Rote Dämmerung von mangacrack (Wir sind, was wir waren) ================================================================================ Kapitel 4: Die Stunden vor Tagesanbruch --------------------------------------- Kommentar: Autoren Dasein ist ein ewiger Wechsel zwischen Sadismus und Masochismus. Man leidet, wenn man eine Szene nicht geschrieben bekommt, keine Zeit zum Schreiben hat oder alles in einzelnen, nicht zusammenhängenden Sätzen auf das Word Dokument purzelt. Als Rache dafür teilt man Leser seinen Frust in Form von Cliffhangern mit, denn leider schätzen die wenigsten, dass einfaches Lesen = verdammt hartes Schreiben bedeutet. So viel zu meiner Erklärung betreffend des letzten Kapitel. Viel Spaß beim Lesen mangacrack xxx ::Kapitel 04 – Die Stunden vor Tagesanbruch:: Schwer kämpfte er mit sich, um nicht den Schmerzen nachzugeben. Es brannte in seinen Eingeweiden und Fesseln schnitten in seine Haut. Die Siegel hatten bereits offene Fleischwunden hinterlassen, so hässlich war die heutige Nacht. In seinen Eingeweiden brannte es, während die Dunkelheit entfernt, hämisch über ihn lachte. Es muss bald vorbei sein, hoffte er. Bald bricht der Tag an. Die Nacht dauerte schon so lange und das Blut lief bereits seinen Körper hinunter, um zu seinen Knien eine Lache zu bilden. Solltest du nicht inzwischen wissen, dass du Sklave deiner eigenen Wahrnehmung bist, meinte die Dunkelheit kommentierend, als sie mit einem spitzen Gegenstand in seine Brust stach und wenige Zentimeter über seinem schlagenden Herzen innehielt. Um den Schrei zu unterdrücken, biss er sich auf die Lippen, sodass das Blut erneut in seinen Mund zu laufen begann. Es ist gleich wie nah oder wie fern der Tag noch ist, erklärte die Dunkelheit ihrem Gefangenen die ihm inzwischen bekannten Gesetze. In der Nacht gehörst du alleine mir. Niemals, wollte er erwidern. Doch jedes Wort würde für die Dunkelheit bedeuten, dass sie seinen Widerstand gebrochen hatte. Diese Befriedigung würde seine Peinigerin niemals ihr eigen nennen. Wenn er auch noch nie so nahe gekommen war, tatsächlich nachzugeben. Dies ist die längste Nacht von allen, sagte er zu sich selbst, sodass es die Dunkelheit nicht hören konnte. Er würde es nicht ertragen, würde sie seine Zweifel bemerken, dies zu überstehen. „Die Nacht endet, wenn der Morgen anbricht“, sprach plötzlich eine Stimme. Die Bannsiegel brannten sich schmerzhaft tief in seine Haut, als er bei dem fremden Klang zusammenzuckte. Selbst die Klinge, welche die Dunkelheit in seine Brust gestoßen hatte, verschwand als wäre sie lediglich ein Trugbild. „...we-r...“, kam es krächzend aus seinem Mund, weil er seine Stimme schon so lange nicht benutzt hatte. Wärme breitete sich auf seiner Wange aus und das Gefühl von rauer Haut auf der seinigen folgte darauf. „Shh“, sprach die Stimme, die ihm vertraut vorkam. „Deine Haft in absehbarer Zeit wird ein Ende finden.“ So vertraut, dass es in ihm Scham auslöste, weil er sie nicht erkannte. Scham ... und Dankbarkeit, denn dies war das erste Zeichen, dass er seit langem von der Außenwelt erhalten hatte. Der Beistand, an den er in seiner Resignation nie zu glauben gewagt hatte. Ein Funke der Erinnerung glimmte auf. Der Grund, warum er hier war und sich freiwillig der Dunkelheit preisgegeben hatte. „Meister“, kam es erschöpft von seinen Lippen. „Ihr seit...“ „Sprich jetzt nicht“, antwortete sein Lehrmeister für ihn ungewohnt einfühlsam. „Du wirst deine Kraft brauchen.“ „Wofür...?“ Die Frage kam wie eine Lobpreisung von seinen Lippen. Anweisungen. Ein Befehl. Für etwas anderes würde sein Meister diesen beschwerlichen Weg nicht auf sich nehmen. Einen Ort in der Dunkelheit zu finden, der nur in dem Kopf eines Gefangenen existierte, war mehr Mühe wert, als es sich letztendlich lohnte. „Ein wenig Geduld“, verkündete sein Meister und strich vorsichtig über die Augenbinde, die hier in der Dunkelheit wie in seiner Zelle seine Sicht verdeckte. „Der Morgen naht und sie werden dich holen kommen. Ich bin gekommen, um dir die Kraft zu geben, die du brauchen wirst, denn viel Zeit für Erholung wird nicht gegeben sein.