Conspiracy von Aurora-Silver (Verschwörung) ================================================================================ Kapitel 12: (K)eine lustige Schifffahrt --------------------------------------- Das weite Meer... Mitten auf hoher See. Dort trieb das kleine Fischerboot vor sich hin. Der Morgen war bereits angebrochen, und der Himmel strahlte in einem gleißend hellen Licht. Leider war dies nicht das einzige, das 'gebrochen' war... "Warum hast du schon wieder nichts gesagt?" Matthew hing wie ein Schluck Wasser über den Rand des Bootes, und musste erneut Kritik einstecken. Sein Gesicht war kreidebleich, und ein Blick in seine Augen verriet, dass er im Geiste alles andere als anwesend war. Das offene, weite Meer machte die Situation nicht besser, denn es war fast unmöglich, auszumachen, wo die beiden sich befanden. "...Isses noch weit...?" hörte man Matthew stöhnend klagen. Da rollte der Veteran mit seinen Augen. "Ich habe keine Ahnung." raunzte er. Die strahlend helle Sonne, die bald hoch am Himmel stand, ließ die Temperaturen in sommerliche Höhen steigen. Matthew's versuch, sich in den wenig vorhandenen Schatten zu bewegen, endete fast mit einem Platscher im Wasser. "Sei vorsichtig, mein Freund. Bei dir dreht sich ja alles." war der Diener besorgt. "In deiner Tasche befindet sich nicht zufällig ein bisschen Medizin dafür?" Matthew schüttelte den Kopf. "Ich habe... die Tasche vorhin bereits durchsucht... Nichts." "Dann versuch wenigstens, was zu trinken." Walther hielt ihm die Wasserflasche vor die Nase, und Matthew kippte hastig das Wasser seine Kehle hinunter. "Übertreib's nicht, Junge!" Nach einem lautem Rülpser, legte er sich wieder über die Kante des Bootes. Sein Magen machte deutlich, dass er eigentlich Hunger hätte... Erkennbar am lautstarken Grummeln. Langsam begann er, sich ein Stück mehr über die Bootskante zu beugen - und letztlich kam ihm eine Idee. "Mit etwas Glück... könnten wir vielleicht etwas zu Beißen bekommen." Er setzte sich vorsichtig hin, versuchte, die Balance zu halten und befreite schließlich seinen plüschigen Affenschwanz, den er immer vor der Öffentlichkeit so gut wie möglich unter der Kleidung versteckt. Ohne zu zögern, ließ er das Körperteil wie eine Angelrute ins Wasser gleiten, und wedelte vorsichtig damit umher. "Das halte ich für keine sonderlich gute Idee..." "Willst du lieber verhungern? Ich habe jedenfalls keinen Proviant in der Tasche entdeckt. Nur deine Pillen, Zigaretten und eine Wasserflasche..." "..." "Und falls du dir seltsamerweise Gedanken um mein Wohl machst... ich hab das schon öfter so gemacht und es hat funktioniert, ohne Schaden." "...Bis ein Hai kommt." "Hier gibt's keine Haie, so ein Blödsinn! Und jetzt sei ruhig, du verscheuchst die Fische..." ... Es verging einige Zeit, doch egal wie lange Matthew die Rute im Wasser hielt, es schien einfach nichts anzubeißen. "Nicht einmal ein klitzekleines Knabbern..." Matthew war schon fast eingenickt, da schreckte er wieder hoch. "Nur, weil es einmal klappt, heißt es nicht, dass es immer klappt." "Das war nicht nur ein mal... Ich habe damit früher bereits Fische, Krabben und andere Wesen gefangen!" "Du hast Krabben gefangen..." "Ja, hab ich!" "Und das tat dir überhaupt nicht weh, in den Schwanz gekniffen zu werden?" In diesem Moment schreckte Matthew ein weiteres Mal auf - was auch immer da an seiner Rute zog, es war in der Lage, ihn ins Wanken zu bringen und ins Wasser zu ziehen! Auch nach mehren Sekunden tauchte er nicht wieder an der Oberfläche auf... Als Walther kurz davor stand, ins Wasser zu springen, schäumten Blasen an der Wasseroberfläche. Der Soldat streckte sich, je näher diese Blasen kamen, und packte