Suche, Jagd und Ziel. von Gaomee (für Sorca) ================================================================================ Kapitel 2: Jagd --------------- Es schien keine direkte Gefahr für ihn zu bestehen. Trotzdem schlich er die Treppe herab, sein Gewicht ebenmäßig verteilend für den Fall, dass die Stufen knarrten. Sie waren mit einem flauschigen blauen Teppich bedeckt, in dem seine Füße einsanken wie in Moos. Die Treppe mündete in ein Wohnzimmer. Alles schien … kitschig? Allerdings nicht im ordinären Sinne. Drei Sofas rahmten den Wohnzimmerbereich ein, alle blau, alle flauschig. In der Mitte stand ein teuer aussehender Kaffeetisch aus dunklem Holz und bestückt mit einer gläsernen Tischplatte, eingerahmt von einem mondänen Holzrand. Darauf prangten zwei Schalen mit Tootsierolls und Bit o’ Honeys. Hinter diesem Tisch war ein Fernseher in einem eleganten Holzgestell an die Wand gerückt und Borten mit grazilem Blumenmuster und impressionistische Gemälde von altmodisch gekleideten Frauen am Strand zierten die weiß getünchten Wände. Hinter der dritten Couch machte das Zimmer einen Ausfall, um Platz für eine Art Essecke zu haben mit einem großen gläsernen Esstisch und weißen Stühlen mit blauer Polsterung. Besonders kitschig fand er, dass die Lehne jedes Stuhles mit Verzierungen aus Trauben und Weinblättern versehen war. Vorsichtig betrat er den Raum, schlich am Kaffeetisch vorbei, sah nach hinten. Direkt neben der Treppe, die er herunter gekrochen war, befanden sich zwei Türen. Eine direkt neben der Treppe, aus Metall bestehend, und die zweite um die Ecke neben der ersten Couch und aus weiß lackiertem Holz. Er würde schon noch herausfinden, wohin diese führten. Er passierte gerade das letzte Sofa, da wurde ihm bewusst, dass der Raum um eine Ecke bog und noch größer war als er anfangs vermutet hatte. Neben Wohn- und Esszimmer beherbergte der Raum auch noch eine Küche. Direkt gegenüber von ihm befand sich eine große, weiße Tür, die sich insofern von den meisten anderen Unterschied, dass sie nicht aus Holz bestand. Genau wie die Tür neben der Treppe. Vielleicht waren dies ja die Ausgänge. Er wandte sich nach rechts in die Küche, wo ihn ein Engel in Weiß erwartete. Olivfarbene Haut ragte an verführerischen Beinen unter dem cremefarbenen Hemd hervor. Dann drehte sie sich um und er erkannte, dass es nur Tenten, dieses Miststück, war. Jeder friedvolle Gedanke mit einem Mal aus seinem Hirn geblasen, stürmte er erhobenen Fingers auf sie zu. „Du“, donnerte er. Wie immer unbeeindruckt, blieb Tenten an der Küchenanrichte stehen und starrte desinteressiert auf seine nackten Füße. „Hure“, schimpfte er und packte sie fest an ihrem linken Oberarm. Offenbar gefiel ihr das nicht und ihr Gesichtsausdruck ging von Desinteresse schnell zu Wut über und jetzt sah sie ihm auch in die Augen. „Was?“, zischte sie gefährlich nahe an seinem Gesicht. „Was genau ist dein Problem, du aufgeblasener Dreckssack?“, fuhr sie fort. „Vielleicht, dass ich dich davor bewahrt habe jetzt in der Hölle zu schmoren?“ Neji versuchte seine Verwirrung ob dieser Erwiderung zu verbergen, zog seine Augenbrauen noch ein wenig enger zusammen, sodass eine steile Wutfalte zwischen ihnen entstand. „Wo bin ich?“, stieß er gepresst hervor und Tenten lächelte überheblich. „Vergiss es, Arschloch.“ Nejis Griff um ihren Oberarm wurde immer fester und das Blut wich aus den Stellen, auf die seine Finger pressten. Tenten spannte ihren Bizeps. „Schätzchen“, stieß sie beinah angewidert aus. „Halt dein Maul und komm ‚runter.“ Er konnte spüren wie ihre Muskeln sich unter der Haut spannten und für einen Moment starrte er einfach darauf und versuchte sich an die letzte Nacht zu erinnern, aber alles, was sein Gedächtnis ihm gab, war der etwaige Geschmack von Snickers auf seiner Zunge. Dieser Moment wurde für Neji nicht nur verschwendete Zeit, weil der Geschmack von Snickers ihm gar nichts sagte, sondern auch noch gefährlich, denn Tenten nutze die Zeit, um seine freie Hand zu ergreifen und sie auf die Heizplatte zu knallen, die direkt hinter Tenten verborgen und zu Nejis Pech sehr heiß war. Gellend war sein Schrei als er erschrocken seine Hand zurückzog und polternd zu Boden ging, wobei er Tenten mit sich zog, die nun ihrerseits etwas Gefährliches tat. Statt sich zu Boden ziehen zu lassen, griff sie mit ihrer freien Hand nach Halt und beförderte die Pfanne, zufällig auf derselben Heizplatte stehend, die Neji zuvor soviel Agonie verursacht hatte, zusammen mit dem Öl, welches gerade zu sieden begonnen hatte, auf ihren nackten Oberschenkel. In einem Wirrwarr aus Schreien und Beinen und Armen, war Neji kurz orientierungslos bis er seinen Kopf an einem Stuhlbein anschlug. Dieser gehörte zu einem Hochstuhl mit demselben dämlichen Weinrankenmotiv wie die normalen Sitzstühle im Esszimmerteil des Raumes sie besaßen und dieser wiederum gehörte zu einem passend hohen Tisch und einem zweiten Stuhl, die Neji vorher alle nicht bemerkt hatte. Während er sich also mit der unverletzten Hand den Kopf rieb, der erheblich pochte, und die verletzte Hand zu ignorieren versuchte, sprang Tenten wimmernd auf und sprintete an ihm vorbei und durch eine Tür direkt hinter ihm, welche er ebenfalls noch nicht bemerkt hatte. Es war offensichtlich ein Badezimmer, denn plötzlich hörte er das himmlische Geräusch laufenden Wassers und folgte Tenten – bis unter die Dusche. Das Wasser war bis zum Gehtnichtmehr aufgedreht und eiskalt. Neji hielt seine Hand ganz dicht unter den Duschhahn, damit seine Hand den vollen eiskalten Strahl genießen konnte und kassierte hierfür einen Schlag in die Eier, denn damit hatte er Tentens Oberschenkel, der schließlich gerade mal die Höhe von Tentens Hüfte erreichen konnte, die erlösende Wirkung des kalten Nass verweigert. Der Schlag in die Eier, ausgeführt von einer geübten Faust statt einem geübten Knie, weil eins ihrer Knie an einem verbrannten Oberschenkel hing und das andere Knie ihr ganzes Gewicht hielt, zwang Neji in eine Fötusposition soweit der beengte Raum einer Dusche es erlaubte. Nach einigen Minuten, die Neji als Stunden wahrnahm, spürte er endlich etwas anderes außer der Pein in seiner Lendengegend und einem Brennen in der linken Hand, denn ein Schwall nassen Haares landete mit einem Pflatsch in seinem Gesicht. Nachdem der Schmerz ein wenig nachgelassen hatte, stemmte er sich mit einer Hand auf, was schwer war, da ein Kopf auf seinem lag. Tenten hatte sich an ihn gelehnt. Sie rührte sich, wandte ihr Gesicht aber augenblicklich ab. Sie hatte den Duschhahn aus seiner Verankerung manövriert und hielt ihn mit einem Arm über sich. Neji brauchte mehrere Sekunden, um zu begreifen, dass er Zeuge eines gutmütigen Aktes seiner Erzfeindin wurde. Statt den Duschhahn direkt über ihr verbranntes Fleisch zu halten, hielt sie den Duschhahn über ihrem Kopf, damit seine Hand auch in den Genuss des etwas stärkeren Sprühregens kam. Er wollte Danke sagen. Wirklich, aber sein Kopf, seine Hand und seine Eier schmerzten so sehr, dass er einfach nur an seine Leidensgenossin gelehnt blieb und es genoss ein- und auszuatmen. Tentens ganzes Gesicht war heiß von den Tränen, die sie zu unterdrücken versuchte. Ihr Oberschenkel brannte schlimmer als die Hölle und das eiskalte Wasser hatte nur Effekt auf der obersten Schicht ihrer Haut. Darunter brannte ihr Fleisch munter weiter. Sie fragte sich ob sie das Richtige getan hatte, indem sie versucht hatte das Öl mit Seife abzukriegen. Öl löste sich schließlich nicht in Wasser, oder? Es hatte einfach nur weiter gebrannt, war schmerzhaft bis zu ihrem Knie herunter geronnen. Aber ihre Haut war so … roh. Schnell wandte sie den Blick ab. Sie schloss die Lider und dachte an seine Augen. Es war so schwer nett zu ihm zu sein. Alles an ihm erschien ihr stereotypisch Arschloch, aber wenn sie in seine Augen blickte, konnte sie die Frühlingswärme auf ihren Wangen spüren, Die Grillen zirpen hören und tausende Gerüche wahrnehmen. Es war eine Blumenwiese. Jedes Mal. „Grrrrr“, grummelte es tief in ihrer Kehle. Ihr Blick war herausfordernd und wurde nur mehr so je näher Nejis Hand kam. „Komm“, sagte er eindringlich. „Glaub’ mir, du willst es doch auch.