Saber Rider and the Star Sheriffs von Kittykate (- eine erfolgreiche Daily Soap -) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Die Sonne stand hoch am Himmel. Bei World Productions saßen drei Männer in einem Büro in einem Meeting. Das Büro war geräumig, ein großer Schreibtisch stand vor einer Fensterfront, ausgestattet mit einem Computer. Ein dicklicher, großer Mann, namens William Burns, mit braunem Haar saß in seinem schwarzen Ledersessel und spielte mit einem Kugelschreiber. Er war der Produktionschef der Serie Saber Rider and the Star Sheriffs. Ihm gegenüber saßen der Regisseur, Daniel Thomson, und der Drehbuchautor, Chris Dough. Der Regisseur war groß und schlank mit einer Brille auf der Nase und vollem schwarzen Haar, der Drehbuchautor klein und mit einem Vollbart, dafür aber mit einer Halbglatze. „Die Star Sheriffs fliegen durchs Weltall, stoßen hier und da auf Outrider und bekämpfen sie. Das reicht aber nicht. So werden wir die Zuschauer nicht mehr lange am Fernseher halten können. Was wir brauchen ist etwas Neues!“ Daniel Thomson mischte sich ein: „Wie wäre es mit einer Liebesbeziehung. Bei anderen Serien passiert ständig etwas in der Liebe. Drama, Eifersucht, Spannungen, Betrug, Liebe, das sind die Punkte die Zuschauer gerne sehen.“ „Wir sind eine Actionserie, keine Daily Soap“, schnappte Burns zurück. Der Drehbuchautor meldete sich auch zu Wort. „Nicht dass wir die Liebe in den Vordergrund schieben, aber wie wäre es eine anbahnende Liebesbeziehung aufzubauen. Immer wieder kleine Hinweise geben, dass Gefühle im Spiel sind.“ „Wir haben doch bereits ein Liebespaar. Colt und Robin sind verlobt. Zudem flirtet Colt mit jedem weiblichen Wesen, dem er begegnet.“ Der Regisseur nickte zu. „Das schon, aber ich dachte da eher an April und Fireball. Sie sind beste Freunde. Das Vertrauen unter ihnen ist stärker, als zu den anderen Kollegen. Wieso sollte dieses Vertrauen nicht langsam in Liebe umschlagen? Die Zuschauer werden das lieben!“ Nachdenklich betrachtete der Produktionschef seine Kollegen. „Das reicht mir nicht. Wir brauchen einen Umschwung in der Serie.“ „Woran denken Sie, Sir?“, hakte der Schlanke nach. Nach einer Weile der Stille, antwortete William Burns: „Jesse Blue.“ Wieder kehrte Stille ein. Thomson und Dough blätterten in ihren Unterlagen. „Aber Jesse Blue war ein Kadett, der unbedingt ein Besatzungsmitglied von Ramrod werden wollte und der von April verschmäht wurde“, richtete nach einer Weile Thomson wieder das Wort an seinen Boss. „Richtig.“ „Aber wie wollen Sie ihn wieder in die Serie holen? Das Team Ramrod hat seine Stammbesetzung und ich dachte, wir wären alle der Meinung, dass der blauhaarige Kadett nicht gut beim Publikum ankam“, unternahm er erneut einen Versuch um eine Erklärung zu erhalten. Schon zog der Produktionschef einen Schuhkarton hervor und stellte ihn auf den Tisch. „Was ist das?“, fragte Dough irritiert. Er konnte seinem Chef nicht folgen und wusste auch nicht einzuschätzen, was ihm im Kopf herum ging. „Das, meine Herren, sind die Zuschriften vieler Fans unserer Serie. In diesem Schuhkarton befindet sich ein Bruchteil der Zusendungen, allein mit der Bitte Jesse Blue wieder in die Serie zu holen. Sie sehen, er hat sehr wohl Fans.“ „Aber wie sollen wir ihn wieder erscheinen lassen?“, überlegte der Daniel Thomson laut. Wieder sagte keiner etwas, bis sich der Drehbuchautor zu Wort meldete. „Jesse Blue ist von April verschmäht worden. Er hat das Ausbildungscamp Alamo verlassen und schwor sich ihr Herz für sich zu gewinnen.“ Die beiden anderen nickten aufmerksam bei der Zusammenfassung von Jesses letztem Auftritt. „Was wäre, wenn er eine eigene Einheit gründet um April zu beweisen, dass er der einzige und richtige Mann für sie ist.“ „Eine eigene Einheit ist gut, aber wie wäre es wenn er zu den Feinden übergelaufen ist“, stimmte der Regisseur zu. „Das ist eine sehr gute Idee, meine Herren“, stimmte der Produktionschef zu. „Jesse Blue ist ein neuer Feind. Machen Sie was draus. Ich möchte, dass unsere Serie die Nummer eins bei den Zuschauern bleibt.“ „Sehr wohl, ich werde mich gleich heute noch mit meinen Autoren zusammen setzen“, antwortete der Vollbärtige. Er verließ wenig später das Büro, gefolgt von Daniel Thomson. Zurück blieb der Produktionschef, der sich den Schuhkarton voller Fanpost ansah. Seine Sekretärin hatte den Schauspieler bereits kontaktiert. Er wolle erst eine detaillierte Erklärung über seine Rolle, ehe er sich entschied. Sobald die Autoren die Ideen fertig haben, würde er ihm ein Exemplar zukommen lassen. Er war sich sicher, dass dieser junge Mann dazu beitragen könnte, die Serienquote zu erhöhen. Shinji Hikari stand vor einem Aufsteller und betrachtete die verschnörkelte, aber kaum zu entziffernde Schrift. Spaghetti Bolognese, Gartensalat oder Cordon Bleu standen auf der Tafel. Er ahnte es bereits vor dem Mittag, dass es zwischen dem Koch und seiner Frau wieder mal gekracht hatte. Antonio, ein herzensguter Mann italienischer Abstammung, klein, rundlich und ohne Haare auf dem Kopf, bewirtete und verköstigte das Team der Filmproduktion tagtäglich. Aber wenn er sich