blind zu... "...Was bist du denn?" Walther hielt ein pelziges Tier am Nacken fest, und dieses Tier hatte sich an Matthew's Jacke geklammert. Glücklicherweise tauchte er so ebenfalls wieder an der Oberfläche auf und Walther konnte ihn ins Boot ziehen. Nachdem Matthew einiges an Wasser spuckte, tief Luft holte und sich zu beruhigen versuchte, wandte er den Blick ab, beschämt. "...Lass mich raten. Schwimmen kannst du also auch nicht?!" "Ich bin ein Feuer-Elementar... Große Massen an Wasser bereiten mir für gewöhnlich Probleme, ja... Vor allem, wenn ich unbewusst hinein falle..." Er schüttelte den Kopf. "Na los, lach mich doch aus! Ich bin ein Nicht-Schwimmer." "Dafür ist nun wirklich keine Zeit, Matthew." sprach der Affe. "Beruhige dich." Den Kopf gesenkt, bemerkte der den blinden Passagier nicht, den Walther in seiner Hand hielt. "Mrrrrrrr!" das Tier gab einige unzufriedene Geräusche von sich, und schüttelte sich schließlich frei. "...Wer ist das?" wunderte sich Matthew, als das Tier in seinen Blickwinkel geriet. "...Ein Waschbär?" "Jedenfalls kein Kappa. ...Das Ding hat an deiner Jacke geklebt, und vielleicht sogar versucht, dich heraus zu ziehen... doch das würde ich mit großer Vorsicht genießen." Der Waschbär kletterte an die Front des Fischerbootes und stieß murrende Laute aus. "Miau, wenn ich auch einmal was sagen dürfte?" "Was denn?" "Das ist kein gewöhnlicher Waschbär! Der kleine ist ein Diener!" Matthew war verwundert. "Was machen Waschbären... oder, Waschbärdiener, so weit draußen auf dem Meer?" "Mrrrrrr!" der Diener kratzte sich am frustriert am Kopf, sprang dann auf Matthew's Schoß und versuchte, zu kommunizieren. "Mrrrr, mrr mrrrrrr!" "Tut mir Leid, ich verstehe deine Sprache nicht, Kleiner." er wandte sich an seinen eigenen Diener. "Verstehst du ihn?" "Leider nicht gänzlich. Aber es kann gut möglich sein, dass er weiß, wo wir sind. Und, wo wir lang müssen, eventuell auch." "Das weißt du? ...Und, du hast nicht zufällig... ...ähm, Essen? Fisch? Nomnom? Du weißt schon?" Der Diener schien zu verstehen, da er freundlich nickte, und sogleich ins Wasser sprang. "Meint er das nun ernst...?" "Er scheint noch ein relativ junger Diener zu sein. Das ist irgendwie niedlich." sagte der Affe. "Er muss noch viel lernen, scheint aber sehr enthusiastisch." "Wenn er gar so nett ist, uns etwas zu Essen zu fangen... Wow." Nach wenigen Minuten tauchte der Diener wieder aus dem Wasser auf, und trug kleinere Fische in das Boot, ließ sie dort fallen und sprang noch einige Male mehr ins Wasser. Er fing einen mittelgroßen Fisch, und sogar einen Krebs. Erschöpft kletterte er ins Boot zurück, hob einen kleineren Fisch auf und begann selbst, zu futtern. Matthew streichelte das Wesen und stand kurz davor, freudig in den Fisch zu beißen... da legte der Diener die Ohren an und sah angsterfüllt hinauf: ein riesiger Schatten warf sich bald über das Boot! "In Deckung!" rief Walther, schnappte seine Tasche und griff nach Matthew, um ihn ins Wasser zu zerren. In diesem Moment rammte ein riesiges Schiff das kleine Fischerboot, und zerkleinerte es laut knarksend in mehrere Einzelteile... Das war knapp! "Ich will nicht absaufen, ich will nicht absaufen!" schrie Matthew, als er panisch an der Wasseroberfläche paddelte. Der kleine Waschbär schwamm unter seine Brust, um ihn wie ein Rettungsring über Wasser zu halten, und auch Walther gab ihm Stütze, wenn Matthew nicht gerade nach ihm schlug. Langsam hielt letztlich auch das große Schiff an. Der Zusammenstoß und die Schreie, die zu vernehmen waren, blieben nicht unbemerkt: der Captain des Schiffs ging der Sache nach, packte sein Fernrohr und erspähte letztlich die beiden. "Aiyoha, Schiffsbrüchige!" rief