Das Bluterbe der Youkaifürsten von Weissquell (Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten") ================================================================================ Kapitel 26: Neue Verbündete? ---------------------------- Mit einem schrillen Schrei spürt sich Kagome durch die Luft geschleudert. Unter sich sieht sie schemenhaft die Verwüstung der Ebene die von dem Kampf herrührt. Um sie dreht sich alles und die Behauptung so kurz vor dem Tod zöge das ganze Leben noch einmal an einem vorbei, kommt nicht von ungefähr. Auch wenn ihr schicksalhafter Flug mit dem unabwendbaren Ende vermutlich nur einige Sekunden dauert, scheinen sich die Augenblicke in die Länge zu ziehen. So endet es also. Zwar hatte sie sich ihr Ende nie wirklich vorgestellt, aber es überrascht sie doch, dass es so schnell geht. Vielleicht ist das aber auch ganz gut so. Man bekommt gar keine Gelegenheit sich noch davor zu fürchten. Als letzte Gedanken schießt ihr noch durch den Kopf, dass Inu Yasha vermutlich sehr traurig darüber sein wird. Hoffentlich schafft er es dieses Monster auch ohne ihre Hilfe zu besiegen. Hoffentlich geschieht ihm nichts. Schon spürt sie wie sie durch das Blätterdach der Bäume rauscht. Die harten Äste schmerzen heftig beim Aufprall und der Waldboden kommt unaufhaltsam näher. Sie schließt die Augen. Mit der nächsten Erschütterung wird alles vorbei sein. Da plötzlich huscht ein Schatten aus dem Blätterdach heraus und bewegt sich mit unglaublicher Geschwindigkeit auf sie zu. Kräftige Arme ergreifen sie und fangen ihren Sturz ab. Ihr Schwung ändert seine Richtung und schließlich spürt sie wie sie hart aber doch mit einem leichten Abfedern auf dem Boden aufkommt. Für einen kurzen Moment kneift Kagome noch sinnend die Augen zusammen. Kann das sein? Ist die Gefahr wirklich gebannt? Stürzt sie nicht länger ab? Ganz langsam wird sie sich gewahr, dass irgendjemand sie offenbar auf Händen trägt. Noch immer mit klopfendem Herzen hebt sie jetzt ihren Kopf und öffnet zögernd ihre Augen um ihren Retter zu ermitteln. Doch nun entgleisen ihr die Gesichtszüge vor Überraschung und ihre Augen weiten sich. „Du?“ Eine ganze Weile liegt Inu Yasha reglos in der Kuhle die die gewaltige Hundepfote seines Gegners unter ihm hinterlassen hat. Unabänderlich tröpfelt der beständige Regen auf ihn herunter. Es kann nicht sein, dass sie tot ist. Es darf einfach nicht sein! Er muss sich darüber Gewissheit verschaffen, aber er kann sich kaum rühren. Jedes einzelne Körperteil schmerzt höllisch und in seinem Kopf kreist es noch immer unangenehm vor Schmerzen und vor Trostlosigkeit. Er hat seinen Feind vertrieben, aber zu welchem Preis? Verzweifelt klammert er sich an die Hoffnung, dass irgendein glücklicher Umstand das Schlimmste verhindert haben mochte, aber Kagome ist nur ein Mensch. Die Chance, dass sie diesen Sturz unbeschadet überstanden hat, ist so gut wie ausgeschlossen. Inu Yasha kneift die Augen zusammen. In seinem Inneren tut sich ein tiefer, dunkler Abgrund auf. Was soll er nur tun, wenn es sie wirklich nicht mehr gibt? Gerade jetzt wo er sie endlich wiederhat. Er muss herausfinden wie es um sie steht, doch noch immer versagen seine Gliedmaßen ihren Dienst. Auf einmal fällt ein Schatten auf ihn. Mühsam dreht er den Kopf