Black Crystal Love von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1 Jetzt. Bahnhof. Ich öffnete die Tür des Bahnhofgebäudes und trat ins Freie. Die Luft hier roch leicht modrig und die Straßen sahen heruntergekommen aus. Mit meinen saphirblauen Augen sah ich mich um. Ich seufzte und schulterte meinen Rucksack. „Und wo ist jetzt die Person, die mich abholen soll?“, fragte ich mich selbst. Wieder seufzte ich und betrachtete das Panorama der Stadt, welches von hier aus gut zu sehen war. Die Stadt, die angeblich Death-City heißt, war auf einem Hügel gelegen. Überall waren Totenköpfe zu sehen, was mich abschreckte. Ganz oben am Hügel befand sich ein großes schlossähnliches Bauwerk. Es bestand aus 8 Türmen mit roten, spitzen Dächern. Das komplette Schloss war gestrichen in schwarz mit weißen Konturen, was es aber nicht unfreundlich oder furchteinflößend wirken ließ, sondern eher.. modern! Naja.. bis auf die vier gigantischen Kerzen, die aus vier weiteren, zentralen Türmen ragten. Über diesem seltsamen Anwesen schwebten drei schwarze Kugeln. Ich frage mich, für was die gut sind, dachte ich. Da immer noch niemand hier war, um mich abzuholen, beschloss ich, mich selbst auf den Weg zu machen. Ich öffnete meinen Zopf und schüttelte meine langen, blauen Haare, um sie kurz darauf wieder zu einem Zopf, den ich rechts trug, zusammen zu binden. So machte ich es immer, wenn ich meinen Mut zusammen nahm. Manchmal wünsche ich mir wirklich einen besseren Orientierungs-sinn.. Das habe ich sicher von meiner Mutter. Sie kann sich nie merken, wie man nach dem Shoppen wieder zum Auto kommt.. Ich seufzte ein weiteres mal und sah mich noch einmal um, um mich zu vergewissern, dass man mich wirklich vergessen hatte und bog in die erste Straße ein. --- Jetzt. Irgendwo in Death-City. Es wurde immer dunkler, und ich wusste immer noch nicht, wo ich eigentlich hin musste. Oh Mann, Sikuri.. was machst du nur für Sachen.. Als die Sonne schließlich ganz untergegangen war und auch die Kerzen des großen Hauses gelöscht wurden, hatte ich meine Orientierung komplett verloren. „Aaaah!“, hörte ich eine Frauenstimme kreischen. Scheiße! Sofort stieg Panik in mir auf und ich rannte los. Ich wusste nicht wohin, aber ich wusste, dass ich hier nicht bleiben konnte. Ich vernahm Schritte hinter mir, woraufhin ich meine Augen schloss und mich blitzartig umdrehte. Egal was da ist, du weißt was zu tun ist! Doch das einzige, was ich sah, war das holprige Kopfsteinpflaster, über welches ich mit meinen schwarzen Chucks gestolpert war. Mit vor Angst, was ich dort sehen könnte zusammengekniffenen Augen wagte ich einen Blick in den Himmel. „Kyaaaah!“, schrie ich, woraufhin ich mir sofort den Mund zuhielt. Scheiße! Der Mond, den ich dort am Himmel sah, war leuchtend gelb, hatte eine lange spitze Nase, schwarze Augen und einen riesigen, gezähnten, Blut sabbernden Mund! „Wo bin ich hier gelandet..?“, flüsterte ich ungläubig und starrte immer noch in den Himmel, als ich wieder Schritte hinter mir vernahm. Metall schleifte über den Boden, was mir die Nackenhaare aufstellte. Ein süßlicher, metallischer Gestank breitete sich in der Luft aus. Ich nahm all meinen Mut, der mir noch geblieben war zusammen und drehte mich zitternd um. Doch das Scheusal, das vor mir stand, übertraf alles, was man sich nur vorstellen konnte. Meine Nackenhaare stellten sich auf und am liebsten hätte ich los geschrien, doch meine