Staffel 7 ~ Möge die Heilung beginnen von abgemeldet (Fiktive siebte Staffel von 'Grey's Anatomy') ================================================================================ Kapitel 1: I. Sechs Monate -------------------------- „Diejenigen die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschiedes. Der zurückbleibt leidet. Tatsache ist, dass der Schmerz nicht so einfach verschwindet. Schmerz wird Phantomschmerz, wirkt so unreal und bleibt doch immer bestehen. Wer gegangen ist und nun nicht mehr unter den Lebenden weilt hat diesen Schmerz abgelegt, wie ein überflüssiges Stückchen Haut. Der Schmerz bleibt bei den Lebenden zurück. Sie sind es die Leiden und sich Nacht für Nacht quälen um die Leiden, den Pein wieder los zu werden. Uns bleibt nur zu hoffen, dass er eines Tages wieder verschwindet oder wir ganz einfach lernen mit dem Schmerz zu leben. Doch leider ist das nicht so einfach, denn dazu muss man sich erst eingestehen, dass man leidet und Schmerzen fühlt….“ (Meredith Grey) I. Die Geister der Vergangenheit 1. Kapitel: Sechs Monate Sechs Monate. In sechs Monaten kann sich eine Menge verändern. Manche Menschen verlieben sich, andere finden ein neues zu Hause oder verlieren ihre Heimat. Vielleicht schaffen manche ihren Schulabschluss oder entdecken eine neue Arbeit. Das Gute kämpft gegen das Böse. Man wird reich, arm, empfindet Hass, Trauer und Sehnsucht. Liebt. Erlebt Höhen und Tiefen. Und doch können sechs Monate wie im Fluge vergehen. Die Zeit läuft an uns vorbei und ab und zu geschieht es, dass wir zu Marionetten werden. Gefangen in unserem eigenen Körper. Wir machen weiter. Wir funktionieren, doch genau das führt dazu, dass sich alles verändert. Eines Tages wacht man auf und weiß nicht mehr, weshalb man hier ist. Sechs Monate. Vor sechs Monaten geschah ein tragischer Zwischenfall im Seattle Grace – Mercy West Hospital. Ein Mann lief Amok. Ein Massenmörder, der nur dem Ärger und der Trauer in seinem Herzen Luft machen wollte und dabei so viele andere, so viele unschuldige Seelen, in ein tiefes schwarzes Loch stürzte. Er schuf Marionetten. Jene, die nicht mehr mit der Zeit gingen, sich nicht mehr veränderten, sondern resigniert zurück blieben und den Toten nach sahen. Sechs Monate. Zeit der Resignation. Zeit der Trauer. Zeit der Wut. So vielfältig waren die Gefühle, beinahe so als hätte jeder Betroffene ein anderes Gefühl aus einem dicken Katalog gewählt. Und doch gab es etwas, das jeden Arzt, jeden Betroffenen gleich machte: An diesem schrecklichen Tag im Krankenhaus hatte jeder etwas verloren. Nun war es an der Zeit weiter zu machen, sich zu bewegen und die Zeit der Resignation zu überwinden. Die Veränderung, so schleppend wie sie kam, zog Kreise, wie ein kleiner Kieselstein, der in einen stillen See fiel. Am Morgen des 02. Februars erwachte Meredith Grey das erste Mal seit langem alleine in ihrem großen Bett. Sofort als sie erwachte, sah sie es wieder vor sich. Die furchtbare Sequenz, die ihr Leben veränderte. Ihr Mann wurde erschossen und nur mit viel Glück und viel Liebe überlebte er. Doch das Leben hatte sich verändert. Sie war nicht mehr die gleiche Frau und eigentlich sehnte sich Meredith nur noch nach der Rückkehr in ihr altes Leben, aber das war nicht mehr möglich. Seufzend setzte sie sich auf. Ihr Blick wanderte hinüber auf die andere Seite des Bettes, doch von ihrem Mann fehlte jegliche Spur. Heute hielt die Normalität wieder Einzug. Seit einem Monat arbeitete er wieder und hatte jetzt zum 01. Februar jegliche Pflichten des Chefarztes abgegeben. Alles war so wie früher. Nur sie nicht mehr und auch ihre Freunde waren nicht mehr die gleichen. An jeden einzelnen nagten die schrecklichen Erfahrungen, weshalb sich tiefe Schatten in Meredith Gesicht gebildet hatten. Schlurfen und