und öffnet die Augen. Vor ihm, am Rande der Vertiefung steht eine Gestalt. Sie ist offenbar in einen dicken Fellmantel gehüllt und trägt einen fein geflochtenen Kasa der ihr tief ins Gesicht hängt und von dem stoisch der Regen hinabtropft. Darunter hervor mustert ihn nun ein wachsames, eisblaues Augenpaar. Inu Yasha wird es unbehaglich zumute. Er weiß nicht wer dieser fremde Nordyoukai ist, aber so wie es hier gerade aussieht, könnte er zu dem falschen Schluss kommen und das wäre ziemlich ungünstig für ihn. Unbehaglich versucht er sich irgendwie in eine sitzende Position zu befördern, doch es will ihm einfach nicht gelingen. So robbt er nur ein Stück weiter von dem Neuankömmling weg. Für einen Moment mustert ihn der Fremde nur abwägend dann sagt er: „Du bist Inu Yasha, der Hanyou vom Westclan.“ Zu Inu Yashas Überraschung ist die Stimme eindeutig weiblich. Zudem klingt sie nicht wirklich aggressiv, allerdings auch nicht freundlich. Es ist lediglich eine Feststellung. Wieder versucht er sich aufzurichten und wieder misslingt es. „Was ist hier passiert?“, fragt die Fremde streng. Inu Yasha ist sich nicht sicher was er antworten soll. Er kennt die Frau nicht und kann auch nicht einschätzen was für ein Interesse sie an diesen Ereignissen hat, doch wenn er irgendeine Chance auf Hilfe habe möchte, sollte er sich darum bemühen, dass sie nicht allzu schnell wieder verschwindet. „Wer bist du?“, quetscht er mühsam hervor. Jede seiner gebrochenen Rippen heult schmerzhaft auf bei dieser Kraftanstrengung. Wieder mustert sie ihn abschätzend. „Du kannst mich Ki-sama nennen. Ich bin die Heilerin des Nordclans. Wenn du weißt wo sich meine Fürstin befindet, dann solltest du es mir besser verraten.“ Inu Yashas Anspannung wächst und wird mit einer erneuten Schmerzwelle quittiert. Eine Heilerin! Er könnte tatsächlich Glück haben. Allerdings ist es äußerst fraglich ob sie einem Fremden, der mutmaßlich ihre Gefolgsleute angegriffen haben könnte, überhaupt helfen würde. „Ich weiß es nicht“, kommt es gepresst. „Aber ich könnte dir bei der Suche helfen. Ich... vermisse auch jemanden.“ Das Gesicht der Heilerin ist ausdruckslos. Schließlich fragt sie barsch: „Bist du für das alles hier verantwortlich?“ Mühsam atmet Inu Yasha gegen den Schmerz an. „Nein. Aber ich habe den erst mal vertrieben der es getan hat. Ich weiß nicht wie viel Zeit wir haben bis er wieder auftaucht.“ Die Youkai scheint kurz zu überlegen dann tut sie einen grazilen Sprung und landet direkt neben Inu Yasha in der Grube. Eisig funkeln ihre Augen ihn an, als sie sich zu ihm herunterbeugt. „Versuche keine Tricks, Hanyou!“, warnt sie ihn kühl. „Du wärst tot ehe du es überhaupt mitbekommst.“ Dann kniet sie sich neben ihm nieder, lässt ihre Finger kurz sinnend über seinen zerschmetterten Leib streifen und dann schließt sie die Augen und lässt ihre heilenden Kräfte wirken. Es dauert eine kleine Weile ehe die Heilerin ihr Werk vollendet hat. Geschafft hält sie einen Moment inne. „Ich hasse Hanyou“, murmelt sie missmutig. „Wie kann man mit solch chaotischer Energie überhaupt leben?