Endparadoxa Neun von Mysthnebel (Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt...) ================================================================================ Kapitel 2: Bodhum am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen ------------------------------------------------------- Noel hatte sich nicht für mehr als eine Stunde noch einmal ins Bett gelegt, bevor er in den klaren Morgen hinausgeschritten, möglichst leise ohne jemanden zu wecken, und mit seinen Kleidern über dem linken Arm durch den Sand unschlüssig Richtung Meer gestapft war. Es lag so still wie ein Bergsee und wirkte so einladend, dass Noel plötzlich sehr euphorisch seine Kleider in den Sand legte und eine Badehose aus dem Bündel fischte. Dummerweise war sie genau wie die Schlafanzughose ebenfalls ein Kleidungsstück, welches er von Snow geliehen bekommen hatte und das ihm natürlicherweise viel zu groß war. Unglücklich hielt er sie vor sich, wo sie sich wie ein Segel in der Brise blähte und dachte: „Wieso…?“ Langsam schüttelte er den Kopf hin und her. „Als ob er DEN Platz bräuchte, harhar!“, lachte er in sich hinein, doch sein Blick blieb weiterhin sehr skeptisch und unglückselig. Am Ende würde er, Noel, es sein, der unfreiwillig für die Lacher sorgte, soviel war sicher! Verstohlen ließ er seinen Blick über den Strand schweifen, der unschuldig und verlassen dalag. Keine Menschenseele ließ sich blicken und so verpasste jeder der Einwohner Neo-Bodhums die wirklich majestätisch schönen zartrosa bis hellblauen Farben am Morgenhimmel. Gut für ihn, schlecht für sie. Er ließ seinen Blick auf die Gebäude fallen, die sehr nah am Meer standen und von deren Fenstern aus man ihn bequem beobachten könnte… so ein Dreck. War da etwa eben ein verdächtiger Schemen hinter diesem Vorhang gewesen? Erstarrt fixierte Noel das Fenster, doch nichts rührte sich mehr. Soweit hatten sie ihn also schon gebracht, Serahs verrückte Freunde. Er entwickelte eine krankhafte Paranoia, dabei wollte er nur ein bisschen im Meer schwimmen gehen! Um sich selbst zu beweisen noch kein Kandidat für die Klapsmühle oder irgendwelche Pillen zu sein, riss er sich seine Hose herunter und stieg in Snows Badesegel, welches er sich provozierend langsam hochzog. Da, habt ihr was zum Gucken, ihr nicht vorhandenen Voyeure! „Alter!“, dröhnte eine tiefe Stimme. Vor Schreck riss Noel den Hosenbund so schnell nach oben, dass er sich versehentlich etwas sehr Wichtiges quetschte. „Aughh!!“, jammerte er und fiel fast auf die Knie. Eine kleine Welle brach auf etwas, was er zuerst für angespültes Strandgut gehalten hatte. Knäuel von Algen, Tang und Meerestierüberresten verteilt auf seepockigen schwarzen Holzplanken, das Ganze garniert mit einem kaputten Fischernetz in dem sich eine orange-farbene Boje verheddert hatte. Nur war dies keine Boje, sondern Gadots grell gefärbter Haarschopf, doch konnte Noel dieses Ungetüm, das sich auf einmal aus dem Meerabfall schälte noch nicht ganz mit dem Kerl vereinbaren, den er unter höchst widrigen Umständen kennen gelernt hatte. „Was fiepst du herum?“, fragte das Ding (aus dem Sumpf!). „Ich bekomme Kopfschmerzen davon! Oder besser gesagt: Noch schlimmere! Also lass mich in Frieden sterben, da muss ich nicht noch deinen käsigen weißen Hintern sehen!“ „Was in Etros Namen ist denn mit dir passiert?!“, fragte Noel fassungslos und glotzte den Haufen, der Gadot darstellen sollte, ungeniert an. „Das Meer ist schön kühl“, antwortete Gadot stirnrunzelnd, als würde Noel fragen, wieso es Tag und Nacht gab. „Also dachte ich, ich geh darin pennen. Muss dann wohl etwas abgetrieben sein…“ „Eher irgendwo hineingetrieben…“, murmelte Noel und seine Mundwinkel zuckten. „Heeey“, sagte Gadot mit pöbelnder Stimme. „Hast du was gesagt?“ Bevor Gadot ihn in einen extrem fischig stinkenden Schwitzkasten nehmen konnte, rannte er ins Wasser. Dabei musste er den Hosensaum festhalten, weil Snows bescheuerte Badehose sonst unweigerlich runtergerutscht wäre, aber am Entkommen hinderte es ihn nicht. Der feuchte braune Sand unter seinen nackten Fußsohlen fühlte sich super an, er spürte wie seine Zehen sich hineingruben und ihn vorwärtspreschen ließen wie die Tatzen eines Geparden. Vom Meerwasser ließ er sich wenig bremsen, kaum stand es ihm über den Knien, ließ er sich hineinfallen und mit gleichmäßigen Schwimmzügen vorwärtsgleiten. Penibel achtete er darauf die Beine im Frosch-Schwimm-Style zu bewegen, alles um Snows dämliche Badehose an dem Platz zu halten wo sie hingehörte, aber dies blieb ein Randgedanke. Hach, war das wundervoll! Bisher war er nur in Süßwasser geschwommen, wie leicht ihn das Salzwasser zu tragen vermochte, faszinierte ihn ungemein. Als er noch ein wenig weiter rausgeschwommen war, drehte er sich auf den Rücken und ließ sich treiben. Wundervoll… Den Blick gen Himmel gewandt, wünschte er sich, dass der Tag bitte so weitergehen mochte. Mörgenröte war doch etwas ganz eigenes. Sie versinnbildlichte einen neuen Tag. Die Welt, durch die Nacht gereinigt, startete so klar und erfrischend kühl, neu und offen für