Doppeldeutigkeiten. von YunYun ================================================================================ Kapitel 4: ----------- ~ Kapitel 5 könnte eventuell ein kleines bisschen länger als eine Woche brauchen, ich hoffe ihr seht es mir nach |3 Danke übrigens für die vielen Favos - das hätte ich nie gedacht Nun aber viel Spaß mit Kapitel 4 ~ Kapitel 4 Aoi war betäubt. Er war unfähig sich zu bewegen, weder vor noch zurück. Vor seinen Augen lief die eben erlebte Szene wie in einer Dauerschleife ab. Immer wieder sah er Uruha und Ruki vor sich, wie sie sich so leidenschaftlich und gierig küssten und es anschließend einfach nicht zu übersehen gewesen war, dass sein Ex-Freund es nicht erwarten konnte aus seiner Kleidung zu kommen und richtig loszulegen. Allein dieser sinnliche Blick bescherte Aoi das kalte Frieren. Warum gerade Ruki? Warum musste es jemand sein, der praktisch immer um sie herum war? Wäre es ein ganz normaler Mann oder zumindest einer aus einer anderen Band, würde er diesem Schicksal aus dem Weg gehen dauernd solche Szenen mit ansehen zu müssen. Der Kuss am Morgen war eigentlich schon schlimm genug gewesen, aber so heftig wie jetzt hatte es Aoi bisher noch nie getroffen. Nie war er so nah an den Beiden gewesen, dass er Uruhas Lust förmlich von seinem hübschen Gesicht ablesen konnte - zumindest nicht wenn er nicht selber Schuld daran getragen hatte. Er mochte sich gar nicht ausmalen, zu was die Beiden jetzt gleich übergehen würden. Aoi überkam der Drang nach Betäubung, denn seine Glieder begannen zu schmerzen, er bekam Kopfschmerzen. Zu gern wollte er sich einreden, dass da nur eine Migräne im Anflug war, aber er wusste, dass er sich damit nur selbst belügen würde. Viel mehr fühlte es sich so an als hätte Uruha ihm einen Dolch durchs Herz gejagt, welches sich jetzt fest darum zusammenzog und den Schmerz besänftigen wollte. Aber es ging nicht. Stattdessen raubte es ihm förmlich den Atem und ließ jede Faser seines Seins ganz langsam absterben. Da hatte er es also genau vor sich gehabt: das Ende seiner Beziehung, die er bis zuletzt nicht hatte Sterben sehen wollen. Der letzte kleine Funken war von ihm gehegt und gepflegt worden, dass es doch wieder werden würde - doch das würde es nicht. Uruha war ihm davon gelaufen. So was passierte eben. Aber so leicht fiel es ihm nicht das abzutun. Stattdessen machte er auf dem Absatz kehrt und ging zurück in sein Zimmer, wo er nicht mehr Gefahr laufen konnte dieses Elend noch einmal mit ansehen zu müssen. Er war eben noch nicht so weit Uruha gehen zu lassen, obwohl er sehr wohl begriff, dass selbst seine eisenharte Gegenwehr gebrochen werden würde. Er konnte es nicht verhindern, dass seine einstige Liebe ohne ihn weiterlebte und dabei auch noch glücklich war. Aoi ging zum Fenster, um sich dagegen zu lehnen. Im Moment erschien ihm der Wunsch es aufzureißen und hinaus zu springen als der effektivste. Immerhin würde dann dieses verdammte Ziehen und Reißen in seiner Brust aufhören. Er sehnte sich so danach nichts mehr zu fühlen. Was hatte er denn nur angerichtet? War er denn mit seinen zweiunddreißig Jahren wirklich dem Irrglauben verfallen, dass ihn ein One Night Stand mit einem schönen Mann von seiner wirklichen Liebe lösen würde? Kazuki war doch nichts anderes als ein hübsches Gesicht, eines von vielen, die nur in der grauen Masse untergingen. Aoi empfand nichts für ihn - dieses Schmierentheater war doch nur eine Lüge für ihn selbst. Eine Lüge, um sein Leid besser zu