mit seiner holden Maria gestritten hatte, war es ratsamer einen großen Bogen um das Essen zu machen. Selbst in Rage würde Antonio sich niemals an Maria vergreifen, stattdessen ließ er seinen Zorn am Gewürzregal aus. Hätte Shinji auf sein Magengefühl gehört, ginge es ihm jetzt nicht so schlecht, denn letzteres von der Speisekarte hing ihm wie ein Stein im Magen. Er wagte einen Blick durch die offene Kantinentür und entdeckte Maria an der Kasse. Ihr beachtlicher Busen wurde unter einer weißen Schürze versteckt. Die schwarzen Haare, bei denen Shinji sich sicher war, dass sie bereits am ergrauen sein müssten, waren zu einem Dutt zusammengebunden. Sie trug passend zur Schürze ein weißes Häubchen. Aus den Boxen drang italienische Musik und Marias rot lackierte Fingernägel klopften im Takt auf die Aluminiumtheke. „Shinji, hier bist du“, riss ihn eine hohe Stimme aus den Gedanken. Ohne sich umzudrehen, wusste er sofort wer hinter ihm stand und er hoffte, dass diese Person bald wieder verschwinden würde. „Richtig, hier bin ich“, erwiderte er trocken. Plötzlich spürte er zwei Arme um seinen Bauch und einen weiblichen Körper an seinem Rücken. „Wieso bist du nur so abweisend? Was habe ich dir denn getan?“ Gebrechlich, fast weinerlich klang die Stimme, aber in Shinji löste sie unsagbare Wut auf sich selbst aus. Er griff nach ihren Händen, löste diese voneinander und drehte sich zu ihr um. Vor ihm stand eine Brünette mit blauen Augen und rosa Lippen und dem unschuldigsten Gesichtsausdruck, den auch nur eine Schauspielerin zustande bringen konnte. Die Unschuldige zu mimen, war neu in ihrem Repertoire. Er hatte angenommen, all ihre Launen bereits zu kennen, aber sie schaffte es ihn jedes Mal wieder zu überraschen. „Cindy, du willst einfach nicht verstehen, dass es vorbei ist.“ „Ich verstehe nicht, wieso du unsere Beziehung beenden willst. Es ist doch alles so schön.“ Sie schmiegte sich an ihn und strich ihm mit ihrem Zeigefinger über die muskulöse Brust, die sich unter seinem roten T-Shirt verbarg. „Seitdem du in die WG eingezogen bist, klammerst du wie ein Affe. Du engst mich ein und gehst uns allen mit deinen Launen auf die Nerven.“ Wütend verschränkte Cindy ihre Arme vor der Brust und funkelte ihn herausfordernd an. „Ach jetzt klammer ich also. Vor einigen Tagen war das noch nicht deine Meinung im Gegenteil sogar.“ Shinji fuhr sich mit seinen Händen durch seine braune Mähne. Seine Frisur durcheinander zu bringen, war schier unmöglich. Anfangs hatte der Regisseur ihn immer wieder ermahnt, dass er mit ordentlicher Frisur am Set zu erscheinen hat, bis ihm die Friseuse des Teams mitgeteilt hatte, dass die Haare sich nicht bändigen ließen. Seitdem war die wilde Frisur das Markenzeichen des Schauspielers und die Fans liebten ihn dafür. „Bei den Außenaufnahmen bist du zu mir ins Hotelzimmer gekommen“, stellte er klar. „Und du hast zugegriffen. Tu jetzt bloß nicht so, als hätte dir das nicht gefallen.“ „Darum geht es nicht“, widersprach er hartnäckig. „Zieh endlich aus, wie es abgesprochen war. Du wolltest nur übergangsweise bei uns wohnen, oder hast du das vergessen?“ Cindy ballte ihre Hände zu Fäusten und erwiderte finster: „Wir sind noch lange nicht fertig!“ Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt und ging. Eine Blondine trat aus der Kantine heraus. Es war Marianne Louvre, die einen Plastikbecher mit schwarzem Kaffee in der Hand hielt. Den letzten Satz hatte sie gehört. „So wie sie das sagt, klingt das ganz nach einer Drohung.“ Shinji blickte über seine Schulter und lächelte kläglich. „Und ich befürchte, dass du recht behältst.“ Aufmerksam betrachtete die Blondine ihren Kollegen: „Das hast du dir selbst eingebrockt, mein Lieber.“ Schmollend ließ er sie nicht mehr aus den Augen. Sie trug noch ihren roten Overall, den sie in der Serie immer trug und sah richtig sexy darin aus. Der rote Anzug betonte ihre schlanke Figur und zeigte die Proportionen, die sich an den richtigen Stellen befanden. „Und ich habe das auch längst bereut. Das kannst du mir glauben.“ „Dann hoffe ich mal für dich, dass du daraus gelernt hast“, zwinkerte sie ihm zu. Ein Knacksen ertönte aus den Lautsprechern, die das Leben bei World Productions bestimmten, kurz darauf war eine blecherne Stimme zu hören. „Wir bitten alle Schauspieler zurück zum Set. In fünf Minuten beginnen die Dreharbeiten.“ Gemeinsam machten sie sich daran zum Set zurückzukehren. Sincia saß in ihrem Klassenzimmer und blickte gedankenverloren zum Fenster hinaus. Ihre Schüler waren längst nach Hause gegangen. Sie selbst saß über den Aufgabenblättern um diese zu korrigieren, bis ihre Gedanken abschweiften und sie sich wieder in ihrer Wohnung sah. Sie stellte die Reisetasche im Flur ab, schloss die Haustüre und hing den Schlüssel ins Schlüsselkästchen. Sie schlüpfte aus ihren Schuhen und hing den Mantel weg. Zaghaft trat sie durch den Flur ins Wohnzimmer und sah sich aufmerksam um. Die Wohnung war ordentlich, überhaupt nicht so wie sie erwartet hatte diese vorzufinden. Steve hatte sich wirklich Mühe gegeben Ordnung zu halten. Die Küche, die zu ihrer rechten Seite in einer Nische stand, ignorierte