Fiancailles von Asmodina ================================================================================ Kapitel 4: Das Picknick ----------------------- Nach einer erfolgreich verlaufenen Besprechung machte sich Kamijo auf die Suche nach Fee, die er immer noch im Garten vorfand. „Kommst du mit der Arbeit zurück?“, fragte er vorsichtig und begutachtete die wunderschönen Rosen. Sie leuchteten in allen Farben und der intensive Duft vermochte so manchen Kummer zu lindern. „Ich wollte dich etwas fragen; würde es dir etwas ausmachen, mich zu einem Picknick zu begleiten? Das Wetter lädt regelrecht dazu ein!“ Sein Lächeln war wie eine Berührung, welche sanft über Fees Rücken strich. Diese zuckte zusammen; war die Frage ernst gemeint? Es standen doch sicher genügend Damen zur Verfügung, welche ihren Herren liebend gerne begleiten würden, warum sollte ausgerechnet sie es sein? Unsicher drehte sich das junge Mädchen um, ihr Herz zitterte: „Wenn Ihr es wünscht, Herr, begleite ich Euch. Doch erlaubt mir die Frage; warum soll ich es sein? Damit hatte Kamijo gerechnet: „Weil ich mich in meiner freien Zeit gerne mit ehrlichen Menschen umgebe. Und jene dort“, er wies auf seinen Palast, „sowie die adligen Damen gehören nicht dazu!“ Jetzt musste Fee doch ein bisschen lächeln; er war der erste Angehörige des gehobenen Standes, welcher die Wahrheit so ungezwungen aussprach. „Dann begleite ich euch sogar gerne“, erwiderte sie, „aber in diesen Kleidern?“ Verlegen blickte Fee an sich hinunter; ihre Dienstgewandung war wirklich nicht passend. Kamijo musste schmunzeln: „Das sollte nun wirklich deine geringste Sorge sein, Fee. Erinnere dich an den Ball“, der Endelmann reichte ihr seine Hand. „Komm, lass uns gehen!“ Unsicher lief das junge Mädchen neben ihm her, ehe sie jenes Zimmer betraten, welches Fee schon von der Ballnacht her kannte. Diesmal erschien es jedoch weniger unheimlich und sie ließ sich von den zahllosen Möglichkeiten faszinieren. Beide stöberten durch die zahlreichen Schränke und es dauerte nicht lange, ehe das Mädchen fündig wurde. „Ich habe es“, sagte sie. Kamijo drehte sich um und betrachtete das Kleid, welches Fee sich ausgesucht hatte; es war bodenlang und aus olivgrünem Baptist gefertigt. Der Rockteil war, wie zur Renaissance-Zeit üblich, sehr hoch angesetzt und, ebenso wie der spitze Ausschnitt, mit einer eingewobenen Goldborte verziert. Die Ärmel waren mit einem sechsfachen Puff geschmückt, deren durchsichtiger Chiffon leicht schimmerte. „Du hast eine ausgezeichnete Wahl getroffen“, bemerkte Kamijo anerkennend und lächelte, „kannst du dich selbst anziehen? Oder soll ich jemanden schicken?“ „Nein, ich kann es alleine“ erwiderte das junge Mädchen schnell und senkte den Blick; für einen kurzen Moment hatte sie doch wirklich geglaubt, er selbst würde. Ihre Wangen färbten sich purpurrot. Der Edelmann lächelte und verließ den Raum: „Wir treffen uns in einer halben Stunde unten in der Halle!“ Eilig schlüpfte die Dienstmagd in das Kleid. Der Stoff schmiegte sich sanft und ohne zu kratzen an ihre Haut. Verstohlen betrachtete Fee ihr eigenes Spiegelbild, es wirkte sonderbar verändert. Wie sich ihr Leben in den letzten Stunden vollkommen gewandelt hatte. Sollte es tatsächlich eine Möglichkeit geben, ihr Schicksal zu verändern? Und was war mit ihren Gefühlen? Fee schüttelte den Kopf und beeilte sich, in die Halle zu kommen. Sie wollte ihren Herren schließlich nicht warten lassen. Dieser stand bereits mit einem Picknickkorb in der Hand an der Treppe und wartete auf sie. Fee stockte der Atem, obwohl sie sich nun äußerlich sehr ähnlich waren, besaß Kamijo nach wie vor seine mystische Ausstrahlung, welche ihn von allen anderen Menschen unterschied. „Bist du bereit“, holte er sie grinsend in die Wirklichkeit zurück. „Ich bin bereit“, erwiderte Fee und nahm unsicher den dargebotenen Arm. Zögernd lief sie neben dem Edelmann her. Dieser bemerkte ihr Zaudern und versuchte, ein Gespräch zu beginnen. „Ich liebe es, in der freien Natur zu sein und die Pflicht einfach mal vergessen zu können“, Kamijos Lächeln hätte einen Eisberg zum Schmelzen bringen können. Ohne es zu merkten, erwiderte das junge Mädchen es: „Ja, die Natur war auch für mich immer ein Trost, wenn die Arbeit zuviel wurde!“ „Also erging es dir wie mir“, unbewusst legte der Edelmann kurz seinen Arm um ihre Schultern, „die Natur kann sehr entspannend sein!