Saber Rider and the Star Sheriffs von Kittykate (- eine erfolgreiche Daily Soap -) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Richard holte Sincia ab und gemeinsam gingen sie zu Fuß zur Haltestelle der Trambahn. Sincia lächelte ihn an. „Wie war dein Tag?“ „Frag lieber nicht“, erwiderte Richard, während er seine Hände in den Taschen seiner Jacke versteckte. Als er ihren Blick spürte, begann er dennoch zu erzählen. „Bill und Shinji sind verkatert nach Hause gekommen. Ich hab sie heute krank gemeldet. Es war eine große Katastrophe. Die Regie musste sofort andere Szenen vorziehen, die ohne die beiden Hauptpersonen handelten. Marianne, Marie und ich mussten auf die schnelle Texte lernen, die wir erst in wenigen Tagen hätten wissen müssen. Alles ging durcheinander.“ Sincia hörte aufmerksam zu. „Das klingt wirklich schlimm.“ Wieder mal wurde ihr bewusst, wie stressig der Job eines Schauspielers war. „Und wie war dein Tag?“, fragte er nach. Er musste sie bestimmt schon langweilen mit seinen Erzählungen. „Oh, mein Tag? Es ist nichts passiert, worüber es sich zu erzählen lohnt.“ Steve hatte sich tatsächlich länger nicht mehr in ihrer Schule blicken lassen. Auch so ist sie ihm noch nicht durch Zufall begegnet. Allerdings stand sie nach wie vor, vor der Tatsache, dass ihr ganzes Hab und Gut noch in der gemeinsamen Wohnung ist. Sie musste es bald abholen. Die beiden erreichten die Trambahn-Haltestelle und fuhren mit der nächsten Tram in die Innenstadt. Dort suchten sie sich ein nettes Lokal und ließen sich an einem Tisch für zwei nieder. Sie bestellten Getränke, stöberten durch die Essenskarte und bestellten dann auch gleich das Essen. Während sie warteten, blickte Sincia ihren Begleiter an. „Ich habe eine Bitte. Am Wochenende werde ich meine Sachen aus der Wohnung holen. Könntest du mich begleiten?“ Richard nickte. „Natürlich. Ich werde auch Bill und Shinji bitten uns zu helfen. Dann bist du schneller wieder von dort weg.“ Sincia lächelte: „Das ist lieb. Vielen Dank.“ Der blonde Mann haderte mit sich. Er und seine Kollegen hatten sich noch auf keine Lösung geeinigt. Sicher hatten sie das Thema schon besprochen, aber er wollte sie auch nicht übergehen. „Ich werde mit den beiden auch noch mal sprechen. Anfang nächsten Monats wird bei uns in der WG ein Zimmer frei. Ein Kollege zieht aus. Wenn die beiden nichts dagegen haben, könntest du dort einziehen.“ Das wäre eine Option, die ihr die Entscheidung wesentlich leichter machen würde. Allerdings musste sie auch gut überlegt werden. Sincia blickte auf die Tischdecke hinab. Sie müsste sich um keine Wohnungssuche kümmern, hätte ein Zimmer, welches ihr vollkommen reichte, allerdings würde sie mit drei Männern zusammen wohnen. Vielleicht sogar sehr chaotische Männer? Sie suchte den Blick des groß gewachsenen blonden Mannes. Richard begann zu erzählen. „Jeder hat sein eigenes Zimmer, das einzige was geteilt wird sind das Bad und die Küche. Es gibt einen Putzplan, nachdem sich jeder richtet. Jeder hat seine eigenen vier Wände, wir respektieren einander und betreten nicht ohne Erlaubnis ein Zimmer und in den Gemeinschaftsräumen halten wir Ordnung. Ich werde mit den Jungs sprechen und dann kannst du dir unsere WG mal ansehen. Vielleicht gefällt es dir auch gar nicht, aber zumindest gesehen haben solltest du es.