Man sagt, Liebe geht durch den Magen, aber da bei Yatos alles durch den Magen geht, hat das wenig Ausdruckskraft. von gluecklich (Kamui X Reader) ================================================================================ Von Verzweiflung und Reis. -------------------------- Er kam alle paar Wochen hier vorbei, in unregelmäßigen Abständen. Einmal erzählte er dir, dass er nicht von hier sei und immer nur geschäftlich nach Edo komme. Er erzählte dir auch, dass er sicherging, jedes Mal bei dir vorbeizuschauen, wenn er in der Stadt war. Als er zum ersten Mal kam, verdrückte er neun Schüsseln Reis, bevor du ihm die zehnte Schüssel umsonst reichtest. Bei diesen horrenden Mengen und einem so deutlichen Hunger sahst du dich verpflichtet, Mengenrabatt zu geben. Du konntest dir nicht helfen, aber auf dich wirkte er immer ausgehungert. Er musste ungefähr in deinem Alter sein und er wirkte weder besonders klein noch besonders dürr noch irgendwie verwahrlost, aber… Oh, du weißt auch nicht. Er aß einfach immer so viel, und vielleicht war da auch etwas in seinen Augen, was einfach unbeschreiblich hungrig wirkte. Nach einer Weile kamst du darauf, dass er ein Yato war. Die helle Haut sprach dafür, und natürlich der Schirm. Aber er machte keine Anzeichen, mit diesem Ding den kleinen Laden, in dem du arbeitest, in die Luft zu jagen, also störtest du dich nicht groß daran. Seinen Hunger erklärte es ja auch nicht. Irgendwann fragtest du ihn, wieso er immer so viel esse, ob er denn auf seinen Reisen wenig bekam – und er zuckte die Achseln und sagte, dass das Essen auf der Erde eben einfach unbeschreiblich gut sei. Und, dass er sowieso immer Hunger hatte. Das glaubtest du ihm aufs Wort. Und so ging es weiter, er tauchte immer wieder auf, wenn er geschäftlich in Edo war, setzte sich an die Theke und verdrückte Schüssel um Schüssel, während er dir erzählte, wie gut das Zeug schmeckte, und wie unterhaltsam die Erde war. Es gab schlechte Tage, an denen sah er müde aus und aß höchstens fünf Schüsseln Reis. Wenn du ihn dann fragtest, was los war, zuckte er die Achseln und murmelte, dass er das auch gern wisse. Dann grinste er für gewöhnlich und behauptete, es sei ja eigentlich eh egal. Ein- oder zweimal versuchtest du, ihn auf seine Familie anzusprechen. Anstatt zu antworten verkündete er lauthals, dass der Reis heute besonders gut schmecke. Du verstandest. Du lerntest, dass er Kamui hieß, er erzählte dir nie, welche Geschäfte genau er in Edo hatte, und du hörtest irgendwann auf, zu fragen, um mit ihm über ganz andere Dinge zu sprechen. Gespräche über das Wetter entwickelten sich zu detaillierten Unterhaltungen über die Vor- und Nachteile der Yatos, Kamui bestellte die gesamte Speisekarte und fragte dich übers Kochen aus, während er dir dabei zusah, und als du dich zwischenzeitlich spontan über die Politik des Bakufu aufregtest, stimmte er dir sogar zu und konnte überraschend eloquent mit dir über den Einzug der Amanto in Edo diskutieren. In dieser Hinsicht schien er sogar auf deiner Seite zu sein, was du für einen Außerirdischen doch recht bemerkenswert fandest. Und ihn schien es sehr zu amüsieren, wie du dich über die Regierung echauffiertest und gleichzeitig versuchtest, ruhig zu bleiben und den kochenden Reis nicht zu ruinieren. Du begannst, ihn zu mögen, wirklich zu mögen. Er war ein aufgeweckter junger Kerl, der dir eine Menge Gehalt eintrieb – obwohl du ihm immer noch regelmäßig Reis spendiertest, weil sich das bei einem Stammkunden so