eben weiterhin unter Schlaflosigkeit, aber fang bloß nicht an dich zu beschweren.“

Der Schwarzhaarige schnaubte leise und rieb sich die Augen. „Mir gehts gut.“
 

„Gar nicht. Aber das sei mal dahin gestellt, ich wollte dich etwas fragen.“ Aufmerksam musterte sie den älteren Ghost. Schon seit dem er das erste Mal hier mit seiner Mannschaft aufgetaucht war litt er für die Dauer des Aufenthaltes unter akuten Schlafstörungen. Manchmal ließ er sich den Schlaftrank verabreichen, meistens jedoch verweigerte er den Hilfsdienst. Gala verstand es zwar nicht, aber trotzdem fand Gido jeden Abend eine Tasse Tee auf der Kommode neben dem Bett in seinem Zimmer wieder. Auch heute würde sie nicht anrühren. Er gab einen Laut von sich der bedeuten sollte, das sie einfach weiter reden sollte. Die Blondhaarige legte sich die Worte zurecht, schließlich hatte sie Frau ja versprochen nichts zu sagen. Fragen, war doch wohl aber mal erlaubt, oder nicht? Denn eine Sache war komisch. Sie erinnerte sich gar nicht das ihr diese Verletzung jemals an ihm aufgefallen war und sie wäre ihr aufgefallen, da war sie sich ganz sicher. „Hat sich Mick als Kind mal am Auge verletzt?“
 

Ein reichlich verwirrter Blick seitens des Schwarzhaarigen antwortete ihr und eigentlich hätte er auch gar nichts mehr sagen müssen. „Nicht das ich wüsste wieso?“
 

„Ach... nur so...“, Gala wandte ihren Blick nun ebenfalls aus dem Fenster und verfiel für einen Moment ins Schweigen. „Die scheinen sich ja ziemlich gut zu verstehen.“
 

„Erstaunlich“, stimmte ihr Gido zu. Dann wiederum aber passierten so einige erstaunliche Dinge seit ihm der Blonde diese abenteuerliche Geschichte offenbart hatte.
 

„Wie geht es ihm eigentlich?“, fragte sie nach einer weiteren schweigsamen Pause und legte einen Hand auf seinen Arm. Der Schwarzhaarige hatte diese vor der Brust verschränkt und sich gegen den Fensterrahmen gelehnt, jetzt seufzte er.
 

„Unverändert...“, sagte er und mehr kam dann auch gar nicht über seine Lippen. Ihm war nicht danach darüber zu reden und so ließ Gala auch davon ab weiter nachzuhaken. Sie versuchte zu helfen wo sie konnte, doch es gab einige Wunden die nur die Zeit heilen konnte. Der Ältere dachte nach. Schon seit einiger Zeit überlegte er, ob er ihr nicht von dem erzählen sollte was Frau ihm erzählt hatte. Es war zwar nicht viel, doch alleine würden er und der Blondhaarige da sicher nicht weiterkommen. Schließlich aber ließ er es bleiben – zu allererst musste er mehr darüber erfahren. Dann konnten sie das immer noch in Betracht ziehen.
 

Es war später Abend, eigentlich fast schon mitten in der Nacht und Frau war langweilig. Wirklich richtig schrecklich langweilig und er konnte nicht schlafen, was ihn zusätzlich noch nervte. Er konnte immer schlafen, ganz gleich der Umstände, also warum jetzt nicht? Doch er fand keine Antwort auf diese Frage. Wahrscheinlich war auch das letztlich der Grund warum er aufgestanden und zu Gidos Zimmer gegangen war. Leise öffnete er die Tür und spähte in das dunkle Zimmer. Er konnte nicht erkennen ob der Ältere schlief, also schlüpfte er ins Zimmer und schlich näher. „Ich bin wach Frau...“, meinte Gido und der Angesprochene zuckte ertappt zusammen.
 

„Woher wusstest du das ich es bin?“, fragte er und krabbelte zu ihm aufs Bett.
 

„Jeder Andere hätte sich sofort bemerkbar gemacht“, erwiderte sein ehemaliger Vormund trocken und rollte sich herum um ihn ansehen zu können. „Was machst du hier?“
 

„Ich kann nicht schlafen und mir is langweilig“, jammerte der Blondhaarige schon beinahe, was den Dunkelhaarigen irgendwie zum lachen brachte. Er klang wie ein quengeliges Kind.
 

Sich die Augen reibend setzte er sich auf und musterte ihn. „Ach dafür bin ich dann noch gut genug?“, fragend hob er eine Augenbraue und der Blondhaarige schnaubte leise.
 