“ „Verstanden“, sagte er und nickte so gut es in den Ketten ging. „Ich werde ...“ Die Stimme seines Meisters unterbrach ihn: „Du wirst jetzt still sein.“ Mit diesem Befehl packte der Meister sein Haar, um ihn keinen Raum für Bewegung zu geben. Die Dunkelheit war ihm einige Male so nahe gekommen, doch dieser feste Griff fühlte sich anders an. Vertraut. Trotz der harschen Finger in seinem Nacken, war diese unnachgiebige Gewalt etwas, dass er willkommen hieß. Ein Puls durchfuhr ihn und wurde lauter, heftiger als sein Meister ihm etwas an den Mund hielt. Gehorsam öffnete er seine Lippen bis seine Zunge frisches Blut und kräftiges Fleisch schmeckte. „Iss“, befahl sein Meister. „Alles davon.“ Der Puls wurde stärker bis er sich zu einem eindringlichen Rhythmus gesteigert hatte. Erst als er in das Fleisch biss, begann er zu ahnen, dass dieser Klumpen der Ausgangspunkt des Pulses war. Sein Versuch zu protestieren, wurde entgegen gewirkt, indem der Griff in seinem Nacken fester wurde. Zudem hungerte sein Magen nach Nahrung und sein Verstand hatte trotz seiner Müdigkeit den Geruch von Fleisch wahrgenommen. „Nein“, würgte er zwischen zwei Bissen und ahnte, dass seine nahende Freiheit einen hohen Preis von ihm fordern würde, „das ist...“ „Ja, ganz richtig“, vollendete sein Meister. „Das ist mein Herz. Nun iss.“ - Das tiefe Tönen der Glocken schallte über den ganzen Himmel und rief die Engel zum letzten Geleit ihres Fürsten auf. Der Herr des Lichts war verschieden und selbst im Himmelskorridor war ihr Klang noch zu vernehmen. Auf der entlegenen Gefängnisinsel wusste allerdings niemand genaueres. Nur durch die Wärter erfuhr man hin und wieder was draußen in der Welt hinter dem Säuresee vor sich ging. Zumindest in den Bereichen des Gefängnisses, die weniger streng bewacht wurden und die Gefangenen Hoffnungen auf eine Freilassung hatten. Anders sah es im Hochsicherheitstrakt aus. Der Direktor seufzte, als er daran dachte, dass jetzt eine erneute Inspektion des dunkelsten Traktes an der Reihe war, den der Himmelskorridor zu bieten hatte. Der Kommandant nickte den beiden Wachen zu, die ihm das schwer bewachte erste Tor mühselig öffneten, um ihn einzulassen. Mit einem lauten Krachen schloss es sich hinter ihm und seinem jüngeren Gehilfen, der hinter ihm schritt und sich vorsichtig umsah. Verständlich, schließlich war er noch nie hier gewesen und hatte bestenfalls Erzählungen darüber gehört. „Direktor?“, fragte sein Gehilfe vorsichtig. „Ich arbeite schon eine ganze Weile hier, aber diesen Trakt habe ich noch nie zuvor betreten. Wo sind wir?“ Der alte Direktor seufzte wieder. Während der Unruhen war sein Verwalter Sariel von Zaphikel getötet worden, als Rebellen eindrangen, um den Thron zu befreien. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits für alles andere, außer dem schnellen gnädigen Tod zu spät gewesen. Vermutlich war es eine gerechtfertigte Handlung ihn wieder die Verwaltungsaufgaben auf der Insel übernehmen zu lassen, nachdem er unter Sevothtarte des Öfteren stillschweigend weggesehen hatte. „Dieser Bereich ist auch nur wenigen Befugten zugänglich“, erklärte der Direktor. „In den Trakt kommt man mit einer speziellen Sondergenehmigung herein. Die Gefangenen hier werden 'die Vergessenen' genannt.“ „Die Vergessenen?