Unspoken von Aislynn (KaixTyson) ================================================================================ Prolog: This is how the story goes ---------------------------------- Hohum. Ich habe mal Letztens auf der Festplatte meines Computers gekramt, und dabei auf einen Order mit meinen alten Beyblade Geschichten gestoßen, viele davon angefangen und nie beendet. Beim Durchlesen dieser, hat sich also meine alte Beyblade Muse wieder zu regen angefangen und sich dann gefragt, ob sie das alte Hobby nicht wieder aufnehmen wollte. Am Ende hatte ich vier nicht schlecht angefangene, Potenzial aufweisende Geschichten zu Auswahl, die auch irgendwie jeweils ein anderes Pairing beinhalteten. Ich hatte Kai und Tala, Kai und Ray, sogar ein Kai und Tala und Ray Dreier Pairing, und dieses hier, Kai und Tyson, war auch noch dabei. Wie sich unschwer erkennen lässt, gab es bei allen Auswahlmöglichkeiten immer eine unveränderte Konstante~ Na ja, ich bin sicherlich nicht die Einzige mit einer (un)gesunden Kai-Fixierung *lach* Nach langem hin und her also, hab ich mich endlich entschieden, und machte mich dran, eine alte Fiction von neu aufzurollen. Ich weiß nicht, warum ich gerade diese gewählt habe, vielleicht weil das Pairing, in Vergleich zu anderen, doch recht selten vorkommt. Vielleicht auch wegen dem Setting. Jedenfalls, ist diese Fiction zeitlich nicht genau ins Anime einzuordnen, man könnte es als eine Alternative zu den Anime-Geschehnissen sehen, so wie jede Fiction es ist, schätz ich mal. Alter und all das, kann den Steckbriefen entnommen werden. Und nun, ohne weitere Umschweifen, geht's los mit dem Prolog =3 Fiction ab! Unspoken Prolog This is how the story goes Ein schöner Ausflug mit seinen Freunden, etwas Besseres gab es für Tyson nicht, denn er war gerne mit seinem Team zusammen. Wie auch jetzt. Es war ein wunderschönes, ruhiges Häuschen auf einer kleinen Wiese nahe einem prächtigen Wald. Es war Sommer, alles blühte und sprühte vor Leben. Und es waren nur sie vier da. Ohne die Nervensäge von Hilary und auch ohne Chef, der sich partout geweigert hatte für drei Wochen weit weg von der Zivilisation zu ziehen. Er wusste ja gar nicht, was er verpasste, stellte Tyson fest. Es war einfach nur wunderschön hier. Nach der letzten Weltmeisterschaft, die nun knapp eine Woche zurück lag, kam eine kleine Auszeit wie gerufen. Es war die erste Meisterschaft, die die Bladebreakers ohne jegliche Komplikationen und Dramen als ein perfekt zusammenarbeitendes Team mit einer gewissen Leichtigkeit, da besagter Stress und Drama fehlten, gewonnen hatten. All die Male zuvor schien immer irgendetwas zu passieren, was sie alle an emotionelle und körperliche Grenzen treiben würde. Just die Meisterschaft davor, vor einem Jahr, hatten sie es mit Biovolt zu tun gehabt, das einfach keine Ruhe zu geben schien. Umso erleichterter waren Teilnehmer und Veranstalter, als besagte Organisation an diesjährigem Turnier nicht teilzunehmen pflegte. Entweder hatten sie aus ihrer letzten Niederlage wirklich was gelernt oder, was Tyson eher beunruhigte, sie sammelten einfach nur ihre Kräfte und schärften hinter den Kulissen ihre Messer. Der junge Drache packte gerade seine Sachen aus und verstaute sie in den Schrank. Während er dies tat, fingen seine Gedanken wieder zu einer Person zu schweifen, um beharrlich um sie zu kreisen – Kai. Der stolze, starke und unnahbare Russe übte schon seit einer langen Zeit unglaubliche Anziehung auf ihn aus. Ob es die Art war, wie er sich bewegte, wie er sprach oder einfach nur der undefinierbare, kühle Blick der tiefroten Augen – alles an Kai faszinierte ihn. Mit einem Seufzen verfrachtete er den letzten Stapel Klamotten in den Schrank und setzte sich auf das Bett. Der schweigsame Teamchef ging ihm nunmehr seit einem halben Jahr nicht mehr aus dem Kopf. Es war ein langsamer Prozess voller innerer Konflikte gewesen... Halt gemacht hat es vor Tyson dennoch nicht. Stück für Stück, Schritt für Schritt, hatte er sich zu seinem eigenen Leidwesen verliebt. War