sie in diesem Moment und strebte die angrenzende, geschlossene Zimmertür am Ende des Wohnzimmers an. Dahinter befand sich das Schlafzimmer. Ihr Blick streifte die große Wanduhr und mit einem Lächeln auf den Lippen wandte sie sich wieder der Tür zu. Bestimmt schlief er noch. Natürlich rechnete er nicht mit ihrer Ankunft, denn sie wollte ihn überraschen. Sanft legte sie die Hand auf die Klinke, drückte diese hinab und öffnete vorsichtig die Tür, immer darauf bedacht, dass sie keine lauten Geräusche machte. Sie wollte ihn überraschen. So sehr hatte sie ihn in dieser Woche Schullandheim vermisst und freute sich bereits darauf, wieder in seinen Armen zu liegen und seine Nähe und Wärme zu spüren. Sie trat ins Zimmer ein, voller Vorfreude, mit stark klopfendem Herz und kribbelnden Bauch, und blickte zum Bett, indem er noch tief und fest schlief, oder eigentlich schlafen sollte. Doch was sie nun sah verschlug ihr nicht nur die Sprache, sondern ließ sie regelrecht erstarren. Das Herzklopfen wurde rasanter, das Blut kochte und für kurze Zeit wurde ihr schwarz vor Augen. Ihr Kopf war wie leergefegt. Ihr Griff auf der Türklinke verstärkte sich und ihre braunen Augen blickten auf das Geschehen vor ihr. Der Mann, den sie so vermisste, befand sich in einer eindeutigen Position mit einer ihr unbekannten Frau. Beide waren splitternackt und genossen sichtlich, wie auch hörbar, ihr gemeinsames Liebesspiel. Noch stand sie unbemerkt im Türrahmen, wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton hervor. Das Blut kochte in ihren Adern und mit einem Mal breitete sich eine unglaubliche Leere in ihr aus. Sie wollte es sich nicht länger mit ansehen, aber ihre Augen konnte sie auch nicht lösen. Es wurde mit einem Mal ruhig und eine männliche Stimme riss Sincia aus ihrem tranceartigen Zustand. „Sincia! Schatz, mit dir habe ich heute noch gar nicht gerechnet.“ Sincia zuckte zusammen, als wären diese Worte wie einzelne Schläge. Sie starrte fassungslos von der Unbekannten in ihrem Bett zu ihrem Freund. Endlich wurde sie sich bewusst, wo sie stand und was sie eben gesehen. Sie drehte sich auf dem Fuß um, schlug die Türe hinter sich zu und kehrte schlagartig in den Wohnungsflur zurück. Sie schlüpfte in ihre Schuhe, zog sich den Mantel an, holte die Schlüssel aus dem Schlüsselkästchen, als er ihr im Flur gegenüberstand. In eine Decke gewickelt blickte er sie um Verzeihung bittend an. „Schatz. Sincia! Bitte glaub mir, das wollte ich nicht!“ Sie musste sich zwingen ihm in die Augen zu sehen. In seine braunen Augen, in denen sie sich immer verloren hatte. Von denen sie sich immer verstanden gefühlt hatte. „Wie lange geht das schon?“ Monoton, nüchtern, emotionslos klang diese Frage. Schweigen. Er blickte sie verstummt an, schien abzuwägen, was er auf diese Frage antworten sollte. Mit einer Hand fuhr er sich durch die schwarzen Locken. Früher hatte sie es geliebt ihm auch durch die Haare zu fahren, seine Kopfhaut zu massieren, ihn zu streicheln. Sie konzentrierte ihre Gedanken auf eine niederschmetternde Antwort, aber er hüllte sich in Schweigen. Sincia schüttelte ihren Kopf, auch um die Gedanken abzuschütteln: „Ich lasse meine Sachen abholen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um, hob ihre Reisetasche auf und verließ die Wohnung. Erst als die Tür hinter ihr geschlossen war, füllten sich die Augen mit Tränen und nachdem sie auf der Straße stand, löste sich ein wahrer Wasserfall. Die Tränen flossen und schienen nicht mehr versiegen zu wollen… Sincia wischte sich schnell über ihre Augen und richtete den Blick auf die Unterlagen vor sich. Die traurigen Gedanken musste sie verdrängen. Es war vorbei. Und lieber erlebte man ein Ende mit Schrecken, als einen Schrecken ohne Ende. Ein Mann trat in den Türrahmen und betrachtete aufmerksam die Lehrerin. Nach einigen Sekunden hob er seine Hand und klopfte an die offen stehende Türe. Aus den Gedanken gerissen blickte sie auf. Ihre Augen erkannten Steve, dennoch war er der Letzte, den sie sehen wollte. Sie wandte sich wieder ab, sortierte die Blätter zu einem ordentlichen Stapel und packte den Stapel in ihre Schultasche. Lange und schweigsam beobachtete er die Dunkelhaarige. „Sincia.“ „Was willst du, Steve?!“ Aufmerksam beobachtete er sie bei ihrer Tätigkeit. „Das weißt du doch.“ „Nein. Ich habe keine Ahnung“, entgegnete sie kalt. Er trat zu ihr. „Ich habe einen Fehler gemacht. Aber ich habe das beendet. Bitte komm zu mir zurück.“ Sie hielt inne. Kopfschüttelnd starrte sie auf ihren Schreibtisch, ehe sie langsam zu ihm aufblickte. „Es ist vorbei, Steve.“ Er stand direkt vor ihr. Einzig der Schreibtisch schützte Sincia vor seiner Nähe. Steve stützte die Hände auf die Arbeitsplatte und beugte sich zu ihr vor. „Es ist nicht vorbei“, flüsterte er betörend. „Komm nach Hause. Ich brauche dich!“ „Wie sehr du mich brauchst, hast du mir schon bewiesen. Lass es, Steve, lass es sein, bitte.