gehörte. Und nachdem du dich immer wieder darüber ärgertest, wie durch die Amanto hier in Edo mit den Menschen umgegangen wurde, schien er zu den wenigen zu gehören, die Menschen nicht als Fußabtreter betrachteten. In Zeiten wie dieser war das Gold wert. Ja, Kamui war dir wirklich ans Herz gewachsen, er war mit Abstand der sympathischste Kunde, den du bisher hattest bedienen dürfen, und du freutest dich immer wieder, wenn er hereinschneite und unwirkliche Mengen an Essen bestellte. Und dann tauchte die Shinsengumi auf. Es war ein heißer Nachmittag und du warst allein im Laden, als sie durch die Tür marschierten und dir allein schon mit ihren Blicken klarmachten, dass sie nicht hier waren, um zu essen. Ohne Umschweife trampelten sie nach vorn bis zur Theke, wo du mit rasch klopfendem Herzen standest, und bauten sich im Halbkreis vor dir auf. Und dann fragten sie, was du über die Kiheitai wusstest. Nachdem du sekundenlang nur perplex blinzeln konntest, sagtest du ihnen, dass du wusstest, dass sie irgendeine extremistische Joui-Fraktion waren – und sonst nichts. Einer von ihnen polterte los, dass er dir nicht glaubte, aber die anderen waren glücklicherweise etwas ruhiger gestimmt, hielten ihn zurück und legten ein Foto auf den Tresen. Sie sagten, dass der Junge auf dem Foto seit einiger Zeit eng mit der Kiheitai zusammenarbeitete und dass man beobachtet habe, dass er hier regelmäßig ein- und ausginge. Sie fragten, was du darüber wusstest. Du musstest dich setzen. Du sagtest die Wahrheit, sie bohrten nach, du sagtest nochmal die Wahrheit. Dass du absolut gar nichts darüber wusstest, dass er dir nie etwas darüber erzählt hatte, dass er immer nur zum Essen herkam und dass du bis eben gedacht hättest, Kamui sei ein ganz normaler Kunde gewesen. Die Männer gingen wieder, versicherten dir, dass du selbst nichts von ihnen zu befürchten hattest, befahlen dir aber auch, dich bei ihnen zu melden, wenn er das nächste Mal hier vorbeikam. Du nicktest, aber schon damals wusstest du, dass du dich diesem Befehl widersetzen würdest. In den folgenden Tagen begannst du, mehr über die Kiheitai herauszufinden. Und du hattest nicht vor, auch nur einen von ihnen zu verpfeifen. Natürlich waren es Terroristen, natürlich waren sie brutal und natürlich büßten sie unnötige Zerstörung ein – aber in Edo hatte man nur zwei Möglichkeiten: Man war für die Joui oder man war gegen die Joui. Es gab nichts dazwischen. Und egal, wie extrem sie waren, du warst für sie. Keine Diskussion. Möglicherweise war Kamui viel mehr ein blutrünstiger Yato als ein freundlicher Kunde, aber er und die anderen trugen dazu bei, dass man sich in dieser Stadt nicht ständig von der eigenen Regierung herumschubsen lassen musste. Nein, von dir erfuhr die Shinsengumi nichts. Doch genau diese Einstellung brachte dich in eine etwas unangenehme Situation. Jetzt, da die Shinsengumi Bescheid wusste, standen die Chancen gut, dass sie den Laden, in dem du arbeitetest, hin und wieder beobachten würden. Sie würden Kamui hier sehen. Und sie würden merken, dass du nicht vorhattest, ihn auszuliefern. Das bedeutete Schwierigkeiten für ihn, aber wahrscheinlich viel größere Schwierigkeiten für dich – denn Kamui würde sich verteidigen können, das war klar. Du dich nicht. Und so musstest du eine Entscheidung fällen. Als er das nächste Mal deinen Laden betrat, holtest du tief Luft und sagtest ihm, dass es dir lieber sei, wenn er nicht mehr kommen würde. Du warst ehrlich und erzähltest ihm vom Besuch