“, fragte der Gehilfe und schwenkte seine Lampe, um zu sehen ob die Umgebung mehr Aufschluss geben konnte. Viel erkannte er jedoch nicht. In großen Abständen tauchten Siegeltüren auf, alle schwer verriegelt, mit leuchtenden Runen versehen und nicht alleine zu öffnen. Fenster existierten schon gar keine. Lediglich von schwachen Lampen erleuchtet, erschufen die Gänge eine unheimliche Atmosphäre. Er war ein Engel, der dem Direktor hauptsächlich bei der logistischen Verwaltung zur Hand ging und wenig direkten Kontakt zu den tatsächlichen Gefangenen hatte. Inzwischen, so vermutete er, befanden sie sich an dem tiefsten Punkt der fliegenden Gefängnisinsel. Nur wenige Meter unter ihnen befand sich vermutlich der See aus der tödlichen Säure, der es Gefangenen unmöglich machte ohne organisierte Hilfe von hier zu fliehen. Die aufsteigenden Gase des Sees verätzten selbst die widerstandsfähigen Flügel eines Engels. Wer nicht sterben wollte, fügte sich. Der Direktor räusperte sich streng, bevor er mit seiner Erklärung fortfuhr. Er hatte Laomiel als Begleiter ausgewählt, weil er täglich sehr sorgfältig mit Dokumenten umging, die für viele andere Engel ein brauchbares Druckmittel gewesen wären. Ihn einzuweihen, war die ungefährlichste der Optionen, die Colopatrion hatte. „Die Vergessenen sind Engel, die auf alle Ewigkeit ihr Dasein hier verbringen werden.“ „Für immer?“, fragte der Gehilfe erstaunt nach. Denn das Wort Ewigkeit war für einen Engel verschieden definierbar. Doch der Kommandant bestätigte, was der Gehilfe vermutetet hatte: „Sehr richtig: für immer. Bis ans Ende aller möglichen Tage werden diese Engel hier eingesperrt. Dies ist ihre Strafe, weil selbst der Tod noch zu gnädig wäre.“ „Kostet es nicht Unmengen Engel für die Ewigkeit hier am Leben zu erhalten?“ Laomiel überschlug im Kopf die Summe, die ein Gefangener pro Jahrzehnt dem Himmel kostete und versuchte dies auf ‚die Ewigkeit’ hochzurechnen. Es gelang ihm schlichtweg nicht, das brachte ihn an die mathematischen Grenzen, die mit der numerischen Konstante der Unendlichkeit einhergingen. „Durchaus“, grummelte der Direktor, der sich des finanziellen Problems durchaus bewusst war. „Einige Engel hat man ruhig gestellt und hier eingelagert, damit sie kein Unheil mehr anrichten. Denn selbst ihr Geist ist gefährlich und könnte ihnen bei der Flucht helfen.“ „Flucht?“, fragte der Gehilfe ungläubig. „Hat man ihnen denn nicht die Flügel abgehackt?“ Das war zumindest bei einigen Fällen die Standartmaßnahme. Oder man lähmte die Flügel mithilfe von Drogen, um die Abwehrkräfte der Gefangenen zu schwächen. Wer zu lange einsaß, konnte seine Flügel dann nie wieder gebrauchen. Nützlich, weil die Konsequenz war, dass verurteilte Verbrecher auf diese Art und Weise nicht vor dem Gesetz fliehen konnten. Dies war immerhin das strengste Hochsicherheitsgefängnis im Himmel. Solche Methoden wurden angewandt, wenn sie gebraucht wurden, um Sünder wieder auf den Weg der Erleuchtung zu führen. Aber Engel zu behandeln, als wären sie hochexplosive Bomben, die weggeschlossen am besten aufgehoben waren, entzog sich Laomiels Verständnis. War dies nicht Grundlage, auf der die Hölle ihre Existenz begründete? „Nicht zwangsläufig“, meinte der Kommandant und blieb vor einer nichtssagenden Tür stehen. „Man hackt diesen Insassen nicht die Flügel ab, weil sie einst Hohe Engel waren. Man hat sie aus den verschiedensten Gründen hier unten eingesperrt, damit sie und ihre Taten vergessen werden. Das legt diesen Titel zu Grunde. Als Unwissender wären Sie erstaunt, wer hier eingeschlossen wurde. Namen, die man nur aus Geschichtsbüchern kennt. Einige Insassen fristen schon Äonen hier ihr Dasein und man kann sie nicht töten, weil sie sonst als Mensch oder Schattenwesen enden könnten und ihr Geist erhalten bleiben. Oder schlimmer: sie könnten zur Hölle fahren.