Dark Night's Kiss von Darklover ================================================================================ Kapitel 24: 24. Kapitel ----------------------- „Hier, bitteschön.“ Stella stellte den Becher mit dem dampfenden Tee auf Emmas Schreibtisch ab und setzte sich dann etwas umständlich wieder an ihren Schreibtisch, ohne etwas von ihrem eigenen Tee zu verschütten. Seit sie schwanger war, hatte sie sich angewöhnt, Tee statt Kaffee zu trinken, da das gesünder für das Baby war. Wenn Emma also Kaffee wollte, musste sie sich selbst einen machen und dann durfte Stella ein klein wenig neidisch immer hinüber zur Teeküche linsen, wenn mal wieder der herrliche Duft von frischgemahlenen Bohnen zu ihr herüberwehte. „Und danke nochmal für die wunderschönen Geschenke. Das war echt lieb und wirklich sehr überraschend. Das hätte ich wirklich nicht erwartet. Wir freuen uns total.“ Es war sofort klar, wen Stella mit 'wir' meinte, da sie dabei eindeutig über ihren Babybauch strich und dieses gewisse Lächeln auf den Lippen hatte. „Habt ihr –“ Die Tür zu Calmaros Büro ging auf und sofort saß Stella aufrecht in ihrem Bürosessel, auf der Stelle bereit, jede Arbeit zu erledigen, die man ihr aufgab. Was das anging, hatte sie beim Anblick ihres Bosses, immer noch nicht die Ruhe weg. Das würde sie vielleicht nie haben und in diesem Augenblick erst recht nicht. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts, was bedeutete, dass er so fröhlich war, wie ein vor sich hinschmelzender Eiszapfen. Etwas, das nie etwas Gutes verhieß. „Miss Barnes. Hätten Sie die Güte in mein Büro zu kommen? Jetzt gleich.“ Er verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war, aber die Gänsehaut, die er Stella auf den Unterarmen beschert hatte, blieb. Fragend sah sie mit großen Augen zu Emma hinüber. Scheiße, wen hast du umgebracht, Schätzchen? Seine geliebte Großmutter?   „Oh, das freut mich. Es war auch wirklich nicht einfach, zwischen dem pinken Plastik etwas für euch zu finden.“ Dass sie selbst ein bisschen auf solche abgefahrenen Spielsachen stand, verschwieg Emma an dieser Stelle. Immerhin hatte sie auch einen Mr. Potatoehead auf ihrer Fensterbank stehen. Im nächsten Moment stellten sich Emmas Härchen im Nacken in Reih und Glied auf. Cayden war aus seinem Büro gepoltert, wie sie es vorher nur selten erlebt hatte. Schon gar nicht, wenn vorher niemand seine Telefonleitung belegt oder zum Meeting bei ihm im Büro gewesen war. Emma schluckte, als ihr klar wurde, wen damit eindeutig seine schlechte Laune traf. Mit großen Augen sah sie zuerst die bereits wieder geschlossene Tür und dann Stella an. Keine Ahnung, formte sie stumm mit ihren Lippen, bevor sie sich ihr Notizbuch schnappte und mit schnellen Schritten bei der Tür war, um die Klinke hinunterzudrücken. Wenn sie schon hinein beordert wurde, konnte sie sich wohl auch das Klopfen sparen. Trotzdem trat sie nur vorsichtig ein und blieb stumm vor dem Schreibtisch stehen, ihr Notizbuch und einen Stift in den Händen.   