ertragen. Die Unfähigkeit etwas aus dieser Situation zu machen überfiel ihn. Er konnte seinen düsteren Gedanken nicht entkommen. Und so blieb er einfach allein auf seinem Zimmer - eine halbe Ewigkeit blickte er nur hinaus in die Ferne, doch eigentlich nahm er weder den blauen Himmel, noch das Leben, welches sich eigentlich so nah vor ihm abspielte, auch nur im Ansatz wahr. Was sollte er jetzt tun? Was wollte er tun, um sich selbst wieder auf die rechte Bahn zu lenken? Ihm tat der Kopf weh. Er brauchte etwas, was ihn von all dem ablenkte. Endlich riss er sich los und beschloss seinen Kummer mit Alkohol zu begießen. Der würde ihm Uruha schon austreiben - zumindest für eine Weile. Einen Blick auf sein Handy warf er dennoch, obwohl er nicht wusste was er sich davon eigentlich versprach. Zwei verpasste Anrufe zeigte es an - von Kazuki. Aber was tat das schon zur Sache? Aoi wollte sich viel lieber seinem Selbstmitleid hingeben und darin versumpfen, bis er alles und vor allem sich selbst vergessen konnte. Er nahm diesmal den Weg durch das edle Treppenhaus mit dem goldenen Licht und dem roten Teppich, der die meisten anderen Besucher sicherlich beeindruckte. Aoi aber nahm ihn kaum zur Kenntnis. Viel mehr freute er sich schon auf die betäubende Wirkung seines treuen Freundes: dem Alkohol. Es war ja nicht das erste Mal, dass er darin Zuflucht suchte. Genauer gesagt griff er in letzter Zeit häufiger danach als es gut für ihn war. Der Treppenlauf endete genau gegenüber den Fahrstühlen in der Vorhalle des Hotels, womit er selbige erst durchqueren musste, wenn er zur Bar wollte. Doch soweit würde es gar nicht kommen, als zwei Augenpaare von ihm Notiz nahmen. »Aoi? Was machst du denn hier?«, fragte Rui und machte auf sich aufmerksam. Aoi war eigentlich damit beschäftigt ihn und seinen Freund zu ignorieren und an ihnen vorbei zu rauschen, als wären sie gar nicht da. Die Beiden hatten ihm ja gerade noch gefehlt - was konnte ihn in seiner Situation wohl noch mehr herunter ziehen als ein glückliches Paar? Rui und Manabu waren gerade pures Gift für ihn, aber er blieb trotzdem stehen. Allein der Anblick von den Beiden, wie sie Arm in Arm an der Rezeption gestanden hatten, verpasste ihm den nächsten Schlag in die Magengrube. Und Rui lächelte auch schon wieder dieses glückselige Lächeln, welches ihm gerade mehr einen beständigen Brechreiz als Neid abverlangte. »Hattest du nicht ein Date mit Kazuki?«, mischte sich Manabus dunkle Stimme ein, die einfach nicht zu seiner zierlichen und recht androgynen Optik passen wollte. »Ich hab’s verplant.« »Dann kannst du ja gleich mit uns mitkommen«, sagte Rui, dem es offensichtlich entging, dass Aoi eigentlich einen anderen Weg eingeschlagen hatte. »Shin hat doch heute seinen Soloauftritt. Willst du dir das nicht ansehen?« Eigentlich interessierte es ihn überhaupt nicht, was der Sänger von ViViD allein oder mit anderen auf dem Kasten hatte und er blickte sehnsüchtig zu seinem eigentlichen Ziel. Nur ein paar Schritte war er noch davon entfernt, bis er sich in einen komaähnlichen Zustand befördern konnte. »Kazuki ist sicher schon dort. Zumindest hat er das gesagt...« Manabu richtete seine Worte mehr an seinen Partner, der zustimmend nickte. »Vielleicht haben wir ja Glück und wir finden ihn«, sagte Rui und zog Aoi einfach mit sich. »Hoffentlich ist er nicht wieder wahnsinnig und steht zwischen den ganzen Fans.« »So was macht der?«, fragte Aoi stirnrunzelnd und ein wenig überfordert von der plötzlichen Wendung seines Abendprogramms. »Oh ja!