Die Magie der Worte von Feuerblut ================================================================================ Akt 1: Eine Reise in die Vergangenheit -------------------------------------- Wie sehr wünscht man sich noch einmal in seine eigene Vergangenheit zu reisen? Dinge anders zu machen, besser zu machen? Wie aber sollte gehandelt werden, wenn man weit zurück in die vergangene Zeit reist und nichts verändern darf, um die eigene Gegenwart und Zukunft nicht zu gefährden? Stellt man sich dieser Herausforderung dann trotz aller Risiken? Anders gestaltet sich die Situation allerdings, wenn man keine andere Wahl hat…   „Damit machen wir Schluss für heute!“ Seufzend klappte ich mein Buch zu, auf dem mir der Titel ‚Romeo und Julia‘ beinahe schon entgegen sprang. Endlich war die Stunde vorbei! Ich quälte mich mit diesem Buch aber auch wirklich!! Am Schlimmsten war ja immer noch, dass Himawari dauernd davon erzählte - wie toll und romantisch es doch war, wie dramatisch… Für mich war es total unrealistisch. So etwas konnte doch niemals im wahren Leben passieren! Klar, man konnte davon träumen. Aber das brachte einen im Leben doch nicht weiter! War es denn nicht viel wichtiger, die Hausarbeit richtig meistern zu können und sich selbst etwas zu kochen, damit man überleben konnte, als sich in Tagträume zu flüchten? Aber dennoch… genau das liebte ich so an Himawari. Vielleicht, weil ich es selbst nicht die Fantasie dazu aufbrachte und in ihr meinen Gegenpol sah? Himawari war einfach nur bezaubernd… sogar wenn sie von Dingen schwärmte, die mich nicht wirklich interessierten, war sie immer noch faszinierend!! „Mmh“, antwortete Domeki gerade auf Himawaris Frage, ob Romeo nicht unglaublich romantisch wäre. „Domeki interessiert sich doch nicht für so was wie Romantik, Himawari-chan!! Der hat doch absolut keine Ahnung!“ „Und du? Wie viele Bücher hast du denn schon darüber gelesen?“ Erwischt. Verdammt! Ich lief etwas rot an. „Das… ist doch jetzt nicht so wichtig, oder?“ „Du könntest in Domeki-kuns Bibliothek gehen, er hat bestimmt viel zu lesen für dich, Watanuki!“, schlug Himawari vor, doch ich winkte ab, was sich mit meiner Schultasche in der rechten Hand als gar nicht so einfach erwies. „Nein… lass mal… ich bin nicht so der Bücherfreund!“, erwiderte ich hektisch. Dass ich außerdem nicht erpicht darauf war, mich in Domekis Bibliothek umzusehen, erwähnte ich natürlich nicht. Diesen Gedanken behielt ich für mich. „Soooo, ich muss dann hier abbiegen. Bis morgen, ihr beiden!“ „Auf Wiedersehen, Watanuki-kun!“, winkte Himawari mir hinterher. „Bis morgen, Himawari-chan!“, flötete ich ihr hinterher. „Mmh“, brummte Domeki und erhielt von mir auch nur die nüchterne Antwort: „Wir sehen uns morgen.“ zurück.   „Ich weiß, ich habe dafür einen Preis zu bezahlen… meine wertvolle Schreibfeder soll nach meinem Tod Euch gehören, Yuko… Ich hoffe, Euch stellt dieser Gegenwert zufrieden!“ „Er genügt“, sagte Yuko, „Und ich habe ihn bereits erhalten…“ Sie hob die Feder in die Höhe und die Augen ihres Gegenübers weiteten sich. „Aber wie könnt Ihr sie denn jetzt schon…“, fragte der Mann verdutzt, auch wenn Yuko ihn nur durch eine von Mokona erschaffene Scheibe sehen konnte, wusste sie doch genau seinen verwirrten Blick richtig zu deuten: „Du vergisst, dass wir in verschiedenen Zeiten leben, Willy. In meiner Zeit bist du schon lange tot. Daher habe ich den Gegenwert bereits erhalten. Doch nun werde ich dir deinen Wunsch erfüllen! Sobald mein Angestellter bei mir ist, werde ich ihn zu dir schicken!“ „In Ordnung. Ich erwarte ihn.“ „Gut. Dann viel Glück! Falls du nochmal einen Wunsch haben solltest… du weißt, wie du mich erreichen kannst.“ „Ja. Vielen Dank, Yuko!“ Die Verbindung verschwand gerade, als Watanuki in den Raum trat. „Ahhhhh, da bist du ja!“, merkte die Hexe freudig an und hängte sich an den Arm des Oberschülers. „Was ist denn jetzt passiert?“, fragte Watanuki misstrauisch. „Watanuki, Watanuki!“, rief Yuko und schmiegte sich an ihn. „Watanuki, Watanuki!“, äffte das Mokona nach und kuschelte sich in seine Halsbeuge hinein. „Watanuki, Watanuki!“ Nun hingen auch noch die beiden Mädchen an ihm. „Was ist denn nur mit euch allen los? Geht von mir runter! Hey!“ „Ich habe einen Auftrag für dich, Watanuki! Aber zuerst… gehst du mir einen Sake holen, mein Lieber!“   Meine Füße trugen mich schon automatisch in das Sakelager der Hexe, ging ich diesen Weg doch nahezu zehn Mal am Tag. Ich seufzte beinahe lautlos, als ich ihr den gewünschten Alkohol brachte. Doch irgendwo nagte auch diese Neugierde an mir: Was für eine Aufgabe hatte sie nun für mich? Ich stellte die Flasche vor ihr ab und sie goss sich Sake in ihr kristallklares Glas. „Watanuki, ich möchte, dass du mir jetzt gut zuhörst“, sagte die Hexe und ich horchte auf. „Natürlich, Yuko-san.