Einsamkeit ... von Ame_Cosplay (- Ich will gefunden werden -) ================================================================================ Kapitel 1: -1- -------------- Gilbert starrte an der riesigen Mauer hinauf, die in von seinem geliebten Bruder trennte. Ludwig... Ein kleines Seufzen kam ihm über die Lippen und er legte seine Stirn an den kalten Stein. Hier war es überall kalt. Überall Schnee und Eis. Russland eben. Früher hatte er den Winter geliebt, doch das hatte sich seid der Auflösung Preußens geändert. Heute hasste er den Schnee. Denn Ivan liebte den Schnee. Russland liebte den Schnee. Kleine, weiße Wolken bildeten sich aus seinem Atem und verschwanden doch gleich wieder. Langsam fielen Schneeflocken auf sein silbernes Haar, doch Gilbert bemerkte es nicht. Seine Stirn ruhte noch immer an dem kalten Stein, als könnte er somit eine Verbindung zu seinem Bruder aufnehmen und ihn fragen, wie es in Deutschland nun war. Wie es ihm ging. Was der Krieg alles zerstört hatte. Er wollte ihm helfen, seinem kleinen Bruder, seinem ein und alles. Schon seid Tagen sah er das Gesicht von Ludwig vor seinem inneren Auge. Wie er bei ihm aufgewachsen war, groß und stark, zu dem Land was er heute ist, geworden war. Und immer wieder kam dem Preußen der Verdacht, dass Ludwig ihn nicht mehr brauchte. Ansonsten würde er doch versuchen diese Mauer zu überwinden, oder? Wenn Ludwig Gilbert wirklich brauchen würde, würde der Deutsche sicherlich diese Mauer überwinden, die ihm die Alliierten vor die Nase gesetzt hatte. Stand Ludwig auch jeden Tag vor diesen Steinen und sehnte sich nach seinem großen Bruder? Oder war zu beschäftigt mit dem Aufbau seines Landes? Ob er den Italiener und den Japaner noch immer an seiner Seite hatte? Gilbert hatte beide nur kurz kennenlernen dürfen, kurz bevor Ivan ihn eingenommen hatte. Ivan... Einsamkeit Einsamkeit Einsamkeit Ich will gefunden werden... Bei dem Gedanken an den Russen bekam Gilbert eine Gänsehaut und ihm wurde unweigerlich schlecht. Krampfhaft drückte er sich eine Hand auf den Mund, damit er sich nicht übergab. So weit kam es ja noch. Stolz erhob der Preuße sein Haupt wieder und blickte leicht über die Schulter. Er konnte die schweren, russischen Schritte hören. Jeder Schritt hörte sich an, als würde jemanden das Genick gebrochen werden. Wie viele Genicke der Russe wohl schon gebrochen hatte? Gilbert hielt inne, versuchte nicht zu atmen, versuchte einfach zu verschwinden, aber er konnte nicht. Er fragte sich noch immer wieso er nicht einfach verschwand. Sein Land gab es nicht mehr, es gehörte nun Russland. Doch noch immer stand er hier mit beiden Beinen auf dem Boden und wünschte sich jeden Tag mehr, dass er endlich verschwand. Alle andere Länder, waren doch ebenfalls verschwunden. Germania, das heilige römische Reich... Alle waren sie verschwunden, nachdem es ihr Land nicht mehr gab. Und doch, Gilbert war noch da. Vielleicht verschwand er ja doch bald, dann würde er endlich der Hand des Russen entkommen. Plötzlich wurde es dunkel. Ivan stand genau hinter Gilbert, verdeckte die wenige Sonne. Doch Gilbert drehte sich nicht um, starrte weiter auf die Steine vor seinen Augen. Auch auf Rufen Ivan reagierte er nicht. Er war doch kein Schoßhund, der sofort auf den Herrchen hörte. Das unterschied ihn von den baltischen Staaten, die Ivan ebenfalls eingenommen hatte. Er hatte keine Angst vor dem großen Russen. Oder würde diese niemals offen zugeben. Lieber biss er sich die Zunge ab, als dass er zugab, dass er wirkliche Panik vor dem Russen hatte. „Gilbert, was machst du denn da?