“ „Sincia“, erwiderte er bockig, ohne auf ihre Worte zu hören. Ein weiterer Mann hielt an der offen stehenden Türe und blickte überrascht in das Klassenzimmer. Er trug eine große Brille auf der Nase, seine Halbglatze glänzte im Lichtschein der Neonröhren. Der Anzug, den der Mann trug, war in dunklem Blau und passend zu diesem zierte eine blaue Krawatte das weiße Hemd. Misstrauisch beobachtete er die beiden Erwachsenen, ehe er sich entschloss einzuschreiten. „Miss Bray, ist alles in Ordnung?“ Ungehalten lenkte Steve seinen Blick auf den Anzugmann und fauchte: „Natürlich ist alles in Ordnung.“ „Nichts ist in Ordnung, Steve. Geh jetzt bitte, sofort!“ Ihre Stimme klang leise, aber bestimmend und sie duldete keine Widerworte mehr. Steve trat den Rückzug an und ging. Nicht aber, ohne dem Anzugträger noch einen giftigen Blick zu schenken. Sincia ließ den Kopf hängen, erst jetzt bemerkte sie ihre verkrampften Finger. Als sie diese voneinander löste, spürte sie das leichte Zittern. Die gesamte Anspannung in ihrem Körper legte sich langsam. „Miss Bray“, hakte der Mann mit Halbglatze freundlich, aber auch besorgt nach. Sincia blickte auf, ein zaghaftes Lächeln lag auf ihren Lippen. „Mir geht es gut. Es ist alles in Ordnung. Vielen Dank, Direktor Miller.“ Er nickte irritiert zu, da diese Szene auf ihn gewirkt hätte, als wäre es alles andere als in Ordnung. „Sie können jederzeit zu mir kommen, wenn Sie etwas auf dem Herzen haben. Ich hoffe, das wissen Sie.“ Sincia schloss endlich die Schultasche und stand auf. Sie blickte den älteren Mann an und lächelte wieder. „Vielen Dank, Direktor Miller. Ich weiß das zu schätzen.“ Und schon verließ die Schwarzhaarige ihren Arbeitsplatz und ging in den Feierabend. May beobachtete wie Sincia in das Lokal schlich und sich vollkommen erschöpft an die Theke setzte. Sie ahnte bereits, dass etwas vorgefallen war. „Ach du meine Güte. Ärger?“ Eigentlich wollte die Lehrerin nichts von ihrem Kummer erzählen, aber sie wusste sonst auch nicht, wohin mit ihren verwirrenden Gefühlen. „Total!“ Die Rothaarige stellte ihrer neu gewonnenen Freundin ein Glas Whisky hin. „Was ist passiert?“ Sincia umschloss das Glas und betrachtete die bräunliche Flüssigkeit. „Steve.“ Als würde die Lehrerin nicht mehr wissen, wie man ganze Sätze mit mindestens vier Worten formte, warf sie Stichwörter ein. Dennoch verstand May sie: „Der Mistkerl Steve?“ „Ja“, antwortete sie erneut knapp. Dabei sank sie auf ihren Stuhl ein. „Er ist heute in der Schule aufgetaucht.“ Ehe ihre Freundin fragen konnte, wieso er in die Schule kam, fügte Sincia hinzu: „Er möchte mich zurück. Alles was er getan hat war ein Fehler und er verspricht, dass es nie wieder vorkommt.“ „Auf solche Versprechen kannst du verzichten. Einmal ein Fehltritt, immer wieder Fehltritte. Typen ändern sich nicht“, erklärte die Lokalchefin altklug. In diesem Moment trat eine Gruppe ein, die wieder an dem Tisch in der Nische Platz nahm. Es war die Clique, die bereits am Freitagabend auch schon hier war und die May zu ihren Stammgästen zählte. „Ich bin gleich wieder hier!“ Schon ging sie auf den Tisch der Neuankömmlinge und begrüßte sie: „Hallo“, drang Mays Stimme durch das fast leere Lokal. „Hallo, May“, erwiderte die Gruppe durcheinander, aber fröhlich lachend. Sincia drehte sich halb um und blickte zu der fröhlich klingenden Gruppe. Sie erkannte die Gäste als dieselben, wie am Freitagabend. Wieder betrachtete sie jeden einzeln. „Habt ihr schon Feierabend?“ May grinste bis über beide Ohren und zog ihren Bestellblock hervor. „Ja, endlich“, stimmte der braunhaarige Wuschelkopf zu und verdrängte die Gedanken an den Terror am Set. Die Auseinandersetzung mit Cindy hatte ihm für den Nachmittag den Rest gegeben. Er wusste ja, dass er selbst schuld an diesem Dilemma war, aber er hatte auch ganz klar den Schlussstrich gezogen. Er wollte nicht mehr daran denken und blickte May an: „Und ich hab einen Bärenhunger. Was kannst du mir heute empfehlen?“ „Soll ich für dich auf deine Figur achten? Denn dann empfehle ich dir ein Gemüsesandwich“, konterte May keck. Der junge Mann verzog angewidert das Gesicht. „Ne, lieber `ne Pizza. Extra groß und mit extra viel Käse.“ Er blinzelte ihr zu und schenkte ihr sein schönstes Lächeln. Shinji wusste, dass bei diesem Lächeln die Mädchen reihenweise weg schmolzen und auch May wurde wieder mal bewusst, dass er auch ihr mit diesem Lächeln weiche Knie bereiten konnte. Schnell konzentrierte sie sich auf ihren Bestellblock, worauf sie seine Sonderwünsche notierte. „Aber nicht, dass du mich hinterher verklagst, weil du aufgehst wie ein Hefeteig“, versicherte sie sich schnell und sah ihn mit vor Schalk blitzenden Augen an. „Niemals“, schwor er ihr und sein Blick wechselte schlagartig in die unschuldigste Miene des ganzen Landes. Auch ein Grund für seine Beliebtheit. „Shinji“, ermahnte ihn plötzlich die Blondine mit dem schulterlangen Haar. Schon bestellte sie bei May. „Für mich bitte ein Wasser und einen Gartensalat.“ „Bist du immer noch auf dem Hungertrip, Marie?“, hakte plötzlich die andere Blondine nach und bestellte für sich. „Ich hätte gern das gleiche wie Shinji und auch ein Glas Wasser!“ „Marianne“, bemerkte Marie entsetzt und tadelte die Jüngere: „Auch du solltest etwas auf deine Figur achten. Du weißt wie schnell eine Rolle aus dem Drehbuch geschrieben wird.