“ Tenten war sich da nicht so sicher, rutschte aber ein Stück näher an ihn heran. „Okay“, hauchte sie schließlich hochmütig. Daraufhin schnellte seine Hand vor und drückte das in Jod getunkte Wattebällchen auf eine Stelle roher Haut seiner Wahl. Tenten sog die Luft scharf zwischen ihre Zähne ein. Erbarmungslos arbeitete er sich durch das Feld verbrannten Fleisches. Sie zwang sich auf seine linke Hand zu starren. Nett bandagiert ruhte sie auf seinem Oberschenkel. Ganz leise kroch ein Keim Respekt ans Licht in Tentens Seele. Er hatte sich selbst behandelt ohne mit der Wimper zu zucken und sie saß nun mit zusammengebissenen Zähnen auf dem Fußboden. „Hast du dich schon mal groß verbrannt?“ Sie nickte. „Mit Plastik.“ Er runzelte die Stirn. „Plastik?“ „Klar“, gab sie trotzig zurück. „Plastik kann brennen.“ Als er nichts erwiderte, fuhr sie nach einer Sekunde fort: „Deshalb ist Polyester so gefährlich. Die Fasern verschmelzen mit der Haut und reißen sie mit ab, wenn man versucht das Kleidungsstück auszuziehen.“ „Oh“, machte er und griff nach einer Mullbinde. „Es wäre am besten, wenn du zu einem Krankenhaus fährst. Die haben so dicke Pflasterdinger, die ziemlich-“ „Nein“, herrschte sie eindringlich. „Du hast es immer noch nicht kapiert, oder?“ Er sah auf, seine Gesichtszüge plötzlich eisern. „Was?“, fragte er energisch. „Was gibt’s zu verstehen?“ „Weshalb du hier bist.“ Tenten beobachtete sein Antlitz eindringlich, aber es veränderte sich nichts. „Orochimaru wird dich töten.“ Nejis Magen fühlte sich an als hätte jemand seine Hände darum geschlungen und würde ihn auswringen wie ein verdammtes Handtuch. „Weißt du noch? Du hast Mist gebaut. Ganz gewaltig.“ Neji sah das Einschussloch. Er erinnerte sich an seine Gedanken. Der Kerl sah zu jung aus, um Orochimaru soviel Ärger zu bereiten. Er war beleidigt gewesen, dass er so unbedeutend schien. Scheiße. „Du hast den falschen Kerl umgebracht“, drang Tentens Stimme durch den dichten Nebel in seinem Verstand und plötzlich fürchtete Neji sich wieder. In seinem Kopf dämmerte es. Eine Tankstelle. Sie wollte es tun… tat es aber nicht. Warum nicht? Er sah seine Gegenüber an. „Du wirst es erledigen, nicht wahr?“ Mehr denn je, wollte er nun wissen, wo er sich befand. „Wo sind wir?“ Er konnte seine Nervosität nicht davon abhalten seine Stimme unstet klingen zu lassen. Plötzlich wusste er, woher sein Gedächtnis den Snickersgeschmack nahm. Sie waren hinaus in die Wüste gefahren. „Warum nicht dort?“, fragte er vorsichtig und stand langsam auf. Sie hatte keine Waffe am Körper. Sie trug nichts unter dem Hemd und Handtuch, was ihm nur allzu sehr unter der Dusche aufgefallen war nachdem seine Kopfschmerzen abgeklungen waren. Vielleicht hatte er eine Chance. Die Metalltüren! Sicherlich führten diese nach draußen. So musste es sein. Deshalb waren sie stärker als die Restlichen. „Wo dort?“ Tenten machte noch keine Anstalten ihm zu folgen. „Draußen in der Wüste. Es gibt einfach keinen besseren Ort, um eine Leiche loszuwerden.“ Er lachte beinah, denn ausgerechnet er, wusste dies nur allzu genau. Dann kam sein Moment. Er sprang in Richtung Tür und verfiel beinah in Panik als sie nicht sofort unter seinem Gewicht nachgab. Einem Geistesblitz folgend, versuchte er an dem Türgriff zu ziehen und schlüpfte dankbar durch den Schlitz. Diese Anstrengung nur, um perplex stehen zu bleiben. Er stand auf einer lichtdurchfluteten Terrasse, umgeben von wildem Grün und mit einem riesigen See zu seiner linken Seite. Er konnte Tenten die Tür öffnen hören und löste sich aus seiner Starre. Er wusste nicht, wo er sich befand, aber irgendetwas stimmte nicht. „Was mach’ ich hier?“ Er hoffte auf gut Glück, dass er nicht mit dem Rücken zu seinem Mörder sterben würde und stellte die Frage einfach. „Du lebst“, stellte sie fest. „Ich hab’ nicht vor, dir mehr anzutun als ein blaues Auge, ein paar gebrochene Rippen und vielleicht sogar eine gebrochene Nase.“ Sie trat an ihn heran. „Hörst du?“, fragte sie zweifelnd. Er nickte jedoch. „Hattest du alles vergessen?“ Er starrte geradeaus, während er antwortete. „Ich weiß nicht. Ein bisschen ja, aber … “ Gestern hatte er so fest mit dem Tod gerechnet, aber die Erinnerungen waren fast so als gehörten sie jemand anderem. Aber jetzt, wo er wieder er selbst war, konnte er es kaum glauben. Irgendwie rechnete er nicht mit dem Tod. Dann traf ihn auch schon der nächste Schlag. „Meine Freundin hat mit mir Schluss gemacht“, stellte er fest. „Hmm“, murrte Tenten und er spürte wie sie mit der Schulter zuckte. Schließlich wandte er den Blick von der grünen Wand vor seinen Augen ab und sah sich um. Zu seiner Rechten stand ein weißer Bungalow mit einem Tisch und vier Stühlen daran gelehnt. An einer Seite stand ein kleiner Schrank oder etwas Ähnliches. Vor ihm erstreckte sich die Terrasse und er schritt vor, um über ihre Balustrade zu sehen. An seiner rechten Seite gelangte man über eine Betontreppe zu einem Betonweg, der an einer Wand entlang führte, welche zu einem Gebäude gehörte, auf dem die Terrasse offenbar ruhte. Der Weg geleitete einen zu einem kleinen Strand, nur wenige Meter lang. Neji schritt an der Balustrade links entlang und betrachtete den See, der sich dort erstreckte und in der Sonne funkelte. Auf der gegenüberliegenden Seite konnte er ein kleines Bootshaus ausmachen. Dann blickte er nach links und dort führte wieder eine Treppe hinab. Diese brachte einen allerdings zu einem Betonsteg, der hinaus ins Wasser ragte. „Aha“, hauchte er perplex. Als er nach oben blickte, blendeten ihn die Sonnenstrahlen, die es in großzügigen Zahlen schafften sich durch das Laubdach zu winden. Dieser Ort war einfach zu schön zum Sterben. „Und wie willst du verhindern, dass Orochimaru uns hier findet?“, rief er ihr zu, denn sie stand noch in der Mitte der Terrasse, wo er sie zurückgelassen hatte. „Niemand kennt diesen Ort“, war ihre Antwort. „Unmöglich“, erklärte er. „Die Firma, die das hier gebaut hat, zum Beispiel, muss es doch sicherlich wissen. Er findet es heraus.“ Tenten schüttelte den Kopf. „Das hier hat mein Gramps ganz allein gebaut.“ „Alles?