“ Sincia lächelte und stimmte zu. Ansehen würde noch lange nichts kosten. Natürlich wäre dies auch wieder eine preisliche Sache. Als Lehrerin eine Wohnung alleine zu bezahlen schien ihr ebenso unmöglich in dieser Stadt, als ewig bei May zu wohnen. Sie müsse sich das überlegen, doch zu allererst war es wichtig, dass sie endlich einen Schlussstrich unter ihr altes Leben mit Steve zog und diesen konnte sie erst ziehen, wenn sie ihre Sachen gepackt und ausgezogen war. Das Essen wurde ihnen serviert. Gemeinsam stießen sie mit ihrem Wein an und begannen zu essen. Es klingelte Sturm in der WG. Langsam aber sicher nervte ihn das dauerhafte Klingeln. Wieso konnte nicht endlich Shinji die Tür aufmachen? Er quälte sich aus dem Bett, wollte er doch einfach nur schlafen. Doch kaum stand er auf seinen Beinen, verstummte die Türglocke und es kehrte Ruhe ein. Mit einem Lächeln auf den Lippen setzte er sich wieder aufs Bett und rieb sich seinen Kopf. Mensch, er konnte sich an überhaupt nichts mehr erinnern. Er wusste nur noch, dass er Shinji aufgezogen hatte, doch dann wurde es ein Bier nach dem anderen. Mit einem Mal polterte es in der Küche. Er beschloss nun doch nach dem Rechten zu sehen. Langsam schlurfte er zur Tür und öffnete diese. Cindy und Marianne standen sich in der Küche gegenüber. „Du verstehst gar nichts“, beharrte Marianne. Sie verstand immer noch nicht, warum Cindy plötzlich gegen sie agierte, aber das ging entschieden zu weit. Ihre familiären Probleme gingen keinen etwas an, besonders nicht Arbeitskollegen. „Natürlich versteh ich das. Meine Eltern haben sich zwar nicht getrennt. Aber ich habe schon oft Artikel darüber gelesen“, erklärte Cindy gespielt aufrichtig. Doch jetzt schlug ihr Blick ins Mitleidvolle um. „Du weißt aber auch, dass Scheidungskinder schwerer Beziehungen eingehen können, als Nichtscheidungskinder.“ „Stand das auch in einem deiner Artikel?“, hakte Marianne höhnisch nach. „Ja, richtig. Dort stand, dass diese Menschen sich einfach schwerer tun, anderen zu vertrauen. Woran sollte es sonst liegen, dass du noch keinen Partner hast?“ Jetzt wurde es Marianne zu bunt. „Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun.“ Cindy erwiderte: „Natürlich hängt das miteinander zusammen.“ Shinji trat aus seinem Zimmer. Er hatte genug gehört und es reichte ihm. Er verstand nicht, warum Cindy gegen Marianne spielte, immerhin hatte die Blondine ihr überhaupt nichts getan. „Es reicht, Cindy!“ Marianne blickte ihren Kollegen an. Wie lange hatte er schon an der Tür gelauscht? Hatte er erhofft, dass sie sich verplapperte und er etwas über ihre Eltern erfuhr? Warum fragte er sie denn nicht einfach, wenn ihn etwas interessierte? Um sich selbst von diesen trüben Gedanken abzulenken, wandte sie sich ihm zu. „Gut, dass du wach bist“, begann sie, erhielt daraufhin aber gleich einen Konter. „Bei der Aktion mit dem Sturmklingeln muss man ja auch wach werden.“ Sie ignorierte seine Anmerkung und stemmte ihre Hände in die Hüfte. „Weißt du eigentlich was heute auf dem Set los war? Wieso lasst ihr euch krankmelden?