Die Magie der Worte von Feuerblut ================================================================================ Akt 8: Die ausweglose Flucht zweier Liebenden --------------------------------------------- Ein paar Tage können helfen, ein neues Gleichgewicht zu finden. Sie führen einen doch schwachen Menschen ins Licht und lassen die zahlreichen Wunden heilen, körperliche sowie seelische. Doch schon nach kurzer Zeit bedrohen dunkle Wolken die junge Liebe. Noch grollt das Unwetter in einiger Entfernung, aber es kommt näher. Und eine Quelle, die bereits versiegt schien, erwacht durch Tränenregen wieder zum Leben.   Als ich aufwachte, schnappte ich wie ein Ertrinkender nach Luft. Meine Lunge füllte sich mit dem überlebenswichtigen Stoff, mein Herz raste. Was mir überaus deutlich machte, dass ich mich wieder in der Welt der wachen Menschen befand, war mein schmerzender linker Arm. Ich bemerkte, dass zwei Hände auf meiner Brust ruhten, welche meinen aufgerichteten Körper wieder in eine liegende Lage schoben. „Du musst liegen bleiben! Sonst kann dein Arm ja nie heilen!“ „W… Willy?“, stöhnte ich verwirrt und er lächelte mich an. „Willkommen zurück, Watanuki!“, begrüßte er mich. „Was ist passiert?“, wollte ich wissen. „Nun ja, man könnte sagen, der Rote Wirbelwind war etwas grob zu dir. Juliet hat dich mit ihrem Schwert erwischt, als du sie gerade verteidigen wolltest.“ „Oh ja, ich erinnere mich…“, flüsterte ich. „Die Wunde ist nicht sonderlich tief, allerdings solltest du dich noch ausruhen“, erklärte William. „Was ist mit Juliet?“, fragte ich. „Romeo hat sie gefunden und ist mit ihr davongeflogen. Es ist alles gut!“ Ich realisierte seine Worte und nickte. Ich wusste zwar nicht genau warum, aber ich vertraute Romeo. „Schlaf noch etwas, Watanuki. Ich werde auch zu Bett gehen!“, meinte der Schriftsteller und ließ eine schwache Lampe neben mir stehen. Ich glitt wieder in die mehr oder weniger guttuenden Wogen des Schlafes und versuchte Ruhe zu finden. Versuchte es.   Ein weiter, heller Gang, vom Sonnenlicht durchflutet. Lange Wurzeln durchbrachen das grelle Licht, zur Hälfte verdorrt, zur Hälfte lebend. Und zu meiner Überraschung sah ich in diesem Traum von Escalus zwei mir bekannte Personen: „Wo sind wir denn hier?“, fragte Romeo. Juliet sagte nichts, sondern erschrak, als ein alter Mann seine Stimme erhob: „Hier war mal ein Brunnen. Aber die dazugehörige Quelle ist ausgetrocknet.“ Wir sahen zu dem Mann auf, die Anwesenden konnten mich offensichtlich nicht wahrnehmen. „Hier war eine Quelle? Das ist doch...“, setzte Romeo an. „Unsere Welt, wie wir sie kennen, wird von den Wurzeln zweier Bäume getragen. Leider ist einer dieser Bäume bereits verdorrt. Ihm ist nun nicht mehr zu helfen und der zweite wird auch nicht mehr lange leben.“ Ich betrachtete die Wurzeln genauer. Die grünen hatten sich teilweise um die verdorrten geschlungen und schienen erfolglos zu versuchen, sie wiederzubeleben. Juliet keuchte, in ihren Augen spiegelten sich die Wurzeln wider. Sie ließ das Brennholz in ihren Armen fallen und drückte sich die Hände an die Ohren. Auch ich sank zu Boden. Ich hörte diesen schrecklich hohen Ton… Was war das? „Was hast du denn, Juliet?“, entfuhr es Romeo besorgt, sie atmete schwer, ebenso wie ich. „Lass uns schnell wieder gehen!“, bat sie zitternd und die beiden gingen in den hellen Gang hinaus. „Dies sind die ersten Anzeichen, dass Escalus sterben wird“, sagte der alte Mann mit dem grauen, krausen Haar voraus, dann verschwand auch er und ich fiel in die Dunkelheit.   