Kehle fühlte sich an, als wäre sie mit Blei zugeschüttet worden. Es sah aus wie ein großer gekrümmter Mensch. Bis auf die Haltung und die Haut, die zu grau war, um von einem lebendigen Wesen zu stammen. Es trug eine weiße Maske, die am Kopf angenäht war und von einer Spitze, die anscheinend die Nase darstellen sollte, geziert war. Die Finger wurden durch fünf scharfe, langen Klingen an jeder Hand vertreten. Aus der Hüfte wuchsen Fortsätze, die an zwei schwarze, zerfetzte Flügel erinnerten. Metallisches Klirren erfüllte die Luft. Schweißgebadet stand ich da. Meine Beine fühlten sich an wie Beton. Innerlich schrie ich schon jetzt. Ich kann mich einfach nicht bewegen, dachte ich. Doch als das Monster seine Hand hob, um mich genüsslich zu durchbohren und mir den Gar aus zu machen, damit es zufrieden meine Seele verzehren konnte – so erzählt man es sich – wurde mein Überlebenswille geweckt und ich begann zu rennen. Lauf, Sikuri! Ich kann es schaffen! Verdammt lauf!! Ein verzerrtes Kreischen elektrisierte die Luft und der eklige Gestank wurde stärker. „Sag nicht, von dir gibt’s noch mehr!“ Immer schneller rannte ich, bis ich plötzlich vor einer hohen, grauen Mauer zum stehen kam. Nein! Sag, dass das nicht wahr ist! „Eine Sackgasse..“, murmelte ich. Ich war mir bewusst, dass ich den Morgen nicht mehr erleben würde und drehte mich um. Ich blickte in das Angesicht von mindestens 6 Mördern, welche alle nach meiner immens starken Seele lechzten. „Schert euch zum Teufel..“, fauchte ich meine wahrscheinlich letzten Worte. Die Bestie, die mich vorhin schon ins Jenseits befördern wollte, leckte sich über die weiße Maske und sprang auf mich zu. Ich werde nicht schreien! Diese Genugtuung gönnst du ihm nicht!, dachte ich tapfer. Als das Vieh vor mir auf dem Boden aufkam, zersprangen die Steine unter ihm und beförderten mich gegen die Mauer, vor der ich stand. „Argh!“, stöhnte ich und glitt zu Boden. Der Übeltäter holte zum Schlag aus, doch mit letzter Kraft beschloss ich, mich nicht auf einem Silbertablett zu servieren und wich aus. Ein brennender Schmerz durchzuckte meinen Arm. Genüsslich leckte sich das Vieh über das Metall an seiner Hand. Verdammt! Das ganze hatte doch so schön angefangen.. Wieder rannte das Scheusal auf mich zu, um mir den Gar aus zu machen. --- Gestern. Zuhause in Japan. Ich war in meinem Trainingsraum, als ich Günter Jauch's Stimme aus dem Wohnzimmer vernahm. Papa schaut wieder 'Wer wird Millionär', dachte ich und ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Mit einer letzten Schlagfolge verfrachtete ich meinen Boxsack in eine Ecke des Zimmers. Nachdem ich aus der Dusche gestiegen war und meinen weißen Frottee-Bademantel angezogen hatte, ging auch ich ins Wohnzimmer, setzte mich neben meine Eltern und ließ mir von meinem Vater durch die noch nassen, himmelblauen Haare wuscheln. Oh nein! Nicht schon wieder 'Tatort', dachte ich. Meiner Mum sah ich an, dass sie meiner Meinung war. „Papaaaa? Was kommt sonst noch im Fernseher?“, fragte ich scheinheilig. „Hier, schalte selbst um.“ Ich zappte durchs Programm und bei 'Transformers' blieb ich stehen. Da Alle mit dem Film einverstanden waren, verbrachten wir den Rest des Abends damit, uns eine Action-Szene nach der anderen reinzuziehen. Nach dem Film, ging ich in mein Zimmer und beschloss, zu schlafen. Am nächsten Morgen wurde ich durch die Rufe meiner Mutter geweckt. „Sikuri, wach auf!