Sky Stage von Asako (Welcome to Hell) ================================================================================ Kapitel 10: Ninth Stage: Back to Work ------------------------------------- Seufzend fuhr sich der Star durch die Haare, grummelte etwas in sich hinein und drückte das Telefon fester ans Ohr. „Ja Chef... ja ich weis... Aber das Geld...“ Das Telefon ging prompt etwas auf Abstand als der Lead am anderen Ende laut wurde. Da war jemand aber mehr als stocksauer. „Ja... ja ist gut. Ich geh einfach nächste Woche...“ Abermals eine Unterbrechung. „Dann geh ich eben heute Abend nochmal rein...“ Das Telefon am anderen Ende wurde dermaßen laut in die Angeln geworfen, dass sie abermals das Handy etwas weg halten musste. Ihr Lead hatte gut reden. Immerhin hatte er nicht mit Mangel an Personal und der Polizei zu kämpfen. Sie hatten nicht genug Geld um sämtliche Spuren zu verwischen, was eigentlich hirnrissig war wenn man bedachte womit Hoshigumi handelte. Touko kramte in der Jackentasche, zog ein Paket Kaugummis heraus und sah über die regenbogenfarbenen Streifen ehe sie einen davon in den Mund schob und zum schluss frustriert gegen den Reifen ihres Wagens trat. Da gab man schon vor ein Kerl zu sein, war der beste Dieb in ganz Japan und fuhr trotzdem nur so eine Schrottkarre. Das, was sie stahl war mehr wert als das, was eine ganzes Hochhaus voller alleinerziehender Familien in einem Jahr verdiente. Doch seit sie so klein geworden waren und Hoshigumi ein paar der besten und vielversprechendsten Kandidaten abtreten musste um überhaupt überleben zu können waren ihre Raubzüge so selten geworden, dass sie kaum mehr alles so aufrecht erhalten konnten wie es geplant war. Und dann kam der Lead und verlangte nach einem teurem Halsband. Nicht einmal um es zu verkaufen, sondern für sich selbst. Touko, der Codename für Aran Kei, war noch vergleichsweise jung und ohne ihren Willen in die Rolle des Stars gezwungen worden. Immerhin war sie nicht einmal Teil des Hauptstammes der Familie, sondern nur ein Seitenzweig, das Ergebnis einer Erfähre ihres Großvaters. „Hey. Pass auf mein Baby auf. Nur weil du wieder Pech hattest musst du es nicht treten“, kam es von ihrem Fahrer als sie schlussendlich doch in den Wagen stieg. „Ach halt doch die Klappe. Du weist wie gestresst ich momentan bin. Und ich will da nicht nochmal rein.“ „Nochmal? Schon wieder in dieses scheiß Museum?“ Touko schnaubte nur einmal frustriert und schlug die Hand gegen das Armaturenbrett. „Ja. Kommen wir da nochmal rein?“ Ihr Guard schnallzte einmal mit der Zunge, tippte gegen das Lenkrad. Touko wandt den Blick zu ihm hinüber. „Raus mit der Sprache, Tomomin. Mich kann sowieso nichtsmehr schocken heute.“ Tomomin, mit vollem Namen Yumeno Seika, seufzte nur einmal schwer und legte den Kopf leicht schief. „Keine Ahnung. Ich hab gehört Tsukigumi hat Ahi ausgeliehen um das Sicherheitssystem zu erneuern. Die haben ein Scheißgeld damit verdient. Frag am besten Chie mal.“ Chie war Hoshigumi's bester Hacker, wenn auch nicht immer ganz bei der Sache. Yuzuki Reon war sein voller Name, aber er hatte sich den Namen 'Chie' bei irgendwem mal abgeholt. Man munkelte, dass er und Ahi, der ja Tsukigumi angehörte, einen Wettstreit lieferte. Es würde ihm also eine Freude sein das von Ahi ausgeklügelte System lahm zu legen. „Werd ich machen. Wir fahren am besten gleich zum Hauptquartier.“ „Aber erst will ich Kaffee.“ Touko grinste nur etwas schief. „Du und dein Kaffee.