Segelflug der Kirschblüte von Pairo (Verwebungen der Zeit - Uralt und frei) ================================================================================ Kapitel 1: Ein unehrenhafter Anfang ----------------------------------- Der Platz schwoll an - vor Hitze, Stimmgewirr und dichtem Gedränge. Der Boden lag in schmutzigem Ocker da, das Gewirr an Menschen lies Farben wild durcheinander wirbeln. Gerüche und Geräusche flossen zusätzlich in diesen Sinnes-Mix mit ein und ließen so manch einem Provinzler den Kopf schwirren. Das war er, der Puls der Städte. Poch, poch, poch. Stolper, Schwitz und Fluch. Das Vorwärtskommen erwies sich wie jeden Tag als schwierig. Naruto hatte nur noch einen Wunsch – ab nach Hause, ab ins hauseigene Onsen und ein Bad nehmen. War wieder mal anstrengend gewesen. Er war das Treiben der Stadt gewöhnt, ganz im Gegensatz zu seinen Leuten zuhause. Allzu oft drückte er sich in diesen Gefilden herum, um sich sein tägliches Reis-Schüsselchen und noch so einiges andere zu verdienen. Aber wenn er - so wie heute - nicht in Stimmung war herum geschoben zu werden und sich von der Masse tragen zu lassen, war es einfach nur verdammt anstrengend hier. Der Auflauf in der Stadt war heute besonders dicht, lag wohl an der Sklavenversteigerung. Naruto hasste diese Veranstaltung. Sie war unkorrekt, menschenverachtend und einfach widerlich. Wieso ihn das so pikierte? Er hatte keine Ahnung. Eigentlich war das Normalität hier, aber der Blonde hatte es nie leiden können. Nichtmal ein bisschen. Klar, wahrscheinlich war denen auf dem Podest ihr Schicksal vorherbestimmt oder so. Ihm war was anderes vorherbestimmt, klar. Aber trotzdem dachte er manchmal daran, wie drecksblöd es gewesen wäre, hätte er da stehen müssen. Tatsächlich dachte er oft daran. Jedes Mal, wenn er den Schund da mitbekam. Es war wohl das Beste einfach weiter zu gehen und gar nicht hin zu schauen. Während er sich so durch die Massen drängelte wurde er hier und da unsanft angerempelt, auch als Ninja war es nahezu unmöglich den Leuten komplett zu entgehen, dazu kam noch seine große Erschöpfung. Er gähnte ausgiebig und versuchte dabei die Augen soweit zusammen zu kneifen, dass sie NICHT auf die blöde Versteigerungsplattform da fielen. Er gähnte, war unaufmerksam, wurde grob angerempelt und zog vor Schmerz scharf die Luft ein. Aus reflex darüber öffnete er die himmelblauen Augen eben doch. Wie automatisch wurde sein Blick auf das Podest gelenkt blieb sofort an der angebotenen Sklavin hängen, die grade auf der Bühne herum gezehrt wurde und sich wiederwillig gab. Sie entsprach nicht dem gängigen Schönheitsideal. Abgemagert, kaum Hüfte, sehr kleine Brüste und eine auffällig hohe Stirn. Ihre Schulterblatt-langen, rosa Haare standen struppig ab. Die Leute schienen nicht besonders interessiert. Hier und das raunte wer herum und eklige Worte wurden ausgetauscht. Die Gerüche von Schweiß und Dreck kamen Naruto auf einmal viel intensiver vor, als noch eben grade. Die Gefangene knirschte mit den Zähnen und ein wütendes, stolzes Funkeln stand in den saphirfarbenen Augen. Fasziniert und beshcämt zugleich starrte Naruto sie an. Wieso starte er? Maaan er wollte nicht wie die anderen Gaffer hier sein. Was war das?! Eiserne Handschellen hingen schwer um die dünnen Handgelenke. Zitternd, hasserfüllt und gedemütigt wegschauend stand sie da, hatte