“, vergewisserte sich Neji. „Alles“, bestätigte Tenten. Das konnte Neji kaum glauben und so fragte er sie danach. Sie gesellte sich zu ihm und erzählte, dass ihr Opa seit er fünfzehn gewesen war sein eigenes Geschäft betrieb. Erst waren es nur Fahrräder, aber bald schon konnte er alles reparieren, was einen Motor hatte und nicht zum Computerzeitalter gehörte. „Die Verrohrung, Elektrizität, die Terrasse, alles.“ Nejis Mundwinkel verzogen sich anerkennend. Er hob eine Hand und machte eine Geste vom Bungalow bis zum Strandufer. „Ist der Hügel hier natürlich?“ „Nicht ganz. Mein Gramps hatte einen kleinen Bagger und hat ein bisschen Platz unter dieser Terrasse weg geschaufelt, um Platz für das Bootshaus zu machen.“ Dazu gehörte also die weiße Wand, auf der die Terrasse gestützt war. „Was wolltest du eigentlich heute Morgen mit der Pfanne.“ Tenten wirbelte herum und betrachtet ihren Gegenüber eingiebig, um feststellen zu können, ob es eine ernstgemeinte Frage war oder ob er sie nur ärgern wollte. Ihr Oberschenkel brannte immer noch. „Eier und Speck“, gestand sie schließlich und wandte sich von ihm ab. Sie hatte die schwere weiße Tür gerade erreicht, da hörte sie Nejis Worte. „Kommen Schlangen oft hierher?“ Seine Stimme klang neugierig. Tenten schüttelte den Kopf und lief ins Haus, griff in den Abstellraum und eilte wieder nach draußen. Neji war ein bisschen überrascht als Tenten plötzlich mit einem Gewehr neben ihm auftauchte. Das Holz war poliert und von einer sehr schönen Farbe. Sie hob die Waffe und schoss zweimal auf das aus dem Wasser kriechende Tier. Neji nahm den Blick nicht von der erschossenen Wasserschlange bis Tenten ihr Gewehr wieder verstaut hatte und die Treppe neben dem Bungalow herabhastete. Neugierig folgte er ihr. Er kam gerade um die Ecke herab als Tenten ins Bootshaus griff und eine Harke mit besonders langen Griffen hervorzauberte. Diese schob sie unter den leblosen Körper des Tieres und trug es die Treppe hinauf. Am Bungalow vorbei folgte Neji ihr bis sie oben auf dem Hügel angekommen waren. Da schmiss sie das Tier ins hohe Gras. Sie achtete darauf nicht mit ihren nackten Beinen durch das Gras zu laufen und Neji fragte sie weshalb. „Chiggers“, erklärte sie ihm und fügte hinzu: „Oder Sandflöhe wie du sagen würdest.“ Neji zuckte nur die Schultern und dachte bei sich, dass er keines von beidem sagen würde, weil das gerade das erste Mal war, dass er von den Biestern gehört hatte. Seite an Seite stolperten sie den Hügel hinab und unter den Bungalow. Sie waren noch nicht freundlich miteinander, aber sie versuchten auch nicht mehr sich gegenseitig die Kehle herauszureißen. „Was ist eigentlich dieser Schrank da?“ „Kein Schrank. Ein Kloh“, sagte Tenten leichthin als wäre es die normalste Sache der Welt ein Koh draußen in einem Bungalow einzurichten. „Und warum hast, du Verrückte, ein Kloh in deinem …. Garten.“ Ihm fiel kein passenderes Wort ein. „Wenn man hier arbeitet, wird man schnell dreckig“, sagte sie und klang als spräche sie mit einem Kind. „Und dann muss man sich abbrausen, wenn man ins Haus möchte und nach dem Brausen muss man sich trocknen lassen, damit man das Haus nicht nass macht.“ Sie machte eine Pause, damit er herausfinden konnte, was diese Informationsstücke mit seiner Toilettenfrage zu tun hatten. „Achso“, murmelte er schließlich kleinlaut. Plötzlich war die Spannung zwischen den beiden wieder da. Er konnte es nicht leiden, wenn jemand so herablassend mit ihm sprach. Als wüsste derjenige alles … Neji erinnerte sich an die zwei Türen, die er im Haus gesehen hatte. Tentens Kopf verschwand gerade unter der Terrasse, während sie die Treppe zum Bootshaus hinunter stolzierte. Er stahl sich zurück ins Haus und schlich die Treppe dort hinauf. Er ließ den lächerlichen Frauenpullover liegen und griff stattdessen nach seinen Schuhen. Hastig fanden seine Füße den Weg wieder nach unten und sie nahmen die schwere, weiße Metalltür, die einladend direkt neben der Treppe prangte, als Ausgang, als Fluchtweg. Hinter dem Haus konnte er mechanische Geräusche hören, vielleicht von einer Seilwinde und wusste, dass seine Unterdrückerin beschäftigt war. Er sollte verdammt sein, sollte er so ein hochnäsiges Stück ihn festhalten lassen, wo er nicht sein wollte. Lautlos schlüpften seine Füße in ihre Schuhe und Neji rannte hinüber zu einer großen, weißen Garage. Vorsichtig lugte er um die Ecke und fand, worauf er gehofft hatte. Dort war genug Platz, um einen Elefanten zu verstecken, doch stattdessen beherbergte sie das grausige Motorrad, an das er sich plötzlich sehr lebhaft erinnern konnte und, Gott sei gedankt, einen alten, etwas schäbigen Pick-Up. Er lief ins modrige Halbdunkel, bemerkte die vielen Arbeitsgeräte nur am Rande. Selbst der Große Rasenmäher hielt nichts Bewundernswertes für ihn und er schwang sich hoch hinter das Lenkrad des Trucks. Planlos tastete er im Innern des Wagens. Schließlich und endlich fand er den Schlüssel in der Mulde, die eigentlich für Kleingeld bestimmt war, sandte ein Stoßgebet gen Himmel und rammte den kleinen, silbrigen Schlüssel in die Zündung. Er erschrak ein wenig und sah gehetzt zum Garageneingang als der Motor brüllend geweckt wurde. Dieser kreischte beinah wie ein verwundetes Tier und Neji gab ihm keine Zeit sich an seine Situation zu gewöhnen, dankte Gott einfach, dass aus irgendeinem merkwürdigen Grund die Batterie noch lief und schlitterte durch ein Gittertor, dessen weißer Lack bereits abblätterte und welches unvorsichtigerweise offen gelassen worden war. Fest biss Neji die Zähne aufeinander und fuhr blindlings in die erstbeste Richtung. Ein Damm führte über den See und den Weg nahm er, fuhr immer weiter gerade aus. Niemand war auf den Straßen, also brach Neji seine Regel und fuhr so schnell wie er konnte. Die trockene, sonnengebleichte Landschaft raste an ihm vorbei. Hätte er genug Ruhe besessen, sie zu betrachten, hätte er mageres Grün an zähen Bäumen gesehen, trockenes Gras, das sich alle Mühe gab nicht zu Stroh zu werden und inmitten des verdurstenden Waldes mehrere Hütten und Häuser am Straßenrand. Manche sahen aus als wären sie eigenhändig von den Besitzern erbaut worden. Manche hatten kaputte Trucks in ihren Vorgärten, manche nur Teile von kaputten Trucks. Mit anderen Worten, hätte er seiner Umgebung mehr Beachtung gezollt, wäre ihm aufgefallen, dass es eine sehr, sehr arme Gegend war. Zuerst war Tenten sich nicht sicher, denn das Geräusch der Seilwinde, mit der sie das Boot aus dem Bootshaus ins Wasser gleiten ließ, nahm den kleinen Raum des Bootshauses vollkommen ein, doch dann war sie sich plötzlich sicher. Sofort schaltete sie das Gerät aus und hastete die Treppe hoch, rannte über die Terrasse am Haus vorbei und sah gerade noch wie der Pick-Up ihres Opas aus dem offenen Gatter raste und nach rechts auf die Straße verschwand. Panik packte ihr Herz und eine Sekunde lang war sie wie versteinert, sodass sie einfach gar nichts tun konnte. Doch dann fand sie zurück zu ihrem alten Selbst, fluchte fürchterlich und rannte mit großen Sätzen durch die Vordertür und ins Haus. Sie nahm die Tür direkt links vom Eingang und fand sich in ihrem