Was wäre, wenn...? von Shio-Ri (Du warst mein Schicksal, doch ich frage mich, was geschehen wäre, wären wir uns nie begegnet.) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Vorwort: Hallo alle zusammen! Nach ganz langer Zeit habe ich wieder eine FanFiction geschrieben :-) Vor kurzem habe ich mir alle Folgen von "Georgie" angesehen. Die Serie habe ich als Kind schon geliebt und war schon damals, wie soviele, unzufrieden mit dem relativ offenen Ende. Nun habe ich mir Gedanken dazu gemacht, was passiert sein könnte, wenn Georgie Lowell (vorerst) nicht getroffen hätte. Die Geschichte hier lässt sich um die Folge 21 einordnen: Abel ist ein Seemann geworden, um Abstand von Georgie zu gewinnen, doch er kann sie nicht vergessen. Deswegen kehrt er vorzeitig zurück. In der Vorbereitungszeit zu Abels Rückkehr lernt Georgie durch einen Zufall Lowell kennen (am Flussufer). Bei diesem ersten Kapitel handelt es sich um eine Beschreibung dessen, was bis zu dem Zeitpunkt passiert, bevor Georgie Lowell kennen lernt (oder auch nicht kennen lernt ;-)). Über Kritik und Anregungen würde ich mich sehr freuen :-) Vielleicht gibt es ja noch andere Georgie-Liebhaber, die sich gerne in alternative Verläufe der Handlung einführen lassen wollen :-) Übrigens habe ich mich bemüht, den (unschuldigen) Ton der Anime-Serie zu treffen, damit die Handlung realistischer erscheint :-) Viel Spaß! -- „Liebe Georgie, das Meer ist kalt und unendlich groß, doch wenn ich in den Himmel schaue, erkenne ich in dem Blau die Farbe deiner Augen. Auf dem offenen Meer bläst der Wind sehr stark und treibt die Wolken voran. Ich hoffe, dass die Reise nicht mehr lang andauert, damit ich bald wieder in Australien sein kann. Meine Sehnsucht nach dir wächst mit jedem Tag. Fast bereue ich meinen Entschluss, ein Seemann geworden zu sein, denn mein Bestreben, mich durch die langen Reisen von dir zu entfernen, konnte sich nicht erfüllen. Meine Liebe zu dir ist durch die ständige Sehnsucht nur noch größer geworden. Ich komme am 5. Mai in Sydney an und hoffe sehr, dass du kommen wirst, um mich abzuholen. Ich verspreche dir, dass ich dir alles erklären werde. Es wird sich einiges ändern. Du fehlst mir jeden Tag. Grüße Mami und Arthur von mir. Abel“ Abel starrte ein paar Augenblicke auf das dicke, einfarbige Papier in seinen Händen. Als die blaue Tinte zu trocknen begann, zerknüllte er das Blatt heftig und warf es von seinem Bett in der Kojen-Schlafkammer, die er sich mit den anderen Seemänndern teilte, mit hinunter in den Gang. Der dicke Stoff, mit dem die Betten der einzelnen Seemänner voneinander abgetrennt werden, raschelte. ‚Was ist nur mit mir los?’ Das Licht der Kerze, die Abel in der Koje auf ein brüchiges Brett gestellt hatte, flackerte mit jeder Welle, die gegen das Bug des großen Handelsschiffes schlug. Es war das gleiche Schiff, mit dem Abel vor fast einem Jahr in See gestochen war, um ein richtiger Seemann zu werden. Jetzt kehrte er zurück in seine Heimat. Jeden Tag hatte er an Australien gedacht, an die Farm, an Mami, an Arthur und an Georgie. Immer wieder an Georgie. ‚Ob sie sich verändert hat?’ Abel zog nachdenklich ein neues Stück Papier aus seiner baumwollenen Segeltasche. Bevor er erneut zu schreiben begann, stellte er sich Georgies Gesicht vor. Obwohl er sie seit so langer Zeit nicht mehr gesehen hatte, konnte er sich jedes Detail ins Gedächtnis rufen. Er hörte das Lachen ihrer Stimme, das strahlende Blau ihrer Augen, das ihn an den Abendhimmel erinnerte, und das Klirren ihres Armreifs, wenn sie sich im Kreis drehte und ihr Haar sich wie ein Fächer ausbreitete. Abel sog den klaren Duft ihres Haares ein. Er würde ihr die Wahrheit sagen. Er würde ihr sagen, dass sie nicht seine richtige Schwester war und dass er sie liebte. Dass er sie schon sehr lange liebte und dass er sie heiraten wollte. Abel konnte es kaum abwarten, seit er seinen Entschluss gefasst hatte, doch er wusste ebenso, dass ein Brief kein geeignetes Mittel war, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Georgie würde verwirrt sein und den Brief Mami und Arthur zeigen, die sich gegen ihn stellen würden. ‚Georgie, was machst du gerade?’ Mit geschlossenen Augen setzte er die Feder aufs Papier und begann zu schreiben. Im nächsten Hafen einer europäischen Großstadt, deren Name Abel noch nie gehört hatte, übergab er den Brief dem nächsten Postschiff. Es war Anfang April. Abel hoffte, dass sein Brief Australien noch vor ihm erreichte. --- „Arthur! Arthur, hörst du nicht?“, Georgie schlug aufgeregt mit den Fäusten gegen Arthurs Zimmertür. „Arthur, steh auf! Abel hat mir geschrieben!“ Ein blaulackierter Splitter brach unter Georgies Fäusten aus der Tür und fiel zu Boden. „Georgie! Was ist passiert? Wieso machst du so ein Theater?“ Mrs. Butman erschien in der offenen Haustür. Sie trug in der Hand einen Holzeimer, aus dem fast das Wasser hinausschwappte. „Mami, Abel kommt zurück!“, Georgie ließ von Arthurs Tür ab und lief eilig auf ihre Mutter zu. „Er hat mir geschrieben, ich habe den Brief gerade erhalten!“ Mrs. Butman blieb wie angewurzelt stehen, ihre Stirn war gerunzelt. Einen Augenblick später überzog ein Strahlen ihr Gesicht. „Oh Abel, ich freue mich so!“ Georgie lachte glücklich und schwenkte den Brief mit der Hand, sodass ihr goldener Armreif an ihrem Handgelenk auf und ab sprang. „Schon in drei Tagen wird sein Schiff im Hafen von Sydney einlaufen. Oh Mami, ich freue mich ja so!“ -- Arthur stand hinter seiner Zimmertür und lauschte auf das Gespräch, das sich jetzt zwischen Mrs. Butman und Georgie entspann. „Georgie, wir müssen noch einiges vorbereiten, bevor Abel nach Hause kommt. Ich fahre später zu Mrs. Potter in die Stadt, um ein paar Dinge einzukaufen.“ „Ja, Mami, und ich werde Onkel Kevin auf dem Feld helfen!“ Arthur lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür. ‚Abel, warum kommst du jetzt zurück? Was hat das zu bedeuten? Was hast du vor?’ -- „Liebe Georgie, ich habe mich entschlossen, zurück nach Australien zu kommen. Ich vermisse die Sonne Australiens. Am 5. Mai komme ich mit meinem Schiff in Sydney an. Bitte kommt mich doch abholen. Ich habe viel zu erzählen. Bis bald, bitte grüße Arthur und Mami von mir, Abel“ -- Der Tag verging sehr schnell. Arthur arbeitete am Nachmittag auf dem Feld, weit draußen, hinter Onkel Kevins Farm. Die Sonne brannte vom Himmel und Arthur kam mit seiner Arbeit nicht gut voran, da er regelmäßig im Schatten pausieren musste, um kaltes Wasser zu trinken und sich den Schweiß von der erhitzten Stirn zu wischen. Außerdem dachte er immer noch über Abels angekündigte, plötzliche Heimkehr nach. Er freute sich natürlich, dass sein Bruder nach Hause kam und war stolz, ihm zeigen zu können, wie gut er sich das Jahr ohne ihn um die Farm gekümmert hatte und auch dass er gut Acht auf Mami und auch auf Georgie gegeben hatte. Georgie. Arthurs Herz setzte einen Schlag aus, als er an sie dachte. Seit er sich bewusst dazu entschlossen hatte, für sie nicht mehr als ein Bruder zu sein, war er zwar äußerlich ausgeglichener geworden, doch in seinem Innersten sehnte er sich stets nach ihr. Arthur wusste, dass es seinem Bruder genauso ging und befürchtete, dass Abel nun in die Heimat zurückkehrte, um Georgie die Wahrheit über ihre Herkunft und über seine Gefühle zu sagen. Arthur seufze und trank einen letzten Schluck Wasser aus seiner Feldflasche. Die Flasche war fast leer. Es wurde Zeit, dass Georgie mit dem Mittagessen kam. Er strich sich mit der feuchten Hand die lockigen Haare aus der Stirn und griff nach seiner Sense, um weiterzuarbeiten. ‚Vielleicht kommt Abel nicht nur wegen Georgie nach Hause. Vielleicht hat er genug von der Seefahrerei und will uns mit der Farm unterstützen.’ Arthur hieb auf das Korn ein, um sich von seinen Gedanken abzulenken. Er ahnte nicht, welche Konsequenzen sich aus seinen Befürchtungen entwickeln würden. In Mrs. Butman ging das gleiche wie in ihrem jüngeren Sohn vor. Sie hatte Mrs. Potter in der Stadt freudig erzählt, dass ihr ältester Sohn nach fast zwölf Monaten wieder heimkehren würde. Obwohl sich Mrs. Potter gleichwohl freute, erregte eine ihrer Fragen Mrs. Butmans Besorgnis. „Aber Mrs. Butman, warum kommt Abel schon nach weniger als einem Jahr zurück?“ Mrs. Butman schwieg und drehte den Kopf zur Seite. Ihr Blick fiel auf die verschiedenen farbigen Schleifen, die Mrs. Potter ebenfalls in ihrem Geschäft verkaufte. Es waren hochwertige Schleifen aus feiner Seide, die in England hergestellt wurden. ‚Er kommt wegen Georgie zurück.’ Mrs. Butmans Hände verkrampften sich. „Mrs. Butman, was haben Sie denn, ist Ihnen nicht gut?“, Mrs. Potter beugte sich besorgt vor, doch Mrs. Butman schüttelte schnell den Kopf. „Entschuldigen Sie, es ist nichts. Ich bin nur sehr aufgeregt wegen Abel.“ Leise seufze sie. Auf ihrer Stirn bildeten sich kleine Falten, die von einer großen Sorge zeugten. -- Auf der Butman-Farm saß Georgie am großen Küchentisch und schnitt dicke, mit Käse belegte Brote in gleichgroße Stücke. Sie war jetzt 15 Jahre alt und mit ihrem langen blonden Haar, der zierlichen Statur und den ebenmäßigen, fast vornehmen Gesichtszügen sah sie keinem ihrer Familienmitglieder ähnlich. Aber diese merkwürdige Tatsache beschäftigte Georgie keineswegs. Sie war seit jeher wenig an ihrem Aussehen interessiert, obwohl sie in letzter Zeit versuchte, sich mehr wie eine Dame zu benehmen. Hochkonzentriert setzte sie das scharfe Messer genau in die Mitte des letzten zusammengelegten Brotes und zerschnitt es mit einer schnellen Bewegung. „So, das wäre geschafft!“ Als sie den Stoß Brote in dünnes Papier einwickelte und in die große Korbtasche packte, kletterte ihr kleiner Koalabär Knöpfchen auf den Tisch. Neugierig lugte er in den Korb und schaute dann zu Georgie hinauf. „Nein Knöpfchen, ich kann jetzt nicht mit dir spielen. Ich muss zu Arthut aufs Feld und ihm das Mittagessen bringen. Der Arme ist bestimmt schon fast verhungert!“ Georgie nahm eine saubere Feldflasche aus dem Küchenregal und eilte, ohne Knöpfchen weiter zu beachten, nach draußen, um sie mit frischem Wasser aus dem Brunnen zu füllen. Knöpfchen krabbelte vom Küchentisch hinunter und folgte Georgie nach draußen. Diese summte vor sich hin, während sie Wasser aus dem Brunnen pumpte. „Weißt du, Knöpfchen, Abel kommt nach Hause! Oh, ich freue mich ja so!“ Georgie kicherte vor sich hin, während sie die Flasche mit klarem Wasser füllte. „Ob er sich sehr verändert hat? Was er wohl zu mir sagt? Ich bin doch wirklich eine Dame geworden, meinst du nicht, Knöpfchen?“ Knöpfchen legte den Kopf schief. „Oh, ich bin schon so neugierig, was Abel als Seemann erlebt hat! Ob er Arthur, Mami und mir wohl etwas mitbringt?“ Georgie hielt beim Abfüllen des Wassers inne und legte verträumt eine Hand ans Kinn. Dabei merkte sie nicht, dass das Wasser wieder aus der Flasche hinaus und auf dem Boden lief. „Ich frage mich, ob… Huch, oh nein!“ “Georgie!“ Mrs. Butmans laute Stimme erklang vom Zaun der Farm. Georgie zuckte zusammen. „Georgie, was machst du schon wieder? Sieh doch, das ganze Wasser läuft auf den Boden!