“ Da ist ein Brief für dich!“ Ein Brief? Von wem der wohl ist?, dachte ich. Lächelnd streckte ich mich, und stand auf. „Wenn das Bett doch nicht so gemütlich wäre...“ grübelte ich vor mich hin. Verschlafen schaute ich mich um. Durch das Fenster fiel grelles Licht auf meinen weißen Schreibtisch, in dem noch dunklen Raum. „Hm...“, murmelte ich. Mein Zimmer war ziemlich ordentlich, was mich wunderte, da man normalerweise nicht mal die Tür öffnen konnte, weil meine Kleidung überall auf dem hellen Parkett verstreut war. „Sikuri, schwing deinen Hintern in die Küche, wir wollen essen!“, dröhnte es von unten. „Ich komme schon!“, antwortete ich. Schnell nahm ich noch die Gießkanne und goss meinen Gummibaum. Daraufhin schlüpfte ich in meine Pantoffel und stolperte die Treppe hinunter. „Guten Morgen“, begrüßte ich meine Mum. „Ah Sikuri, da bist du ja. Setz dich, das Frühstück ist fertig“ „Lecker, danke Mama!“, strahlte ich, als ich den leicht gebräunten Speck und das goldene Rührei auf meinem Teller liegen sah. Schon begann ich diese zu verschlingen. „Übrigens, es wurde ein Brief für dich abgegeben.“ „Abgegeben?!“ „Ja, heute Morgen klingelte es an der Tür, als ein grauhaariger Mann mit Brille und Hut, der auf einem Bürostuhl saß mir den Brief in die Hand drückte und dann auch schon wieder weg war. Er sagte, es sei wichtig, dass du den Brief schnellstmöglich ließt.“ Sie legte mir das Kuvert auf den nun leeren Teller. Sofort schnappte ich mir das geheimnisvolle Ding, das ein Altertümliches Siegel mit einem Totenkopf trug. Als ich den Zettel herausnahm, fiel mir auf, dass das Papier schwarz und die Schrift weiß war, und von Hand geschrieben. Death City, den --/--/---- Liebe Sikuri, sicher fragst du dich, wer ich bin, woher ich dei- ne Adresse weiß und warum ich dir jetzt schreibe. Mein Name lautet Shinigami-sama. Ich bin der Totengott und Leiter einer Akademie in einer Stadt, die man Death City nennt. Ich und die Lehrer der Shibusen haben dich beobachtet und be- schlossen, dich wegen deiner besonderen Fähigkeiten zu uns einzuladen. Von der Schule haben wir dich befreit, deine Mutter wird sich keine Sorgen machen und vor deiner Tür findest du ein Taxi, welches dich zum Flughafen bringt, gib da den Brief ab und in Death City holen wir dich ab =) Liebe Grüße und schöne Fahrt, Shinigami-sama „Seltsamer Brief..“, murmelte ich. „döööt, döööt, döööööööt,“ Erschrocken sprang ich auf, rannte hinaus und sah ein schwarzes Taxi, welches das selbe Siegel auf der Motorhaube trug, wie der Brief. Panik stieg in mir auf, aber was sollte ich tun? Okey.. Heute Morgen wird ein Brief abgegeben, der von einem Totengott geschrieben wurde, jetzt steht ein seltsames Auto vor meiner Tür und laut Brief werde ich davon mitten in die Wüste von Nirvana gebracht.. Ich seufzte. „Das muss ein Traum sein.. daher will ich mir den Spaß nicht verderben und steige ein.“, beschloss ich. Schon öffnete ich die Autotür und wollte einsteigen, als mir einfiel, dass ich kein Gepäck hatte! Ich wollte wieder in mein Zimmer rennen, doch der Fahrer sagte, mein Gepäck sei bereits im Kofferraum. Wie gesagt.. Nur. Ein. Traum. Ich stieg ein und ließ mich zum Flughafen bringen. Am Check in gab ich den mysteriösen Brief ab und bekam ein Zugticket mit dem selben Totenkopf-Siegel, welches ich am Bahnhof - zu welchem mich das Flugzeug brachte – einlöste. Aus Mittag wurde Nachmittag und die Sonne begann langsam unter zu gehen. Ich