Badezimmer wieder. Sie ließ das Handtuch fallen und griff gleichzeitig nach ihrer Jeans. Während sie diese noch über ihre nackten Hüften zog, versuchten ihre Zehen sich schon in ihre Schuhe zu schlängeln. Auf Bh und Unterwäsche verzichtete sie und sprintete zu ihrem Baby, welches Neji in der Garage zurückgelassen hatte. Sie war so in Eile, dass sie nicht nur Unterwäsche, sondern sogar Helm und Waffe vergaß. Binnen Sekunden raste auch sie ebenfalls durch das Tor auf die Straße. Ihre Augen flutterten über die Landschaft, aber sie konnte keinen Truck mehr ausmachen, also fuhr sie einfach gerade aus, Richtung Stadt, die ganze Zeit lautlos fluchend. Neji gefiel gar nichts. Er mochte dieses stinkende Auto nicht und er mochte die Tatsache, dass er nicht wusste, wo er war nicht. Er mochte diese Tenten nicht, egal, ob sie ihn vor Orochimaru beschützt hatte oder nicht. Er mochte Orochimaru nicht, diesen Halsabschneider! Vor allen Dingen mochte er nicht, dass das Radio angesprungen war, sich nicht ausschalten ließ und lauter als es Neji lieb war „All my Ex’s live in Texas!“ spielte. Die Bäume wurden immer weniger und schließlich erblickten Neji ein paar Häuser. Als er noch näher kam, wagte er es sogar zu lächeln. Es war eine Bar und um sie herum geparkt waren LKWs. Er hatte ein wenig Geld bei sich. Einer würde ihn bestimmt mitnehmen und dann wäre er dieses schreckliche Auto los. Die Bar war nicht hübsch. Dunkel und muffig eher. Dreckig. Von einer Hintertür wehte ab und an der entfernte Geruch von Kotze heran. Genau richtig. Neji setzte sich an die Thecke und betrachtet seine Mittrinker. Einige aßen zu Mittag. „Wo fährst du hin?“, fragte er einen dicken Glatzköpfigen neben sich gebieterisch. „Was willst du?“, fragte dieser herausfordernd. Das war nicht die Antwort, die er hatte hören wollen. Er wollte doch wirklich nur weg von hier und dieser Kerl strapazierte gerade seine Nervenstränge ungemein. Nejis linker Wangenmuskel zuckte, nie ein gutes Zeichen. „Ich will“, begann er und lehnte sich in Reichweite des stinkenden Atems seines Gesprächspartners „dass du mir sagst, wo zur Hölle du hinfährst.“ Er hatte wirklich keine Lust, jetzt auch noch besonders freundlich zu irgendeinem Abschaum zu sein. „Wer bist du?“, fragte der Kerl. Da das immer noch nicht die Antwort war, die sich Neji wünschte, sprang er einfach auf. Er wusste noch nicht einmal, was er tat. Aber schon hatte er den Fettwanst halb von seinem Stuhl herab gerissen. Allerdings schien dieser nicht sonderlich beeindruckt. Ganz im Gegenteil. Er lächelte. Siegesgewiss. Aufgrund seiner Körpermasse wurde er meistens in Ruhe gelassen, aber dieser kleine verrückte Wicht war wohl auf irgendeinem krassen Trip. Der Fettwanst konnte Schweiß auf der Stirn seines Herausforderers perlen sehen. Außerdem war dieser ziemlich blass und leckte sich mit der Zunge andauernd über die rissigen Lippen. Mr. Fettwanst spürte eindeutig die Blicke Seinesgleichen auf sich ruhen. Sie wollten es. Alle anderen LKW-Fahrer in dieser Spelunke wollten sehen wie er diesen Typ vermöbelte. Der war schließlich eindeutig keiner von ihnen, trug eine Anzugshose und ein weißes Hemd. Seine Schuhe sahen teuer aus… und seine linke Hand war bandagiert. Der Fettwanst lächelte überheblich, machte ein paar Schritte und nickte seinen Kameraden zu, um ihre Anfeuerungsrufe stolz entgegen zu nehmen. Ihm gefiel das. Neji umkreiste seinen Opponenten. Wie war es so weit gekommen? Egal, sagte Neji sich. Ich bin besser, sagte er sich. Dann kam der erste Schlag. Es war unglaublich wie langsam der Kerl war. Er stolperte umher wie ein Kamel auf drei Beinen. Neji war so überrascht ob der Inkompetenz dieses großen Mannes, dass er erstmal nur auswich. Dann trat er ihm kurzangebunden zwischen die Beine. Damit war das Thema beendet. Neji lächelte, lachte sogar ein bisschen. Der Triumph verhalf ihm zu seinem alten, selbstsicheren Selbst. Er konnte spüren wie sein Ego sich seine alte Position erkämpfte als er den Fettwanst am Boden knien sah. Doch Plötzlich beschlich ihn ein furchtbares Gefühl. Er sah um sich und bemerkte die Blicke. Blicke, die ihm verrieten, dass sie mit einem anderen Ende gerechnet hatten, ein anderes Ende erwarteten. Ein anderes Ende wollten. Neji richtete sich sehr gerade auf. Währenddessen bemerkte er noch nicht einmal den Barkeeper, der unauffällig in ein Hinterzimmer verschwand. Dann flogen die ersten Stühle. Tenten wollte schon aufgeben. Sie wusste nicht, wen sie mehr hasste. Sich oder Neji. Ich hasste sich, weil sie so dämlich gewesen war, das ganze Schlamassel nicht voraus zu ahnen. Den Schlüssel hätte sie verstecken können, wenigstens das Tor hätte sie schließen können. Sie wusste nicht, was mit ihr vorging. Aber Neji hasste sie wahrscheinlich noch ein bisschen mehr. Sie hasste ihn sogar aus mehr als einem Grund. Sie hasste ihn, weil er einfach weggelaufen war, nach allem, was sie für ihn getan hatte. So ein selbstsüchtiges Arschloch hatte weder Mitgefühl noch ihre Hilfe verdient. Sie hasste ihn auch, weil sie den Gedanken nicht abschütteln konnte, dass er ein guter Mensch war. Diese Augen. Sie waren ganz anders. „Oh mein Gott!“, hauchte sie. Da war der Wage! Sie fuhr ab auf den Parkplatz einer LKW-Fahrer-Bar. Was zur verfickten Hölle machte der hier? Sie stieg ab und trat selbstsicher durch die Tür. Innen war es schummrig und alles sah ein wenig verwüstet aus. Der Barkeeper saß an einem intakten Tisch und sprach zu seinem Versicherungsvertreter. „Hey!“, machte Tenten mit ihrer autoritären Stimme. „Was ist hier passiert?“ Der Barkeeper hob ergeben die Schultern. „Was glaubst du denn, Süße?“ „Nenn’ mich nicht Süße“, stellte Tenten klar und setzte sich ungebeten mit an den Tisch, verschränkte die Arme und betrachtete die beiden Männer vor sich. „Komischer Kautz“, begann sie. „Dunkle Haare, Pferdeschwanz, hübsche Klamotten.“ „Ach, der Verrückte“, lachte der Barkeeper. Sie konnte ihm ansehen, dass ihm eigentlich gar nicht zum Lachen zumute war. „Dieser Penner hat mit dem ganzen Mist angefangen!“ Na toll, dachte Tenten. „Wo ist der jetzt?“ „Der Hilfssheriff hat ihn mitgenommen. Ein paar andere auch. Die können sich jetzt auf dem Revier prügeln.“ Der Barkeeper verdrehte die Augen, sagte noch ein paar Dinge, aber Tenten war schon zur Tür unterwegs. „Danke.“ Nachdem sie die ganze Fahrt über, geflucht hatte, fiel es ihr sehr leicht, die Wut aufzubauen, die sie brauchte, um wie ein Bulle schnaufend ins Revier zu stürmen. Haha, lustiges Wortspiel. Irgendein junger Bursche versuchte sich ihr in den Weg zu stellen, aber sie schob ihn beiseite und sagte zu niemandem bestimmtes: „Ich will den Kerl in den teuren Kleidern sehen.“ „Uh“, machte eine nervöse Sekretärin. „Sprechen Sie doch am besten ‚mal mit dem Sheriff“, schlug sie vorsichtig vor und deutete auf eine Tür am Ende des Raumes. Das ließ sich Tenten nicht zweimal sagen. Sie schritt zur Tür, riss diese auf und verkündete: „Ich zahle Kaution für den Kerl in den teuren Kleid- … “ Tenten stoppte inmitten des Satzes. Diesen Kerl mochte sie nicht. Langsam schloss sie die Tür, während der Sheriff sie sehr eingehend betrachtete. „Dich kennsch noch nit, Liebes.