«, beeilte Manabu es sich zu sagen. »Er macht sich oft genug einen Spaß daraus die Fans zu schockieren, indem er einfach zwischen ihnen auftaucht.« Gemeinsam gingen die Drei einen der langen Korridore entlang, die direkt in den Keller zu dem anliegenden Gebäude führten, in dem die eigentliche Veranstaltung stattfand. Durch diesen Gang gelangten sie zielsicher in den Bereich, in dem nur die Künstler und alle Mitarbeiter Zutritt hatten. Fans liefen sie freilich nicht über den Weg. »Der macht sich echt aus gar nichts was.« »Das ist doch nichts Neues«, lächelte Rui freundlich. »Er hat, glaube ich, immer noch nicht verstanden, dass er ein Star ist.« Und was für einer - dachte Aoi im Stillen. Seine Fangemeinde war wahrscheinlich weit größer als er es sich selbst ausmalen konnte und sie wuchs auch mit jedem Tag, an dem er sich in die Öffentlichkeit begab. Unglaublich, dass er schon für Aoi den Gitarristen gespielt hatte und es dabei nicht nur um den Schönling gegangen war. Im Gegenteil eigentlich - die meiste Aufmerksamkeit war eigentlich Aoi zuteil geworden. Sie gingen an den Räumlichkeiten, in denen sich die Bands ausbreiten und angemessen stylen konnten, vorbei und zu der langen Stahltreppe, die in einen schmalen aber langen Bereich führte, der sich U-förmig hoch über den eigentlichen Zuschauerrängen befand. Eigentlich war es mehr ein breiter Gang, der sich an die Wand schmiegte und mit einer Absperrung versehen war, damit sich nicht versehentlich jemand zu Tode stürzte. Sie waren zugegeben nicht gerade nah an der Bühne, aber sie würden einen guten Blick darauf haben. Hier hoch durften eigentlich nur die Techniker und das Backstagepersonal - und eben die neugierigen Schaulustigen der Bands. Genau auf der gegenüberliegenden Seite machte Aoi noch andere aus, aber er konnte nicht sagen um wen es sich handelte, denn momentan war es hier oben einfach zu düster. Die meisten Lichter befanden sich eher unterhalb von ihnen. Genauer genommen interessierte es ihn aber auch gar nicht. Viel lieber beobachtete er die sich tummelnden, zum größten Teil weiblichen Fans, die es wohl kaum erwarten konnten Shin zu bewundern. Die Auftaktband und auch der erste Akt - SuG und D=OUT - waren schon durch, bestimmt würde es bald losgehen. Just in dem Moment dunkelte sich die Halle komplett ab und das Schauspiel auf der Bühne setzte mit einer begeisternden Lichtshow ein. Shin stürmte die Bühne mit einem feurigen Lächeln, welches gleich bejubelt wurde und man es bis zu Aoi hinauf hören konnte, wie die Fangirlherzen höher schlugen. Er brauchte wirklich keine Band um seine Fans zu unterhalten. Aoi hingegen beobachtete das Ganze eher neutral, aber ihm gefiel, dass der junge Mann auf der Bühne Spaß hatte - echten Spaß, er tat nicht nur so. Ein bisschen sah es so aus wie… »Ist das da drüben nicht Kazuki?«, fragte Rui plötzlich und deutete mit einem Kopfnicken auf die andere Seite ihres erhöhten Aussichtspunktes. Aoi richtete den Blick eher unfreiwillig darauf. Aber er war es tatsächlich - und er war nicht alleine. Er unterhielt sich offensichtlich sehr angeregt mit einer anderen Person. Eine blonde Person, deren Haar von dem gelegentlich aufflackernden Licht regelrecht zum leuchten gebracht wurde. Ohne Zweifel - der andere war Reika, der freche Bassist vom Frühstück, der ihm so eine Szene gemacht hatte. Sein Zorn musste allerdings schon verraucht sein, denn die Beiden standen verdächtig nah beieinander. Und sie amüsierten