“ Gelassenen Schrittes ging der Yukigumi-Star durch die kleine Bar, ignorierte, was rechts und links von ihr abging, die betrunkenen Männer, die fast genauso betrunkenen Currents, die kleinen Dealer, die in der Ecke lauerten und steuerte streng den Raum für Bedienstete an. Ihr gehörte die Bar nicht, aber einem kleinem Schleimer, der bei den Großen mitmischen wollte und Yukigumi seine kleine Bar zur Verfügung stellte. Zumindest hatte er das, bis er der Meinung gewesen war ein paar Informationen an die Polizei durchsickern zu lassen. Kleiner Schleimscheißer. Zwar waren die Clans untereinander verfeindet, aber das hieß nicht, dass sie nicht durchaus zusammenspielen konnte um das große Ganze des Untergrunds zu schützen. Jetzt vertrieb ein Current Yukigumis die Bar. Drinnen begrüßte sie schon ein bekanntes Gesicht. „Und? Was haben wir heute, Gentlemen?“ „Eine neue Ladung vom üblichem“, meinte der Current und stopfte sich ein weiteres Törtchen in den Mund. „Scheint gut zu sein.“ Mizu kam näher, öffnete das Paket und kramte etwas darin rum. „... Ist das alles?“ Masao trat zu ihr, warf einen Blick über Mizu's Schulter in das halbleere Paket, sah dabei zu als der Star eines der Beutel mit dem weißen Pulver heraus und sah es sich genauer an. „Das ist ein Scherz.“ „Leider nein, Eden.“ Ein weiteres Schmatzen. „Ich weis nicht was passiert ist.“ Der Star schnaubte ausgiebig und griff nach der Waffe, die an ihrem Gürtel hing, drückte sie dem Current an die Stirn. „Woh. Woh. Langsam. Ich bin nicht Schuld. Ich hab den Kerl doch schon. Er wartet nebenan.“ „Das hoffe ich sehr für dich, Otozuki Kei. Sonst stecke ich dir dein Törtchen woanders hin als in deine Fressluke.“ Damit lies sie Kimu zurück, wobei Masao brav im selben Raum blieb und anfing die kleinen Pakete zu sortieren, sie zu verpacken und orderte die Currents im Raum herum. Kimu war verfressen, dennoch gertenschlank und eigentlich sehr fähig. Mizu hatte nur ein Problem mit ihm: er war rotzfrech. Im Nachbarraum wartete schon der verlogene Mistkerl auf sie, angekettet und wohl oder übel ohnmächtig. Mizu steckte die Waffe zurück in die Halterung und trat vor den angeketteten Mann. Der Bart machte ihn nur noch ekliger. Hinzu kam das ausgetragene Hemd, die löchrige Hose und der Mundgeruch. Der Star schnaubte ausgiebig. „Hey. Aufwachen, Schleimscheißer“, sagte sie in tiefer, bestimmender Stimme, doch bekam keine Antwort. Nach einer Ohrfeige jedoch rührte er sich doch. „Aufwachen hab ich gesagt.“ „W-was...“ „Oh gut dass du dich dafür entscheidest in die Unterhaltung mit ein zu steigen.“ Der Kerl sah auf und blickte erstmal entsetzt in ihr Gesicht. „Wer zum Geier bist du denn, Kleiner?“ Mizu kannte diese Reaktion zu genüge. Es gab nur wenige, die sie zu Gesicht bekamen und noch weniger, die wussten, wen sie vor sich hatten und es überlebt hatten. Sie lächelte nur. „Sag mir erstmal wer du bist. Sag mir mal was du mit dem restlichem Stoff gemacht hast.“ „Das geht dich einen Scheißdreck an!“ Er riss an den Handschellen. „Mach mich los und ich stopf dir das Maul!“ Mizu hob nur die Augenbraue und seufzte etwas. Anschließend zog sie die Waffe erneut, drückte diese an die Stirn der anderen. „Leck mich, Drecksack. Also. Wo ist mein Stoff? Sag es mir jetzt und vielleicht unterlass ich es dir eine Kugel in deine hohle Birne zu jagen.“ Mit einem Mal wurde der Mann verdammt still, wurde etwas kleiner in dem Stuhl und rüttelte abermals an den Handschellen. Vergeblich. Der Star hob die Augenbrauen etwas, zog den Auslöser nur ein bisschen zurück. „Keine Antwort? Wir können es auf die leichte oder die harte Tour machen. Ich bekomme so oder so raus was mit dem passiert ist was mir gehört. Ohne dich dauert es nur länger.“ Das Zittern des Mannes war unübersehbar und langsam wurde der Star dann doch ungeduldig. Sie war bekannt dafür nur einen sehr kurzen Gedultsfaden zu haben sobald es um Arbeit ging. Natürlich war er in anderen Dingen viel länger, doch sie wurde nicht gerne bestohlen. Ganz und gar nicht gerne. Sie seufzte nur etwas und richtete den Lauf auf den Oberschenkel des Mannes, drückte ab und der Schrei hallte an den Wänden ab, wobei Mizu sich kurz an der Ohrmuschel kratzte. „Schrei nicht so. Also. Mein Stoff. Wo. Jetzt. Oder ich rutsche vielleicht nicht mehr ab.