An Ghealach Docher von SainzDeRouse (Du kannst ihm nicht entkommen!) ================================================================================ Kapitel 17: ------------ Kapitel 17 Die gefährlichste Dunkelheit ist die in deinem Inneren... Is é an chuid is mó contúirteach sa dorchadas i do taobh istigh...     Wie erwartet straften mich Mackenzie und Deidre mit verletzenden Kosenamen und übertriebenen, erlogenen Behauptungen. „Gib es zu, du fühlst dich hier wohl und ehe wir es versehen wächst dein Bauch.“ „Hat das Kuhschwänzchen einen schönen Tag gehabt an der Seite ihres neuen Freier?“ „Verständlich das dir einer dieser Ungeheuer dir hässliches Ding schöne Augen macht.“ Einzig Aileen nahm mich in Schutz, die anderen äußerten sich nicht wirklich dazu, als schienen sie zu spüren das mit Mackenzie nicht gut Kirschen essen war. „Sie werden irgendwann damit aufhören, sie sind nur gekränkt, weil die feinen Damen auf dem Feld arbeiten müssen, doch werden sie bald erkennen, dass.....“ So gut Aileen es auch mit ihren tröstenden Worten gemeint hatte, wirklich zuhören konnte ich ihr nicht. Es waren nicht die Beleidigungen die mich von diesen vermenschlichten Ziegen von allen Seiten einschlugen, sondern die Tatsache das sie wohl recht hatten. Etwas stimmte doch nicht mit mir. Ob es meine Eltern bereits gemerkt hatten? Ist mein Leben deshalb so verlaufen? Weshalb sonst hatten es alle auf mich abgesehen. Während ich Aileen nur mit einem halben Ohr zuhörte, erinnerte ich mich an die Geschichte von Seanmháthair. Sie glaubte mich immer vom Schicksal begünstigt, als ich ihr in einer Nacht zurückgegeben wurde, als sie bereits befürchtet hatte, ich sei ihr genommen worden. Nie wollte sie weiter darüber reden, egal wie sehr ich noch danach fragte, als ich alt genug war, doch sie wollte es mir erst im rechten Alter erzählen. Doch unverhofft starb sie einen schnellen Tod. Zu der Zeit lief ich Stundenlang mehr nur als mit einem unguten Gefühl herum, doch konnte ich es nicht bestimmen. Máthair hatte mir immer versichert das einer meiner Bruder nach ihr gesehen hatte und das es ihr gut erginge, doch entsprach es letztendlich nicht der Wahrheit. Seanmáthair's Husten wurde zunehmend schlimmer und hatte schon bald nicht mehr die Kraft um sich die heilenden Kräuter zu besorgen und sich ein Sud daraus zu kochen. Tod, kalkweiß und merkwürdig eingefallen hatte ich sie entdeckt als ich sie unerlaubt aufgesucht hatte. Der Verwesungsgeruch hatte sich bereits ausgebreitet und der unsägliche Duft war mir noch Wochen danach ins Gedächtnis eingebrannt. Auch war mir der Gedanke je wieder zu ihrer Hütte zurückzukehren unmöglich. Immer hatte ich mir vorgestellt wie ich eines Tages zurückkehrte und es als mein Eigen behielt um meiner herrischen Mutter zu entkommen. Eine Art Rückzugsort, wenn nicht sogar als neues Heim. Doch soweit sollte es nie kommen. Mein Fehler war es das ich diesen Moment so lange hinausgezögert hatte. Ich glaubte ich hätte noch Zeit. Jahrelang glaubte ich verschwommene Erinnerungen behalten zu haben, doch war ich mir nie sicher. Abgesehen von einem Traum, an dem ich mich nur sperrlich erinnern konnte, besuchte mich dann und wann einmal. . Besonders in den Zeiten an denen ich um Seanmáthair trauerte oder viel an sie dachte. ******** Die erdrückende