alles. Wer das nicht sah, oder bei diesem friedlichen Anblick nicht empfand, der musste blind sein. Nicht nur in den Augen, sondern auch im Herzen. Wie er so, als winziges Wesen, in diesem gigantischen Gewässer lag - klebte, wie ein Bakterium im Auge eines Riesen - stahl sich plötzlich die Einsamkeit in sein Herz und die Erinnerungen. Der Grund weshalb solch ein Morgen für ihn so schön war. Solange es einen Morgen gab, solange gab es jemanden, der ihn einen Morgen hieß und über diesen Morgen nachdachte, diesen Morgen spürte, lebte, ja… solange gab es… Leben. Etwas, was in seiner Zeit an Selbstverständnis verloren hatte. Auf einmal begann seine melancholische Seite überhand zu nehmen und er drehte sich wieder auf den Bauch, bereit zurückzuschwimmen. Doch die Strömung hatte ihn kaum merklich gedreht und so starrte er der weiten Linie des Horizonts entgegen. Eine leere Weite, die er nicht ertrug! Er erschreckte sich furchtbar und drehte sich trudelnd zurück zur Küstenlinie. Einsamkeit. Diese schreckliche Einsamkeit… Diese… Leere… Die Hölle, falls sie existierte, war kein Ort von Flammen und Qualen. Sie war eine weite dunkle tote Ebene, wo es nichts gab und wo niemals jemand seinen Fuß hinsetzen würde. Nur die eigene Seele würde erbärmlich von aller Gnade verlassen in ihrem Käfig aus Unendlichkeit gefangen sein. Noel versuchte das gute Gefühl von eben wieder aufleben zu lassen. Er dachte an Serah. Die liebe schöne starke Serah. Solch eine Person „Freund“ nennen zu dürfen, das allein war schon Grund genug glücklich zu sein. Besonders, wenn man sie „Freundin“ nennen durfte und davor noch so etwas wie „feste“ klemmen könnte. Prompt grinste Noel breit und konnte dieses Grinsen auch nicht mehr aus seinem Gesicht verbannen. Nach einigen Schwimmzügen Richtung Strand war das schreckliche Kaleidoskop aus schlimmen Erinnerungen und Einsamkeitsgefühlen verschwunden und immer, wenn es wieder aufzukeimen drohte, dachte er an all jene, die jetzt um ihn waren. Gadot, der ihm aufgrund seines liebenswürdigen Beschützerinstinkts gegenüber Serah, immer mal wieder „Ich behalte dich im Auge“-Gesten zukommen ließ. Snow, der ein Idiot war, aber selbst ein Idiot als Kumpan war besser als für immer alleine sein. Lebreau, die alles im Griff zu haben schien und ihm versprochen hatte alles zu kochen, was er noch nicht kannte. Maqui, der Mechaniker, Mechatroniker, Elektriker, Ingenieur, Metaphysiker, Erfinder und Genie gleichzeitig war. Yuj, der… Noels Gehirn schien wie leergefegt. Was tat denn Yuj? Eilig schwamm Noel weiter, während er nachdachte, denn langsam wurde ihm das Meer etwas zu kühl. Yuj säuberte das Katzenklo… er kellnerte ab und zu. Er… Kurzerhand beschloss Noel mal mit ihm zu reden. Es konnte sicher nicht schaden, mehr über Serahs Freunde zu erfahren und damit wiederum rückwirkend über Serah. Allerdings glaubte er sie bereits besser zu kennen, als dieser ganze bunte Haufen. Was er aber nicht wusste war, wie er ihren Romantik-Nerv treffen sollte. Sie sah ihn als guten platonischen Freund. Wie sollte er sie da für sich gewinnen? Er hatte wirklich keine Ahnung. Überhaupt musste er in den Augen der anderen wie ein Höhlenmensch daherkommen. Ich bin ein Jäger, ich komme aus einer kargen Ödnis, schaut meinen Lendenschurz aus Apotamkin-Leder an! So stolz er auch auf seine Überlebenskünste und sein Kampfgeschick war, im zivilisierten Leben seiner Mitmenschen blieb er ein Primitivling, der von nichts eine Ahnung hatte. Es war doch zum Heulen! Zurück am Strand, hielt er mit der einen Hand seine triefnasse Badehose an Ort und Stelle, mit der anderen klemmte er sich sein Klamottenbündel in die Ellenbogenbeuge und hastete in das Gebüsch unter den Stelzen eines der merkwürdigen Häuser Neo Bodhums. Argh, hätte er das doch vorher schon getan, hier würde ihn wohl kaum jemand so einfach bespitzeln können! Schnell trocknete er sich mit einem von Snows Pullovern ab, die dafür sicher nicht gedacht waren, und zog seine üblichen Kleidungsstücke wieder an. Gerade zurrte er seine Unterarmschiene fest, da kam ihm der Gedanke, dass seine Klamotten doch sicher langsam müffeln würden. Mist! Klar, so ein Neandertaler wie er würde sich am Ende noch stinkend neben Serah setzen und sie debil angrinsen, während sie mit aller Macht versuchte nicht das Gesicht zu verziehen, um seine abgestumpften Gefühle nicht zu verletzen. Mit einem klatschenden Geräusch schlug er sich beide Hände ins Gesicht. Wäre er eine Comic-Figur, würde über ihm nun eine kleine schwarze Wolke schweben (Und es würden diese geschwungenen Linien von ihm ausgehen, und zwar die, welche sicher nicht für einen klingelnden Mogry-Sinn standen, so glaubte er). Kurzum fasste er einen Entschluss. Wenn Freundesuchen angesagt war, dann war jetzt die beste Zeit dafür. Da er nicht wusste wo Yuj schlief, beschloss er Maqui in seiner Werkstatt aufzusuchen. Zwar schlief dieser bestimmt noch tief und fest, aber das hier war ein Notfall und wofür hatte man bitte Freunde? Außerdem war es ihm irgendwie unangenehm Lebreau zu fragen, die sicher noch nicht gut auf ihn zu sprechen war, da er versucht hatte Snow zu töten und von Serah wie ein blöder ungehorsamer Köter zurückgepfiffen worden war, damit er keinen Schwachfug anstellte, wie ihn nur ein dummer Höhlenmensch wie er fabrizieren konnte. „Jetzt gehst du aber etwas zu hart mit dir ins Gericht!