der Shinsengumi und deiner Angst, dafür Stress zu bekommen, in der Hoffnung, dass er einfach nur verstand und darauf verzichtete, die Bude auseinanderzunehmen. Kamui sah dich lang an und rümpfte dann die Nase. »Hm«, machte er. Du hättest fast angefangen, zu heulen. Du mochtest ihn und du wolltest ihn nicht meiden, aber du hattest genug über die Shinsengumi und deren Methoden gehört, um dir das nicht antun zu wollen. Du hofftest nur, dass es Kamui nicht allzu sehr… »Okay«, sagte er, zuckte die Achseln, drehte sich um und ging. Der endlose Himmel um sie herum wird heller und heller, während sie zum Landeanflug ansetzen, und Kamui sitzt auf dem Boden in seinem Privatzimmer der Flotte und bohrt mit einem Essstäbchen ein Loch in den Teppich. Die Tür hinter ihm geht auf und Abuto betritt den Raum, sieht, was er tut, seufzt lautlos und geht wieder raus. Kamui fährt unbeirrt damit fort, den Boden zu demolieren, bis sich die Tür nach einigen Minuten wieder öffnet und Abuto mit einem äußerst unmotivierten Gesichtsausdruck ein weiteres Mal eintritt und sich ihm gegenüber auf dem Teppich niederlässt. »Was ist los?« »Gar nichts«, behauptet Kamui mit dem Tonfall eines schmollenden Kleinkindes und versenkt das Essstäbchen noch tiefer im Boden. Abuto verdreht die Augen. »Wir landen in zwanzig Minuten auf der Erde und du stehst immer noch nicht hüpfend und dumm grinsend auf dem Gang. Ist ja wohl offensichtlich, dass irgendwas nicht stimmt. Also?« Kamui stützt sein Gesicht auf einer Hand auf und wirft Abuto einen Blick zu, der selbst für seine Verhältnisse ungewöhnlich giftig ist. »Wenn du nicht willst, dass ich dir hiermit die Augen aussteche«, sagt er leise und deutet mit dem Essstäbchen in seine Richtung, »hältst du jetzt die Klappe.« »Schön…«, seufzt Abuto und erhebt sich langsam wieder. »Dann eben nicht… Ich hab’s versucht. Sieh bloß zu, dass du in Edo schnell was essen gehst, diese Laune ist ja kaum auszuhalten.« Er streckt gerade die Hand nach der Tür aus, als er hören kann, wie das Essstäbchen zwischen Kamuis Fingern zerbricht. Mit hochgezogenen Brauen schielt er über die Schulter, um zu sehen, wie der Junge mit leicht zitterndem Arm die Splitter von sich wirft. »Das ist ja das verdammte Problem«, murmelt er. Abuto lässt wieder vom Türgriff ab. Es ist ungewöhnlich, dass Kamui flucht, und es ist noch ungewöhnlicher, dass Kamui Essstäbchen kaputt macht. »Was ist das Problem?«, hakt er träge nach. »Schmeckt der Reis plötzlich nicht mehr…?« »Die Reisfrau!« Kamuis Stimme klingt fast wie ein schmerzhaftes Stöhnen, er lässt sich auf den Rücken fallen und schielt zu Abuto hoch, mit einem Gesichtsausdruck, der aussieht, als könne er sich nicht zwischen Wut und Trauer entscheiden. Das übliche Schmollen, nur um einiges extremer. Untypisch, sehr untypisch – langsam wird Abuto die Sache unheimlich. Kamui schiebt die Unterlippe nach vorn. »Sie will mich nicht mehr sehen.« Und das ist der Moment, in dem Abuto ausgesprochen anstrengende Gesichtsgymnastik vollführen muss, um nicht lauthals zu lachen. Er weiß, was gesund für ihn ist, und er gibt sich wirklich größte Mühe, die Klappe zu halten, aber Kamui kann mittlerweile dummerweise ganz gut in seinen Zügen lesen. »Was?«, faucht er. »Die Reisfrau will dich nicht mehr sehen«, wiederholt Abuto, nun doch schamlos glucksend. »Was hast du angestellt, versucht sie zu essen?« »Nein!