“ Mit strengem Blick kam Georgies Mutter näher und entriss ihr heftig die Flasche. „Entschuldige, Mami“, Georgie senkte den Kopf. Knöpfchen krabbelte aus sie zu, umging die Wasserpfütze und zupfte an ihrem Rocksaum. „Ich war nur so aufgeregt, weil Abel nach Hause kommt.“ Mrs. Butmans Hand schloss sich fest um den Flaschenhals. „Benimm dich endlich wie eine junge Dame, Georgie!“ „Ja, Mami…“ „Ich freue mich auch, dass Abel nach Hause kommt, aber ich erledige meine Arbeit genauso sorgfältig wie immer.“ Georgie rieb beschämt mit der Schuhsohle über den Erdboden. Knöpfchen schaute erwartungsvoll von Mrs. Butman zu Georgie. „Aber gut, Georgie, hier ist die Flasche. Hast du die Brote für Arthur gemacht? Bring sie ihm sofort, er wird sicher Hunger haben.“ Mrs. Butman reichte Georgie die Flasche. Als sie im Haus verschwunden war, seufzte Georgie, kratze sich am Kopf und blinzelte zu Knöpfchen hinunter. „Ich glaube, sie ist noch aufgeregter als ich, dass Abel heimkommt! Na los, füllen wir die Flasche noch einmal und dann geht’s auf zu Arthur!“ Einige Minuten später saß Georgie auf ihrem Pferd, den großen Korb mit den Broten und die Trinkflasche unter dem Arm. „Wiedersehen, Mami, ich bringe Arthur jetzt die Brote!“ Bevor Georgie auf dem Schimmel losgaloppierte, sah sie noch, wie Mrs. Butman ihr aus dem Küchenfenster einen Blick zuwarf, den sie nicht deuten konnte. Argwohn gepaart mit einer unbestimmten Furcht. Georgie liebte den Weg über die weiten Felder, auf denen ihr niemand entgegen kam außer ein paar Kängurus oder verschreckten Emus, die sofort das Weite suchten, wenn sie sich auf dem Pferd in hoher Geschwindigkeit näherte. Ihr Schimmel übersprang mehrere Zäune und Büsche und preschte in schnellem Tempo voran. „Jetzt nur noch über den Fluss und dann sind wir schon fast da!“, Georgie freute sich schon darauf, Arthur zu sehen, der sie sich schon sehnsüchtig erwartete. Von Arthurs Gedanken und Befürchtungen bezüglich Abels Rückkehr ahnte sie nichts. Stattdessen sprühte sie nur so vor Vorfreude und Spannung auf die Rückkehr ihres großen Bruders. Das Pferd setzte zum letzten Sprung an über den Fluss. In hohem Bogen folg es hinüber auf die andere Seite. Georgie hielt den Korb mit den Broten und die Feldflasche gut fest. Mami würde wieder mit ihr schimpfen, wenn sie Arthurs Essen fallen lassen würde. Georgies große Achtsamkeit verhinderte, dass sie den jungen Mann bemerkte, der sich am Ufer des Flusses ausgeruht hatte. Seine feinen Kleider deuteten auf einen Herren aus besseren Kreisen hin. Die blonden Locken hingen im tief in die Stirn. Als das große weiße Pferd mit einem großen Satz über ihn hinweg und über den plätschernden Fluss jagte, erschreckte er sich so sehr, dass er kurz aufschrie. Doch die Reiterin sah ihn nicht. Sie hielt einen großen braunen Korb und eine Flasche umklammert, während sie das Pferd weiter voran trieb. Der junge Mann am Flussufer konnte nur noch ihren geraden Rücken sehen, den fliegenden dunkelroten Rock und das blonde Haare, das in langen Locken um ihren Kopf wirbelte. In wenigen Sekunden war sie schon zu weit weg, als dass sich weitere Einzelheiten hätte einprägen können. Der junge Mann setzte sich wieder ins Gras und stützte den Kopf in die Hände. ‚Was war das für ein Mädchen? Sie kam mir irgendwie bekannt vor…’ In diesem Moment änderte sich das Schicksal der beiden jungen Menschen. Lowell, der junge Mann, der am Flussufer gesessen hatte, würde der jungen Reiterin Georgie heute nicht begegnen. Sie würde ihm nicht auf dem Fluss helfen, in den er aufgrund ihres Sprungs gefallen war. Ihre Hände würden sich nicht berühren. Georgie würde nicht in seine himmelblauen Augen sehen und er würde nicht ihren goldenen Armreif bemerken. Doch was bedeutet das für ihr weiteres Leben? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)