“ Der kleine Arschkriecher wimmerte noch und krümmte sich auf dem Stuhl. „Am... am Bahnhof.“ „Wo am Bahnhof? Werd deutlicher.“ „Der hier um die Ecke... Im... im Fotoautomat...“ „Fotoautomat?“ Mizu grinste etwas. „Du bist echt unkreativ.“ Sie hob die Waffe, drückte erneut den Auslöser und endete das mieserable Leben des kleinen Dealers. Danach schob sie die Waffe zurück in die Halterung, ging aus dem Raum und sah zu Masao, von ihm zu Kimu. „Im Bahnhof. Irgendein Fotoautomat. Nimm ihn auseinander wenn es sein muss. Ich will mein Zeug.“ Kimu nickte nur, stopfte sich etwas in den Mund, was eine merkwürdig braune Farbe hatte und was Mizu hoffendlich als Bacon identifizieren konnte, und ging ohne weitere Worte aus dem Raum. Sie hatte jetzt ein bisschen Ablenkung bitter nötig. Endlich mit seinem Kaffee in der Hand war der Guard sehr viel fröhlicher, nahm immer wieder einen Schluck aus dem weißen Becher und summte leise vor sich hin. „Und wieso hast du heute so eine gute Laune? Du gehst mit mir da rein.“ „Ich weis, Thylacine, aber lass mir doch meine Laune.“ „Beantwortet nicht meine Frage.“ „Ich sehe Beni vielleicht wieder.“ „Beni? Der lebt noch? Bei seiner Einstellung hab ich erwartet, dass Gaichi ihn schon lange feuert.“ „Ja er lebt noch. Ich würde dir ja sagen komm mit und ich spendier dir ein Mädchen, aber das übersteigt mein Buget.“ „Nicht nur deins.“ Touko lies den Kopf zurückfallen und brummte etwas. „Man was gäb ich dafür mal wieder nen Abend da verbringen zu können ohne fast pleite zu gehen.“ „Ach komm. Es geht auch wieder bergauf.“ „Hoffendlich so schnell wie möglich.“ Eine ganze Weile während der Fahrt schwiegen sich die beiden an, wobei Tomomin immer wieder an seinem Kaffee schlürfte, der Straße mehr oder minder Beachtung schenkte. „Sag mal, Touko... Wie hat sich eigentlich dieses Mädchen gemacht? Wie hieß sie noch gleich? Die, die Shio's Platz geklaut hat.“ Der Star sah auf den Fahrersitz, musste aber selbst eine Weile nachdenken. So gut sie auch Baupläne unterschiedlichster Gebäude auswendig lernen konnte, egal wie viele Pläne verschiedenster Bomben, Fluchtpläne oder ähnliches sie in ihrem Kopf hatte, für Namen schien dort keiner zu sein. „Sena glaube ich. Sena irgendwas. Das Hanagumi-Häschen meinst du.“ „Genau die. Ist sie immer noch auf Shio's Platz?“ „Das letzte Mal als ich da war schon. Aber das ist ja auch schon wieder eine halbe Ewigkeit her. Und so wie ich gesehn hab verteidgt sie den Platz auch mit Händen und Füßen. Und ich sage dir jedes Mal wenn ich sie sehe wird sie heißer.“ Sie sah Tomomin auf seinem Platz nur vielsagend grinsen. „Kein Wort. Ich kann sie mir eh nicht leisten. Ich habe mir mal zwei Stunden mit ihr gegönnt und glaub mir wenn ich könnte würde ich es wieder tun.“ „Wieso?“ „Sie hat Stil. Anders als Shio. Und Charme.“ „Hört sich so an als hätte sich da jemand ein bisschen verguckt.“ Touko schnaubte und sah auf ihren Guard. „Pass auf was du sagst oder ich breche dir das Genick.“ „Schon gut. Schon gut. Kein Grund die Zähne zu fletschen, Thylacine. Ich bin schon still.“ „Also? Wo solls hingehen?“, frage Masao als er und Mizu wieder zurück in den Wagen gestiegen waren. Die Laune des Stars hatte ein neues Rekordtief erreicht und ihr war mehr als nach nur ein bisschen Ablenkung. In diesen Momenten war sie sich bewusst wie leid sie das ewige Dasein als Mann manchmal war. Wenn sie sich als Frau hätte zeigen können ohne Konsequenzen davon zu tragen wäre sie wohl zu Haruno gefahren und hätte sich von ihm einmal nach allen Regeln der Kunst durchnehmen lassen. Der Gedanke daran war nicht schlecht, aber etwas derartiges würde wohl das Arbeitsverhältnis gewaltig ins Wanken bringen. Und obendrein würde der Hanagumi-Lead sie im Moment wohl nicht einmal schief ansehen wenn sie sich mitten in seiner Villa die Klamotten vom Leib