es falsch? War es moralisch anstößig, einen Jungen zu lieben? Nicht irgendeinen Jungen... Kai. Für ihn repräsentierte der Phönix alles, was man sich denken konnte. Stärke, Stolz, Reserviertheit, Widerstandskraft. Aber beim Bladen kamen auch andere Eigenschaften zum Vorschein - Leidenschaft, Wille, Verbissenheit, Hingabe. Für ihn verkörperte der Teamchef nicht selten auch Ruhe, Gelassenheit, Unerschütterlichkeit, Entschlossenheit. Schönheit, Grazie, Makellosigkeit waren ebenfalls Terme, die er unmittelbar mit Kai in Verbindung brachte. Er könnte die Liste endlos fortführen. Kai war... einfach unbeschreiblich faszinierend. Vorletzte Meisterschaft erst, war er zu den Demolition Boys zurückgekehrt und sie hatten sich wieder gegenüber in der Arena gestanden. Tyson war immer noch nicht ganz klar, warum Kai damals solch eine Entscheidung gefällt hatte... irgendwas von alten Rechnungen und Schulden, viel erklärt hatte Kai niemandem. Aber nachdem Biovolt geschlagen und ihre Pläne einmal mehr vereitelt wurden, fand er dem Himmel sei Dank zu den Bladebreakers zurück. Diese hatten ihn mit Freude und Erleichterung wieder aufgenommen, und das Jahr danach war wie im Fluge vergangen. Zusammen trainieren, sich zusammen auf die nächste Meisterschaft vorbereiten, viel Zeit zusammen zu verbringen, sich näher kennen zu lernen, eine reibungslose Teamdynamik zu entwickeln und eine solide Freundschaft aufzubauen. Das alles war atemberaubend schön und aufregend gewesen. Sogar die Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen waren irgendwie willkommen gewesen, und sie vier waren in der Zeit ganz schön zusammen gewachsen. Und nun, dieses Jahr, hatten sie Seite and Seite an der Weltmeisterschaft teilgenommen, und Seite and Seite gewonnen. Es war eine beispiellos schöne Erfahrung gewesen, gemeinsam gewonnen zu haben. Vor allem jedoch, waren in derselben Zeit Tysons Gefühle in Bezug auf seinen Teamkapitän gewachsen. Zuerst war es der Eifer, die Kampflust, denn sogar ihre Trainingskämpfe waren immer voller Feuer und Leidenschaft, der Verbissenheit dem anderen ein ebenbürtiger Gegner zu sein, gewesen. Dann, mit der Zeit, war es die Neugierde, das Streben danach, den Anderen auch außerhalb des Bladerdaseins kennen zu lernen. Und dann, dann war es Faszination. Dieselbe Faszination, die Tyson nun so schwer zu schaffen machte. Für ihn waren diese Gedanken genauso schön, wie sie qualvoll waren. Man könnte mit gutem Gewissen sagen, er himmelte den jungen Russen mittlerweile an. Folglich, mit dem Intensivieren der Gefühle, die nach dem gemeinsamen Sieg bei der Meisterschaft beinahe schon überquollen, fiel es ihm immer schwerer, damit klar zu kommen. Es wurde immer schlimmer, die letzten Tage ganz besonders. Jedes Mal, wenn Kai ihn ansprach oder ihn anblickte, würde sein Herz zu rasen anfangen und sein Kopf keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er hatte Angst, Kai würde etwas merken. Was würde er sagen? Würde er ihn auslachen? Verstoßen? Angewidert sein? Ihn zum Teufel jagen? Diese Gedanken quälten ihn nur umso mehr. Er schirmte sich ab, sogar Max hatte mal angemerkt, dass Tyson seinen Elan verloren habe. Er hatte in Wirklichkeit nur Angst. Angst davor, was die Anderen denken würden aber vor allem Angst davor, was Kai denken würde. Er konnte dem Phönix zwar seine Liebe nicht gestehen, aber solange er ihn in der Nähe hatte, würde er sich zufrieden geben. Hoffte er jedenfalls... "Tyson!" Er schreckte zusammen, als Max in sein Zimmer platzte, ein aufgeregtes Grinsen auf den Lippen. Der Blondschopf plumpste neben ihm auf das Bett und ließ sich zurückfallen. "Es ist einfach traumhaft hier, findest du nicht?" Fragte er, meeresblaue Augen leuchtend mit Freude und Aufregung. "Hmm..." Murmelte der Drache nicht sonderlich enthusiastisch. Mit den Gedanken kam auch der Schmerz. Endlich glaubte er, sie gefunden zu haben, diese eine wahre Liebe und sie war so unerreichbar, wie die Sterne in eisklarer Nacht. Max schaute seinen besten Freund verwirrt an. "Hey, Ty... Alles