Als Emma das Büro betrat, wartete Cayden ab, bis sie vor seinem Schreibtisch stand, ehe er in seine Schreibtischlade griff, um die kleine Fernbedienung, die darin neben anderem nützlichen Kleinkram lag, hervorzuholen und die Sonnenblenden herunterfahren zu lassen. Er merkte, dass dadurch ihre Anspannung noch mehr stieg, aber es waren ja alle Lichter im Raum an, weshalb es keineswegs dunkel war. Erst, als wirklich kein Sonnenstrahl mehr zu ihnen hereindrang, richtete er seine Aufmerksamkeit auf die große flache Schachtel, die vor ihm lag und mit einem golden imprägnierten Emblem in der Mitte verziert war. Er strich einmal darüber, ehe er sie weiter auf Emma zu schob und sie dann anlächelte. „Setz dich doch. Ich brauche deinen Rat“, meinte er sanft und doch mit einem gewissen Schalk in der Stimme. Schließlich hätte sie jetzt wohl ein ordentliches Donnerwetter erwartet, das er ihr aber nicht geben konnte. Immerhin hatte sie gar nichts angestellt. Um das Rätsel über den Inhalt der Schachtel zu lösen, klappte Cayden den Deckel auf, bis er zu ihm selbst zeigte, und offenbarte somit ein kleines Sortiment an verschiedenen Brillenmodellen. Sie alle waren rotgetönt, da das einfach seine bevorzugte Farbe war, aber es gab sie in den unterschiedlichsten Varianten, was das Gestell anging. Er hatte zur Auswahl nicht nur Gold gewählt, sondern auch Silber und Platin. Zudem auch welche mit markanten schwarzen Bügeln, dafür ohne Ränder und noch einige mehr. Alle feinsäuberlich in blauem Samtfutter eingebettet. Seine neuen Kontaktlinsen trug er bereits und Emma hatte Recht behalten. Die blaugetönte Farbe sah vermischt mit seinen grünen Augen einfach phänomenal aus. Zwar etwas seltsam und nicht wirklich natürlich, aber auf jeden Fall ein Hingucker.   Emma hibbelte in ihren Ballerinas hin und her und versuchte die gegensätzlichen Eindrücke, die sie von ihrem Chef bekam, irgendwie übereinzubringen. Was sollte sie davon halten, dass er sie kaum ansah und die Sonnenblenden im Raum herunterfahren ließ? Das passte doch nicht wirklich dazu, dass er sie auf einen Fehler oder etwas in dieser Art aufmerksam machen wollte. Zumal sich Emma auch nicht vorstellen konnte, was sie falsch gemacht hatte. Die wenigen Tage, die sie aus Tokio zurückwaren, war alles gut gelaufen. Was sollte das also? Erst als er sie bat, sich zu setzen, fiel Emma die Schachtel auf dem Schreibtisch auf, die sie irgendwie an eine Schmuckschatulle erinnerte. „Meinen Rat?“ Kurz huschte ein heißer Blitz durch Emmas Herz, als sie schon befürchtete, er wolle sie nach ihrer Meinung zu einem Schmuckstück fragen. Einem Schmuckstück, das er nicht ihr schenken würde, sondern seiner zickigen Mistkuh von Ehefrau. „Oh.“ Im nächsten Moment schämte sie sich ein bisschen, obwohl er die Bezeichnung seiner Frau ja nicht mitbekommen haben konnte. Trotzdem hatte Emma böse über sie gedacht, bloß um jetzt auf eine glitzernde Auswahl an Brillen mit roten Gläsern zu gucken, die in der Schachtel lagen. Erstaunt sah sie zu Cayden auf, von dem sie angenommen hatte, er habe sich bereits für die Kontaktlinsen-Variante entschieden. Die Neuen trug er nämlich schon ein paar Tage und mit sehr viel mehr ... gelassener Selbstverständlichkeit als die roten zuvor. „Wow, das ging wirklich fix. Darf ich?“ Sie deutete mit dem Kinn auf die Schachtel und zog sie sich näher heran, sobald Cayden freundlich genickt hatte. „Hast du schon welche anprobiert?“ Vorsichtig zog sie eine Brille mit goldenem Rahmen heraus und hielt sie so hoch, dass sie durch die roten Gläser hindurch in Caydens Gesicht sehen konnte.   „Nein, noch nicht. Sie sind heute erst angekommen und ich wollte unbedingt eine konstruktive Meinung bei der Auswahl haben. Du weißt ja, wie meine letzte Wahl ausgesehen hat.