Wärme des Feuers umschlang mich, das Licht flackerte und erhellte den Raum nur spärlich. Sanfte Hände fahren durch meine Haare, sie umschmeicheln mich, ein Kamm fährt vorsichtig durch meine Längen. Ich fühle mich geborgen und schließe genießend die Augen. Die alten Hände flechten meine Haare zu einem langen Zopf ohne das schmerzliche Ziehen. Ein Blöken drang von draußen herein und Glocken erklangen. “Betty ist wohl hungrig”, sagte die leise, krächzende Stimme hinter mir. Ohne weiter nachzudenken befreie ich mich und laufe aus der dunklen Hütte ins Licht. Die Ziege stand neben der Tür und beschnuppert mich interessiert. Nachdem ich sie gestreichelt habe, laufe ich über die kleine Lichtung und sammle die bunten Blumen, die in den letzten Wochen gewachsen waren. Plötzlich war es dunkel, ich fand die Hütte nicht mehr... Seanmáthair? Wo bist du? Der Wald ist so dunkel, überall gruselige Geräusche... eine Eule? Meine kleinen Füße tragen mich weiter, über die dicken Wurzeln der Bäume. Ich kratze mich an den Dornen eines Busches, es ist so dunkel Seanmáthair. Wo bist du nur? Weiter laufe ich den holprigen Weg entlang, es ist kalt. Was war das für ein Geräusch? Schnell laufe ich den Weg weiter, der Wald lichtete sich nicht. Seanmáthair suchst du mich? Ich laufe zu dir, schnell werde ich da sein, du wirst sehen. Mach dir keine Sorgen. Das Licht des Mondes weist mir den Weg, es wird heller. Ein Rauschen ist in der Ferne zu vernehmen. Schnell wie mich meine Füße tragen können renne ich weiter, schneller und schneller. Dort ist der Mond, er führt mich hinaus, die Waldkronen werden lichter. Ich laufe auf einer offenen Wiese, es ist rutschig vom Regen, ich rutsche. Meine Kleidung ist schmutzig, bist du mir böse Seanmáthair? Dort geht es tief hinunter. Das Wasser schimmert. Die Wellen rauschen schnell ihren geebneten Weg entlang. Ich rutsche, es ist so kalt und matschig. Ein Schrei entfährt mir aus der Kehle. Seanmáthair ich werde fallen? Tut es weh? Ein lautes Geräusch, ich habe es nie gehört. Hat ein Pferd geschnaubt? Da ist etwas im Busch, Seanmáthair. Goldene Augen blicken mir entgegen. Ist es ein Einhorn, von denen du mir einst erzählt hast, Seanmáthair? Lange helle Beine laufen lautlos auf mich zu, die Augen lassen mich nicht aus ihren Bann. Ich rutsche Weiter, das Gras entzieht sich meinen Händen. Seanmáthair ich falle. Ehe ich durch die Luft fliege hält mich etwas fest. Das Einhorn hält mich mit seinem Maul fest, es trägt mich, fort von der Schlucht. Meine Füße hängen in der Luft über dem Gras, ich kann die Hufe sehen. Sie sehen so merkwürdig aus, Seanmáthair. Das Einhorn trägt mich in den Wald, dort ist es weich und warm, es wird dunkel. Ich bin müde Seanmáthair. Ich liege auf etwas weichem, es bewegt sich. Die Strahlen des Mondes leuchten mir ins Gesicht, die Geräusche im Wald sind nicht mehr gruselig. Goldenes Licht am Ende des Waldes. Dort ist eine Lichtung. Seanmáthair rufst du mich? Das Einhorn legt sich hin, stubst mich von sich hinunter, schiebt mich auf dich zu. Ich sehe dich Seanmáthair. Ich schaue zum Einhorn, doch sehe ich nur noch die Augen zwischen den Büschen, ehe sie verschwinden. Deine Arme umschlingen mich, du tust mir weh, Seanmáthair. Drück mich nicht so doll. Ich freu mich auch dich zu sehen. Wo ist das