reißen würde, was ihre Laune nur noch weiter runterzog. Für Haruno gab es seit Wochen nur noch ein Thema: Sena Jun. Die kleine Nutte von der Straße und die selbsternannte 'Queen' im Sky Stage. Anfangs war ihr das Mädchen ja noch sympatisch gewesen, süß, unschuldig und keine Bedrohung für ihren Plan. Doch seit sie diese niedlich-unschuldig Tour abgelegt hatte war Haruno nur noch verschossener in die Kleine als sowieso schon. Soviel also zu ihrem Plan. Mit Sena, die ihren Einsatz mit in den Pott warf und sich schamlos am Pokertisch auszog war ihr so ausgeklügelter Plan zunichte. Sie wusste nur über einige Ecken, dass Haruno noch immer spitz auf das Mädchen war, weil diese ihn selbst nach der langen Zeit noch nicht rangelassen hatte. Für Mizu war es absolut unverständlich wieso er sich nicht einfach nahm, was ihm zustand, egal wie viele Gefühle er für das Mädchen zu haben mochte. Sie gab es nicht gern zu, doch obwohl diese kleine Schlampe nichts mehr war als ein Bauer in ihrem kleinen Schachspiel wusste sie, wie man diesen Mann, der ganz oben an der Macht stand, an der Leine hielt. Fehlte nur noch dass sie ihn dazu brachte Männchen zu machen und brav zu bellen wenn sie es wollte. Jedes mal aufs neue beobachtete der Yukigumi-Star, wie Haruno gierige Blicke zu seinem Häschen warf sobald es auf der Bühne stand, sich geradezu die Finger danach leckte und schon seit Wochen Dauergast auf den forderen Plätzen war. Sie konnte sich nicht erinnern dass Haruno in den vergangenen Tagen auch nur eine Show verpasst hatte. Er war sogar noch öfter da als der Tsukigumi-Erbe Ayaki, der ja quasi in der Bar wohnte, sich nur vom Platz bewegte wenn er offensichtlich einen Auftrag bekam, ins Tsukigumi-Anwesen ging, wovon niemand so genau wusste wo es genau lag, oder aufstand um sich den nächsten Drink zu nehmen. Wataru schien dagegen noch so etwas wie ein weiteres Leben zu haben. Manchmal fragte sich Mizu jedoch woher Tsukigumi die ganze Kohle nahm dass Ayaki jeden Abend in der Bar hocken konnte. Dann wieder hatte sie noch nie gesehen, wie der Erbe sich eins der Mädchen nahm. Vielleicht war er impotent und versuchte das auf diese Weise zu verarbeiten. Der Gedanke lies sie grinsen. „Hey, Eden. Jetzt sag schon. Ich kann nicht ewig hier stehen bleiben.“ „Wie wärs, wenn wir dem Sky Stage einen Besuch abstatten? Ich brauche was zum flachlegen. Du kannst dir auch eine aussuchen wenn du willst. Ich lad dich ein.“ „Echt?“ „Ich bin heute mal großzügig. Gewöhn dich nicht dran.“ „Na dann hoffe ich mal, dass du genug einstecken hast. Die, die ich will ist nicht billig.“ Mizu blinzelte etwas und sah zu ihrem Guard als dieser den Wagen startete. „An wen zur Hölle hast du bitte gedacht? Sag blos du hast schon ein Auge auf jemanden geworfen.“ Masao rollte etwas mit den Augen, sah dann zu ihr hinüber und grinste schief. „Denk doch mal nach. Hatte ich je ein anderes Mädchen?“ Der Star brauchte ein paar Sekunden, runzelte dann aber die Stirn. „Die Hanagumi-princess? Dieses Flittchen? Ich dachte du hasst gebrauchte Sachen.“ „Nenn sie nicht so. Ich hab gehört, dass Sena kräftig nachgeholfen hat bei den Princess. Immerhin gabs ne Menge Änderungen seit sie Queen da ist.“ „Ja ich weis. Yumesaki Nene ist Soragumi-Princess und Shio hat es auch wieder rein geschaft bei Hoshigumi. Wie auch immer zur Hölle sie das gemacht hat. Die ersten Auftritte nach ihrem Abstieg waren furchtbar.“ „Ach wie auch immer.“ „Ihr Name war Asumi Rio, oder?“ „Yup. Wieso?“ „Ich hoffe du weist, dass du keine Gefühle für das Mädchen entwickeln solltest weil ich dich sonst wohl oder übel erschieße.“ Im Augenwinkel sah sie den Guard schlucken. „Keine Sorge, Boss“, kam nach einer kurzen Pause. „Ich amüsier mich nur und geh dann wieder.“ „Das hoffe ich schwer für dich. Ach ja hast du die Zigaretten besorgt?“ „Klar. Aber du rauchst doch nicht. Sind die wieder für Haruno?