“ Er lächelte. Er hatte Krähenfüße und ein sonnengebräuntes Gesicht. Eigentlich sollte er freundlich wirken, vielleicht sogar großväterlich. Tenten verzog den Mund, aber ihre Augen blieben kalt. „Setz’ dich doch.“ Er deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und Tenten ließ sich tatsächlich nieder. Seine Augen waren dunkel, böse. Außerdem war er intelligent. Sein Akzent war falsch. Sie sah … Geld. Sie sah … Blut? Dann … Orochimaru! Tenten war sich nicht sicher, wer dieser Kerl war, aber sie sollte vorsichtig sein. „Ich hab’ gehört, dass ein Nicht-LKW-Fahrer in einen Streit mit ihnen geraten ist.“ Sie lächelte naiv. „Der arme Man tat mir so Leid. Er muss wirklich verängstigt sein und daher wollte ich für ihn die Kaution bezahlen.“ Das Lächeln des Sheriffs wurde noch breiter. „Bist aber’n nettes Ding, was?“ „Allerdings“, stimmte Tenten zu. „Tia“, machte er bedauernd. „Da gibt’s nur ’n einz’ges Problem, Lady.“ „Achso“, machte Tenten unschuldig. „Was für eins denn?“ „Der wird schon von jemandem erwartet.“ „Tatsächlich?“ Tenten lächelte und legte in einer überraschten Geste die Handfläche auf ihre Brust. „Wissen Sie, Sheriff“, begann sie mit dem süßesten Lächeln, das ihr Lippen aufbringen konnten. „Das ist mir sehr egal“ Ihre Stimme klang bedauernd. Dann sprang sie. Ihre Beinmuskeln spannten sich enorm als sie aus dem Sitzen auf die Tischplatte sprang und sich dann auf den Sheriff fallen ließ. Dieser war so überrascht, dass er nur die Arme hochriss und mit Tenten zu Boden ging, die seine Schusswaffe aus dem Holster zerrte. „So … “, keuchte sie, während sie sich aufrichtete. Sein verwirrter Blick verriet ihr, dass er damit nicht gerechnet hatte. Ihre Beine schmerzten fürchterlich von der Anstrengung und ihr verbranntes Fleisch schmerzte, aber das war es wert gewesen „Du wirst jetzt ganz laut rufen, dass alles okay ist. Dir ist ‚was umgefallen.“ Zögerlich tat er, was sie ihm aufgetragen hatte, während er in den Lauf der Waffe stierte. „Sag’ mir, woher du Orochimaru kennst“, zischte sie darauf. „Wer … ?“ Er wollte so tun als wisse er nichts davon und sie spürte das Bedürfnis in sich aufsteigen, ihm mit der Waffe eins überzuziehen. „Jetzt“, knurrte sie ihre Warnung durch zusammengebissene Zähne. „Aber, ich weiß wirklich nicht, wen du meinst? Oro- was?“ Ein Blick in seine Augen verriet ihr definitiv, dass er log. Ein Tritt in die Rippen würde das allerdings ändern. „Hey!“, stieß er gepresst hervor während er sich die Rippe hielt. Er saß am Boden und rutschte in eine bequemere Position. „Lach“, befahl sie beunruhigend leise. „Haha!“, machte er. „Alles okay, Sheriff?“, drang eine dumpfe Stimme durch die Tür. „Bestens!“, erwiderte der Gepeinigte. „Brav, jetzt sprich“, hauchte seine Peinigerin „Ich bin ein alter Bekannter von Orochimaru. Als ich noch bei einer Polizeistation gearbeitet hab’, die ’was wert war, hat er mich immer geschmiert. Aber ich bin aufgeflogen und deswegen sitze ich jetzt auf dem Land fest.“ Weg war der Akzent. Tenten nickte. So weit so gut. „Woher weißt du von Neji?“ „Jeder weiß von Neji“, gab er grinsend zurück. „Tut mir Leid, aber der Kerl hat einen mächtigen Feind.“ Tenten runzelte die Stirn. Zugegeben, er hatte den Falschen umgebracht und das war schlimm. Richtig miese Scheiße, aber nicht genug, um ihn zu Orochimarus Erzfeind Nummer Eins zu erklären. Da war noch etwas anderes. „Erzähl’s mir“, verlangte sie gebieterisch. „Was denn?“, wollte ihr Gefangener scheinbar ergeben wissen. „Was immer du vor mir zu verheimlichen versuchst, verehrter Sheriff. Was ist da wirklich los zwischen Neji und dem Boss.“ Mist!, dachte Tenten Sie hätte sich dafür schlagen können, die Schlange Boss zu nennen. Der Verstand des Sheriffs arbeitete schnell. „Also hat er dich gar nicht umgebracht. Du bist die Puppe, die ihn erledigen sollte.“ Er lächelte überheblich und das sorgte Tenten. Da war ein Funkeln in seinen Augen, das, angesichts der Tatsache, dass sie eine Waffe auf seine Fratze gerichtet hielt, wohl kaum angemessen schien. „Hat dich wohl eher verführt, was? Habt euch wohl doch nicht gehasst!“ er lachte und schüttelte den Kopf. „Da habt ihr euren Boss aber schön hereingelegt.“ „Schnauze“, informierte Tenten ihn zu seinem eigenen Wohle. „Was war da los?“, wiederholte sie ihre Frage. „Du willst den Kerl aus dem Knast holen und hast keine Ahnung?“, fragte er herablassend. Begriff der Kerl nicht, dass sein Leben auf dem Spiel stand? Wahrscheinlich rechnete er damit, dass sie ihn nicht hier einfach in seinem Büro erschießen würde, während draußen ein Hilfssheriff und seine Sekretärin warteten. „Sagen wir einfach ’mal, ich hätte keine Ahnung, aber dafür weiß ich, dass ich, mein Hübscher, schon wichtigere, weit aus wichtigere Leute als dich umgebracht habe und nebenbei bemerkt … auch wichtigere Leute als die zwei Pappenheimer auf der anderen Seite der Tür. Also, warum erzählst du mir keine Geschichte?“ Er ließ sich einen Augenblick Zeit, um ihre Äußerung einzuschätzen und kam zum Schluss, dass er tatsächlich nicht besonders wichtig war. „Neji hat versucht Orochimaru zu überwerfen.“ Das traf Tenten unvorbereitet. Neji hatte seinen Job gut gemacht, aber er erschien ihr nicht so ehrgeizig. „Weiter.“ „Kennst du Sasuke Uchiha? Den jüngeren der Uchiha-Brüder.“ Sie hatte von ihm gehört. Also nickte sie. „Weißt du auch, dass er einer Orochimarus größten Widersacher ist?“ Recht und Ordnung, das Gesetz oder die Polizei sind wohl nicht nennenswert genug. Aber sie hatte den Namen von Orochimaru gehört, der ihn nur verflucht hatte. Sie nickte wieder. „Neji ist fast jeden Tag die letzten paar Monate in sein … Hauptquartier gegangen. Alles andere erklärt sich von alleine.“ Das Hauptquartier war ein ziemlich elegantes Bordell. Eins, das Neji sich nicht hätte leisten können. Die Vermutung, dass er dorthin ging, um mit Sasuke Geschäfte zu machen, erschien ihr ziemlich logisch. Sie zuckte die Schultern. „Achso, das!“, sagte sie. „Kinderkram.“ Sie machte eine Geste mit dem Revolver, er solle aufstehen. Mit verzerrtem Gesicht kam er auf die Beine. „Führ mich zur Zelle.“ Sie stellte sich ganz nah neben ihn und rammte ihm die Spitze seiner eigenen Waffe gegen die Nieren. „Und jetzt leg deine Hand in mein Kreuz, damit die anderen unseren kleinen Freund nicht sehen.“ So marschierten sie aus dem Büro hinaus und hinüber zur nächsten Tür. „Hey, Sheriff! Ein Autofahrer auf der-“, begann der junge Hilfssheriff, doch sein Vorgesetzter unterbrach ihn. „Nicht jetzt. Ich muss dieser Lady erst behilflich sein.