Familienbande von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 15: Zuvorkommend und süß -------------------------------- 83 Reviews XV. Zuvorkommend und süß Brian starrte fassungslos in die Küche. Justin saß auf einem Hocker, die Kleidung sorgsam mit einem Tuch abgedeckt, während Jennifer hochkonzentriert an seinen Haaren herum schnippelte. „Du lässt dir die Haare von deiner Mutter schneiden?“ fragte er entgeistert. „Ja, immer schon – wieso?“ „Ja , gute Frage – wieso?“ „Brian“, grinste Jennifer in sich hinein, „glaub ja nicht, dass ich es nicht bemerkt hätte, dass du … eine innige Beziehung zu den Haaren meines Sohnes hast.“ „Vielleicht gehe ich jetzt besser raus und grusel mich rückwirkend? Du lässt dir die Haare von deiner Mutter schneiden!“ „Von wem sonst? Von dir? Ich will doch nicht verhunzt – oder abgeschlachtet -werden!“ „Dafür gibt es Frisöre!“ „Geldverschwendung. Mama kann das viel besser.“ „Muttersöhnchen!“ „Ja – und darauf bin ich stolz!“ sagte Justin versonnen lächelnd. „Braver Sohn“, sagte Jennifer und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Buäh… das grenzt ja an Inzest!“ schauderte Brian. „Nur kein falscher Neid. Willst du auch einen mütterlichen Kuss?“ fragte Justin und schaute ihn ernst an. „Bloß nicht! Bleibt mir vom Hals mit euren Perversitäten!“ „Und das von dir…“ Gus kam in die Küche gedackelt und starrte fasziniert auf die blonden Strähnen, die auf dem Boden verteilt waren. Er bückte sich, hob sorgsam eine auf und bewegte sie zwischen seinen Fingern. „Justins Haare sind so schön!“ sagte er in aufrichtiger Bewunderung. „Wie der Vater, so der Sohn“, kommentierte Jennifer. „Du könntest aber auch mal wieder einen Haarschnitt vertragen, junger Mann.“ „Au ja!“ freute sich Gus. „Oh weh – er ist verloren!“ schüttelte sich Brian. „Und du auch, deine Frisur ist total raus gewachsen!“ sagte sie zu Brian. „Auf gar keinen Fall! Ich lasse mich nicht in euren Sumpf hinab ziehen! Und außerdem ist das Absicht! Hat mich ein Vermögen gekostet!“ grollte Brian. „Geldverschwendung!“ sagten Justin und Jennifer zeitgleich. ………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… Jack hörte mit aufgerissenen Augen seinem Bruder zu. Onkel Brian hatte einen Sohn, das hatte er verstanden. Er hatte Onkel Brian nur ein paar Mal gesehen. Er hatte ihn irgendwie furchteinflößend gefunden. John sagte, dass Onkel Brian eine Schwuchtel sei, ein Kinderficker, was John nicht ganz verstand. Es war etwas Schlechtes, das wusste er. Sie würden Onkel Brians Geld nicht erben, wenn Onkel Brian, sein Sohn, Gus war sein Name, und…. Justin?... nicht an AIDS sterben sollten. Er wusste nicht, wer Justin war. Und AIDS war eine schlimme Krankheit. Warum sollten sie daran sterben? Warum wünschte sich John das? Jack war verwirrt. Aber hatte begriffen, dass er einen neuen Cousin hatte, etwas jünger als er selbst. Und dass Oma Joan sich darüber freute. Er fand, dass Oma Joan immer so traurig war, obwohl sie sehr streng war und er sie durchaus fürchtete. Eigentlich würde er Gus gerne einmal sehen. Das heißt, bevor er starb, wie John sagte. Vielleicht musste er sich beeilen. ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. Der Nachmittag hatte einem weiteren Besuch der vom Testamentsvollstrecker beauftragten Sozialarbeiterin, Mrs. Lennox gegolten. Die kräftige und etwas untersetzte Schwarze im eleganten Business-Kostüm hatte sich von ihnen durch das inzwischen recht vorzeigbare Haus führen lassen. Die Tanzstange fristete ihr Dasein als harmlos aussehendes Rohr in der Garage. Jennifer war geblieben und hatte Familiensolidarität demonstriert und mit ihrem dezenten Charme gepunktet. Sie hatten sich gegenseitig darin übertroffen, die liebende Bilderbuchfamilie aus jeder Pore ihres Seins tropfen zu lassen. Mrs. Lennox war äußerst zufrieden von dannen gezogen. Sie würde erst nach Weihnachten wieder vorbei schneien. Pro forma sei das wichtig, hatte sie betont. Justin trug eine äußerst gediegene Kombination aus dunkler Stoffhose und körperbetonten – aber nicht schlampigem – blauem Pullover, als er an der Eingangstür seiner Mutter und Gus nachwinkte, die gemeinsam mit Molly im Kino einen Zeichentrickfilm ansehen wollten. Brian umfasste seine Taille und murmelte: „Himmel, warst du zuvorkommend heute. Darf ich ihnen etwas zu trinken anbieten, Mrs. Lennox? Hier entlang, bitte, Mrs. Lennox. Ja, darüber haben wir uns bereits Gedanken gemacht, Mrs. Lennox…“ „Ich kann, wenn es die Situation erfordert, wirklich sehr… zuvorkommend sein… Mr. Kinney…“ sagte Justin grinsend. „Wirklich?“ fragte Brian und biss sich in die Unterlippe. „Oh ja!“ sagte Justin, während er ins Wohnzimmer schlenderte und einen Blick über die Schulter zurück auf Brian warf. „Ich bin dafür bekannt, dass ich sogar mehr als bloß zuvorkommend bin – wenn ich denn will – ich kann sogar jeden Wunsch von den Lippen ablesen, ohne dass er ausgesprochen werden muss…“ „Wo hast du das denn gelernt? Auf der Schule für höhere Töchter?“ stichelte Brian, während er folgte. „Sowas kann man nicht lernen. Das ist Intuition“, sagte Justin ernsthaft und ließ sich formvollendet auf der Couch nieder. Brian war mit einem Satz neben ihn und drückte ihn in die Kissen. Er rieb sich mit vollem Gewicht an Justins Körper wie eine riesige Katze, die ihr Revier markierte. „Und was sagt dir deine Intuition jetzt?“ flüsterte er ihm heiser ins Ohr. „Dass ich es mit einem besonders… harten Fall zu tun habe. Aber ich werde mich der Herausforderung stellen, wie ein Ehrenmann…“ „Mmm“, murmelte Brian nur, während er sein Gesicht in Justins Hals vergrub. Justins ureigener Geruch, der ihm selbst nach der längsten Dusche verströmte, machte ihn jedes Mal wieder verrückt. Er roch wie heiße Schokolade mit Chili und etwas Unergründlichem. Betörend süß-verlockend und zugleich überwältigend männlich. Er konnte sich sogar noch daran erinnern, wie ihm dieser Geruch das erste Mal in die Nase gestiegen war. Es war wie ein Hammerschlag gewesen, seine Sinne waren Amok gelaufen. Er hatte Justin geküsst wie keinen seiner Tricks zuvor. Oder danach. Er hatte gedacht, es habe an den Drogen gelegen. Aber das war ein Irrtum gewesen. Bevor sie auch nur ein ernst zu nehmendes Gespräch miteinander geführt hatten, hatten ihre Körper bereits angedockt. Justin musste es ähnlich gegangen sein – warum hätte er ihm sonst mit einer derartigen Vehemenz verfolgen sollen? So liebreizend war er ja nicht gerade gewesen. Und warum hatte er selbst einfach nicht seine Finger von diesem minderjährigen schmächtigem Burschen halten können? Ihre Körper hatten es gewusst. Und sie wussten es noch immer. Justin seufzte und schlang seine beweglichen Beine um Brian, erwiderte die sanfte Reibung, die ihre Erregung klar zutage treten ließ. Brian konnte Justins Härte deutlich unter sich spüren. Sie brach in genau dem richtigen Maße mit Justins ansonsten eher zarten Proportionen, wohlgeformt, elegant, fordernd mit einer Oberfläche wie Alabaster und einem zart rosigem Pfirsich als Krone. Brian lief das Wasser im Munde zusammen. „Mmm, ich will dich schmecken“, keuchte Justin begehrlich in sein Ohr. „Schonwieder hungrig…?