kaum etwas an und wurde mit allerlei perversen, unwürdigen Worten angepriesen. Bemerkenswerterweise hatte sie ungewöhnlich helle Haut für eine Sklavin. Auch aus der Entfernung konnte Naruto sehen, wie sie die Hände zu Fäusten ballte. Als der Händler begann ihren Körper zu ‚Demonstrationszwecken‘ zu berühren, schnappte sie zornig mit den Zähnen nach seiner Hand, traf nicht und verzog dann angewidert das Gesicht, während sie sich auf die aufgesprungene Unterlippe biss. Wutentbrannt schlug dieser Kerl ihr so hart ins Gesicht, dass ihr Kopf zur Seite flog und sich ein tiefroter Abdruck bildete, der alle fünf Finger seiner Hand erkennen lies. Ihre gesamte Erscheinung fesselten Narutos Energien. Es war wie ein Band, etwas Uraltes, dass der Blonde sich nicht erklären konnte. Dieses widerwärtige Schauspiel dort konnte nicht kosmisch für diese Fremde vorherbestimmt sein. Oder waren ihre Schicksale am Ende vielleicht verwoben? Fantasierte er hier vor Müdigkeit? Seine Mission hatte geschlagene drei Wochen gedauert. Letzte Nacht hatte er vielleicht 3 Stunden geschlafen, wenn überhaupt. Sprach da etwas zu ihm? Oder war es Einbildung? War sie am Ende ein Magie-begabter Fuchs und verhexte ihn? Eh. Am Ende doch eh alles egal! Außerdem mochte er Füchse irgendwie, obwohl das ganze Land sie verteufelte. Naruto wollte nicht, konnte es gar nicht zu lassen, dass irgendein Perverser sie kaufte, brutal behandelte und schlimme Sachen gegen ihren Willen mit ihr anstellte. Das konnte er nicht zu lassen! Wirklich nicht. Dem jungen Mann war klar, dass er leider nicht allen Sklaven helfen konnte, aber wenigstens einer, wenigstens ihr. Also tat er etwas völlig Untypisches für ihn. Etwas, dass er zwar oft in erwägung gezogen, aber nie umgesetzt hatte. Naruto hob die Hand um ein Gebot ab zu geben. Die Fremde mit dem stolzen Blick schien zwar nicht sonderlich im allgemeinen Interesse, aber er wurde mehrmals überstimmt - vielleicht wegen der ungewöhnlichen Hautfarbe. Verdammt, das wurde alles ziemlich knapp, wenn er so in seine Geldbörse sah. Heute hatte er zwar seinen Lohn bekommen, aber diesen komplett zu setzen wäre nicht grade wirtschaftlich. Wie sollte er – oder besser: Wie sollten SIE – ohne das Geld über den Monat kommen? Der Blonde warf einen leidvollen Blick zu dieser Frau, welche den Kopf zur Seite gedreht hatte. Sie wollte wohl nicht die Wesen ansehen, welche grade um sie boten. Der Abdruck prangte glühend auf ihrer weißen Wange. Sie zitterte, knirschte die Zähne und wischte sich mit dem Unterarm Flüssigkeiten aus dem Gesicht. Irgendwie schien sie Narutos penetranten Blick zu bemerken und sah leicht auf und in seine Richtung. Wie ein grüner Blitz fuhr es durch seine Brust, den Hals und direkt in seinen Geist. Das Band in seinem Inneren schien sich mit einem ploppenden Geräusch fest zu ziehen. Die Unbekannte wand den Blick wieder von der Menge ab und blickte mit zitternden Pupillen gen Boden. Naruto biss die Zähne aufeinander. Das reichte jetzt! Da war wieder ein ekliger Spruch von jemanden in seiner unmittelbaren Nähe. Das Gebot war hoch…letzte Chance, mehr könnte er nicht bieten. Er hob die Hand und bot, was er als Lohn bei sich trug und sah den ihm zuwider gewordenen Händler aufrecht an. Hier und da erhob sich ein verächtliches Schnauben in der Menge, die meisten der wenigen Bieter zuckten die Schultern. Immerhin war die Obenstehende nicht die einzige Sklavin hier und die Attraktivste gewiss auch nicht. Der Händler lachte kehlig auf. „Somit hat der junge Mann mit dem aggressiven Blick sie ersteigert! Wie passend!