er, und ließ die Leiter an seinem Schiff herunter. Walther schwamm direkt darauf zu, und kletterte die Leiter hinauf, während er Matthew halbwegs hinter sich her zog. Der Diener kletterte ihm auf die Schulter. "Ist bei euch alles in Ordnung?" "Es wird schon gehen." antwortete Walther, und klopfte Matthew etwas härter auf den Rücken. Als er endlich zu sich kam, und seine Panik sich beruhigte, fand er den Augenkontakt zum Captain. Dieser lächelte ihn sogar an. "So sieht man sich wieder!" begrüßte er ihn. "Und dann auch noch so schnell." "George, richtig...?" "Genau! Der Captain, der Seemann, der Lieferungen nach Tenguuna und zurück bringt. Vor wenigen Tagen, alle Tage die Woche! Nennt mich gerne Captain P!" Matthew antwortete mit einem schwachen Lächeln, und ging dann wieder zu Boden. "Was ein Glück, dass ich euch gefunden habe!" "Glück? ...Du hast uns gerammt, 'Captain'..." raunzte Walther genervt. "Wir waren zwar nur in einem Fischerboot unterwegs, aber wir wären fast draufgegangen. Wegen dir." "Wegen... mir? Oh man." George kratze sich verlegen am Nacken. "Wie unangenehm. Ich schwöre, sowas passiert mir äußerst selten... und ich bin froh, dass es euch trotz allem gut geht!" Er überlegte scharf. "Ich mache es wieder gut. Ihr seid auf meinem Schiff herzlich willkommen, wo immer es auch hingehen soll!" "Wo immer es auch hingehen soll?" "Die Muscmaloire kann fast überall hin segeln! Allerdings... pendeln wir vor allem zwischen den verschiedenen Häfen hin und her." "Sie ist also mehr ein Handelsschiff..." "Hauptsächlich... Aber sie kann noch mehr!" George schien ziemlich aufgeregt. Er versuchte, Matthew auf die Beine zu bringen. "Du ruhst dich am besten in eine unserer Kabinen aus. Du wirkst ziemlich blass. Drinnen schwankt es nicht so sehr wie draußen. Und Essen gibt es hier auch! Ich sage der Dame gleich Bescheid." George tapste davon... "Na, der ist ja witzig..." murmelte Walther. "Ja... ...Moment, wie war das?" "Vergiss es." Der Veteran ging davon. "Mrrrr. Mrrrrrr..." Der Diener begann erneut, unzufrieden zu knurren. "Ja, tut mir Leid. Das war wohl leider nichts mit dem Essen. Aber wenn Captain P sagt, dass es Essen gibt, sehe ich keinen Grund, warum du nichts abhaben dürftest." mit diesen Worten schwankte er ins Innere des Schiffs. Walther blieb draußen. Vom ersten Eindruck her, wirkte das Schiff einladend. Zwar nicht allzu modern, aber wenigstens nicht verkommen oder gar verschimmelt. Hölzerne, braune Planken, kleine und größere Kabinen und Räume, mal mit Hängematten, mal mit gewöhnlichen Betten ausgestattet... und sogar ein größerer Raum mit einer Bar, perfekt um zu Speisen. Matthew staunte nicht schlecht. "Das darf Walther nicht sehen, sonst fängt er an, zu trinken." sagte er mit einem Schmunzeln. George lehnte sich an die Theke. "Er darf was nicht wissen?" "Er trinkt gerne einen über den Durst, habe ich das Gefühl. Und dann ist er erst recht für nichts zu gebrauchen." "Na, wenn das so ist. ...Darf ich vorstellen?" George verneigte sich vor der blonden Dame mit den bernsteinfarbenen Augen. "Dies ist Amber, unsere Barkeeperin, Köchin und Kellnerin! Die süßeste im ganzen Schiff!" "Ach, Captain P... Das ist nicht notwendig." sie schmunzelte, und lächelte dann auch Matthew an. "Freut mich sehr. Bitte sag mir Bescheid, wenn du etwas brauchst." "Alles klar!" hochmotiviert verließ George den Raum wieder. "Ich muss zurück an meine Position, und dann fahren wir erstmal zur Hafenstadt ein, wenns recht ist!" "Ja, ich denke, das geht in Ordnung..." stimmte Matthew zu. "Aiyohah! Volle Kraft voraus!" rief der Captain als er wieder das Steuer übernahm und die Muscmaloire stach sobald in See... "Sag mal, kann