“ „Das hat nichts mit Hunger zu tun sondern mit Appetit…“ Brian drehte sie, dann ließ er Justin freie Hand, der seinen Oberkörper, seinen Nacken, Hals, sein Gesicht mit Küssen überzog, während er sich und ihn langsam entblätterte. Justin vertiefte sich in Brians Brustwarzen, nagte, saugte, leckte, wanderte tiefer, knöpfte die Hose auf und eroberte schließlich seine Beute. Brian entfuhr ein tiefer Seufzer. Justins Zunge spielte mit ihm, flatterte und rieb, sank hinab und hinauf, bis ihn die warmen Lippen endlich umschlossen und sich über ihn schoben. Er spürte das Zusammenschnellen des Gaumens, genau abgepasst, um ihn in auf direktem Weg an jedem Sputnik vorbei in die Umlaufbahn zu befördern. Justin sah zu Brian hinauf, sog die leichte Schweißschicht der Erregung, die den ganzen Körper glänzen ließ, in sich auf. In ihm lächelte es selig, als er wahrnahm, wie sehr sich Brian in ihm verlor, aufgab, zugleich wild forderte und bettelte. Er legte seine Hand beruhigend auf Brians ungeduldige Hüften, zog eine fast träge feuchte Spur hinauf, während er selbst begann, sich mit einem diskreten Griff zu seinem Allerheiligsten vorzubereiten. Brian gehörte ihm, und er gehörte Brian. Als er soweit war, hockte sich auf seinen fiebrigen Gemahl und senkte sich dann Stück für Stück hinab. Nachdem er sich an die Dehnung gewöhnt hatte, begann er ihn langsam zu reiten. Brians Hände krallten sich in seine Hüften, die riesigen Augen versanken geweitet in seinen. Ihre Münder formten Worte des Staunens und der Überwältigung, als Justin das Tempo erhöhte und Brians Hüften losließ. Sie schaukelten voran, bis sich Brian in einer kraftvollen Geste aufbäumte und sie herumwarf. Justins Körper spannte sich wie ein Bogen, ihn willkommen heißend, krümmte sich, um den besten Winkel möglich zu machen, und dann schnellte er dem Rhythmus ungebremst entgegen. Justin spürte, wie Brians lange Finger ihn umfassten und im Takt mitrissen. Er konnte die Augen nicht lassen von dem wunderschönen, geliebten Mann, der ekstatisch in ihn drang. Er fühle es nahen, große heiße Kreise in seinem Inneren, die Brian gnadenlos umklammerten und ihn selbst um sich schlagend aufschreien ließen. Die Welt explodierte, löste sich in Pulver auf, während sein Körper wild zuckend regierte und sein Geist von einer rauschenden Woge jenseits von Zeit und Raum gespült wurde. Er hörte Brians kehligen Schrei aus dem frenetischem Pulsieren und Winden heraus, die brodelnde Feuchtigkeit in sich, es ließ ihn erneut erbeben, dann das Zusammensinken, Nachbeben, echoendes Stöhnen und Seufzen. Sie waren beide quatschnass, aber keiner vermochte sich zu bewegen. „Das war ziemlich geil“ gurrte Brian leise, „für etwas, für das man seinen Hintern nicht Mal aus dem eigenen Wohnzimmer bewegen muss.“ Justin warf ihm einen leicht schmollenden Blick zu. „Das mag daran liegen, dass du dir in guter alter Höhlenmenschen-Manier das Beste in den eigenen Bau geschleift hast.