“ Shinji blickte sie einfach nur an. Kannte sie die Antwort wirklich nicht? Marianne schluckte. Das war wirklich dumm gewesen, dennoch nahm sie sich vor ihm den Kopf zu waschen. „Selbst der Statist stand mit einem starken Schnupfen an seinem Platz.“ „Statisten müssen bekanntlich nichts sagen“, erwiderte er ungerührt. „Mensch, M. morgen bin ich ja wieder dabei. Stell dich nicht so an.“ Cindy beobachtete aufmerksam den kleinen Zwist. „Wie ein verliebtes Paar verhaltet ihr euch nicht.“ „Wir sind kein verliebtes Paar“, schnappte Marianne bissig zurück. Eigentlich schade, denn manchmal stellte er es sich schon vor, wie es wohl wäre mit Marianne zusammen zu sein. Sein Herz klopfte wieder ein wenig schneller, als er ihr auf ihre Lippen blickte, die ihn mehr und mehr anzogen. Manchmal stellte er sich auch vor, wie es wäre sie zu küssen. Um seine Gedanken abzuschütteln, lenkte er sie wieder auf das Gespräch. „Wir sind nur Freunde.“ Es tat ihr weh, wie er das nur betonte. Es würde nie mehr werden. Und es war gut so, dass nie mehr als Freundschaft würde. Sie wollte nicht dem Tratsch bei World Productions ausgeliefert sein. Sie wollte auch bei ihm nicht eine von vielen sein, wenn überhaupt wollte sie die einzige, die richtige sein. Aber jetzt dämmerte ihr, warum Cindy so aggressiv auf sie reagierte. „Nur weil wir uns gut verstehen, bist du so zu mir? Ich hab ihn dir nicht ausgespannt“, erklärte sie sofort. „Der Kleine kam selbst auf die Idee dich abzuschießen.“ Cindy verschränkte ihre Arme vor der Brust. Nun trat auch Bill aus seinem Zimmer heraus und baute sich ebenfalls vor der Mitbewohnerin auf. „Und vergiss nicht auszuziehen. Der nächste erste ist bald.“ Allein gegen drei zog sich Cindy in ihre eigenen vier Wände zurück und schmollte. Marianne hingegen blickte ihre beiden Kollegen an. Nach einer Magenverstimmung sahen die beiden nicht aus. „Was habt ihr gestern angestellt?“ „Nichts“, beeilte sich Shinji abzuwehren, doch es kam etwas zu schnell hervor. Marianne glaubte ihm nicht. Bill verzog sich ins Badezimmer um nicht in die Schusslinie zu geraten. Wenn er wenigstens wüsste über was sie in ihrem Suff gesprochen haben… Sie trat auf Shinji zu. „Du hast getrunken“, stellte sie ernüchternd fest. „Ich hab dich für so erwachsen gehalten, dass du deine Grenzen kennst.“ Der Wuschelkopf fühlte sich angegriffen. Sie hatte Recht, aber dass gestand er sich nicht ein. „Was geht dich das an? Du bist nur eine Kollegin.“ „Jetzt bin ich auf einmal nur noch eine Kollegin? Gerade eben war ich nur eine Freundin.“ Schon wieder war sie eingeschnappt. „Du bist in letzter Zeit auch sehr zickig“, fügte er ehrlich hinzu. Marianne starrte ihn an. Für einen Kollegen nahm er sich sehr viel raus. Wütend betrachtete sie ihn. „Das ist nicht dein Problem, Kollege. Wir sehen uns morgen auf dem Set. Schönen Abend noch.“ Vor ein paar Tagen konnte sie mit ihm normal umgehen, wie mit einem Kollegen, doch seitdem er ihr ständig im Kopf herumspukte, wusste sie einfach nicht mehr wie sie mit ihm umgehen sollte. Er hatte einen wunden Punkt getroffen. Damit verließ sie die Wohnung. Sie spazierte nach Hause, denn sie musste endlich das Chaos in ihrem Kopf beseitigen und sie hoffte, dass Frischluft dazu beitragen würde. Shinji blickte ihr verdattert nach. Er konnte ihr Gespräch nirgends einordnen und schon gar nicht verstand er, wieso sie sich jetzt