Bashert von KaethchenvHeilbronn (Mein Seelenverwandter ist ein Selbstmörder.) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Er fuhr mit seinem Daumen über die scharfe Klinge, seine dunklen Augen schimmerten im matten Licht. Langsam hob er das Messer an, betrachtete es ausgiebig. Verträumt. Er öffnete den nächsten Brief. Das Geräusch des Messers, wie es gleichmäßig durchs Papier gezogen wurde, war alles, was man in dem kleinen Raum hören konnte. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Man zerstörte seine schöne Arbeitsatmosphäre. „Kafka, schaffen Sie mir die Rechnungen für Tuchowski bei! Sie haben drei Minuten!“ Zwei der drei Minuten starrte er ausdruckslos auf die wieder zugeschmissene Tür. Schließlich schob er seinen Stuhl zurück. Das hatte so schön geknirscht. Fast eine Gänsehaut hatte er bekommen. Er zog den Stuhl wieder ran, um ihn noch einmal zurückzuschieben. Da, wieder dieses wunderbare Geräusch… Dann machte er sich endlich auf den Weg zum großen Schrank. Die Rechnungen für Tuchowski. Es war alles feinsäuberlich sortiert, deshalb dauerte es keine zwei Sekunden, bis er fündig wurde. Mit der Akte in der Hand ging er zur Tür. Blieb davor stehen. Er wartete darauf, dass der Herr Vorsteher zurückkommen würde, sich die Rechnungen zu holen. Er wollte nicht nach da draußen. Zu viele Menschen, zu viele Gesichter. Der Herr Vorsteher kam nicht wieder. Kafka wartete. Der Herr Vorsteher war immer noch nicht aufgetaucht. Kafka sah auf die Uhr. Fünf Minuten um. Er kniff seine Augen zusammen, holte tief Luft, bevor er an die Türklinke fasste und öffnete. Draußen klapperten die Tastaturen der Schreibmaschinen, hinten lief die laute Schreddermaschine – zu viele Menschen, zu viele Gesichter. Hastig schloss er wieder die Tür. Es war später Abend, als Kafka das Büro verließ. Er ging öfters als Letzter, dann war es in der Vorhalle angenehm ruhig und leer. Draußen auf den Straßen drängten sich jedoch die Menschenmassen, aber dort wusste niemand, wer er war. Dort erwartete niemand irgendetwas von ihm. Nicht, dass er es hasste, irgendwelche Erwartungen nicht zu erfüllen; es ließ ihn jedes Mal ein wenig mehr sterben. Es war nicht weit bis zu seiner Wohnung, er lief zu Fuß. Als er das Wohnzimmer betrat, saß sein Vater dort, die Pfeife im Mund, ein verärgertes Gesicht, wie immer. „Wieso bist du schon zuhause?!“ „Ich habe immer um diese Uhrzeit Feierabend.“ Seine Stimme bebte. Wie immer. „Ja, und dann geht man aus! Du bist kein Mädchen, das mir das Abendessen machen muss!“ „Ich mache dir aber gerne das Abendessen.“ „Widersprich mir nicht, du Taugenichts!“ Kafka versuchte zu lächeln. „Kleist konnte nicht kochen, er – “ „Hör mir auf mit deinem verdammten Kleist! Ein Schisser, genauso, wie du einer bist! Und jetzt geh mir aus den Augen!“ „Vater – “ „Aus den Augen, sage ich!“ Er senkte seinen Kopf und machte sich auf den Weg nach oben. Dort hatte er ein kleines Zimmer und ein Bad. Dort gab es nur ihn, Blatt und Stift – und Kleist. Nun…Kleist gab es natürlich nicht wirklich, aber er war da. In seinem Geist. Er konnte ihn spüren, fühlte sich mit ihm verbunden… Kleist war sein Gott. Er war, ja, wie sein Vater richtig erkannt hatte, genauso ein Taugenichts wie er selbst gewesen, aber jetzt, heute, da verehrte man ihn und las seine Werke. Kafka verehrte diesen Mann mehr als jeder andere, er betete ihn an. Jeden Abend bat er ihn um Erfolg. Erfolg im Leben, oder wenigstens nach seinem Tod. Wann dieser Tod kommen sollte, darüber hatte sich Kafka noch keine Gedanken gemacht. Nun, schon oft hatte er gedacht: das ist er, der Moment zum Sterben, aber noch nie war er wirklich gestorben. Kleist hatte 34 Jahre auf dieser Erde verbracht. Kafka war jetzt 33. Er wusste nicht, wie viele Jahre er noch hierbleiben würde. Kapitel 2: ----------- Die frische Luft, hatte er gedacht, würde ihm besser tun, aber er bemerkte nichts von dieser Verbesserung. Er war heute damit beauftragt worden, die große Halle auf liegengebliebene Akten zu durchforsten und diese wieder einzuordnen. Natürlich unterließ dafür nicht die ganze Belegschaft ihre Arbeit. Nein, sie tippten weiter, liefen weiter, redeten, brüllten und rannten…! Sein Kopf brummte. Eine junge Frau, die schon die ganze Zeit dicht vor ihm lief und einfach nicht verschwinden wollte, hatte einen viel zu knappen Rock an. Er war kurzzeitig sogar am Überlegen, ob er ihr das nicht sagen sollte, sie warnen, man hörte ja allerlei Sachen in letzter Zeit, aber er getraute sich nicht. Stattdessen starrte er ihr weiter auf den Hintern. Plötzlich blieb sie stehen und er lief mit ihr zusammen. „Mensch, können Sie nicht aufpassen?!