“ Geschockt schwieg der Gehilfe. Das der Hohe Rat zu so einer Grausamkeit fähig war. Selbst Engel, die als Teufelsbrut verurteilt wurden und denen man die Flügel abgehackt hatte, wurden irgendwann Menschen. Rein theoretisch konnten sie sogar wieder Engel werden, wenn sie dieses Bestreben hatten und ihre Reinheit wiedererlangten, doch ihm war nie der Gedanke gekommen, dass es Gestalten gab, denen das nicht erlaubt werden durfte. Dabei war dies der natürliche Gang der Dinge. Dafür gab es den Tod und die Wiedergeburt. Der Gehilfe schluckte und verkniff sich die Frage nach der Identität der Insassen. Es war vielleicht besser das nicht zu wissen. „Aber was wollen wir eigentlich hier“, fragte der Gehilfe dann doch, als sie nach einer Weile vor einer riesigen Flügeltür ankamen, die mit schweren Ketten verschlossen worden war. Auch konnte er magische Siegel erkennen, die meisten auf Wasser basierend. Nun zog der alte Kommandant ein grimmiges Gesicht. Er hatte es bis zu diesem Zeitpunkt verdrängen können, doch die Frage war berechtigt. Speziell ausgebildete Wärter kümmerten sich um die Häftlinge und Besuch war normalerweise keiner Seele gestattet. Aber der Fall war nun mal eingetreten und er musste seinen Befehlen nachkommen. „So wenig es mir gefällt“, sagte der Kommandant, „aber wir sind hier, um einen dieser Engel wieder auf freien Fuß zu setzten.“ - „Ich glaube das nicht. Ich glaube das nicht. Ich. Glaube. Das. Einfach. Nicht!“, fluchte Raphael. „Das ist doch keine Stehparty. Das ist Michaels Beerdigung, verdammt noch mal.“ Nach elenden langen Stunden der Trauerfeier, die daraus bestand Gebete zu sprechen, Loblieder zu singen und Predigten zu hören, hatte man den Hohen Engeln endlich gestattet, sich zurück zu ziehen und zu warten bis man bereit für den nächsten Abschnitt war. Während in einer Vorhalle sich die Hohen Räte zusammen mit ihren Beratern und anderen wichtigen Engeln versammelt hatten, hatten die drei verbliebenen Elemente es vorgezogen, das Geschehen von weiter weg zu beobachten. Zuerst hatten sie eine einsame Ecke vorgezogen, doch weil immer mehr Engel sie belästigt hatten, hatte man es den drei Elementen gestattet, einen kleineren Saal aufzusuchen, der durch gespiegelte Glasscheiben von der Vorhalle getrennt war. Jibril versuchte derweil Raphael zu beruhigen, der in dem Saal Gräben lief und aussah, als würde er gleich die Einrichtung mit seiner Windmagie auseinander nehmen. Im Grunde rechnete sie bei Raphaels Anspannung auch damit. Je eher der Ausbruch kam, desto besser war es vielleicht. „Raphael... bitte“, versuchte Jibril den Windengel zu besänftigen. „Die meisten sind genauso geschafft von dieser schrecklichen Messe wie wir.“ Der Windengel raufte sich nur die Haare und setzte zu einer weiteren Schimpftriade an. Barbiel sah ihren Herrn besorgt an, doch Uriel gab ihr zu verstehen, dass sie sich zurück halten sollte. „Lass es“, meinte er mit tiefer ruhiger Stimme und Barbiel fragte sich, ob Michaels Tod diesen Engel auch nur irgendwie erschüttert hatte. Kein einziges Gefühl konnte sie auf seinem Gesicht ausmachen. „Raphael wird Zeit brauchen, um das zu verarbeiten und je länger sich der Nervenzusammenbruch hinauszögert, desto besser.“ „Halten sie das für klug, Uriel-sama?“, fragte Barbiel leise. „Es ist medizinisch nicht gut, Nerven zu schinden.“ „Aber Raphael ist kein einfacher Patient. Er wird noch eine Weile weiter verzweifelt versuchen die Fassung zu wahren, bis er zusammenbricht. Doch es soll richtig passieren, damit er weiß, dass es dann nicht mehr schlimmer werden kann. Aber wenn wir ihn jetzt aufbauen und er dann einen Rückschlag erleidet, wird er sich davon nie wieder erholen.