“, behauptete seine innere Stimme und eigentlich hatte sie ja recht. Am Ende würde er enden wie Snow, der sich selbst maßlos geringschätzte, um für seine Bescheidenheit Lobhudeleien einzusammeln. Das Dumme war aber eben, dass wohl jeder neben Serah - so rein und tugendhaft wie ein Wesen aus einer anderen Welt - schlecht aussah. Ach ja, Gadot würde er ebenso wenig fragen. Erstens war dieser wie vom Erdboden verschwunden und zweitens neigte er dazu, selbst wenn er ihm gegenüber mal freundlich aufgelegt war, ihm mit hilfreichen Sätzen wie „Hä, kapier ich nicht.“ zu antworten. Als er vor Maquis Werkstatt stehen blieb, kamen ihm bereits einige verschlafen wirkende Einwohner Neo Bodhums entgegen, viele von ihnen hatten Schubkarren, Spaten und Forken dabei, wohl um auf dem Feld zu arbeiten. Fasziniert beobachtete er sie eine Weile, denn von Landwirtschaft verstand er nicht sonderlich viel. In seiner Zeit lebte man nur von Monsterfleisch. Einige jedoch, trugen Schusswaffen bei sich, der Monster wegen. Indem Augenblick, wo der Trupp den Zaun passieren wollte, kam es zu einem äußerst genervten Genöle. „He! Flemmard! Wach sofort auf, du Schnarchsack!“, brüllte der offensichtliche Anführer - ein riesiger grob wirkender Kerl - des Gummistiefelgeschwaders. Am Zauntor war ein zusammengesunkenes Bündel zu sehen, welches sich kein bisschen rührte, bis es von dem Anführer mit einer Art Mistgabel leicht gepiekst wurde. „Ah! Aua!“, schrie es auf und seine militärisch wirkende Mütze fiel ihm vom Kopf. Es war der unglückselige Zaunwächter, der seine ganze Wache hindurch verschlafen hatte und sich nun noch halb im Schlaf von mehreren Monstern umlagert sah. Quiekend fummelte er an seiner Waffe herum, doch zum Glück konnte der Anführer sie ihm wegschlagen, bevor sie Unheil anrichten konnte. Dann wurde der Unglückswurm am Schlafittchen gepackt und so hoch gehoben, dass er den Boden unter den Füßen verlor. „Du kommst jetzt schön mit, mein Freund. Rüben ernten!“, kündigte der Anführer mit strenger Miene an und warf ihn dann in eine der Schubkarren, in welcher ihm Dutzende von Erntewerkzeugen in den Hintern piekten. Jaulend sprang der Wächter daraus hervor und heulte: „Aber ich habe doch die ganze Nacht schon Wache schieben müssen!“ Niemand zeigte auch nur ein Fünkchen Mitleid und prompt bekam er eine der Schubkarren in die Hacken gerammt. „Vorwärts, Marsch!“, donnerte der Anführer und jammervoll ergab sich der Wächter, der nun zum Rübenerntehelfer degradiert worden war, seinem Schicksal. Wahrscheinlich war er in seinem früheren Leben ein verzogenes Balg gewesen, das nie wirklich hatte arbeiten müssen, bevor es zu Cocoons Fall gekommen war, dachte Noel. Jetzt müssen sich die Leute hier mit ihm herumschlagen… Wenn bei UNS jemand so unzuverlässig gewesen wäre…! Kurz darauf wendete sich Noel wieder der Tür zu Maquis Werkstatt zu und ließ sich von seiner inneren Stimme anfeuern. Steh zu dem, der du bist! Du hast keinen Grund herumzudrucksen! Alles klar, dachte er grimmig lächelnd und klopfte laut gegen die Tür, damit ihn Maqui unter seinen Ohrenschützern auch hörte. „Mjaaa, ja was denn?!“, hörte er eine ziemlich morgenmuffelige Stimme meckern, die ohne Zweifel Maqui gehörte. Schlurfende Schritte waren zu vernehmen, die Tür schwang knarrend auf, dann stand Maqui vor ihm, das gelb-blonde stachelige Pixie-Haar an der linken Seite flach an den Schädel gedrückt, die Schutzbrille hing ihm schief über die Stirn. „Sie wünschen? Darf ich Sie anbei auf das Lenora-Werkelstube-Mogry-Fusions-Paket aufmerksam machen? Viele Artikel sind so um bis zu 20% günstiger zu erwerben“, ratterte Maqui mechanisch herunter. „Äh, öhm…“ Maqui rieb sich die Augen und meinte dabei: „Ach du bist es, Noel.“ Wieso erkennt er mich erst, wenn ich diese tumben Höhlenmensch-Laute von mir gebe?!, heulte Noel in Gedanken. Doch dann zwang er sich zu glauben, dass das nichts miteinander zu tun gehabt hatte. „Ja, entschuldige, dass ich dich störe-“ „Joah, kein Problem, schlafende Genies soll man ja bekanntlich wecken.“ „… Ich brauche nur kurz deine Hilfe…“, endete Noel und fühlte sich langsam ziemlich unhöflich behandelt. Als Maqui seine zunehmende Verstimmung bemerkte, änderte er sein Verhalten schlagartig. „Okay, klar, was kann ich denn für dich tun? Snows Freunde sind auch meine Freunde, hier bei NORA helfen wir uns alle gegenseitig ohne Wenn und Aber! Das magst du mir vielleicht nicht abnehmen, aber ich bin genau deswegen Mitglied geworden. Snow ist ein echter Kracher wie er jedem hilft; brauchst du einen Bro, dann ruf nach Snow! Wow, ich wünschte ich wäre wie er und jeder würde an meiner Strippe hängen, weil jeder weiß, dass ich die Zuverlässigkeit gepachtet habe!