steckte meine Kopfhörer in den IPod und lauschte der Musik von verschiedenen Künstlern. Am Horizont erkannte ich langsam leichte Umrisse einer Stadt. Wir sind also bald da.. Langsam wurde ich nervös. Das wird schon.. Es ist schließlich nur.. ein Traum.. --- Jetzt. Death-City. Ich wartete bereits darauf, dass mein Leben durch einen unbändigen Schmerz beendet würde. Doch.. das wurde es nicht! Statt meinem, durchbrach der Schrei des Mörders die Stille, die mich so verrückt machte. Was-? Vorsichtig und mit großer Mühe öffnete ich meine Augen. Was ist passiert?! Ich.. Ich lebe! Und das Ding ist .. tot? Blut benetzte den Boden aus - im Licht der alten Straßenlaternen - gelblichen Steinen und schwarze Schuhe aus Leder brachten es zum aufspritzen. Ich sah auf und nur ein paar Zentimeter vor meinem Gesicht befanden sich die gelb-schwarzen Augen eines jungen Mannes. Er hatte schwarzes, kurzes Haar, das stachelig von seinem Kopf ab stand. Besorgt sah er mich an. „P-Pass au-“, wollte ich ihn mit gebrochener Stimme auf ein weiteres Monster aufmerksam machen, das vorhatte, ihn anzugreifen. Helles Licht blitzte auf und auch dieser Leichnam sank blutüberströmt zu Boden. Sollte er mich etwa abholen? „Wo b-bin i- ?“ „Es tut mir Leid, dass du das mit ansehen musstest.“, sagte er mit kalter, dunkler und auf irgendeine Weise verlockende Stimme. „W-“ „Hör zu, es kommen bald Leute vorbei, die dir alles erklären werden.“, er musterte mich von oben bis unten und ohne ein lächeln fuhr er fort, „Du.. du hast mich nie gesehen, ok?“ „J-“ „Gut“, unterbrach er mich nun schon zum 3. Mal, stand auf und wollte gehen. Nein, bleib!, dachte ich und hielt ihn mit letzter Kraft am Ärmel fest. Ich will doch noch mit dir reden.. du hast mich doch gerettet.. Geh jetzt noch nicht.. Erschrocken drehte er sich wieder zu mir um. „Ich kann nicht bleiben! Ich...“ Ich sank in Ohnmacht. Kapitel 2 --------- Kapitel 2 Jetzt. Death-City. „Da ist sie, ich kann ihre Seele schon spüren!“ Ich öffnete meine grünen Augen, die ich hinter meiner Brille verbarg. Eine Energiewelle durchfuhr mich. Ein weiteres mal legte ich die Hände aneinander und überprüfte die Seelen, die in der Nähe waren. Weg! Die bösen Seelen sind weg!, wunderte ich mich und drehte an der großen Schraube, die meinen Kopf durchbohrte. „Worauf wartet ihr? Alle, die jetzt nicht ihren Hintern hoch kriegen und dieses Mädchen suchen gehen, werde ich höchstpersönlich sezieren!“, drohte ich mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen. Daraufhin rannten 20 Schüler und ein Mann mit roten Haaren panisch schreiend an mir vorbei. „Spirit? Du hast immer noch Angst vor mir? Nach all den Jahren?“, fragte ich verschmitzt. Erschrocken blieb der Mann stehen, drehte sich geschockt um und stotterte:“ N-Nun ja-a-a..“, er räusperte sich, „Natürlich nicht, Stein! Das ist doch lächerlich! Bis auf die Tatsache, dass du 5 Jahre lang Experimente an mir durchgezogen hast..“, murmelte er den letzten Satz. „Zum Glück ist immer noch alles da, wo es hin gehört..“, sagte er mehr zu sich selbst und zupfte am Ärmel seiner schwarzen Jacke, worunter er ein graues Hemd trug. Wieder setzte ich mein diabolisches Grinsen auf. „Ach ja? Dann ist dir also nicht aufgefallen, dass ich die zweite und dritte Zehe an deinem rechten Fuß vertauscht habe?“, schockte ich ihn. „W-Waaas?! D-Du-“ „Ach Death-Scythe..“, ich klopfte ihm auf die Schulter. „Das war nur ein Witz! Verstehst du denn keinen Spaß?