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Das Bluterbe der Youkaifürsten

Fortsetzung zu "Die Blutfehde der Youkaifürsten"
von

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Aufbruch

Als Inu Yasha zum Kampfplatz zurückkommt, wird er von Kagome und der Youkai Karashina bereits erwartet. Sie stehen ein wenig abseits und eifrig winkt Kagome ihren Freund zu sich. Mürrisch schlendert der Hanyou zu den beiden hinüber.

Als Kagome die tiefen Stirnfalten ihres Freundes sieht, sinken auch ihre Mundwinkel herab. „Du machst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Was ist denn los?“

„Das Gespräch mit Kagemori-sama lief offenbar nicht wie erhofft“, erlaubt sich nun Karashina zu vermuten.

„Keh!“, schnaubt Inu Yasha düster. „Das kann man wohl sagen!“

„Was hat er denn gesagt?“, will Kagome wissen. „Hat er gesagt, warum er hinter deinem Rücken gegen deine Befehle gehandelt hat?“

Nun zieht sich Inu Yashas Miene noch mehr zu. „Ich will jetzt nicht darüber reden!“, grollt er. „Und ich hab auch keine Zeit dazu. Ich muss jetzt nämlich sofort los und diesen verdammten Matsuba zurückholen.“

„Aber warum so plötzlich?“, fragt Kagome nun verwundert.

Ärgerlich hebt Inu Yasha den Kopf. „Erinnerst du dich an die Angelegenheit mit Raiuko?“, fragt er unwirsch.

Kagomes Augen weiten sich erschrocken.

„Darum!“, schnaubt Inu Yasha.

„Hat er etwa vor ihn umzubringen?“, fragt Kagome besorgt nach.

„Schlimmer noch!“, entgegnet Inu Yasha bitter. „Er versucht mit ihm zu verhandeln. Mal abgesehen, dass er ihn wahrscheinlich eh nicht töten könnte, wenn ich nach dem gehe was Sesshomaru widerfahren ist. Aber du weißt ja sicher noch wie das damals war. Ich weiß es noch recht lebhaft. Sesshomaru war ernsthaft bereit mich umzubringen, nur weil ich zugelassen habe, dass einer meiner Untergebenen sich abgesetzt hat um in einem fremden Reich Amok zu laufen.“

„Ich denk, er will ihn nicht umbringen?“, hakt Kagome verwirrt nach.

„Das ist überhaupt nicht der Punkt!“, braust Inu Yasha auf. „Als Fürst hab ich die Verantwortung für meine Untergebenen. Wenn einer sich selbstständig macht und meine Befehle ignoriert, fällt das auf mich zurück. Würde sich das Ganze nur in unserem Reich abspielen, dann wäre es egal. Dann kann er sich meinetwegen gern sein eigenes Grab schaufeln, aber wenn er dazu in das Reich des Nordens geht, sieht die Sache schon anders aus. Ich weiß ja nicht viel über die Gepflogenheiten eines Fürsten, aber wenn ich eine Sache aus dieser Geschichte mit dem Hohen Rat damals gelernt habe, dann ja wohl das! Es ist also meine Verantwortung und ich habe nicht vor, mich ihr zu entziehen, das habe ich Sesshomaru versprochen.“

Für einen Moment herrscht betretene Stille. Dann nickt Kagome langsam. „Ja, du hast Recht, ich verstehe. Dann lass uns am besten schnell aufbrechen!“

„Moment mal!“, unterbricht Inu Yasha sie nun. „Was soll das heißen: 'Wir'? Du bleibst selbstverständlich hier!“

„Das soll ja wohl ein Witz sein!“, stemmt nun ihrerseits Kagome den Arm in die Seite. „Natürlich komm ich mit. Wozu bin ich denn hergekommen?“

„Na weil...“, kommt Inu Yasha etwas ins Stocken. „So kann ich dich besser im Auge behalten und weiß genau wo du steckst.“

„Oh, das wird ja immer schöner!“, meint Kagome schnippisch. „Damit ich dir nicht in die Quere komme oder was?“

„Nein, das mein ich doch nicht“, rudert Inu Yasha etwas hilflos zurück. „Aber diesmal kann es wirklich sehr gefährlich werden. Ich will dich nicht unnötig in Gefahr bringen.“