“ Er schenkte Emma ein Lächeln, während sie die erste Brille begutachtete. „Aber bevor wir mit der Anprobe beginnen, werde ich mal diese Folterwerkzeuge von Kontaktlinsen los. Sonst bringt es ja nicht wirklich etwas.“ Aus Caydens Tonfall war herauszuhören, dass er die Kontaktlinsen schon fast liebevoll beschimpfte, da er es nicht mehr ernst meinte und sie ihm mittlerweile schon ganz gut gefielen. Denn, auch wenn er sie ständig spüren konnte, so hatten sie doch einen Vorteil: Er sah auch in den Augenwinkeln genau so, wie etwas, auf das er seine volle Aufmerksamkeit richtete. Das war bei den Brillen nicht der Fall, hatte ihn aber bisher auch nicht wirklich gestört. „Sie dir ruhig einmal alle an, ich bin gleich wieder da.“ Cayden verschwand hinter einer Tür, die ganz im letzten Winkel im Raum lag und von den meisten Besuchern gar nicht bemerkt wurde, da diese ihre Aufmerksamkeit auf den wuchtigen Schreibtisch richteten. Aber natürlich hatte er sein eigenes kleines WC mit Waschbecken und Spiegel, so dass er sich dort in Ruhe die Kontaktlinsen herausnehmen konnte, ohne dass Emma ihm dabei zusah. Er wusste schließlich nicht, wie erfolgsversprechend die Entnahme im Beisein von Publikum sein würde. Wieder zurück, setzte er sich bequem in seinen Stuhl und sah Emma mit fast schon irgendwie aufgeregter Miene an. „Und? Womit kann ich deiner Meinung nach loslegen?“   „Okay.“ Emma zog sich die Schachtel ganz über den Schreibtisch, während Cayden in seinem kleinen Bad verschwand. Vorsichtig legte sie die Erste an ihren Platz zurück und zog stattdessen eine mit Platingestell und breiten Bügeln heraus, die sie auseinanderklappte und sich vor die Augen hielt. „Uuh.“ Irgendwie hatte das was von Drogenrausch. Emma sah sich einmal langsam in dem Büro um, das auf sie sowieso immer ein wenig wie aus einer anderen Welt wirkte, und stellte dann fest, dass ihr bei diesen seltsamen Farbtönen und Verwischungen schwindelig wurde. In den Deckel der Schachtel war ein kleiner Spiegel eingelassen, in dem sie sich mit Brille betrachtete. Wenn sie die Brille fast bis auf die Nasenspitze hinunter schob und die Haare zu einem Dutt – Beinahe wäre ihr der Schachteldeckel auf den Schreibtisch geknallt, als Emma ihn plötzlich losließ und zu Cayden hochsah, der wie aus dem Nichts aus dem Bad zurückgekommen war. Mit den Fingerspitzen zupfte Emma sich die Brille wieder von der Nase und schmunzelte über Caydens Gesichtsausdruck. Ohne Brille oder Kontaktlinsen gefiel er ihr immer noch am besten. Was natürlich nicht hieß, dass er mit Brille schlecht aussah. Es war nur ... Irgendwie war er so am ... Süßesten. Emmas Augen wurden rund und sie bemerkte, dass sie eigentlich auf eine Frage hätte antworten sollen. Was ihr in diesem Moment bloß zu gelegen kam. „Ich würde die mit dem silbernen Gestell mal versuchen. Obwohl ich glaube, dass die bei deiner hellen Haut zu blass sein könnte.“   „Ist blass nicht mehr in?“, wollte Cayden schmunzelnd wissen, während er Emma die Brille abnahm und sie sich aufsetzte. Er betrachtete sich nicht im Spiegel, sondern sah Emma an, die offenbar wirklich nicht mit ihrer Wahl zufrieden war, also nahm er die Brille ab und legte sie zur Seite. Die also nicht. „Ich meine, wenn du Brathähnchen magst, könnte ich es ja mal mit Sonnenstudio versuchen. Aber ich fürchte, da kommt dann eher Tomate heraus.“ Cayden nahm die nächste Brille entgegen und setzte sie auf. „Bist du auch sehr empfindlich, was die Sonne angeht, oder kannst du dich auch im Sommer ohne Sunblocker vor die Tür wagen?