“ „E-entschuldigen Sie, ich – ich war in Gedanken, und…Ihr Rock, der…“ Sie gab ihm eine Ohrfeige. Als er das Wohnzimmer betrat, saß sein Vater dort, die Pfeife im Mund, ein verärgertes Gesicht, wie immer. „Was hast du mit deinem Gesicht gemacht?!“ „Ich bin…e-eine Akte – ein Aktenstapel, der…ich meinte natürlich: Ein Locher. Jemand hat einen Locher nach mir geworfen.“ „Hör auf mit deinem stumpfsinnigen Gerede!“, fuhr ihn der Vater an, „Für wie bescheuert hältst du mich eigentlich?!“ „Nicht doch, Vater, ich – “ „Ja, du! Du bist elendig, weißt du das?!“ Kafka senkte den Kopf. Heute hatte er es immerhin länger als sonst ausgehalten, ihn anzusehen. „Du hast es mir schon oft genug gesagt, ja.“ „Und ich kann es nicht oft genug sagen! Wann kapierst du eigentlich, auf was es im Leben ankommt?! Du sollst nicht ewig da in deinem Büro sitzen und die Laufarbeit für andere machen! Dafür hab ich dich nicht gezeugt! Und du sollst verdammt nochmal nicht so früh nachhause kommen, sondern dir ein Mädchen suchen, wenn’s sein muss verdammt nochmal eins von der Straße, das dir endlich mal beibringt, wie man Frauen so richtig– “ Kafka hob sich die Ohren zu. Sein Vater musste ihn nicht schlagen, das hier war schlimmer. „Erbärmlich!“ Er durfte nicht anfangen zu weinen, er durfte nicht… Ihm blieb kurz die Luft weg, als sein Vater ihm mit einem Umschlag gegen die Brust hieb. „Da! Nimm das mit hoch! Du bist ein Mann, verdammt nochmal!“ In seinem Zimmer brach er schluchzend zusammen. Er kam noch nicht einmal zu seinem Bett, sackte gleich an der verschlossenen Tür zusammen. Der Umschlag fiel neben ihm zu Boden und die ganzen nackten Frauen purzelten durchs Zimmer. Er war verzweifelt. 33. Wäre er 34 würde er sich hier und jetzt erschießen. Nein, nicht hier. Das wäre geschmacklos. Er würde seinem Vater gegenübertreten und sich dann erschießen. Genau. Hastig wischte er sich über die Wangen, seine Tränen flossen weiter, sein Körper bebte. Er vergrub seinen Kopf an den angewinkelten Beinen und weinte. „Hui, bist du aber schnuckelig.“ Kafka fuhr hoch. Mit aufgerissenen Augen starrte er hinüber zu seinem Bett, wo – auf dem Bauch … eine nackte Gestalt – ein Mann. Ihm blieb die Luft weg, als er das Gesicht erkannte. Es war Kleist. Heinrich von Kleist. Und er hatte nichts an. Doch. Als er sich aufsetzte, sah man, dass er ein Damenhöschen und Strümpfe trug. Kafka wurde rot im Gesicht. „K…Kl…Kleist…“ „Heinrich.“, kam es mit einem freundlichen Lächeln, „Für dich immer Heinrich.“ Kleist sah genauso jung und kindlich aus, wie auch auf dem Gemälde, das man kannte. Er war nicht groß, als er sich erhob, wohl sogar kleiner als Kafka selbst. Seine Augen waren blau und sahen ihn groß an, als er vor ihm in die Hocke ging. „Oh.“ Plötzlich wurde Kleists Blick ernst. Fast ein wenig angeekelt fasste er eine der Fotografien mit spitzen Fingern an und hob sie hoch. Sie hatte unbeschreiblich große Brüste und ihre Beine weit geöffnet. Kafka wurde noch roter im Gesicht. „Wer ist das denn?“ „I-ich weiß es nicht.“ „Und die?“ Die Frau hob ihren nackten Hintern der Kamera entgegen. „Ich weiß nicht.“ „Oh, und schau mal, was steckt die sich denn da– “ „Ich weiß es nicht!“ Mit gespitzten Lippen sah ihn Kleist skeptisch an. Kafka fischte nach dem Tuch in seinem Rock, das er hervorholte, um sich damit die Tränen und die Stirn zu trocknen. „E-entschuldigung, ich…ich wollte Sie – dich…nicht...“ „Wieso schwitzt du? Ist dir heiß? Komm, zieh dich doch aus.“ Er fasste ihn an den Schultern. „Nein!“ Panisch war Kafka aufgesprungen, presste seinen Rücken an die Tür. Er hatte die Augen geschlossen. Sein Atem ging viel zu schnell. Als es eine Weile still war, und er nur noch seinen Atem hörte, der sich einigermaßen wieder beruhigt hatte, öffnete er seine Augen. Kleist war verschwunden. Die Fotografien lagen auf dem Boden verstreut, der Umschlag zu seinen Füßen. Kleist war eine Einbildung gewesen. Ein Hirngespinst. Was sonst? Kafka ließ sich erschöpft auf sein Bett fallen, zog sich Rock und Weste aus, die Schuhe und die Hose, bevor er sich hinlegte. Das Bett roch seltsam. Es roch nach Lavendel. Nach… Roch so Schießpulver? Er wusste es nicht und schlief ein. Am nächsten Morgen wachte er durch einen lauten Schlag auf. Kafka war sofort wach, als er seinen Vater erkannte, der in sein Zimmer stürmte. Da fiel es ihm siedend heiß ein: Die Fotografien! Wenn er sie so lieblos auf dem Boden verstreut vorfinden würde…! Sein Vater grinste ihn an. Kafka verstand nicht. Das Grinsen wirkte nicht gehässig, es wirkte…stolz? „Na, bitte. Bist ja doch ein Mann.