verkracht hatten. Am Set wurden die neuen Drehbücher umgesetzt. Cindys letzte Tage am Set liefen an. Bald würde sie sich aus der Serie verabschieden müssen. Aber welches Gerücht dann die Runde machte, konnte keiner so recht glauben. Claudia Firenza bekam einen Auftritt, als Gasstar. Claudia Firenza, das Topmodel, die Sängerin, die schönste Frau der Welt, wenn man den Männermagazinen Glauben schenkte, würde in ihrer Serie eine Gastrolle übernehmen. Die Quoten würden explodieren, wenn sich die Gerüchte bestätigten. Während einer Pause am Set, bemerkte Marianne spitz: „Vielleicht bist du deswegen gestrichen worden. Sie müssen Supermodel Firenza finanzieren.“ Cindy schwieg wütend. Karl trabte an. „Habt ihr schon gehört?“ Die Star Sheriffs blickten ihn an. Jeder von den vier Schauspielern trug einen Kampfanzug. „Sie kommt wirklich und das allerschärfste ist, dass sie mit Shinji flirtet. Wie geil ist das denn? Du Glückspilz“, stieß Karl Shinji an. Shinji kannte zwar den Namen, hatte das Model auch schon mal gesehen, aber er wusste jetzt nicht, warum er deswegen ein Glückspilz war. Ihm war klar, dass ab nächster Woche er und Marianne immer verliebter spielen müssten und nach ihrem jetzigen Stand, waren sie weit davon entfernt sich verliebt zu zeigen. Wenn es wenigstens harmonisch zwischen ihnen privat laufen würde. Aber gut, dann müssten sie eben ihre Schauspielerischen Qualitäten unter Beweis stellen. Marie kam zu ihrer Schwester. „Wir haben nächste Woche einen Fototermin mit Miss Firenza, dem Supermodel.“ Cindy sah erneut eine Möglichkeit für eine Retourkutsche. „Gegen das Model, wirst du nicht so sexy rüberkommen, wie sonst…“ Marianne verzog ihr Gesicht. In diesem Punkt musste sie sogar Cindy zustimmen. Die rassige Brünette stellte sie bestimmt in den Schatten. Die Jungs bemerkten, dass keine Freude bei den Damen herrschte, aber einmischen wollten sie sich da auch nicht. Es war klüger sich bei bestimmten Themen zu enthalten, da es eh nur falsche Worte gab. Dieses Thema war eines davon. Dafür klatschte Bill seinem Kollegen aufmunternd auf die Schulter. „Mit so einem heißen Feger hätte ich auch gerne ein paar Knutschszenen.“ „Knutschszenen?“, wiederholte der Wuschelkopf mehr als verwirrt. Hatte Bill ein anderes Drehbuch erhalten, als er selbst? „Auf jeden Fall werden wir uns mit Claudia auch Privat mal unterhalten“, zwinkerte der größere Braunhaarige. „Apropos Privat unterhalten“, mischte sich Richard ein. „Sincia möchte morgen Vormittag ihre Sachen holen. Ich werde sie begleiten und wollte fragen, ob ihr vielleicht auch Zeit habt. Je schneller wir das hinter uns bringen, desto besser.“ „Desto besser für wen?“, stichelte Shinji neckend. Richard ahnte, dass seine Kollegen und Mitbewohner ihn aufziehen wollten, aber ehe er antworten konnte, kam der Regisseur zurück und übernahm wieder das Kommando der Dreharbeiten. Langsam nahte der Feierabend und somit stand das Wochenende vor der Tür. Marianne freute sich auf das Wochenende. Sie würde nicht mit zu ihrer Mutter fahren, sondern mit Natalie und Bert in die Stadt fahren. Marie und ihr Vater waren nicht sonderlich begeistert von der Idee, da beide die Meinung vertraten, dass Marianne ihr Verhältnis zu ihrer Mutter dringend verbessern müsste, dennoch