“ Uriel dachte nur an die Trauermiene, die Raphael gezogen hatte, als er gestanden hatte die Schwester des Messias gegen ihren Willen festzuhalten und Michael ihn zur Vernunft gebracht hatte. Müde rieb er sich die Stirn. Er wusste die nächste Zeit würde nicht einfach werden. Doch diese Messe war unerträglich. Schrecklich, dieser fanatische Kirchengesang. Doch vielleicht war das nur der endgültige Beweis, dass Michael wirklich tot war. Hätte auch nur ein Funken Leben in ihm gesteckt, hätte er sich bereits nach kurzer Zeit darüber beschwert, dass sie auf seiner Beerdigung gefälligst nicht so einen Krach veranstalten sollen, weil er doch gerne seine Ruhe hätte. - Unruhig und nervös kaute der Gehilfe auf seiner Unterlippe, als sich eine kleine Tür in dem riesigen Tor öffnete, dass viermal so groß wie ein Mann war. Die Ketten, die davor hingen hatten einen Durchmesser, der etwa dem Rücken eines breiten Mannes entsprach. Der Gehilfe erschauderte, als er sich fragte, was wohl dahinter sich verbergen sollte. Welches Monster würden sie hier antreffen, das derartige Sicherheitsmaßnahmen verlangte? „Herr Direktor?“, versuchte der Gehilfe einzuwenden. „Ist es nicht gefährlich ohne Bewachung hinein zu gehen?“ Der alte Kommandant schüttelte nur den Kopf. „Der Kerl hier drin kann dir nicht viel tun. Wahrscheinlich kann er sich nicht mal an der Nase kratzten, so kurz sind seine Ketten. Wenn sie ihn nicht sogar dauerhaft unter Drogen gesetzt haben.“ Das beruhigte den Gehilfen kein bisschen. „Wissen sie das denn so genau?“, fragte der Gehilfe als sich jetzt die Tür öffnete und dahinter nichts als Schwärze zu sehen war. „Woher auch “, grummelte der alte Kommandant, hütete sich aber zuzugeben, dass er selbst das letzte Mal nach der Versiegelung von Alexiel-sama hier gewesen war. Um sicherzugehen, dass der organische Engel nicht Jemanden befreit hatte, der an ihrer Seite mit Freuden gegen Gott in den Krieg gezogen wäre. Sicherlich hatte Sariel, den Engel den er selbst einst zu seinem Nachfolger bestimmt hatte, deswegen nicht die übliche Sicherheitskontrolle gemacht, als hier der Aufstand ausgebrochen war. Es war inzwischen sicher festgestellt worden, dass der Messias den Thron Zaphikel hatte befreien wollen, nachdem dieser unrechtmäßig verurteilt worden war. Doch es war vielleicht besser so, dass Sariel, trotz seines Versagens die Revolte unter seine Kontrolle zu bringen, mit keinem Wort den Trakt der Vergessenen erwähnt hatte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten die Aufständischen des Widerstandes hiervon erfahren. Der Kommandant trat mit langsamen Schritten durch die verhasste Tür. In seiner Anfangszeit hatte er diesen Kontrollgang gehasst. Die üblichen Vergessenen waren ja schon schlimm genug, wahnsinnig wie sie waren. Doch das Erschreckende an diesem hier war ganz einfach, dass er bei klarem Verstand schien. Vielleicht hatte sich das endlich geändert. Wäre er wahnsinnig, könnte er ihn hier drin behalten und müsste ihn nicht auf freien Fuß setzen. Das ist allein Michael-samas Schuld. Nur ihm könnte so etwas einfallen. Aber das Testament eines derartigen Engels ist Gesetz. Wir müssen Michael-samas letztem Befehl gehorchen, dachte der Direktor, an seinen Befehlen zweifelnd. Gefallen tat es ihm wirklich nicht und noch missmutiger wurde der alte Kommandant, als sich die Tür ganz geöffnet hatte und das letzte Gitter entfernt worden war. Mit einem Schaudern betrat der Kommandant die Zelle, welche sogar größer war als den meisten Häftlingen gestattet wurde, doch man brauchte den Platz für magische Banne. Außerdem durften die Insassen sich einmal pro Woche eine Weile bewegen und das Risiko sie aus der Zelle zu lassen, war zu groß. Der Kommandant fummelte nach seiner Lampe und er fühlte, wie seine Hände schwitzen, als er das kalte Metall umschloss. Seine Finger waren nass vom Schweiß und zitternd ließ er einen Lichtkegel erscheinen. Er schluckte. Es war ihm nicht bewusst gewesen, wie sehr ihm diese Erinnerungen an den Engel hier grauten. Er war froh gewesen, als er in den Ruhestand gegangen