Dark Night's Kiss von Darklover ================================================================================ Kapitel 29: 29. Kapitel ----------------------- Cayden war – das musste er sich leider eingestehen – einigermaßen durch den Wind. Was sich nicht gerade mit Stresssituationen vertrug, wie er sie tagtäglich im Büro vorfand. Erst recht nicht, kurz vor Wochenende und mit der Aussicht auf eine Woche ohne Emmas Hilfe. Aber genau das war der Grund, warum er sich nicht ganz konzentrieren konnte. Eine Woche ohne sie … das kam ihm gerade so unvorstellbar und unwirklich vor, dass er es noch nicht richtig realisieren konnte und doch würde es ihm schon sehr bald, ziemlich nahe gehen. Die letzten beiden Nächte mit ihr waren einfach so … unbeschreiblich schön und herrlich gewesen. Jetzt von ihm zu verlangen, wieder in die alte gewollte Einsamkeit zurück zu kehren, war fast barbarisch. Aber ihr ging es immer noch nicht ganz gut, weshalb sie diesen Urlaub unbedingt nehmen sollte, egal ob er dadurch ein paar Tage unrundlief. Das war egal. Ihr Wohlergehen ging vor. Außerdem bekam er vielleicht so wieder die Möglichkeit, sich mehr auf die Arbeit zu konzentrieren, denn obwohl er natürlich auch weiterhin Überstunden gemacht hatte, so war ab der Zeit, in der er das Büro verließ, absolut gar nichts mehr passiert. Außer vielleicht die wohl schönsten Stunden, die ein arbeitswütiger Kerl wie er, sich derzeit nur vorstellen konnte. Er würde sie vermissen. Wieder warf er einen Blick durch die offen stehende Tür seines Büros, konnte aber auch jetzt nicht um die Ecke sehen, so dass er Emmas Aufmerksamkeit hätte erlangen können. Aber zumindest war sie greifbarer, als mit geschlossener Tür zwischen ihnen. So entgingen ihm aber auch die gedämpften Schritte auf dem Teppich nicht, der sich durch den ganzen Raum vor seinem Büro zog. Caydens Magen krampfte sich zusammen und seine Nackenhaare standen ihm zu Berge, als er sofort den Gang erkannte, den Vanessa so unvergleichlich drauf hatte. Noch bevor sie einen Ton zu Emma sagen konnte, war er schon bei der Tür und fing sie ab. Er hatte immer noch nicht das nette Gespräch zwischen den beiden Frauen vergessen und nach der veränderten Situation zwischen ihnen dreien, war es noch unangenehmer Vanessa so unangekündigt hier zu sehen. Sie sollte doch erst nächste Woche kommen, wenn Emma nicht hier war. Nicht der Heimlichkeit halber, sondern weil er Emma den Anblick einfach ersparen wollte. Aber dafür war es jetzt zu spät. "Schatz!" Bei dem Tonfall wollte der Vampir in ihm aggressiv knurren. Im nächsten Moment war das auch schon egal, weil ihre Arme seinen Hals in Beschlag nahmen und sie ihm einen Kuss auf die Lippen drückte, den er steif und starr absolut nicht erwiderte. Stattdessen zog er den Kopf etwas zurück und fragte kühl: "Was machst du hier?" Sie ließ ihn nicht los, ging aber ein Stück auf Abstand, um ihn mit ihrer besten Schnute anzuschmollen. "Ich dachte, du würdest dich freuen, mich zu sehen. Schließlich hast du gleich Feierabend. Das Wochenende steht ins Haus und mein Fotoshooting wurde auf nächste Woche verschoben. Wir haben also endlich wieder einmal Zeit für…" Sie warf einen undurchdringlichen Seitenblick auf Emma, ehe sie Cayden mehrdeutig anlächelte. "Na, du weißt schon. Unser kleines … Stelldichein, sozusagen." Dass sie dabei auch noch mit ihren Fingern an seiner Krawatte herum spielte, machte ihn rasend. Der Drang zu knurren und sie somit auf Abstand zu bringen, wurde immer verlockender, aber sie nahm ihm sozusagen den Wind aus den