wollte sie mit ihren Freunden das Wochenende verbringen und mal wieder so richtig einen Drauf machen und tanzen gehen. Natürlich hatte auch Natalie beim letzten Telefonat Marianne bearbeitet Shinji wieder mitzubringen, aber die Blondine wich aus, mehr oder weniger geschickt. Nach den letzten Tagen und Diskussionen war sie sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt noch mitkommen wollte. Und ihn nochmals zu fragen traute sie sich auch nicht. Immerhin wollte sie sich ihrem Kollegen nicht aufdrängen. Sie war nicht stolz auf sich und über den Ton, der unter ihnen gefallen war, erst recht nicht. Dennoch trugen sie beide die gleiche Schuld an der jetzigen Situation. Die drei trafen sich an der Trambahn-Haltestelle und zogen gemeinsam los. Sie strebten ihre Lieblingsdiskothek an und kamen ohne Probleme am Türsteher vorbei. „Warum ist Shinji nicht mitgekommen?“, hakte Natalie nach. „Er hatte keine Lust“, wich Marianne aus. Natalie betrachtete ihre Freundin aufmerksam. Sie nahm der Blondine die Ausrede nicht so ganz ab. Immerhin kannte sie ihre beste Freundin in und auswendig und wusste, dass sie nicht lügen konnte. Sie zog Bert am Arm und bat ihre Freundin um einen Gefallen. „Könntest du bitte ein Foto von uns machen? Bert hier in der Disco, das kommt so selten vor.“ Marianne blieb stehen, lächelte und zog ihr Handy aus der Tasche hervor. Sie knipste ihre Freunde und reichte ihnen das Mobilfon. Sie kannte Natalie, die wollte immer alles sehen und nur wenn sie das Foto für gut befunden hatte, würde es auf dem Handy verweilen. Allerdings dauerte es im Moment ein wenig zu lange. „Normalerweise bist du schneller in deiner Entscheidung“, hakte sie irritiert nach und griff nach dem Handy, aber Natalie zog es ihr weg. „Ich hab’s gleich“, beruhigte sie Marianne. „Was machst du da solange?“, hakte Marianne noch skeptischer nach, aber als sie über Natalies Schulter guckte, sah sie das Foto von dem glücklichen Pärchen. „Das ist doch süß“, bemerkte sie schließlich. Skeptisch betrachtete Natalie das Foto und schloss sich Marianne an. „Ja, es ist süß. Das kannst du behalten.“ Schon gab Natalie ihr das Telefon wieder zurück und wandte sich an ihre beiden Lieben. „Geht doch schon mal vor zur Bar und besorgt uns etwas zu trinken. Ich muss noch kurz zur Toilette.“ „Ich kann mitkommen“, bot Marianne an, aber Natalie schob sie schon in Richtung Bert, der vorausgegangen war. „Musst du nicht“, flötete sie gutgelaunt und verschwand in der Masse. Irgendwie benahm sich ihre Freundin heute komisch, ganz anders als sonst. Dennoch schüttelte sie den Kopf und verwarf ihre Gedanken gleich wieder. Sie beeilte sich Bert einzuholen. Bill und Shinji statteten May einen Besuch ab und setzten sich zu ihr an den Tresen. An diesem Abend blieben sie aber bei Wasser. Fast ein wenig verlegen richteten sie das Wort an die herzliche Restaurantchefin. „Sag mal, kannst du dich noch erinnern, über was wir gesprochen haben?“ May blickte die beiden Komiker vor sich an. Aber soviel wie die beiden an dem Abend noch getrunken hatten, schien ein Filmriss gar nicht so abwegig. Sie verkniff sich ein Schmunzeln und überlegte angestrengt. Sie lauschte nicht, zumindest nicht gerne, aber an diesem Abend wurde sie unfreiwilliger Zeuge der Gespräche und hauptsächlich ging es um das weibliche Geschlecht. „Du“, sie deutete auf Bill, „hast ihm erklärt, wie er sich bei Frauen verhalten sollte.