“ Dann waren sie auch schon außer Sichtweite. Die Tür wurde geschlossen und viele der Insassen machten Terror. Das Übliche: „War ich nicht“, „so ’was mach ich nicht“ und natürlich der Klassiker „Zeig uns deine Titten“. Diese ganzen Typen machten einen auf hartgesottene Burschen und waren noch nicht einmal eine Stunde hier. Tenten verdrehte die Augen und der Sheriff nahm folgsam einen Schlüssel von einem Schlüsselbund und sperrte das Gitter zu Nejis Zelle auf. „’Raus“, kommandierte Tentern. Nejis müder Blick schnellte hoch. Er hatte auf seiner Bank gesessen, den Kopf erschöpft hängen gelassen. Jetzt konnte sie sehen, dass ein nettes blaues Auge seine rechte Gesichtshälfte schmückte. Außerdem waren noch Reste getrockneten Blutes auf der unteren Hälfte seines Antlitzes auszumachen. Tenten spähte in die anderen Zellen und stellte fest, dass Neji der einzige in Einzelhaft war. Kein Zweifel, er hatte die Prügelei angefangen. Was für ein Idiot. Aber angesichts der Masse der anderen Kerle, war sie erstaunt, dass Neji nicht schlimmer aussah. „’Raus“, wiederholte sie noch einmal etwas eindringlicher. Neji kam diesmal langsam auf die Beine und schlurfte aus der Zelle heraus. „Seine Waffe.“ Seufzend öffnete der Sheriff einen eisenverstärkten Schrank und kramte das Gewünschte heraus. „Gutes Stück“, kommentierte er und übergab es. „Sheriff, sie nehmen seinen Arm und zerren ihn mit. Wir alle spazieren jetzt nach draußen.“ Tenten schob den Sheriff vor sich durch die Tür. „Oh, Sheriff-!“, sprudelte es aus dem Hilfssheriff wieder heraus, aber jener schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab und sagte „Gleich“. Dann waren sie durch die Tür. Tenten spähte zu Neji, welcher lustlos zu Boden starrte. „Neji“, zischte sie gebieterisch. „Halt den Sheriff fest. Jetzt!“ Er runzelte die Stirn, tat aber wie ihm befohlen wurde. „Und jetzt?“, krächze er. Tenten entnahm der Waffe die Munition und mit gewaltigem Ausholen, warf sie sie weit entfernt auf dem Boden. Dann stieg sie auf ihr geparktes Motorrad und machte eine herrische Geste für Neji. Der stieß seine Geisel abrupt und heftig von sich und sprang erstaunlich geschwind zu ihr auf das Gefährt. Der Sheriff war kein dummer Mann. Er sah die beiden wie sie davon düsten und machte sich noch nicht einmal die Mühe aufzuspringen, eine Waffe zu besorgen und zu schreien: „Halt, Polizei!“. Sie waren jetzt schon viel zu weit entfernt. Er ließ sich also Zeit und dachte im stillen bei sich, dass es ihm egal war, was dieses Mädchen ihm gesagt hatte, die beiden waren mit Sicherheit ein Paar und planten sich mit Orochimaru zu überwerfen. „Hallo, hallo“, schleimte die Stimme höflich wie frisch geölte Scharniere. Zuvorkommend stand Orochimaru auf und schritt seinem Gast entgegen. Sie schüttelten die Hände und beide beugten höflich den Kopf. „Sehr erfreut“, erwiderte der Neuankömmling und seine Höflichkeit klang genauso eisig wie die Orochimarus, der nun einen seiner bequemen Sessel anbot. Als die beiden Geschäftsmänner sich gegenübersaßen, begann Orochimaru zu sprechen. „Verehrter Kollege, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Spitzel aufgeflogen ist und ich ihn unglücklicherweise aus dem Weg schaffen musste.“ Sasuke sah überrascht aus. Dies äußerte sich in einem eleganten Stirnrunzeln auf seiner makellosen, weißen Stirn. „Verzeihung, verehrter Kollege, aber ich weiß bedauerlicherweise nicht, wovon Sie sprechen.“ Orochimarus Züger verhärteten sich. „Wo ist er? Unten bei den Männern, die du dort zurück gelassen hast? Ist er einer deiner Leibwächter? Sasuke zog es vor nicht zu antworten, doch das Stirnrunzeln blieb. „Einer meiner Leute ist in den letzten Monaten in Eurem Hauptquartier …„ Er spie das Wort förmlich aus “… Ein- und ausgegangen.“ Immer noch dominierte die steile Falte zwischen Sasukes pechschwarzen Augenbrauen „Neji Hyuga“, half er seinem Erzfeind auf die Sprünge. Sasuke seufzte. „Hör’ mir ’mal zu … “ Alle Förmlichkeit war aus seiner Stimme gewichen. „Ich weiß nicht, wovon du redest. Wahrscheinlich ist er zu meinem Hauptquartier-“ In Sasukes Stimme lag ein liebevoller Unterton „- gekommen, um das zu erreichen, weshalb die meisten Männer dorthin kommen.“ Er breitete in einer hilflosen Geste die Hände aus. „Warte“, gebot Orochimaru und Sasukes Gesichtsausdruck wurde missmutig. Niemand kommandierte ihn herum. „Ich wollte nur sagen, dass ich ihm eine Falle gestellt habe. Jeder glaubt, er hat einen schlechten Job gemacht. Den falschen Kerl umgebracht. Du wirst nicht glänzen in seiner Anwesenheit. Also überleg’ dir gut, ob du ihn nicht lieber mir übergeben willst und ich erledige das Problem für dich.“ Orochimaru lächelte sein Schlangenlächeln „Komm schon, du weißt, du kannst mich nicht besiegen. Nicht einmal dein Bruder konnte das.“ Plötzlich wurde die Tür aufgeschmissen und Orochimaru schrie „Du!“ Der Starbucks war hell erleuchtet und angeregte Gespräche wurden in den Schlangen und an jedem Tisch geführt. Außer an einem. Eine Frau und ein Mann saßen an diesem Tisch. Sie besaß halblange braune Haare, die weich um ihre Schultern fielen. Ihr Gesicht war ungewöhnlich, nicht unbedingt hässlich, nicht unbedingt hübsch. Der Mann trug seine pechschwarzen Haare lang im Nacken zusammengebunden, war ziemlich blass und wäre vielleicht gutaussehend gewesen, würde eine blauviolette Schwellung nicht sein rechtes Auge entstellen. Sie trug ein weißes Hemd und abgetragene Jeans. Er allerdings trug eine Anzugshose und ein weißes Hemd. Wenn er sich drehte konnte man rostbraune Flecken darauf schimmern sehen und seine linke Hand war verbunden. Ein fantasievoller Betrachter hätte sich eine kunterbunte Geschichte über das ungleiche Paar zusammenreimen können. Aber die beiden waren schon in ihre eigene Geschichte verwickelt. Energisch tranken sie beide den letzten Schluck ihres Kaffees und verließen das Geschäft. Von hier aus schlängelten sie sich durch viele Gassen. „Diesen Eingang kenn’ ich gar nicht.“ „Natürlich nicht“, sagte Neji herablassend. „Du magst zwar Orochimarus momentaner Liebling sein, aber ich arbeite hier schon viel länger. Der hier führt an der Eingangshalle und den Büros vorbei, direkt in den Flur zu Orochimarus Büro.“ Er lächelte. „Gräm dich nicht. Kaum jemand weiß von dieser Tür und außerdem ist sie bewacht. Daher ist sie auch kaum jemals abgeschlossen.“ „Oh“, machte Tenten, weil sie sich nicht erinnern konnte, in dem Flur jemals eine Tür gesehen zu haben. „Trotzdem erscheint mir das unvorsichtig“ Wieder grinste ihr Begleiter „Der alte Orochimaru war immer der Ansicht, dass, wenn jemand so gut im Herumschnüffeln war, dass er diese abseits gelegene Tür findet, man gut daran täte, ihn entweder für sich zu gewinnen oder umzubringen und beide Möglichkeiten stehen einem offen, wenn diese Person siegesgewiss in die Arme seiner Leibwächter läuft.“ Tenten versuchte sich nicht anzumerken zu lassen, dass sie beeindruckt war. Sie hatte gewusst, dass Neji das schon länger machte als sie, aber diese Information offenbarte ihr wie sehr Orochimaru sich auf Neji verlassen hatte. Kein Wunder, dass er so wütend war. „Okay“, seufzte Tenten, packte Neji hart an den Armen und drehte ihm diese auf den Rücken, zwang ihn weit vorüber gebeugt zu gehen. „Beweg dich schon, Miststück“, herrschte sie, während sie die Tür mit der Schulter aufschob. Sobald sie es in den Flur geschafft und Neji mit sich geschleift hatte, versperrten zwei bullige Typen ihr den Weg, doch einer schob seine Sonnenbrille auf den kahlen Kopf und sagte erstaunt: „Tenten?“ Sofort richtete sie sich gerade auf. Sie hatte keine Ahnung, wer er war, aber offenbar hatte er sie schon oft diese Treppe hochsteigen sehen. „Uh … Genau. Es sind ein paar Komplikationen aufgetreten.