Gemeinsame Reise von Alyeskah ================================================================================ Kapitel 6: Ein Fremder in der Heimat ------------------------------------ Der Nudelsuppenladen Ichiraku war Narutos Lieblingsplatz. Sakura hat nur die Augen verdreht, als er vorgeschlagen hat, sie sollten dort erst einmal etwas essen, aber Sasuke fand es gar nicht so übel. Klar, er mochte Nudeln nicht so und Tomatensuppe wäre ihm lieber gewesen, aber er hatte schon Schlimmeres gegessen. Sakura lehnte dankend ab und Sasuke aß eine Schüssel voll Suppe, dann beobachteten beide etwas angeekelt, wie Naruto bereits die fünfte Portion herunter schlang. Sasuke schüttelte den Kopf über das Essverhalten des Blonden, aber Sakura erklärte ihm leise, dass Naruto niemanden gehabt hatte, der ihm solche grundlegenden Sachen wie Tischmanieren beigebracht hatte. Sasuke nickte nur und dachte daran, dass auch er sich die gesellschaftlichen Dinge größtenteils hatte selbst beibringen müssen, weil es Itachi einfach nicht wichtig war. Er nahm sich vor, Rücksicht auf Naruto zu nehmen. Erschrocken stellte er fest, dass er beinahe so etwas wie Mitleid für den Blonden verspürte. Naruto richtete sich auf. „Ich bin satt!“, verkündete er, während ihm die letzten Nudeln noch aus dem Mund heraushingen. „Wie wär’s, wenn wir jetzt nach Hause gehen und schlafen?“ Sasuke Mitleid verschwand augenblicklich und er verzog das Gesicht. Auch Sakura schien nicht sonderlich angetan. „Naruto!“, sagte sie tadelnd. „Wir wollten Sasuke doch die Stadt zeigen. Also reiß dich zusammen!“ „Ist ja schon gut“, murrte Naruto und sie verließen den Laden. Der Nachmittag mit Sakura und Naruto war reine Zeitverschwendung gewesen. Das Mindeste war, dass sich Sasuke jetzt in Konoha auskannte, wusste, wie er wo hinkam. Aber zu einem abscheulichen Preis. Naruto schienen die abwertenden, hasserfüllten Blicke der anderen nicht aufgefallen zu sein, aber auch wenn er tat, als würde es ihm nichts ausmachen – sie brannten sich in Sasuke ein und er schwor sich, jeden Einzelnen von ihnen bezahlen zu lassen. Sie hatten kein Recht, so mit ihm umzugehen. Sie kannten ihn nicht, also konnten sie sich nicht herausnehmen, ihn zu beurteilen, verurteilen! Mehrmals hatte sich Sakura ihm zugewandt, aber er hatte sie meistens ignoriert. Naruto war interessanter. So, wie er ihn einschätzte, würde es ein Leichtes werden, das Vertrauen dieses Idioten zu gewinnen. Er war so albern, so naiv. Ein leises Lächeln stahl sich auf Sasukes Lippen, als er seine Haustür öffnete. Er würde nicht lange brauchen und bald wieder bei Itachi sein. Wo er hingehörte. „Warum denn so glücklich?“, fragte eine spöttische Stimme hinter ihm. Sasuke wirbelte herum, aktivierte im Bruchteil einer Sekunde seine Sharingan und funkelte den Eindringling ein, auf alles gefasst. Gleichzeitig fragte er sich, warum er ihn nicht bemerkt hatte. „Wer bist du?“ Langsam schloss er die Haustür, drehte sich um und blickte Sasuke aus einem emotionslosen Auge an, das andere war verbunden, genau wie manche andere Stellen seines Körpers. „Ich heiße Danzo.“ „Du warst bei meinem Test dabei“, erinnerte sich Sasuke an den mürrischen Mann, der gleich nach Kakashis Beurteilung verschwunden war. Tsunades Worte kamen ihm in den Sinn und das Bewusstsein, dass dieser Mann zu den Obersten von Konoha gehörte, die ihn nicht ausstehen konnten, mischte sich zu der seltsamen Aura, die ihn umgab und ließ einen kalten Schauer über Sasukes Rücken rieseln. „Was willst du von mir?