“ Sie hatte meine vollste Aufmerksamkeit, als ich mich ihr gegenüber setzte. „Dieser Auftrag ist kein gewöhnlicher, welcher in unserer Zeit spielt. Du wirst in die Vergangenheit reisen, um ihn zu erledigen.“ „In die… Vergangenheit?“, wiederholte ich geschockt und beeindruckt zugleich. „Ja. Die bereits vergangene Zeit existiert noch neben unserer Gegenwart, daran ist Fey Wan schuld. Durch seine egoistischen Handlungen haben sich die Zeitströme aufgespalten und existieren nun nebeneinander.“ „Aber… ist es denn dann ratsam, solch einen Auftrag anzunehmen? Kann man dadurch nicht… unsere Gegenwart verändern?“, hakte ich nach. Yuko trank einen Schluck und sah dann auf. Rauch umfing ihr Gesicht, ihre rubinroten Augen sahen mich ernst an. „Oh ja“, bestätigte sie, „Das ist ein guter Einwand. Aber du vergisst, dass ich ein Geschäft besitze. Wir sind sogar dazu verpflichtet, diese Aufgabe anzunehmen, Watanuki. Denn falls nicht - wird es eine Katastrophe geben und unsere Zeit würde sich grundlegend ändern. Das darf keinesfalls passieren. Doch wir müssen vorsichtig sein. Es ist in der Tat ein zweischneidiges Schwert, sich in einer vergangenen Zeit aufzuhalten und darin mitzuwirken. Watanuki… was auch immer du tun wirst, versuche keinesfalls, den Lauf der Dinge so zu ändern, dass unsere heutige Welt gefährdet wäre! Versuche dein Möglichstes daran zu setzen, dass alles so wird wie es heute auch ist!“ „Aber… ich bin doch gar nicht in alle Vorgänge unserer heutigen Welt eingeweiht! Was ist, wenn ich etwas falsch mache?!“, fragte ich, allmählich wurde ich mir der Verantwortung bewusst, welche mir Yuko gerade auferlegte. „Du wirst nicht die ganze Welt verändern können, Watanuki, sondern nur einen Bruchteil davon. Und dieser Bruchteil… wird dir bekannt vorkommen“, lächelte die Hexe und mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Was… hatte sie nun schon wieder vor?! „Wird mir Mokona zur Seite stehen?“, erkundigte ich mich. „Nein“, sagte Yuko. „Er wird dir bei diesem Auftrag leider nicht helfen können.“ „Was ist überhaupt meine Aufgabe in dieser anderen Zeit?“, wollte ich wissen. „Das, mein lieber Watanuki… wird dir der Auftraggeber persönlich vor Ort sagen! Und nun wird es Zeit! Wenn du nicht bald aufbrichst, wird es zu spät sein!“ Yuko ging hinüber zu ihrer Kommode und hob die Schreibfeder von ihrem Samtkissen auf. Jene Feder, welche ich gestern in ihrer Kammer wiedergefunden hatte. Aber was bitte… hatte das jetzt zu bedeuten? Die Hexe der Dimensionen stellte sich vor mich und hob das Utensil höher, welches plötzlich zu leuchten anfing und hastig seltsam aussehende Zeichen um mich herum schrieb. „Viel Glück, Watanuki. Mögen die Worte mit dir sein!“, sagte die Hexe, danach verschwand sie für mich hinter einer Wand aus lilafarbenen Zeichen. Was… hatte dieser letzte Satz denn jetzt bitte zu bedeuten?? Musste sie aber auch immer in Rätseln sprechen? Ich fühlte mich seltsam. In dieser Röhre, wenn man sie denn so nennen konnte, war es still, unglaublich still, unnatürlich still… beinahe so, wie ich mir eine gänzlich tote Welt vorstellte… Ich schien zu schweben und mich langsam nach unten zu bewegen. Mein Magen schlug einen Purzelbaum, da ihm diese unnatürliche Bewegung ganz offensichtlich missfiel. So schnell wie es angefangen hatte, war es auch wieder vorbei: Meine Füße fassten wieder Halt und die Zeichen um mich herum verschwanden. Unter mir befand sich Kopfsteinpflaster, es war dunkel und es regnete. Alte, schlicht gebaute Häuser nahmen in meiner näheren Umgebung Gestalt an, in einigen brannte noch Licht. Und vor mir… stand eine Gestalt in Kapuze, welche eine helle Laterne bei sich trug. „Sind Sie… Yukos Auftraggeber?“, fragte ich, nachdem ich mich ein wenig gefangen hatte. Der Regen prasselte lautstark auf den Boden und sprang wieder von dem harten Stein ab, was ich für einen kurzen Moment fasziniert beobachtet hatte. Der Vermummte nickte und machte sich die Kapuze zurück. „Ja, der bin ich. Willkommen in meiner Zeit!“ Das Licht der Laterne beleuchtete den Mann. Er war sehr zierlich, hatte kurzes, blondes Haar und trug einen dünnen Schnäuzer. Nun trat er vor und hob mir seine rechte, freie Hand hin, dann senkte er leicht den Kopf. „Darf ich mich erst einmal vorstellen? Ich heiße William. William Shakespeare!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)