“ Langsam richtet Inu Yasha sich auf. Die meisten Schmerzen sind verschwunden und offenbar sind auch seine Brüche wieder fundamental geheilt. Jedoch fühlt er sich noch immer steif und geschunden und bis an seine Grenzen erschöpft. Etwas ungelenk kommt er wieder auf die Füße und hebt dann Tessaiga auf um es wegzustecken. Seine Miene ist hart. „Ich muss dir wohl danken“, meint er. „Ich will deinen Dank nicht“, bekommt er die kühle Antwort. Nun steht auch sie wieder auf. „Ich will, dass du dein Wort hältst und mir bei der Suche nach meiner Fürstin hilfst.“ Er blickt zu ihr hinüber. „Dann sollten wir besser keine Zeit mehr verschwenden. Komm mit!“ Sofort setzt er sich in Bewegung und sogleich folgt sie ihm. Natürlich beabsichtigt er ihr bei der Suche zu helfen, doch zuerst hat für ihn etwas anderes Priorität. Bevor er nicht herausgefunden hat, was mit Kagome passiert ist, hat er ohnehin keine ruhige Minute mehr. Also versucht er sich so gut wie möglich daran zu erinnern in welchem Abschnitt des Waldes Kagome zu Boden gegangen ist. Und eben jenen Bereich steuert er nun an. Er hat den Saum der Bäume schon fast erreicht, als er unwillkürlich zusammenzuckt. Jemand ist da gerade zwischen den Bäumen aufgetaucht. Nun beschleunigt dieser Jemand seinen Schritt und läuft direkt auf ihn zu und Inu Yashas Herz schlägt bis zum Hals. Ein dicker Kloß steckt in seiner Kehle als er die Person erkennt. Kagome! Sie läuft geradewegs auf ihn zu und soweit er es erkennen kann, ist sie noch nicht einmal verletzt. Seine Schritte beschleunigen sich immer schneller und schneller bis er sie wenige Augenblicke später endlich wieder in seine Arme schließen kann. Tränen stehen ihr in den Augen „Inu Yasha!“, schnieft sie während sie ihn innig an sich drückt. „Ich hatte solche Angst, dass dir was passiert ist!“ „Dass mir was passiert ist?“, gibt er beklommen zurück. „Ich dachte schon du bist... Wie hast du den Sturz bloß überstanden?“ Fast schon krampfhaft hält er sie umschlossen. In diesem Augenblick trifft ihn unvorbereitet eine harte Kopfnuss am Hinterkopf. „Dein Verdienst ist das ganz sicher nicht, du dämliche Flohschleuder!“ Inu Yasha erstarrt augenblicklich und er spürt wie sich ihm umgehend die Nackenhaare aufstellen. „Kouga!“, grollt er grimmig. Er lässt Kagome los und dreht sich zu der nur allzu bekannten Stimme um. Mit verschränkten Armen steht der stattliche Wolfsyoukai in voller Lebensgröße vor ihm und starrt ihn finster an. „Hab ich dir nicht gesagt, dass du gefälligst auf Kagome aufzupassen hast, du blöder Vollidiot? Was fällt dir eigentlich ein, sie schon wieder in solch eine schreckliche Gefahr zu bringen?“ „Kouga war zufällig gerade in der Nähe als ich runtergefallen bin. Er hat mich aufgefangen.“ „Ich war nicht 'zufällig gerade in der Nähe', ich habe was überprüft“, stellt der Wolfdämon mürrisch klar. „Ich weiß ja nicht was bei euch Hunden schon wieder los ist, aber immer wenn es bei euch Stress gibt, dürfen wir Wölfe das ausbaden. Glaub ja nicht, dass ich das diesmal so einfach hinnehme.“ Nun tritt Ki-sama ein paar Schritte näher auf die Gruppe zu. „Seit wann sind die O-kami schon wieder in unserem Revier?“, kommt es geringschätzig in Kougas Richtung. „Ich nahm an, Yarinuyuki-sama hätte alle Wölfe aus der Gegend vertrieben.“ Hoch baut sich Kouga vor ihr auf. „Was gehen uns die Reviere der Hunde an? Ihr teilt das Land auf wie ihr wollt und wir wie wir wollen. Ihr habt uns überhaupt nicht vorzuschreiben wo wir zu sein haben und wo nicht, nur damit das klar ist!