“ „Ich weiß, dennoch hab ich Kohldampf! Mensch, Schwester, ich hatte einen langen und anstrengenden Drehtag. Gönn mir doch auch mal was!“ Die jüngere Blondine lehnte sich etwas im Stuhl zurück und schmollte ein wenig. „Nicht streiten, Mädels“, mischte sich der zweite junge Mann ein. Es war der Lockenkopf, nur dieses Mal trug er einen Cowboyhut. Schon galt seine ganze Aufmerksamkeit May. „Liebste May, bewahre mich vor dem Hungertod und bringe mir eine ganze Büffelherde!“ Marianne stürzte nach vorne und schnippte dem Cowboy gegen den Hut. „Du übertreibst und das nicht gerade wenig. Wann legst du denn endlich diesen dummen Hut ab?“ „Liebste Prinzessin, dieser Hut bedeutet mir mehr als mein Leben“, begann der Cowboy erneut, doch wurde er von Shinji unterbrochen. „Ist ja gut jetzt! Können wir unseren Bill wieder haben oder ist er nun von Colt besessen?“ „Wir sind hier nicht im Studio“, ermahnte auch Marie ihren Arbeitskollegen. Selbst der Blonde mischte sich nun in die Runde ein: „Glaub mir Bill, du hast dich so schnell in deine Rolle, als herumtreibender Cowboy, eingefunden, dass du nicht mehr im Privatleben üben musst. Erspare uns doch bitte die Erinnerungen an den heutigen Drehtag und genieß mit uns den Feierabend.“ „Schade aber auch“, lachte Bill und zog sich seinen Hut vom Kopf. Nun kamen die vielen kurzen braunen Locken zum Vorschein. Die blauen Augen funkelten seine Freunde fröhlich an. „So schrecklich fand ich unseren Tag auch nicht.“ Er zwinkerte May zu: „Für mich einen Beef Burger, bitte!“ May nickte und wandte sich an ihren letzten Gast in dieser geselligen Runde. „Kann ich dir etwas bringen?“ „Das Gemüsesandwich, bitte“, zwinkerte der Blonde ihr zu. May lächelte und kehrte zurück zur Theke und gab die Bestellungen in die Küche weiter, danach kehrte sie zu ihrer Freundin zurück. Auch Sincia wandte sich wieder dem Whiskey-Glas zu. „Was soll ich denn tun? Ich kenne ihn und ein Nein akzeptiert er nicht.“ „Du meinst, er wird dich immer wieder aufsuchen?“, hakte May beunruhigt nach. Ein kaum merkliches Nicken folgte. „Wann sind Ferien?“ „Wieso?“ Endlich richtete Sincia ihre Augen auf die Rothaarige. „Hast du Kollegen die dich schützen können? Ansonsten könntest du in den Ferien abtauchen.“ Die Lehrerin verstand nicht, dafür wirkte May sehr besorgt. Eine Freundin geriet an einen Typen, der ihr nach der Trennung immer wieder nachstellte. Er entwickelte sich zum Stalker und nur mit viel Mühe konnte sie, mit Hilfe der Polizei, ihrer Freundin helfen. Sie hoffte, dass dieser Steve kein Stalker war und sie wünschte sich es auch von ganzem Herzen für Sincia. „Warum?“, hakte Sincia irritiert nach. „Ach, war nur so ein Gedanke. Wenn du nicht mehr auffindbar bist, gibt er es vielleicht auf. Wie heißt es so schön: Aus den Augen, aus dem Sinn“, beruhigte sie die angespannte Freundin und somit auch sich selbst. Unbemerkt von den beiden Frauen, trat der Lockenkopf an die Theke heran. „May“, sagte er und riss die beiden aus ihrem Gespräch. „Bill?“, blickte die Lokalchefin auf. Der junge Mann lächelte freundlich. „Wollte mal fragen, wann das Essen kommt. Shinji und Marianne nerven schon.“ May warf einen Blick zur Küchentür, die in diesem Moment aufging. Ein Koch trat heraus. Jeweils einen Teller in jeder Hand balancierend, stellte er diese auf dem Tresen ab und kehrte in die Küche zurück. Schon kam er wieder heraus, wieder zwei Teller tragend und verschwand ein letztes Mal um die fünfte Bestellung raus zu bringen. May drehte sich dem Schauspieler zu, grinste bis über beide Ohren und ging um die Theke herum. Dort lud sie auf einem Arm zwei Teller mit Pizza und nahm den dritten Teller mit dem Burger in die freie andere Hand. Schon ging sie zum Tisch. Wenig später holte sie die restlichen zwei Essen und brachte sie ebenfalls zum Tisch. Der Lockenkopf ging nicht, wie erwartet, sofort zum Tisch zurück, sondern betrachtete aufmerksam das braune Getränk, danach das fremde Gesicht. „Harter Tag heute, wie?“ Sincia blickte auf und erstarrte. Zwei leuchtende, blaue Augen strahlten ihr entgegen. Das Männergesicht zierte einen Dreitagebart und das Kinn war kantig und wirkte dadurch markant und erwachsen. Die Musterung beruhte auf Gegenseitigkeit und was sprach schon gegen einen kleinen Flirt? „Hallo, ich bin Bill“, stellte er sich vor. Unsicher blickte Sincia zu dem hübschen Mann auf und kam sich in seiner Gegenwart wie ein Schulmädchen vor. „Sincia, hallo“, stellte sie sich wispernd vor. „Du bist eine Freundin von May, richtig?“, stellte er scharfsinnig fest. „Nun ja“, wich die Schwarzhaarige zögernd aus. Waren sie denn schon Freundinnen? Sie konnte ihr alles anvertrauen und May beherbergte sie in dieser Krisenzeit. „Ja“, stimmte sie lächelnd hinzu. Sie hatte in der rothaarigen Lokalchefin wirklich eine neue Freundin gefunden. Bill ließ die Fremde nicht eine Sekunde aus den Augen. „Ich würde dich gerne näher kennen lernen. Nur wartet mein Essen auf mich. Möchtest du dich zu uns setzen?