“ Wobei sie aus den beiden auch nicht wirklich schlau wurde. Shinji konnte an jedem Finger zehn Frauen haben. Dazu hatte er zwei unschlagbare Argumente: Seine Augen und sein Lächeln. Selbst May wurde immer ganz anders, wenn er seinen Hundeblick auspackte. Sie traute sich auch zu verwetten, dass er mehr Fanpost bekam als Bill. Auch wenn der lockige Braunhaarige dem Jüngeren in nichts nachstand. Sie vermutete auch stark, dass die Hauptdarsteller auch verantwortlich für die super Serienquoten waren, denn sie war sich sicher, dass auch Marianne und Richard einen großen Fananhang hatten. „Dann wäre das ja vorerst geklärt“, bemerkte Shinji und klopfte Bill auf die Schulter. Er legte das Geld für sein Wasser auf den Tresen und wünschte den beiden einen schönen Abend. Er würde sich ins Bett verkrümeln, immerhin würden sie morgen Vormittag zum Arbeiten eingespannt. Er war kaum zur Tür hinaus, da läutete sein Telefon. Er zog es aus der Tasche und sah nur eine fremde Nummer. Skeptisch nahm er das Gespräch an. „Und was gibt es sonst noch neues?“, hakte May neugierig nach, nachdem Shinji sich verzogen hatte. „Cindy zieht aus, Karl zieht aus, ach ja und der Topstar Claudia Firenza bekommt eine Gastrolle“, erzählte Bill bereitwillig. „Claudia Firenza? Wow…“, May blieb die Spucke weg. Die Italienerin war der Star im letzten Jahr und ihre Karriere schien noch lange nicht am Höhepunkt zu sein. „Wow…“, wiederholte Bill und nahm einen Schluck Wasser. „Das trifft es genau. Die Mädels drehen durch, weil sie in ihr eine Konkurrenz sehen, die Jungs drehen durch, weil sie von ihren Hormonen übermannt werden.“ May grinste. Natürlich konnte sie sich auch den Frauenaufreißer Nummero Uno, der in diesem Moment vor ihr saß, darunter vorstellen. „Nicht schlecht, das wird ja noch richtig spannend.“ Für sie hatte die Schauspielerei schon immer etwas Bewundernswertes gehabt. Früher, als ihr Vater noch Kameramann war, hatte er sie hin und wieder mit auf die Arbeit genommen. Mit großen Augen hatte sie die Dreharbeiten verfolgt und an allem etwas Spannendes gefunden. „Ich werde dann auch mal nach Hause gehen. Morgen helfen wir Sincia beim Auszug.“ „Ich weiß, ich bin auch mit von der Partie. Schön, dass ihr auch helfen könnt. Dann sehen wir uns morgen.“ Bill bezahlte und verabschiedete sich. Hätte ihm Natalie nicht bescheid gesagt, in welcher Diskothek sie sich aufhielten, er hätte sie niemals gefunden. Noch immer wusste er nicht, warum er überhaupt losgezogen war. Marianne wollte ihn bestimmt nicht mehr in ihrer Freizeit um sich haben. Zudem wunderte er sich, woher Natalie überhaupt seine Nummer hatte. Er stand nicht im Telefonbuch, da er sich sonst vor Fananrufen gar nicht mehr retten könnte. Hier war die junge Frau ihm einige Erklärungen schuldig. Er kam zur Disco und ging am Türsteher vorbei. Nun galt es sie zu finden. Eins stand fest, auf jeder Tanzfläche tanzten junge, hübsche Frauen, teilweise recht knapp bekleidet und feierten mit ihren alkoholischen Getränken in den Händen. Sie waren Frischfleisch, denn kaum hatten sie lästige Verehrer abgewimmelt kamen erneut Männer an um ihre Chance zu versuchen. Shinji trat auf eine Gruppe junger Frauen zu, die ihm den Weg versperrten. Er wollte an ihnen vorbei gehen, doch eine dieser Frauen drehte sich ihm zu. „Hallo, Fremder“, fing sie an. „Lust zu tanzen?