私達について雨 - the rain about us von Anne-chan ================================================================================ Kapitel 4: crashes ------------------ Nun ganz allein hatte sich der Bassist auf den Weg gemacht um sich einen neuen Bass zu kaufen. Reita hatte ihm gerade eine Absage gegeben. Oder Hikaru hatte dies getan. Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen, als er daran dachte, wie absurd das ganze Szenario doch gewesen war. Nie wieder. Nie wieder würde er sich in die Missgunst des kleinen, blonden Gitarristen aufhalsen. Nie wieder wollte er solche Todesangst spüren. Es war fast so schlimm wie damals gewesen, als er Ruki ‚Winzling‘ genannt hatte. Der kleine Sänger hatte seinen morgendlichen Kaffee nicht bekommen und war wegen Aoi sowieso schon sauer. Das war der beängstigendste Moment in seinem Leben gewesen. Platz zwei hatte sich gerade der Kleine gerade ergattert. Bronze belegte der Samstag vor gut zwei Wochen. Leise vor sich her summend ging der Bassist die spärlich beleuchtete Gasse entlang, die zu seiner Wohnung führte. Sie waren heute Abend zwar feiern gewesen, aber im war nicht nach einem Besäufnis zu mute. Viel zu sehr war er damit beschäftigt seine Gefühle zu verdrängen. Sie nicht aus Versehen zu offenbaren. Viel zu lange kämpfte er nun schon dagegen an. Und doch war es so schwer sie zu unterdrücken. Er war ihr Sänger, sie komponierten oft zusammen und er war sein bester Freund. Wie hätte er dagegen die Gefühle ankämpfen können? So Gedanken versunken wie er war, bemerkte er die Gruppe dunkel gekleideter Leute nicht, die auf ihn zukamen. Zu spät hob er den Kopf und rannte direkt in die Gruppe hinein. „Pass doch auf!“, fauchte ihn der Typ den er angerempelt hatte. „ Hast wohl zu viel gesoffen, was? Oder ordentlich ein durchgezogen, hm?!“ Die anderen Kerle um sie herum lachten. Einer legte ihm eine Hand auf die Schulter. Der Brünette schlug sie sofort weg. „Fasst mich nicht an! Ihr seid Abschaum!“, fauchte der Bassist nun ebenfalls. „Abschaum? Was glaubst du, wen du hier vor dir hast?!“, wütend stierte ihn der offensichtliche Anführer der Gruppe an. Mit einem Nicken gab er seinen Männern ein Zeichen, die ihn augenblicklich an Arm und Schultern packten. Er konnte nicht fliehen. Dem Brünetten war klar was nun geschehen würde. Blinde Wut packte ihn. Er würde sich nicht wehrlos verprügeln lassen! Kaum trat sein Gegenüber einen Schritt auf ihn zu, holte er zu einem kräftigen Tritt aus. Sein Gegner ging ächzend zu Boden. Ein Lächeln zuckte über seine Mundwinkel. Seine dünnen Beinchen sollte man nicht unterschätzen! Seine Gegner auch nicht. Blitzschnell hatte sich dieser erhoben und ihm mit etwas hartem ins Gesicht geschlagen. Ein hochmütiges Grinsen hatte sich auf die Züge seines Gegenübers gelegt. „Das nächste Mal überlegst du dir besser vorher, ob du dich mit der Yakuza anlegst.“ Ein dümmliches Kichern war zu hören. „Aber das musst du nicht tun. Heute ist dein Glückstag! Du wirst nie wieder mit jemanden anlegen.“ Erst jetzt konnte er den silbernen Gegenstand ausmachen, mit dem man ihn geschlagen hatte. Eine Waffe. Der Bassist zog scharf die Luft ein. Dieses miese Arschloch hielt eine GOTTVERDAMMTE WAFFE auf ihn gerichtet! Oh ja, alles klar. Er würde tot in so einer verdreckten, ekeligen Gasse verrotten. Seine Leiche würde niemand finden und falls man in den Straßen Tokyos einmal eine Putzaktion macht, würden seine Knochen in einem Rattenlager gefunden werden. ‚Ich will nicht sterben‘ Er schloss die Augen. „DAS REICHT!“ Die Stimme schallte durch die Straße. „Lasst ihn in Ruhe. Er gehört mir.