Nun hellt sich Kagomes Miene auf und ein leichtes Lächeln liegt auf ihren Lippen. „Ach, Inu Yasha, du hast dir doch schon immer Sorgen um mich gemacht und auch wenn es brenzlich wurde, ist es doch immer gut ausgegangen, denn du beschützt mich doch. Und ich beschütze dich. Wir beschützen uns gegenseitig. Was kann denn da schief gehen?“

„Aber...“, Inu Yasha gerät nun doch ein wenig verzagt ins Stocken. „Aber ich mach mir nun mal Sorgen um dich. Wenn selbst Sesshomaru so zugerichtet wird, dann muss das ein wirklich starker Gegner sein.“

„Weißt du“, entgegnet Kagome sanft, „bisher haben nur Dämonen und Dämonenjäger gegen ihn gekämpft. Vielleicht hat eine Miko da ja mehr Chancen. Du wirst mich vermutlich gut brauchen können. Und so“, fügt sie nun neckisch hinzu, „weiß ich dann auch immer wo du steckst und ob du in Ordnung bist. Gleiches Recht für alle!“

Für einen Moment bleibt dem Hanyou die Sprache weg und er spürt wie unwillkürlich sich sein Puls beschleunigt. „Kagome...ich wollte...“, ringt er sich ab. Na los, so schwer ist das doch nicht!, schimpft er mit sich selbst. Jetzt oder nie!

„Ich wollte dich...“, setzt er noch mal an. Dabei wird ihm abwechselnd heiß und kalt. „Ich wollte dich... nicht kränken.“ Die totale Niederlage!

„Also schön. Du kannst mitkommen.“ Resigniert lässt der Hanyou den Kopf hängen.

Kagome strahlt. „Ausgezeichnet! Ich geh nur schnell meine Sachen packen.“

„Das wird nicht nötig sein“, meldet sich nun Karashina zu Wort. Sie klatscht dreimal leicht in die Hände und wie aus dem Nichts stehen plötzlich drei Dienerinnen vor ihnen und verneigen sich ehrerbietig.

„Richtet sofort das Reisegepäck von Inu Yasha-samas Gefährtin für einen mehrtägigen Erkundungsgang her und bringt es zum Haupttor. Und vergesst nicht für eine Menschenfrau zu packen.“

Sogleich nicken die drei folgsam und im nächsten Augenblick sind sie auch schon aufgesprungen und wieder spurlos verschwunden.

„Verzeiht mir, die Eigeninitiative, mein Fürst, aber so wird es vermutlich am schnellsten gehen, wenn Ihr rasch aufzubrechen gedenkt.“

Noch immer etwas verwirrt blickt Inu Yasha sie an. „Ähm ja, vermutlich. Danke!“

„Oh, keinen Dank, Inu Yasha-sama“, wehrt die Frau züchtig ab, „Ihr beschämt mich. Ich tue lediglich meine Pflicht.“

„Na, wenigstens eine der das wichtig zu sein scheint“, brummt Inu Yasha.

„Zuviel der Ehre, mein Fürst“, die Frau senkt nun demütig den Blick. „Ich bin lediglich Eure untertänige Dienerin.“

„Lassen wir es dabei“, winkt der Hanyou müde ab. „Wir sollten jetzt gehen.“

Die Frau verneigt sich sittsam vor ihm.

„Nun komm schon, Inu Yasha!“, ruft Kagome. Sie ist bereits ein Stück vorausgegangen.

Inu Yasha seufzt tief. Er wirft Karashina noch einen letzten Blick zu und da ist es wieder dieses kaum merkliche Schmunzeln um ihre Mundwinkel, das er einfach nicht deuten kann.

„Was denn?“, will er ein wenig trotzig wissen. „Wer hätte da noch etwas gegen sagen können?“

Das Schmunzeln nimmt noch ein wenig zu. „Oh, seid unbesorgt, mein Fürst“, entgegnet sie mild. „Von mir werdet Ihr keine Kritik zu hören bekommen.“

„Na, wenigstens etwas!“, brummt der Hanyou missmutig und dann macht er sich rasch daran seiner Freundin zu folgen.
 