“ Erleichtert und mit verwirrtem Unterton lachte er auf. „D-Das war mir natürlich klar!“, behauptete der Rothaarige und schob meine Hand von seiner Schulter. Immer wieder lustig, dir Angst einzujagen, Spirit. Schade, dass du dich damals für deine Frau als Partnerin entschieden hast.. Ich hätte gerne noch mehr Versuche an dir durchgeführt. Nach ungefähr zwanzig Sekunden durchbrach ich die Stille, die meinen ehemaligen Partner so beunruhigte. „Worauf wartest du?“ „Wie meinst du das, Stein?“ „Verdammt nochmal! Hör mir zu, wenn ich mit dir rede!“, schrie ich ihn an, „Du sollst das Mädchen suchen, das wir eingeladen haben!“ „M-Mädchen?“, strahlte Spirit. „Vergiss es, du Lustmolch!“, schrie ich ihn an, woraufhin er kreischend wie ein Mädchen und schnell wie der Blitz davonrannte. Typisch Death-Scythe.. Ich hätte ihn eben doch in meinem Keller einsperren sollen.. --- Jetzt. Irgendwo in Death-City. „Da sind sie ja schon..“, murmelte ich. Ich blickte von dem Dach, auf dem ich stand, zu dem Mädchen, das bewusstlos auf dem kalten Boden lag. Bevor ich die Flucht ergriffen hatte, betrachtete ich sie näher. Lange, dunkle Wimpern zierten ihre wunderschönen Augen. Ihre Nase war zierlich und hatte etwas kindliches, verspieltes an sich. Ich hatte noch sie zuvor eine solch reine und ebenmäßige Haut gesehen. Mit meinem Zeigefinger hatte ich über ihre Lippe gestrichen. Sie waren weich und ihre Färbung erinnerte mich an den Sonnenuntergang, den man im Sommer vom Strand aus beobachten konnte. Sie waren sinnlich und trotz ihrer schweren Verletzungen zu einem Lächeln geformt. Ihre Haut wurde immer bleicher. Sie friert.. Ich hatte mir meine Jacke von den Schultern gezogen und ihr um den Rücken gelegt. „Das wird schon wieder..“, flüsterte ich teils zu mir selbst, teils zu der Bewusstlosen. Auch meine Lippen wurden nun von einem leichten Lächeln geziert. Das steckt an.. und das obwohl sie ohnmächtig ist., grübelte ich. Meine Gedanken wurden von leisen Geräuschen unterbrochen. „Sie kommen jetzt und helfen dir..“, murmelte ich dem Mädchen zu, welches ich gerettet hatte und flüchtete auf das nächste Dach. Was ist nur aus mir geworden.., überlegte ich, noch vor zehn Jahren, hätte ich keinen Gedanken daran verschwendet, jemanden wie diesem Mädchen zu helfen und nun? Nun stehe ich hier und überprüfe, ob diese Leute ihr auch sicher helfen! Ich seufzte, als plötzlich ein stechender Schmerz meine Schulter durchzuckte. „Argh! Verdammt.. Nicht schon wieder!“, flüsterte ich. Ich blickte noch ein letztes mal zu der Verletzten, die bereits von den Schülern und Lehrern der Shibusen – das ist eine Akademie, die vom Totengott gegründet wurde und dazu da war, Schüler dazu auszubilden, gegen das Böse zu bestehen – provisorisch verarztet und weggebracht wurde. Augenblicklich wandte ich mich ab und verschwand in der finsteren Nacht, die einzig und allein durch den gelben Mond erhellt wurde. --- Jetzt. Im Stadtpark. Das Gras des Parks wurde bereits von Tau bedeckt. Die Luft war eiskalt und es roch etwas modrig. Die Vegetation im Park war ursprünglich in Form eines Halbmondes angelegt worden, doch bereits einige Jahre später, kümmerte sich niemand mehr um das Landschaftsbild und es sah nun eher nach einer natürlichen Baumformation aus. Es hat sich wirklich viel verändert in all der Zeit. Wie jede Nacht, begab ich mich hinter den Mini-Wald, wo sich ein großer, tiefer See