“   „Naja, kommt auf die Kreise an, in denen du dich bewegst“, kicherte sie zurück und schüttelte kurz den Kopf, als sie Cayden mit der Brille betrachtet hatte. Die war es auf jeden Fall nicht. „Nein, Brathähnchen sind nicht mein Fall. Aber wenn ich dich durch sowas dazu bringe, mal zehn Minuten gar nichts zu tun und auf einer Sonnenbank zu liegen, werde ich mir das überlegen.“ Sie grinste ihn an und gab ihm die nächste Brille in die Hand. Randlos und mit dunklen Bügeln. „Die finde ich gar nicht schlecht, aber zu dir passt eher etwas Strengeres. Zumindest zu deinem Geschäftslook.“ Ups. Emma sollte sich wirklich ein bisschen zusammenreißen. Sonst vergaß sie am Ende noch, dass Cayden zwar ein netter, sympathischer Mann, aber immer noch ihr Boss war. „Nein, ich bin diesbezüglich eine echte Kiwi. Klar creme ich mich im Sommer ein – das ist hier einfach gar nicht anders möglich, wenn man das Ozonloch bedenkt. Aber ich bekomme nicht wirklich schnell einen Sonnenbrand. Allerdings mag ich auch wirkliches Sonnenbaden nicht. Das ist mir zu langweilig, einfach rumzuliegen und zu schwitzen.“   „Na, dann weißt du ja, wieso ich mich für dich nicht einfach zehn Minuten auf die Sonnenbank legen werde. Viel zu langweilig. Aber vielleicht gibst du dich auch damit zufrieden, mich in Badehosen zu stecken und ein paar Bahnen schwimmen zu lassen. Dazu würde ich mich schon eher überreden lassen.“ Cayden warf einen Blick in den Spiegel, um zu sehen, was Emma mit etwas Strengerem meinte. Ja, er gab ihr recht. Für Meetings, wo er den Boss raushängen lassen musste, wäre das wirklich nicht gerade passend. „Okay, du hast da einen sehr wichtigen Punkt angesprochen. Einmal ganz rein hypothetisch betrachtet könnte es ja passieren, dass ich auch eine Freizeitbrille brauche. Also sollten wir vielleicht eine fürs Büro und eine für den unwahrscheinlichen Fall auswählen, dass man mich auch einmal wo anders zu sehen bekommt.“ Cayden griff nach einem sportlicheren Model, das vielleicht für seinen Freizeitlook passen könnte, und setzte sie sich auf. „Also wäre Sauna oder so etwas in der Art, auch nichts für dich? Ich meine, da schwitzt man auch und liegt oder sitzt nur herum.“ In öffentliche Saunas durfte er persönlich auf keinen Fall gehen. Sein Körper vertrug diese Art von Einrichtung zwar ganz gut, aber es fiel nun einmal auf, wenn einem dabei nicht der Schweiß in Bächen über den Körper lief. Die einzige Feuchtigkeit, die er dann am Leib trug, war das Kondenswasser von den Dampfschwaden. Mehr aber auch nicht.   „Ja, aber klar. Ich bin da gar nicht wählerisch. Solange du mal etwas Anderes tust, als hier zu sitzen und zu arbeiten. Oder in deinem Penthouse zu sitzen und zu arbeiten ... oder woanders zu sitzen und zu arbeiten.“ Dass er sich eine Freizeitbrille anschaffen wollte, klang schon fast so, als meine er das mit dem Ausspannen tatsächlich ernst. Was Emma zwar ein breites, aber auch ein bisschen ungläubiges Lächeln ins Gesicht zauberte. Wenn er es dann auch wirklich tat, war ihr das nur Recht. Auf Dauer konnten nämlich so viel Arbeit und Zurückgezogenheit vor der Welt für niemanden gut sein. Und wenn sie es richtig sah, hatte er schon in Tokio nicht mehr so negativ gewirkt. Ein paar Mal in der Woche schwimmen und er könnte sich vielleicht sogar zu einem echten Lächeln durchringen, wenn er mal wieder zu einer Spendengala ging. „Die finde ich gar nicht schlecht.