Segeln, als sie wieder näher heran rückte und ihm ganz tief in die Augen sah, während sie leise schnurrte: "Cayden… Ich brauche dich. Das letzte Mal ist schon so lange her und du-" Sie verstummte, als sie kurz das Aufblitzen seiner Fänge sah, ehe er sie hinter seinen geschlossenen Lippen verbarg. Er war stinksauer. Und sie missverstand die Zeichen mit voller Absicht, als sie ihm ein falsches Lächeln schenkte und ihren Satz beendete: "-siehst hungrig aus." "Geh." Seine Stimme war klirrende Kälte, doch die Geste mit der er sie in sein Büro bat, war unmissverständlich. Mit einem triumphierenden Lächeln marschierte Vanessa an ihm vorbei und Cayden brauchte all seine Selbstbeherrschung dafür auf, sie nicht hochkant aus dem Gebäude zu schmeißen. Als er die Tür langsam schloss und noch einmal hoch blickte, konnte er Emma nicht in die Augen sehen. Seine Kiefer mahlten aufeinander und in seinem Inneren tobte es, doch er sagte kein Wort. Nichts hätte die Schärfe aus dieser Situation nehmen können. Keine Beteuerung, keine Versprechungen und auch keine Entschuldigungen und dafür hasste er sich in diesem Augenblick bis aufs Blut. Dennoch schloss sich die Tür hinter ihm und er war mit Vanessa allein. Emma starrte auf die linke, untere Ecke ihres Bildschirms. Ihre Finger lagen auf der weißen Tastatur, bewegten sich aber schon seit einigen Momenten um keinen Millimeter. Auch wenn sie ins Leere starrte, war Emma sehr wohl klar, was gerade passiert war. Und was sie gesehen hatte.
 Ein kalter Schauder lief Emmas Arme hinauf und piekte sich in ihre Brust, von wo sich das Eis weiter ausbreitete. Mit leerem Blick und eiskalten Fingern schloss sie die laufenden Programme, fuhr den Computer herunter, brachte noch ihren Schreibtisch in Ordnung und ging dann zu der kleinen Garderobe hinüber. Ihr seltsam unscharfer Blick fiel auf das Eck einer DVD, die aus ihrer großen Tasche heraus schaute und Emma musste einen kantigen Kloß in ihrem Hals hinunter würgen. Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde ihr übel und sie kramte mit zitternden Fingern schon einmal ihr Handy heraus, bevor sie ihren Mantel anzog, das Licht ausschaltete und das Büro auf direktem Wege verließ. 
Im Lift drückte ihr Daumen auf die Schnellwahltaste, obwohl kein Netz angezeigt wurde. Emma versuchte es wieder. Und noch einmal, als die Türen des Fahrstuhls sich endlich öffneten und sie in die Lobby spuckten. 
Endlich kam Leben in das kleine Telefon. 
"Hallo, ich bin's. ...
Du, ich wollte nur fragen, ob es dir recht ist, dass ich heute noch komme. ...
Ich weiß nicht, aber so gegen acht geht noch eine Fähre. ... Würdest du mich dann noch am Hafen abholen? ... Ja, das wäre toll. ... Okay. Danke. Bis später, Mom. Ich freu mich."

 Es war etwas ganz Anderes als Vorfreude, das Emma beim Packen und schließlich auf dem Weg nach Nelson in den Knochen steckte. Wieder wurde ihr übel, was sie diesmal auf den Seegang schob, aber das finstere Klopfen in ihrem Magen und das stahlkalte Zittern in ihrem gesamten Körper konnte sie nicht einfach mit einer Lappalie erklären. Sie wusste sehr genau, was - oder vielmehr wer - das verursachte. Und bevor sie diesbezüglich eine Dummheit machen und eine Sms schicken konnte, auf die sie bestimmt keine Antwort erhalten würde, stellte Emma ihr Handy für die Überfahrt einfach ab. Sie wusste ja, warum er nicht antworten würde. Es machte sie wütend. Und traurig. Und dann machte es Emma wütend, dass es sie traurig machte. Auf was für einen Mist hatte sie sich da eigentlich eingelassen?

 "Hallo!"
 "Hi Du!" 