“ Ki-sama schnaubt verächtlich. „Aber davon mal abgesehen“, fährt Kouga fort, „habe ich auch gar nicht vor länger zu bleiben, keine Sorge. Aber dieser abscheuliche Gestank nach Hund juckt einfach in meiner Nase und nach diesem Massaker in der großen Talsenke dachte ich mir, ich gehe der Sache mal lieber nach.“ „Diesmal war es wirklich ein glücklicher Zufall, dass du da warst“, lächelt Kagome nun freundlich. „Ja, das sehe ich auch so!“, wieder verschränkt Kouga demonstrativ die Arme und blickt vorwurfsvoll auf Inu Yasha herab. Mit undeutbarer Miene erwidert Inu Yasha seinen Blick. Er atmet einmal tief durch, dann richtet auch er sich zu seiner vollen Größe auf und tritt auf den jugendhaften Wolfsdämon zu. „Kouga“, sagt er fest, „deinetwegen ist Kagome nicht zu Schaden gekommen. Das war anständig von dir. Ich schulde dir was. Aber jetzt müssen wir mit Ki-sama zusammen erst mal herausfinden wo die Fürstin des Nordens geblieben ist. Wenn du uns bei der Suche helfen willst, wäre das eine große Hilfe. Aber du brauchst dich nicht verpflichtet dazu fühlen. Wir werden es notfalls auch alleine schaffen, keine Sorgen.“ Mit diesen Worten dreht er sich von ihm weg, nickt Ki-sama einmal kurz zu und wendet sich dann zu Kagome um. „Komm, Kagome, wir sollten hier nicht länger als nötig bleiben.“ Dabei ignoriert er geflissentlich den verblüfften Gesichtsausdruck seiner Freundin. Auch Kouga ist bei diesen Worten die Kinnlade runter gesackt. „Warte, was?“, schnappt er entgeistert. „Das war anständig von mir? Und du schuldest mir was? Ich hör wohl nicht richtig!“ Empört stemmt er die Arme in die Seite. „Ich fühle mich überhaupt nicht 'verpflichtet' euch zu helfen, klar? Soweit kommt das wohl noch!“ „Deshalb sag ich ja, wir schaffen das schon alleine“, entgegnet Inu Yasha in aller Seelenruhe während er sich anschickt Kagome auf seinen Rücken steigen zu lassen. „Als ob du blöder Köter überhaupt mal was alleine schaffen würdest!“, schnaubt Kouga aufgebracht. „Wenn ich Kagome mit dir alleine lasse, bringst du sie bloß wieder in Gefahr. Je schneller ihr aus der Gegend hier verschwindet desto besser! Dieser monströse Kerl kann nämlich immer noch in der Nähe sein.“ Mit einem süffisanten Schmunzeln blickt Inu Yasha nun zu ihm herüber. „Wir sind schneller fertig wenn du uns hilfst. Am besten du nimmst die rechte Seite des Waldes und wir die linke.“ Verstimmt reckt Kouga das Kinn. „Könnte dir so passen mich herumzukommandieren. Ich nehme die linke Seite, kapiert?“ „Na schön, dann geht’s eben nach dir. Melde dich wenn du jemanden gefunden hast der noch lebt!“ „Darauf kannst du wetten!“, Zähneknirschend funkelt Kouga Inu Yasha noch einmal an und dann macht er sich aus dem Staub. Inu Yasha grinst genüsslich. Dann blickt er zu Kagome hinüber dessen Miene sowohl Erstaunen als auch Bewunderung sowie auch eine gewisse Faszination widerspiegelt. „Inu Yasha“, kommt es in einem Tonfall als hätte er gerade die Höchstpunktzahl im Mathe-Leistungskurs absolviert. „Was war das denn gerade?“ Inu Yashas Grinsen wird breiter. „Ach, ich habe mich nur für einen Moment daran erinnert wie sehr es mich immer auf die Palme bringt, wenn Sesshomaru sich mal wieder so gar nicht aus der Ruhe bringen lässt.