« Abuto bereitet sich darauf vor, augenblicklich zu flüchten, sollte Kamui sich bewegen und doch noch nach den Stäbchensplittern greifen. Aber bisher liegt er nur weiterhin am Boden und starrt ihn an, als sei er geistig zurückgeblieben, weil er ihn nicht versteht. Dabei versteht Kamui sich meistens selbst nicht. »Diese dummen Polizistenhunde, oder wie auch immer Shinsuke sie nennt, waren bei ihr und haben ihr gesagt, dass sie mich suchen… Und jetzt ist es ihr zu gefährlich.« »Aha.« Abuto zuckt die Achseln. »Dann hol dir deinen Reis doch woanders? Das war doch bei Weitem nicht der einzige Laden in Edo…« »Ich will ihn mir aber nicht woanders holen!« Ein letztes Mal sieht Kamui ihn böse an, dann verschränkt er die Arme und wendet den Blick ab. »Ich hab gar keine Lust auf Edo, wenn ich nicht zu ihr kann…« »Geh doch trotzdem hin«, schlägt Abuto trocken vor. »Du lässt dich doch sonst auch nicht aufhalten, nur weil dich jemand nicht sehen will… Welches Argument hatte sie, das Shinsuke nicht hat, dass du auf sie hörst…?« »Ich weiß es nicht!« Kamui wirft die Hände nach oben und lässt sie dann auf sein Gesicht fallen. Gedämpft gibt er einen angewiderten Laut von sich. »Ich hab keine Ahnung, wieso ich mir das einfach so sagen lasse, und ich hab keine Ahnung, wieso ich unbedingt zu ihr will, ich kapier’s nicht!« Einige Sekunden lang steht Abuto einfach nur da und betrachtet ihn, und auf seine Lippen schleicht sich ein schadenfreudiges Grinsen, als er es wagt, seine kaum fassbare Vermutung auszusprechen: »Vielleicht bist du verliebt.« Die Hände verschwinden von Kamuis Augen und er sieht ihn stirnrunzelnd an, vielleicht wirklich in der Hoffnung, sich verhört zu haben. »Was?« Abuto zieht die Schultern hoch und geht unauffällig sicher, dass er den Türgriff noch schnell genug erreichen kann. »Du willst unbedingt zu ihr, du hast schlechte Laune, wenn sie dich abserviert«, fasst er zusammen, »und du redest eine Menge Blödsinn, den du selbst nicht verstehst. Glaub mir, das sind eindeutige Symptome.« Er muss sich immer noch stark zusammenreißen, um nicht einfach zu lachen, während Kamui ernsthaft darüber nachzudenken scheint. »Aber ich verliebe mich nicht«, sagt er dann dumpf. »Wieso sollte ich sowas tun?« »Sie hat dir Essen spendiert«, bemerkt Abuto. Kamui sieht ihn an, dann die Decke, dann legt er die Hände wieder über sein Gesicht. »Oh nein…« Im Herbst verbringst du deine Mittagspause gern damit, im Hinterzimmer des Ladens zu sitzen und aus dem Fenster zu sehen. Die Bäume verändern ihre Farbe, die Kleidung der Leute verändert ihre Farbe für gewöhnlich genauso, und ganz Edo scheint in einem anderen Licht zu stehen. Normalerweise magst du diesen Ausblick und nutzt ihn, um dich in deiner Pause zu entspannen und zufrieden zu fühlen. Diesen Herbst will es einfach nicht klappen. Du vermisst ihn. Die Shinsengumi hat dich seitdem in Ruhe gelassen, aber an manchen Tagen wirst du das Gefühl nicht los, dass dich hier jemand beobachtet. Manchmal gehst du nach Feierabend um die Ecke und siehst einen Mann in der schwarz-goldenen Uniform an der Wand lehnen und in eine andere Richtung sehen. Sie warten immer noch darauf, dass Kamui hier wieder auftaucht – und du auch. Du willst ihn nur wieder sehen, ihn wieder stundenlang beim Essen beobachten und triviale Gespräche mit ihm führen, egal, ob euch jemand im Nacken sitzt oder nicht. Im Nachhinein wünschst du dir, du hättest ihm einfach einen anderen Treffpunkt angeboten anstatt ihn ganz zu vertreiben. Nie hast du dich Kriminalität so nah gefühlt wie jetzt. Du seufzt. In diesem Zustand hast du absolut keine Lust auf Arbeit. Klar