“ Es handelte sich um eine Brille in dunklem Platin mit sehr dünnem Rand. Die Form war viereckig und dadurch etwas strenger als die runden Gläser der silbernen Brille. Emma legte den Kopf schräg und nickte dann. „Die würde ich in die engere Auswahl nehmen. Was meinst du? Und nein, Sauna mag ich nicht. Ich war ein paar Mal mit einem Ex in der Sauna, aber da war das nur wegen der gemeinsamen Unternehmung angenehm. Allein würde ich da niemals hingehen.“   „Ach, erzähl das jemand anderem. Du willst doch nur nicht so oft Überstunden machen und mich deshalb vom Büro fernhalten. So sieht’s aus.“ Cayden grinste und nahm die Brille entgegen, die Emma ihm hinhielt, und setzte sie sich auf. Er sah sich auch selbst im Spiegel an, nachdem sie entschied, dass diese unbedingt in die engere Wahl müsste. „Ja, die hat was.“ Also legte er sie auf die andere Seite der Schachtel, wo sich noch keine ausgeschiedenen Brillen stapelten. „Ich denke ja, Saunagänge sind etwas, auf die man schon scharf sein muss, wenn man es auch gerne alleine tut. Zu zweit wird einem dadrin wenigstens nicht langweilig, auch wenn man bei der Hitze sich nicht wirklich bewegen mag.“ Cayden setzte sich eine selbst ausgesuchte Brille auf und sah sich im Spiegel an. „Oh nein, die sicher nicht. Damit sehe ich ja aus wie ein Professor!“ Sofort landete das Teil bei den Ausgeschiedenen. Während er sich eine kurze Kaffeepause gönnte, lehnte er sich wieder in seinem Sessel zurück und nahm einen Schluck von seinem Becher. Dabei sah er Emma an und musste plötzlich wieder lächeln. „Übrigens, Miss Barnes. Ein Dutt steht Ihnen nicht wirklich.“ Ihm war vorhin nicht entgangen, wie sie sich einen am Hinterkopf gedreht hatte, um zu sehen, wie die Haarpracht mit einer Brille aussah. Grässlich. Um ehrlich zu sein. Überhaupt nicht ihr Stil.   Zu den vielen Überstunden sagte Emma lieber nichts. Es war ja nicht so, dass sie das zusätzliche Geld dafür nicht gern auf ihrem Konto sah. Ein paar Abende weniger die Woche wären zwar auch nicht schade gewesen, aber in erster Linie ging es ihr wirklich nicht um die Mehrarbeit oder das Geld. Obwohl sie durchaus verstehen konnte, dass Cayden ihr das nicht so leicht abnehmen konnte. Schließlich war es selbst für Emma etwas seltsam, sich über ihren Chef und seine Art, mit sich selbst umzugehen, solche Gedanken zu machen. Wobei ... „Freunde dürfen dir sowas auch einfach um deiner selbst willen sagen, Cayden.“ Sie zwinkerte. „Wobei ich gegen so manchen freien Abend nichts einzuwenden hätte.“ Sie lachte, als er sich selbst mit der nächsten Brille zu ältlich fand und sie weglegte, bevor Emma sie wirklich gesehen hatte. Inzwischen hatten sie schon ganz schön aussortiert. Wenn das so weiter ging, würde er doch Kontaktlinsen tragen müssen. Emma suchte in dem Samtkästchen herum, um vielleicht doch noch das wahre Schmuckstück zu finden, als sie plötzlich zu Cayden aufsah und ihn leicht anfunkelte. „Dir entgeht wohl gar nichts, was?“ Ein Lächeln schlich sich in ihr Gesicht, bis sie ihm eine doch recht dunkle Brille hinhielt und wirklich grinste. „Probier mal die hier, Professor.“   „Ich hätte manchmal nichts dagegen einzuwenden, glaub mir.“ Cayden stellte seine Kaffeetasse wieder weg und nahm eine weitere Brille von Emma entgegen, während er sie nicht aus den Augen ließ, da ihr dieses Funkeln darin sehr gut stand und ihn zum Lächeln brachte. „Nein, meistens nicht. Und wenn doch, dann bist du sicher die Letzte, vor der ich das zugeben würde.