es sein, dass der Captain gerne Süßholz raspelt?" fragte Matthew amüsiert, als er seine Arme an der Theke aufstützte. "Ja, er ist tatsächlich nicht auf den Mund gefallen." bestätigte Amber, allerdings mit einem Lächeln. "Was darf ich dir bringen, ähm..." "Matthew." "Matthew, alles klar." "Du hast nicht zufällig Medizin da, die gegen Seekrankheit hilft? Ich habe zwar Hunger, aber ich vertrage Schifffahrten eigentlich nicht wirklich." "Mrrrrrr!" der Waschbär saß weiterhin auf Matthews Schulter und gab Töne von sich. "Ach ja, und bitte was Fischiges für den kleinen Kerl hier, wenn es keine Umstände macht." "Eigentlich sind Tiere an der Theke aus hygienischen Gründen nicht erlaubt..." lenkte Amber ein. "...Allerdings muss ich gestehen, dass der Kleine äußerst niedlich ist." "Wenn er nicht an die Theke darf, gehen wir woanders hin. Das ist kein Problem." Matthew schien Glück im Unglück zu haben, denn er bekam sowie die Medizin, als auch die Speise. Er nahm dankend an und verschwand aus dem Speisenraum. "Und... welche Kabine ist nun meine?" wunderte er sich. Doch ein Matrose, der nahe einer Kabine stand, wies ihm den Weg. Es war angenehm ruhig und die Schwankungen waren definitiv weniger zu verspüren. Es war schon fast perfekt. Matthew konnte endlich entspannen, und sogar einen Happen essen. "Moment mal... Warum konnte Amber dich eigentlich sehen? Das können doch eigentlich nur..." Der Diener sah Matthew mit großen Augen an. "Ahem... Nun, das ist so... Wenn die Diener noch jung und unerfahren sind, können sie sich noch nicht richtig tarnen." erklärte der Affe, und sprach aus seinem Seelenstein. "Für Amber muss er ausgesehen haben wie ein ganz normaler, junger Waschbär. Ohne die ganzen auffälligen Fellmuster, die ihn von seinen Artgenossen unterscheiden." "Also ist er für jegliches Menschenauge nur ein gewöhnliches, wildes Tier?" "Ganz genau." "Das klingt merkwürdig, aber du musst es ja wissen. ...Oder?" "Stellst du mein Wissen infrage, Matthew?" "Nein, nein, absolut nicht. Ich war nur... neugierig, nichts weiter..." "Mrrrrrr!" der Diener gab glückliche Laute von sich. "Und dir verdanke ich auch mein Leben. Vermutlich sogar 2 mal, nicht wahr?" Der Waschbär nickte. "Mrrrrr." "Ja, ist gut. Du hast was gut bei mir, du Lebensretter." In kurzer Zeit war der Teller leer geputzt, und der Diener satt. Er rollte sich in eine Hängematte zusammen, und schlief sehr schnell ein. "Wie niedlich. ...Hey, sag mal, was meinst du, wo sein Zuhause ist?" "Waschbären sind anpassungsfähig. Wer weiß, ob er überhaupt eine feste Heimat hat, oder ob er immer unterwegs ist." "...Und meinst du, er hat einen... Shapeshifter Partner?" "Auch das kann ich leider nicht beantworten, Matthew. Da er jung ist, nehme ich an, dass dies nicht der Fall ist. Aber ich kann mich auch irren. Doch leider, trotz meines Wissensstandes, verstehe ich ihn nicht. Wenn er spricht, kommt alles bei mir in einem Kauderwelsch an, das ich nicht in der Lage bin, zu übersetzen. Nicht einmal für mich selbst." Matthew stand auf, und lief mit dem Teller zur Tür. "Das ist echt schade... Nun, ich bring das mal eben weg. Er wird ja nicht verschwinden, hoffentlich..." Als Matthew den Speiseraum erreichte, dauerte es nicht lange, und er erspähte Walther an der Theke. Mit einem kleinen Glas neben sich... Der Veteran konnte sich nicht zurückhalten. Matthew war entsetzt und schaute Amber an, da er sie gewarnt hatte, Walther nichts starkes zu geben - die Barkeeperin jedoch zwinkerte mit einem Lächeln zurück, als wolle sie sagen, er soll sich keine Sorgen machen. "Danke, es war sehr lecker." sagte er, und brachte den Teller, wo er hin gehörte. Dann setzte er sich zu Walther. "...Was