sich offensichtlich auch prächtig und nahmen das eigentliche Geschehen auf der Bühne gar nicht wahr. Kazuki stupste ihn gerade zärtlich mit dem Ellenbogen an, um ihm einen verwegen Blick zuzuwerfen. Natürlich fruchtete er und er konnte Reikas Gesicht mit ruhigem Gewissen zu sich lenken und ihm einen Kuss aufdrücken. Selbst auf die Distanz konnte Aoi erkennen, wie sich der Bassist förmlich zu einem schmelzenden Stück Butter entwickelte und bestimmt süffisant dafür seufzte. Er ergab sich dem Kuss und schob sich gegen Kazuki, der die Arme um ihn legte und ein hitziges Spiel ihrer Münder entbrennen ließ, wie er es in der Nacht zuvor auch mit Aoi getan hatte. »Er kann es echt nicht lassen«, sagte Manabu in seine Gedanken. Aoi hingegen konnte das Bild kaum noch aus der Ruhe bringen, dafür war an diesem Tag einfach schon zu viel passiert. Dass es aber ausgerechnet Reika sein musste gefiel ihm nicht. Warum machte in diesem Label eigentlich jeder mit jedem rum? Es gab ständig neue Pärchen, die sich meist auch schnell wieder trennten - nicht selten, weil einer mit einem Bandmember oder zumindest einem Labelangehörigen geschlafen hatte. Was empfand Aoi dabei? Tat es ihm weh? Wünschte er sich an die Stelle des frechen Bassisten? War es ihm etwa egal? Er wusste es selbst nicht und er erwischte sich dabei, wie er seine eigenen Empfindungen gar nicht mehr einschätzen konnte. Aber wenigstens riss es ihm nicht so den Boden unter den Füßen weg, wie diese verfluchte Szene von Uruha und Ruki im Fahrstuhl. »Ich werd mal gehen«, sagte er schließlich an das Pärchen gewand, das zumindest für den Moment voneinander abgelassen hatte. Bestimmt aber auch nur, weil es eine realistische Chance gab, dass sie hier oben gesehen werden konnten, zumindest wenn das Licht günstig fiel. Und vor den Fans sollte es besser nicht Publik machen, dass ein Großteil der Mitglieder von PSC einen strammen Männerhintern einem Dekollete vorzogen. »Aoi…« »Ist schon okay«, entgegnete er mit einem letzten Blick zu Rui und brachte sogar ein Lächeln zustande, dann eilte er die Treppe wieder hinunter in den Backstagebereich. Es war ja wirklich eine tolle Idee gewesen sich diesen Auftritt anzusehen. Und warum musste Kazuki sich einfach überall über seine Betthäschen hermachen? Diskretion war in seinem Universum ganz sicher ein Fremdwort. Bestimmt stand er auch auf Sex unter Beobachtung oder in der Öffentlichkeit. Was sollte er jetzt tun? Die Lust auf ihr Schauspiel war ihm jedenfalls vergangen, ebenso der Anreiz auf eine Widerholung ihrer gemeinsamen Nacht. Wenigstens kam er wieder zur Vernunft und verteufelte sich selbst, dass er sich überhaupt dazu hatte hinreißen lassen. Es wurde wirklich Zeit, dass er von hier verschwinden konnte und sich wieder mit seiner eigenen, ignoranten Band befassen durfte. Immerhin scherten die sich nicht wirklich um Zwischenmenschlichkeiten - wenn man von Uruha und Ruki absah, aber die hielten sich wenigstens meistens zurück, wenn sie probten. Gedankenlos verließ Aoi das Gebäude in die Freiheit. Es war warum, obwohl es schon dämmerte. Wahrscheinlich würden die Temperaturen aber auch in dieser Nacht nicht wesentlich unter die zwanzig Grad Marke fallen - so verhielt es sich eigentlich den ganzen Sommer über in Tokio. Er beschloss nun doch einen Trinken zu gehen, die Hotelbar klammerte er von seinem Vorhaben allerdings aus. Viel lieber ging er die Straße hinunter und kundschaftete die Umgebung aus, wie er es eigentlich mit Kazuki vorgehabt