“ Er zeigte mit seinem Daumen über die Schulter zum Tisch der Clique. „Meine Kollegen haben bestimmt nichts dagegen“, fügte er schnell hinzu, als er ihren skeptischen Blick sah. Überrascht blickte die Lehrerin direkt in die blauen Augen. Mit so einer Einladung hatte sie niemals gerechnet. „Nur wenn du möchtest“, fügte er unsicher und irritiert zu. Noch nie hatte eine Frau so lange gezögert oder gar seine Einladung ausgeschlagen. Sie war so überrascht von dem Angebot, dass sie nicht zu antworten fähig war. Immer wieder fragte sie sich stattdessen, warum dieser Fremde so nett zu ihr war. May kam zurück und stellte sich zwischen ihre Gäste. „Hast du noch einen Wunsch?“, fragte sie verwirrt nach, als der Schauspieler immer noch an der Theke stand. „Nein“, antwortete er lächelnd. Schnell bedankte er sich und ging zum Tisch zurück. „Ist alles in Ordnung?“, hakte May verwirrt nach, woraufhin Sincia lächelnd nickte. „Er lud mich ein bei ihnen zu sitzen.“ „Ja?“ Mit großen Augen blickte die Frau mit dem gelockten Haar zum Tisch der Freunde. Plötzlich begann sie zu grinsen. „Na, dann geh schon. Ein bisschen Gesellschaft wird dir schon nicht schaden und dich auch ein wenig ablenken. Außerdem muss ich langsam wieder arbeiten“, lachte sie und zog Sincia vom Stuhl hoch. Entschlossen schob sie die Lehrerin zum Tisch hinüber. „Na, los, stellst du dich selbst vor, oder soll ich das übernehmen?“, sagte May so laut, dass die fünf jungen Leute überrascht aufsahen und Sincia aufmerksam, teils überrascht betrachteten. Der Schwarzhaarigen war diese Situation so peinlich, dass sie sich am liebsten verkrochen hätte. Sie wurde von fünf Augenpaaren angestarrt und gemustert. Der Lockenkopf stand auf, zog einen Stuhl zwischen sich und dem Blonden hervor und bot ihr den freien Stuhl an. „Schön, dass du uns Gesellschaft leistest.“ Auch der große Blonde stand auf und reichte ihr die Hand zur Begrüßung. „Mein Name ist Richard Lancelot“, stellte er sich vor. Sincia wurde von May zu dem angebotenen Stuhl geführt und die Lehrerin setzte sich, leicht überfordert von dieser Situation. Der braunhaarige Lockenkopf setzte sich auch wieder und grapschte nach seinem Besteck und aß weiter. Mit seiner linken Hand, in der er auch seine Gabel hielt, stellte er sich auch nochmals vor. „Ich bin Bill, aber wir hatten ja gerade das Vergnügen.“ „Stell dich ordentlich vor, Bill Willcox“, tadelte Marie ihn und lächelte die Schwarzhaarige an: „Mein Name ist Marie Louvre und das ist meine jüngere Schwester Marianne.“ Dabei deutete sie auf das Mädchen mit der langen blonden Mähne, welche Sincia bereits am Freitagabend bewundert hatte. „Ich heiße Shinji Hikari“, lächelte auch der Letzte der Runde die Schwarzhaarige an. „Ich bin Sincia Bray. Schön euch kennen zu lernen.“ Die Dunkelhaarige fühlte sich anfangs noch ein wenig fehl am Platz. Jeder widmete sich wieder seinem Essen, als Shinji die kurz eingekehrte Stille durchbrach. „Mensch, M., bist du dir sicher, dass du die Pizza alleine verdrücken kannst?“, neckte der braunhaarige, junge Mann seine Kollegin. Diese aber konterte: „Na, klar, glaubst du etwa ich überlasse dir mein Essen?“ Sie hielt ihm ihr Messer entgegen und fügte gespielt verärgert hinzu: „Wehe du näherst dich meinem Teller, du Vielfraß!“ Dem Braunhaarigen gefiel Mariannes Drohung. Schnell war das Besteck weggelegt und schon drehte er sich mit überheblichem Grinsen seiner hübschen Kollegin zu. Rasch umfasste er ihre Hand mit dem Messer, wobei er sich wunderte, wie klein diese eigentlich im Vergleich zu seiner war, und drückte sie auf den Tisch hinab. „Du weißt genau, dass ich keine Angst vor deinen Drohungen habe.“ Leicht irritiert betrachtete sie seine Hand, die auf ihrer lag, und fühlte die Wärme, die sie ausstrahlte. „Wer sagt, dass ich dir gedroht habe?!“, konterte sie rasch, auch um sich selbst von dieser komischen Situation abzulenken. „M., ist dir das noch nie aufgefallen? Du drohst mir immer und überall. Du hast deine Rolle genauso übernommen, wie Bill.“ Shinji ließ sie nicht aus den Augen. Er liebte es sie zu ärgern und zu verwirren und letzteres hatte er soeben mal wieder geschafft. „Du etwa nicht, du… du…“, sie suchte nach dem passenden Wort, aber in ihrer Verwirrung brachte sie nur: „Casanova!“ heraus. Bill johlte, da er die beiden nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen hatte. Immer noch machte Shinji nicht den Anschein, als wolle er ihre Hand jemals wieder freigeben. „Casanova“, jauchzte der Lockenkopf. „Ihr seid ein süßes Paar!“ Shinji grinste nur, während Marianne vor Verlegenheit errötete. „Bill“, fauchte Marie plötzlich. Auch sie hatte die Jüngsten die ganze Zeit über misstrauisch beobachtet. „Ich weiß nicht, was du immer hast, Marie“, erwiderte der braunhaarige Lockenkopf. „Vielleicht solltest du mal mit dieser Rohkost aufhören und endlich wieder normal essen, dann wirst du bestimmt auch wieder lockerer.“ „Bill, was fällt dir ein?!“ Marie widmete nun doch ihre ganze Aufmerksamkeit dem Haudegen. „Du bist ganz schön frech!“ „Ich sag doch nur die Wahrheit. Bevor du mit diesem Diättrip angefangen hast, warst du viel besser drauf“, bemerkte er unbekümmert, woraufhin ihn die ältere Louvre Tochter böse anfunkelte. Shinji sah endlich seine Chance für einen Gegenschlag: „Ihr benehmt euch wie ein altes Ehepaar!