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Schmerz! Das ist das erste was Samushi wahrnimmt als er wieder zu sich kommt. Scheußliche Schmerzen in jedem einzigen Körperteil. Er kommt sich vor wie durch die Mangel gedreht und bringt es nicht einmal fertig auch nur einen Finger krumm zu machen. Er kann sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal so paralysiert von purem Schmerz gewesen ist. Wie zum Teufel ist er bloß in so eine beschissene Verfassung geraten? Diesbezüglich lässt ihn gerade sein Gedächtnis schmählich im Stich.

Auf einmal vernimmt er neben sich eine mürrische Frauenstimme. „Na, endlich wieder wach, du Vollidiot?“

Samushi verzieht genervt das Gesicht, was allein schon in ihm eine neue Welle an Schmerz auslöst. „Jetzt weiß ich zumindest schon mal wo ich bin“, nuschelt er gereizt.

„Wundert mich überhaupt nicht, dass dein kümmerliches Hirn dir ein paar Aussetzer beschert, so zermust wie du hier angekommen bist“, kommt es flapsig von Ki-sensei.

Mühsam wendet Samushi sein Gesicht in ihre Richtung. Dabei fühlt es sich an, als versucht jemand ihm den Kopf abzudrehen. Die Heilerin hockt ein Stück entfernt von ihm auf einem kleinen Felsbrocken und behält ihn wachsam im Auge. Dabei wirft sie ihm einen äußerst geringschätzigen Blick zu.

„Spar dir deine blöden Bemerkungen!“, brummt er schwerfällig. „Du machst deinen Job, ich meinen.“

„Ach“, kommt es gehässig, „Ist es neuerdings dein Job dich von einem übermächtigen Gegner zerlegen zu lassen?“

In Samushis Schädel brummt es als wollte er jeden Moment platzen. Er kann sich einfach nicht konzentrieren. „Keine Ahnung. War es so?“, gibt er verstimmt zurück.

„Woher soll ich das denn wissen?“, gibt sie schnippisch zurück. „Als wenn mir mal irgendwer was erzählt was ihr so treibt. Ich darf euch hinterher nur wieder zusammenflicken. Aber so wie du zugerichtet warst, musst du wohl endlich deinen Meister gefunden haben.“

„Ach, halt die Klappe!“, brummt er und versucht sich aufzusetzen. Dadurch lassen zwar die Kopfschmerzen ein wenig nach, aber dafür dreht sich nun alles vor seinen Augen. Seine Hand fährt schwach über sein Gesicht. „Wo sind die anderen?“ Der Gedanke kommt ihm nun wage, dass er nicht allein war.

Es dauert nun einen Moment ehe die Heilerin antwortet. „Itakouri hat sich Yarinuyuki-sama angeschlossen, als das Heer heute morgen ausgerückt ist. Man sagte mir nicht wohin, aber ich nehme an, da es direkt nach Itakouris Bericht über euer kleines Abenteuer war, dass es etwas mit dem zu tun hat, der dich so plattgemacht hat.“

Angestrengt bemüht sich Samushi darum, die Erinnerungen an die vergangenen Ereignisse zurückzurufen. Doch es gelingt ihm nicht. „Und wo ist Kegawa?“

Wieder dauert es einen Moment ehe Ki-sensei antwortet. „Itakouri kam nur mit dir zurück. Ich schätze wenn Kegawa noch leben würde, wäre er jetzt wohl hier.“

Urplötzlich mach das gepeinigte Herz des Youkais einen schmerzhaften Satz. Ungläubig weiten sich seine Augen, als er versucht das Gehörte zu realisieren. „Was soll das denn heißen?“, grollt er nun wachsam in ihre Richtung.

Unbeeindruckt hockt die Youkai da. „Das heißt, dass er vermutlich tot ist.“

Wieder flammt der Ärger in Samushi auf und im nächsten Moment packt er einen Wasserkrug neben seinem Bett und schleudert ihn in ihre Richtung. Doch scheinbar hat sie damit gerechnet, denn sie weicht dem Wurfgeschoss mit einer kleinen galanten Bewegung aus, so dass es hinter ihr an der Wand zerschellt.

„Nein!“, schnauft Samushi, „Das kann unmöglich sein!“

„Sag du es mir!“, entgegnet sie herausfordernd. „Du warst ja wohl schließlich dabei.“

„Du kannst mich mal!“, schreit Samushi sie an. Wieder fliegt ein improvisiertes Wurfgeschoss zu ihr herüber. Diesmal ist es eine Schüssel.