“ „Geht dich zwar nichts an, aber ja.“ Mizu lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. „Er steht auf dieses europäische Zeug.“ „Also eine Frage hab ich noch, Touko.“ Der Hoshigumi-Star brummte nur etwas als sie das Tau mit den Zähne festhielt und irgendwie versuchte Ordnung in ihren Kasten zu bekommen. Entweder wurde es mit jedem Auftrag immer mehr oder die Technik wurde immer größer. Da hatte man schon das leichteste Equipment, was der Schwarzmarkt zu bieten hatte, brach dafür sogar extra in Top-Secret-Organisationen ein, ging daran beinahe pleite, und dennoch stand man da wie ein Vollidiot bei dem Versuch Abstriche zu machen. Der Erfahrung nach fehlte am Ende genau dieses Teil. Im Rücken hörte sie Tomomin nur nochmals am Kaffee schlürfen. Wie viele Tassen er inzwischen intus hatte wollte sich der Star gar nicht vorstellen, denn es war eine Menge. Dieser Mensch schien immun zu sein gegen jegliche Art von Koffein. „Selbst wenn du mit der Halskette rauskommst war die Arbeit doch für nichts. Dann hast du immer noch kein Geld. Also wie sieht der Plan aus?“ Kurzerhand lies sie das Seil auf das andere Equipment fallen, drückte die zwei Hälften des Koffers so fest zusammen wie es ging und scheiterte am kleinen Spalt, der verhinderte, dass sie den Koffer entgültig schloss. Schöner Mist. Der Star konnte quasi spüren wie ihr die Ader auf der Stirn pochte vor Wut und Anstrengung. „Wir gehen rein...“, begann sie und drückte die Hälften erneut aufeinander. „... und krallen uns alles...“ Der eine Verschluss rastete stöhnend ein. „...was uns zwischen die Finger kommt. Verscheuert bekommen wir das sowieso irgendwo. Und wenn ich mich vor Gaichi's Füße werfen muss. Der wollte eh neue Klunker für die Queen und die Princesses.“ Gerade als sie den zweiten Verschluss einrasten wollte verlor sie den Halt auf dem Koffer, rutschte ab und die Hälften sprangen geradezu auseinander. Touko stand auf, trat gegen den überaus leichten, aber harten Koffer und fluchte laut. „Verdammtes Drecksteil! Wer kam auf die Scheißidee diese Dinger so groß zu machen??“ Das Klicken der Tür verleitete sie dazu sich schnaubend um zu drehen, stand noch immer brummend und zitternd auf der Stelle und verschränkte die Arme. „Was ist?“ „Sorry, Thylacine“, meinte Chie, der gerade mit dem Laptop unterm Arm hereinkam. Der junge Mann war nicht gerade eine Augenweide wie er immer rumlief, hatte einen Faible für viel zu große Shirts, Baggypants und den peinlichen Turnschuhen, sowie der viel zu großen und kaputten Brille, die am Shirt hing, weigerte sich aber strikt einen Anzug zu tragen, wie der Rest des Untergrunds es zu tun pflegte. Touko hatte ihn mit Händen und Füßen verteidigt, denn als Hoshigumi's Nerd war er für die Aufträg unentschuldbar. Chie gehörte zu den besten Hackern des Untergrunds zusammen mit Ahi, Rika und Mami. Die vier hassten sich obendrein wie die Pest. Der Name jedes dieser Hacker war eine Abkürzung für irgendein bizarres Anagram, dass sie sich einmal ausgedacht hatten. Man munkelte, dass die vier untereinander einst Freunde gewesen waren, doch so sicher war sich da niemand. Sicher war jedoch, dass Mami unter ihnen der begabteste Hacker war und dass die drei anderen von ihm alles gelernt hatten, was sie wussten, doch war gerade Mami schon vor langer Zeit untergetaucht und gerade wegen des außergewöhnlichen Talents unauffindbar, auch wenn viele nach ihm suchten. Einerseits für das Kopfgeld, dass Gaichi auf ihn ausgesetzt hatte, denn er hatte den Senka-Star um Unsummen von Geld betrogen, andererseits um sich dessen Talent zu Nutze zu machen. Mit einem brilliantem Hacker konnte man einfach ins weiße Haus spatzieren, den Presidenten töten und unbekannt wieder rausgehen ohne, dass jemand etwa gemerkt hätte. Doch mal wieder ging es nur ums Geld. Es drehte sich immer alles ums Geld. „Was gibt’s?