hatte und machte sich auf der Suche nach einer Bar, in der er ein bisschen seine Ruhe haben würde. Bereits zwei Straßen weiter fand er ein kleines, unscheinbares Lokal, in dem sich bisher kaum Menschen aufhielten. Eine kleine Gruppe älterer Herren saß ganz am Ende an einem runden Holztisch und stieß gerade lachend auf irgendetwas an. Abgesehen davon gab es da noch einen korpulenten Wirt, der ein paar Gläser abtrocknete und kaum Notiz von Aoi nahm. Das war doch genau das Richtige. Er nahm auf einem Hocker Platz und bestellte gleich ein Glas Whiskey ohne erst, wie gewohnt, mit etwas Bier vorzuglühen. Endlich konnte er zur Ruhe kommen. Endlich konnte er sich Uruha selbst austreiben. Je mehr er trank, umso lockerer wurde er. Er nahm die Sache nicht mehr so schwer und würde wahrscheinlich auch in Gegenwart von anderen vorgeben, dass es ihn kalt ließ, dass Uruha einen anderen hatte. Betrunken genug um an den wütenden Punkt zu gelangen war er glücklicherweise noch nicht und wenn ihn nicht jemand reizen würde, dann würde das auch so bleiben. Nein, er hatte noch nicht genug. Noch einmal bestellte er seinen Drink nach, es musste mittlerweile schon das vierte oder fünfte Mal sein, und er erntete nur einen zweifelnden Blick des Wirts, aber er kommentierte es nicht und stellte ihm auch das nächste Glas vor die Nase. Ein paar weitere Besucher fanden sich in der kleinen Bar ein, es wurde viel geraucht und die Luft wurde zunehmend stickiger. Wohlweißlich ließ man die Eingangstür schon offen stehen, damit wenigstens ein bisschen frische Luft herein drang. Aoi brannten die Augen, obwohl er selbst zu der schlechten Luft beitrug und sich gerade eine neue Zigarette angesteckt hatte. Ruhig beförderte er den abgebrannten Tabak in den billigen Aschenbecher, der schon ein bisschen zu voll für seinen kurzen Aufenthalt war. Wie sollte der Abend eigentlich enden? Aoi strich sich durch das unnatürlich helle Haar und beobachtete die durchsichtige Flüssigkeit in dem vor ihm stehenden Glas. Er war tief gesunken - so viel war zumindest klar. Jetzt betrank er sich ja schon in Einsamkeit - das hatte wirklich den Charakter eines Alkoholabhängigen. Dass er ein Problem damit hatte, wusste er selbst, aber zugeben war eine ganz andere Sache. Immerhin sah er aber ein, dass es langsam Zeit wurde zu gehen, wenn er nicht völlig betrunken in irgendeiner Seitengasse landen wollte. Vielleicht sollte er sich ja ein wenig Ablenkung verschaffen. Langsam glitt sein Blick über die Anwesenden, auf der Suche nach einem hübschen jungen Mann, den er vielleicht abschleppen konnte. Leider bot aber weder der Club der alten Männer, der sich aus der Ecke keinen Millimeter bewegt hatte, ein paar unscheinbaren Männern und wenigen Frauen eine Gelegenheit auf unverfänglichen Sex. Lieber begrub er den Plan - alleine schlafen hatte doch auch seine Vorteile. Das Glas leerte er bis auf den letzten Tropfen, nachdem die Zigarette bis zum Filter heruntergebrannt war und sie sich zu den anderen im Aschenbecher gesellt hatte, um schließlich zu bezahlen und sich an den anderen Gästen vorbei zu schieben. Die frische Luft allerdings machte ihm seine Trunkenheit erst wirklich deutlich und er wäre beinahe die beiden Stufen hinuntergestürzt, die sich hinter der Lokaltür befanden. Waren die am Anfang des Abends auch schon dagewesen? Ein wenig belächelte Aoi sich selbst und machte sich nichts daraus, dass ihm verständnislos nachgesehen wurde. In diesem Zustand interessierten ihn die Meinungen