Einhorn, Seanmáthair? Es ist weg. Es war so schön. ******** Dieser merkwürdige Traum hat mich den ganzen Morgen beschäftigt. War es nur Traum oder Wirklichkeit? Noch immer spüre ich die feste, klammernde Umarmung von Seanmáthair. Ihren herben Duft nach Kräuter und Holz, Ruß und Moder. “Geht es dir gut?”, trat Aileen an meiner Seite und strich mir besorgt über meinen Arm. “Sie sieht so blass aus und verstört aus. Hast du davon geträumt wie du dich diesem Kendall heut im stinkenden Heu hingibst?”, stichelte Mackenzie mit einem boshaften Grinsen. “Wohl eher war das dein Traum Mackenzie. Habe schon gehört wie du Kendall angestarrt haben sollst”, gab Aileen unbeeindruckt zurück und würdigte der dämlich guckenden Kuh keines Blickes. Wie gewünscht hielt Mackenzie ihre vorlaute Klappe und drängte sich beleidigt an uns vorbei um sich zu waschen. “Du siehst wirklich blass aus, ich hoffe du wirst nicht krank”, sagte Aileen und sah mich forschend an. “Nein, nein”, sagte ich beschwichtigend. “Es geht mir gut, ich habe nur geträumt.” “Ein Alptraum?”, fragte Aileen besorgt. “Ich bin nicht sicher”, sagte ich nur. Gerne hätte ich mich jemandem anvertraut, doch kannte ich Aillen nicht gut, auch wenn ich sie jetzt schon mochte. Manchmal war Sympathie nicht genug. Der Herz fühlte sich schwer in der Brust an, so kalt, so einsam, so verloren in der Ferne der Fremde. Ich hatte mir eingeredet das es mir hier nicht schlechter gehen würde als in meinem Dort, bei meiner unliebsamen Familie, doch fürchte ich jetzt daran zu zerbrechen. Niemand mehr da, ich bin allein an diesem fremden Ort. Keine Familie, keine Freunde, keine Dazugehörigkeit. Was war damals geschehen? Was hatte Seanmáthair das Leben gekostet? War es wirklich der Husten der sie dahin gerafft hatte? Warum nur beschäftigte mich diese unsägliche Frage nun? Der Traum ließ mich lange Zeit nicht mehr los, brannte sich in mein Innerstes. Trauer und Einsamkeit legten sich um mein Herz, mehr und mehr. Die ganze Woche lang erging es mir so, nichts vermag mich aus meiner Trance zu holen, aus meiner Traurigkeit. Mehrmals hatte Aileen versucht mit mir zu reden, doch ergab sich nie ein passender Augenblick in dem man allein sein konnte. “So in Gedanken schöne Maid?”, lächelte Kendall als er am frühen Morgen am Frauentor auf mich wartete. Ich nahm ihn nur am Rande wahr, war noch völlig benommen, eingenommen. Würde mein Leben nun ewig so weiter gehen? Immer ungeliebt und abgewiesen? Wie mag es wohl meiner Mutter ergangen sein, die sich erst zum Schluss zu ihrer Tochter bekannt hat? Sicherlich glaubt sie ich wäre schon tot. Mit dem Wissen das sie nicht die Kraft hatte noch einmal ein Kind zu verlieren, trauerte ich bereits um sie, als stünde ich vor ihrem Grab. Ob mein Vater das eine oder andere Mal an mich dachte? Oder meine Brüder? Manchmal begann ich selbst Olivia und die anderen zu vermissen und doch wusste ich das es unsinnig war. Warum sollte ich Menschen vermissen die mir nur Leid zufügen wollten? War ich nun schon so verquer im Kopf das ich in dem altbekannten Schmerz Vertrautheit suche? Mackenzie, Deirdre und Kayla füllten diesen Platz doch wunderbar aus. Mit Schrecken erkannte ich das ich vollends allein war. Selbst Fearghus, nein... Lugus bedeutete mir nichts mehr. Ich sah ihm nur mit Abscheu und Hass