Dann jedoch zeigte sich ein anzügliches Lächeln auf seinen Lippen und er senkte die Lider auf Halbmast. „Na ja, dafür und für ein paar Andere Sachen... Darf ich hier schlafen?“ Gido dachte einen Moment darüber nach und nickte schließlich, ihn weckte doch sowieso fast alles. Was machte es für einen Unterschied ob er heute Nacht nur ein paar unruhige Stunden Schlaf hatte oder ihn der Jüngere alle paar Stunden versehentlich weckte. Sofern er denn überhaupt zum schlafen kam, das kam ja noch hinzu. Also sprach eigentlich nichts dagegen. Vielleicht aber würde auch die Gegenwart einer zweiten Person ihm helfen einzuschlafen. Vielleicht, Gido gab das denken auf und versuchte den Drang sich wieder in die Kissen oder gegen Frau sinken zu lassen nieder. In der Dunkelheit war es nicht mehr so gut zu sehen, doch Frau war schon vorher aufgefallen, das der Ältere seit dem sie hier waren immerzu irgendwie müde aussah. Als würde er nicht genug schlafen. „Was ist los?“ Aber die einzige Antwort die er bekam war ein seufzen. „Wenn du müde bist schlaf doch.“
 

„Als ob das so einfach wär...“, erwiderte er mit einem erneuten seufzen und geriet leicht ins schwanken, fing sich jedoch wieder. „Ich kann einfach nicht schlafen...!“ Das klang jetzt fast schon ein wenig gereizt. Gereizt genug um Frau dazu zu bringen erstmal nicht weiter nachzuhaken, stattdessen drückte er seine Lippen auf die kühlen des Schwarzhaarigen. Er versuchte sich einzureden das dieser Kuss rein zweckdienlicher Natur war, nämlich damit Gido keinen Widerstand äußern konnte, als er ihn unter sich aufs Bett pinnte. Halb müde halb verwirrt, blinzelten ihm die eisblauen Augen des Anderen in der Dunkelheit entgegen, als er sich schließlich von ihm gelöst hatte. Also gut, vielleicht nicht nur zweckdienlich, weil er ihn nämlich länger als nötig geküsst hatte. Die darauf folgende Stille wurde erst wieder von dem Schnauben, das kurz darauf zu einem leisen lachen wurde, seines ehemaligen Vormundes durchbrochen. „Was besseres als nicht schlafen und Langeweile is dir jetzt nicht als ausrede eingefallen, oder?“
 

Frau blinzelte und brauchte einen Moment um ihn zu verstehen, doch dann lachte er ebenfalls leise. „So müde wie du bist, is das doch langweilig“, erwiderte er nur und schlüpfte zu ihm unter die Bettdecke. „Aber ich merk es mir für morgen früh.“ Gido antwortete nicht, doch der Blondhaarige bemerkte seine grinsen, als er die Arme um ihn schlang und er den Kopf an seiner Schulter vergrub. Ein leises schwer definierbares aber eindeutig zufriedenes Geräusch entkam dabei dem Schwarzhaarigen, als er die Arme um diesen schlang und über seinen Rücken strich. Für den Moment waren sie beide ungewöhnlich still, doch auch der Blondhaarige merkte mit einem Mal wie müde er eigentlich schon längst war. Und so schmiegte er sich nur an den kalten Körper neben sich und versuchte diesen zu wärmen. Auch wenn er selbst wusste das das wahrscheinlich vergebens war, aber das machte nichts, denn irgendwie war auch diese Kälte ganz angenehm. Und während der Jüngere schon nach kurzer Zeit eingeschlafen war lag Gido noch einen Moment da und hatte Zeit zu überlegen was passieren würde, wenn morgen jemand in dieses Zimmer spazieren würde.
 

Er hatte nämlich keine Ahnung wie er das erklären sollte, aber weil er müde war und das gerade mal nicht seine Sorge sein sollte hörte er recht schnell auch wieder auf sich darüber Gedanken zu machen. Stattdessen legte er einen Arm um den Blondhaarigen und hoffte im letzten Augenblick noch das er zumindest heute ruhig würde schlafen können, als er langsam ins Reich der Träume sank. Und tatsächlich gelang es ihm zumindest in dieser Nacht ruhe zu finden. Nur einmal zwischendurch wachte er alarmiert auf, doch schaffte es wieder weiter zu schlafen, nachdem er sich damit beruhigt hatte, das es eigentlich nur seine innere Uhr war die ihn geweckt hatte.



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