„Nicht doch, nicht doch“, erwidert sie zynisch, nachdem sie wieder flink aus dem Weg gesprungen ist und die Schüssel hinter ihr an der Wand zerplatzt. „Das gehört sich aber überhaupt nicht.“

„Ist mir scheißegal!“, faucht Samushi; diesmal bekommt er einen Hocker zu fassen.

„Was ist mit ihm passiert, hmm?“, kommt es nun schnippisch von der anderen Seite des Raumes. Wieder ist sie unmenschlich flink ausgewichen. „Habt ihr Euch wieder in Schwierigkeiten gebracht und Kegawa durfte diesmal den Preis bezahlen? Lass mich raten, du hast sie wieder reingeritten, oder?“

In diesem Augenblick schwillt der Schmerz in Samushis Kopf wieder an und für einen Moment ist sein Brustkorb wie gelähmt; er bekommt keine Luft mehr. Hilflos presst er sich die Fäuste gegen die Augen um die Starre von sich zu lösen und der Qual Einhalt zu gebieten. Und nun, als wäre der Damm gebrochen, prasseln die ganzen Erinnerungen der vergangenen Ereignisse wie Peitschenhiebe auf ihn ein. Er erinnert sich an alles und ein unwillkürliches Keuchen entfährt ihm.

„Ich habe Recht, oder?“, setzt die Heilerin ungerührt nach. Ihre Worte schmerzen wie Nadelstiche.

„Halt die Schnauze!“, keucht Samushi, das Gesicht in den Händen vergraben.

„Ich hab's dir immer gesagt“, fährt die Youkai gnadenlos fort, „irgendwann wird deine schwachsinnige Kampfverliebtheit mal jemanden das Leben kosten, der dir was bedeutet.“

„Du sollst dein verdammtes Maul halten!“, schreit Samushi nun voll inbrünstigem Ärger, dabei starrt er sie wütend aus eisblau funkelnden Augen an.

Doch die Heilerin verzieht keine Miene. „Krieg dich mal wieder unter Kontrolle, ja?“, meint sie trocken. „Man könnte ja meinen, ihr beide hattet was miteinander.“

Ein wildes Knurren schwillt nun in Samushis Brust an und trotz der Verletzungen und Schmerzen kämpft sich der nur noch mit Lendenschurz bekleidete Youkai von seinem Lager hoch und schlägt grimmig aber unbeholfen mit seiner Klaue in ihre Richtung, verfehlt sie aber um Längen.

Die Heilerin hockt noch immer regungslos auf einem kleinen Tischchen und lässt ihn nicht aus den Augen, während er torkelnd auf sie zukommt. „Hmmm, ins Schwarze, was? Wie ist das gelaufen? Habt ihr euch gegenseitig bestiegen, oder war er nur dein Uke?“

Ein Jaulen entfährt Samushi, dann packt er einen größeren Holzscheit vor sich und schleudert ihn mit voller Wucht in ihre Richtung. Geschmeidig duckt sie sich darunter hinweg und geschwind wechselt sie zur anderen Seite des Raumes.

„Halt dein widerliches Maul, klar?“, schnaubt Samushi nun ernsthaft mordlüstern. „Du hast doch nicht die geringste Ahnung!“ Wütend packt er einen kräftigen Holzprügel der neben ihm liegt und kommt nun grimmig auf die Heilerin zu.

Doch jetzt blitzt es kurz in ihren Augen auf, und dann vollführt sie aus dem Stand heraus einen grazilen Salto auf ihn zu, landet auf seiner Keule und reißt diese damit aus seiner Hand und zu Boden. Und noch ehe der angeschlagene Youkai reagieren kann, zieht sie mit beiden Händen seinen Nacken herunter, rollt sich über seinen Rücken, wobei sie seine Arme packt, unbarmherzig nach hinten biegt, und fegt ihm letztlich noch mit einem unbarmherzigen Tritt die Knie weg, so dass er mit auf dem Rücken fixierten Armen unsanft auf dem Hüttenboden zu liegen kommt, und sie sich gnadenlos auf seine Schulterpartie setzen kann, mit ihren Beinen links und rechts neben seinem Kopf und ihn ohne Mitleid zu Boden presst. Samushi schnauft heftig auf vor Schmerz, Ärger und Anstrengung, doch der gemarterte Youkai kann sich nicht mehr rühren.