“ Die Stimme. Diese Stimme kam ihm sehr bekannt vor, und doch konnte er sie im Moment nicht zu ordnen. Irritiert öffnete er die Augen. Sein Kopf schmerzte noch höllisch von dem Schlag. Widerspruch erhob, sich doch die Stimme schob sich immer näher. Zwischen den zwielichtigen Typen stach ein Jemand heraus, der alle anderen um mindestens einen halben Kopf überragte. Er drängte sich jemand zu ihm hindurch, den er durchaus kannte. Nur hätte er den Blondschopf nie hier erwartet. „Kou…Kouki“ Ungläubig starrte er den Blonden an. Er spürte wie ihn die Männer losließen. Kaum war dies geschehen, merkte er, wie seine Beine nach gaben und er schlaff zu Boden sackte. „Saga!“ Sofort war der Sänger bei ihm und zog ihn in seine Arme. „Alles okay? Kannst du laufen?“ Der Bassist nickte schwach. „Komm ich bring dich nach Hause.“ Kouki stützte ihn und sie verließen die Gasse und landeten in einer weiteren dunklen Straße. Wie war er bloß hier hergekommen? Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. In dem Kopf des Brünetten aber rasten die Gedanken. Wie war er in diese Gasse gelangt? Hätte der Typ wirklich abgedrückt? Was machte Kouki in derselben Gasse? Und vor allem, wieso bezeichnete er ihn als sein Eigentum?! „Wir sind da.“, stellte der Blonde fest. „Saga, ist wirklich alles okay?“ Der Sänger war stehen geblieben und hielt ihn an den Schultern fest. Nichts ist okay! Irgend so ein Hooligan hatte mit einer Waffe auf ihn gezielt und der Sänger dachte ernsthaft, alles wäre okay?! Er war jung und berühmt. Er hatte noch sein ganzes Leben vor sich. Er wollte noch nicht sterben. Er dachte an seine Freunde und wie sie wohl reagiert hätten, wenn er nie wieder auftauchen würde. Was würde aus Alice Nine werden? „Ach du scheiße, du weinst ja!“ Der Jüngere streichelte ihm mit der Hand über die Wange und wischte die Tränen fort. Doch es half nichts. Unaufhörlich strömten die Tränen über sein Gesicht. „Ich will jetzt nicht allein sein…“ Die Stimme des Bassisten war heiser und brüchig. „Ich kann das nicht!“, schluchzte er und krallte sich an Kouki. Er spürte wie der Blonde einen Arm um seine Taille legte und ihn dichter an sich zog. Die andere Hand drückte sein Kinn nach oben, sodass er Kouki genau in die Augen sah. Der Sänger war nah. Viel zu nah. Doch der intensive Blick des anderen fesselte ihn und er war doch sehr froh, dass der Jüngere die letzten Zentimeter überbrückte. Unglaublich weich, schoss es dem Brünetten durch den Kopf. Die Lippen des Sängers fühlten sich unbeschreiblich gut auf seinen an. Mit einem Seufzen schloss er die Augen. Dadurch ermutigt fuhr ihm der Blonde flink mit der Zunge durch die Lippen. Wie lange hatte er sich diesen Moment gewünscht! Wie sehr hatte er sich gewünscht Kouki zu küssen. Seit Wochen hatte er sich danach gesehnt. Jedes Mal, wenn er den anderen sah, wünschte er sich, dieser würde ihm mehr Beachtung schenken. Und nun küsste der Sänger ihn. Saga fühlte sich leicht überfordert. Sein Herz schien einen Marathon zu laufen. ER war überfordert! Die ganze Situation überforderte ihn. Er nahm all seine noch vorhandene Kraft zusammen und stemmte sich gegen die Brust des Größeren. Mit verhangenem Blick sah Kouki ihn an. Der Bassist konnte Enttäuschung in den Augen seines Gegenübers aufblitzen sehen. „Saga, ich li-“, setzte der Blonde keuchend an, doch er unterbrach ihn bevor er ausreden konnte. Er wollte die Worte des Jüngeren nicht hören. Nicht jetzt. „Shou. I- Ich muss zu Shou. Er…er wohnt nur zwei Stöcke höher. Danke Kouki.“ Nuschelte er entschuldigend, verbeugte sich kurz und erklomm dann ungeschickt die Stufen. Selbst als er vor Shou’s Wohnung angekommen war, hörte er noch immer das Schluchzen. Jedes einzelne versetzte ihm einen Stich ins Herz. Den Blick des Sängers würde er wohl nie mehr vergessen können. Seit diesem Abend hatte Saga nicht mehr mit Kouki geredet. Der Große war ihm aus dem Weg gegangen, verließ den Proberaum fast nie. Höchstens um in der Cafeteria zu essen oder sich dort einen der wässrigen Kaffees zu holen. Er seufzte noch einmal und betrat dann den Laden, vor dem er schon eine geraume Zeit stand. Kaum war er durch die Tür, huschte sofort ein Verkäufer heran um ihn in Empfang zu nehmen. „Herr Sakamoto, es ist mir eine große Ehre sie begrüßen zu dürfen. Wie kann ich ihnen helfen?