entgegen. Mein einziger Freund hatte mich belogen, meine Art von Freund. Aileen war so lieb und geduldig mit mir, doch fühlte ich mich innerlich so tot und leer, das mich ihre tröstenden Worte nicht erreichten. Manchmal saß ich weinend an einem stillen Ort und fragte mich ob es jemandem interessieren würde, wenn ich mich aus dem Fenster in die tödliche Tiefe stürzte. Wie schon so oft stand ich nun am Fenster oben im Frauenturm, die anderen speisten gerade zu Abend. Niemand hier, niemand der mich aufhalten könnte... wenn es denn einer tun würde. Doch bestimmt. Niemand würde sich diese Bürde freiwillig aufhalsen. Ich öffnete das Fenster, die Lichter der treibenden Stadt und unserer Häuser strahlten mir entgegen. Nur ein Schritt und alles Kämpfen ist vorbei, flüsterte eine Stimme in meinem Inneren. Die kühle Brise umschmeichelte meine Gestalt, streichelte meine Wange, wie eine Liebkosung, als wollte sie mich zu sich nach draußen führen. Der Turm war hoch, die Steine hart, ich wäre bereits tot ohne zu merken das ein Unglück geschehen war. Doch dann dachte ich an Sophie und daran das ich sie nicht enttäuschen wollte. Auch konnte ich mir nicht sicher sein ob sie sie dann nicht doch noch holen würden an diesen merkwürdigen Ort mit diesen unseligen Gestalten. Das wollte ich ihr nicht antun. So schloss ich das Fenster und lebte mein Totenleben weiter. Lief wie eine leere Hülle umher und tat was man von mir verlangte. Selbst wenn mich einer dieser Barbaren mit Gewalt nehmen würde mit seiner perversen Lust, ja selbst wenn es Lugus selbst wäre, es wäre mir gleich. Ich fühlte nichts mehr, außer die tiefsitzende Dunkelheit in meinem Herzen, die mich von innen heraus auffraß. Die Arbeit ging mir leicht von der Hand. Wie eine Marionette tat ich meine Pflicht, ohne Pause oder einmal einen Moment inne zu halten um zu ruhen. Den ganzen Tag war ich wie in Trance, gar nicht wirklich da. Umringt von diesem fremden Ort, von diesen Barbaren, die unsere Gefängniswärter waren, nichts brachte mich aus der Ruhe. “Du bist die ganze Zeit merkwürdig still, was bedrückt dich denn schon die ganze Woche?”, fragte Kendall als er den letzten verkoteten Heuhaufen aus dem Fenster des Ziegenstalles geworfen hatte und sich den Schweiß von der Stirn strich. “Nichts”, sagte ich nur abweisend und verrichtete meine Arbeit ohne ihn weiter zu beachten. “Hör zu, ich kann verstehen wenn du....” “WAS VERSTEHST DU SCHON, DU BARBAR?”, schrie ich aus vollem Hals. Ehe ich es selbst begriff saß ich am Boden, bittere Tränen rannen meinen Wangen hinunter. Meine Hände in meine Arme gekrallt. “Allison ich....” “LASS MICH!”, schrie ich hysterisch, “FASS MICH NICHT AN!” Weinend saß ich in der Ecke des Stalles, die Ziegen vor Schreck von mir gewichen. Alles stürzte auf mich ein, so viele Bilder und Gefühle rauschten durch meinen Kopf, ich fühlte mich überfordert, überrannt, allein... Seanmáthair, wo bist du? Kann ich nicht zu dir kommen, können wir nicht endlich vereint sein? Auch will ich meine liebe Tante wieder bei mir haben. Die Arme um mich geschlungen, mein Kopf auf meine Knie gebettet, weinte ich unaufhaltsam in mich hinein und schloss alles um mich herum hinaus. Mit offenen Armen begrüßte ich die schwarze Dunkelheit meiner Seele.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)