“ „Aber ich benötige gerade deine Hilfe und du wirkst, tut mir leid, nicht wirklich begeistert, wie sollte das erst werden, wenn jeder…“ Noel ließ den Satz unvollendet. „JAAH!“, krähte Maqui. „Deswegen gibt es auch einen Unterschied zwischen „wünschen“ und „sein“! Wäre ich wie Snow, dann würde es mich nicht so annerven, anderen helfen zu müssen, ich würde es mit Freuden tun. Und ich würde stark sein und nie mehr Angst haben und jedes Monster mit einem Fausthieb zu Brei zermatschen! Und ich hätte eine schöne Freundin wie Serah! Aber irgendwann bin ich soweit und werde sein wie er, wirst schon sehen!“ Noel konnte sich das nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorstellen. Beinahe glaubte er schon so etwas wie Sarkasmus in Maquis Stimme herauszuhören, doch am Ende war er sich sicher, dass es Maquis purer Ernst gewesen war. „Na dann erzähl Onkel Maqui mal was du für Wehwehchen hast, ich helfe dir gern! Siehste! Schon ein Schritt in die richtige Richtung!“, frohlockte Maqui und schob Noel in seine Behausung. Drinnen herrschte das reinste Chaos und Noel konnte nicht behaupten zu wissen was davon was darstellen sollte. Es gab Haufen aus Metallschrott, zusammengeschusterten Metallschrott und Plastikschrott, der mit Metallschrott verbunden war in einer Art Frankenstein‘schen Vermählung, merkwürdige Maschinenteile und Kabelsalate, leuchtende Energiekonservierer, alle möglichen Arten von Motoren und jede Menge Öl- und Ruß-Geschmier auf Boden, Wänden und sogar an der Decke, als sei dies das Schlachthaus eines Roboter-Serienkillers. „Wow!“, rutschte es Noel heraus und Maqui nahm diesen eher fassungslosen Ausruf als Kompliment. „Es gibt nichts, was ich nicht bauen könnte! Unmögliches in einer Stunde, Wunder über Nacht!“, sagte Maqui begeistert und fügte dann mechanisch hinzu: „Wunder sind von unseren derzeitigen Sparaktionen ausgeschlossen.“ „Eigentlich ging es mir nur darum zu erfahren wo Yuj so abhängt“, sagte Noel fast schon kleinlaut, aber mit dem Versuch einer coolen Attitüde. „Was willst du denn bitte von Yuj?“, fragte Maqui so baff, dass ihm nicht einmal einfiel enttäuscht zu sein. Die Schutzbrille, die er sich zuvor fachmännisch und bereit zu neuen Taten, über die Augen gezogen hatte, ließ ihn wie einen blinzelnden Maulwurf aussehen. „Nun ja, ich brauche-“ „Ich weiß!!“, schrie Maqui fast und begann dann haltlos zu giggeln. Langsam verstand Noel die Welt nicht mehr. Andere Menschen konnten sooo anstrengend sein… Vielleicht war die Einsamkeit doch nicht so schlimm… zumindest manchmal. „Du brauchst einen Rat was FRAUEN angeht!“, johlte Maqui mit einem entlarvenden Unterton und klatschte in die Hände. „Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche mit Serah zusammen, aber keine Ahnung wie man ihr Herz erobern soll!“ „Es geht mir um KLAMOTTEN!!!“, schrie Noel zurück, wurde aber scharlachrot im Gesicht über die Tatsache, dass Maqui ihn komplett durchschaut hatte. Diesem wiederum war das überhaupt nicht aufgefallen und sein Gejohle legte sich abrupt. „Ach so“, sagte er enttäuscht und wieder mit fast schon ernster Miene. „So einer bist du also.“ „Was soll das nun wieder heißen?“, fragte Noel, einerseits froh, dass das Serah-Thema wieder in der Versenkung verschwunden war, andererseits riss langsam sein Geduldsfaden… „Naja, dass du eben… ein Modeopfer bist. Ich dachte, die sterben zuerst aus, aber sie scheinen ja zäher als gedacht zu sein.“ Maqui bedachte sein Outfit mit einem prüfenden Blick. „Dabei hätte ich das eigentlich nicht von dir erwartet…“ „Meine Kleidung ist praktisch und im Nutzen liegt die Schönheit, nicht in irgendwelchen sinnlosen Kinkerlitzchen“, sagte Noel äußerst souverän. „Boah, na dann wirst du dir mit Yuj tolle Diskussionen liefern können!“, antwortete Maqui ehrlich. „Ja. Nein! Hör mal, ich möchte mir bloß Klamotten von ihm leihen, weil ich glaube, seine passen mir eher als Snows. Meine eigenen müssen mal wieder richtig gewaschen werden und nicht nur so halbherzig in einem Bächlein.“ Maqui nickte zuerst, als wäre ihm die Wichtigkeit von sauberen Klamotten durchaus bewusst, was beim Anblick seiner ölschmierigen Hosen fragwürdig wirkte, starrte ihn dann aber an, als wolle er zuerst „Du wirst von Sekunde zu Sekunde langweiliger“ sagen, bevor er jedoch erwiderte: „Na, nicht dass ich sagen würde, Yuj würde nicht teilen, aber bei seinen Klamotten ist er sehr empfindlich. Außerdem sind seine Hosen so eng, da würde ich lieber unten ohne rumlaufen! Kommt natürlich darauf an, ob es dir wichtig ist später mal Babys machen zu können, aber… Willst du dir da nicht lieber ein paar Baggy-Pants von mir ausborgen?“ „Danke für das Angebot, aber ich glaube, die hätten bei mir Hochwasser…“ „Und du bist doch ein Modeopfer!“, sagte Maqui, mehr deswegen gekränkt, weil er glaubte Noel hätte auf seine geringe Körpergröße angespielt, als wegen des Ablehnens seiner Hosen. Noel ließ ihn in dem Glauben und folgte dann dem grimmig dreinschauenden Maqui zu Yujs Haus. „He, raus aus meiner Koje!