Nun neigt sich Ki-sensei langsam zu ihm hinab und raunt ihm ins Ohr: „Doch, ich verstehe sehr gut.“ Ihre Stimme klingt nun etwas milder. „Ich verstehe, mehr als du denkst.“

Samushi fletscht die Zähne.

Mit einer Hand hält sie seine Arme noch immer in ihrer Position fest, die andere legt sie nun sanft auf sein Haupthaar. Wärme dringt von ihren Handflächen durch seine Haut und die bohrenden Kopfschmerzen nehmen nun langsam ein wenig ab. Wieder neigt sie sich zu ihm herunter. „Kegawa hat mir alles erzählt. Ich glaube du warst die wichtigste Person in seinem Leben. Dein Verlust tut mir aufrichtig leid, Otouto (jüngerer Bruder)!“

Nun entfährt dem aufgebrachten Youkai unter ihr ein langezogenes Schnaufen und langsam sackt er kraftlos unter ihr zusammen. Sein Blick geht nun starr in die Ferne.

Nun erst wagt sie es ihren Griff an seinen Armen zu lockern, doch der erschöpfte Youkai stellt keine Gefahr mehr da. Entschlossen fasst sie nun unter seine Achseln und hievt ihn wieder hinüber auf die zerwühlte Lagerstätte. „Ich musste dich leider ein wenig reizen, Bruder. Ich musste sichergehen, dass das Blutsiegel an deinem Herzen hält und deine Lebensenergie zurückkehrt. Du kannst wirklich von Glück reden, dass wir das gleiche Blut teilen. Jemand anderen hätte ich so vermutlich nicht mehr retten können.“ Bedächtig breitet sie die Decke wieder über ihm aus, doch der Youkai beachtet sie gar nicht. Ihre Mundwinkel sinken ein wenig herab.

„Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis du wieder völlig hergestellt bist“, sagt sie mild. „Am besten bleibst du solange hier. Es gibt verschiedene Arten von Wunden, und die tiefen brauchen immer am längsten.“ Sie streift einmal fast wie beiläufig über seine Brust. „Solange Lebensenergie in dir ist, solange wird das Blutsiegel halten, also verliere sie besser nicht.“

„Ich hasse dich!“, murmelt der verletzte Youkai.

„Damit kann ich leben“, erwidert sie gelassen. „Solange du noch hassen kannst, bist du noch nicht tot.“

Noch immer blickt der ehemalige Streuner apathisch drein. Kraftlos legt er sich die Hand auf die Brust. „Es schmerzt hier so sehr. Meinst du durch meinen Ausbruch hat sich das Siegel gelöst?“

Die Heilerin legt kurz den Kopf schief. „Nein, du Volltrottel, bestimmt nicht“, antwortet sie schließlich ruhig.

„Aber es tut echt verdammt weh“, raunt Samushi kraftlos. „Was kann das sein?“

Wieder schweigt die Heilerin eine Weile und für einen Moment bekommt ihr mürrischer Blick etwas Weiches. „Das erkläre ich dir ein andermal. Im Augenblick ist es wichtig, dass du wieder zu Kräften kommst. Du wirst mir hier nämlich jede Pfütze und jeden Splitter wieder wegräumen, damit das klar ist, du Vandale!“

Samushi schließt die Augen. „Unsere Mutter hätte dich gleich nach der Geburt ersäufen sollen, weißt du das, Ki?“

Die Heilerin verzieht keine Miene. „Ging nicht, der See war grade zugefroren, und jetzt halt den Mund und versuch ein bisschen auszuruhen. Je schneller du wieder fit bist, um so schneller kommst du hier wieder raus und ich muss dein ungehobeltes Benehmen und deine hässliche Visage nicht mehr ertragen.“

Doch Samushi antwortet nicht. Mit halb geschlossenen Augen liegt er nur da und rührt sich nicht mehr.