befand. Das Wasser darin war spiegelglatt und unbewegt. Ich setzte mich auf die Parkbank, die dort, zum Gewässer gerichtet stand. Wie jede Nacht betrachtete ich von dort aus mein Spiegelbild und seufzte. Es soll aufhören.. warum kann man mich davon nicht einfach befreien? Die ewigen Geheimnisse und der unerträgliche Schmerz, jeden Tag aufs Neue.. muss das sein? Das Licht des Mondes spiegelte sich im Wasser. Genau, wie mein wahres Ich. Ich musterte die gelbe Sichel, die mich breit angrinste. „Nur du und ich kennen mein kleines Geheimnis, nicht wahr? Nur du und ich..“, murmelte ich. Ich schüttelte meinen Arm und schaute auf die Uhr. 23 Uhr.. noch viel zu früh, dachte ich und erhob mich. „Na gut, wenn wir nichts besseres zu tun haben, dann holen wir uns mal was zum Futtern..“, sagte ich zu mir selbst. Ich sprach öfter mit mir selbst. In so vielen Jahren der Einsamkeit, dass man aufhört zu zählen, beginnt man eben Gesellschaft zu suchen. Doch da ich jeden, den ich traf überleben würde, begann ich damit, mich selbst als Gesellschaft anzusehen. Hin und wieder sprach ich auch von 'wir'. Wen ich damit aller meinte, war mir selbst nicht bewusst. Ich hoffe, die ganzen Grübeleien machen mich nicht auch noch verrückt. Wieder seufzte ich und verließ die Grünfläche. Als ich mich dem Imbiss näherte, hörte ich einen weiteren Schrei. Ich wollte schon loslaufen, aber dann dachte ich mir, dass ich für heute schon genug 'Superheld' gespielt hatte. Ich fuhr mir durch meine schwarzen, stacheligen Haare und betrachtete die Speisekarte. Meine Wahl fiel auf eine einfache 'Pizza Salami', von der ich genüsslich abbiss. Es ist ja nicht so, dass ich essen müsste, jedoch wollte ich an den Gedanken damit aufzuhören, keine Zeit verschwenden. Ich nehme ja nicht zu, also was soll's, überlegte ich. Ein weiteres mal sah ich auf meine Uhr. Noch nicht einmal 24 Uhr.. Ohne einen Plan wohin schlenderte ich durch die Straßen, als sich der klare Nachthimmel verdunkelte. Wolken zogen auf und binnen einer viertel Stunde begann es zu regnen. Auch das noch! Wie schlimm wird dieser Tag eigentlich noch?, dachte ich. Das einzige nahegelegene Gebäude war der „Cabaret-Club: Chupa-Cabras“. Man konnte ihn mit einem Bordell vergleichen, doch da Prostitution verboten war, nannte man das Geschäft einfach Cabaret-Club. Ich seufzte. „War ja klar..“, murmelte ich und begab mich in die Bar. Der komplette Raum war im inneren pink. Der Boden war im pink-schwarzen Karo-Muster gefliest, die Wände waren pink vertäfelt und auch die Möbel waren pink mit goldener Umrandung. Ja sogar die Bar erstrahlte in dieser Farbe! „Ich hoffe es hört bald wieder auf zu Regnen..“, grummelte ich. Neben mir räusperte sich ein Mann. „Wie lautet ihr Name, Sir?“ „Nitaru“, antwortete ich geistesabwesend und musterte einen rothaarigen Mann, der betrunken schien. Den habe ich doch schon mal irgendwo gesehen.. Genau! Der war bei der Rettungsaktion dabei!, überlegte ich. Ich seufzte. Na ist ja auch egal.. „Einen Tequila, bitte.“, bestellte ich beim Ober. „Kommt sofort!