Nach einer Woche ging es mir soweit wieder gut. Mein Arm schmerzte nicht mehr so sehr und ich konnte allmählich wieder die Hausarbeit aufnehmen, obwohl mich Conrad und die anderen lieber bei William sahen, weil ich bei ihm eher geistig als körperlich zur Hand ging. Juliet blieb weiterhin verschwunden, niemand wusste etwas über ihren Aufenthaltsort. Cordelia schickte entweder mich oder Benvolio zum Einkaufen, da wieder einige Mädchen gefangen genommen wurden, da sie im Verdacht standen, die letzte Capulet zu sein. Als ich dann wieder bei William war, schien dieser schwer zu überlegen. „Was ist denn los?“, erkundigte ich mich. „Es ist sehr schwierig, das Drama zu Ende zu führen, an dem ich gerade sitze. Dennoch... Ich ziehe es vor, das Finale hinauszuzögern und einen dramatischen Höhepunkt muss ich auch noch einarbeiten!“ „Drama?“, hakte ich nach. Hatte er nicht noch vor einiger Zeit gemeint, dass er an einer Komödie schrieb? Ich seufzte. Ob er denn wirklich schon an der „Romeo und Julia“-Version saß, welche wir in der Zukunft für die einzig wahre Geschichte hielten? „Ob es Juliet wohl wirklich gut geht?“, fragte ich mich und William winkte ab. „Sicherlich, sicherlich, Watanuki! Mach dir nicht so viele Gedanken! Sie ist schließlich bei ihrem Romeo! Sie wird sicher schon bald wiederkommen!“ „Hoffentlich“, entgegnete ich immer noch leicht besorgt.   Die nächsten Tage vergingen schleppend für mich. Ohne Juliet langweilte ich mich. Ich hatte niemanden mehr zum Beschützen und William ärgerte mich dafür umso mehr. Ich befand mich gerade in der Stadt, um den neusten Klatsch und Tratsch aufzuschnappen, da sah ich auf einmal einige Menschen, welche an der Straße standen. „Ja, die beiden haben sich anscheinend stolz den Wachen des Duce gestellt! Juliet Capulet wurde natürlich sofort gefangengenommen. Sie müssten jeden Moment mit dem Gefangenentransport hier sein!“, informierte eine Wache seinen unwissenden bewaffneten Nachbarn, die beiden standen ganz in meiner Nähe. „Und es war wirklich der Sohn des Duce mit dabei? Seid Ihr Euch sicher?“, fragte sein Gegenüber eindringlich. „Ganz sicher. Es sind Juliet Capulet und Romeo Montague!“ Ich ließ meine Einkäufe fallen. Hatte ich da richtig gehört? Sie hatten Juliet gefangen? „Verzeiht mir die Frage, werte Herren“, setzte ich höflich an und die Wachen sahen auf mich hinab. „Ist es wahr, dass die Capulet-Tochter endlich gefangen wurde?“, wollte ich wissen. „Ja, sie kommt jeden Moment in die Stadt. Also geh nach Hause, verzieh dich!“, antwortete mir die Wache unfreundlich. „Na endlich wurde sie gefasst! Ich dachte schon, sie könnte sich ewig verstecken! Dann wird wieder Ruhe in die Stadt einkehren und alle können friedlich leben!“, log ich, nahm meine Einkäufe wieder in die Hand und alarmierte Conrad und die anderen. Francesco und Curio kamen mit mir. Wir hörten einige Pferdehufe, welche die Ankunft von Juliet ankündigten. Die Kutsche wurde sogar seitlich und hinten von Ryubas flankiert. „Sie haben die Tochter der Capulets gefangen!“ „Aber immerhin... Sie hat überlebt!“ „Sie soll ja sogar mit dem Sohn vom Duce Montague durchgebrannt sein“, redeten die Menschen durcheinander. „Die Lage ist ernst. Was sollen wir tun?“, fragte Francesco. „Welche Möglichkeiten haben wir?“, stellte Curio die Gegenfrage. „Wir könnten die Kutsche stürmen. Ob das was bringt ist allerdings die Frage. Denn dann wären wir in der Falle und Juliet würde das gar nicht helfen“, gab ich zu bedenken. „Aber irgendwas müssen wir doch tun!“, meinte Curio verzweifelt. „Wir könnten uns in unser Versteck zurückziehen und einen neuen Plan machen“, schlug Francesco vor. „Ich werde sie auf jeden Fall retten! Und wenn es mein Leben kostet!