“ Saga kam jedes Mal in diesen Laden. Und das oft, weil er einfach keine Lust hatte seine Saiten auf Vorrat zu kaufen. Außerdem hatte er dann immer eine Ausrede um früher von den Proben verschwinden zu können. Kein Wunder, dass ihn der Verkäufer schon kannte. „Ich habe die Erlaubnis bekommen mir neues ‚Arbeitsmaterial‘ zu kaufen. Natürlich mit Preislimit.“, grinste er den Mann an. Er nannte ihm den Preis und er führte ihn zu den Ausstellungsstücken. Das Tollste, wie Saga fand, war, dass man hier alle Instrumente ausprobieren konnte. „Hm…Ich glaub ich weiß, welchen ich will.“, murmelte er. „Ich darf doch?“ „Selbstverständlich! Lassen sie sich Zeit, Herr Sakamoto.“, lächelte der Verkäufer freundlich und wies auf die Sitzecke hinter sich. Saga griff nach dem Bass und ging damit zu der Sitzecke, wo er ihn an einen Verstärker anschloss. Leise begann er ein ganz bestimmtes Lied zu zupfen, 生にしがみつく. Sein Lieblingslied. Das Lied womit alles begonnen hatte. Kouki’s Stimme hatte ihn so fasziniert. Nicht, dass er den Sänger nicht schon vorher gemocht hatte. Aber als er dieses Lied gehört, war ihm bewusst geworden, dass er sich in Kouki verliebt hatte. Er hatte es sich von Reika zeigen lassen und spielte es nun so oft, wie es ihm möglich war. Er schloss die Augen und genoss den wunderbaren Klang. „Hallo Saga.“ Er öffnete die Augen, hörte jedoch nicht mit dem Spielen auf. „Hallo Shin.“ Warum war Shin hier? Warum sprach er überhaupt mit ihm? Sie hatten doch nie etwas miteinander zu tun. „Vielleicht solltest du öfter solche öffentlich Sessions machen. Da scheint einer recht angetan von dir zu sein.“, kicherte der Brünette und deutete hinter sich zum anderen Ende des Geschäfts. Sagas Herz setzte ein Schlag aus. Dort saß Kouki! Bewegte den Mund ständig, als würde er zu seinem Bassspiel mitsingen, und starrte ihn verträumt an. Sein Blick huschte von Kouki zu Shin und er öffnete den Mund um etwas zu sagen. Doch als ihm nichts einfiel schloss er ihn einfach wieder. Shin sah ihn belustigt an. „Wann hast du vor ihm zu sagen, dass du ihn auch liebst?“ Er schüttelte verstört den Kopf. Woher wusste Shin davon? „Ich war in der Nacht bei Shou.“, antwortete der Jüngere, als er Sagas verwirrten Gesichtsausdruck sah. „Du weißt schon, in der Nacht als DAS passiert war.“ Er war dabei gewesen. Als er verheult vor Shou’s Tür gestanden hatte und in dessen Armen zusammen gebrochen war. Hatte seinen kompletten Nervenzusammenbruch mitbekommen und wie er alles Shou, seinem besten Freund, erzählt hatte. Er hatte Shin gar nicht wahrgenommen. Beschämt senkte er den Kopf. „Tut mir leid, dass du das miterleben musstest.“, murmelte er. „Ja war schon scheiße, dass du uns stören musstest. Ich war so kurz davor gewesen.“ Der Sänger ließ sich seufzend auf einen Stuhl fallen. „Aber genau deshalb möchte ich mit dir reden.“ Saga klappte der Mund auf. Erstaunt sah er den Anderen an. „Ich möchte Shou meine Liebe gestehen.“, sagte der andere fröhlich grinsend und wippte munter auf seinem Stuhl umher. „Und was hat das mit mir zu tun?“ Warum sagte er ihm das und nicht Shou? „Naja, du bist sein bester Freund und ich wollte erstens dein Einverständnis und zweitens wollte ich dich bitten, etwas Abstand zu Shou zu nehmen. Seit dieser Vorfall passiert ist, lässt er mich links liegen und bemuttert dich so. Das macht mich ganz fuchsig! Außerdem betrachtet er mich als kleinen Bruder und ich möchte ihm klar machen, dass ich mehr für ihn sein möchte. Das verstehst du doch?“ Saga konnte sich nicht erinnern, jemals so ein langes Gespräch mit dem Sänger geführt zu haben. Klar bemutterte Shou ihn überfürsorglich. Das hatte Shou so an sich. Aber Saga war nie aufgefallen, dass sich sein bester Freund nur noch um ihn kümmerte. Schlechtes Gewissen überkam ihn. Er durfte Shou nicht nur für sich beanspruchen und jetzt gab es eine Möglichkeit, dass Shou glücklich werden konnte. „Ich…ich werde auf Abstand gehen. Du hast Recht. Ich hoffe du schaffst es Shou zu überzeugen. Er hat wohl am meisten verdient glücklich zu werden.