File X von Varlet ================================================================================ Kapitel 8: Erkenntnis --------------------- Ich wünsche allen meinen Lesern frohe Weihnachten und besinnliche Festtage ____________________ Im Hauptquartier angekommen, gingen die beiden Polizisten zurück in das Büro. Sie setzten sich auf ihre Plätze und gingen die einzelnen Listen durch. Sogleich fanden sie auf der ersten Reiseliste des Professors eine Frau mit dem Vornamen Akemi. „Da, da steht es. Miyano Akemi“, las Sato vor. Takagi nickte. „Ich bin gespannt, ob sie tatsächlich die tote Frau ist“, murmelte er. „Ich geb ihren Namen gleich ein. Mal sehn was unser Programm über sie heraus finden kann.“ „Ich bin wirklich gespannt“, sprach Takagi. „Da bist du nicht der Einzige. Ich hoffe, wir finden was“, entgegnete Sato. Schnell tippte sie den Namen in die Suchfunktion ein und bekam dann auch schon einen Treffer. „Zumindest haben wir schon was da…“ „Gut. Hoffen wir mal, dass es mehr ist, als bei den anderen Einträgen“, meinte Wataru. „Das haben wir gleich“, nickte die Inspektorin. „Ah, da steht es ja. Miyano Akemi, Tochter von Miyano Atsushi und Miyano Elena“, las sie vor. „Elena? Eine Ausländerin?“, fragend blickte Takagi seine Partnerin an. „Scheint so“, nickte Miwako. „Aber hier steht, dass die Eltern vor vielen Jahren starben. Damals war Akemi sieben Jahre alt, es war direkt nach der Geburt des zweiten Kindes Shiho. Das heißt unsere Akemi hat noch eine jüngere Schwester“, erzählte Miwako. Takagi nickte und sah ihr über die Schulter. „Es scheint, als hätte diese Akemi ein ganz normales Leben geführt. Nach der Schule fing sie mit dem Studium an und beendete es in der Regelstudienzeit obwohl sie dauernd mit ihrem Professor auf Reisen war. Sie schien wohl ziemlich intelligent zu sein. Nach ihrem Studium hatte sie mehrere verschiedene Nebenjobs. Seit einem Jahr ist nichts mehr über sie bekannt“, seufzte Sato. „Aber nur weil nichts über sie bekannt ist, heißt es doch nicht, dass wirklich was passiert war“, warf Takagi ein. „Das behauptet ja auch keiner“, nickte sie. „Finden wir in den Informationen auch irgendwelche Bilder von ihr?“, wollte der Inspektor wissen. „Einen Moment“, murmelte Sato. Sie suchte herum und fand dann ein paar frühere Bilder. „Da haben wir was, die stammen von ihrem Ausweis“, sprach sie und wartete, bis das Bild fertig geladen war. „Das ist…“ „…Hirota Masami…“, beendete Takagi den Satz. Sato nickte. Sie war es. Es gab keinen Zweifel. Die Frau, die den Milliardeyenraub begann und die Frau, die bei Professor Hirota studierte, waren ein und dieselbe Person. Auf jeden Fall. Aber wieso? Wieso nahm eine junge Frau einen solchen Namen an? Was bezweckte sie damit? Warum änderte sie ihren Namen? War was im Busch? Hatte sie Dreck am Stecken? Musste sie untertauchen? Fragen über Fragen. Und es gab keinen mehr, der sie beantworten konnte. Miwako seufzte auf. „Was hast du?“, wollte Takagi von ihr wissen. „Diese Frau, sie hat ihre Identität gewechselt. Ich frage mich, ob sie Dreck am Stecken hatte oder warum sie einen anderen Namen annahm. Irgendwas muss dahinter stecken. Und leider werden wir das wohl nie heraus finden. Sie ist tot…“ Takagi nickte. „Genau wie ihre Eltern“, murmelte er. „Aber da steht es doch, sie hat eine jüngere Schwester. Wir könnten versuchen sie zu finden und dann heraus zu finden, was es mit dem falschen Namen auf sich hat“, schlug er vor. „Das versuch ich sofort“, entgegnete Sato ruhig. Schnell tippte sie den Namen von Akemis Schwester ein und wartete auf ein Resultat. „Da! Da haben wir schon eins.