“, fragte Ivan nun bestimmt ein fünftes Mal, doch Gilbert starrte weiter nur vor sich hin. Langsam aber sicher reichte es ihm. Was hatte er dem Preußen denn getan? Er war sich keiner Schuld bewusst. Wirklich keiner. Das war der Russe aber auch nie. Ivan war wie ein großes Kind. Er konnte lieb und artig sein, doch wenn er etwas nicht bekam, was er wollte, wurde er grausam. Grausam, wie nur ein Kind es konnte, ohne zu denken. Auch wenn Gilbert es nie zugeben würde, er hatte Angst vor Ivan. Vor seiner Unberechenbarkeit. Davor, dass Ivan nicht immer so lieb und freundlich zu ihm war. Zuhause, hier in Russland, würde er ihm sicherlich noch sein zweites Gesicht zeigen. Die baltischen Staaten hatten ja nicht umsonst Angst. Wenn er an den kleinen Raivis dachte, der beinahe schon tot umkippte, wenn man von Ivan auch nur sprach. Das kam ja nicht von ungefähr. Schon wieder hörte er die Stimme des Russen, wieder fragte sie, was er denn hier mache. Wurde Ivan nicht irgendwann müde ihn das zu fragen? Anscheinend nicht. Doch Gilbert würde nicht antworten. Er hatte noch kein Wort mit Ivan gewechselt, seid er hier war. Nicht, als er ihn mitgenommen hatte, nicht, als er seine Wunden versorgt hatte. Noch gar kein Wort. Dafür sprach der Preuße viel und gerne mit Toris. Auch wenn er ihn früher immer geärgert hatte, war Gilbert doch froh, dass Litauen ihm verziehen hatte. Zwar hatte der Silberhaarige noch immer eine große Klappe, doch hier in Russland war sie kleiner geworden, viel kleiner. Von dem starken, selbstbewussten Preußen war nur noch ein kleiner, schmaler Schatten seiner selbst übrig. Ivan hatte ihn gebrochen, als er sein Land eingenommen hatte. Gilbert schreckte auf, als seine Sicht sich verdunkelte und er doch ein wenig unsanft nach hinten gezogen hatte. Sofort schnellten seine Hände nach oben, versuchte die russische Pranke von seinen Augen zu entfernen. Doch diesen aussichtslosen Kampf gab er bald auf. Er wusste genau, dass Ivan stärker war als er selbst. So lehnte er hastig atmend an dem warmen Körper des Russen, krallte sich beinahe panisch mit seinen eigenen Händen in die Pranke des Russen. „Ich habe gefragt, was du hier machst Gilbert, da?“, erkundigte sich Ivan nun wieder und beugte sich leicht zu dem Preußen vor. Vielleicht hatte er ihn ja gar nicht gehört? Innerlich nickte der Russe, das musste es sein. Also musste er nur lauter sprechen und näher bei seinem Ohr. Doch auch nun weigerte sich der Kleinere zu antworten. Beinahe ein wenig trotzig versuchte er seinen Kopf zur Seite zu drehen, doch das verhinderte die Hand, die noch immer über seinen Augen lag. Nachdenklich wurde er bei diesem Versuch gemustert. „Du vermisst deinen Bruder, da?“, meinte Ivan dann einfach und ließ seine Hand von den roten Seelenspiegeln des Anderen wandern, legte sie ihm auf die Schulter, hielt ihn so kontrolliert fest. Wütend biss sich Gilbert auf die Unterlippe und starrte nun auf den Boden. Seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt und zitterten. Natürlich vermisste er Ludwig! Wie gerne hätte er das Ivan an den Kopf gedonnert, doch er blieb weiter stumm. Doch keinesfalls eingeschüchtert, er wollte nicht so enden wie die baltischen Staaten. Niemals würde er s unterwerfen. Er schließlich das mächtige Preußen! Ob es das Land noch gab oder nicht. Er würde ewig in Erinnerung der anderen Länder bleiben. Als das mächtigste Land der Welt. „Du erkältest dich noch, Gilbert. Komm wieder mit rein. Toris macht dir sicherlich was warmes zu trinken, da?“ Wie er diese Stimme hasste. Wie er diesen Menschen hasste. Wie er diese ganze Situation hasste. Er wollte nicht rein, er wollte keinen Tee trinken. Er wollte zurück zu Ludwig, war das so schwer zu verstehen? Oder wollte es der Russe einfach nicht verstehen? Wütend schlug er die Pranke von seiner Schulter und drehte sich einmal um 180°, um Ivan in die Augen zu sehen. Dieser schaute ihn ein wenig verdutzt an, lächelte dann aber auch schon wieder, dieses typische, widerliche Ivan-lächeln. „NATÜRLICH VERMISSE ICH LUDWIG! WAS GLAUBST DU DENN?! ER IST MEIN KLEINER BRUDER UND ICH LASSE IHN NACH DIESEM KRIEG EINFACH ALLEIN...