“ „Sehr klug von mir, ich muss schon sagen…“ „Wir sollten aufstehen, sonst war’s das mit dem Sofabezug.“ „Und du sag nochmal, ich sei hier der mit keinem Sinn für Romantik… du Spießer… Mit der Zuvorkommenheit ist es wohl jetzt vorbei?“ „Vielleicht meldet sie sich ja nochmal, wenn Gus ins Bett gegangen ist. Aber bis dahin kann ich mich um meine Galerie-Verkäufe kümmern und du kannst… uh… noch eine Runde auf deiner Tretmühle drehen und die Meerschweinchen füttern?“ „Das Beste im eigenen Bau? In welcher Kategorie – Despot?“ „Ich folge nur deinem leuchtenden Beispiel!“ lächelte Justin, immer noch mit geröteten Wangen. „Na dann“, lächelte Brian zurück und verpasste Justin, der sich aufgerappelt hatte, noch ein saftigen Klaps auf den Hintern. „Aua – wofür war der denn?“ beschwerte sich Justin. „Ich folge auch nur deinem leuchtenden Beispiel. Zuckerbrot war eben, jetzt gibt’s wieder die Peitsche.“ ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. Michael saß, Jenny im Tragekorb neben sich, im Wartezimmer des Arztes. Sie waren die letzten an diesem Tag, außer ihnen war hier niemand mehr. Erhielt eine Zeitschrift in der Hand, konnte sich aber nicht recht auf den Inhalt konzentrieren. Die Worte und Bilder verschwammen vor seinen Augen. Diese Termine gehörten zu ihrem Leben, es ließ sich nicht vermeiden – aber es graute ihm jedes Mal aufs Neue. Er hatte das Gefühl, Stunden gewartet zu haben, als sich die Tür zum Behandlungszimmer endlich öffnete und Ben heraus trat. Michaels Herz setzte aus, als der den angespannten Gesichtsausdruck seines Mannes sah. Er trat auf ihn zu und fragte fast flehend „Ben“, während er seine Hände auf die kräftigen Schultern des anderen legte. „Michael, keine Panik. Meine Werte sind nicht ganz optimal, nichts Schlimmes“, sagte Ben, aber er wirkte müde. Das Leben mit der Krankheit war ein ständiger Kampf, die Schlachten wurden jeden Tag geschlagen. Trotz der absoluten Disziplin, die sich Ben abverlangte, gab es keine Garantien. Vieles konnte helfen – aber es musste nicht. Man konnte nur tun, was möglich war, und das war hart. „Ich muss die nächsten Tage noch ein paar Mal her, sie überlegen, ob sie den Cocktail etwas verändern.“ Das war nicht gut. Michaels italienischer Erbteil lockte ihn in Richtung eines hysterischen Ausbruchs. Aber das würde die Sache für Ben nur noch schwerer machen. Er schlang die Arme um Bens Nacken und drückte ihn stumm, bis er spürte, wie der größere Mann sich etwas lockerte und die Umarmung erwiderte. „Sollen wir es Hunter sagen?“ fragte er schließlich. „Nein. Wir sollten ihn nicht grundlos beunruhigen, okay?“ Michael schluckte, dann nickte er. Jeder hatte ihn gewarnt. Aber was half es? Er liebte seinen Mann, er liebte seinen Sohn. Und dagegen war das Virus machtlos. ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. „Ach, sieh an, der glückliche Ehemann! Hat dein Gatte dir Ausgang bis um zehn gewährt?“ schallte Brian entgegen, als er das Diner betrat. „Sogar bis halb elf! Und, oh hallo Brandon. Wie war eigentlich dein Date mit Alexander?“ Das halbe Diner spitze die Ohren. Brandon und Alexander… sieh an. Brandon verzog wütend das Gesicht. „Nichts war mit Alexander! Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine Wette einlöse, bei der geschummelt wurde!