“, sagte ich entschlossen und ballte meine Hand zur Faust. Nachdem wir einen ungefähren Plan zur Hand hatten und uns William in meinem Namen mit einer Karte weiterhalf, die ich ihm angeblich zum Aufbewahren anvertraut hatte und auf der eine Abkürzung zum Gefängnisturm eingezeichnet war, sattelten wir hastig unsere Ryubas und stürzten uns in die Befreiungsmission. Ich betete, dass wir erfolgreich sein würden. Curio und Francesco waren im Kämpfen besser als ich und so hatten wir den Plan gemacht, dass Francesco die Wachen außerhalb des Turms ablenkte und Curio und ich uns drinnen um die Soldaten kümmern würden. Da Curio auch in Nahkämpfen besser war als ich, würde ich die Befreiung Juliets übernehmen und mein Partner würde die Ablenkung für die Wachen spielen. Es lief alles nach Plan: Wir überrannten die Feinde mit Pfeil und Bogen von unseren fliegenden Ryubas aus, dann landeten Curio und ich und drangen ins Innere des Turms ein, während Francesco sich mit den letzten vier fliegenden Wachen beschäftigte, welche wir noch am Leben gelassen hatten. „Sie wird wahrscheinlich ganz unten sein!“, vermutete ich keuchend, als wir die Treppen ins Untergeschoss hinuntereilten und dort die Aufmerksamkeit weiterer Wachen auf uns zogen. „Ich komm dich holen, Juliet!“, rief ich, als ich um eine Ecke stürmte und die Rothaarige sah, deren Hände durch eine Stockfessel handlungsunfähig gemacht worden waren. „Curio! Watanuki!“, entgegnete Juliet überrascht. „Zurück!“, befahl der Wächter ihrer Zelle und griff an. Ich wich elegant zur Seite aus, damit der Soldat genau Curio in die Arme lief, welcher ihn kurzerhand in einen Kampf verwickelte. Ich öffnete mit einem einzigen Schwerthieb das Gefängnis. „Was tut ihr beide hier?“, fragte sie beinahe flüsternd. „Wir befreien dich!“, erklärte ich kurz angebunden. „Das bringt nichts! Wenn Ihr mich jetzt befreit, dann müssen doch an meiner Stelle wieder unschuldige Menschen leiden“, sagte Juliet leise und sah zu Boden. „Nehmt Vernunft an! Glaubt Ihr, Ihr werdet Frieden finden, wenn Ihr Euch umbringen lasst? Ihr müsst an das Vermächtnis Eures Vaters denken. Ihr seid unsere Hoffnung! 14 Jahre lang haben die Überlebenden nur durch den Glauben an Euch weiterleben können! Seid Ihr nicht angetreten um Neo Verona zu befreien? Ihr dürft jetzt nicht aufgeben! Oder Ihr müsst Euch eingestehen, dass Lanzelot umsonst für Euch in den Tod gegangen ist! Um Euch zu beschützen habe ich so oft mein Leben riskiert. Wofür setzt Ihr Euer Leben aufs Spiel? Für die Liebe? Wem wollt Ihr etwas beweisen?“, rief Curio zu uns herüber. Juliet stöhnte. „Hör mir zu: Liebe ist schön und gut, aber sie wird keinem helfen, wenn du tot bist! Es gibt auch noch andere Ziele! Francesco wartet oben auf dem Dach auf uns. Los, wir müssen uns beeilen!“, drängte ich eindringlich und nahm Juliets Hand. „Bitte, werte Juliet. Komm mit uns!“, fügte ich noch an. Die Prinzessin sah mich noch einmal durchdringlich an, dann floh sie mit uns nach oben. Die meisten Wachen waren bereits außer Gefecht gesetzt, doch für Curio blieben trotzdem noch einige wenige Gegner auf dem Rückweg übrig. Plötzlich erschütterte ein leichtes Beben die Treppe unter unseren Füßen und ich hörte wieder diesen seltsam hellen Ton. Ich ging in die Knie, ebenso wie Juliet, welche diesen ebenfalls wahrnehmen konnte: „Da ist es wieder! Dieses Gefühl von damals...“, flüsterte sie panisch. Dann stürzten plötzlich über uns Wassermassen hinab. Irgendjemand schien die Schleusen des Wehrs geöffnet zu haben, sodass das Wasser den leeren Graben um den Turm herum füllte und uns damit den Fluchtweg abschnitt.   Überall Wasser um mich herum. Luftblasen stiegen nach oben, ich sah noch rotes Haar, welches vom blauen Nass getragen wurde und im Wasser schwebte. Dann wurde es kurz schwarz, bis schließlich wieder der riesige Baum auftauchte, welcher mir in letzter Zeit so vertraut geworden war: Escalus. Heute leuchtete er besonders hell. Aber… warum war das so? „Ein riesengroßer Baum...