“ Er setzte sich die Brille auf und sah Emma genau an und wie diese reagierte. „Und? Kann ich damit ein paar unfähigen Bandmanagern in den Hintern treten, oder zumindest kleine Kinder erschrecken? Ach, bitte sag mir, dass ich damit wenigstens zum Anbeißen aussehe, sonst bleib ich am Ende doch einfach bei den Kontaktlinsen. Obwohl … eigentlich bin ja ich derjenige, der beißt. Hmm …“ Cayden legte seine Hand ans Kinn und dachte offenbar überlegend nach, während er sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen tippte. „… egal. Also, was sagst du?“ Er schenkte ihr sein schönstes Zahnpastawerbungslächeln, das er auf Lager hatte.   „Du siehst ...“ ... eigentlich immer zum Anbeißen aus. Emma schaffte es für einen Moment nicht, sich seinem Blick zu stellen, sondern schob eine der Brillen in der Schatulle einen Millimeter von links nach rechts. Dieses Lächeln war wirklich ... Es hatte ein warmes Knistern in Emma verursacht, das sie eigentlich gar nicht empfinden sollte. Es kam ihr verdammt bekannt vor und genau deshalb sollte sie sich darauf nicht einlassen. Das wäre gar keine gute Idee. Erst nach einem tiefen Atemzug und nachdem sich wieder ein ehrliches Lächeln in ihr Gesicht getraut hatte, das nicht zu viel von ihren Gefühlen verraten konnte, sah sie ihn wieder an. „Ich glaube, die ist es. Genau das richtige Maß an Ernsthaftigkeit, Mode und Schmiss. Und ja, außerdem siehst du genau das Quäntchen gefährlich aus, auf das die Frauen stehen.“   Caydens Nasenflügel bebten leicht und er atmete tiefer ein, als einer seiner Sinne ihm zu verstehen gab, dass sich gerade irgendetwas hier im Raum verändert hatte. Nicht viel, doch so subtil es auch gewesen sein mag, es war ihm nicht entgangen, auch nicht, dass Emma seinem Blick einen Moment lang auswich und er sie auf einmal deutlicher riechen konnte. Ob es nun daran lag, dass sich seine Sinne automatisch geschärft hatten, oder etwas in ihr vorgegangen war, wusste er nicht. Er hatte es aber auf jeden Fall registriert. Als sie schließlich weitersprach, war irgendwie die witzig lockere Art in der Atmosphäre zwischen ihnen abgeklungen und hatte etwas schwererem Platz gemacht. Eigentlich interessiert mich nur, was du von mir denkst, dachte er bei sich und starrte Emma einen Moment lang intensiver an, als es eigentlich angebracht war, ehe er sich wieder ein Lächeln aufsetzte und die Brille wieder abnahm. „Gut, dann ist das die Glückliche.“ Er hatte sie noch nicht selbst an sich gesehen. Aber er vertraute Emma darin vollkommen. „Danke, dass du mir bei der Auswahl geholfen hast. Sonst hätte ich mich nämlich am Ende noch für die hier entschieden …“ Cayden zog eine ganz andere Brille aus einer seiner Schubladen und setzte sie sich auf. Sofort war seine Welt in rosa Farbtönen getaucht und bestimmt war auch das pinke Herzchenbrillengestell mit dem Glitter darauf ein absoluter Kracher. Nur mit Müh und Not konnte er sich einen ernsten Gesichtsausdruck beibehalten, wusste er doch, wie lächerlich er mit diesem Teil aussah.   