langsam wanderte sie ins Badezimmer und versuchte wenigstens halbwegs wach zu werden und den Fängen der Traumwelt zu entfliehen. Laute Geräusche drangen an ihr Ohr. Nicht vom Gewitter, das mal wieder über Seattle tobte, sondern von ihren zahlreichen Mitbewohnern. Viele Menschen hatten schon unter diesem Dach gelebt. Angefangen hatte alles an ihrem ersten Arbeitstag im damals noch Seattle Grace Hospital. Während sie Zähne putzte, wanderte ihr Blick in den Spiegel. Unter ihren Augen lagen tiefe Schatten und ließen ihr hageres Gesicht noch eine Spur schmaler erscheinen. „Izzie und George.“ Ja, mit ihnen hatte es damals angefangen und sofort trat ein gequälter Gesichtsausdruck auf ihre Züge zurück. Was war nur geschehen? George hatte sich heroisch selbst geopfert um einen anderen Menschen zu retten und Izzie hatte sich selbst verloren, nachdem sie den Krebs erfolgreich besiegte. Beide waren aus ihrem Leben verschwunden. Unwiederbringlich verloren. Hoffentlich hatte wenigstens Izzie zu einem glücken, freudvollen Leben voller Lachen zurückgefunden. Das Lächeln wurde eine Spur sanfter. „Alex...“ Ein Mitbewohner, der sich als äußerst hartnäckig herausstellte, denn trotz all der Qualen, die er in den letzten Jahren erdulden musste, kehrte er immer wieder in das Haus von Meredith Grey zurück und auch wenn er sich als unglaublich nerviges Subjekt herausgestellt hatte, so war er ein wahrer Freund, denn ganz gleich was für Schatten auf sie zugestürzt kamen: Er war da! „Sadie...“ Einst ihre beste Freundin, doch manchmal passierte es, dass sich Menschen auseinanderlebten. Irgendwann wachte man auf und fühlte die Erkenntnis in sich reifen, dass es kein zurück mehr gab. Keine Gemeinsamkeit – kein gemeinsamer Blick in die Zukunft. Vorsichtig tupfte sie sich etwas getönte Gesichtscreme auf die Augenringe. „Mark und Lexie...“ Ihre kleine Halbschwester. Das Superhirn aber vor allem eine Freundin. Anfänglich hätte sich Meredith wohl nie träumen lassen, dass sie jemals so positiv für Lexipedia empfand, genauso wenig wie diese das wohl angenommen hatte. Doch letzenendlich hatte sich absolut alles zum positiven gewandt und nun hatte sie ein Familienmitglied, bei dem sie immer willkommen war. Während Lexie noch bei ihr wohnte, war Mark glücklicherweise schnell ausgezogen. McSteamy! Keinen Tag länger wäre ein Zusammenleben für alle beteiligten zumutbar gewesen. Blieben noch die letzten beiden Mitbewohner. Die Neuen! Die Gegenspieler! Aber das war vor dem Amoklauf. Jetzt war alles anders. „April und Jackson...“ Das letzte bisschen Make up fand seinen Weg in Meredith Gesicht, bevor sie sich mit einem tiefen Seufzen auf den Badewannenrand sinken ließ. Bei genauerer Betrachtung gab es wohl noch einen weiteren Mitbewohner. Den Wichtigsten von allen: „Derek...“ McDreamy. Der Traummann mit den tiefen, traurigen Augen, der ihr Herz eroberte und Meredith geheilt hatte. Er hatte sie verbessert und endlich zu dem Menschen gemacht, der sie immer werden wollte. Es blieb nur zu hoffen, dass sie auch bald wieder zueinander fanden, denn ein dunkles Geheimnis schwebte über den Ehepaar wie ein bedrohliches Damoklesschwert. Unruhig rieb sie ihre Handflächen ineinander, bis diese ganz rot waren. „Oh ... Derek...