Die Heilerin mustert ihn noch ein wenig und ihr Gesicht spiegelt nun leichte Besorgnis wieder. Sie hatte schon immer ein gutes Gespür dafür gehabt, wenn sich etwas anbahnte und bei dem Gedanken in welcher Verfassung sich ihr Bruder gerade befindet, kribbelt es sie am ganzen Körper. Etwas Großes wird geschehen, und es wird nichts Angenehmes sein. Vielleicht hätte ihre Fürstin doch nicht so überstürzt aufbrechen sollen. Es ist gut möglich, dass sie schon bald ihre Hilfe benötigen werden und zwar genau da wo sie jetzt sind.

Ohne länger zu überlegen beginnt sie routiniert damit ihre Heilertasche zu packen. Sie lebt schon viel zu lange, als dass sie solch einer starken Ahnung nicht sofort Folge leisten würde. Sie löscht still das Licht und blickt noch einmal zu ihrem Patienten hinüber. Er wird ohne sie auskommen müssen, sie kann ohnehin nicht mehr für ihn tun. Dann schließt sie leise die Tür hinter sich und macht sich daran einem unbekannten Schicksal ihres Clans entgegenzugehen.
 

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Durch einen blassen Schleier aus Nebel scheint die Mittagssonne auf eine weite Ebene im Norden herab und beleuchtet fahl ein schauriges Bild. In der weiten Talsenke, gastierte vor noch nicht allzu langer Zeit ein größeres Menschenheer. Nun ist die Gegend verlassen und erschreckend still. Die meisten Zelte sind heruntergebrannt und der Rauch von versenktem Holz und Tuch zieht mit einer leichten Brise davon. Dazu gesellt sich der immer ärger werdende Gestank von Blut und verrottendem Fleischüberresten. Ein wahrlich trostloser Anblick.

Gerade treten unvermittelt fünf Personen aus dem Waldstück, das auf einer Anhöhe dahinter beginnt. Es sind Matsuba und seine vier Begleiter. Es dauert nicht lange bis sie die grausigen Überreste des Heeres entdeckt haben.

Matsuba rümpft angewidert die Nase. Der Gestank des Todes ist geradezu unerträglich. Seine Leibwächter sehen kaum weniger angeekelt aus.

Schließlich schüttelt der Hofmeister des Westpalastes seine Benommenheit ab. „Wer hat die Marke gesetzt?“, richtet er die Frage an den großen, hageren Youkai neben sich.

„Nach dem Wachplan müsste es Yuushigaku sein, Herr“, gibt dieser bereitwillig Auskunft.

Der höhergestellte Youkai senkt kurz den Blick und richtet die Aufmerksamkeit seiner Sinne auf die Umgebung. Schließlich hebt er den Kopf wieder. „Dort drüben!“, weist er in eine Baumkrone nahe des Waldesrandes. „Yuushigaku!“, ruft er streng. „Es ziemt sich gar nicht einen Vorgesetzten warten zu lassen.“

Nun kommt Bewegung in die Zweige des Baumes. Fast als würde nun ein Schleier von ihm abfallen, gibt das was zuvor nur Geäst war nun den Blick auf einen schlanken, hellhaarigen Youkai frei. Grazil springt er sogleich vom Baum herab und landet geschickt vor dem Ratsmitglied auf einem Knie.

„Verzeiht, Herr!“, neigt er ergeben den Kopf. „Ich war überrascht Euch hier anzutreffen und wollte erst sicher gehen, dass wir von der anderen Seite der Grenze nicht von Wachposten beobachtet werden. Aber wie es aussieht, sind hier schon länger keine mehr vorbeigekommen.“

„Das wundert mich gar nicht“, rümpft Matsuba erneut die Nase. „Der Gestank hier ist auch nicht zu ertragen. Was ist hier vorgefallen?“

„Ich war nicht hier zu dem Zeitpunkt“, gibt der Späher ein wenig kleinlaut zu, „Ich stieß durch reinen Zufall auf die Fährte des Fremden. Er hatte seine Spur gut getarnt. Als ich hier eintraf, war er schon drüben.“

„Hattet ihr nicht den klaren Auftrag ihn ohne Unterlass im Auge zu behalten?“, tadelt Matsuba streng. „Wie konnte er euch da entwischen?“

„Ich kann es mir auch nicht erklären“, erwidert Yuushigaku schuldbewusst. „Er tarnt seine Aura fast perfekt und seine Fährte war meist sprunghaft und fast willkürlich. Wir haben ihn immer wieder aus den Augen verloren. Erst hier konnte ich ihn wieder aufspüren, habe ihn jedoch leider verpasst. Aber dies ist die Stelle an der der Fremde die Grenze überquert hat. Ich nehme darum an, dass er für dieses Blutbad verantwortlich ist.“