Emma umarmte ihre Mom, die genauso groß war wie sie selbst, von der sie aber ihre ausladenden Kurven nicht geerbt haben konnte. Ihre Mom wirkte eher sportlich, auch wenn sie nicht zu den Schlankesten gehörte. Normales Mittelmaß, mit flottem Haarschnitt und hübschen, braunen Augen.
 "Na, geht's dir gut? Wie war die Überfahrt?"
 "Ganz okay. War ein bisschen wackelig, aber das ist es ja fast immer. Danke, dass du mich um diese Uhrzeit noch abholst." 
Als Emma ihre Mom noch einmal drückte, schlich sich so etwas wie Neugier in deren Miene. Doch Emmas Mutter sagte nichts, sondern half ihrer Tochter, das Gepäck ins Auto zu laden. Die Fahrt nach Nelson würde noch etwas dauern. Und Emma sah so aus, als würde sie gleich nach Ankunft ins Bett fallen, anstatt noch irgendwelche Neuigkeiten auf den Tisch zu bringen. Auch wenn es da offensichtlich irgendetwas gab... Er zitterte vor unterdrückter Wut, als er sich zu Vanessa herumdrehte und sie wie selbstverständlich auf ihren eingesessenen Platz direkt auf seiner Schreibtischplatte sitzen sah. Sie schob mit ihrer Schuhspitze seinen Stuhl weiter nach hinten und machte eine einladende Geste. "Setz dich doch." "Was sollte die Show?", wollte er gefährlich leise wissen, während er ihr Angebot völlig ignorierte und mit verschränkten Armen an der Tür stehen blieb. Vanessa sah ihn ganz unschuldig an. "Ich weiß nicht, was du meinst." Sie wartete noch einen Moment ab, ob er sich ihr Angebot doch noch einmal überlegte, ehe sie aufstand und zu ihm herüber kam. "Ich sehe doch, dass du hungrig bist. Das letzte Mal ist auch schon eine Woche her. Ich wollte dich nicht länger als nötig warten lassen. Das ist alles." Sie berührte seine Wange und keuchte überrascht auf, als er in der nächsten Sekunde ihr Handgelenk packte und von sich fern hielt. "Der Hunger macht dich reizbar, wie ich sehe. Warum tust du nicht einfach etwas dagegen?" Es klang fast wie ein Vorwurf. Nein, es war nicht sein Blutdurst, der ihn reizte, sondern allein ihre Anwesenheit und sie machte es immer schlimmer. Vanessa trat einen Schritt nach vor und legte ihren Kopf zur Seite, entblößte dabei ihren Hals. "Komm, Schatz. Ich bin bereit." Als er dieses Kosewort aus ihrem Mund hörte, wäre er fast völlig ausgerastet, aber zumindest musste ihm ein Knurren entkommen sein, da Vanessa merklich zusammen zuckte. "Nein. Nicht in den Hals." Knappe, schneidend kalte Worte. Er war am Ende seiner Geduld. "Aber, wo-" Cayden riss Vanessa so zu sich herum, dass sie mit dem Rücken zu ihm stand, ihr Handgelenk immer noch fest in seiner Hand. Sie sagte nichts mehr. Spürte offenbar, dass sie es fast bis an die Spitze getrieben hatte, also verhielt sie sich ruhig. Alles in ihm sperrte sich und doch war der Drang zu überleben, gerade in diesem Augenblick sehr stark, da der Vampir in ihm durch seine Wut deutlich an die Oberfläche gekommen war. Seine Fänge waren schon längst vor Zorn lang und bereit. Bereit zu töten, wenn es sein musste, doch so weit würde es nicht kommen. Cayden zog Vanessas Hand noch weiter hinter sie, so dass sie ihn nicht sehen konnte. Er packte ihren Arm mit beiden Händen und ohne weiteres Geplänkel biss er in ihr zartes Handgelenk. Ihr ganzer Körper erbebte und ein leises Wimmern entkam ihren Lippen, bis sie es unterdrückte. Er hatte ihr wehgetan. Zu schnell, zu tief seine Zähne in sie getrieben