“ Mit einem traurigen, letzten Blick in den Spiegel, verließ Meredith das Bad und bemühte sich auch keinem weiteren Mitbewohner über den Weg zu laufen, als sie das Haus verließ. Da standen sie nun. Zu Viert vorm Spiegel und putzten Zähne wie kleine Kinder, die gerade zusammen ins Badezimmer gescheucht wurden. Alex Karev. Alexandra ‘Lexie’ Grey, Jackson Avery und April Kepner. Vier junge Assistenzärzte der Chirurgie und allesamt mit dem gleichen Schicksal geschlagen: Sie hatten überlebt. Dieses Ereignis schweißte zusammen und doch blieb das Misstrauen und der Konkurrenzkampf allgegenwärtig bestehen. So ging es nicht nur darum ein paar Kämpfe um die beste Operation zu bestreiten, sondern auch gewöhnliche Dinge, wie am schnellsten Zähne zu putzen gehörte mittlerweile zum Alltag der Vier. Keiner von ihnen sagte einen Ton, während sie Zähne schrubbten und sich zur Arbeit bereit machten. Ebenso schweigend verlief die Autofahrt ins Krankenhaus. Die beklemmende Stille hatte sich über die Assistenzärzte gelegt und schien einfach alles mit einem immerwährenden grau zu überziehen. Nichts mehr schien von Bedeutung, außer zu funktionieren und das tat ein jeder einzelner von ihnen. So trennten sich ebenso leise ihre Wege, als jeder seiner Arbeit nachging: Nun konnte der Wettkampf um die beste Operation des heutigen Tages in die nächste Runde gehen! Möge der Bessere, oder die Bessere gewinnen! Vielleicht siegte Alex Karev, der junge, ehrgeizige, leicht sarkastische und zeitweise auch cholerische Arzt. Routine war das, was ihm gut tat und so verbrachte er seine Zeit in der Wohlfahrtsstation, in der er wenigstens nicht mit Liebe und Gefühlen konfrontiert wurde! Wer brauchte schon die Liebe? Die Liebe schwächte das Herz und verleitete einen zu Hoffnungen, doch letzenendlich wurde einem das Herz gebrochen. Er knirschte leise mit den Zähnen, als er die Handfläche einer jungen Frau zusammennähte, die sich ungeschickt beim Kochen geschnitten hatte. „... Ist alles okay?“, fragte die Blondine leise nach und sah in das düstere Gesicht ihres Arztes. Die Zähne fest aufeinandergepresst warf er ihr nur einen kurzen Blick zu. „Alles okay.“ Eine überaus knappe Antwort, die gerade aber reichen musste. Die Arbeit an ihrer Hand war erledigt und so konnte sich irgendeine Schwester um die Patientin kümmern. Karev’s komplette Körperhaltung sprach Bände: Er wollte in Ruhe gelassen werden! Vor allem von Frauen, die ihn an seine Ex-Frau erinnerten! Izzie. Sie hatte ihm nicht nur das Herz gebrochen, nein, sie hatte es in kleine Stücke zerpflückt und anschließend die Hoffnung mit sich genommen. Dr. Model. Das war sie wohl und tief in sich fühlte Alex noch immer die Gewissheit, dass sie die Richtige war. Ava, Lexie und all die anderen hatten nicht diese warmen, karamellbraunen Augen von Izzie, ihre liebevollen Umarmungen in die er sich stets geflüchtet hatte und ihre sarkastische Kommentare in die er sich wohl verliebt hatte. Sie hatte ihn verlassen. Nicht nur sie hatte er im vergangenen Jahr verloren, sondern so viel mehr. Freunde. Familie. Das einzig Gute, was ihm passiert war, war die Tatsache, dass man ihn angeschossen hatte! So hatte er wenigstens eine richtige Kriegsverletzung, mit der er angeben konnte! Und das nutzte er doch gleich mal bei der entzückenden kleinen Schwester, die sich der Nachsorge seiner Patientin annahm, aus... Aber all seine Gedanken und Unternehmungen rückten in den Hintergrund, als sein Pieper sich penetrant und unnachgiebig meldete. Schrill summte das kleine Gerät vor sich hin, bis er als sein Besitzer es betätigte. „Notaufnahme...?“, fragte er leise und zuckte mit den Schultern. Hoffentlich unternahm Dr. Hunt nicht wieder den Versuch ihn abzulenken. Das wurde allmählich überaus ermüdend und zeitweise auch sehr anstrengend. Der Unfallchirurg schien täglich neue Höchstleistungen zu verlangen. Wenn Alex raten müsste, dann war das einfach nur ein Resultat der Liebe, denn auch Owen Hunt hatte sein Herz verloren und seine Herzensdame war wohl im Begriff dieses zu brechen... Es war jedoch nicht Dr. Hunt der diesen Notruf abgesetzt hatte. Dieser hatte anderes zu tun. Mit geschlossenen Augen stand er in Mitten eines großen Gitters und ließ sich die aufsteigende Heizungsluft die vom Boden nach oben stieg um die Nase wehen. Leicht hielt er seine Arme