“ Sie riss Nejis Kopf an den Haaren in die Höhe, damit die Wachen ihn identifizieren konnten. Sofort breitete sich Sorge auf ihren Gesichtern aus. „Alle dachten, er hätte dich umgebracht“, erläuterte ihr Bekannter. „Pah“, schnaubte Tenten „Der Wicht hier?“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber er hat ein paar interessante Dinge ausgespuckt als ich ihn … befragt habe. Ich glaube, das sollte sich der Boss ’mal anhören.“ Tenten senkte ihre Stimme und die Wachen lehnten sich zu ihr, um besser hören zu können. „Allerlei über Sasuke und seine Geschäfte, Zahlen, Finanzen, was weiß ich.“ Ihre aufmerksamen Zuhörer nickten wissend, hatten aber wahrscheinlich keine Ahnung. „Aber Sasuke ist gerade da oben drin. Orochimaru will, dass Neji ausgeliefert wird“, erklärte ihr derjenige, der sie erkannt hatte. „Umso besser“, befand Tenten und ruckte vielsagend an ihrer Geisel. „Das wird den alten Sack, Sasuke, echt ins Gesicht treffen.“ Die beiden Leibwächter sahen sich unbehaglich an. „Denkt ’mal dran, was für gute Laune der Boss haben wird, wenn er’s dem Arsch so richtig gezeigt hat.“ Die Leibwächter schienen immer noch unschlüssig, doch dann sahen sie geradeaus und konnten beobachten wie einer Sasukes Leibwächter, die im Eingangsflur warteten zu ihnen herüber kam. Offenbar hatte er gedacht, dass niemand in diesen Flur kommen konnte ohne an ihm vorbei zu gehen. „Ist er auch wirklich ko?“, wollte Tentens Bekannter wissen. Sie gab ihrem gefangen einen Stoß und dieser stöhnte herzerweichend. „Okay“ Der Leibwächter nickte und winkte sie durch. Tenten wurde aufgeregter mit jedem Schritt, den sie tat. Sie hörte rufe hinter sich und musste sich zwingen weiter zu gehen. Neji befreite sich unterdessen aus ihrem Griff und zusammen rannten sie den Rest der Treppe hinauf, rissen die Tür auf und stürzten hinein. Tenten ergriff den Sessel, der frei war und schob ihn gegen die Tür. Neji holte die blank polierte, dunkel schimmernde Waffe aus seinem Hemdausschnitt hervor. „Du!“, schrie Orochimaru und sprang aus seinem Bürostuhl auf, doch er kam nicht weit. Peng! Diesmal gab’s keinen Schalldämpfer. Hektisch durchsuchte Tenten den Tisch nach den Schlüsseln. Sie fand sie und schloss ab. Bald hörte man das Donnern vieler Leiber. Neji wandte sich um an Sasuke und hob die Waffe. Er hob die Hände, sein Blick stetig und ruhig. „Warte!“ Seine Stimme war samtig. „Wie, wenn ich fragen darf, wollt ihr hier herauskommen?“ „Mit den Füßen zuerst“, knurrte Neji. Sasuke, nicht wirklich ein Fan von Galgenhumor, zwang sich trotzdem zu lachen. „Amüsant. Und was, wenn sich ein lebendigerer Weg für euch auftäte?“ Nejis linker Wangenmuskel zuckte, doch Tenten schritt ein. „Halt!“, rief sie über das Donnern der Tür. „Okay“, sagte sie, nachdem sie einen Blick in sein Gesicht geworfen hatte. Vorsichtig holte Sasuke sein Mobilfunktelefon aus der Tasche, immer vom wachsamen Auge Nejis beobachtet. Jenes unverletzte natürlich. Er wählte eine Nummer. „Beeil dich, Hurensohn, wenn die hier ’reinstürmen und Orochimaru so sehen, geht’s dir auch an den Kragen“, murmelte Tenten in sein freies Ohr. Da begann er auch schon Befehle zu erteilen. „Metzelt die Wachen vor der Tür ab. Ich bin okay. Ich komme gleich ’raus. Hurtig!“ Tenten dachte, dass seine Stimme viel zu weich für Befehle war. Er klang wie ein verwöhntes, arrogantes Kind, das Diktator spielte. Die Geräusche außerhalb der Tür veränderten sich und Sasuke stand auf und stand herum als warte er darauf, dass seine persönliche Kutsche durch die Wand gebraust kam. Stattdessen wartete er aber auf das Signal. Sein Mobilfunktelefon klingelte. Sasuke nahm ab und nickte. „Da unten ist zur Zeit ein ziemliches Chaos. Mehr von Orochimarus Leuten sind auf dieses Schlamassel aufmerksam geworden. Wie seid ihr in den Flur hinein gekommen?“ Tenten sah hinüber zu Neji. Dieser nickte. „Es gibt da eine Tür. Euer Kerl müsste nur ’mal den Flur entlang blicken - auf der rechten Seite ist eine Tür, noch vor dem Wartesaal.“ Sasuke hob das Telefon wieder an sein Ohr und gab die Information weiter. Dann machte er eine gebieterische Geste. Tenten bewegte sich nicht. „Mein Gott“, knurrte er. „Du sollst die Tür aufschließen.“ „Warum solltest du uns nicht da draußen einfach in dem Durcheinander lassen?“, fragte Tenten. „Weil ich euch gebrauchen kann“, erklärte Sasuke mit einem einnehmenden Lächeln. Es kam wie aus der Pistole geschossen. Er musste wohl die ganze Zeit darüber nachgedacht haben. Na wenigstens haben wir einen beeindruckt, dachte Tenten und gab Sasuke den Schlüssel. „Was? Ich?“, machte er verblüfft, aber Tenten machte nur eine einladende Geste. Während Sasuke mit dem Sessel kämpfte, gab Tenten Neji einen Blick, woraufhin dieser seine Waffe wieder verbarg. Das Donnern gegen die Tür hatte schon lange aufgehört. Offenbar war keiner Orochimarus Männer auf einen derartigen Vorfall vorbereitet gewesen. Obwohl … Nein, dachte Tenten. Diese Leute waren klug. Bevor nicht klar war, wer tot war oder ob überhaupt jemand tot war, leisteten sie wahrscheinlich nicht allzu viel Widerstand für den Fall, dass ihre Lebensläufe bald an Sasuke gingen. Tenten lächelte. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Ein großer Bär mit kurzgeschorenem braunem Haar und einem zerknitterten Anzug zwängte sich hinein und fragte „Bereit?“ in die Runde. Sasuke folgte ihm ohne zu zögern aus dem Raum und Neji und Tenten beeilten sich mitzuhalten. Die Treppe war nun größtenteils frei geräumt und das Stück bis zur Tür, die Neji früher immer benutzt hatte, wurde von einer Horde Kerle freigehalten gegen einige Widersacher. Sie sah Orochimarus persönlichen Sekretär, Kabuto, der gerade versuchte einem der Bären einen Faustschlag ins Gesicht zu verpassen. Der war wahrscheinlich schwul und in Orochimaru verliebt gewesen. So sah auch sein Fausthieb aus. Orochimaru war nicht die Art von Person, die Loyalität in den Menschen hervorgerufen hatte. Sie raste hinter Nejis breitem Rücken durch die Tür und wurde von Sasukes persönlichem Bär erstmal den falschen Weg entlang geführt. „Hier geht’s lang“, keuchte Neji und führte sie wohlbehalten zur Straße, wo sie alle in ein dunkles Auto manövriert wurden. „Und jetzt?“, fragte Neji sie als er ihre Schritte hinter sich hörte. Selbst als er spürte wie sie neben ihm auf dem Parkplatz stand, wandte er sich nicht um. „Hm“, machte sie. Dann erzählte sie ihm, was es mit dem Sheriff auf sich hatte. Das brachte Neji dazu sich umzudrehen. Mit einem großen Auge starrte er sie an. Verblüfft, schockiert, in Panik, ängstlich. Vielleicht sogar impört. „Was?“, rief er erbost. Er entfernte sich ein paar Schritte von ihr, ergriff seinen Kopf und murmelte. „Nein, nein, nein … “ Dann „dieses Arschloch!“ Tenten setzte sich auf den warmen Asphalt und bedeutete ihm sich neben ihr niederzulassen. Zuerst wollte Neji sich verweigern, aber er wusste wirklich nicht weshalb. Diese Frau hatte ihm geholfen. Wirklich geholfen. Wen interessierte es da, dass sie nicht die besten Charaktereigenschaften hatte? Er setzte sich. „Ich bin nicht ehrgeizig“, erklärte er. „Ich … “ Er lachte atemlos. „Ich will nicht, was Orochimaru hat. Wollte es auch noch nie haben. Der kann seinen Misthaufen behalten.