“ Lange starrte ich die klare, gelbe Flüssigkeit in dem Glas vor mir an. Wieder entglitt ein Seufzer meiner Kehle und ich schüttete den Alkohol in meinen Mund. Mittlerweile war ich den Geschmack gewöhnt. Jeden Abend ging ich in irgendeine Bar – außer dem Chupa-Cabras – und betrank mich, um den Schmerz zu betäuben, den ich schon Ewigkeiten mit mir herumtrug. Ich sah auf meine Uhr. Ein weiteres Mal. Halb 3 Uhr morgens.. Gerade war ich dabei, meinen 8. Tequila zu leeren, als 2 leicht bekleidete Frauen auf mich zu kamen. Eine von ihnen blond, die andere schwarzhaarig. Die schwarze setzte sich auf den Barhocker neben mich, die Blondine jedoch auf meinen Schoß. Da ich schon ziemlich angetrunken war, ließ ich sie machen. Sie grinste mich an leckte sich verführerisch über die Lippen. Ausdruckslos wie immer sah ich sie an. Mit geübten Fingern öffnete die Blonde mein Hemd. Knopf für Knopf schob sie durch den Schlitz im Stoff. Mit nacktem Oberkörper saß ich nun betrunken auf einem Barhocker in einem pinken Bordell, während eine Prostituierte auf meinem Schoß saß. Sie streckte ihre Zunge aus dem Mund und leckte sich über ihre vollen, roten Lippen. Ich sah ihr an, dass sie mehr wollte, und als sie mit dieser über meinen Oberkörper strich, wurde es mir zu viel. Ekelhaft! Ohne zu zögern schubste ich sie von mir runter, schlüpfte in mein Hemd und stand auf. Ich legte das Geld für den Tequila auf die Bar und verschwand aus dem Laden, ohne mir die Mühe zu machen, mein Oberteil zu zuknöpfen. Es schüttete immer noch wie aus Eimern. Ich ging ein paar Schritte vor und ließ es auf mich herabregnen, um meinen Kopf frei zu bekommen. Ich genoss es, wie das Wasser an mir herunter tropfte. Verdammt, was war DAS denn?, fasste ich meinen ersten klaren Gedanken. Jetzt. Im „Hotel Nightmare“. „Das Frühstück ist Morgen um 8 Uhr. Ich rate Ihnen pünktlich zu sein.“, wies mich die Frau an der Rezeption hin. Ich hatte beschlossen, die Nacht über in einem Hotel zu schlafen und begab mich daraufhin ins „Hotel Nightmare“. Die Halle war schlicht und in hellen Grüntönen gestrichen. Ein alter, ausgebleichter Teppich bedeckte den Boden. Mein Zimmer lag im ersten Stockwerk. Es war eines dieser Standart-Hotelzimmer. Vorhänge in mintgrün, zwei Stühle, ein kleiner Tisch, ein alter Röhrenfernseher und ein einfaches Bett. Wie immer eben. Ich schob den Vorhang beiseite und betrachtete den leuchtenden Mond. Ein seltsamer Tag war das heute, überlegte ich, es ist wirklich lange her, seit ich mich das letzte mal so für einen Menschen eingesetzt hatte. Ich fuhr mir durch meine verwuschelten Haare. Ja, es ist wirklich sehr lange her. Zu lange. Eigentlich schon seit Death City existiert.. Ich habe immer gedacht, dass sich daran auch niemals etwas ändern würde. Lange Zeit waren mir die Menschen unwichtig. Sogar verhasst. 'Menschen sind schwach, sie können der Macht nicht widerstehen', dachte ich immer. Ich dachte immer an meiner Meinung würde sich niemals etwas ändern. Nicht solange es Death City noch gäbe. Nicht solange es mich noch gäbe. Und da war der Haken. Wenn es mich nicht mehr gibt, wird auch Death City dem Erdboden gleich gemacht werden. Das war es auch, was mir diesen unheimlichen Schmerz bereitete: Ich werde immer allein sein, bis ans Ende aller Tage, da ich diejenigen, die mir wichtig wären immer überleben würde. Ich seufzte. Nur du und ich kennen mein kleines Geheimnis, stimmt's? Nur du und ich.., fragte ich den Mond. Oft wünschte ich mir, mich jemandem anvertrauen zu können, doch das war unmöglich. Ich zog den Vorhang wieder an seinen Platz und legte mich mitsamt meiner Kleidung in das Bett. Ich hoffe, dem Mädchen geht es gut.. Mit diesem Gedanken schloss ich die Augen und schlief ein. Hosted by Animexx e.V. 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