“ Sie suchten sich einen Platz in der Nähe des kleinen Sees, wo Kamijo sofort die Decke ausbreitete und das Essen anrichtete. „Wäre das nicht eigentlich meine Aufgabe“, erkundigte Fee sich beschämt. „Wir sind nicht auf der Arbeit, schon vergessen?“, antwortete Kamijo freundlich, „und aus diesem Grund behandele ich dich auch nicht wie eine Bedienstete, sondern wie eine Freundin, mit der ich einfach ein paar schöne Stunden bei einem Picknick verbringen möchte. Zumal mir deine Gesellschaft mir weitaus lieber ist als sie mancher“, er räusperte sich verhalten, „adliger Damen.“ Bei dem Wort „Freundin“ zuckte das junge Mädchen kaum merklich zusammen und ein angenehmer Schauer rieselte über ihren Körper. „Außerdem wirst du sicherlich mitbekommen haben, dass ich meine Angestellten mit Respekt und wie normale Freunde behandele. Die strengen Regeln bezüglich der Stände sind mir zuwider.“ Fee lächelte; also deswegen sprachen alle Bewunderung von ihm und die Arbeit harmonisierte dadurch sehr viel mehr. „Ich danke Euch, Herr“, sagte sie und wagte es, auf seine Haare zu schauen, welche wie pures Gold in der Sonne glänzten. Der Wind trieb diese genau in ihre Richtung, sodass Fee sie hätte berühren können. „Nenne mich bitte einfach Kamijo“, holte die Stimme des Edelmanns sie in die Wirklichkeit zurück. Fee nickte und wiederholte den Namen kaum hörbar. Schüchtern griff sie in den Korb und nahm einen Apfel. Kamijo nickt zufrieden; Emiru hatte ihm wirklich einen guten Rat gegeben. Das junge Mädchen wirkte nicht mehr so unglücklich wie am Morgen, was ihn mit Erleichterung erfüllte. „Hast du Geschwister“, fragte der Edelmann, während er herzhaft in einen Pfirsich biss, „und was ist eigentlich mit deiner Familie?“ Fee zuckte leicht zusammen, mit diesen Fragen hatte sie nicht gerechnet; wie viel sollte sie ihm erzählen? Kamijo bemerkte ihren Schreck: „Wenn ich zu neugierig bin, verzeih mir. Du musst nichts sagen, wenn du nicht willst.“ Seine Stimme klang etwas verlegen. Fee schüttelte den Kopf und erhob sich etwas: „Nein, ist schon gut; meine Eltern sind vor 15 Jahren an den Pocken gestorben. Seitdem muss ich mich selbst ernähren. Manchmal fühlte ich mich einsam, manchmal war ich jedoch auch froh, das ich mich nur um mich selbst kümmern musste. Das Geld war immer sehr knapp.“ Voller Mitgefühl schaute Kamijo Fee an: das arme Mädchen. Kein Wunder, dass sie so zurückhaltend war; ihr Leben war immer nur mit hartem Verzicht verbunden gewesen. „Es tut mir leid“, meinte er leise. „Es ist nicht schlimm“, entgegnete das junge Mädchen hastig, „ich habe mich damit abgefunden!“ Aber der melancholische Gesichtsausdruck strafte ihre Worte Lügen; Fees Herz schrie nach einer Umarmung. Angespanntes Schweigen breitete sich aus und Kamijo rang mit sich; durfte er es wagen, ihre Gedanken zu lesen so wie Emiru es in seinem Namen getan hatte? Oder überschritt er damit eine verbotene Grenze? „Du hast es alles andere als leicht gehabt in deinem Leben und es wird Zeit, dass sich das ändert. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um dich dabei zu unterstützen.“ Das junge Mädchen fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht, um die aufsteigenden Tränen wegzuwischen. Etwas verlegen griff sie nach seiner Hand, da kein Wort ihre Freude und Dankbarkeit hätte beschreiben können. Kamijo erwiderte den Händedruck und die Berührung genügte, um ihn ihre Gedanken lesen zu lassen. Fast wünschte der Edelmann, er hätte es nicht getan, denn Fees Empfindungen waren noch gewaltiger und vielseitiger als Emirus Beschreibungen hätten vermuten lassen. Eine nicht beträchtliche Angst war ebenso zu erkennen. „Ich liebe dich“, wie ein Donnergrollen schlugen ihm diese Worte entgegen. Im Affekt ließ Kamijo Fees Hand so schnell los, als habe er sich verbrannt, was das junge Mädchen irritiert schauen ließ; hatte sie etwas falsch gemacht? Schnell zwang der Edelmann sich zu einem Lächeln: „Leider lassen mir meine Verpflichtungen nicht viel Zeit zum Entspannen“, sagte er und erhob sich, „aber mir hat das Picknick sehr viel Spaß gemacht und ich hoffe, dir auch?“ Das junge Mädchen nickte begeistert und verlor sich regelrecht in seinen Augen. „Ich fand deine Gesellschaft sehr angenehm und danke dir dafür. Das sollten wir bald wiederholen.“ Sehr widerstrebend unterbrach Kamijo den Blickkontakt, war Fee tatsächlich die Richtige? Konnte das sein? Als sie am Palast angekommen waren, fiel dem Edelmann noch etwas Wichtiges ein: „Würdest du noch einen kurzen Einkauf für mich erledigen, Fee? Ich benötige dringend neue Schreibfedern.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)