“ Damit verließ er wieder das Zimmer. Die Tür fiel ins Schloss und es herrschte Stille im Raum. Kafka sah sich irritiert um. Dabei bemerkte er als erstes, dass sein Hemd aufgeknöpft war und er keine Unterhose mehr trug. (Zum Glück hatte ihn sein Vater nicht nackt gesehen; sein Unterleib war mit der Decke bedeckt.) Dann sah er auf den Boden und musste feststellen, dass die Fotografien eben nicht mehr im Raum verstreut waren, sondern der Umschlag vor seinem Bett lag, daneben ein paar einzelne Bilder, sorgfältig verteilt, sodass ihn nun einige Augenpaare, beziehungsweise Brüste anschauten. Zwischen den Bildern lagen Papiertücher. Dutzende Papiertücher. Benutzte Papiertücher. Kafka vergrub sein Gesicht vor Scham und Abscheu in den Händen. Hatte er das getan?! – Wann?!? Er konnte sich an nichts mehr erinnern! Nur noch an…Kleist! Die Halluzination, die er gehabt hatte. Das Hirngespinst. „Fraaanz! Du kommst zu spät zur Arbeit!“ Hastig schlug Kafka die Decke beiseite und stieg, mit einem großen Sprung über dieses…abscheuliche Arrangement, aus dem Bett. Er suchte seine Unterhose verzweifelt, konnte sie nirgendwo finden. Er hätte sich sowieso eine neue angezogen, das war nicht so schlimm, aber seinen Rock vermisste er ebenfalls. Gezwungenermaßen nahm er sich also auch hiervon ein neues Kleidungsstück aus dem Schrank, bevor er sich im Bad wusch und anzog. Zur Arbeit kam er nicht zu spät. Er war noch nie zu spät gekommen und er war auch fast noch nie krank gewesen. Nur ein einziges Mal. Da hatte ihn sein Vater geschlagen. Der Grund? – Er hatte seine Verlobung aufgelöst. Kleist hatte damals auch seine Verlobung aufgelöst. Ob sie das auf eine gewisse Weise verband? Kapitel 3: ----------- An diesem Abend schwieg sein Vater. Er äußerte sich nicht dazu, dass Kafka ihm Abendessen kochte, und auch nicht dazu, dass er schon wieder nicht ausging. Anscheinend sah er im gestrigen Masturbiereifer seines Sohnes schon einen kleinen Fortschritt, der ihm erst einmal genügte. Nur als Kafka ankündigte, er ginge nun nach oben, kam ein „Viel Spaß, mein Sohn.“ von seinem Vater, das ihn anwiderte. Oben schloss er seine Zimmertür auf und hinter sich wieder zu. Er spielte mit dem Gedanken, ein wenig zu schreiben, aber als er hinüber zu seinem Bett sah, war daran nicht mehr zu denken: Da saß nämlich Kleist. Heinrich von Kleist, in seiner Unterhose und seinem Gehrock. Kafka zeigte mit einem stummen Schrei auf den Lippen auf ihn. Kleist erhob sich. Auch er schwieg. Als Kafka sich beruhigt hatte, sah er dem anderen an, dass dieser ein wenig verunsichert wirkte. „Franz, ich…ich möchte mich für unser ungeschicktes Zusammentreffen gestern entschuldigen.“, fing Kleist an, die Hände hinterm Rücken verschränkt, sodass Kafka sich vergewissern konnte, dass es auch tatsächlich seine Unterhose war. „Ich hatte auf die Schnelle nichts anderes zum Anziehen gefunden, weißt du? Deshalb hoffe ich, das hier ist ein wenig angemessener.“ Kafka schüttelte den Kopf. Er schüttelte ihn noch ein wenig heftiger. „Nein, ich kann es immer noch nicht…! Herr von Kleist!“ „Heinrich.“ „Heinrich!“ Kafka fiel auf die Knie. „Heinrich von Kleist…in meinem Zimmer!…ich…ich träume, oder? Ich träume doch!“ Kleist lachte leise und trat näher an ihn heran. „Wenn du deinen Augen nicht traust, dann schau doch auf andere Weise, ob ich Wirklichkeit bin.“ Kafka blickte zu ihm auf. Er rührte sich nicht. Sehr selten kam er einer Aufforderung nach, wenn sie kein Befehl war. „Gib mir deine Hände.“ Kleist wusste das anscheinend? Kafka gab ihm jedenfalls seine Hände. Und Kleist legte sie sich an den nackten Bauch. Kafka überkam ein Schauer. Er merkte, wie er eine Gänsehaut bekam. Heinrich von Kleist. In Fleisch und Blut. Seine Haut fühlte sich so warm an… Ohne, dass er es mitbekommen hatte, hatte er seine Hände weiter zu den Seiten wandern lassen, ein wenig nach oben. Kleist kicherte. Er war wohl kitzlig. „Kleist…“ „Heinrich.