“, donnerte Gadot, als er Yuj in seinem Bett vorfand. Yuj fegte ein Geruch entgegen, der ihn davon überzeugte ein Fischkutter hätte sich über Gadot entleert. „Blödsinn, das ist mein Bett“, nuschelte Yuj und drückte sich das Kissen über den Kopf. Gadot packte ihn am Kragen und riss ihn so schnell hoch, dass einige Nähte am Kragen rissen. Sofort war Yuj hellwach. „Bist du bescheuert?!“, greinte er. „Das ist ein limitiertes Stück der Eden-Reihe! Meins ist vielleicht überhaupt das letzte seiner Art?!“ „Ja und?“, sagte Gadot gemein lächelnd. „Sag nicht, dass es was wert ist, heutzutage investiert niemand mehr in sinnlose Güter!“ „SINNLOS?!?“, rief Yuj empört, bevor er sich losriss und aufgrund des Schwungs über das Bett und gegen Gadots Kleiderschrank kugelte. Es gab ein lautes ungesundes Krachen zu hören, doch Yuj entknäulte sich mit einer fließenden Bewegung und stand nun herausfordernd vor Gadot, die Arme verschränkt. Ein paar von Gadots Mitbewohnern schauten zur Zimmertür herein und eine Frau mit silber-violetten zum Pferdeschwanz gebundenen Haaren schimpfte: „Was soll der Radau??“ Weder Yuj noch Gadot ließen sich auch nur im Mindesten irritieren und Yuj öffnete dessen Schrank und angelte eine extrem kurze kleine grüne Hose hervor. „Schon gut, ich gebe es zu. Ich habe im falschen Haus geschlafen. Aber wenn das hier dein Zimmer ist, wie kommt Lebreaus Hotpants hier herein?“ Verspielt steckte er einen Finger durch eine der Gürtelschlaufen und ließ das pikante Kleidungsstück durch die Luft kreiseln. „Das…“ Gadot war sprachlos. „Die hast DU doch sicher hier hereingeschmuggelt!“ „Wieso sollte ich etwas hereinschmuggeln, um DICH zu entlarven, wenn ich geglaubt habe, dass das hier mein Haus ist? Tja, perfektes Alibi.“ „Woher solltest du sonst von der Hose wissen??“ „Ich habe einfach zufällig nach einem deiner Modeirrtümer greifen wollen, aber siehe da! Jackpot!“ „Du Sack!!“ Brüllend wie ein tobendes Nashorn und mit tiefrotem Gesicht stürzte sich Gadot auf Yuj, doch der warf die Hotpants breit grinsend zu einem von Gadots Mitbewohnern, der sie verblüfft auffing. „Gadot steht auf Lebreau! Gadot steht auf Lebreau!“, begann Yuj einen nervtötenden Singsang, als er von Gadot gepackt wurde. Sofort danach wollte Gadot nach der Hotpants greifen, doch der Mitbewohner warf sie begeistert an einen weiteren Kumpan weiter, der sie sich unter lautem Gejohle aufs Gesicht presste und tief inhalierte. „Das ist eindeutig Lebreaus!“, stellte der Inhalierer mit ernster Fachkenntnis-Miene fest, bevor er sie weiterwarf. „Woher willst du das wissen?!“, kreischte Gadot völlig außer sich und hastete der Flugbahn der Mini-Hose nach. „Ihr Säue, gebt sie zurück!“ Yuj, der dabei ständig am Schlafanzugoberteil mitgeschleift wurde wie eine Puppe, begann sich zuerst lachend und dann immer ernster werdend zu beschweren: „Du leierst ihn aus! Du leierst ihn aus! Wenn der kaputt geht…!!“ Ein Mädchen mit kurzem blonden Haar schnappte das Höslein und warf es wie ein Frisbee aus dem nächsten Fenster und viele der Jungen begannen ein einstimmiges „Awww…“ zu nölen. Als Gadot bemerkte, dass das Objekt all seiner Schmach nun vorläufig außer Reichweite war, wendete er sich wieder ganz dem Usurpator seiner Würde zu. Er riss ihm so heftig das Schlafanzugoberteil herunter, dass er fast Yujs rechten Arm ausgekugelt hätte und reckte seine mit der Trophäe bestückte Faust gen Zimmerdecke. „Aua, du böser Mann!“, sagte Yuj, der ganz schwach von seinem Lachanfall auf dem Boden hin und her rollte und sich die Schulter hielt. „Beinahe hätte ich geglaubt, du willst mir wirklich was brechen.“ „Wer sagt denn, dass ich das nicht noch tun kann?“, antwortete Gadot breit lächelnd. „Aber ich habe eine bessere Idee…“ Er zerfetzte das Kleidungsstück in mundgerechte Streifen und diese weiter zu einem traurigen Textilkonfetti, welches er auf Yuj herabregnen ließ. „Na, wie fühlt sich das an?“ Yujs Lachen fror komplett ein. „Alter, das war gerade blanker Mord!!“, schrie er. „Und ein äußerst sadistischer noch dazu!“ „Wie du mir, so ich dir!“, sagte Gadot im Tonfall eines weisen alten Mannes, bevor er Yuj, der aufstehen und sich auf ihn stürzen wollte, mit einem Fuß gegen den Boden presste. „Jungs, das hier… sind unsere Anführer und Vorbilder hier bei NORA“, sagte die Frau mit den silber-violetten Haaren mit einer trockenen Fremdenführer-Attitüde. Gadots sonstige Mitbewohner schienen ihr Problem nicht recht zu begreifen und zuckten die Schultern. „Was mache ich eigentlich hier??“, fragte sie sich darauf und ging kopfschüttelnd davon. Da sich die Action im Raum gelegt hatte und niemand ernsthaft glaubte, dass sich Gadot und Yuj gleich eine Prügelei liefern würden, kehrte rasch Ruhe ein und die Mitbewohner gingen langsam wieder in ihr Tagewerk über. Einer der Gaffer tätschelte Gadot kurz den Rücken und sagte: „He, es ist doch nicht schlimm auf Lebreau zu stehen, aber stell sicher, dass du nächstes mal einen Schlüpfer von ihr klaust! Obwohl… irgendwie riecht es hier schon genug nach Fisch… Naja, ist ja dir überlassen!