“ „Ich bin verabredet“, wich er aus. Sie war hübsch, rotbraune Haare, die ihr bis zu Schulter fielen. Ein kecker Augenaufschlag. „Wenn du es dir anders überlegst, ich bin noch eine Weile hier.“ Shinji nickte, lächelte kurz und drängelte sich an dem Grüppchen vorbei. Er kam zur großen Tanzfläche und entdeckte Natalie und Bert auf der anderen Seite stehen. Sie blickten zur Tanzfläche, wobei Bert seine Freundin von hinten umarmte und sich rhythmisch zur Musik schunkelte. Er ging außen herum und trat auf das Pärchen zu. „Hallo“, begrüßte er sie. Bert löste seine Hände von seiner Freundin und reichte ihm seine Hand. „Hallo Shinji, schön dich wieder zu sehen.“ Natalie drehte sich ihnen zu. „Hallo Shinji, freut mich, dass du kommen konntest.“ Der Japaner freute sich, dass die beiden ihn gerne mochten. Scheinbar hatte er wirklich einen Stein im Brett. „Wo ist Marianne?“, fragte er sogleich, denn er hatte sie noch nicht entdecken können. Auch wunderte es ihn, dass sie nicht bei ihren Freunden stand. „Du meinst unsere Tanzmaus?“, lachte Natalie und deutete auf die Tanzfläche, wo ihre beste Freundin soeben von einem großen, gut aussehenden Typen angetanzt wurde. Die beiden legten eine heiße Einlage aufs Parkett, dass Shinji die Kinnlade herunterfiel. So, wie er sie heute sah, kannte er sie überhaupt nicht. Und es gefiel ihm auch nicht sonderlich, was er da sah. Nicht, dass sie nicht tanzen konnte, nein, ihre Bewegungen waren wirklich heiß in ihrer engen Jeans und dem trägerlosen Top, aber den Typ, der sie gerade anbaggerte, konnte er nicht ausstehen. Um sich von diesem Anblick abzulenken, hakte er bei einer anderen sehr wichtigen Frage nach. „Woher hast du meine Nummer?“ Natalie blickte ihn offen an und lächelte: „Aus Mariannes Handy“, erklärte sie direkt und ehrlich. „Sie meinte, du wolltest nicht mitkommen. Kurzum hab ich mir deinen Kontakt per SMS gesendet und dich angerufen. Dass du sofort zusagtest, hat mich überrascht.“ Shinji blickte wieder kurz zu seiner Arbeitskollegin. „Wir haben eine Meinungsverschiedenheit, ich weiß gar nicht ob sie mich überhaupt noch sehen will.“ „Papperlapapp“, erwiderte Natalie. „Natürlich will sie das. Sie ist nur ein Dickschädel was solche Themen betrifft.“ Die Musik wechselte. Ein rhythmischer Beat erklang. Immer noch stand der Typ bei ihr. Inzwischen hatte sie ihm den Rücken zugewandt, ließ ihre Hüfte schwingen und der Typ legte seine Hand auf ihren Bauch. Gemeinsam tanzten sie weiter. Nun verdunkelte sich Shinjis Blick. Natalie sah seinen veränderten Ausdruck und blickte kurz zu Bert. Der nickte und meinte: „Ich hol uns was zum Trinken.