anderer Menschen nicht. Er lief noch halbwegs gerade zurück zum Hotel und unterdrückte den Drang nachzusehen, ob die Show im Konzertsaal schon beendet war oder immer noch lief. Sein Zeitgefühl war zwischen dem vielen Whiskey völlig abhanden gekommen. Auch diesmal machte er einen Bogen um den Fahrstuhl und quälte sich die Treppen hinauf, wobei er völlig die Orientierung verlor und eher nach Gefühl auf einer Etage abbog, auf der er etwa sein Zimmer vermutete. Oder war es ein anderer Stock gewesen? Warum sah denn hier auch alles gleich aus? Ein bisschen Individualität der jeweiligen Etagen war doch wohl nicht zu viel verlangt. Woran sollte man denn überhaupt erkennen, ob man richtig war? In seiner Verfassung war es ihm einfach nicht mehr möglich die goldenen Schildchen an den Türen lesen zu können. Wenn er richtig wäre, müsste er nur an der nächsten Ecke abbiegen, dann an zwei Türen vorbei und dann war er eigentlich schon da, doch sein Schritt wurde langsamer je näher er der Ecke kam. Er hörte Stimmen. Zwei Stimmen, die er kannte. Hatte er jetzt etwa Halluzinationen? »Wie lange willst du das mit Aoi eigentlich noch machen?«, fragte die eine Stimme. Die von Reika, wie er endlich feststellte und schließlich stehen blieb. »Keine Ahnung…« Das war Kazuki - ganz eindeutig, aber was machten sie hier? Hatte er sich denn wirklich so verschätzt und war statt in der siebten Etage in der fünften gelandet? Und jetzt müsste er bestimmt gleich mit anhören wie die zwei irgendwelche Perversitäten austauschten. Der Tag gehörte aus dem Kalender gestrichen. Aoi wollte eigentlich nicht lauschen, aber seine Ohren spitzten sich wie die eines Jagdhundes, als sein Name gefallen war. Zugegeben - Freund Alkohol gestaltete es als schwierig die jeweiligen Stimmen richtig zuzuordnen. »Willst du mir damit zeigen, dass ich nur eins von deinen Betthäschen bin?« Aoi fiel auf, dass der Bassist sich angegriffen gab. Die Beiden unterhielten sich gar nicht nur ganz normal. Ganz im Gegenteil, denn Kazuki musste sich für das, was er getan hatte, doch tatsächlich rechtfertigen. Dass die Zwei miteinander vielleicht schlafen würden, rückte in die Ferne und das Ganze begann interessanter zu werden. Nun würde Aoi erst recht nicht von seinem Versteck weichen. Stattdessen trat er näher an die Wand, damit er auf keinen Fall gesehen werden konnte. »So war das eigentlich nicht gemeint.« Kazuki hörte sich ruhig an. Er ließ sich einfach nicht aus der Fassung bringen. »Wie denn? Erklär mir was die verdammte Scheiße soll!« Zu gern wollte Aoi ihnen ins Gesicht blicken und herausfinden, welche Emotionen da gerade kochten. Dass Reika wirklich auf den schönen Gitarristen stand war spätestens jetzt klar. »Ich mag euch eben beide«, antwortete Kazuki schließlich plump. »Uns beide kannst du aber nicht haben.« »Du hast keine Ahnung, um was es hier geht.« »Dann erklär es mir doch endlich und behandle mich nicht wie dein Spielzeug!« Kazuki seufzte hörbar. Bestimmt senkte er gerade den Blick und biss sich auf die Lippe, wohl wissend, dass diese Geste besänftigend wirken würde. Oft kam es ja nicht gerade vor, dass er nicht alles mit einem Lächeln auflöste und einen Scherz darüber machte, um die Situation zu lockern. Diesmal würde das nicht klappen. Reika war an einem Punkt angekommen, an dem es unangemessen war zu scherzen. »Ich vögle doch nur mit ihm. Wir sind nicht wirklich zusammen.« »Ach was? Das ist mir aufgefallen, als du mir gerade vor ein paar tausend Fans einen blasen wolltest!