“, fragte Touko dann doch und verschränkte die Arme. „Ich hab die Pläne von dem Museum. Ahi hat ganze Arbeit geleistet. Das Sicherheitssystem trägt seine Handschrift.“ „Also lag ich doch richtig.“ Chie schnaubte nur etwas, trat näher und öffnete den Laptop auf dem nahe gelegenen Tisch. „Ist ja schon gut. Ich weis ich hätte mich vorher einmischen sollen. Ich muss aber sagen er hat sich diesmal selbst übertroffen. Er hat alles auf die Beine gestellt, was zur Verfügung steht.“ Touko beugte sich über den Laptop, sah auf den Bildschirm und beobachtete wie Chie's Finger über die Blaupläne flitzten, dabei auf diverse Zeichen deutete. Das war der Star von dem Current schon gewohnt. Sein Finger und sein Hirn war schneller, als andere mithalten konnten, auch wenn er vergleichsweise langsam sprach. Er war eben keiner, der sprach, sondern schneller in die Tasten haute. „Von Lasern, über Hitzesensoren, Wachen überall, Kameras die ausgerichtet sind damit sie keinen toten Winkel haben, Drucksensoren an den Gläsern...“ „Ich will nicht wissen was im ganzen Museum ist, ich will wissen was bei mir auf dem Weg liegt, wie ich rein und wieder raus komme.“ „Immer mit der Ruhe. Wie du mit der Einstellung so weit gekommen bist ohne verhaftet zu werden ist mir ein Rätsel. Dein Vorgänger hatte mehr Gedult...“ „Komm zur Sache.“ „Ist ja gut. Also wenn du da drin bist haben wir keinen Funkkontakt. Zumindest nicht bis du in den Hauptcomputerraum kommst.“ „Was soll ich da? Ich will den Schmuck.“ „Ich weis aber wenn du willst, dass du da lebend wieder rauskommst ohne von den Wachen oder der Automatik abgeschossen zu werden solltest du da zuerst rein.“ Touko brummte nur missgelaunt und starrte weiter auf den Bildschirm. „Ich kann die Kameras temporär ausschalten, aber mehr als zehn Minuten hast du nicht. So viel Zeit hast du um von da...“ Er zeigte auf einen Punkt, den sie als Hintereingang deutete, oder zumindest einer den sie sich machen würden. „... da hindurch, durch die Wachzentrale in den Computerraum zu kommen. So wie ich Ahi kenne hat er vorgesorgt und die USB-Anschlüsse unter der Abdeckung versteckt...“ „Komm mir nicht mit Problemen, sondern Lösungen.“ „Also manchmal bist du echt zu ungeduldig. Oder zu launisch.“ Chie schnaubte ein bisschen und richtete sich auf, verschränkte die Arme. „Also du hast entweder die Wahl die Abdeckung auf zu brechen und zu hoffen, dass da ein Anschluss drunter ist oder du siehst hinten an den Towern nach.“ „Was geht schneller?“ „Das Abreißen. Ist aber lauter.“ „Lass das mal meine Sorge sein.“ „Na gut. Also ich hab dir ein Program geschrieben, dass es mir ermöglichen sollte in das System zu kommen und von da aus kann ich den Rest abschalten. Es wird dunkel sein, aber dafür hast du ja das Nachtsichtgerät.“ „Ja, ja. Also? Wo stecken die Klunker jetzt?“ Abermals schnaubte Chie genervt auf und warf nur einen kurzen Blick nach hinten zu Tomomin bevor er sich wieder dem weiteren Plan widmete. Wenn sie jemand fragen würde ob es sich unter der letzten oder der jetzigen Queen leichter arbeiten lies, dann war die Antwort von ihrer Seite aus sowieso klar. Zwar konnte man sie dabei als egoistisch bezeichnen, aber Sena als Freundin zu haben brachte für sie viel mehr Vorteile mit sich als sie zunächst gedacht hatte. Sie war froh die Ältere angesprochen und mit ihr in Kontakt geblieben zu sein. Zwar war sie sich noch nicht so sicher wie und wieso die jetzige Queen das getan hatte, aber sie würde sich auch nicht beschweren. Als Hanagumi-Princess und damit im zweiten Stock hatte man wirklich ein recht leichtes Leben im Vergleich zum ersten Stock, im Erdgeschoss oder gar im Keller. Weder sie noch Nene hatten Sena je vom Keller erzählt und es würde wohl auch keiner tun. Da unten lagen Leichen. Wörtlich. Wie auch immer. Mirio fand mal wieder keine Ruhe, rannte wie besessen ihr Zimmer