“ Mit einem Augenzwinkern verschwand auch er und stieg die kurze Treppe hinunter in den Wohn- und Ess-Bereich der Behausung. Kurz seufzte Gadot, dann schloss er die Zimmertür mit einem leichten Stoß seiner rechten Hand und blickte dann zu Yuj herab, der ganz entsetzt von Gadots schmutziger Fußsohle auf seiner nackten Haut war. "Wo bist du denn gewesen?!", fragte Yuj angeekelt. Gadot schwieg dazu nur, packte Yuj dann am linken Fußknöchel und schleifte ihn mit sich. "EY!" Zuerst wollte Yuj sich am Boden festkrallen, doch geistesgegenwärtig ließ er es bleiben, um seine manikürten Fingernägel nicht zu beschädigen. Stattdessen schützte er sein hübsches Gesicht vor jeglicher Schramme, die ihm der gefährliche Boden beibringen könnte. "Mal sehen was für eine Stil-Ikone du noch bist mit nichts als deiner Haut an!", sagte Gadot feixend und öffnete das Fenster. "Aber ich lasse dir deine Hose, sonst stirbt noch jemand bei deinem Anblick. Du bist viel zu dünn!" "Aus deiner Perspektive vielleicht, Anabolika-Mann!", erwiderte Yuj, bevor Gadot ihn zuerst mit einem Wrestlergriff packte, hochhob und schließlich kopfüber aus dem Fenster hängen ließ. "Meine Muskeln sind durch jede Menge Training, Schweiß und Arbeit ganz natürlich gewachsen!", korrigierte ihn Gadot, dann ließ er seine Füße los. "Verflucht seiest du, Anabolika-Mann!", rief Yuj im freien Fall. "Ich rette dich, Yuj!", brüllte Maqui, der durch den Sand raste und eine Auffanggeste performte, als er Yuj völlig unverhofft aus dem Fenster fallen sah. Noel, der das gesamte Theater mit unbezahlbarem Gesichtsausdruck mitbekommen hatte, schrie: "Mach jetzt keinen auf Snow, in den Sand fällt er doch weicher als in deine knochigen Nerd-Arme!" Doch es war ohnehin bereits zu spät gewesen. Yuj stürzte mit einem "Hmpfblääh!"-Aufschrei in eine Sanddüne, während Maqui über einen zu ausladenden Zipfel seiner Baggy-Pants stolperte und Gesicht nach unten ein paar Meter durch den Sand rutschte, zutiefst gedemütigt. Selbst wenn er schnell genug gewesen wäre, hätte er Yuj nur mit seinem Rückgrat abgefangen, welches ihm dies sicher zutiefst gedankt hätte. Noel sah abwechselnd zu dem einen, dann wieder zum anderen. Die Menschen von damals... also heute... waren wirklich ein Haufen Einfaltspinsel. Da war ja selbst die Chocobo-Bändigerin lebensfähiger gewesen. Gemächlich zog Noel Maqui am Kragen hoch, der sofort sein Gesicht bedeckte und bitter enttäuscht wirkte. "Alter... ich bin zu nerdig für diesen Scheiß...", jammerte er. Yuj kam von selber auf die Beine und wollte schon fragen, was Noel und Maqui hierher verschlagen hatte, als er durch ein rotierendes Kissen wieder von den Füßen gerissen wurde. "Leg dich nicht mit Durch-hartes-Training-verdiente-Muskeln-Mann an!", johlte Gadot vom Fenster aus und ließ weitere Kissen regnen, die er allesamt wie Diskusse warf. Auf einen Schlag war Maqui hellauf begeistert. "Feindbeschuss! Alle Mann in Deckung! Ich liebe den Geruch von-" Ein weiteres Kissen ließ ihn abermals den Sand küssen. "Erklär' mir diesen Kindergartenmist hier später", sagte Noel mit einem verzweifelten Lächeln über diese ganze Abstrusität und griff nach Yujs Arm. Dieser wiederum rief irgendwas von "Steroiden" zu Gadot hoch, der darauf umso wilder mit Kissen - wohl der gesamte Vorrat seiner Wohngemeinschaft - um sich warf. "Komm mit ihm, wenn du leben willst!", röchelte Maqui zu Yuj. "Wir sollen einfach kampflos aufgeben?", fragte Yuj empört. "Der weise Mann wählt die Flucht, wenn er weiß, dass er momentan nicht gewinnen kann!" "Stimmt genau!", stimmte Noel zu und versuchte nun auch Maqui hochzuhelfen. "Nein! Geht ohne mich weiter, lasst mich hier liegen!" "Whoa, Schluss jetzt damit!!" Genervt zerrte Noel die beiden mit sich, nebenher immer noch "tödliche" Kissengeschosse abwehrend. Maqui johlte dabei immer wieder "Quick Time Event!" und zeigte Gadot den schlimmen Finger. Wieso, so fragte Noel sich in Gedanken, waren Snows Jungs, obwohl sie doch fast tagtäglich gegen echte Monster mit echten Waffen kämpfen mussten, nach wie vor solche Spielkinder? "NNNNNNNNNNNNNNNIIIIIIIIIIIIIIÖÖÖÖÖRRRRRR-BUMM!!!", ahmte Maqui das vermeintliche Geräusch einer fallenden Bombe nach, als ein Kissen wenige Meter vor ihnen aufschlug und eine unbeeindruckende winzige Sandwolke aufwirbelte. Okay, es waren immerhin SNOWS Jungs. Was sollte man da anderes erwarten? Wie hatte Serah das nur all die Jahre ausgehalten?! Beim Gedanken an sie, drehte er automatisch den Kopf Richtung NORA-Haus und zu seinem maßlosen Entsetzen stand sie da, hörig an Snows Seite gedrückt, der breit grinste. Neben ihnen stand Lebreau, die eine "Ich kenne diese Leute nicht"-Körperhaltung angenommen hatte. Noel war sich sicher, dass Snow mit einer hochmütigen Nachsichtigkeit so etwas wie "Wie süß sie spielen, die Kinder", zu Serah sagte. "Hier rein!", rief Maqui begeistert und zog Noel in den Eingang eines weiteren Neo Bodhumer Gebäudes. Noel widersprach nicht. In Anbetracht, dass er unter keinen Umständen länger Serahs Blick, wie sie ihn Teil dieser Affenhorde sah, aushalten wollte, stürzte er sich durch die Tür direkt in eine überraschte Menge Wohngemeinschaftler, die gerade beim Frühstück saßen. Mit rasender Geschwindigkeit stürzten sie auf den reich