und auch sein Saugen war hart und aggressiv. Cayden nahm nur ein paar Schlucke, ehe sein Magen sich so verkrampfte, dass ihm übel wurde. Gezwungenermaßen versorgte er Vanessas Handgelenk, da sie sonst Gefahr lief, mit den halb zerfetzten Venen zu verbluten. Genau aus diesem Grund, trank er nicht gerne von dieser Stelle. Aber heute war es ihm egal. Wie so vieles andere, nur eines nicht. Emma... Noch wütender als vorhin schon, ließ er Vanessa endlich los, die sich ganz und gar nicht mehr triumphierend ihr Handgelenk an den Körper presste und ihn wütend anfunkelte. "Geh." Er öffnete die Tür. Natürlich war Emma schon gegangen. Er hatte es nicht anders erwartet. "Und was ist mit-" "Ich sagte, du sollst gehen." Seine Finger umklammerten den Türknauf. Die Fingerknöchel ganz weiß. "Aber-" "Verschwinde!" Dieses Mal fauchte er es wirklich und seine Fänge waren dabei vollkommen entblößt. Nun war er ganz und gar Vampir und wenn Vanessa noch ein Widerwort sagen sollte, würde sie es bis an ihr Lebensende bereuen. Doch klug genug wie sie als Mensch schließlich doch noch war, schnappte sie sich ihre Handtasche und fegte aus seinem Büro. Hinter ihr erzitterte die Bürotür in ihren Grundfesten, als er sie wütend zuschlug. Doch eigentlich galt die meiste Wut ihm selbst. "So."
 Emma stellte ihren Koffer einfach mitten in den Flur, da er ohnehin überall in dem kleinen Apartment im Weg gewesen wäre.
 "Möchtest du noch was essen? Oder einen Tee?"
 Ihre Mom hängte ihre eigene Jacke auf, bevor sie auch in der Küche Licht machte.
 "Oh ja, ein Tee wäre toll, danke. Ich stell' mal kurz meinen Koffer ins Büro." 
Dort war auch schon ein Leintuch über das Sofa gespannt und Emma sah den Schalter einer Heizdecke unter dem Laken hervor lugen. Was sie zum Lächeln brachte. Ihre Mom war noch nicht dazu gekommen, das Bettzeug zu überziehen, aber das machte nichts. Das konnte sie auch schnell selbst machen, bis der Tee fertig im Wohnzimmer auf sie wartete.
 Ihre Klamotten ließ sie im Koffer, zog aber ihr Waschzeug und den Schlafanzug heraus, zog sich schon um und ging zu ihrer Mom, um sich ihre Tasse Tee abzuholen. 
"Du bist dünner geworden.", bekam sie als Begrüßung hingeworfen, konnte sich aber vor Verblüffung erst einmal gar nicht darüber freuen. "Findest du?" 
Sie sah an sich herab. Emma selbst wäre nicht aufgefallen, dass ihre Klamotten an ihr herunter hingen oder so etwas in der Art. 
"Vielleicht liegt es auch daran, dass du so müde aussiehst. War es ein langer Tag?" 
Emma lächelte und versuchte dabei das ziehende Geräusch in der Brustregion zu ignorieren. "Ziemlich."
 "Dann lass' uns erst Morgen ausführlich quatschen. Ich freu mich sowieso schon die ganze Zeit darauf, dich zum Frühstücken hier zu haben."
 "Ich freu mich auch. Aber dann geh ich jetzt gleich ins Bett. Wie du schon sagtest, es war ein langer Tag. Ich hör' die frische Bettwäsche und die Heizdecke schon rufen."
 Sie lachte und nippte an ihrem Tee.
 "Na dann. Schlaf gut."
 "Du auch."
 Da der Tee nicht gesüßt war, stellte Emma die noch fast volle Tasse auf das Bücherregal neben dem Schlafsofa und ging dann ins Bad, um sich bettfertig zu machen. Schon beim Zähneputzen wollten Bilder in ihr aufsteigen, doch da schaffte es Emma noch, sie zur Seite zu drängen.
 Wirklich schlimm wurde es erst, als sie sich ins Bett legte. 
Ihr Schlafanzug roch nach ihm.