«, schnauzte Reika aufgebracht. Seine Stimme erhob sich und wenn irgendwo auf dem Gang in dieser Etage noch jemand umherwanderte, würde er ihn jetzt gehört haben. Was zum Teufel?! - schoss es Aoi durch den Kopf. Vielleicht war Kazuki einfach nur sexsüchtig - das war die einzige halbwegs logische Erklärung, die ihm zu dem Kino in seinen Gedanken einfiel, in dem Kazuki sich hinkniete und an der Hose des Bassisten zupfte. Ein einziger Mann konnte seine beständige Lust bestimmt nicht befriedigen und er musste sich einfach mehrere Spielgefährten suchen. »Entscheide dich endlich. Ich hab auf den Scheiß keine Lust mehr. Entweder er oder ich - es ist mir egal ob du ihn nur fickst oder ihm sagst, dass du ihn liebst.« Für so willensstark hatte Aoi Reika eigentlich nicht gehalten. Am Morgen war er ihm eher wie ein trotzköpfiger Teenager vorgekommen. Ein wenig anerkennend hob er die Brauen, aber er musste einsehen, dass sich die Situation für Kazuki gerade nicht in eine gute Richtung orientierte. Aoi konnte es nicht sehen, als Kazuki den aufgebrachten Bassisten an die Wand pinnte und sich gegen seinen aufgewühlten Körper drängte, damit er ihn nicht gleich wieder von sich stoßen konnte. Gerade noch so konnte Reika es verhindern, dass er ihm seine sündigen Lippen aufdrängelte. »Fick dich, Kazuki«, wisperte er und versuchte ihn von sich zu drängen, aber Kazuki erlaubte es nicht. Er küsste ihn und versuchte Reikas Willen zu brechen - so wie er es immer tat. Aber diesmal wollte er es nicht. Grob schupste er Kazuki von sich und warf ihm einen wütenden Blick zu. »Es ist deine Entscheidung. Ich will dich nicht teilen müssen… das tut mir… zu sehr weh…« Wie zerbrechlich es sich anhörte, war selbst für Reika überraschend, denn so offensichtlich wollte er Kazuki seine Emotionen nun wirklich nicht präsentieren. Er war doch ein Mann - und Männer krochen nicht vor anderen zu Kreuze und zeigten, dass sie beinahe zu Grunde gingen, weil der Andere sich wie der letzte Vollidiot aufführte. Selbst diese schroffen Gedanken bereute Reika sofort. »Überleg es dir«, sagte er ohne mit der Wimper zuzucken, dann ging er und sah Kazuki besser nicht noch einmal zu genau an. Zu groß war die Angst, dass sich seine Stärke in Rauch auflösen würde und er sich ihm wieder bedingungslos in die Arme warf. Darin hatte er schon viel zu oft den Verstand verloren. Er ließ Kazuki tatsächlich stehen und entfernte sich eiligen Schrittes. Er folgte dem Gang und rannte beinahe einen anderen Mann über den Haufen, der wie angewurzelt dastand und scheinbar gelauscht hatte. Reikas scharf geschwungene Brauen zuckten in die Höhe und er wurde noch eine Spur wütender. Mit wilder Empörung über den silberhaarigen Mann stemmte er die Hände in die Seiten - selbst vor dessen Erfolg und Alter konnte er in diesem Moment gar keinen Respekt aufbringen. »Wunderbar, Arschloch! Was willst du hier? Hast du kein eigenes Leben oder warum verfolgst du Kazuki auf Schritt und Tritt?«, blaffte er ihn an, wartete aber keine Antwort ab und ging an ihm vorbei. »Vollidiot.« Er moserte leise, aber er verschwand. Aoi war baff. Zum Einen wegen dem Gespräch der Beiden, zu dessen mehr oder minder unfreiwilligen Zeugen er geworden war und zum Anderen, weil Reika ihn gerade so angefahren hatte. Was war das nur für ein Tag? Und viel entscheidender war: was sollte er jetzt mit Kazuki machen, der ganz sicher mitbekommen hatte, dass er hier stand? Fortsetzung folgt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)