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Von wilden Schwänen, Pfefferkuchenhäuschen und ganz normalen Hexen...

von

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Sturm der Veränderung

Author's Note: Kein freundliches Weihnachtskapitel, aber so ist das bei Märchen, vor dem Happy End wird erst einmal alles schlimmer... Ich hoffe es gefällt trotzdem. Im Übringen danke ich Futhiro und Ran für ihre lieben Kommentare, und den Freischalten für ihr schnelle Arbeit.
 

Als Elisa die ersten Anzeichen des Wintersturms bemerkte, machte sie sich noch keine Sorgen. Adalar kannte sich bestens mit dem Wetter aus und auch ihre anderen Brüder besaßen, genau wie sie selbst, einen angeborenen Wettersinn. Sie würden schon rechtzeitig zurückkehren, ehe sie völlig durchnässt wären und es gefährlich wurde.

Elisa blätterte in dem alten Buch, welches um 1800 herum gedruckt worden war und las einige der Märchen. Die Art zu erzählen war doch noch anders als die heutige, aber zumindest hatte sie keinerlei Probleme mit der Schrift. Wer es gewöhnt war alte Bücher aus einer Burgbibliothek, welche über die Jahrhunderte entstanden war, zu lesen, der eignete sich automatisch die Lesefähigkeit der Frakturschrift an. Nur hin und wider vertauschte sie ein K mit einem R oder ein E mit einem C, weil diese Buchstaben sich ziemlich ähnelten.

In dieser Ausgabe stieß sie auf eine der typischen Feenmaidsagen. Hier war es ein Schwanenkleid, welches der Held der Maid stahl um sie zur Ehe zwingen zu können.

Elisa schnaubte, laut ihrer Großmutter, hatte einer ihrer Ahnen genau so etwas getan, was der Grund für die besondere Fähigkeit ihrer Familie wäre.

Elisa mochte diese Art von Märchen nicht. Im Endeffekt lief da doch alles auf eine Zwangsheirat mit einem tyrannischen Ehemann hinaus, der sich kein bisschen um das Wohl seiner „Liebsten“ scherte, sonst hätte er die Chose mit dem Federkleid oder Robbenfell gleich bleiben gelassen!

Wind rüttelte an den Läden ihres Fenstern und Eisregen prasselte gegen die Scheibe. Elisa legte das Buch zur Seite um nachzusehen, ob ihre Brüder wieder zurück waren.

Zuerst klapperte sie die leeren Zimmer ihrer Brüder ab, dann sah sie in die Küche, doch dort war auch niemand und schließlich begab sie sich zu ihrem Vater und Babsy ins Wohnzimmer.

„Soll ich Kakao kochen? So quatschnass und durchgefroren wie die sein sollten, freuen sie ich sicher darüber.“, bot sie an.

„Gute Idee.“, meinte ihr Vater, „Es gibt übrigens eine Sturmflutwarnung. Sie sollten sich besser beeilen Windböen mit 130kmh sind nicht ohne.“

„Sie sind sicher bald wieder da.“, warf Babsy ein.

Elisa nickte nur und verwand Kakao kochen.

Eine halbe Stunde später waren ihre Brüder immer noch nicht zurück und der Kakao kalt. Eine Stunde später auch nicht. Und selbst zur Abendessenszeit als es schon längst dunkel war und der Sturm einen Höhepunkt erreicht hatte, ließen die sieben auf sich warten.

Elisa tigerte durch die Gänge der Burg. Wo blieben die nur. Schließlich traf sie ihren Vater auf ihrer Wanderung alleine an.

„Mach dir nicht zu viele Sorgen, Eli. Du weißt doch, wenn sie es nicht geschafft haben rechtzeitig heim zu kommen, werden sie sich verwandelt haben und irgendwo Unterschlupf gefunden haben Morgenfrüh sind sie bestimmt wieder da.“

Sie seufzte. „Keiner von ihnen hat sein Handy mit.“

„Du kennst den Grund.“

„Ja, tue ich. Aber Adalar wollte fotografieren, wenigstens er...“

„Hat er aber nicht. Morgen sind sie wieder da und alles ist gut, hm.“

„Du hast ja Recht.“

„Und wenn nicht ruf ich die Küstenwache an.“

„Was willst du denen denn erzählen? Meine Söhne haben Gestern als Schwäne einen Ausflug gemacht und sind nicht zurückgekommen, bitte sehen sie doch nach, ob sie irgendwo einen verletzten Schwan finden. Es könnte mein Sohn sein!“, murrte Elisa. Die Begabung ihrer Familie sich in einen Schwan zu verwandeln war schon etwas tolles, nur nicht, was man einem Otto-Normalbürger auf die Nase binden sollte, weil der einem das kaum glauben würde. Staatlichen Institutionen davon zu berichten, ging schon mal gar nicht.