“; platzte es doch schließlich aus dem Preußen heraus, während er fest hinauf zu dem groß gewachsenen Mann schaute. „NICHT JEDER IST SO EIN GEFÜHLSKALTES MONSTER WIE DU, IVAN!“ Ein irritiertes Blinzeln. Das Ivan-lächeln verschwand von seinen Gesicht. Sein Blick wurde traurig. Unsicher trat Gilbert einen Schritt zurück. Hatte er übertrieben? Nein! Er hatte Ivan endlich die Wahrheit gedacht, was alle über ihn dachten. Jedes Land. „Ivan ist kein Monster, da“, hauchte der Russe dann leise und blickte den Kleineren vor sich an. Nun machte der großgewachsene Russe einen Schritt auf den Anderen zu, doch Gilbert machte ebenso einen Schritt nach hinten, bis er an dieser verhassten Mauer war und Ivan somit vollkommen ausgeliefert war. „Ivan ist kein Monster, da Gilbert?“ Die Unterlippe des Angesprochen begann unweigerlich ein wenig zu zittern, während er ihm die violetten Augen starrte. „Sag es, Gilbert. Ivan ist kein Monster, da“ „Wieso...sollte ich lügen?“, fragte Gilbert atemlos und blickte ihn weiterhin an. Der Russe schüttelte leicht seinen Kopf. „Gilbert würde nicht lügen, da.... Sag es. Sag, DASS IVAN KEIN MONSTER IST!“ Nun donnerte die Stimme des Größeren doch los. Und sie ließ den Angesprochenen zusammenzucken. Langsam aber sicher wurde er sich doch bewusst, was es hieß das große Russland zu reizen. Was es ausrichtete. Ivans Augen blitzten ihn an, kein Lächeln mehr. Es war, als hätte man einen völlig anderen Ivan vor sich. Nicht mehr dieses Kind, dass sich seiner Kraft einfach noch nicht bewusst war. Nein. Nun hatte man ein verdammt zorniges, wütendes Kind vor sich, dass unbedingt seinen Willen bekommen wollte, ansonsten würde es zuschlagen, solange bis er es bekommen würde. Und genau davor hatte der Preuße Angst. Diese mächtigen, russischen Pranken zu spüren zu bekommen. Doch noch schien Ivan sich beherrschen zu können. Sein Körper zitterte nur verdächtig und er fixierte Gilbert mit einem undeutsamen Blick. Immer noch drückte sich Gilbert an die kühlen Steine hinter sich. Und er wünschte sich noch immer nun einfach zu verschwinden, wo er dem Russen seine Meinung gesagt hatte. Vielleicht hatte er ja deswegen noch hier sein müssen? Um Ivan endlich zu sagen, was alle von ihm hielten? Doch dieses erlösende Gefühle breitete sich nicht in seinem Körper aus, nein stattdessen regierte noch immer die Angst seinen Körper. Die Angst vor Ivan, der sich noch immer nicht besonnen hatte und den Preußen anstarrte. Schwer schluckte Gilbert und fand plötzlich diesen ungeheuren Mut in sich. „Was ist denn Ivan? Verträgst du die Wahrheit nicht?“ Das war zu viel gewesen für den Russen. In weniger als einem Augenblick hatte er sich den Kleinen am Kragen geschnappt und hielt ihn einige Zentimeter über dem Boden in der kalten Luft fest. Sofort krallte sich die beinahe schon erfrorenen Hände des Preußen in die russischen Pranken, während er versuchte sich irgendwie loszubekommen, wieder richtig Luft zu bekommen. Denn Ivan schnitt ihm den lebenswichtigen Sauerstoff ab. „Nimm sofort zurück, was du eben gesagt hast!“ Die Stimme des Größeren schmerzte in den Ohren des Anderen. Er kniff seine roten Seelenspiegel schmerzhaft zusammen. „Ivan... du bringst mich um“, wisperte der Angesprochene nur leise, röchelte leicht. Die großen Pranken schlossen sich fest um den schmalen, weißen Hals. Seinen Schal hatte Gilbert schon längst verloren. Ivan schien es egal zu sein, dass der Kleinere litt, dass er im Begriff war ihn zu ersticken. Es schien als hätte er alles ausgeblendet, nur noch diese Worten kreisten um seinen Kopf. Gerade als Gilbert dachte, dass er endlich in eine gnädige, alles umfassende Dunkelheit hinab gleiten dürfte, wurde er losgelassen. Unsanft landete er auf der Schneedecke, während seine Lungen den Sauerstoff regelrecht in sich auf sogen. Japsend hielt er sich den Hals, an dem langsam aber sicher dunkle Male auftauchten. Beinahe hätte Ivan ihn umgebracht, aber nur beinahe. Vorsichtig legte der Preuße seinen Kopf in den Nacken, ließ ihn an den verhassten Steinen hinter sich ruhen, während er sich leicht den Brustkorb hielt. Seine Atmung beruhigte sich zusehends, sodass er bald wieder ruhig und gleichmäßig atmen konnte. Nun richtete Gilbert seine Seelenspiegel auf den Russen vor sich. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass Ivan sich hingekniet hatte und seine Hände vor sich Gesicht geschlagen hatte. Noch immer zitterte der Körper des Größeren. Doch jegliche Angriffslust war aus seinem Körper gewichen. Seine Schultern hingen schlapp hinunter, jegliche Körperspannung war verschwunden. Doch Gilbert traute ihm nicht. Vorsichtig zog er seine Beine an den Rest seines Körpers und stand auf. Seine rechte Hand stützte sich an den Mauern ab, während sein Blick noch immer auf dem Russen lag. Ivan war unberechenbar. Er konnte ihn jederzeit wieder packen und umbringen wollen. Auch wenn er im Moment eher an ein verzweifeltes Kind erinnerte. Rasch ging der Preuße an dem Anderen vorbei, leicht wankend. Er versuchte das Geräusch des Schnees unter seinen Sohlen auszublenden. Er hasste dieses Geräusch, genau wie er den Schnee und die ewige Kälte hasste. Und wie er Ivan hasste. Nun verstand er, wieso die baltischen Staaten so eingeschüchtert waren. „Hass mich bitte nicht, Gilbert..“ Erstaunt blieb der Preuße stehen, drehte sich beinahe wie im Zeitlupe um, starrte zu Häufen Elend, was der Russe gerade darstellte. Er musste sich verhört haben. Er sollte ihn nicht hassen? Nach diesem Auftritt? Nachdem er ihn beinahe umgebracht hatte, da sollte er ihn nicht hassen? In welcher Welt lebte der Russe? Noch immer stand Gilbert wie angewurzelt im Schnee und starrte aus großen Augen zu Ivan. „Bitte hass mich nicht, Gilbert..“ Wieder diese Worte und wieder konnte Gilbert nur zu ihm starren. Langsam berappelte sich Ivan wieder und stand sicher auf seinen Beinen. Sein Gesichtsausdruck hatte sich wieder um 180° gedreht. Seine Augen sahen traurig, entschuldigend zu dem Preußen, während er seine Hände tief in seinen Taschen vergrub. Und schon senkte er den Kopf, sodass sein Haar seine violetten Augen verdreckte. Noch immer konnte Gilbert nicht glauben, was er hier gerade gesehen hatte. Erst hatte er ihn beinahe umgebracht und nun wollte er auch noch, dass ihn nicht hasste? Unweigerlich musste er den Kopf schüttelten. „Nein..“, kam es ihm leise über die Lippen, welche leicht begonnen hatte zu zittern, nicht nur vor Kälte. Noch einmal schüttelte er den Kopf, ehe er seinen Blick wieder nach vorne wand und loslief. Er rannte. Er rannte wie ein Irrer. Er wollte weg von Ivan. Weg von alle dem hier. Ivan blickte Gilbert nur hinterher. Er bewegte sich nicht. Und zum ersten Mal hatte er begriffen, dass er etwas falsch gemacht hatte. Dass er jemanden verletzt hatte. Gilberts Lungen rebellierten. Er bekam nur noch schwer Luft, welche er doch so dringend zum Wegrennen brauchte. Jeder neue Schritt war eine Qual für ihn, jeder neue Schritt verlangte ihm so viel ab. Seine Kondition war längst aufgebraucht und doch rannt er noch weiter in die Schneewüste hinein. Er wollte nur noch weg von Ivan, von seinen Pranken, von seinem Lächeln und von seinen Augen. Nun war es so weit und der Preuße wurde unachtsam. Er stolperte immer wieder, strauchelte, rappelte sich wieder auf und rannte weiter. Doch immer öfter stolperte er. Und einmal konnte er sich nicht mehr fangen, er fiel in den Schnee und blieb liegen. Endgültig. Er hoffte hier zu sterben, zu verschwinden. Hier in dieser Schneewüste, weit weg von seinem Bruder, weit weg von allen anderen. Vollkommen allein gelassen. 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