trinkst du da?" "Geht dich... nichts an, Kiddo." Matthew seufzte, war aber nicht auf einen Streit aus. Er stand wieder auf und ging in seine Kabine zurück... Auf den Weg dorthin, nahm er jedoch Stimmen in der Kabine gegenüber wahr. Interessiert begann er letztlich, ein bisschen zu lauschen... Bald wurde klar, dass sich in der Kabine mehrere Personen aufhielten. Einer schien eine Geschichte zu erzählen, hin und wieder waren auch Kinderstimmen zu hören. Als Matthew Schritte näher kommen hörte, wollte er in seine Kabine zurück - doch das Schwanken des Schiffes sorgte dafür, dass er die Balance verlor. Als die Tür der anderen Kabine sich öffnete, fiel Matthew der Person rückwärts entgegen und beide rollten ins Zimmer zurück, direkt an die Wand. Einige Kinder schreckten auf... "Oh man, das tut mir jetzt furchtbar Leid..." versuchte Matthew, sich zu entschuldigen. Er war direkt auf die Person geknallt und drückte sie an die Wand. Schon bald jedoch wurde er kräftig runtergestoßen - wenig später sahen sich die beiden in die Augen. "Was, DU?!" Vor ihm lag eine vermummte Person, die ihm nicht mehr unbekannt war. Matthew war sich sicher: das ist der Dieb, der ihnen in jener Nacht entkommen war! Und genau das selbe versuchte er nun erneut. Er nahm Reißaus, an Matthew vorbei, und begann, durch die Gänge zu rasen. Matthew wollte das nicht auf sich sitzen lassen, und nahm die Verfolgung auf. "Stehen geblieben!" rief er, immer wenn der Dieb in seinem Sichtfeld war. Doch das Schiff war groß und es gab viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Obwohl viele Gänge miteinander verbunden waren, gelang es dem Flüchtigen immer wieder, einen Schlupfwinkel zu finden. "Pass auf, Matthew! Der scheint mir nicht ohne!" "Ja, ich weiß!" Dem Dieb gelang es, einen guten Abstand zu gewinnen... Erst, als die Tür, die zum Äußeren des Schiffs führte, sich öffnete und wieder zuschlug, wusste Matthew, wo er hin musste. Als er aufs Außendeck kam, wurde er von einem Platzregen überrascht - und der Grund, warum die Wellen hoch schlugen und das Schiff wankte. Er verfolgte den Dieb weiterhin, doch die Oberfläche war ausgesprochen rutschig geworden. Das machte die Jagd umso wilder. Weder Matthew, noch sein Gegenüber, wollte aufgeben. Beide warfen sich mit verschiedensten Manövern in die Luft, hangelten an den Pfeilern, Masten, Segeln und Netzen entlang - nur, um von dort wieder genauso hastig herunterzuspringen und zu klettern, als gäbe es keinen Morgen mehr. Schließlich rannte der Verdächtige auf den Lagerraum zu und stürzte hinein. "Jetzt sitzt du in der Falle..." Matthew war sich nun sicher, dass er den Dieb schnappen würde. Mit einem lauten Knall flog die Tür zu - doch das Schwanken sorgte nur erneut dafür, dass die beiden mehr durch die Gegend stolperten, als sicher Fuß zu fassen. "Was willst du eigentlich von mir?! Bleib weg!" drohte er Matthew. Mittlerweile war sogar sein Gewand gefallen, und seine komplette Erscheinung sichtbar geworden. Ein jugendlicher Bursche mit dunkelblondem Haar, das zu einem Zopf zusammengebunden war, und rote Spitzen vereinzelt als Strähnen. Die Augen blau wie das Meer, ein schwarzes Tuch um den Hals, und Ohrringe. Er wirkte wild, und schien sich nicht so einfach einschüchtern zu lassen - zu Matthews Glück jedoch schien er unbewaffnet. Zumindest dachte er das... "Ich warne dich... ein letztes Mal..." Obwohl die beiden einen gewissen Abstand zueinander hatten, war er weiterhin in hoher Alarmbereitschaft. Aus seiner Hosentasche begann es schließlich, grell zu leuchten - und vor Matthew bäumte sich ein riesiger Bär auf, der mit einem bedrohlichen Brüllen jeden einschüchterte, der es wagte, seinem Freund näher zu