 Mit einem tiefen Atemzug schloss Emma die Augen und ließ das Brennen einmal durch sich hindurch fließen, bis sie sich selbst in ihrem Gefühlsbad stoppte. Ja, sie vermisste ihn. Sie würde ihn die ganze Woche über vermissen. 
Aber sie hatte keine Ahnung, ob Cayden sie ebenfalls vermisste. Vielleicht war er gerade ... mit Vanessa zusammen. Bei ... was immer genau dieser Vertrag in regelmäßigen Abständen vorsah. 
Mit kratzenden Augen und einem Beißen im Magen streckte Emma den Arm aus dem warmen Bett in den kühlen Raum und kramte ihr Handy aus der Tasche. Bereits als sie es anschaltete, glaubte sie zu wissen, dass er ihr keine Nachricht geschickt hatte. Nicht heute.
 Emma legte das Handy auf ihrer Tasche ab, drehte ihm den Rücken zu und zog sich die Decke bis unter die Nase. Allerdings so, dass sie am Ärmel ihres Schlafanzugs noch diesen köstlichen Duft erschnuppern konnte, der sie mit einem wehmütigen Lächeln einschlafen ließ. Emma war weg. Das Bürogebäude inzwischen verlassen, da freitags nicht mehr so lange gearbeitet wurde und Cayden saß noch vor einem Stapel voller Arbeit und starrte sein Handy an. Emmas Nummer direkt auf dem Display. Er hatte keine Ahnung, was er ihr wegen Vanessas unvorhergesehenem Aufkreuzen sagen sollte. Er wusste keine Entschuldigung für sein Verhalten, weil das alles einfach zu kompliziert war, um es in einfachen Worten erklären zu können. Cayden hätte es getan. Wirklich. Wenn er es ihr einfach erklären könnte, wäre er zu ihr gegangen, anstatt in sein Büro zu Vanessa. Doch … so sehr er es auch nicht sehen wollte. Gerade in Augenblicken wie diesen, trug die Bürde seiner Geheimnisse schwer. Es gab so viel, was er ihr verschwieg und langsam, wenn er nicht aufpasste, begann er sich zu fragen, ob das ihr gegenüber wirklich fair war, oder sie nicht die Sache beenden sollten, bevor sie richtig begann. Doch allein der Gedanke daran, schnürte etwas in ihm ab, das gerade begonnen hatte, sich zu entfalten. Es tat weh. Auf eine fast körperlich spürbare Art und Weise und gerade er sollte wissen, dass das Leben zu kostbar war, um solche Gelegenheiten einfach zu verschwenden. Zumal er Emma wirklich gerne hatte und bei ihr sein wollte. Solange es eben möglich war. Solange sie ihn wollte… Eine ankommende E-Mail auf seinem Blackberry, riss ihn aus seinen Gedanken. Es war ein Kunde, der in einer anderen Zeitzone lebte und vermutlich nicht damit rechnete, dass er heute noch eine Antwort erhalten würde. Doch gerade diese Art von Ablenkung hatte Cayden gebraucht, um seine düsteren Gedanken erst einmal zur Seite zu schieben und sich wieder der Arbeit zu widmen. Schließlich würde die Woche noch anstrengend genug werden. Es war zwei Uhr morgens, als er endlich ins Bett kam. Zu spät, um Emma noch eine Nachricht zu schicken, doch wenn er die Augen schloss, schien sie überall um ihn herum zu sein. Ihr Duft lag subtil aber deutlich für ihn wahrnehmbar in jedem Raum in seiner Wohnung, den sie betreten hatte. Am intensivsten war er allerdings in seinem Kissen, was tröstend und quälend zugleich war. Denn alles, was er in dieser Nacht festhalten konnte, war das große Kissen, auf das sie immer ihren Kopf gebettet hatte. Cayden presste sein Gesicht hinein und versuchte zumindest für eine Weile zu vergessen, was heute alles geschehen war. Doch selbst als er irgendwann Schlaf fand, war dieser nicht friedlich, sondern unruhig und kein Bisschen erholsam. Irgendwo im Stadtzentrum von Wellington Jemand war hier. Sie