auf und ab. Schon wieder fragte sie sich wieso sie damals mit diesen verfluchten Drogen angefangen hatte. Dabei hatte sie doch mal ein so gutes Leben gehabt. Freunde, Familie, Schule. Verdammt sie war sogar verliebt gewesen. Das hieß, bevor ihre Eltern ganz plötzlich und unverhofft den Löffel abgegeben hatten und sie mit ihren sehr sehr jungen Jahren auf einmal auf der Straße saß. Von der Welt allein gelassen war sie einfach zu den Nächstbesten gegangen, der sie haben wollte, der ihr versprochen hatte, dass es ihr nach dieser einen Spritze besser ging. Sie lies sich drauf ein. Zwei oder drei Mal. Immerhin hatte es sie zunächst auch nichts gekostet, doch dann wollte dieser Kerl Kohle sehen. Geld, dass sie nicht hatte. Immer wieder hatte sie diesen Kerl im Nacken sitzen gehabt, der sie auf die Straße geschickt hatte, wo sie den letzten Rest ihres Stolzes ertränkt hatte. Irgendwann hatte sie Gaichi entdeckt, war zu ihr gekommen und hatte sie prompt gekauft. Jahrelang im ersten Stock konnte das nur eine Besserung sein. Dabei fühlte sie sich in Röcken, Kleidern und so weiter gar nicht wohl. Wannimmer sie die Gelegenheit hatte kramte sie die Jogginghose raus, die sie von Sena geschenkt bekommen hatte und zog ein bis oben geschlossenes Hemd an. Sonst wurde sie immer in diese blöden, viel zu kurzen Röcke, diese hässlichen Strapse und was auch immer dem Senka-Star gerade einfiel gesteckt, auch wenn sie zugeben musste, dass man als Princess eine durchaus adrette Gaderobe haben durfte.Es gab ein paar verrückte Kunden, die einem Geschenke schickten, Kleidung und Schmuck, Kärtchen daliesen und Aufmerksamkeit wollten. Mehr oder minder konnte man sich als Princess durchaus verwöhnt fühlen, wenn man von der Arbeit mal ganz absah. Wenigstens hatte sich der Sex aufs fast mindeste reduziert, denn für die junge Frau gab es nichts ekligeres als einen nackten Mann. Nervös kratzte sie sich über den Arm, fühlte, wie sie diese schon fast wieder aufkratzte und krallte sich nur noch fester in die Haut. Der Schmerz lenkte wenigstens ein bisschen von den Gedanken ab, den sie nur in eine Richtung lenken konnte. 'Kontrollier dich ein bisschen mehr', hatte Sena gesagt. 'Es ist alles eine Frage des Willens. Und wenn du es wirklich willst kommst du davon auch runter'. Leichter gesagt als getan. Sie wusste, dass Sena noch nicht einmal Zigaretten schief ansah, geschweigedenn Alkohol, wenn sie nicht dazu gezwungen wurde. Normalerweise hatte sie sich in diesem Zustand immer zu Nene geschlichen, mit der sie sich hervorragend verstand. Die Frau, die sogar noch länger hier im Sky Stage war als Mirio selbst, verstand es sie zumindest einigermaßen ab zu lenken. Unglücklicherweise hatte Nene gerade Kundschaft und war wohl für die nächsten zwei Stunden noch voll ausgebucht. Die Hoshigumi-Princess hatte komischerweise eine ziemlich lange Liste an Kunden am Tag, wogegen Mirio meistens einige Lücken darin auffand. Konnte ihr nur Recht sein. Dass sie und Nene zusammen in den zweiten Stock gekommen waren war ihnen beiden komisch vorgekommen, aber schnell hatte sich gezeigt, dass Sena da wieder ihre Finger im Spiel hatte. Man munkelte sogar, dass sie in Mirio's Fall den Hanagumi-Lead betört hatte. Bei Nene war es offensichtlich, dass Hoshigumi keinen Einfluss hatte, aber sowieso war sich Mirio sicher, dass Hoshigumi generell wenig Einfluss auf das jetzige Geschehen hatte. „Mirio!“, hörte sie es rufen und sprang von ihrem Platz auf, fuhr herum. Yurika stand in der Tür. „Mach dich hübsch. Du hast spontanen Besuch.“ Die junge Frau nickte etwas, doch bevor Yurika die Tür wieder schließen konnte hechtete sie in deren Richtung. „Yurika! Yurika bitte warte.“ Der Guard öffnete die Tür etwas mehr und sah zu ihr. Mirio fühlte seine Blicke als sie auf den Boden starrte und nervös von einem Fuß auf den anderen trat, dabei weiter über ihren Arm kratzte. „I-ich... könnte ich... ich meine...