“ „Dass du verschwindest“, lautete die knappe Antwort. „Egal, was Tsunade sagt, du gehörst nicht hierher. Ihr Uchiha habt noch nie hierher gehört! Konoha ist nicht euer Zuhause, wird es nie sein und egal, was passiert, ich werde nicht zulassen, dass das Dorf euretwegen noch mehr leidet!“ Der Uchiha runzelte die Stirn. Wovon sprach der Kerl? Danzo kam näher, aber Sasuke wich nicht zurück. Er blieb stehen und sah ihm in die Augen, hielt dem Blick stand und würde ihm am liebsten ins Gesicht spuken, als er seinen Ausdruck wahrnahm. Hass. Pure Verachtung. Einmal mehr fragte er sich, womit er das verdient hatte. Soweit er wusste, hatten die Uchiha dem Dorf immer gut gedient – ohne die Polizei wäre es schon zu gewaltigen Schwierigkeiten gekommen. „Hast du es nicht gemerkt? Niemand will dich im Dorf haben. Du bist noch geächteter als das Kyuubi. Du passt nicht zu uns. Wenn du es so willst, bist du ein Fremder in deiner eigenen Heimat. Und egal, was Tsunade sagt – du bist gefährlich. Ich glaube dir nicht, dass du einfach so wieder zurück gekommen bist. Du führst etwas im Schilde. Du und Itachi – ihr wollt Konoha dem Untergang näher bringen!“ Ein wahnwitziges Funkeln trat in sein Auge und er verzog die Lippen zu einer verrückten Grimasse. „Aber ich werde das nicht zulassen! Ich, Danzo, zukünftiger Hokage, ich werde dafür sorgen, dass ihr uns nicht in die Quere kommt! Ihr hättet damals sterben sollen, wie alle anderen aus eurer Sippe, aber da Itachi zu feige war, dich auch zu töten, ist alles schief gegangen!“ Sasukes Fassade bröckelte. „Nenne meinen Bruder noch einmal feige und du wirst nie wieder die Gelegenheit haben, ein Wort gegen meine Familie zu sagen. Weil ich dir deine Zunge erst langziehe, dann verknote und schließlich abfackele!“, zischte Sasuke und funkelte ihn an. Danzo schaute triumphierend zurück. „Wusste ich es doch. Itachi und du habt gar kein so schlechtes Verhältnis zueinander, wie überall gemunkelt wird. Sie sagen, du willst Rache für deine Familie, sie sagen, das ist alles, woran du denken kannst. Itachi bestimme dein Leben. Nun, das tut er, nicht wahr? Aber nicht in dem Sinne, dass du seinen Tod planst – du würdest viel eher alles dafür tun, dass er am Leben bleibt!“ Sasuke biss sich auf die Zunge, überlegte, was er jetzt tun sollte, überlegte, überlegte, überlegte, aber ihm fiel nichts ein. Verdammt! Danzo war ihm mittlerweile so nah, dass er seinen Atem auf dem Gesicht spüren konnte. Ihm wurde schlecht. „Itachi hat dich losgeschickt. Du sollst das arme, kleine Kind mimen, dem so Furchtbares widerfahren ist, dem man einfach Gnade und Mitleid entgegen bringen muss! Weißt du, warum es dir hier bisher so gut ging? Weil einfach niemand weiß, was wir mit dir anfangen sollen! Das war schon immer das Problem bei euch Uchiha. Aber im Prinzip seid ihr alle gleich! Und ich werde Konoha so einen großen Gefallen tun, wenn ich euch töte, dass sie gar nicht anders können, als mich zum Hokagen zu ernennen!“ „Du bist doch völlig gestört“, keuchte Sasuke, als Danzo vorschoss und irgendeine, Sasuke unbekannte Waffe, nur knapp an ihm vorbeiflog. Er machte sich auf einen Kampf gefasst, aber Danzo hielt plötzlich mitten in der Bewegung inne und runzelte die Stirn. „Glück gehabt“, knurrte er und machte einen Schritt rückwärts. „Aber wir sehen uns wieder, Sasuke Uchiha…“ Mit diesen Worten verschwand er und kurz darauf stand Kakashi Hatake an der gleichen Stelle. „Alles okay, Sasuke?“, fragte er anstelle einer Begrüßung. Wie benommen nickte Sasuke. Es war ein bisschen viel gerade und er fragte sich, ob er Kakashi von Danzo erzählen sollte, entschied sich aber dafür, das Gespräch erst einmal für sich zu behalten. Denn egal, was er tat – er konnte immer sterben. „Was gibt’s?