“ Der Lockenkopf und die Blondine funkelten den Jungen mit seinem Wuschelkopf an. „Shinji!“ Richard drehte sich verlegen der verstummten Sincia zu und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. „Es tut mir leid. Normalerweise wissen sie was Anstand und Benehmen bedeutet, aber heute sind ihnen wahrscheinlich ihre Rollen zu Kopf gestiegen.“ „Rollen?“, hakte Sincia freundlich, aber auch neugierig nach. „Ja“, nickte Richard. „Wir sind Schauspieler.“ Er sah in ihre großen braunen Augen und erklärte weiter: „World Productions dreht in der alten Fabrik auf der anderen Straßenseite. Kennst du die Serie Saber Rider and the Star Sheriffs?“ „Schon mal gehört, gesehen hab ich sie noch nicht“, antwortete Sincia ehrlich. Aber nun wurde sie doch neugierig. „Worum geht es in dieser Serie?“ Richard lächelte sie an und begann zu erklären. „Die Serie spielt in der Zukunft. Aliens, namens Outrider, dringen in das Neue Grenzland ein und zerstören alles. Sie wollen die Herrschaft über die Galaxie. Ein junges Team stellt sich ihnen mit einem gigantischen Raumschiff entgegen und kämpft für den Frieden. Ich spiele Saber Rider, den Kapitän des Schiffes. Bill ist der vorlaute Cowboy namens Colt. Der Pilot ist Shinji, heißt aber in der Serie Fireball, und Marianne ist unsere Navigatorin und heißt in der Rolle April.“ „Und Marie?“, hakte Sincia gleich nach. Diese jungen Leute mussten einen aufregenden Job haben. „Marie spielt Bills Verlobte und heißt Robin. Sie versucht ihn zu erziehen, da der Cowboy trotz seines Alters nach wie vor ein Kind ist“, erklärte Richard weiter. „Ich stelle mir das sehr interessant vor“, entgegnete die Schwarzhaarige aufgeregt. „Jeden Tag dringt man in die Geschichte ein, erlebt seine Abenteuer und spielt einen Helden.“ „Na, so einfach ist das auch nicht. Es ist hart verdientes Geld und wir müssen sehr viel Text lernen. Teilweise noch wenige Minuten vor Drehbeginn, wenn unsere Autoren noch schnell Texte geändert haben. Aber im Großen und Ganzen macht die Arbeit Spaß“, schloss Richard freundlich. „Bist du berufstätig?“ „Ich bin Lehrerin. Grundschullehrerin.“ „Da hast du ja einen verantwortungsvollen Job. Wenn ein Kind sich verletzt, ist das weitaus schlimmer, als wenn wir uns versprechen.“ Sincia errötete. Seine blauen Augen fesselten sie. Er war so einfühlsam, konnte ihre Gefühle verstehen und zum Ausdruck bringen. Zudem war er höflich und zuvorkommend. Ein netter Mann und auch eine nette Gruppe. Sie alle mochten sich und zogen sich immer wieder gerne zum Spaß auf. Die Tür ging auf und ein Mann, in den Fünfzigern, trat ein und ging zur Theke. Sein Vollbart war mit weißen Strähnen verziert, ebenso war auch das volle, dunkle Haar graumeliert. May kam aus der Küche raus und begrüßte den neuen Gast. „Guten Abend, Herr Louvre!“ „Hallo May“, begrüßte der Mann zurück und drehte sich leicht, um zu sehen, wer hier war. Schon entdeckte er den geselligen Tisch in der Nische. Aufmerksam betrachtete er die fröhliche Gruppe. Richard unterhielt sich mit einer dunkelhaarigen Frau, Bill und Marie diskutierten wieder mal und Shinji und Marianne redeten eifrig mit und hielten Händchen… Mit geschultem Auge sah er genauer hin. Er bildete es sich nicht ein. Seine Tochter und dieser Frauenheld? Nein, niemals ließ er das zu. May fragte freundlich: „Kann ich Ihnen etwas bringen?“ „Wie? Nein, danke, May“, antwortete der ältere Mann und trat auf den Tisch zu. „Guten Abend!“ Als sie die Stimme hörten, brachen alle ihre Gespräche ab. Marianne zog rasch ihre Hand unter Shinjis Hand hervor und hoffte, dass ihr Vater nichts bemerkt hatte. Jeder begrüßte ihn, doch Marie deutete ihm sich einen Stuhl heranzuziehen. „Hallo, Vater, setz dich doch“, bot sie ihm an. Er allerdings verneinte. „Ich gehe jetzt nach Hause. Kommt mit, es ist bereits spät.“ „Jetzt schon?“, fragte Marianne und blickte verdutzt auf ihre Pizza, von der sie erst ein Viertel gegessen hatte. Allerdings verspürte sie auch keinen Hunger mehr. „Ja, es wird Zeit.“ Marie nickte, stand auf und ging zum Bezahlen zu May. Sie legte das Geld für sich und ihre Schwester auf den Tresen, bedankte sich bei ihrer Bekannten für die Betreuung und stellte sich zu ihrem Vater. Marianne stand auch auf. Shinji folgte ihr mit seinen Augen. Als sie das merkte, zwinkerte sie: „Hast du ein Glück, dass du meine Pizza jetzt doch noch essen kannst.“ Erst sah er sie perplex an, doch dann entgegnete er schlagfertig: „War doch von vornherein klar!“ Marianne, die sofort auf die kleine Provokation einstieg, drohte wieder: „Na, warte, das kriegst du noch zurück.“ Missbilligend beobachtete Herr Louvre die Beiden und beschloss dem ein Ende zu setzen. „Kommt jetzt! Gute Nacht und bis morgen!“ Marie und Marianne winkten zum Abschied, während die Jungs noch ein Wort des Abschieds nach riefen. Schon machte sich Shinji über seine Reste der Pizza und dann über Mariannes Pizza her. Bill hingegen provozierte ihn erneut. „Das arme Mädchen muss wegen dir heute hungern.“ „Wieso?“, mampfte Shinji. „Nun ja, du hast sie mit deiner Nähe so durcheinander gebracht, dass sie kaum was gegessen hatte“, erklärte Bill bereitwillig, doch Shinji winkte ab. „Ach, quatsch.