“ „Nein.“ Die junge Frau sah auf, schluckte hart. Der Guard schlug ihre Hand von ihrem Arm, in den sie sich verkrallt hatte. „A-aber... aber...“ „Nein. Gaichi hat mir strenge Anweisungen gegeben.“ Er lehnte sich etwas weiter rein. „Und ganz unter uns: selbst die geringere Dosis ist für dich noch viel zu viel. Jeder andere an deiner Stelle wäre schon umgekippt. Eine ausgelassene wirst du doch wohl verkraften.“ Mirio schluckte hart als Yurika die Tür schloss. Geringere Dosis? Sie hatte gar nicht gemerkt, dass man ihre Dosis verringert hatte. Aber dann wiederum bekam man hier drin als Mädchen sowieso nichts gesagt. Dennoch kam sie nicht darum herum sich zu fragen wieso. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum, machte auf dem Absatz kehrt und ging zum Schrank, kramte darin herum und griff einfach nach dem erstbesten Teil, dass ihr zwischen die Finger kam. Hotpants würden wohl reichen, ebenso wie das enge Shirt. Sie würde es ja sowieso nicht lange tragen. Nachdem sie die Sachen angezogen hatte, ebenso wie das Make-up nachgerichtet hatte, kämpfte sie mit den viel zu kleinen Schuhen, die ihre Vorgängerin dagelassen hatte. Dennoch weigerte sich Gaichi neue zu verteilen und Mirio hatte auch nicht das Rückrad um danach zu fragen. Die junge Frau war generell nicht besonders mutig. Auf ein weiteres kurzes Klopfen reagierte sie in ihrer Hast kaum, brach aber geradezu in Panik aus als die Tür einfach aufging, sodass sie rückwärts aufs Bett kippte. „Immer langsam mit den jungen Pferden“, kam es lachend von dem jungen Mann, der da gerade eingetreten war. Die stimme kannte sie doch und es zauberte ihr tatsächlich ein Lächeln auf die Lippen. Es gab nicht viele Menschen, die sie mochte, aber dieser war einer davon. „Masao!“, rief sie freudig, schaffte es aber nicht auf zu stehen und blieb desshalb auf dem Bett sitzen. Der junge Mann kam mit einem Lächeln zu ihr, nahm die Sonnenbrille ab und setzte sich zu ihr. „Lange nicht gesehen. Wie geht es dir?“ Mirio fühlte das Zittern ihrer Finger und generell ihres Körpers. „Naja... wie solls mir schon gehen?“, antwortete sie mit bebender Stimme, zwang sich ein weiteres Lächeln auf. Der Yukigumi-Guard berührte sie an der Wange, begutachtete sie einen Augenblick. „Du siehst echt scheiße aus. Haben sie dich wieder auf Entzug gesetzt?“ „Mehr oder minder... Ich hab heut noch nichts bekommen.“ „Dann bist du ein sehr glückliches Mädchen.“ Mirio legte den Kopf schief und sah zu, wie der Mann in seine Innentasche griff und ihr die Glasphiole in die Hand drückte. „Teru unten verlangt echt ein Schweinegeld damit er mir das durchgehen lässt.“ Die junge Frau war irgendwo zwischen Freude und Verwunderung, fühlte noch immer das Zittern in ihren Händen, schluckte hart. Kontrolle war anders. Sie wusste, dass sie das brauchte. „Teru ist unten?“ „Seit neustem, ja. Sitzt Strafe ab weil sich Shio mal wieder rausgeschlichen hatte.“ Es war kein Geheimnis, dass Shio ab und an ihr Zimmer verlassen hatte um ein paar der Mädchen 'genauer unter die Lupe zu nehmen', wie sie es so schön ausgedrückt hatte, und als Queen hatte auch niemand etwas dagegen gesagt. Als Princess hatte man die Regeln für sie angezogen und auch Teru als Shio's persönlicher Guard war davon nicht unangetastet geblieben. Bei den Servants im Gang zu stehen war so ziemlich der beschissenste Job, den ein Angestellter von Gaichi überhaupt haben konnte. In den Gängen stank es furchtbar und man hatte seine Ohren überall zu haben um notfalls die ungeliebte Kundschaft raus zu werfen wenn sie sich regelwiedrig verhielt oder notfalls ein paar ausreißende Mädchen wieder zurück zu holen. Mirio schluckte erneut. „Und... und das ist echt okay?“ „Du kannst mir ja eine kleine Show geben um mich zu bezahlen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)