“ „Heinrich…“ Kafka schluckte. „Ich…! Ich vergöttere dich! Ich…ich habe jedes deiner Werke gelesen! Deine Briefe, deine Gedichte, ich…! Du hast mir so viel gegeben, so viel…Gutes, dass…“ Kleist war ein wenig erschrocken, als Kafka ihn umschlungen und sein Gesicht an seinen Bauch gedrückt hatte. „Und jetzt bist du hier…hier in…in meinen Armen…riechst nach Lavendel und Schießpulver und…! Ich will dich nur wissen lassen, dass du großartig bist! Schon immer gewesen! Der größte aller Dichter, der wunderbarste…wunderbarste…“ Kafka verstummte, als er Kleists Hände in seinen Haaren spürte. „Fahre fort, mich anzupreisen.“, murmelte Kleist, „Das gefällt mir. Außerordentlich gut.“ Kafka wusste nicht mehr, was er sagen sollte, obwohl ihm noch so vieles eingefallen wäre, aber er bemerkte gerade, dass er vor einem anderen Mann auf dem Boden kniete, seinen fast gänzlich nackten Leib umschlungen. Doch ein wenig widerwillig ließ er Kleist los und richtete sich wieder auf. Ja, er war beinahe zehn Zentimeter größer als sein Gegenüber. „E-entschuldige, dass ich nicht fortfahre, aber…mein Vater…“ Kleist nickte. Er lächelte und lief zu Kafkas Bett, auf dem er Platz nahm und zu seiner Linken auf die Matratze klopfte, was den anderen dazu ermunterte, sich neben ihn zu setzen. Da fiel Kafka auf, dass der Schmutz von heute Morgen beseitigt worden war. „Hast du…?“ Er deutete nur auf den Boden zu seinen Füßen. „Jap. Alles sauber gemacht.“ Kafka wurde rot. Er schämte sich dafür. „Ich weiß nicht…ich weiß wirklich nicht, wie das passiert ist…Ich kann mich nicht erinnern, dass ich…“ „Hast du auch nicht.“, entgegnete Kleist mit einem Grinsen. „Aber ich dachte, es wäre das, was dein Vater von dir erwarten würde, also hab ich die Sache übernommen.“ Kafkas Augen weiteten sich. Er sah Kleist irritiert an. „A-aber…Gestern, als du die Fotografien…Ich dachte, du ekelst dich davor – es wirkte so.“ „Es wirkte nicht nur so.“, gab Kleist grinsend zu, „Ich mag keine Frauen, und schon gar keine nackten, die sich in solch einer Weise… - Nun ja, das war jedenfalls auch der Grund dafür, weshalb ich dich ausziehen musste.“ Kafka wandte sich hastig ab. Er war geschockt und krebsrot im Gesicht. Kleist, Heinrich von Kleist, sein Idol, hatte ihn ausgezogen und ihn als…als Anregung zum…zum… Seltsamerweise war er bei diesem Gedanken nicht angewidert, er war nur höchst beschämt. „Machst du so was nicht?“, verlangte Kleist erneut seine Aufmerksamkeit. Als Kafka wieder hinschaute, hatte er sich zurück aufs Bett fallen lassen und sah erwartungsvoll zu ihm auf. „D-doch.“, brachte Kafka heraus, „Aber…danach schäme ich mich jedes Mal dafür u-und…ekele mich vor mir selbst…“ „Aber das ist doch nicht eklig!“, rief Kleist und sprang wieder auf, „Hast du das schon einmal probiert, deinen Saft?“ Kafka hob sich die Ohren zu und kniff die Augen zusammen. Kleist verschränkte die Arme vor der Brust und pustete die Backen auf. Es dauerte eine Weile, bis Kafka sich wieder entspannte. „Franz, weißt du was?“, meinte Kleist. Kafka sah ihn fragend an. „Ich biete dir einen Handel an.“ „Wie…wie lautet der?“ „Ich weiß, dass du Erfolg haben willst.“, erklärte Kleist, „Ich will ihn dir beschaffen. Hier im Jetzt. Du wirst deinem Vater gefallen, deinen Lesern, deinen Freunden und…und auch den Frauen.“ Kafkas Gesicht erhellte sich sofort. „Tatsächlich?! Das kannst du mir besorgen?!?“ Kleist nickte. „Jap, das kann ich. Und ich erwarte nur eine Gegenleistung.“ „Die…die wäre?“ Sein Idol tippte ihm an die Brust, ein zufriedenes Grinsen auf dem Gesicht. „Du wirst es mir besorgen.“ … „Was besorgen…?“ Kleist sah ihn ungläubig an. „Sex!“, rief er, „Mindestens zweimal die Woche!“ Kafka verlor das Bewusstsein. Kapitel 4: ----------- Als Kafka am Morgen aufwachte, war er wieder nackt. Eigentlich wunderte er sich darüber nicht mehr sonderlich, genauso wenig, wie er sich über die benutzten Papiertaschentücher vor dem Bett wunderte. Ekeln tat er sich schon davor, nur wundern nicht. Er stand gerade im Bad und rasierte sich, als es ihm wieder einfiel: Das Angebot. Fast hätte er sich geschnitten. Kleist hatte ihm Erfolg angeboten. Den Erfolg, den er schon immer haben wollte. Die Gegenleistung, die er jedoch verlangte… Kafka musste lachen. Schüttelte den Kopf. Nein, da hatte Kleist ihm wohl einen Spaß veranstaltet, einen groben Spaß. Immerhin waren sie beide Männer. Nun…er war damals bestimmt eine lange Zeit über diesem einen Brief von ihm gesessen, dem Brief, in dem er einen anderen Mann anhimmelte, was freilich nicht zu leugnen war, aber…für Kleists Priorität hätte er dies nie gehalten. Kafka seufzte. Also. War es jetzt nun ein Scherz oder nicht? Kleists Blick war, als er dieses Angebot gemacht hatte, sehr ernst gewesen, kein Zweifel… Vielleicht sollte er sich