“ „Ja. Schauen wir mal, was es über ihre Schwester gibt. Also, Miyano Shiho wuchs bei Freunden der Familie auf. Im Kindesalter änderte sich ihre Adresse. Sie lebte seitdem in den USA. Alleine?“, Miwako hob die Augenbraue. „Bei Akemi stand nicht, dass sie in den Staaten wohnte, oder?“, wollte er wissen. „Nein, gar nicht. Deswegen wundert es mich, dass die Schwestern getrennt wurden“, sprach Sato. „Das ist wirklich sehr komisch. Was steht sonst noch über sie dadrin?“ „Sie scheint ebenfalls ziemlich intelligent zu sein. Mit 13 Jahren hatte sie die Schule beendet und fing mit 14 Jahren in Studium an. Wow, die muss ja ziemlich viel wissen. Als sie 16 Jahre alt war, verließ sie die Staaten wieder und kam zurück nach Japan. Danach arbeitete sie zwei Jahre lang bei einem Pharama-Unternehmen“, sagte die Inspektorin. „Wow…was für ein Start ins Berufsleben. So jung und schon fertig studiert“, gab Takagi zu. „Oh ja, das kannst du wirklich laut sagen. Ihr müssen ja alle Türen offen gestanden haben.“ „ Haben wir eine Adresse von ihr oder von dem Unternehmen?“, wollte Wataru wissen. Sato seufzte. „Leider nicht. In ihrer Wohnung gab es einen Brand und seitdem wurde sie nicht mehr dort gesehen. Und auch das Labor wo sie gearbeitet hat, ist verbrannt. Schon wieder ein Brand“, murmelte Miwako. „Das muss doch nichts heißen“, gab Takagi von sich. „Die Brände sind ein knappes Jahr alt. Haben wir denn ein Bild von ihr?“ „Ja, da ist eines von ihrem Ausweis“, nickte Sato. Als das Bild vollständig geladen war, weiteten sich die Augen der beiden Inspektoren. Sie konnten nicht glauben, was sie da sahen. Sie war es. Ai in Großformat. Aber wie ging es? Wie konnte es ein Mädchen geben, das genau wie Shiho aussah? Es gab keine weiteren Verwandten des Mädchens. So einfach war das doch nicht möglich. Das gab es einfach nicht. „Das glaub ich nicht“, wisperte Miwako. „Ich auch nicht“, gab Takagi von sich. Er stolperte zurück in seinen Stuhl und blieb auf diesem Sitzen. Er hatte das Gefühl, als würde sich sein Kopf drehen. „Wie ist das nur möglich?“, wollte die Inspektorin wissen. „Ich weiß es nicht…ich weiß es wirklich nicht.“ Mit einer Mütze auf dem Kopf machte sich Kir auf den Weg zum Aufenthaltsort von Ran. Sie brauchte einen Überblick der Lage. Nur so würde sie die nächsten Schritte planen können. Falls es noch nächste Schritte gab. Man konnte sich nie sicher sein, wie lange die Organisation eine Geisel leben ließ. Eigentlich konnte man sich nur sicher sein, dass sie sie sehr schnell los wurden. Aber das jetzt, war was anderes. Sie hatten zum ersten Mal eine Geisel und schienen sie noch eine Weile zu brauchen. Was sie wollten? Shinichi Kudo. Das hatte Kir in der Zwischenzeit heraus finden können. Aber trotzdem. Die Sache war immer noch heikel. Das Organisationsmitglied wusste, dass es für Ran kein Entkommen gab, auch wenn sich Kudo freiwillig auslieferte. Leise seufzte sie auf. Die Lage wurde immer pikanter. Und es schien schon so, als gäbe es keinen Ausweg. Was sollten sie auch noch machen? Entweder sie half ihr. Oder sie half ihr nicht. Ersteres hätte zur Folge, dass sie vor der Organisation aufflog und damit den Auftrag ihres Vaters nicht zu Ende bringen konnte. Verbündete. Das hatte er ihr versprochen. Kurz vor seinem Ende hatte er ihr noch gesagt, dass Verbündete kommen würden. Es kamen auch welche. Aber trotzdem saß sie noch immer in der Organisation fest. Aber sie wartete weiter. Immer weiter. Würde