“ Naruto sagte daraufhin nichts, brachte nur einen leisen, abschätzenden Laut hervor. Dann drängte er sich ohne Weiteres durch die Menge und bestieg das Podest. „Mach das ab!“, zischelte der Blonde und deutete auf die Handschellen. „Wollt ihr nicht den Schlüssel? So frei könnte sie weg laufen. Wäre typisch für dieses Biest!“, schlug er Mann vor, als habe er grade eine unbedachte Dummheit von Naruto verhindert. „Ich meine wie ich's sage!“ Unbeeindruckt zuckte der andere die Schultern, reichte Naruto den Schlüssel und schubste Sakura unsanft ihrem neuen ‚Besitzer‘ entgegen. Dabei entwich ihr ein erschrockener Laut und sie geriet kurz ins Taumeln. Geistesgegenwärtig fing der wenig Jüngere sie auf und lächelte der Fremden kurz zu, ehe er einen letzten, vielsagenden Blick an den Händler richtete. In diesem kurzen Moment fand Sakura sich in einem Taumel aus Abscheu, Unsicherheit und Wärme. Für die drei Sekunden, die sie gegen ihn gelehnt war, um die Balance zu finden, hörte sie das Herz des Blonden schlagen. Gleichmäßig und stark. Ein uraltes Geräusch. Woher kannte sie es? Sich ihrer Anwesenheit nun bewusster werdend und etwas rot, entfernte der Ninja die Fesseln, warf sie achtlos auf die Bühne. Was für ein Zeichen. Der Sklavenhändler drehte nur die Augen. „Wie innovativ. Heldenhaft Bürschchen. Jetzt mach dich weg.“ Hier und da ertönte etwas Volksgemurmel, wohl wegen Narutos offenkundig ungehobelter Art. Niemand ahnte so recht um seinen Stand und das war auch gut so. Hätte er offen ein Schwert getragen oder sich als Samurai ausgegeben, hätte gewiss keiner sich solchen Hohn erlaubt. Aber was nützten ihm am Ende solche Statusdemonstrationen? Das änderte ja doch niemanden. Manche lachten ob des Händler-Kommentars vor sich hin. Die Leute waren sich einig, dass es sich bei dem sonderbaren Bieter wohl um einen Bauernknecht oder Tagelöhner handelte, der sich irgendwo das Geld ergaunert hatte und jetzt auf seelige Schäferstündchen sinnte. Sakura ihrerseits war verwirrt. Sie traute so einem selbstlos-freundlichem Kerl nicht. Uralte Gefühle hin oder her. Aber für jetzt gab es ja kaum eine andere Wahl. Sie würde das sonderbare Spielchen eben kurz mitspielen. Hauptsache weg aus dem Fokus. Weg aus dem Blick dieser Monster. Naruto zog seinen langen, gemusterten Mantel aus und legte ihn um Sakuras knochige Schultern. Es stellte ihre Erde zwar nicht wieder her, war ja auch sowieso Männerkleidung, aber für ihn war es dennoch eine wichtige Geste. Er wusste nicht, welche Reaktion zu erwarten war, doch konnte alsgleich aufatmen. Sofort, wie ein Reflex, klammerten die Finger der Anderen sich in den Stoff und zogen ihn enger um ihren Körper. Noch blickte sie ihn nicht an. Schnellen Schrittes entfernten beide sich von dem Podest. Bis auf einige abschätzige Blicke und laute Spottäußerungen, stellte sich ihnen nichts in den Weg. Vorsichtig legten sich die Fingerspitzen des Auftragsmörders um die der Fremden. Nicht, um sie an der Flucht zu hindern. Sakura spürte, dass die Intention eine andere war. Sie wollte die Gesichter dieser widerlichen Menge nicht sehen und blickte nach unten. Der Größere führte sie sicher durch