sind deine anderen Kunden auch größtenteils nett, aber… Niemand kommt an Kamui heran. Er hatte einfach irgendetwas an sich. Irgendetwas. Gott, du weißt ja auch nicht, wieso du dich so auf ihn fixierst, du vermisst ihn einfach – obwohl du dir immer wieder sagst, dass er ein Terrorist ist, dass er gefährlich ist, und dass allein schon die Tatsache, dass er ein Yato ist, dich dazu anhalten sollte, Abstand zu ihm zu wahren. Es hilft alles nichts. Kamui hat nie auch nur das leiseste Anzeichen gemacht, dir etwas tun zu wollen. Nicht einmal, als du ihn aus dem Laden verbannt hast. Du hast einfach keine Angst vor ihm und es gibt kein Argument auf der Welt, das dich davon abhalten könnte, dir weiterhin zu wünschen, er käme zurück hierher. Dank deiner fehlenden Motivation verlängerst du deine Mittagspause um eine Viertelstunde – es fällt dir kaum auf, bis du träge den Blick vom Fenster abwendest und auf die Uhr schielst. Mit einem weiteren Seufzen stehst du betont langsam auf und schlurfst aus dem Hinterzimmer durch den kurzen Flur, und beschleunigst erst dann, als du bemerkst, dass im Laden bereits ein Kunde steht. Du betrittst den Raum und vor dem Tresen steht Kamui. Du musst erst gar nicht versuchen, dir zu sagen, dass du dich irrst. Diese Antenne würde ihn überall verraten, und auf seinem Rücken kannst du den Ansatz eines lila Sonnenschirmes sehen. Nein, kein Zweifel, das ist Kamui. Er ist wiedergekommen. Während du tief Luft holst, gibst du dir die allergrößte Mühe, nicht vollkommen bescheuert zu grinsen – und hast nur mäßigen Erfolg. »Kamui«, sagst du leise und kannst deine Freude kaum verstecken. »Entschuldige – hast du schon lange gewartet?« Seine blauen Augen treffen deine und erst jetzt fällt dir auf, dass er nicht halb so fröhlich wirkt wie sonst. Seine Haltung wirkt versteift, auf seinen Lippen prangt nicht das übliche breite Grinsen und wenn du dir einen flüchtigen Blick über die Theke hinweg erlaubst, kannst du erkennen, dass seine Hände sogar zu Fäusten geballt sind. Du schluckst. Er auch. »Du bist mir eine Erklärung schuldig«, sagt er. Zu deiner Erleichterung klingt er nicht direkt aggressiv – zu deiner Verwirrung allerdings klingt er stattdessen eingeschnappt und anklagend. Und du hast keine Ahnung, wovon er redet. »Eine … Erklärung?« »Ich liebe die Erde«, sagt Kamui mit unnötig viel Nachdruck. »Aber ich hatte in der letzten Zeit absolut keine Lust auf sie, nur weil ich nicht mehr hierherkommen sollte. Dass ich dich nicht mehr sehen soll, hat mir echt die Laune versaut. Weißt du, was das heißt?« Ein Teil von dir hat eine vage Ahnung, aber dein Bewusstsein ist weit davon entfernt, auch nur in Erwägung zu ziehen, sie auszusprechen. Du stehst einfach nur da und starrst perplex in Kamuis Gesicht, der die Augenbrauen zusammenzieht und seine Hände auf den Tresen legt. »Ich bin verknallt«, sagt er. Seine Stimme war etwas schneller und etwas lauter als normal, und trotzdem hast du nicht das Gefühl, als hättest du verstanden, was er da gerade von sich gegeben hat. Du blinzelst. »W-Was?« Sichtlich frustriert presst Kamui die Lippen aufeinander und lehnt sich etwas weiter in deine Richtung. »Ich hab mich in dich verliebt!«, faucht er. »Das ist mir noch nie passiert und ich hab keine Ahnung, was das soll. Und du erklärst mir jetzt, wie das passieren konnte, und was zur Hölle ich jetzt machen soll!