sie hingegen das Zweite wählen, wäre sie Mitschuld am Tod einer unschuldigen Person. Es lastete bereits – durch die Organisation - viel Blut an ihren Händen. Und auch wenn sie versuchte alle möglichen Morde auch nur irgendwie zu verhindern, sie schaffte es nicht. Also was tun? Kir zog sich das Käppie tief ins Gesicht. Ran sollte sie nicht erkennen. Noch nicht. Außerdem wusste sie, dass es besser war, wenn keiner auch nur irgendwas von ihrer Identität wusste. Mit Eisuke war es bereits gefährlich, aber wenn es jetzt noch jemanden gab… Das konnte sie nicht verantworten. Kir kam an der Tür an. Sie atmete tief durch und klopfte dann an. Auf das Klopfen reagierte Wodka, der hinaus trat. „Was gibt es?“, wollte er von ihr wissen. „Du kannst Pause machen. Ich lös dich ab“, antwortete Kir knapp. Wodka hob die Augenbraue und sah sie einige Zeit an. „Ich soll auf das Mädchen aufpassen. Anweisung von Gin“, entgegnete er knapp. „Von mir aus. Aber glaub ja nicht, dass dir jemand was zu essen herbringt oder du mal kurz auf die Toilette könntest“, konterte Kir. Sie drehte sich wieder um. Verdutzt sah das dickere Organisationsmitglied zu ihr. „Ich bin in spätestens zehn Minuten wieder da“, sprach er. Kir nickte und trat anschließend in den Raum. Sie schloss die Tür, blieb aber noch eine Weile an dieser stehen. Sie musste sich sicher sein, dass Wodka nicht draußen lauschte. Kir blickte zu Ran. Ihr wurde die Augenbinde mittlerweile entfernt. Ein schlechtes Zeichen. Sie würde die Gesichter sehen und später erkennen. Noch deutlicher konnte die Organisation die Tatsache nicht machen. Am Ende würden sie sie umbringen. Sie dachten nicht einmal daran das Mädchen gehen zu lassen. Dabei war sie nur ein Mädchen. Sie würde nichts tun. Ran saß schluchzend auf einem Stuhl. Ihre Hände waren nach hinten gedreht und an der Lehne befestigt, auch ihre Beine waren an dem Stuhl gebunden. Sie saß nur so da, tat nichts außer auf den Boden zu blicken. In die Leere. Leise seufzte Kir auf. Wie konnte man jetzt noch was machen? Sie sah weiterhin auf das Mädchen. Aber Ran machte keine Anstalten hochzusehen. Es schien, als wüsste sie, dass sie mit jedem Gesicht immer weiter in die Dunkelheit gezogen wurde. „Ich hoffe du weißt, auf was du dich hier eingelassen hast“, begann Kir. Sie versuchte ihre Stimme zu verstellen. Es sollte nur ein wenig dumpfer klingen. Ran schluchzte. „Das ist ein Spiel auf Leben und Tod. Ich kann nur für dich hoffen, dass du lebend aus der ganzen Geschichte heraus kommst“, sprach sie anschließend. „Du solltest dich ein wenig zusammen reißen, sie sehen es nicht gern, wenn man so…weinerlich ist…“, fügte sie an. Durch das Klingeln ihres Handys wurde sie unterbrochen. Das Organisationsmitglied zog das Mobilfon aus der Jackentasche heraus und blickte auf den Display. Auch wenn sie nicht viel reden konnte, nahm sie trotzdem ab. Kir hielt sich das Handy ans Ohr und trat zur Tür des Raumes. „Ja, ich bins“, sprach sie in den Hörer. Sie öffnete die Tür als ihr auch schon Wodka entgegen kam. Kir würdigte ihn keines Blickes. Sie trat einfach so heraus und schloss die Tür. „Ja, die ist hier. Wodka passt weiterhin auf sie auf. Ich warte auf weitere Befehle. Bis nachher“, entgegnete die junge Frau und legte anschließend auf. Das war bestimmt Gin, dachte sich das Organisationsmitglied. Verdutzt blieb Wodka auf der anderen Seite der Tür stehen und versuchte etwas von dem Gespräch zu belauschen. Aber das was er hörte, gab ihm nur Aufschluss darüber, dass Kir mit einem anderen Mitglied telefonieren musste. Wodka blickte auf Ran. „He, du!