“ Er atmet einmal kurz durch dann sinken seine Mundwinkel wieder herab. Was er nicht laut ausspricht ist: „Außerdem wäre ein Faustschlag ins Gesicht sicher nicht die angemessene Reaktion darauf, dass er dich schon wieder retten musste, weil ich dich in Gefahr gebracht habe.“ Stattdessen sagt er: „Aber es ist nun mal so, mit seiner Hilfe sind wir hier schneller wieder weg.“ Kagomes Miene wird wieder ernst. Sanft legt sie eine Hand auf seine Schulter. „Ob du es glaubst oder nicht, in dir steckt mehr von einem Fürsten als du denkst.“ Seine Hand legt sich auf ihre. „Vielleicht, aber ich muss auf jeden Fall noch lernen, die Personen, die mir wichtig sind, nicht immer in Gefahr zu bringen.“ Für einen Moment blickt sie ihn nur an, dann umrundet sie ihn und schwingt sich dann auf seinen Rücken. „Lass uns Yarinuyuki suchen!“ Er nickt, dann geht sein Blick zu Ki-sama hinüber, die die ganze Szene schweigend aber aufmerksam beobachtet hat. „Ich garantiere dir, wir finden sie!“, verkündet er fest. „Ich habe nichts anderes angenommen, Hanyou“, entgegnet sie gelassen. Dann setzen sie sich in Bewegung und sind sogleich zwischen den verbliebenen Bäumen verschwunden. - - - In gemäßigtem Tempo beschreitet Sesshomaru nun schon eine unsäglich lange Weile den Pfand entlang der Felswände die den Canyon umgeben. Zwar gefällt es ihm nicht, nur so langsam voranzukommen, aber sein unverhältnismäßiges Gewicht und der noch immer beträchtlich schmerzende Fuß lassen keine andere Marschgeschwindigkeit zu. Dafür verläuft seine Wanderung zumindest ereignislos. Auf seiner linken Seite steigt eine steile Felswand in die Höhe die gut und gerne ihre zehn Schritt hoch ist und auf seiner rechten Seite fällt der Pfad fast ebenso steil hinab in die Schlucht die soweit das Auge reicht mit Felsen und Dornenranken gepflastert ist. Wie tief der Grund unter den höchsten Zweigen der Dornen liegt, ist von hier schwer abzuschätzen. Hier und da ranken die dornigen Sträucher sogar bis hinauf zu seinem Weg, doch soweit er es sehen kann, überwuchern sie ihn nirgends sondern sind nur stummes Mahnmal, dass er sich hier in einer äußerst unwirtlichen Gegend befindet. Schon viele Stunden folgt er dem kaum zwei Schritt breiten Weg der sich am Schluchtrand entlanghangelt und es ist nicht abzusehen, dass in Bälde ein Ende oder nur eine Weggabelung zu erwarten ist. Fast bedauert Sesshomaru es seinen Führer gehen gelassen zu haben. Nun da er mit sich allein ist, versuchen immer wieder einige Bilder aus seinem jüngsten Martyrium vor seinem inneren Auge Gestalt anzunehmen und das behagt ihm gar nicht. Doch gerade als er wieder eines dieser inneren Szenarien mental demonstrativ beiseite wischt, erweckt etwas seine Aufmerksamkeit. Direkt vor ihm macht der Weg einen scharfen Knick um die Ecke, sodass man nicht länger sehen kann, was hinter dem Felsvorsprung, um den sich der Weg windet, liegt. Doch das allein ist es nicht was ihn aufhorchen lässt. Seine Nackenhaare stellen sich auf und er spürt, dass er einmal mehr beobachtet wird. Und es sind keine freundlichen Augen, soviel ist sicher. So lästig eine erneute Unterbrechung seiner Reise auch ist, es kommt ihm dennoch gelegen seine Aufmerksamkeit auf konkrete Dinge richten zu können. Wachsam blickt er sich um. Weder vor noch hinter