ausgestreckt und erinnerte dabei an einen rothaarigen Engel. Sein weißer Kittel wehte leicht um seinen Körper, während er tief durch atmete und die Luft durch seine Lungen strömen ließ. So hörte seine Gedanken auf zu kreisen, sondern wurden ganz klar und ruhig. Sechs Monate konnten das ganze Leben über den Haufen werfen und in Anbetracht der Situation, dass er als ehemaliger Soldat gerade erst in das Leben zurück gefunden hatte, war das alles nicht sonderlich leicht zu ertragen. Es fühlte sich falsch an. Alles war nicht richtig. Seine Gefühle waren falsch. Vor sechs Monaten hatte er sie verloren: Die große Liebe. Cristina. Ihr hatte er die Rückkehr unter die Lebenden, das Überwinden seines Traumas zu verdanken! Sie hatte ihm geholfen und er war gescheitert, denn Dr. Cristina Yang ließ sich von niemanden helfen. Weder von ihm, noch von ihrer besten Freundin, der verdrehten Schwester, Meredith Grey oder anderen Freunden. Sie war zur Einzelkämpferin geworden, der man die Trauer, die Angst und die Distanz zum Leben ansehen konnte. Das Leben strich an ihr vorbei und auch an ihm. Er war gelähmt und unfähig zu handeln. Schon lange nicht mehr hatte er sich so verloren in der Welt gefühlt und so blieb nur eines übrig: Er musste weiter machen und wenigstens für seine Patienten funktionieren! Sein Pieper rüttelte ihn wach, weshalb er sich mit einem kleinen Seufzen aus dem Lüftungsraum zurück zog. Hier war sein sicherer Hort, den der daher auch besonders gut verschlossen hielt. Mit eilenden Schritten hetzte er durch den Gang, schnappte sich im Vorbeilaufen einen dünnen Plastikkittel, der sich überwarf und schließlich neben Dr. Karev, Dr. Avery und einer jungen Anfängerin zum Stehen kam. Ganz dumpf und leise drangen die Sirenen des Krankenwagens an seine Ohren. „Was haben wir?“, wollte er monoton und mit seiner typisch dunklen, leicht rauchigen Stimme wissen. „Laut den Sanitätern einen jungen Mann, der unter schwerer Atemnot litt.“, klärte Dr. Kepner sogleich auf. Eine Augenbraue des rothaarigen Arztes wanderte leicht nach oben. „Das war es?“, wollte er nochmal wissen. „Mehr wurde mir nicht mitgeteilt, Dr. Hunt.“, gab sie Kleinlaut zu verstehen. Vollkommen untypisch, dass sie nicht mehr wusste ließ sie ihr Haupt leicht sinken. Eine eigenartige Stille legte sich über die wartenden Ärzte, als sich Dr. Meredith Grey zu ihnen gesellte. Dr. Harper, die Jüngste im Bunde, trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Sie war hier das Bambi. Die Neue, die noch nichts zu sagen hatte, weshalb sie wie abgeschoben in der zweiten Reihe hinter den übrigen Ärzten stand. Wie gefesselt starrten ihre dunklen, braunen Augen auf die Zufahrt, während ihre leicht gelockten haselnussbraunen Augen im Wind wehten. Ihr elfengleiches Gesicht vervollständigte ihre Erscheinung: Sie war zierlich und wirkte ein wenig zerbrechlich wie eine Porzellanpuppe. Doch hinter ihrer anmutigen Erscheinung lauerte eine Kriegerin, die gewillt war, sich gegen alle Mitkonkurrenten durchzusetzen. Mit lauter Sirene und quietschenden Reifen kam der Krankenwagen vor ihnen zum stehen und so fort geriet Bewegung in die Gruppe. Der Sanitäter klärte mit raschen Worten auf: „Toby McDuff; 15 Jahre alt. Transplantationskandidat. Beim Eintreffen litt er unter starken Atembeschwerden, weshalb eine Intubation unausweichlich war. Er ist Hypoton und wurde während der Fahrt bewusstlos...“ Die Türen des Krankenwagens wurden aufgerissen. Alex und Meredith erstarrten, als sie erkannten, wer neben dem Patienten hockte. „.... Burke??“, brachten beide voller Perplexität heraus. „Ich habe schon viele Schmerzen im Leben gesehen und am schlimmsten sind wohl die Schmerzen, die durch die Liebe ausgelöst werden. Oder nicht?“ (M.G.) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)