“ Ran schluchzte erneut. Nur langsam sah sie nach oben. In ihren Ohren hörte sie noch immer Kirs Worte. Sie sollte nicht so weinerlich sein. Aber wie war man das, wenn man sich in einer solchen Gefangenschaft befand? „Was wollte Kir von dir?“, wollte Wodka von ihr wissen. „I…ich weiß…nicht…“, murmelte das Mädchen leise. „Was hat sie dir gesagt?“, knurrte der Mann in Schwarz. „Das ich hier…überlebe oder sterbe und nicht…weinen soll…“, antwortete sie leise. Wodka hob die Augenbraue. Er seufzte. Was für eine Verschwendung von Kir. Was brachte es schon? Sie wusste selber, dass Ran hier nicht lange leben würde, egal ob sie weinte oder nicht. Am späten Abend schlich sich Kir raus. Das Organisationsmitglied blickte nach rechts, nach links, nach vorne und nach hinten. Das wiederholte sie mehrfach, bis sie sich sicher war, dass keiner sie verfolgte. Sie wusste, dass die Organisation ihr immer noch nicht ganz vertraute. Immer wieder kamen neue Aspekte hinzu. Kaum war sie wieder drinnen, fand die Organisation einen Grund, warum ihre Befreiung zu einfach war. Kaum brachte sie Akai um, tauchte ein Mann auf, der wie der FBI Agent aussah. Und wieder verlor sie das Vertrauen. Kaum holte sie es sich zurück, fand die Organisation einen neuen Aspekt der nicht passte. Sie konnte tun was sie wollte. Es gab immer irgendwas, was sie fanden. Kir seufzte. Wie sollte sie so ihren Auftrag zu Ende bringen? Kaum war sie einige Schritte gegangen, sah sie sich erneut um. Man konnte nie wissen wo sie lauerten. Vor allem Korn und Chianti wurden gefährlich. Man sah sie nicht, da sie von weiter Entfernung agierten. Aber auch hier sah Kir keine Waffe aufblitzen. Ein wenig Erleichterung machte sich in ihr breit. Kir ging weiter und weiter. Sie entfernte sich von den Räumlichkeiten, in denen die Organisation nun ihre beiden Gefangen festhielt. Die junge CIA Agentin trat auf einen Wagen zu. Sie erkannte ihn sofort. Bevor sie allerdings bei diesem ankam, blickte sie sich noch einmal um. Keiner war zu sehen. Kir trat näher heran. „Wann geht’s los?“, wollte sie wissen. „Morgen.“ „Ich bin bereit“, nickte sie. „Wenn wir die Mädchen draußen haben, werden wir dich heraus holen.“ „Was? Nein“, Kir schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Ich muss…ich muss weiter machen“, gab sie von sich. Der Mann seufzte. „Hidemi, das hätte dein Vater…“ „Stopp!“, unterbrach sie ihn. „Du weißt nicht, was mein Vater getan hätte und was nicht. Mein Vater wollte auch, dass ich nach einigen Wochen in der Organisation meinen Tod vortäusche und raus komme. Aber alles kam anders. Am Ende wollte er, dass ich seinen Auftrag zu Ende bringe und das werde ich auch tun. Ich werde solange weiter machen, bis mich die Organisation enttarnt oder kurz vor ihrem Ende steht“, fügte sie an. Wieder seufzte der Mann. „Du bist ein Sturrkopf“, sprach er. „Ich weiß“, nickte sie. „Ich rufe dich morgen an und geb dir Bescheid, wann wir los legen“, entgegnete er. „Gut. Ich werd jetzt zurück gehen. Sonst fällt es noch auf“, meinte Hidemi. Und auffallen wollte sie nun wirklich nicht. Nicht schon wieder. „Pass auf dich auf“, mit einem Lächeln auf den Lippen verabschiedete er sich von ihr und fuhr los. Auf halber Strecke blickte er in den Rückspiegel. „Dachte ich es mir doch“, murmelte der Mann. Verfolgt wurde er von einem Motorrad und einer Frau – einer Frau mit langen blonden Haaren. Sie war ihnen also auf den Fersen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)