“ „Ich weiß“, versicherte Tenten ihm und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel. Nach kurzem Zögern, wollte er seine Hand auch auf ihren legen, erinnerte sich aber noch rechtzeitig an die Ereignisse von heute morgen und ließ es lieber. Stattdessen stellte er ihr eine Frage. „Wie kommst du hierher?“ Sie entzog ihre Hand und schaute verwirrt drein. Unsicher sagte sie: „Mit dem Motorrad?“ Und fügte hinzu: „Genau wie du.“ „Ich mein’ nicht auf diesen dämlichen Tankstellenparkplatz“, entwich es ihm wütend. Wie konnte man so dämlich sein. „Wie bist du … zu Orochimaru gekommen?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Du hast ein Haus an einem bildhübschen See“, stellte er fest. „Wieso verbringst du deine Tage nicht da?“ Tentens Brust hob und senkte sich. „Man kommt nicht mehr heraus. Ich hab’ ganz klein angefangen“, vertraute sie ihm an. Und dann war es fast wie Kotze. Es sprudelte einfach aus ihr heraus. „In einem ganz kleinen Dorf. Kleine Dinge gestohlen. Danach wollte mich zu Hause keiner mehr einstellen. Also bin ich in die Stadt.“ Sie hob die Schultern. „Und wie das nun ’mal so ist, kann man sich am Anfang nur das Schlimmste leisten. Wir waren ziemlich Viele in so einem Minidreckszimmer und einer hat mich ‚mal gefragt wie schnell meine Finger sind.“ Neji runzelte die Stirn. Tentens Geschichte war eine ungewöhnliche. Normalerweise sprang man nicht vom Dieb zum Auftragsmörder. Das waren zwei völlig verschiedene Milieus. „Ich hatte eine Freundin und die hatte so einen Freund - der war ein Arschloch, aber irgendwie … Die konnte nicht von ihm weg.“ „Aha“, machte Neji. Sie brauchte ihm nicht in die Augen zu sehen, um zu wissen, dass er zweifelte. „Okay, es war einer der kleineren Drogenbarone – Herr seines Viertels - und für den habe ich alle möglichen Papiere gestohlen. Polizisten bestochen, so eine Art Laufbursche und der hatte eine echt süße Freundin.“ Sie sprach sehr schnell und schluckte hart. „Sie war echt nett. Hatte Klasse, gehörte eigentlich nicht dahin. Ihr Pech war, sie war arm und sah gut aus.“ Sie nickte als wolle sie sich selbst etwas versichern. „Man haut nicht vor diesen Leuten ab. Er war keiner der ganz großen, aber groß genug, um ein verängstigtes Mädchen bei sich zu halten und dann hab’ ich den Kerl umgelegt. Ich glaub’, sie ist jetzt eine Sekretärin für eine Arztpraxis oder so. Sie hat mich gebeten mit ihr zu gehen. In der Nacht sind wir noch nie schneller weggelaufen.“ Sie sah ihn an und er schwieg einfach, ließ sie reden. „Aber ich bin nicht mit ihr gegangen. Ich bin nach Hause, zu dem Drecksloch und da war ein Kerl. Der hat nach mir gefragt. Der meinte, ich hätte das gut hingekriegt, sagte, er hätte mich beobachtet. Eigentlich war der Kerl sein Job gewesen … Ich war so dämlich. Ich hab’ erst gar nicht verstanden wie der Kerl sein „Job“ gewesen sein konnte. Schließlich hatte er nicht für ihn gearbeitet. Ich hätte ihn sonst natürlich gekannt.“ Sie lachte kurz sarkastisch auf. „Er meinte, er würde mich gern seinem Boss vorstellen und seitdem hüpf ich von Boss zu Boss.“ Neji nickte als würde er verstehen. „Und du?“, fragte sie schließlich. „Tia“, war die vorläufige Antwort. Neji dachte darüber nach. Das tat er nicht oft. Das brachte unangenehme Wahrheiten mit sich, aber der allem zugrunde liegende Punbkt war wohl … „Ich kann gut mit Waffen. Ich hab’ gute Augen.“ Tenten wiederum fand, dass seine Erklärung merkwürdig klang. „Was? Du musst doch irgendwie an eine rangekommen sein.“ Neji lachte und sein verwschollenes Auge schloss sich ganz. „Du Landei.“ Merkwürdigerweise fühlte sie sich gar nicht beleidigt. Normalerweise mochte sie es nicht, wenn jemand Anspielungen auf ihre Herkunft machte. „Stadtkind“, schimpfte sie zurück, aber ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Genau“, machte Neji, hörte auf zu lachen. „Wo ich aufgewachsen bin, kriegst du eine überall. Mein Daddy konnte keinen richtigen Job halten, Alkoholiker. Er konnte auch nicht gut mit seiner Familie. Ich hab’ seit ich jung war jeden Job angenommen, den ich mit der Waffe bekommen konnte.“ Die Vorstellung fand Tenten unheimlich. Sie stellte sich einen jugendlichen Neji vor, kaltblütig schon bevor er erwachsen werden konnte. Kein Wunder, dass dieser Kerl so gestört war. Es lief ihr eiskalt den Rücken herunter. „Und du hast nie daran gedacht einfach … aufzuhören? Ich meine … Du bist kein Alkoholiker.“ Neji schüttelte den Kopf. „Stimmt, aber ich glaube, ich bin trotzdem nicht gesund. Was für einen Job sollte ich denn machen? Sollte ich deiner Meinung nach in einem Büro festsitzen?“ er starrte sie zweifelnd an. „Ernsthaft?“, fragte er sie empört. „Hey!“, herrschte sie und hielt ihm ihren Finger vors Gesicht. „Ich habe deinen Hintern gerade aus dem Knast geholt. Also, hör mir jetzt wenigstens zu.“ Sie machte eine Pause, um zu beobachten, ob er ihrer Bitte tatsächlich Folge leisten würde. „wenn du nicht so lange Scheiße gebaut hättest, wärst du jetzt vielleicht nicht in dieser Megascheiße mit diesem Scheißkerl, Orochimaru, und hättest alle Zeit der Welt, um herauszufinden, was für einen Job du machen willst!“ Neji sah nicht erfreut aus. Sie hatte schon gemerkt, dass er es nicht gerne hatte, wenn Leute ihm sagten, was er zu tun hatte. „Und du?“, konterte er. „Was ist mit deinem Berg Scheiße?“ „Was soll mit dem sein? Ich werd’ ihn schon ausmisten.“ Ihre Blicke trafen sich. Nur Gott wusste, ob sie die Idee beide zur selben Zeit gehabt hatten, aber plötzlich wussten sie alle beide, was sie tun wollten. Tenten holte ein Snickers aus ihrer Hosentasche und Neji unterdrückte ein Lächeln. Er musste an ihre Nacht in der Wüste denken. Sie besiegelten ihren stummen Pakt mit einem Biss Schokolade, Karamell und Nüssen. Kaum waren Neji und Tenten im Auto bemerkte Sasuke seinen Fehler. „Du hast nicht wirklich geglaubt, dass wir für dich arbeiten würden“, hauchte Tenten. Die Kugel traf ihn und plötzlich war das ganze Innere des Wagens bedeckt in einer netten Schicht Gehirn. Der Fahrer schleuderte den Wagen beinah gegen eine Wand. „Fahr’ weiter“, zischte eine Frauenstimme ganz nah an seinem Ohr. Er fragte sich, ob sie es bemerken würde, wenn er die Knarre aus seinem Holster unter dem Anzug ergreifen würde, doch sie beantwortete diese Frage, bevor sie überhaupt gestellt wurde. „Wir sind zu zweit hier hinten und die Knarre hast du ja schon gehört. Fahr weiter. ’Raus aus der Stadt.“ Und den Befehl befolgte der Fahrer. Im Prinzip hatte er gewusst, dass dies einmal passieren würde. Er hatte keine Ahnung, was Sasuke bei Orochimaru getan hatte – ihm vertraute man dergleichen schließlich nicht an – aber er wusste wie er mit seinen Weibern umsprang. Es war nur eine Frage der Zeit bis eine von denen sich einen geeigneten Beau aussuchte und ihn umlegte. Die Arme war wahrscheinlich ganz verrückt vor Demütigung und mit solchen Frauen legte man sich am besten nicht an. Er fuhr durch die Slums und war ’raus, auf dem Highway. Vorsichtig räusperte er sich. „Wo soll’s hingehen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)