war, doch nie hätte er es sich erträumen lassen, hierher noch einmal zurückkehren zu müssen. Ich sollte schnell sterben, um nicht sehen zu müssen, in welches Höllenloch sich der Himmel jetzt bald verwandeln wird. Niemand wird da sein, um dieses ..., der Kommandant suchte nach dem richtigen Wort, als er mit dem kleinen Lichtkegel der Taschenlampe die Zelle absuchte, ...Monster aufhalten zu können. Dann erfasste der Lichtkegel die Gestalt, die an der Wand angekettet worden war und selbst in dieser Finsternis konnte der alte Kommandant die roten Haare ausmachen. Der Kommandant leuchtete mit seiner Lampe ins Gesicht des Angeketteten. Erleichtert stellte er fest, dass die Augenbinde noch dort war, wo sie hingehörte. Vor Urzeiten hatte er diese Maßnahme ergriffen. Er konnte nichts riskieren. Wer wusste schon, was für Macht in ihm wohnte? Was für Dinge sein Meister ihm beigebracht hatte? Der Kommandant sah, wie der Gefangene kurz den Kopf hob. Sicherlich hatte er sie schon vorher gehört, doch anscheinend wollte er sichergehen, denn kurz darauf verzog sich der Mund zu einem Grinsen. „Ah …“, erklang eine raue Stimme, „Sind Sie das Colopatrion? Es ist lange, sehr lange her seit sie mich mit ihrer Anwesenheit beehrt haben.“ Die Gesichtszüge des alten Engels verhärteten sich, während sein Gehilfe neben ihn trat, um ebenfalls einen Blick auf den Gefangenen zu werfen. „Azer“ Der Kommandant schaffte es, seine Stimme ruhig und bestimmend klingen zu lassen. Die jahrhundertlange Erfahrung mit Häftlingen half ihm dabei. Doch dieser hier war immer noch der Einzige, der es fertig brachte, dass sich ihm vor lauter Angst der Magen umdrehte. Entgegen seiner Hoffnung war Azer, der rote Engelsdämon, immer noch bei klarem Verstand. Trotz der Tatsache, dass er Äonen in der Isolation verbrachte hatte. Es wäre auch zu schön gewesen... ich hätte ihn hier einsperren und vergessen können. Anstatt ihn heraus lassen zu müssen. Denn er, Colopatrion, war der Engel der Gefängnistore und auch wenn er gerne für die Freiheit kämpfte, es hieß damit auch, dass er diesen Engel befreien musste. So wenig es ihm auch passte. - Die Arme vor der Brust verschränkt, schloss Uriel die Augen. Hoffnungslos versuchte er die störenden Geräusche von draußen auszublenden, doch es blieb das dumpfe Pochen in seinem Schädel. Es war besser, wenn das hier schnell zu Ende ging. Der Erdengel öffnete halb ein Auge, um Raphael zu beobachten, der sich endlich gesetzt hatte und von Jibril umsorgt wurde. Ihm tat es fast Leid ihm das antun zu müssen, doch ändern konnte er das jetzt auch nicht mehr. Entschieden war entschieden. Ein Zurück gab es nicht, es musste getan werden. Uriel schloss das Auge wieder und versuchte das Zittern der Erde unter ihm zu ignorieren. Im Moment war es nur für ihn wahrnehmbar, doch die konstanten Erschütterungen konnten sich schnell zu einem Erdbeben ausweiten. Das durfte nicht passieren, solange die Konstruktion der Schalen noch so instabil war. Aber immerhin waren sie nicht mehr mit der Hölle verbunden, doch es konnte leicht wieder passieren, wenn es darum ging das Gleichgewicht der Elemente wieder herzustellen. Den Dämonen wird es nicht egal sein. Denn auch wenn sie nicht mehr mit uns durch die Säulen verbunden sind, so wird es Assiah als erstes treffen, wenn das Gleichgewicht völlig aus den Fugen gerät. Spätestens dann werden sie reagieren. Denn die Dämonen waren von Assiah abhängiger als die Engel und das war gut so. So würden sie wenigstens nichts Dummes unternehmen. Allerdings..., überlegte Uriel im Stillen und ging seine Pläne durch, ist da immer noch Luzifer. Der Gedanke an Luzifer weckte in Uriel Gefühle, die jenen gleich kamen, die er einst bei Alexiels Verurteilung mit sich herum getragen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)