„Natürlich nicht. Aber das sie spazieren waren und nicht zurückgekommen sind, kann ich sagen. Dann werden sie schon nach ihnen suchen. Eli, es ist ganz bestimmt alles gut, sie sind Morgenfrüh wieder da, du wirst schon sehen!“, beruhigte Gernot sie, „Magst du eine heiße Milch mit Honig, damit du besser einschlafen kannst? Es ist schon spät.“

„Gut.“
 

Der nächste Morgen kam, doch Elisas Brüder kehrten nicht zurück und die Suche der Küstenwache nach ihnen blieb erfolglos.

Nur langsam drang die Entgültigkeit des Geschehenen zu Elisa durch. Als die Wochen ins Land zogen und es keinerlei Lebenszeichen von ihren Brüdern gab, suchte sie ihre Trauerkleidung wieder heraus, welche sie doch erst vor gar nicht so langer Zeit abgelegt hatte.

In der Schule ging sie den meisten ihrer und Svantes Klassenkameraden aus dem Weg, da sie deren mitleidige Blicke nicht ertrug.

Trotz der äußeren Zeichen ihrer Trauer kam es gelegentlich vor, dass sie in Svantes Zimmer ging um ihn zu fragen, ob sie joggen gehen wollten oder sie suchte Tammo in der Bibliothek, weil sie sich von ihm bei den Hausaufgaben helfen lassen wollte oder sie stürmte in Rijkerts Zimmer, weil ihr Rechner zickte und sie ihn bitten wollte das in Ordnung zu bringen. Tausend Selbstverständlichkeiten und Kleinigkeiten, die so normal gewesen waren und sie aus der Bahn warfen, wenn ihr wieder einfiel, das ihre Brüder nicht da waren und sie, sie sehr wahrscheinlich nie wieder sehen würde.

Gernots Haar war grau geworden, neue Sorgenfalten zogen sich durch sein Gesicht und er kümmerte sich kaum noch um die Verwaltung des Hotels, welche Babsy für ihn zu übernehmen begann.

Elisa fiel nicht auf, dass Babsy in ihrer Rolle als Verwaltungsmanagerin, seriöse Nadelstreifenkostüme trug und erstaunlich fachkompetent war. Genauso wenig bemerkte Gernot, dass sich seine Verlobte um ihn und das Hotel, aber keineswegs um seine Tochter kümmerte. Das Einzige, was er von Babsy vehement forderte war, dass die Zimmer seiner Söhne genau so blieben, wie sie am Tag ihres Verschwindens gewesen waren.

So sehr wie Elisa in ihrem Elend versunken war, kam es einem Schock gleich als Babsy ihr eines Tages Ende Januar eröffnete, sie würde für die Dauer notwendiger Reparaturen bei einem befreundeten Ehepaar untergebracht.

Völlig verwirrt folgte Elisa ihr, als Babsy ihr eine Reisetasche in die Hand drückte und sie aufforderte Sachen für mehrere Wochen zu packen, bei Bedarf würde sie ihre Dinge nachschicken, aber sie hätte viel zu tun also sollte Elisa besser nicht darauf vertrauen.

Gernot wehrte sich nicht gegen dieses Arrangement und selbst als Elisa lautstark protestierte meinte er nur: „Etwas Abstand wird uns beiden vielleicht ganz gut tun.“

So ganz konnte Elisa nicht begreifen, wie es gekommen war, dass sie plötzlich bei Kirsten und Harko, wie sie die beiden nennen durfte, wohnte.

Ganz schlecht hatte sie es nicht getroffen, die beiden, alte Freunde der Familie, kümmerten sich rührend um sie, was sie aber nicht wirklich annehmen konnte.

So schlurfte sie also lustlos von Kirstens kleinem Haus zu ihrer Schule und Nachmittags wieder zurück. Der Alltag wollte nicht wirklich einkehren. Sie kam sich vor als umhüllte sie eine dicke Eisschicht, die nicht zuließ, dass irgendjemand an sie heran kam, sie wollte es auch gar nicht anders.

Als der Frühling einkehrte schaute sie jedes mal zum Himmel, wenn sie Schwäne rufen hörte. Selbst mitten in der Nacht weckte der Schwanengesang sie und sie stürzte ans Fenster um zu sehen, ob es nicht ihre Brüder seien, doch vergebens.

Nach und nach schwand ihre Hoffnung auf ein Wunder und sie begann sich wieder etwas mehr im Alltag zurecht zu finden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ran34
2011-12-26T10:56:09+00:00 26.12.2011 11:56
TT.TT
das ist sooooo~ traurig!
Meine Güte, jetzt hab ich doch echt schon ein paar Leute zum weinen gebracht und jetzt fängst du auch noch an! *schief*
Aber ich bin der festen Überzeugung, dass sie sie wiedersehen wird! >.<

lg~
Von: Futuhiro
2011-12-25T20:28:34+00:00 25.12.2011 21:28
Och, wie böse Q___Q
Ich dachte, Eli wäre auf diesen Ausflug mitgegangen. Ist sie doch daheim geblieben? Ich hoffe jedenfalls, die Brüder tauchen wieder auf, irgendwann.

... und danke für die Widmung *freu* ^^


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