eher eine andere Frage stellen: Würde es denn Einfluss auf seine Antwort haben, ob das Angebot ein Spaß oder keiner war? – Nun…wäre es ein Spaß, würde er natürlich sofort zusagen. Wäre es keiner… Erfolg. Kleist war von den Toten auferstanden und bot ihm Erfolg an! Bei seinen Lesern, Freunden, seinem Vater und den Frauen! Den ganzen Tag über dachte Kafka nur über dieses einzige Rätsel nach. Es klang wirklich zu verlockend. Das Angebot. Die Gegenleistung…? Mehr und mehr wanderten seine Gedanken bei diesem Punkt dorthin, dass er die Gründe Kleists für solch eine Forderung suchte. Wieso wollte er…so etwas…mit ihm…! Es dauerte bis nach Dienstschluss, dass es Kafka dämmerte: Sein Idol fand ihn doch nicht etwa…attraktiv? – Nein, das konnte nicht… Aber wenn man doch so etwas mit einem Menschen tun wollte, dann… War das nicht ein Kompliment? Das größte Kompliment, das ihm je gemacht wurde? Er durfte wieder seinem Vater das Abendessen machen, musste sich nur einige Sprüche anhören, dass es doch jetzt langsam so weit wäre, die Fotografien gegen echte Frauen einzutauschen. Kafka hätte es sich selbst niemals zugetraut, aber er erwiderte darauf doch wirklich: „Ich bin aber noch nicht durch mit ihnen.“ Seinem Vater gefiel diese Einstellung so gut, dass er sogar den Abwasch machte. In seinem Zimmer wartete Kleist auf ihn. Er trug immer noch seine Unterhose. Den Rock hatte er abgelegt, der Boden war wieder sauber, der Umschlag mit den nackten Frauen geschlossen. „Und?“ Aufgeweckt und gespannt sahen ihn die blauen Augen an. „Wie hast du dich entschieden?“ Kafka zog sich erst einmal Rock und Weste und Schuhe aus. Dies tat er sehr langsam, um Zeit zu gewinnen. Was sollte er sagen? Kleists Lächeln war verständnisvoll. „Komm her.“, sagte er und hob Kafka seine Arme entgegen. Kafka setzte sich zu ihm aufs Bett und schon schlangen sich ebendiese Arme um seinen Bauch. Etwas unbeholfen sah er zu, wie der andere den Kopf an seine Schulter legte. „Du musst dich noch nicht heute Nacht entscheiden.“, meinte Kleist. „Aber lass mich ein wenig bei dir bleiben, ja?“ Kafka nickte. Kleist schob ihn auf die Matratze, legte sich zu ihm und schiegte sich an ihn, zog an seinem Hemd, sodass es aus der Hose rutschte. Kafka wollte etwas tun, aber er konnte nur daran denken, dass Kleist ihn ja bereits schon zwei Male ausgezogen hatte. „Hast du ein Lieblingswerk von mir?“, fragte Kleist dicht an seinem Ohr. Kafka konnte nur nicken. „Ja? Welches denn?“ „K-Kohlhaas. Michael Kohlhaas. I-ich hab es bestimmt schon zehn Mal gelesen.“ Kleist fuhr ihm über den nackten Bauch. „Schön.“, flüsterte er. „W-was?“ „Sag mir, was du noch an mir magst.“, forderte Kleist und küsste ihn unterhalb des Bauchnabels. Kafka keuchte auf. „D-deinen Stil. Die Sätze, die Sprache, d – hnn…Themen. U-und die Figuren.“ Kleist öffnete seinen Gürtel. „A-alles!“, keuchte Kafka und fasste nach Kleists Händen, um sie aufzuhalten, „W-wieso tust du das mit…wieso bist du hier? Bei mir? I-ich…du bist so großartig und…so wunder – wunderbar…Du lässt meine Träume wahr werden…wieso – “ Kafka verstummte, als sich Kleists Lippen auf seine legten. Sein Idol küsste ihn. Ihn hatte noch nie zuvor ein Mensch geküsst. Auch die Prostituierte nicht. Kafka wusste nicht, wie er reagieren sollte, aber bevor er es realisierte, spielte seine Zunge mit Kleists. Und bevor er irgendetwas Negatives hieran finden konnte, hatte er Kleists Gesicht zwischen seine Hände genommen und küsste ihn auf den Mund und dann über das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge über das endlich gefundene Quellwasser hinjagt. Schließlich küsste er ihm auch den Hals, und Kleist lachte leise auf, was Kafka an seiner Kehle spürte. „Haben wir uns entschieden?“ Kafka ließ sofort von ihm ab. „Nein, ich…Verzeih mir, ich weiß nicht, was…was mit mir…“ Kleist griff wieder nach seinem Gürtel. Kafka sträubte sich. „Gib Ruhe. Dein Vater hört uns noch.“, warnte ihn Kleist. Kafkas Gesicht weitete sich voller Entsetzen. Kleist sah grinsend zu ihm auf. „Ich durfte an unserem ersten Abend und gestern Nacht ja schon feststellen, dass du Jude bist, aber ich finde es immer wieder faszinierend.“ Kafka wurde rot. Er hatte große Probleme seine Atmung unter Kontrolle zu behalten. „M-mein Vater hat mich nicht danach erzogen, ich hab keine Ahnung, nur…“ Er unterbrach sich mit einem Stöhnen. Kleist hatte ihn – ! Kafka schloss verzweifelt die Augen, ließ sich zurück in die Kissen sinken. „W-wieso…wieso tust du…das…?! Das ist…das ist…schmutzig…nichts für… - Kleist…! Heinrich von… , der…“ Kleist hob kurz seinen Kopf. „Wenn es hilft, stell dir doch vor, ich wäre eine von diesen unsäglichen Frauen auf deinen Fotografien.