“, flüsterte Juliet. Ich konnte sie deutlich hören, ich wurde von der Luft getragen und in der Schwebe konnte ich alles überblicken. Juliet lag im Wasser von Escalus. Plötzlich erschien die Frau, welcher ich zuerst begegnet war, als ich in Williams Welt gerissen wurde: Die Priesterin Ophelia. Während ihrer Worte tauchte sie langsam ihre Füße in das Wasser und ging zu Juliet. Sie legte ihr einen Finger auf die Stirn: „Das Lächeln der Göttin ist die Quelle für seligen Schlaf und feiner Flügelschlag zeichnet einen hellen Schein in den Himmel. Ein ungeborenes Kind regt sich leise. Ein neuer Morgen bricht an. Er… kennt immer noch nicht...“ Ich sah auf. Da kam eine hochgewachsene und bedrohliche Gestalt die Treppen hinunter, direkt auf uns zu. Der Mann trug einen prächtigen, dunkelblauen Mantel, hatte langes, braun-schwarzes Haar, seine Gesichtszüge waren streng und sein Blick von Kaltblütigkeit gezeichnet. Außerdem hatte er die Augenfarbe von… war er etwa… Romeos Vater? Mich überkam ein Frösteln. Ich sah den tyrannischen Herrscher heute das erste Mal. Dieser Mann hatte Juliets gesamte Familie getötet. Ohne Zweifel. Er war es. Ich… konnte es spüren! Dies war also unser Feind. Der Duce Montague. Ich musste Juliet von hier fortbringen! Vielleicht würde ihr sonst noch etwas Schlimmes zustoßen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich wusste nicht, ob es Angst oder Machtlosigkeit war, welche meine Beine lähmte, mein Gemüt verdunkelte. „Was soll das? Was tust du da? Ophelia, was geht hier vor? Was tut Juliet Capulet hier? Ophelia, antworte mir!“, rief der Duce und wollte zu uns kommen, doch Escalus schirmte ihn von uns ab. Danke. Der Baum beschützte uns bereits. Mein Einsatz war nicht vonnöten. „Die Liebe, die das Leben empfängt... kehrt immer zu Escalus zurück. Escalus ist der Lebensspender“, sprach Ophelia. Juliet versank wieder im Wasser, sie schien zu schlafen. Konnte sie denn nicht ertrinken? Vielleicht sollte ich sie doch retten? In diesem Moment spürte auch ich, wie mich das Wasser ebenfalls zu sich zog, es war warm und angenehm. Ich schloss beinahe automatisch meine Augen. Die Worte Ophelias hatten eine beruhigende Wirkung und ließen mich den Duce vergessen... Es zählte nichts, außer Escalus!!   Als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, fand ich mich am Fuße der Treppe wieder, welche wir eigentlich gerade hinaufgelaufen waren, bevor uns das Wasser überrascht hatte. Alle waren verschwunden, ich war ganz allein. Ich erhob mich langsam und hielt mir meinen linken Arm, welcher wieder zu schmerzen anfing. Jetzt kam die Probe aufs Exempel. Ich hatte es noch nie aus dieser Entfernung ausprobiert: Ich legte meinen Zeigefinger und Daumen an meine Lippen und pfiff. Jetzt hieß es warten, die Sekunden schienen wie Minuten zu schleichen. Dann… hörte ich ein Wiehern und einen Moment später schwebte die braune Ryubastute neben mir, groß und majestätisch. „Da bist du ja!“, begrüßte ich sie und hievte mich erschöpft auf ihren Rücken. „Wir müssen Juliet finden! Vorwärts!“, befahl ich ihr und sie legte an Höhe zu. Die Capulet-Tochter fanden wir nicht, allerdings flogen vor uns zwei mir bekannte Ryubas. „Sie ist weg! Wir haben Juliet verloren!“, rief Curio aufgebracht. „Wo kann sie sein? Vorsicht! Die Leibwache! Sie haben uns im Visier!“, warnte Francesco laut, der Wind trug ihre Stimmen zu mir nach hinten. „Curio! Francesco!“, brüllte ich nach vorne und die beiden drehten sich zu mir um, als ich mit meinem Ryuba die ihren aufholte. „Da bist du ja, Watanuki! Weißt du, wo Juliet ist?“, fragte der Blonde. „Leider nein!“, bedauerte ich. Plötzlich schossen Pfeile an uns vorbei, Curio schrie panisch. „Da oben sind sie!“, hörte ich eine Wache rufen, eine andere befahl: „Fliegt auf sie an!“ Erneuter Pfeilhagel setzte ein, ich riss meine Stute nach unten und trennte mich von der Gruppe, ganz so, wie wir es in solch einem Fall vereinbart hatten. „Wo bist du nur, Juliet? Wo kann ich dich nur finden?