“ Aber nun blickte er seinen Kollegen ernst an: „Du weißt doch, dass unsere Prinzessin heilig ist. Daddy hat ein Auge drauf, dass keiner ihr zu nahe kommt. Niemand hat eine Chance.“ „Ich wäre mir da nicht so sicher“, widersprach Bill erheitert und beschloss für sich die beiden in die richtige Richtung zu stupsen. Sincia wirkte seit dem Auftreten des älteren Mannes leicht eingeschüchtert. „Wer war das?“ „Herr Louvre“, erklärte Shinji kurz, als wäre damit alles gesagt. „Daddy“, fügte Bill grinsend hinzu und biss erneut genüsslich in seinen Burger. „Mariannes und Maries Vater. Er spielt den Kommandanten der Kavallerie und führt das Star Sheriffs Team an“, erklärte Richard ausführlicher, als seine Kollegen. „Er wirkt sehr autoritär“, stammelte Sincia. „Und das ist er auch, nicht nur in der Serie“, stimmte Shinji mampfend zu. Bill begann wieder übers ganze Gesicht zu grinsen. „Das macht es manch einem schwer sich den Töchtern zu nähern. Besonders einer, hab ich recht?“, stichelte der Lockenkopf. „Ich weiß nicht, wovon du redest. Wenn es nach mir ginge, können wir den Planeten für die nächste Zeit Frauenlos gestalten. Ich zumindest, hab die Nase erst mal gestrichen voll von den Weibern“, klärte Shinji seine Kollegen auf. Er kaute und schluckte, ehe er die Dunkelhaarige fragte: „Ich hab dich vorher noch nie hier gesehen. Bist du zum ersten Mal hier?“ Sincia fühlte sich plötzlich von ihren Erinnerungen eingeholt. „Ja, so gut wie. Ich war noch nie zuvor hier“, antwortete sie leise. In ihrem ganzen Wesen trat eine offensichtliche Veränderung auf. Irgendwas musste dieser Frau widerfahren sein, aber was konnte es gewesen sein? Sie bemerkte wie die drei Schauspieler sie anstarrten, darum setzte sie schnell ein gestelltes Lächeln auf. „Aber ich werde von nun an öfters hier sein.“ Sie erhob sich und lächelte die drei jungen Männer an. „Vielen Dank für eure nette Gesellschaft.“ Auch Richard stand auf und reichte Sincia seine Hand. „Hat mich gefreut dich kennen zu lernen!“ Ein leichter Rotschimmer trat ihr auf die Wangen. Sie erwiderte den Händedruck und lächelte den sitzenden Jungs nochmals zu. Schon drehte sie sich um und ging zur Theke zurück. „Haben sie dich geärgert?“, hakte May besorgt nach, als Sincia sich mit einer trüben Miene wieder an die Theke setzte und endlich den Whiskey hinunterkippte. Sie wusste, dass Bill und Shinji sehr frech werden konnten und das ihre Kommentare auch teilweise unter die Gürtellinie gehen konnten. „Nein“, antwortete die Lehrerin nach dem Drink und verzog angewidert das Gesicht. Kaum betraten die beiden Blondinen mit ihrem Vater das kleine Einfamilienhaus, polterte der Mann auch schon los. „Wie kannst du bloß mit diesem Kerl Händchen halten, Marianne?! Er ist dein Kollege, mehr aber auch nicht.“ Marianne, die sich eben in das obere Geschoss zurückziehen wollte, verhaarte auf der ersten Treppenstufe der Wendeltreppe und drehte sich ihrem Vater zu. „Ich habe mit Shinji nicht Händchen gehalten“, erwiderte sie ebenso harsch. „Zudem hast du es doch selbst gesagt. Wir sind Kollegen.“ „Das scheint dich trotzdem nicht davon abzuhalten ihn anzuschmachten. Ich kenne solche Typen wie Shinji. Die sind hinter jedem Mädchen her, das bei drei nicht auf den Bäumen sitzt.“ Marie mischte sich in den lautstarken Streit ein. „Shinji ist mit Cindy zusammen, Paps. Beruhige dich. Zwischen den beiden läuft absolut nichts.“ „Cindy, ja?“, wiederholte Herr Louvre schnaubend, dennoch schien er sich zu beruhigen. „Marianne, du bist ein kluges Mädchen. Ich verlasse mich darauf, dass du diesen Kerl auf Abstand hältst.“ „Dieser Kerl ist auch dein Kollege, Pa. Und wenn du es wirklich wissen willst: Er ist nicht mein Typ. Wenn mir einer gefährlich werden könnte, dann ist das Periosu“, widersprach sie bockig. „Der kommt ja nicht wieder“, mischte sich wieder Marie ein, während Papa Louvre einsah, dass er bei seiner Tochter kaum noch Mitspracherecht besaß. Sie wurde eben erwachsen, ob er wollte oder nicht, langsam musste er es einsehen. „Marie hat Recht. Periosu hatte ja nur einen Gastauftritt bei uns. Also muss ich mir da keine Sorgen machen“, schlichtete er letztendlich den Streit. Marianne zog sich in ihr Zimmer zurück und schmollte. Zum einen, weil ihr Vater recht behielt mit dem Händchen halten, zum anderen, weil sie zugelassen hatte, dass er ihre Hand so lange in seiner hielt. Hätte sie ihre Hand doch früher entzogen, aber sie strahlte eine wunderbare Wärme ab und seine Fingerkuppen hinterließen auf ihrer Haut ein angenehmes Prickeln. Um sich von ihren Gedanken abzulenken, zog sie das Drehbuch aus ihrer Tasche und las sich die Textstücke für den morgigen Tag nochmals durch. Marie ließ sich im Badezimmer heißes Wasser in die Wanne ein und wollte nur noch eines an diesem Abend: Entspannen. Herr Louvre, der noch nichts gegessen hatte, schmierte sich ein Brötchen und zog sich ins Wohnzimmer zurück. Immerhin musste er sich noch über die Vorkommnisse in der Welt erkundigen und so schaltete er den Fernseher ein und ließ die Nachrichten laufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)