“ Shinji wollte schon mit ihm mitgehen, als Natalie ihn am Arm festhielt und ihn mit auf die Tanzfläche zog. Sie führte ihn und lotste ihn immer näher an ihre Freundin heran, die die Welt um sich herum vergessen hatte. Endlich mal ein ordentlicher Typ, der sie nicht in einer Tour betatschte. Es war heutzutage wirklich schwer nette Leute in einer Disco kennen zu lernen. Marianne verstand nicht, warum so viele Mädels mit irgendwelchen Typen nach dem Tanzen abhauten nur um eine Nacht mit ihnen zu verbringen. Sie betrachtete ihn aufmerksam. Er sah gut aus, hatte blaue Augen, kurze Haare, die er mit einem Gel in Form hielt. Er überragte sie um einen Kopf, aber das störte sie nicht. Sie hatte keine besonderen Vorstellungen von ihrem Traummann. Wichtig waren ihr der Charakter und die Treue. Sie musste es im Herzen spüren, ob es der Mann fürs Leben war. Aussehen spielte für sie eher eine Nebenrolle. Bei Karl hatte sie anfangs das Gefühl im Herzen gespürt, doch schnell war es wieder weg gewesen. Es kam nichts zurück. Daher hatte ihre Liebelei nur einen kurzen Spielraum gehabt. Inzwischen war er mit seiner Freundin glücklich und das freute Marianne sehr. Sie wusste, dass er nicht der schönste Mann war, aber er war grundanständig, ein Typ mit dem man Pferde stehlen konnte. Die Musik wechselte. Der Beat verführte zum Hüftschwung. Schnell drehte sie sich, wandte ihrer Tanzbegleitung den Rücken zu und ließ die Hüften kreisen. Er ging sofort auf ihre veränderte Tanzlage ein, schob sich an sie ran und führte seine Hand zu ihrem Bauch. Sie liebte es zu tanzen. Dabei konnte sie am allerbesten abschalten und ließ allen Kummer fürs erste vergessen. Marianne könnte ewig so weitermachen, allerdings spürte sie jetzt eine Hand an ihrem Po. Die andere begab sich langsam von ihrem Bauch aufwärts auf Wanderschaft. Sofort versteifte sie sich. Der Typ war auch so einer. So nicht. Sie blieb stehen, packte seine Hand und drehte sich um, um diesem Kerl in die Augen zu sehen. „Das reicht“, wies sie ihn in die Schranken. „Hey, Süße, ich weiß nicht was du willst“, bellte er ihr entgegen und begann sie wieder am Po zu betatschen. „Ich habe gesagt, das reicht!“, wiederholte sie. „Begrabschen ist nicht“ „Hab dich doch nicht so. Du bist ein heißes Teil“, antwortete er und begann sie erneut zu befummeln. Marianne bekam langsam Probleme, der Typ ließ sich nicht mehr abwimmeln. Sie schlug seine Hände weg, die immer wieder zu ihrem Po fuhren. Plötzlich mischte sich eine ihr sehr bekannte Stimme ein. „Lass sie in Ruhe!“ Sie blickte zur Seite und erkannte Shinji, leicht hinter ihm stand Natalie, etwas verängstigt und sehr besorgt. „Was mischt du dich da ein?“ Der Typ war von der Blondine abgelenkt, so konnte sie gleich auf Abstand gehen. „Sie ist meine Freundin, also verzieh dich!“, behauptete der Japaner. Der Typ blickte ihn misstrauisch an. Er schien abzuwägen ob sich eine Schlägerei lohnte, entschied sich dann allerdings für den friedlichen Abgang. „Wenn sie meine Freundin wäre, würde ich sie nicht aus dem Haus lassen.“ Schon verschwand der Typ. Natalie ging zu ihrer Freundin. „Alles okay?“ Marianne nickte: „Ja“, und blickte ihren Kollegen an. „Danke, Shinji.“ Er nickte ihr zu und legte seinen Arm um ihre Schulter. Neckend kommentierte er: „Nicht mal Privat kann man dich allein lassen. Immer muss man auf dich aufpassen.“ Dafür boxte sie ihm mit ihren Ellbogen in den Bauch, lächelte ihn aber an. Mit Natalie verließen sie die Tanzfläche, denn Bert war von der Bar zurück und jeder nahm ihm ein Glas ab. Gemeinsam verbrachten sie noch einen schönen Abend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)