« Du stehst einfach nur da und atmest. Die Welt um dich herum hat aufgehört, sich zu drehen, und du rekapitulierst. Langsam. Zwischen deinen Schläfen macht sich Brummen bemerkbar, und du verstehst nicht, wieso man sagt, man habe in solchen Situationen Schmetterlinge im Bauch – du fühlst dich eher, als hättest du einen Haufen panischer Schmetterlinge im Kopf. Letztendlich hast du tatsächlich verstanden, wieso er hier ist, und konntest dich auch davon überzeugen, dass du dir seine Worte nicht nur eingebildet hast. Nein, er ist wirklich hier und er hat das wirklich gesagt – und du bist wirklich mit einem Mal unfassbar aufgeregt. Du spürst, wie dir die Röte ins Gesicht steigt, das dämliche Grinsen ist immer noch nicht von deinen Lippen verschwunden, das Herz schlägt dir bis zum Hals und du glaubst, dass deine Hände zittern. Du räusperst dich. »Also…«, machst du, und hältst nur mühsam ein Kichern zurück, weil Kamuis patziger Gesichtsausdruck plötzlich nicht mehr gefährlich wirkt, sondern nur noch niedlich. »Wie das passieren konnte, weiß ich auch nicht, da bin ich überfragt«, sagst du ehrlich – und redest schnell weiter, weil Kamui damit nicht besonders zufrieden aussieht. »Aber was du jetzt machen sollst… Also, wenn man sich in jemanden verliebt hat, versucht man, viel Zeit mit demjenigen zu verbringen, zum Beispiel, indem man zusammen essen geht. Das ist bei dir und mir nun … irgendwie schon geschehen. Na ja, und dann versucht man natürlich, den anderen dazu zu bringen, sich auch zu verlieben, aber … darum musst du dir bei mir nun wirklich keine Gedanken mehr machen.« Nun ist es an Kamui, dich perplex anzublinzeln. Vorher warst du dir selbst nicht sicher, aber jetzt, nachdem du es ausgesprochen hast, zweifelst du deine eigenen Gefühle gar nicht mehr an. Dein Grinsen wird zu einem sehr breiten Lächeln, das sich zwar nicht minder dämlich anfühlt, Kamui aber merken lässt, dass du es ernstmeinst. Vielleicht hat er eine andere Antwort gewollt, vielleicht wollte er hören, was ein ehemaliger Weltallpirat und jetziger Terrorist machen soll, wenn er sich in eine Reisköchin verknallt hat, aber das ist dir egal. Du sagst ihm das, was ein etwas verwirrter, aber absolut liebenswürdiger Kunde machen soll, wenn er sich in eine Reisköchin verknallt hat, die ihm sowieso schon längst verfallen ist. Du sagst ihm das, was du willst, was er nun tut. »Und wenn man das Essengehen hinter sich hat…«, sagst du leise, »Und sicher ist, dass man mit dem Verliebtsein nicht allein ist… Na ja, in den besten Fällen folgt dann ein Kuss.« Die Forderung kommt dir ziemlich utopisch vor, Kamuis Gesichtsausdruck sieht nach einer Mischung aus Entschlossenheit und absolutem Unglaube aus, aber dir entgeht nicht, wie sich sein Blick von deinen Augen abwendet und stattdessen deine Lippen fixiert. Er scheint darüber nachzudenken. Seine Hände liegen noch immer auf der Theke und er bewegt sich kaum – bis du bemerkst, dass er sich, langsam, minimal in deine Richtung beugt. Und dann hält er inne und sieht dir wieder in die Augen. »Aber ich küsse sonst nie«, sagt er, und sein Dieses-Raumschiff-gefällt-mir-aber-gar-nicht-Tonfall ruiniert die Stimmung beträchtlich – nicht, dass du dich daran störst. »Ich mach bestimmt irgendwas kaputt.« Du gluckst, und du zögerst nicht eine Sekunde. Schmunzelnd streckst du einen Arm aus und legst sachte deine Hand in Kamuis Nacken, beugst dich selbst zu ihm herüber und wendest den Blick nicht von seinen strahlend blauen Augen ab. »Dann üben wir das eben noch eine Weile«, sagst du und drückst deine Lippen auf seine. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)