ihm ist irgendetwas oder irgendjemand auszumachen. Doch vor ihm bröckeln nun einige Steinchen herunter und er ahnt woher die Bedrohung kommt. Er hebt den Kopf und über sich auf dem Bergkamm sieht er nun mehrere gedrungene Wesen die von dort oben auf ihn hinunterstarren und beunruhigendes Knurren und Fauchen von sich geben. Noch ehe Sesshomaru näher abschätzen kann, was da auf ihn lauert, schieben sich diese Wesen auch schon über den Rand und ungebremst schlittern und springen sie aus der schwindelnden Höhe zu ihm auf den Weg hinab. Drei der unheimlichen Gestalten landen hinter ihm und vier vor ihm. Ihre Vorderläufe sind stämmig und sehnig und beinah doppelt so lang wie die krummen aber beachtlich kräftigen Hinterbeine. Ihre Haut ist schwarz und lederartig und mit dicken, roten Beulen übersät. Auf dem verschwindend kurzen Hals sitzt ein mächtiger, schauriger Schädel mit unheimlichen, gelben Raubtieraugen und einem riesigen geifernden Maul das mit unzähligen, fingerlangen, scharfen Reißzähnen besetzt ist. Sie reichen dem Daiyoukai knapp bis zur Hüfte und beginnen nun ihn zu belauern, wobei sie ein schauerliches Knurren von sich geben. Ihre kurzen, fleischigen Schwänze pendeln unruhig hin und her. Sesshomarus Augen werden schmal. Es ist nicht zu erkennen ob es sich bei diesen Wesen eher um Affen oder Hunde handelt, doch es steht wohl fest, dass er ihnen nicht ohne Kampf entkommen kann. Also schön, wenn sie es so haben wollen. Sein Körper versteift sich und nun entfährt auch seiner Kehle ein gefährliches Grollen. Reißzähne und Klauen treten hervor und seine Augen nehmen eine rötliche Färbung an. Die fremden Wesen nehmen es offenbar wahr, doch sie zeigen sich nur einen Augenblick lang davon irritiert. Nun wird ihr Knurren aggressiver und abwägend tänzeln sie ein wenig auf und ab, doch dann wie auf ein unsichtbares Signal stürmen alle zugleich los und mit wilder Wut stürzen sie sich auf den Daiyoukai. Die Wucht des ersten massigen Körper der ihn aus vollem Lauf anspringt, reißt Sesshomaru beinah von den Füßen. Schon sind die scharfen Zähne nur noch wenige Fingerbreit von seiner Kehle entfernt, doch der Youkaifürst packt seinen Widersacher mit beiden Händen und hält ihn auf Abstand. Dann schleudert er ihn von sich und reißt dabei einen weiteren der Angreifer zu Boden. Doch schon schlagen sich von hinten zwei Kiefer in seine rechte Schulter und die nadelspitzen Zähne graben sich tief in sein Fleisch. Doch wieder reagiert der Daiyoukai sofort und mit seiner linken Hand greift er nach dem bezahnten Oberkiefer und reißt ihn grob nach oben. Ein kurzes Kläffen ertönt und der Biss löst sich. Wieder versucht es eine der Ungestalten ihn von vorne anzuspringen. Doch der Daiyoukai packt nur einmal gnadenlos die beiden Vorderläufe des Viehs und mit einem einzigen kraftvollen Ruck reißt er das Wesen in Stücke. Jedoch nur Augenblicke nachdem er die beiden Körperhälften von sich geschleudert hat, trifft ihn von hinten ein mächtiger Stoß als ihn erneut eines der Tiere anspringt. Unwillkürlich strauchelt Sesshomaru einige Schritte Richtung Abgrund, doch er kann sich eben noch aufrecht halten. Gerade dreht er sich um, um sich dem neuen Angreifer gebührend zu widmen, als zwei weitere der Untiere ihn mit voller Wucht anfallen und