kommen. "Matthew, das ist der Bär, von dem uns Kätzchen und Füchschen erzählt haben!" Doch Matthew war für den Moment wie festgefroren. Der Bär ging sofort auf ihn los - nur im letzten Moment schaffte er noch den Sprung beiseite. "Bist du des Wahnsinns, hier einen Bären freizulassen?!" "Du lässt mir keine Wahl!" Aggressiv begann auch er nun, auf Matthew loszugehen. Als die beiden sich zu prügeln begann, Faust um Faust, fanden sie den Weg wieder nach draußen. "Hey, was macht ihr denn da?!" schimpfte George vom Steuerrad aus, doch er und die Crew war zu fokussiert auf den Sturm, als dass sie den Streit schlichten konnten. Das Wanken des Schiffes führte weiterhin dazu, dass die beiden mehrfach unfreiwillig hin und her geworfen wurden. Als Matthew letztlich an eine Brüstung stieß, näherte sich der Bär erneut bedrohlich, bäumte sich ein weiteres Mal auf und brüllte! Er konnte sich kaum halten und verfiel in Panik - entweder, der Bär kriegt ihn, oder der würde über die Brüstung fallen... "Äffchen, bitte...!" ... Doch da stellte sich jemand ganz anderes in den Weg... "Mrrrrraaaawr!" knurrte es plötzlich, als der Diener des Wassers sich vor Matthew warf und den großen Bären anknurrte. Klein, aber oho - der Waschbär wirkte bedrohlich, und zur Überraschung aller, hielt der Bär inne. In Windeseile verlor er seine Aggression. Und auch der Sturm legte sich langsam, und die Wolken brachen auf. Der Regen nahm ab, und die Sonne kam langsam wieder hervor. "Mraaaaa!" ...Der kleine Waschbär quiekte und quiekte. Da setzte der große Bär sich vor ihm hin, ließ sich einfach plumpsen. Dann gab er ihm sogar ein paar Pfotenpatscher auf den Kopf. "Sieh an, die beiden scheinen sich zu verstehen." sagte der Affe schließlich, und kam auch endlich aus seinem Seelenstein hervor. "Tut mir sehr Leid, dass ich nicht eingegriffen habe. Gewalt ist keine Lösung, auch wenn es gegensätzlich klingt, das vom Diener der Wut, zu hören." "Ich denke, ich verstehe..." Matthew hielt sich mit letzter Kraft an der Brüstung, auch wenn die Wellen sich nun beruhigt hatten. "Und...? ...Willst du denn nicht weglaufen, jetzt wo dich keiner mehr verfolgen kann?" fragte er den Dieb. Dieser wandte den Blick ab. "Bin mir nicht sicher. ...Willst du mich denn immernoch der Polizei ausliefern?" konterte er. "Naja..." sein Blick schweifte zu den beiden Dienern herüber, die sich blendend miteinander verstanden. "Würde ihm sicher nicht sehr gefallen, wenn ich das tun würde..." "Hmm." Er zog seinen Seelenstein hervor, und rief seinen Diener schließlich zurück. In diesem Moment beugte sich Matthew über die Brüstung. Zu viel war einfach zu viel. "Mraaaaa!" der Diener des Wassers war besorgt, und rannte um Matthew herum. Letztlich kamen auch die Kinder aus der Kabine gestürmt und rannten auf ihren Freund zu. Sie waren erleichtert, dass ihm nichts passiert war. "Roger, Roger! Ist bei dir alles okay?" "Ja... ja, mir geht es gut soweit. Alles bestens." er blickte ein weiteres Mal zu Matthew hinüber und entschied sich dann, näher zu kommen. "Ich hab noch etwas zu erledigen." Er bot ihm sogar seine Hand an. "...Bist du sicher, dass du einen Handschlag willst? Trocken ist der nicht." "Auch wieder wahr... Nunja, du hast es ja sicher gehört. Ich bin Roger, und bei mir ist eigentlich immer alles roger." "...Der war trocken." "Wenigstens etwas, das trocken ist!" Roger konnte sich sein Schmunzeln nicht verkneifen. "Kommst du zurecht?" "Man, was für eine Welle! Diese Stürme sind zwar nicht selten, aber sie sind immer wieder aufregend!" George ging auf die beiden zu, und überprüfte die Lage. "Irgendwie bin ich gar nicht so scharf darauf, zu wissen, was diese Jagd zwischen euch sollte... Aber