„Kaum anzunehmen“, entgegnet Matsuba, „Ein einzelner Youkai kann nicht in solch kurzer Zeit so großen Schaden anrichten. Sicher wird hier kurz zuvor eine Schlacht stattgefunden haben. Er wird lediglich dazu gestoßen sein.“

„Das erscheint mir nicht so, Herr“, wagt der Wachposten zu erwidern. „Nur die Banner eines Heeres sind vorhanden. Entweder haben sich die Soldaten untereinander umgebracht, oder sie wurden von etwas überrascht dem sie nichts entgegenzusetzen hatten.“

„Das feindliche Heer wird weitergezogen sein. Eine einfache Erklärung“, entgegnet Matsuba.

„Aber hier liegen nicht mal Leichen, nur einzelne Fleischstücke“, kommt einer seiner Leibwächter, ein schmaler, drahtiger Youkai mit geflochtenem Zopf, dem Späher zur Hilfe.

Ein verächtliches Schnaufen ist vom Hofmeister des Westpalastes zu vernehmen. „Sesshomaru-sama erwähnte, dass der Youkai Menschen verschlingt um Energien zu sammeln. Sicher wird er hier ähnliches versucht haben und die übrigen Soldaten sind geflohen. Menschen sind ja so furchtbar schreckhaft.“

Die Begleiter werfen sich unauffällige Blicke zu, sagen jedoch nichts mehr dazu. Sie treffen jedoch den Entschluss, was diesen ominösen Youkai angeht, sehr auf der Hut zu sein.“

„Nun“, richtet Matsuba sich geschäftig auf, „gehen wir unserer Pflicht nach und spüren ihn auf. Sottokawa, Shida! Geht, findet seine Spur. Unsere Mission duldet keinen Aufschub.“

Der große, hagere Youkai und sein Kamerad mit dem Zopf nicken kurz, dann eilen sie davon um einen Hinweis über den Verbleib ihres Ziels zu finden.

„Also los!“, setzt sich Matsuba in Bewegung, direkt auf die verwüstete Ebene zu.

„Überqueren wir die Grenze?“, meldet sich jetzt Yuushigaku noch einmal zu Wort. „Hat Sesshomaru-sama das genehmigt?“

Nun bleibt der Hofmeister noch einmal stehen und wendet sich mit verärgerter Miene dem Wachposten zu. „Unterstellst du mir ich würde ohne Auftrag die Grenze eines befeindeten Reiches überqueren?“

Der Youkai duckt sich ehrerbietig zusammen. „Natürlich nicht, Matsuba-sama.“

„Außerdem“, fügt dieser nun geringschätzig hinzu, „gilt im Augenblick Sesshomarus Halbbruder Inu Yasha als Fürst des Westclans. Sesshomaru selbst ist derzeit unabkömmlich. Aber das konntest du natürlich nicht wissen.“ Erhobenen Hauptes schreitet er nun hinunter in des flache Tal und die drei übrigen Youkai folgen ihm, wenn auch ein wenig verhalten.

Während sie die Ebene überqueren die die Grenze zum Nordreich bildet, kommen sie an zahlreichen Zelten, Waffen, Rüstungen und allerlei anderem für Reisen gedachten Hausrat vorbei, ebenso wie an reichlich Blutlachen und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Körpern. Wachsam beobachten die drei Leibwächter die Umgebung. Viele der Zelte sind brutal auseinandergerissen worden, Planen zerfetzt und Stangen zertrümmert. Rüstungen sind eingedellt oder schlicht an ungesunden Stellen zerteilt worden. Kaum etwas lässt auf ernsten Widerstand schließen. All das macht hier den Eindruck als wären die Männer überrascht worden und hätten nicht einmal die Zeit gefunden um etwas dagegen zu unternehmen.

Je tiefer die vier in das Trümmerfeld hineingeraten, umso schlimmer wird der Verwesungsgestank sowie auch der Geruch eines Dämonenhundes und die Überbleibsel einer erschreckend boshaften Aura die immer mehr auf sie herabdrückt. Was ebenfalls zunimmt ist die Anzahl der Knochen die, wild verstreut herumliegen. Die Frage wohin die Soldaten verschwunden sind, scheint sich immer mehr zu klären. Selbst der Hofmeister des Westpalastes ist nun recht still geworden.