somit vollends aus dem Gleichgewicht bringen. Er taumelt einmal mehr und der heftige Aufprall der Geschöpfe lässt ihn über den Rand treten und gemeinsam mit den beiden Wesen stürzt er den hohen Abhang hinunter und rutscht auf der schrägen Felswand unaufhaltsam hinab in die Schlucht. Ohne seinen Fall abbremsen zu können, purzelt Sesshomaru dem Grund entgegen und nur wenige Herzschläge vergehen bis er mit erschreckendem Tempo durch das schwarze Dornengestrüpp rauscht. Die Ranken bremsen seinen Fall zwar, doch sie zerfetzen auch seine Kleidung und kratzen ihm die Haut von Gesicht und Gliedmaßen auf. Ein paarmal prallt er von einem dicken Ast ab und bleibt letztlich zerschunden und benommen am Grund der Schlucht in einem niedrigen Dornengebüsch hängen. Zunächst rührt der Daiyoukai sich nicht, doch dann regt er sich langsam wieder. Behutsam streckt Sesshomaru seine Gliedmaßen. Die fingerlangen Dornen haben sich hartnäckig in seiner Kleidung und seiner Haut verfangen und geben ihn nur höchst widerwillig wieder frei. Mühsam wendet er den Kopf. Über ihm in einiger Höhe entdeckt er die beiden Kreaturen die mit ihm herab gestürzt sind. Auch sie sind in den Dornen hängen geblieben und haben sich hoffnungslos im Gestrüpp verheddert. Ein kurzes Keifen und Jaulen ertönt, doch dann hängen sie still und rühren sich nicht mehr. Weit über sich am Rand des Felsenpfades kann Sesshomaru die anderen Wesen ausmachen. Sie stieren mit boshaftem Blick hinab. Ein missgünstiges Knurren und Kläffen ertönt, doch dann schnaufen sie verächtlich und trotten davon. Zumindest dieser Umstand hebt Sesshoumarus Laune etwas. Bedächtig beginnt er nun damit, sich aus dem tückischen Gestrüpp zu befreien. Leider geht dies nicht vonstatten, ohne dass er sich weitere tiefe Schrammen und Kratzer zufügt. Doch letztlich nach einer ganzen Weile hat er es geschafft sich freizukämpfen. Ein wenig schwankend steht er da und ist zunächst bemüht, sich zu orientieren. Er befindet sich in einer Felsenschlucht von gut sieben Schritt Höhe, die, wie schon von Doro angekündigt, fast völlig mit diesen dicken, schwarzen Dornenranken zugewuchert ist. Es wird nicht einfach sein, sich dadurch einen Weg zu bahnen. Manche der Äste sind dick wie Oberarme. Erneut unterzieht der Daiyoukai seinem Körper eine Inspektion. Sein Haori ist fast vollständig zerfetzt und somit ist die Haut an Bauch und Oberkörper mit vielen roten, dünnen Schlitzen übersät. Es schmerzt nicht wirklich, doch die Kratzer brennen unangenehm, und vereinzelt stecken noch die spitzen Dornen in seinem Fleisch. Behutsam zupft er sie heraus und stellt befriedigt fest, dass seine Selbstheilungskraft offenbar nur wenig Probleme mit diesen oberflächlichen Verletzungen hat. Lediglich die Wunde wo diese Kreatur seine langen Zähne in seine Schulter versenkt hat, brennt zunehmend wie Feuer und noch immer sickert ein dünnes Rinnsal Blut heraus. Sesshomaru atmet einmal tief durch. Davon kann er sich nicht aufhalten lassen. Er muss einen Weg aus der Schlucht hinaus finden und das wird ihn viel Zeit kosten, also setzt er sich entschlossen in Marsch und beginnt sich einen Weg durch die Dornenranken hindurch zu suchen, immer in der Richtung in der er sein Ziel vermutet. 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