die Menge. Sakura lies den Blick fest auf den Boden gerichtet. Sie sah ihren eigenen, schmutzigen und verwundeten Füßen dabei zu, wie sie sie durch diese unverabredete Versammlung und fort von hier trugen. Über Steine und Kies, über Unrat, vorbei an so vielen anderen Fußpaaren. Hier lief eine Maus, da pickte ein Vogel etwas auf und flog davon. Zwischen allem schwirrte diese Sommerhitze, die den Atem raubte. Endlich kamen sie in einer Seitengasse zum Stehen. Die Stimmen des Volkes wirkten trotz der geringen Distanz unwirklich und weit in die Ferne verschlagen. Sakura sah zur Seite. Die Demütigung saß ihr in allen Knochen. Naruto legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Du brauchst keine Angst zu haben, ich werde dir bestimmt nichts tun!“, versicherte er gleich. Fuchsartig zog er die Augen zu Schlitzen und lächelte. Eigentlich wollte er Vertrautheit aufbauen, aber da er ja normalerweise nichts mit fremden Frauen zu schaffen hatte, war der Jugendliche unsicher. „Ich heiße Naruto!“, etwas unbeholfen und bäuerlich im Tonfall, deutete er mit dem Daumen auf sich selbst. „Wie ist dein Name?“, erwartungsvolle, wieder geöffnete Augen, drängten auf eine Antwort, obwohl Sakura eigentlich nicht gewillt war, viele Worte zu verlieren. Diesem Blick konnte sie aber nicht lange stand halten. Da war wieder dieses ‚uralte‘ Gefühl. Wie ein Faden in einem Labyrinth. „Mein Name ist Sakura, Meister“, das letzte Wort war eher eine widerwillige, resignierte Frage. „Sakura-san! Schöner Name! Passt!“, verlegen und etwas errötet, rieb der junge Mann sich die Nase. Er fühlte sich irgendwie, wie ein Perverser. „Aber es heißt nicht „Meister“ sondern ‚Naruto‘, klar?“ Sakura sah ihn fragend an. Irgendetwas konnte doch da nicht stimmen. Was wollte er wirklich von ihr? Sie schwieg und nickte nur. Das Schweigen war mehr als unangenehm für den Jungen und bestätigte sein schlechtes Gewissen, ein Sittenstrolch zu sein immer mehr. Boar...sein Aniki fand das gar nicht so prall, wenn man herum-sittenstrolchte! Hatte er ja oft genug deutlich gemacht. Das nächste Problem – neben Anikis Meinung – stand ja hier auch direkt und unmittelbar vor ihm und klammerte die zart, aber kräftig wirkenden Finger in den Stoff seines Mantels. Sie glaubte wohl nicht, dass er ihr nur helfen wollte! Irgendwie sah sie wütend aus, aber bestimmt war sie nur müde. Das musste es sein. Also ab nach Hause! Aber was würde jetzt Aniki sagen? Er hatte ja nicht mal sich selbst gegenüber eine Erklärung, wieso er seinen gesamten Verdienst für eine ‚Sklavin‘ ausgegeben hatte. Oder…? Narutos, nun auch den Boden fixierenden Augen, wurden erst sanft, dann sicher. Er wusste schon, wieso er sie gekauft hatte! Das war eine Eingebung. Ein Schicksalswink, dem man unbedingt nachgeben musste. Ein Gefühl – ein uraltes. Jedenfalls fühlte es sich richtig an. Ein bisschen richtig zumindest. Und das war es, was zählte! Naruto schloss erneut die vernarbten Finger um die schmale Frauenhand, versuchte sich an einem freundlichen Lächeln und führte sie fort aus dieser Gasse. Wirkte ein bisschen trottelig und Sakura zog die Augenbrauen nach oben. Wer war er!? „Ist nicht mehr weit, sind bald da! Wird dir sicher gefallen!“, meinte der Blonde schnell, während nun er den Boden fixierte. Ohne ein Wort folgte die Fremde ihm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)