Es dauerte eine Schrecksekunde, in der sie Cayden mit offenem Mund anstarrte, bevor Emma in schallendes Gelächter ausbrach. Eigentlich wollte sie etwas dazu sagen, aber dieses ... Ding auf seiner Nase und dazu dieses schiefe Lächeln war einfach nur göttlich! Emma gluckste, wurde von ihrem Lachanfall fast vom Stuhl geschüttelt und kriegte sich jedes Mal nur ein bisschen wieder ein, bevor sie das Glitzergestell auf Caydens Nase erneut ansah und wieder nicht an sich halten konnte. Es biss sich einfach auch so großartig mit seinen Haaren! Emma kicherte und kicherte, bis ihr die Tränen aus den Augenwinkeln liefen und ihre Wimperntusche verwischten. „Damit ... hättest du früher rausrücken sollen.“ Bevor sie noch einmal losprusten konnte, hielt sie sich kurz die Hand vor den Mund, um sich zu sammeln. „Ein Traum in Pink würde ich sagen.“   Cayden konnte nicht anders. Er wurde von Emmas Lachen so erbarmungslos mitgerissen, wie ein Blatt von einem Tornado und lachte ebenfalls so derart stark, dass sein ganzer Brustkorb zu vibrieren schien. Trotzdem behielt er das pinke Teil auf der Nase, nur um einen weiteren Lachanfall heraufzubeschwören. „Ein Traum in Pink würde ich sagen.“ Cayden grinste schief. „Oh ja, davon habe ich schon immer geträumt und natürlich konnte ich das Teil nicht gleich am Anfang auspacken. Schließlich kommt das Beste immer zum Schluss!“ Trotzdem setzte er die lächerliche Brille schließlich doch ab und grinste das Teil an, während er es zwischen den Fingern hin und her drehte. Ihm tat der Bauch weh. Oh Gott, so viel gelacht, hatte er schon lange nicht mehr. „Was meinst du, sollte ich die einmal beim Yamato-Meeting tragen? Vielleicht würde das beim nächsten Mal ein bisschen die Stimmung heben. Naja, eine Überlegung wäre es auf jeden Fall wert. Die wird also sicher aufbewahrt.“ Cayden legte die Herzchenbrille wieder zurück in seine Schublade, faltete dann die Hände vor der Brust und lächelte Emma an. „Nein, jetzt aber mal ernst. Danke für deine Hilfe.“   „Ich weiß nicht, ob Mr. Yamato so viel Spaß versteht, aber du könntest bestimmt ein paar Argumentationsfehler vertuschen, wenn du ihn mit diesem Ding ablenkst.“ Emma kicherte immer noch, auch wenn sie sich wirklich Mühe gab, es nicht zu tun. Selbst, als die pinke Herzchenbrille wieder sicher in der Schreibtischschublade verstaut war, grinste Emma fast im Kreis. Cayden hatte sie damit wirklich kalt erwischt – so viel Eigenironie hätte Emma ihm einfach nicht zugetraut. Umso positiver überraschte sie das Ganze. „Sehr gern geschehen. Immerhin sehe ich dich fast jeden Tag. Da ist es doch auch in meinem Interesse, dass du noch besser aussiehst, als ohnehin schon.“ Sie lächelte und stand schließlich nur deshalb aus ihrem Besucherstuhl auf, weil ihr Stella eingefallen war, die bestimmt annahm, Cayden habe Emma inzwischen aus dem Fenster geworfen. Immerhin hatte es vorhin wirklich so ausgesehen, als wolle er ihr die Hölle heißmachen. „Ich werd mich mal wieder draußen sehen lassen. Sonst ruft Stella vielleicht den Sicherheitsdienst oder räumt vorsichtshalber schon mal meinen Schreibtisch aus. Du sahst vorhin nämlich wirklich gruselig aus.“ Sie packte ihr Notizbuch und den Stift zusammen, drehte sich aber an der Tür noch einmal um und musterte Cayden für einen ausführlichen Moment. „Gute Wahl, wirklich.“   Cayden lächelte, als Emma ihm noch einen letzten Blick schenkte. „Das habe ich dir zu verdanken, und falls Stella fragt, sag ihr, ich habe dich wegen des fehlenden Zuckers zur Schnecke gemacht.“ Sorgsam nahm er das verbleibende Zuckerpäckchen von dem kleinen Tablett und versteckte es in seiner Hand, während er breit grinste und Emma schließlich aus seinem Büro entließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)