ich nehme an, dass die Dinge sich geregelt haben?" "Ja, ich denke schon... ...aber bitte, tu mir einen Gefallen..." "Was kann ich für dich tun, Matt?" "...Ich will von diesem Schiff runter! Ich habe Schifffahrten sowas von satt!" "Na da, mach dir mal keine Sorgen. Wir sind bald am Hafen. Hätte es den Sturm nicht gegeben, wären wir sogar bereits da." "Hol mir ein Handtuch..." "Oh, ja. Na klar." der Captain eilte. "Seekrank sein ist echt unangenehm, was? ...Aber vielleicht kommt der Zeitpunkt, wo du dich daran gewöhnst, und dir nicht mehr schlecht wird... Allerdings müsstest du dafür sicher öfter mit dem Schiff reisen." Roger schien einen guten Rat geben zu wollen. "Ich bin froh, wenn ich hier runter bin, und vorerst nie wieder ein Schiff, Boot oder Kanu sehen muss..." raunzte Matthew, und wischte sich mit dem Handtuch sauber. Dann versuchte er, aufzustehen. Wankte aber noch sichtbar. Trotzdem wunderte er sich vor allem eines... "Ich frage mich, was Walther wohl treibt... Hat er von all dem Trubel nichts mitbekommen?" "Schau doch am besten selbst nach!" schlug George vor, und kehrte ans Steuer zurück. Was Matthew vor sich fand, war einfach nicht zu fassen... Walther lag in der Hängematte und schlief tief und fest! Er hatte kein bisschen von dem Ärger mitbekommen, der sich über und unter Deck abgespielt hat! "Das ist einfach nicht zu glauben... Es könnten wohl Meteoriten einschlagen, und Herr Soldat würde schlafen, wie ein Stein..." "Dann hast du deinen Freund also auch mit dabei...?" "Ich bin mir nicht sicher, ob 'Freund' der richtige Begriff ist. Mich sieht er bestimmt nicht als Freund - als was er mich sonst sieht... Hm... Klotz am Bein?" Matthew schloss die Tür und lehnte sich an die Wand. "Was ist mit dir? ...Wo willst du hin? Vor allem... mit den Kindern?" "Wir gehen hin, wo der Wind uns hinführt, sozusagen." Roger blieb ein wenig geheimnisvoll. "Fürs Erste, auf zum Hafen. Was dann geschieht..." "Sind es Waisen?" "...Einige von ihnen, ja." "...Mir ist schon klar, dass du sicher nicht in die Materie damit gehen wirst, aber... verrat mir doch zumindest ein wenig, was diese Diebesaufmachung soll. Vor allem mit den Kindern. Meinst du, es ist eine gute Idee, ihnen beizubringen, wie man raubt?" Roger seufzte, und verleierte sogar die Augen. "...Du kennst unser Leben und unsere Gründe nicht. Einerseits kann ich dir das nicht zum Vorwurf machen, doch andererseits... Bitte sieh davon ab, mir irgendwelche Moralpredigten zu halten, was richtig und was falsch im Leben ist. Wir haben genug durch. Und da ihr Igor geschnappt habt, liegt nun alles an mir." "Igor? Du meinst, den rothaarigen Kerl?" "Ja. ...Wir haben nichts falsch gemacht. Wir haben nur versucht, zu überleben. Und das ist alles, was du fürs Erste wissen musst." "Okay, ich frage erstmal nicht weiter." "Ruh dich aus, solange du noch kannst. Sobald wir am Hafen ankommen, kann ich euch zumindest ein wenig begleiten. Das heißt... wenn der Typ da nichts dagegen hat." "Könnte schwierig werden. Er ist nicht gerade leicht zu handhaben, geschweigedenn zu überreden oder überzeugen. Ziemlich schroff, knallt dir gern eine... der typische Erwachsenenkram. Nur nochmal schlimmer, da er noch dazu Soldat ist." "Klingt tatsächlich kompliziert. Hoffen wir, dass er mich nicht auch noch festnehmen will..." "Irgendwie muss er es schon begreifen. Solange du ihm nicht das Gefühl gibst, dass er dich babysitten muss, könnte er möglicherweise Toleranz entwickeln. Zumindest für eine Zeit." Matthew schwankte langsam auf die Tür zu und verschwand im Zimmer. "Wir sehen uns dann nachher. Ich hoffe, ich kann ihn warnen, bevor es kracht..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)