“ Er lächelte vorsichtig. „Du könntest auch glücklich werden. Nicht das du denkst, ich würde nicht wollen, dass auch du happy bist. Du musst einfach nur u diesem großen, blonden Kerl rübergehen, der dich schon die ganze Zeit so sabbernd ansieht.“ Shin stand auf und drückte ihn kurz an sich. „Werde glücklich!“ Mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht verließ der brünette Sänger den Laden. Mit einem Seufzen stoppte Saga sein Spiel und musterte den Bass in seinen Händen. Das Silber hatte ihn von Anfang an fasziniert. Mit der Fingerkuppe fuhr er die verschnörkelten, schwarzen Linien entlang. Glück was war das schon. Er war glücklich als Kouki wenigstens mit ihm redete. Als alles so war wie vorher. Aber er konnte die Zeit nicht zurückdrehen. Konnte nicht ändern, dass er den Sänger von sich gestoßen hatte, als dieser ihm seine Liebe gestehen wollte. Er dachte an Shin. Daran wie glücklich er ausgesehen hatte allein bei der Chance um seine Liebe zu kämpfen. Würde er auch wieder Glück verspüren, wenn er um Kouki kämpfte? Er nahm all seinen neuen Mut zusammen und stellte den Bass zu Seite. Wie beflügelt schritt er auf den Sänger zu. Doch als dieser bemerkte, dass der Bassist auf ihn zukam. Sprang er regelrecht auf und verschwand eilig aus dem Laden. Er legte einen Zahn zu und verabschiedete sich schnell von dem Verkäufer, der ihnen verwundert hinterher sah. Auf der Straße angekommen brauchte Saga einen Moment Kouki ausfindig zu machen. Der blonde Schopf reckte deutlich unter der Menge hervor. Er war auf dem Weg zu nächsten Kreuzung und er wusste, wenn der Sänger die Straße überqueren würde, könnte er ihn nicht mehr einholen. Also eilte Saga ihm nach. „Kouki!“ Keine Reaktion. „Kouki! Warte!“ Doch der Größere verlangsamte das Tempo nicht. Im Gegenteil. „GOTTVERDAMMT, KOUKI! ICH MUSS MIT DIR REDEN!“ Die restlichen Menschen auf der Straße sahen ihn an als wäre er ein Alien. Der Sänger hastete weiterhin zielsicher auf die Kreuzung zu. Langsam wurde er wütend. Der Bassist setzte zum Sprint an und verringerte den Abstand zwischen ihnen. Indem Moment drehte sich der Blonde um und erspähte ihn. Mit versteinerter Miene huschte er weiter. Fast hatte Saga ihn eingeholt. Er musste nur noch den Arm ausstrecken, dann – Ein langgezogenes Hupen war das einzige, was er in diesem Moment wahrnahm. Abgesehen von Kouki, der mit weit aufgerissenen Augen mitten auf der Straße stand und ungläubig zu dem Verursacher des Geräusches schaute. Saga’s Herz hörte auf zu schlagen, als er den heranrasenden LKW bemerkte. In ihrer kleinen Verfolgungsjagd hatten sie nicht auf die Ampel geachtet. Sie hatten rot gehabt. ~*~ „Aua…“ Ächzend stemmte sich der Bassist auf die aufgeschürften Handflächen. Sie waren unsanft auf dem Bordstein gelandet. „Kouki, bist du verletzt?!“ Saga konnte nicht verhindern, dass seine Stimme in die Höhe schoss, bei dem Gedanken der Sänger könnte sich etwas getan haben. Der Blonde, der halb auf ihm drauf lag, starrte ihn immer noch mit weit aufgerissenen Augen an. „Ich..Du…Du hast mich gerettet.“, stotterte der Jüngere. „Sollte ich dich lieber von einem Lastwagen zerquetschen lassen?“ Der Sänger sah ihn wie ein getretener Hund an. „Außerdem hast du mich auch gerettet, schon vergessen?“ Er schüttelte den Kopf. „Glaubst du bist in der Lage, die Worte von damals zu sagen, die ich zu diesem Zeitpunkt nicht hören wollte?“ Wieder sah ihn der Größere verwirrt an und er schien nachzudenken. Dann wurden seine Züge weicher und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Ich liebe dich, Saga.“ „Ich liebe dich auch, Kouki.“ Mit fröhlich klopfendem Herzen legte er seine Lippen auf die des Sängers. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)