konnte es spüren, wie das unangenehme Kribbeln im Nacken, wenn man beobachtet wurde. Aber Skipper, ihr Golden Retriver schien es nicht bemerkt zu haben, denn er lag immer noch still zu ihren Füßen. Er war- Es stank nach Kupfer. Wie alte Münzen lag der Geruch schwer im Raum und noch etwas anderes lag kaum wahrnehmbar darunter. Gas?! Helen richtete sich ruckartig auf. Ihr Puls schnellte in die Höhe, während sie nachdachte, ob sie ihren Herd auch wirklich ausgeschalten hatte. Aber wie immer hatte sie es zweimal kontrolliert, bevor- Ein kaum hörbares Knarren der Dielenboden zu ihrer Linken. Das Geräusch eines beinahe lautlosen Atemzugs. Die Panik unterdrückend griff sie zu ihrem Nachtkästchen, zog die oberste Schublade auf, um nach ihrer Waffe- Weg. Sie war weg! Das Adrenalin in ihrem Körper ließ ihren Herzschlag so laut donnern, dass sie kaum etwas anderes hören konnte. Doch sie musste. Sie konnte nichts sehen und Skipper- Skipper! Blind tastete sie mit den Händen über die Bettdecke, versuchte dabei immer noch auf weitere Geräusche zu achten. Da war jemand. Sie war sich sicher, aber wer- Sie konnte den entsetzten Laut nicht unterdrücken, als sie in warmfeuchtes, verklebtes Fell gegriffen und doch keine Bewegung darunter gespürt hatte. Nein! Jemand lachte leise und tief. Sie versuchte noch, trotz ihres Entsetzens aus dem Bett zu kommen. Weg von diesem bösen Lachen, doch da wurde sie auch schon im Genick gepackt, zurück auf das Bett gezerrt und von einem schweren Körper nieder gedrückt. Bevor sie aus Leibeskräften schreien konnte, wurde ihr eine Hand hart und unnachgiebig auf den Mund gedrückt, also begann sie mit aller Kraft zu treten und um sich zu schlagen. Ihr Angreifer schien es nicht einmal zu spüren. Stattdessen lachte er wieder, dieses Mal sichtlich amüsiert. "So schwach." Die Stimme – mochte sie noch so schmeichelnd sein – ließ sie endgültig in Panik geraten. Instinktiv schien ihr Körper zu wissen, dass das kein gewöhnlicher Einbrecher war. Sie konnte es heraushören. Das kaum wahrnehmbare Lispeln, das von Fängen hervor gerufen wurde und ihr somit zeigte, was ihre Augen nicht konnten. "Wie einen Käfer kann man euch zerquetschen und doch seid ihr viel zu köstlich, um euch auf diese Weise das Ende zu bringen." Nein! Es war nur ein dumpfer Laut gegen die starke Hand und ebenso sinnlos, wie alles andere auch. Aber es war der letzte Widerstand, den sie aufbringen konnte, ehe der Schmerz ihre Sinne überwältigte, als ihr Kopf zur Seite gerissen wurde und Fänge sich auf bestialische Art in ihren Hals gruben. Ihr Blut schoss ihren Hals hinab, vorbei an den gierig saugenden Lippen des Vampirs, der sie wieder los ließ, um erneut zuzubeißen. Wieder und wieder, bis da keine Wärme mehr in ihrem Körper war. Kein Gedanke und kein Gefühl. Nur die endgültige Dunkelheit. Er war schon längst weg, als eine gewaltige Explosion alle Beweise seiner Taten vernichtete. *** Es war so kühl im Zimmer, dass Emma sich die Decke über die kalte Nase und sogar bis zu den Ohren hinauf zog. Ihre Blick hing an dem bunten Lampenschirm, der von der Decke des Büro/Gästezimmers baumelte und in dem sich gerade das Licht von draußen fing. 
Sie hatte gut geschlafen. 
Als Emma aufgewacht war, hatte es sich total ungewohnt angefühlt. Die schweren Augenlider waren trotzdem da, aber ihr fiel sofort das warme Licht im Raum auf, das Gefühl, keinen erschreckenden Stein auf der Seele liegen zu haben. Sie... hatte gut geschlafen. Keine Albträume. 