“ Kafka sah auf, doch da nahm ihn Kleist wieder in den Mund. „Nicht…!“ Er würde gleich weinen… Keuchend presste er sich die Hände auf die Augen. Er versuchte es. Er stellte sich also vor, dass es eine Frau war. Eine große Frau mit großen Brüsten und – Und schon fühlte es sich nicht mehr…nicht mehr…besonders an. Kafka musste an sein Erlebnis mit der Prostituierten denken, zu der ihn sein Vater geschleppt hatte. Es war eine Demütigung gewesen! Das hier war keine Demütigung. Es war… Eine Huldigung. Eine Huldigung an seine Person – nicht von irgendeinem. Von seinem Idol. Kafka biss sich in den Handrücken und kam mit einem erstickten Schrei in Kleists Mund. Keuchend lag er auf der Matratze, sah zu diesem wunderbaren Menschen auf, den er eben… Na, bitte: Kafka begann zu weinen. Sofort beugte sich Kleist zu ihm hinunter, nahm seine Hand, drückte sie fest. „He, Franz, was…was ist los?“ Kafka wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Er fühlte sich schrecklich. „I-ich…Du bist so unbeschreiblich…perfekt… - himmlisch! Und i-ich…ich hab dich beschmutzt!“ Kleist sah ihn mit einem einfühlsamen Lächeln an und strich ihm sanft durch die Haare, die ihm in die Stirn gefallen waren. „Du hast mich beschmutzt, ja, aber ich wollte es doch. Es…es hat mir gefallen. Außerdem…du kannst mich wieder rein machen, wenn du unbedingt willst.“ Kafka sah ihn hoffnungsvoll an. „Wie?!“, wollte er wissen, wischte sich eilig über die Augen. „Küss mich.“, flüsterte Kleist, „Küss mir den letzten Tropfen deines Saftes aus meinem Mund, von meinen Lippen.“ Kafka gehorchte. Und er war eifrig dabei. So eifrig, dass es Kleist gleichzeitig amüsierte und faszinierte. Erst nach einer kleinen Ewigkeit ließ er wieder von ihm ab, außer Atem sah er ihn an. Kafka hatte wunderschöne, große, dunkle Augen. „Hab ich…Konnte ich es wieder gut machen?“ „Fast.“, antwortete Kleist und ließ sich abermals von seinem Verehrer küssen. Erschöpft lag Kafka schließlich in seinen Armen, vor Müdigkeit die Augen geschlossen. „Und?“, flüsterte Kleist ihm ins Ohr. Kafka öffnete seine Lippen einen Spalt. „Ja.“ Es war fast nicht zu hören, aber es war ein Ja. Kleist küsste ihm die Stirn, bevor er ihn einschlafen ließ. ------------ Hier kommen ein paar mehr oder weniger akkurat zitierte Zitate aus Kafkas „Der Proceß“ vor: Nein, da hatte Kleist ihm wohl einen Spaß veranstaltet, einen groben Spaß. […] küsste ihn auf den Mund und dann über das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge über das endlich gefundene Quellwasser hinjagt. Kapitel 5: ----------- „Kafka, schaffen Sie mir den Einzahlungsnachweis für Luneck bei! Sie haben drei Minuten!“ Kafka stand gleich hastig auf, da er an diesem Tag schon ein paar Mal erleben musste, wie lange er brauchte, um irgendeine Akte herauszusuchen. Es war alles feinsäuberlich sortiert, nur sein Kopf war heute nicht dabei. Sein Kopf war bei Kleist. Kleist, der an diesem Morgen wieder unauffindbar gewesen war. Genauso wie Unterhose und Rock. Wenigstens war er also nicht nackt. „Kafka!“ Kafka besann sich. Es dauerte noch zwei Minuten, bis er die Akte hatte und damit hinaus in die Halle treten konnte. Er hätte es hinausschreien können. Er hätte beim ersten Schreibmaschinisten, gleich hier vorne, auf den Tisch steigen und es hinausschreien können: Hört her, meine Freunde!, hätte er rufen können, Wer von euch Frauen himmelt euren Vorgesetzten an, wer von euch Männern die Dame am Tisch nebenan, wer den Nachbarn, den Sänger, den Politiker oder den Papst? Und wer von euch kann wirklich behaupten, dass eben jenes Idol bereit dazu ist, sich für euch zu Dingen herabzulassen, die…die… - und das nur, damit ihr euch gut fühlt…so gut… „Kafka?“ Kafka schrak aus seinen Gedanken hoch. „Sie können wieder in Ihr Büro gehen.