Auf einmal machen sie zwischen all der Verwüstung eine aufschlussreiche Entdeckung. Hier wo anscheinend ein großer Topf mit Wasser umgekippt ist, kann man deutlich einen beträchtlich großen Fußabdruck im halb getrockneten Schlamm erkennen. Er misst beinah zwei Schritt.

Matsubas Miene hellt sich ein wenig auf. „Seht ihr, was habe ich gesagt. Gemessen an der Pfote könnte man unseren Gegner auf etwa zehn bis fünfzehn Meter schätzen. Dies ist nicht wesentlich größer als Sesshomaru-sama selbst misst. Die ganze Angelegenheit hat also noch eine überschaubare Brisanz. Wir können also zuversichtlich sein, unsere Mission erfolgreich zu beenden.“

Mit einem leichten Wink weist er die drei an ihm weiter zu folgen, und auch wenn seine Begleiter auf Grund von langjähriger Kampferfahrung seine Zuversicht nicht unbedingt teilen, so sind sie ihm immer noch zum Gehorsam verpflichtet und folgen ihm bereitwillig.

Gerade tauchen von der Seite her die anderen beiden Leibwächter wieder auf und erstatten Bericht. „Er hat die Grenze vermutlich gestern passiert und das Nordreich betreten. Der Spur ist gut zu folgen diesmal, aber wir haben auch Fährten von Kita-aitsu (Youkai des Nordens) gefunden. Sie scheinen ihm ebenfalls zu folgen, wir sollten versuchen nicht entdeckt zu werden um nicht unnötig Kämpfe zu provozieren.“

Einer der Leibwächter, ein schlanker Youkai mit blassem Gesicht und silbergrauen langen Haaren, nickt einmal kurz. Er schließt die Augen und murmelt kurz etwas. Dann vollführt er eine kurze Handbewegung in die Runde und sogleich verblassen die Gestalten seiner Kameraden und das getäuschte Auge vermag nur noch einen leicht flimmernden Schemen in der Umgebung wahrzunehmen. So getarnt machen sie sich wieder auf den Weg, immer der Spur ihres Gegners folgend.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yvibel
2021-07-02T15:52:05+00:00 02.07.2021 17:52
Sehr schön. Es fängt vor allem immer nett und lustig an. Inuyasha und Kagome sind einfach goldig. Sie weiß immer, wie sie ihn rum kriegt und er kann letztendlich nie nein sagen. *kicher* Ob Inuyasha irgendwann mal noch raus bekommt, was er ihr so dringend sagen möchte... XD
Jedenfalls war mir klar, dass er nicht allein geht. Na hoffentlich findet er den Gesuchten schnell. Der wiederum scheint sich in der ganzen Angelegenheit gründlich zu verschätzen. Irgendwie nimmt das im Augenblick keiner so richtig ernst und das trotz Sesshomaru´s Erfahrungen...also wirklich, was denken die bloß....
Na das dicke Ende wird schon noch kommen.
Ach Gottchen und der arme Samushi, tut mir natürlich auch leid. Ich glaub, da ist der Herzschmerz jetzt weitaus größer als die körperlichen Verletzungen...*seufz* Und dann hat er das ja auch noch irgendwie selbst verschuldet, mit seinem Dickkopf und seinem Temperament. Trotzdem, schrecklich und natürlich traurig. Vielleicht kriegt er ja Gelegenheit, sich wie auch immer zu rächen..?
Ich bleibe gespannt, wie es weiter gehen wird.

Grüßle Yvi
Von:  Hotepneith
2020-09-26T04:58:23+00:00 26.09.2020 06:58
Ach herrje. das gibt ja ein nettes "Familientreffen". Jede rmacht was er will, keiner das, was er soll ....und der Chef vons Ganze agiert irgendwo in der Unterwelt. Zumidnest gibt sich Inu Yasha Mühe alles im Griff zu haben, aber das könnte bei derart eifrigen Untergebenen aller seiten etwas hart werden. Du liebst es wirklich deine Charatere zu quälen.
Ki ist dir sehr gut gelungen.
 
 
hotep


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