gedeckten Tisch zu und Noel bremste mit aller Kraft ab, seine Fersen brannten, als würden sie jeden Augenblick Feuer fangen. Doch sowohl Maqui, der nicht so schnell geschaltet hatte und ihn vorwärts zog, als auch Yuj, der ihm gegen den Rücken prallte, machten eine Verhinderung des Desasters unmöglich. Maqui hatte Glück und schleuderte unter den Tisch, wo er sich in zahllosen Beinen verhedderte, viele schrieen schmerzgepeinigt auf. Doch er, Noel, prallte mit dem Solarplexus direkt gegen die Tischkante. Ihm blieb die Luft weg und seine Augen rollten sich nach oben. Während er endlose Sekunden hin und her schwankte, tauchten in seinem Kopf Begriffe wie "stumpfes Bauchtrauma" und "innere Blutungen" auf. Jawohl, so würde sein Ende aussehen. Tod durch Kissenschlacht. Krieger aus der Zukunft, verreckt am Frühstückstisch. Ehemaliger Schlächter von Behemoths beim Herumalbern mit ortsansässiger Störenfried-Gruppierung umgekommen. Neo Bodhums Stil-Ikone nach vergeblichen Wiederbelebungsmaßnahmen völlig aufgelöst. Was? Moment! Mit aller Macht erinnerte sich Noel an seine Überlebensausbildung und konzentrierte sich auf seine innere Kraft. "Vita... Vita, Vita, Vita!!", presste er zuerst mühselig dann mit immer kräftigerer Stimme hervor, als er sich Schritt für Schritt heilte und vom Schock und Schmerz erholte. Dennoch kippte er rücklings und wurde von Yuj aufgefangen. "Wow, heftig!", sagte Yuj begeistert und Maqui kroch haltlos giggelnd unter dem Tisch hervor. "Das war der Knaller!!" Noels Geduldsfaden riss endgültig. Was sollte dieser bescheuerte Affenzirkus?! Mit einem gezielten Stoß seines Ellenbogens stieß er Yuj zurück und baute sich vor allen Anwesenden auf. "Was ist euer verdammtes Problem?!", schrie er. "Habt ihr euch alle das Hirn gestern aus dem Kopf gesoffen oder wie sieht das hier für euch aus?!?" Maquis Lachen erstarb vollkommen und Yuj starrte ihn perplex an. Die Wohngemeinschaftler schauten teilweise überrascht, teilweise betreten drein und ein junger Kerl mit magentafarbenem Haar antwortete nur laut: "Nach Party!" Alle, außer Maqui und Yuj, rissen die Arme hoch und begannen begeistert zu jubeln. "NEIN!", brüllte Noel. "Ich weiß, das hier ist eine Siedlung wo fast ausschließlich junge Leute leben, aber hier wohnen auch Familien mit Kindern! Mit kleinen Kindern! Was glaubt ihr, was ihr für Vorbilder seid, wenn ihr als ERWACHSENE tagein tagaus so einen Blödsinn veranstaltet?!" Wieder betretenes Schweigen. "Hey, Noel", begann Yuj. "Du hast durchaus recht, es hätte nicht damit enden sollen, dass du verletzt wirst, aber wir sind alle noch ein wenig überdreht, weil Snow endlich wieder da ist." "Snow ist voll der Kracher!", schrie ein Mädchen, deren T-Shirt verdächtig mit einer Schneeflocke bedruckt war. "Yeah! Snow ist so ein toller Typ!", stimmte ein Typ mit ein. "Die Party gestern hat wirklich etwas reingepfiffen. Aber ein bisschen Spaß muss sein. Ist ja nicht so, als wären wir im Ernstfall nicht in der Lage zuzupacken", sagte Maqui ernst. "Ja, Mann! Bleib mal locker, Snow ist-", fing ein weiterer Mitbewohner an, doch Noel platzte endgültig der Kragen. "Ihr alle ständig mit eurem heißgeliebten Snow! Gratulation! Ihr kommt alle perfekt nach ihm!" Geschmeichelt machten die Hausbewohner allesamt abwinkende und scharrende Gesten. "Diesem inkompetenten, kindischen, verantwortungslosen Vollpfosten!" Gerade als sie zu lautstarken Protestrufen ansetzen wollten, betrat Snow zusammen mit Serah und Lebreau den Raum. In breitbeiniger Heldenpose baute er sich vor ihnen auf und schenkte allen sein übliches "Alles wird gut"-Lächeln. "Hey", begrüßte er sie. "Warum denn so ernst?" Er gab Yuj einen Klaps auf den Rücken, wuschelte Maquis Haar und knuffte Noel in "Du bist echt knorke!"-Manier gegen die Schulter. Noel war sich sicher an der Stelle später einen ekligen Ausschlag vorzufinden. Ein Blick auf die restlichen Anwesenden verriet ihm, dass sie ihn, Maqui und Yuj quasi dafür anbetenden in Snows Gunst soweit oben zu stehen, dass dieser sie begrabbelte. Das Mädchen im Schneeflocken-T-Shirt versuchte sogar mit zitternden Fingern Maquis Stachelmähne zu berühren, die ja eben Snows Segen erfahren hatte. "Nun", wollte Noel streitlustig beginnen, doch Serah ergriff seine Hand und sagte quietschfidel: "Wie schön, dass du dich schon mit Snows Freunden angefreundet hast!" Sie schien so fröhlich, dass Noels Zorn aller Wind aus den Segeln genommen wurde. "Ja, wir, ähm... ja", antwortete er geistreich. Maqui sah Yuj an, der mit den Schultern zuckte und sogleich waren auch die beiden wieder gut aufgelegt. "Snow, Noel ist echt hammerhart drauf, er kommt ganz nach dir!", sagte Maqui begeistert und Noel wusste nicht, ob er ihm für diese Beleidigung eine reinhauen sollte. "Ja, Mann, er ist flink wie ein Wiesel, wenn es darum geht Gadots Angriffen auszuweichen. Das macht mich neidisch!", fügte Yuj hinzu. "Das hört man gern", sagte Snow hochmütig. "Aber ich erwarte auch nicht weniger von Serahs Beschützer!" Er schaute drein, als erwartete er von Noel eine Art "Sir, stets zu Diensten, Sir!"