“ Er entschuldigte sich und machte sich davon. Als er sich nach Dienstschluss auf den Weg nachhause machte, musste Kafka wieder einmal an den Sonntag denken. Der Sonntag war immer sein Ziel, den es zu erreichen, wegen dem es die Woche zu überstehen galt. Sonntags traf er sich immer mit seinem Freund Max Brod im Café. Max war der einzige Mensch, der ihn verstand. Nicht in dem Sinne, in dem ihn Kleist verstand, denn so verstand ihn niemand, nicht einmal er sich selbst, aber es wäre sicherlich auch falsch, Kleist mit gewöhnlichen Menschen zu vergleichen. Aber Max verstand, dass er schreiben musste. Er verstand auch zum Großteil, was er schrieb, jedenfalls befand er es für gut, weshalb er ihm schon einige Male geraten hatte, seine Geschichten doch irgendwo zu veröffentlichen. Aber Kafka hatte sich nie getraut. Vielleicht würde es jetzt anders werden, wenn… Wenn er möglicherweise Kleist seine Texte zeigen würde…die Zustimmung, ja gar Erlaubnis eines echten Genies hätte, dann…dann würde er sich vielleicht dazu durchringen können. Er beschloss, diese Angelegenheit noch einmal mit sich selbst zu klären, und dann gegebenenfalls einen Schritt auf Kleist zuzumachen. Vielleicht noch vor Sonntag. Heute war Freitag. Beim Abendessen drohte sein Vater, in den üblichen Umgangston zurück zu verfallen, nachdem Kafka ihm nicht direkt sagen konnte, wann er denn nun endlich einmal zu den Prostituierten gehen würde. Um jedoch dieser Unannehmlichkeit aus dem Wege zu gehen, entschied er sich für die Offensive. „Vater“, fing er an, „Das, was die P-Prostituierte bei mir…das letzte Mal, als du…“ „Oral-Stimulation.“ „Ah.“ Kafka räusperte sich. „Macht…ich meine…Das…das gehört sich für eine Ehefrau nicht, oder?“ „Natürlich nicht!“, entgegnete sein Vater nachdrücklich, „Wieso fragst du?“ Kafka legte das Besteck beiseite. Er bekam sowieso nichts hinunter. „Ich…Es gefällt mir.“ Auf dem Gesicht seines Vaters breitete sich ein Grinsen aus. „Wenn das so ist, mein Junge,“ meinte er mit erhobenem Löffel, „kann ich dich beruhigen: Verheiratet zu sein, muss dich ja nicht davon abhalten, es dir woanders zu besorgen.“ Kafka lächelte ihn schief an. Er dachte an Kleist. „Wieso gehst du nicht gleich heute noch los? Vielleicht hat Rita gerade Zeit.“ „N-nicht mehr heute.“ „Aber wieso denn nicht?“ „Morgen.“ Es war eine Notlüge. Sein Vater seufzte. „Ich gehe jetzt. Willst du nicht mitkommen?“ „Nein.“, sagte er, mit fester Stimme. Nicht mit seinem Vater zusammen. Schrecklich! „Gut, wer nicht will, der hat schon.“ Kafka verkniff sich das Lächeln, das sich auf sein Gesicht stehlen wollte; dass er rot wurde, konnte er nicht vermeiden. Woher sollte sein Vater denn auch wissen, dass genau das zutraf… Kaum war der Vater gegangen, da machte sich Kafka auf den Weg nach oben. Kleist. Er lag in seinem Bett, Rock und Unterhose abgelegt. „Franz! Da bist du ja endlich!“, rief der Gast freudig, „Ich dachte schon, du willst dich vor der Bezahlung für deinen Erfolg drücken!“ Kafka blieb noch in der Tür wie angewurzelt stehen. Die „Bezahlung“… Es half auch nichts, dass ihn Kleist skeptisch ansah. „Fraanz…“, sagte er. „Franz, nun komm schon.“ Kafka wollte fliehen. Er konnte unmöglich…! „Sie haben es mir versprochen, K.“ Kafka blieb stehen. Langsam drehte er sich wieder zu ihm um. Kleist, der Heinrich von Kleist, wie Gott ihn schuf, lächelte ihn an. „Franz, du willst doch, dass du erfolgreich wirst. Du willst doch, dass ich dir dazu verhelfe. Also, bitte, ich brauche den…das…diese Zuwendung, sonst kann ich mit der Therapie nicht weitermachen.“ Kafka schüttelte irritiert den Kopf. Er schloss die Tür hinter sich. „W…wieso das? Was war dann das gestern Abend?!“, fragte er verwirrt. Kleist pustete empört die Backen auf. „Das gehörte natürlich zur Therapie!“ Kafka schüttelte abermals den Kopf. Er sah nicht wirklich, wo – Kleist war plötzlich bei ihm und umschlang seinen Körper mit seinen Armen. Den Kopf bettete er auf seine Schulter. „Jetzt tun Sie nicht so, K.“, meinte er mit einem Lächeln in der Stimme, „Ich weiß, dass Sie das wollen. Verführt zu werden.“ Kleist sah ihn an mit seinen großen blauen Augen. „Du lässt dich gerne verführen, Franz. Vielleicht ein wenig zu oft. Lass mich es heute tun, ja?“ Kleist hatte ihm den Rock aufgeknöpft, streifte ihn ihm von den Schultern. Er grinste leicht, als sich Kafkas Kopf wie von selbst zu seinem hinunterbeugte und er ihn küsste. Kafka wollte nicht wahrhaben, was er hier tat. Verführt zu werden. Das gefiel ihm wahrlich. Von einem Mann verführt zu werden. Das war schwer vorstellbar. Von Kleist, dem Kleist verführt zu werden…das war… So betörend, dass Kafka erst wieder realisierte, wo er war, als er mit nacktem Oberkörper in seinem Bett lag, Kleist auf ihm, der ihm in die Brustwarzen biss. Er stöhnte auf. „N-nicht…“ „Wieso liegen dir eigentlich nicht die Frauen zu Füßen?“, hauchte Kleist gegen seinen Bauch. Kafka kannte die Antwort nicht. Ihn interessierte auch eine andere viel mehr. „W-wieso tust du…so etwas…mit mir…?