Ein unsicheres Lächeln zeichnete sich unter der Bettdecke auf ihren Lippen ab und Emma setzte sich langsam auf, ohne allerdings zu viel der kühlen Luft im Raum an ihren Körper zu lassen. 
Es war, als würde ihr eine Faust den Magen zusammen drücken. 
Ihr wurde so übel, dass sie sich gar nicht bewegen konnte. In ihrem Hals begann es zu brennen und Emma musste sich bei jedem Atemzug dazu durchringen, wirklich Luft in ihre Lungen zu lassen, weil sie solche Angst hatte, zu tiefes Atmen würde dafür sorgen, dass sie den Weg ins Bad nicht mehr schaffte. "Oh... Gott." 
Sie spürte selbst, wie sie kreidebleich wurde und lehnte sich gegen die Wand und das Fensterbrett in ihrem Rücken. Einen Punkt irgendwo auf der Tür fixierend starrte Emma vor sich hin, während die Wellen der Übelkeit zuerst stärker und dann wieder schwächer wurden. Sogar der Schweiß brach ihr aus und als sich der Anfall endlich gelegt hatte, ließ auch Emma sich wieder in die Kissen sinken, um sich zusammen zu nehmen. 
Was zum Teufel war denn bloß los? 

Maggie sah ihre Tochter besorgt über die Tür des Kühlschranks hinweg an, während diese die Brötchen aus dem Backofen holte. Emma wirkte fahrig und abgestanden. Ihr Gesicht war blass und sie hatte dunkle Schatten unter den Augen, die Maggie gar nicht gefielen.
 "Geht's dir nicht gut?", wollte sie sehr direkt, aber in einem sanften Ton wissen, der Emma anscheinend sehr überraschend erwischte.
 "Ich..." Sie seufzte und ließ die Schultern ein wenig hängen. 
"Mir ist schon seit ein paar Wochen dauernd schlecht. Ich weiß nicht, was los ist. Heute Morgen war's wirklich schlimm. Ein paar Mal hab ich mich sogar schon übergeben müssen." 
Maggie legte ihr einen Arm um die Schultern.
 "Warst du noch nicht beim Arzt?" 
Eine überflüssige Frage. Emma war eine von der Sorte, die nur zum Arzt ging, wenn sie wirklich kaum noch aufrecht stehen konnte. Der Apfel fiel nunmal nicht weit vom Stamm.
 Emma schüttelte, wie zu erwarten, bloß langsam den Kopf.
 "Meinst du, ich könnte diese Woche mal zu Dr. Bennington gehen?"
 "Na sicher. Ich rufe Ian nachher an. Vielleicht kann er sich das sogar schon heute oder Morgen ansehen."
 "Nein, Mom. Das ist auch wieder nicht nötig. Der Mann will auch sein freies Wochenende."
 Was sie gleich an einen anderen Mann erinnerte, von dem Emma nur zu gern wüsste, ob er schon wieder über irgendwelchen Akten hockte oder sich wenigstens auch ein Frühstück gönnte. 
"Mom... ich muss dir was erzählen. Was Schönes."

 "Und woher kennt ihr euch?" 
Maggie schob sich ein Stück Tomate in den Mund und lehnte sich ein Stück nach vorn, während sie ihre Tochter keinen Moment aus den Augen ließ. Emma nippte an ihrem Getreidekaffee, den es öfter bei ihrer Mom zum Frühstück gab und versuchte endlich nicht mehr ständig so glücklich zu strahlen. Immerhin war es leider so, dass sie ihrer Mutter die delikaten Details der ganzen Sache verschwieg, die sie ihr gerade so freudig eröffnete.
 "Er ist mein Boss."
 "Oh!" 
"Ja, ich weiß. Aber er ist gar nicht sehr viel älter als ich. Anfang dreißig." 
"Und wie heißt der gar nicht sooo alte Boss?", wollte Maggie mit einem schiefen Lächeln wissen. 
"Cayden. Und er ist rothaarig, ziemlich groß und nett." 
Emmas Mutter lachte. 
"Na, das will ich hoffen."
 "Mom!" 
Sie kicherten beide und Emma fing an zu erzählen, welche Facetten dieses 'nett' bis jetzt an Cayden gezeigt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)