-Antwort, doch als er nur einen von Noels besonders missgelaunten Gesichtsausdrücken als Erwiderung erhielt, schloss er mit einem weiteren absolut unnachtragenden "Du bist echt knorke, Noel"-Knuff gegen dessen Schulter das "Gespräch" ab. "Freunde", sagte er nun ganz allgemein an alle gerichtet, "ich habe vor nach Cocoon zu reisen, um dort neues brauchbares Material für unser schönes Neo Bodhum abzugreifen. Hat wer Bock mitzukommen?" Sofort reckten alle die Hände in die Höhe. "Das Angebot gilt selbstredend nur für die wichtigen Charaktere!", sagte Snow lachend und jeder, der nicht durch einmalige Kleidung oder Haare herausstach, ließ den Arm wieder sinken und griff sich peinlich berührt lachend an den Hinterkopf. Snow, du bist echt knorke... "Eine Frage", meldete sich Noel zu Wort. "Serah, kommst du auch mit?" "Klar!", antwortete Serah lächelnd, doch Snow ging sofort dazwischen. "Hey, es würde mir viel besser gehen, wenn ich wüsste, dass du hier in Sicherheit bist", schnulzte Snow mit erzbesorgter Miene. "Wo sollte sie denn sicherer sein als in unserer Nähe?", fragte Noel genervt. "Außerdem ist sie weitaus taffer und stärker als du glaubst." "Ach, du willst auch mitkommen? Ich dachte, ihr beiden bleibt hier und du gibst auf sie Acht", sagte Snow, der die Weltordnung in Gefahr sah. "Natürlich komme ich mit! Hier fällt mir die Decke auf den Kopf und wenn ich hier in der Nähe Monster wildern gehe, dann ist Serah ja auch wieder in Gefahr oder nicht?", brachte Noel ein Argument. "Dir fällt hier die Decke auf den Kopf?! Na, wie wäre es mal mit Ernten helfen oder Kinder beschäftigen, in meinem Café Flaschenkisten tragen... hier steht so einiges an", schlug Lebreau einige sehr verlockende Beschäftigungsmöglichkeiten vor. "Ich bin mir sicher ein gut gebauter Jägersmann wie du wird hier an allen Ecken und Enden gebraucht." "Genau!", sprang Snow auf den Zug auf. "Sollten das hier nicht in erster Linie Ferien sein?", fragte Noel hilflos und blickte zu Serah. "Er hat recht, eigentlich ist er sogar viel eher unser Gast! Und wenn wir ihn nach Cocoon mitnehmen, dann ist das auch keine Arbeit, sondern Sightseeing für ihn!", sagte Serah überzeugt und Noel nickte eifrig. "Wir beide kommen auch mit!", sagte Maqui. "Wenn jemand dort nützliche Teile findet, dann ja wohl immer noch ich!" "Schön, Maqui, genehmigt, aber was hat Yuj da oben verloren?", wollte Lebreau wissen. "Ich bin Geleitschutz!", antwortete Yuj prompt. "Du willst mir also nicht zur Hand gehen? Wir könnten deinen Job bei mir noch etwas ausweiten... als Oben-ohne-Kellner zum Beispiel, da würdest du dich sicher gut machen, wenn ich dich hier so sehe!", schlug Lebreau schelmisch vor, doch Yuj fühlte sich nur traurig an sein frisch verstorbenes Schlafanzugoberteil erinnert. "Ich als Mode-Guru kann doch mein Wort nicht verbreiten, wenn ich Obenrum nichts trage! Das ist doch verkehrte Welt!" "'Mode-Guru' nennt sich der Mann, der seit drei Jahren die gleichen Klamotten trägt...", hauchte Lebreau zuckersüß. "Das sind meine Lieblingsklamotten und die sind zeitlos! (Außerdem seid ihr anderen auch nicht besser!)", konterte Yuj divenhaft. "Was sollte dir diese Geschäftsidee denn überhaupt bringen? Es ist nicht so, als ob mir die Leute Geldscheine in den Hosenbund würden stecken können, denn wir haben nach wie vor fast ausschließlich Güterhandel! Soll ich mir da Brotlaibe, Forellen und Kaurimuscheln in die Hose stecken lassen?!" "Du bist Kellner und kein Stripper!", lachte Lebreau laut auf. "Allerdings", stimmte Snow hüstelnd zu. "Also schön, Noel, Serah, Yuj, Maqui und ich gehen also nach Cocoon. Gadot werde ich gleich noch fragen, aber der kommt sicher hundertprozentig mit. Lebreau, du wolltest hier die Stellung halten, richtig?" "Bleibt mir etwas anderes übrig?", sagte sie seufzend. "Sonst bekommt hier doch niemand etwas gebacken!" Einladend sah sie die Wohngemeinschaftler an, die zu Statisten verkommen zu sein schienen. "Ey, Snow, darf denn keiner sonst von uns mit?", fragte Schneeflocken-T-Shirt flehend. "Ich brauche euch hier, wer schützt sonst meine geliebte Heimatstadt?", sagte Snow mit warmer sonorer Stimme und seine Verehrer und Verehrerinnen fächelten sich Luft zu und jauchzten den NORA-Slogan. "Überhaupt. Wir sind mit Gadot zu sechst! Die ultimative Heldentruppe für ein episches Abenteuer!", erwähnte Maqui einen unumstößlichen Fakt. "Ich halte die Sieben für die beste Zahl, denn die bringt Glück!", sagte Serah und Snow stimmte ihr sofort zu. "Sechs ist fix, Acht hat die Macht", meinte Noel. "Aber nichts schlägt die holde Zweisamkeit!" "Vergesst ihr da nicht jemanden?" Mog kam wie ein Rieseninsekt durchs Fenster hereingesaust, drehte in ihrer Mitte eine Pirouette in der Luft und besprühte sie alle dabei mit Sternchen und Glitzer. Simultan stemmten alle ihre Hände in die Hüften, beugten sich vor, legten den Kopf leicht schief und sagten zurechtweisend: "Mo-hog!" Irgendwo in Walhalla stützte Lightning ihre Stirn in ihre Handfläche und schüttelte den Kopf langsam hin und her. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)