“ Brian grinste. Egal, was Brandon jetzt sagen mochte – die Buschtrommeln liefen bereits. „Geschummelt? Ich bitte dich, es war keine Rede davon gewesen, dass man mit dem Wettinhalt nicht verheiratet sein durfte…“ Debbie war, kaugummikauend und kopfschüttelnd zwischen die beiden getreten. „Brian, hast du Sonnenschein zum Gegenstand einer deiner dämlichen Wetten gemacht? Ich hoffe, er hat es dir dafür ordentlich gegeben!“ „Er hat ihn „süß“ genannt und erzählt, dass er ihm Pfannkuchen gemacht habe“, petzte Brandon freudestrahlend lauthals. Debbie lachte laut auf: „Das hast du aber auch wirklich verdient. Aber du hast Justin Pfannkuchen gemacht? Das ist wirklich süß von dir. Hat er es überlebt?“ „Debbie, du schaufelst mir mein frühes Grab! Zu den Pfannkuchen hat er mich gezwungen, damit Gus in seiner Abwesenheit nicht verhungert!“ versuchte Brian sich zu retten, dann gab er auf. Was sollte es. „Aber meinetwegen – bin ich eben süß – jemand hier, der dem widersprechen möchte?“ fragte er mit einem tödlichen Blick durch den Raum. Die Anwesenden sanken auf ihren Plätzen zusammen und taten so, als sei ihr Essen im höchsten Maße faszinierend. Brandon starrte ihn verstört an, Debbie lachte heiter und zog Brian mit sich zum Tresen. „Armer Justin, offensichtlich haben besondere Ärsche einen Blick für besondere Ärsche“, kommentierte sie das Vorgefallene. „Danke Debbie, für deine immerwährende Hochachtung“, grollte Brian gespielt. „Ach was, du und Justin, ihr gebt euch da nicht viel.“ „Endlich erkennt das Mal wer!“ „Ihr seid beide ziemliche üble Äser – und beide ziemlich süß“, grinste Debbie, während Brian eine leicht verzweifelte Grimasse zog. „Was treibt dich eigentlich in diese Hallen zu dieser Uhrzeit? Ich will Brandon ja nicht versehentlich recht geben – aber erwartet dich denn niemand Zuhause?“ „Ne, Gus ist mit Omi und Opi Peterson im Kindertheater, und Justin ist im Schaffensrausch. Neuerdings arbeitet er auch plastisch – und macht einen Heidenlärm mit all diesen Schwingschleifern, Drillbohrern und was-weiß-ich. Außerdem habe ich ein Date mit Emmet wegen Weihnachten.“ „Ich finde es total…“ „Nein! Sag’s nicht!“ „…liebenswert von euch, dass ihr euch für Gus solche Mühe gebt. Für Kinder ist Weihnachten das Allergrößte!“ Brian verdrehte die Augen: „So wurde es mir erzählt.“ „Und ich und Carl danken euch für die Einladung. Kommen die Petersons auch?“ „Ja, die Petersons, ihr beide, Ted und sein geläuterter Ex-Junkie, den er für seine große Liebe hält…“ „Blake ist ein guter Mensch! Er hat Fehler gemacht, aber…“ „Jaja, die Rede kenne ich schon. Emmet, Jennifer, eventuell mit ihrem Boy Toy, Molly, dein Sohn und Anhang, Daphne, Justins Vater und vielleicht meine Mutter.“ „Was?“ entfuhr Debbie baff. „Joan?!? Und Justins Ekel von Vater, der den armen Jungen damals seinem Schicksal überlassen hat? Seid ihr wahnsinnig?“ „Es ist nicht immer so einfach, Debbie. Die Welt ist nicht nur schwarz und weiß.“ „Aber Mister Vollarsch-Taylor? Und Joan? Seit wann legst du Wert auf diesen Eisklotz, der deine Mutter hätte sein sollen?“ „Sie bemüht sich. Die Sache ist… kompliziert. Klar könnte ich sie weiterhin zur Hölle wünschen – aber was wäre damit gewonnen? Nichts. Und mir sind ein paar Sachen klar geworden… Egal. Sie kommt jedenfalls. Und Craig Taylor…“ „Der legt sich ordentlich ins Zeug“, fuhr Emmet ihnen dazwischen, der, in einen dicken rot-gelb karierten Mantel gehüllt und vom einsetzenden Niesel ziemlich aufgeweicht, zu ihnen getreten war. „Was hast du denn mit Craig Taylor zu tun?