“ Kleist gab ihm keine Antwort, stattdessen öffnete er ihm den Gürtel. Kafka versuchte ihn davon abzuhalten. „Du willst es, Franz. Hast du deinem Vater eben nicht noch erzählt, wie es dir gefallen hat?“ Kafkas Augen weiteten sich. Er wurde rot im Gesicht. Das nutzte Kleist, um ihm die Hose von den Beinen zu ziehen. Kafka keuchte entsetzt auf. Wenn er es noch verhindern wollte, dann musste er jetzt – Als Kleist ihn packte und mit festem Griff zurück aufs Bett zog, bohrten sich dessen Fingernägel in seine Seiten. Er schmiss sich auf ihn, in all seiner Nacktheit, und sah ihn eindringlich an. „Franz, auch wenn es dir gefallen würde, ich will dir nicht wehtun.“ Kafka ließ seinen Kopf zurück ins Kissen sinken. Außer Atem musste er zulassen, dass Kleist ihm auch die Unterhose auszog. „Dein Vater ist nicht da und er kommt auch so bald nicht zurück.“, flüsterte Kleist und biss ihm ins Ohr, was ihm ein Stöhnen entlockte. „Genau“, fuhr er fort, „Das heißt, dass wir so laut sein dürfen, wie wir wollen.“ „Was…was hast du…vor?“, brachte Kafka heraus, sah ein wenig ängstlich zu seinem Idol auf. „Ich will…“, fing Kleist an und nahm ihn an den Unterschenkeln, um seine Beine zu beugen, „…dich.“ Sofort war Kafka wieder hellwach. „Da-das geht nicht!“, rief er und sträubte sich. „Ich bin nicht…“ Er schluckte. „an Männern interessiert.“ Kleist pustete wieder einmal empört seine Backen auf. „Ich würde es mir auch verbieten, mich mit gewöhnlichen Männern vergleichen zu lassen.“ „N-nein! Heinrich. Ich…ich meine es ernst. Vater wird mich…er wird mich umbringen.“ Mit einem Ruck lag Kafka wieder auf der Matratze. Kleist beugte sich über ihn, die Hand, die er ihm gegen die nackte Brust drückte, hielt ihn unten. „Ich meine es auch ernst, Franz.“, raunte er ihm zu. „Und dein Vater wird so bald nicht wieder zurückkommen, was ich bereits sagte. Aber falls es dich beruhigt: Ich höre ihn schon, wenn sein Taxi in die Straße einbiegt. Außerdem“ Kleist grinste, als er ihn an seiner empfindlichsten Stelle packte. „Willst du mir nicht beweisen, dass du viel viriler bist, als dein Vater? Dass du dich sogar bei einem anderen Mann so“, er fuhr ihm über seine steife Länge, „prächtig aufstellen und dich für ihn ergießen kannst?“ Kafka fand keine Antwort hierauf; er konnte nur hilflos stöhnen und keuchen. „Heinrich“, stöhnte er. Kleist beugte sich über ihn. „Willst du dich für mich ergießen, Franz? Erfüllst du mir diese Bitte?“ Kafka wusste nicht, was er tat, als er hastig nickte. Keine zwei Sekunden später riss er jedoch entsetzt die Augen auf, als er etwas in – an dieser Stelle in sich eindringen spürte. „N-nicht!“ „Pschhh…“ Kleist hörte nicht auf. „N-nein…! Nicht d-da…hgnn…“ Er stellte ihn ruhig, indem er ihn einfach küsste. Kafka standen die Tränen in den Augen, als Kleist in ihn eindrang. Er fühlte sich vom Verstand alleine gelassen, wartete darauf, dass er sich schrecklich ekelte, dass er sich schmutzig, so schrecklich schmutzig fühlte… Aber es kam nichts. Nur eine riesige Welle Lust. Faszination. Ehrfurcht. Kleist sah ihn an, blickte ihm direkt in die Augen. So unheimlich zufrieden und genießend. Sein Idol hatte Gefallen an ihm gefunden. Er konnte seinem Idol diese Freude bereiten, die er in den blauen Augen blitzen sah. Kleist musste grinsen, als er merkte, wie Kafka sich vollkommen entkrampfte. Nur zu gerne stieß er tiefer zu. Kafka blieb der Atem weg. Er krallte seine Hände ins Betttuch, schloss fest die Augen. „Franz – hah…ge – gefällt – hn…es dir?“ Kafka konnte nicht antworten. Niemals. Das traute er sich nicht zu. Alles, was er herausbrachte, waren Laute, die so animalisch klangen, dass er sich selbst darin nicht mehr wiedererkannte. Als Kleist ihm in die Schulter biss und in ihm kam, flackerte es vor Kafkas Augen. Sein Körper explodierte. Kafka spürte ein paar weiche Lippen, die sanft über sein Gesicht strichen. „Du bist ein wunderbarer Mann, Franz.“, hörte er Kleist flüstern, „Und ich kann dir sagen: Dein Vater, der soeben wiedergekommen ist, hat heute niemanden so befriedigt, wie du mich gerade.“ Kafkas Wangen wurden rot, als er schwer die Augen öffnete. Kleist lächelte ihn an. „Wirklich. Ich bin wunderbar gestärkt für unsere nächste Therapiestunde morgen Abend.“ Kafka wollte etwas erwidern, aber da schloss ihm Kleist die Augen, gab ihm noch einen Kuss, und dann schlief er ein. Kleist, natürlich, war am nächsten Morgen verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)