“ Normalität vortäuschend lehnte er sich lässig an die Wand und musterte Kakashi. Der Weißhaarige tat es ihm nach und schaute kurz gedankenversunken aus dem Fenster, ehe er antwortete. „Ich wollte mit dir reden. Wegen vorhin. Wegen übermorgen. Ich habe gehört, was du alles zu Sakura und Naruto gesagt hast und wir wissen beide, dass du Recht hast.“ Sasuke zog eine Augenbraue hoch und richtete seine Aufmerksamkeit auf Kakashi. Interessant… „Natürlich ist das Leben eines Einzelnen nicht im Geringsten so viel Wert wie das einer ganzen Gemeinschaft. Trotzdem gehört das Team gleichsam mit dem Erfüllen des Auftrags an die oberste Stelle eurer Pflicht, zumindest hier in Konoha. Du warst lange nicht da und hattest früher kaum Gelegenheit, dich darüber zu informieren, außerdem hast du eine andere Erziehung genossen, darum sind wir nachsichtig mit dir. Trotzdem – nimm es dir zu Herzen, ja?“ „Warum?“, erwiderte Sasuke, ohne auf die Frage einzugehen. „Du weißt, dass es in der Realität anders aussieht. Das hast du mir eben selbst bestätigt. Warum legst du dann so viel Wert auf Teamfähigkeit?“ Kakashi lächelte leicht. „Es stimmt, mir ist es sogar noch wichtiger als meinen Kollegen. Aber ich habe auch Erfahrungen gemacht und ich finde, dass wir, ob Ninja oder nicht, nicht nur Werkzeuge sind, sondern - wenigstens im Grunde unsrer Seele – auch Menschen. Und wenn wir unsre Menschlichkeit nicht bewahren würden… Dann wäre die Welt schon längst untergegangen.“ Sasuke dachte an Danzo und verspürte wieder dieses seltsame Gefühl. Kakashi hatte irgendwo recht. Zumindest ein bisschen. Danzo war kein Mensch mehr, er war ganz und gar Ninja. Ein Werkzeug. Und Sasuke hatte gelernt, dass es auch anders sein kann, dass man nicht durch eigene Ziele und Machtgier stark werden kann, sondern auch durch das Verlangen, sich zu beweisen, Menschen, die man liebt und bewundert, stolz zu machen. Er dachte an Itachi… „Ich verstehe“, sagte er leise. „Ich werde versuchen, mich einzufügen.“ „Sehr gut.“ Kakashi nickte zufrieden. „Ich wollte es nur noch einmal eindringlicher gesagt haben. Dann zum zweiten Grund meines Besuchs. Wie ich dir schon gesagt habe – tut mir leid, dass ich mich gerade so oft wiederhole, aber besser einmal zu oft als einmal zu wenig – beginnt übermorgen unsre Mission. Es wird keine allzu schwere werden, aber sie ist eine sehr gute Übung für euch, vor allem für dich. Du sollst dir im Klaren darüber sein, dass ich dich genau im Auge behalte. In beiden Augen. Es gibt viele Stimmen, die dich verfluchen, gegen dich sind. Aber es gibt hier auch einige, die bereit sind, dich wieder in Konoha aufzunehmen. Doch du musst dich beweisen, zeigen, dass es dir ernst ist. Sorge dafür, dass ihnen bewusst ist, dass auch du hierher gehörst. Du bist hier kein Fremder, Sasuke. Du bist ein Bewohner Konohas, wie wir alle auch. Es ist nicht fair, wie sie mit dir umgehen, aber in gewissem Sinne ist das einfach nur, weil sie es nicht besser wissen. Gib ihnen Zeit, sich an dich zu gewöhnen und du wirst merken, dass Konoha wirklich deine Heimat ist.“ Sasuke nickte langsam und Kakashi wandte sich zum Gehen. „Ich weiß, dass dir gerade alles ein bisschen viel ist“, sagte der Jounin mit überraschend sanfter Stimme, „aber das wird schon. Du wirst sehen.“ Sasuke sah ihn an. „Kakashi? Viele glauben es nicht, aber… Auch ich habe meine Menschlichkeit noch nicht verloren. Ich bin bereit, zu zeigen, dass hier mein Zuhause ist.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)