“ wunderte sich Brian. „Wir sind dabei, eine wunderbare Männerfreundschaft zu entwickeln…“ „Bitte, sag dass das nicht wahr ist!“ „Rein platonisch natürlich.“ „Das ist nicht weniger beunruhigend. Was zur Hölle hast du mit Justins Altem zu schaffen?“ „Nana, ein bisschen mehr Respekt vor Schwiegerpapi. Und du magst bohren und drohen, so viel du willst: Über meine Lippen dringt kein Laut! Nur so viel: Er versucht es aufrichtig.“ „Ich weiß nicht, ob mich das beruhigt.“ „Also ich sehe immer noch diesen verzweifelten siebzehnjährigen Jungen vor mir, den sein eigener Vater verjagt hat, als wäre er ein Stück Scheiße, nur weil er schwul ist“, regte sich Debbie auf. „Ja, ich weiß“, sagte Brian langsam. „Aber das ist Justins Angelegenheit. Wenn er sich mit seinem Vater aussöhnen will, dann sollte sich keiner von uns störend einmischen.“ Er taxierte seine beiden Gesprächspartner mit dem Hauptaugenmerk auf Debbie. „Nun gut, ihr müsste es wissen. Es ist euer Fest, es ist eure Familie. Aber das sind wir auch, deshalb werden wir auch nicht aufhören, uns zu sorgen“, sagte Debbie schließlich. Brian seufzte: „Ich weiß, Debbie. Du musst sie ja auch nicht lieben. Aber es wäre schön, wenn du sie nicht im Weihnachtspunsch zu ersäufen versuchst.“ Debbie erhob die Hand zum Schwur: „Sie werden das Fest lebend verlassen. Großes Pfadfinderinnen-Ehrenwort.“ …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… Debbie schaute Brian lange hinterher, als er das Diner nach seinem Planungs-Gespräch mit Emmet wieder verlassen hatte. Lächelnd legte sie die Wange auf die Handfläche, den Arm mit dem Ellenbogen auf der Theke abgestützt. Brian war glücklich. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie das eines Tages erleben sollte. Vielleicht kleine Glücksmomente, hier und da – aber wirklich glücklich? Nein, das war Brian nie gewesen. Sie dachte an den nach außen strahlenden Teenager, der so verzweifelt nach ein wenig Beständigkeit, Nähe und Liebe gesucht hatte und der davor zurückschreckte, wenn sie sich ihm näherten. Der seinen Bedürfnissen mit kurzen Schüben sexuellen oder sonstigen Rausches begegnete, die es ihm erlaubten, das zu bleiben, was er immer gewesen war. Der, den alle wollten, zu dem alle hinauf schauten. Einsam, aber deshalb auch nicht verletzlich. Michael hatte es versucht. Sie war ja nicht blind gewesen, sie hatte gesehen, wie sehr ihr Sohn sich Jahr für Jahr nach Brian verzehrt hatte. Aber das war nur möglich gewesen, da er immer auch an Brians Maske geglaubt hatte. Und Brian hatte instinktiv immer gewusst, dass Mikey mit dem, das dahinter lag, nicht hätte umgehen können. Michael war zu geradeaus, um das für ihn Unfassbare in Brian händeln zu können. Und Michael hatte Brian zu sehr bewundert, um sein Partner sein zu können. Er hatte und hätte ihm immer wieder nachgegeben und wäre niemals durchgedrungen. Aber dieser kleine blonde Junge hatte Brians Barrikaden durchdrungen, wohl wissend, wenn auch nicht in Worten greifbar, was dahinter war. Dort hatte er hin gewollt. Und dort war er angekommen. Und er war schon lange kein Junge mehr. Und Brian war glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)