“, fragte ich laut, da konnte ich sie plötzlich mit Romeo zusammen sehen, die beiden eilten in ein Gebäude hinein. Ich lenkte mein Ryuba nach oben und passte Juliet ab, welche lächelnd hinter mir aufstieg. „Wie schön, dir geht es gut!“, begrüßte ich sie. „Ja, es ist alles in Ordnung mit mir! Lass uns fliegen!“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und flog eine lange Schleife, um unsere Verfolger abzuhängen, bevor wir schlussendlich zu Williams Theater zurückkehrten und dort Curio und Francesco antrafen.   „Sie haben geheiratet????“, brüllte William Watanuki an. „So hat sie es mir zumindest erzählt…“, bestätigte dieser, nachdem er zum Schutze seines Gehörs sicherheitshalber zwei Schritte zurückgewichen war. „Zuerst hat er sie auf der Straße gefunden. Es scheint ein schwerer Schlag für sie gewesen zu sein, von einem ihrer Verbündeten verraten worden zu sein. Ich kann sie voll und ganz verstehen. Das muss schrecklich sein, einen Verräter unter seinen Freunden zu haben“, sagte Watanuki. „Nun ja übertreibe nicht, wirklich Freunde waren sie ja nicht gerade!“, entgegnete der Dichter. „Aber Gleichgesinnte!“, erwiderte Watanuki und William nickte zustimmend. „Das stimmt. Gleichgesinnte. Kampfgefährten. Ich habe übrigens gesehen, wie er sie auf seinem Ryuba mitgenommen hat. Romeo hat ja dieses wunderschöne weiße…“ „Nicht mehr“, wurde er von dem Japaner unterbrochen. „Er hat es… er hat Chielo freigelassen, weil er wenigstens seinem Ryuba die Freiheit schenken wollte, die er selbst nicht erreichen kann.“ „Wie schade… so ein hübsches Tier! Na ja, kann man nichts machen, fürchte ich! Was gescheh’n ist, ist gescheh’n!“ „Dann haben sie ein Boot gefunden und sind damit weitergereist, bis sie in einem verlassenen Dorf angekommen sind“, erzählte Watanuki weiter. „Und da haben sie dann eine Weile gelebt?“, wollte William wissen. „Ja. Sie haben sich ganz allein ernährt und in einer kleinen, abgelegenen Kapelle geheiratet. Juliet hat erzählt, dass sie voller weißer Iris war, denn sie wurde schon teilweise zerstört und die Natur hat sich den Raum zurückerobert.“ „Wie romantisch! Eine Hochzeit nur zu zweit! Ich beneide die beiden ja so!“ „Warum denn? Du hast doch auch eine Frau!“, entgegnete sein Gegenüber. „Ja, ich weiß, ich weiß, aber unsere Hochzeit war nicht annähernd so romantisch wie die von Romeo und Juliet!“ „Auf jeden Fall haben die beiden sogar mit dem Gedanken gespielt, einfach dort zu bleiben. Aber sie haben sich dann um ihrer beider Verantwortung den Wachen gestellt, als sie erfahren haben, dass die bewohnten Dörfer in der Umgebung abgebrannt wurden, da man nach Juliet gesucht hat“, endete Watanuki. „Ihre Flucht war ausweglos. Sie konnte einfach nicht gelingen. Es war klar, dass sie irgendwann erwischt werden würden. Die beiden können ihrem Schicksal nicht entfliehen, nicht vor ihrer Bestimmung weglaufen. Das kann niemand von uns! Denn alles ist vorherbestimmt und wird auch genauso eintreffen. Daran glaube ich zumindest“, sagte William ernst und schaute Watanuki an, welcher seinem Blick kurz auswich, bevor er antwortete: „Du hast vielleicht Recht… Aber ich fand es war wirklich sehr mutig von den beiden, einfach ihre vollen Namen den Wachen zu nennen! Sie haben in diesem Moment zu ihren wahren Identitäten gestanden, welche sie den anderen doch die ganze Zeit verheimlichen wollten.“ „Das stimmt. Aber ich fürchte ab jetzt wird einiges anders, mein Lieber! Ihr habt mit eurer Befreiungsaktion den Duce eiskalt herausgefordert! Das wird bestimmt noch Folgen haben!“, vermutete William und Watanuki starrte ihn an. „Ja, vermutlich…“, befürchtete er leise und blickte in die knisternden Flammen. Es würde Folgen haben, für alle Beteiligten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)