klar bei dir?" Erkundigte er sich und setzte sich wieder auf, den Kopf leicht geneigt, um ins Gesicht des Drachen zu blicken. "Was? Oh, ja, mir geht's gut. Bin nur ein wenig müde." Winkte der Angesprochene ab und seine Lippen verzogen sich in einem gezwungenen Lächeln. Max schüttelte den Kopf und klaute seinem Freund die geliebte Baseballmütze vom Haupt. "Hey, was soll das! Gib sie wieder her!" Schnappte dieser sofort ein und versuchte, die entwendete Kopfbedeckung wieder zu bekommen. Er stürzte sich auf seinen Freund und sie kippten auf das Bett. Die Hand des Blondschopfs entwischte immer wieder seinem Griff, zusammen mit der Mütze, während ein Lachanfall Maxs Körper erschütterte. Tyson seinerseits fand es weniger lustig und presste den anderen mit seinem Gewicht runter, sodass dieser hilflos nach Luft schnappen musste. "Du erdrückst mich..." Keuchte er und der Drache grinste. "Werd ich, wenn du sie nicht freiwillig wieder hergibst." Eine kleine Rangelei später musste Max wohl oder übel nachgeben und zufrieden grinsend richtete sich Tyson wieder auf, um die Mütze wieder auf ihren rechtmäßigen Platz, nämlich seinen Kopf, zu setzen. "Geschieht dir recht!" Meinte er siegreich, während Max sich immer noch schwer atmend zu erholen versuchte und über kleine Wehwehchen, die die freundschaftliche Rauferei ihm beschert hatte, klagte. Der Blick des Blauhaarigen glitt zu Tür und sein Herz stoppte, als er eine Figur im Türrahmen sah. Rubinrote Augen schauten mit einem Hauch von Belustigung auf sein feuerrotes Gesicht. Diese ungesunde Farbe stammte größtenteils von der besagten freundlichen Rangelei, aber mit dem Auftauchen des Teamchefs intensivierte sie sich gut um ein paar Nuancen. Der Phönix stand, lässig mit einer Schulter gegen den Türrahmen gelehnt und die Arme an der Brust verkreuzt, schon eine geraume Zeit da. Empörte Schreie haben seine Aufmerksamkeit erregt und als er nach oben geschritten und schließlich bei Tysons Zimmer angekommen war, ließ er sich den Spaß nicht nehmen, die Auseinandersetzung der Beiden zu verfolgen. "Hey, Kai!" Winkte Max, als er sich wieder aufrappelte und nun auf dem Bett saß, die Klamotten zurechtzupfend. Rubinrote Augen wandten sich zu ihm, und Kai gab ein anerkennendes Nicken zu Begrüßung. "Wir haben ein wenig rumgealbert." Der Blondschopf klopfte Tyson, der die Geste nicht mal wahrnahm, auf die Schulter. Sein Blick haftete auf dem sich in einer anmutsvollen Pose befindenden Körper des jungen Russen, als ihm wieder mal der Atem stockte. So etwas wie Kai gehörte verboten, schoss es ihm durch den Kopf. "Seh ich." Ertönte nun die ruhige Stimme des Teamleaders und sein Blick richtete sich auf Tyson, den Funken Faszination in den braunen Augen bemerkend. Hab ich was im Gesicht oder warum starrt er so? Dachte er verwundert. Der Jüngere benahm sich in der letzen Zeit komisch. Besonders in seiner Anwesenheit. Er fragte sich, warum. In den vergangenen zwölf Monaten, nach der vorletzten Meisterschaft, hatte er selbst sich schon ein wenig verändert. Er hatte seine neuen Teamkameraden zu akzeptieren gelernt, hatte gelernt, Freude mit ihnen zu teilen und gewöhnte sich langsam an ihre offene und lebensfrohe Art. Nicht zuletzt Tyson war immer die Stimmungskanone gewesen, aber sein Schwung nahm letztens immer mehr und mehr ab und auch Kai fragte sich, was wohl passiert sein mag. Etwas lag schwer auf den Schultern des Jüngeren, soviel konnten seine erfahrenen Augen sehen. "Bist du schon mit dem Auspacken fertig?" Max erhob sich vom Bett. "Klar." War Kais kurze Antwort. Der Blondschopf langte nach vorne und zog mit einem Ruck Tysons Mütze über sein Gesicht, auflachend, als dieser erst perplex mit den Armen wedelte, bevor die Kopfbedeckung wieder zu recht zu richten. "Sag mal, was soll das?!" Fuhr der Blauhaarige seinen Teamkollegen an, schmollend. Kai grinste leicht über den Gesichtsausdruck des jungen Japaners. Diese eine Schnute, die Tyson drauf hatte, war auf ihre ganz besondere Art und Weise einfach nur niedlich. "Ty sagt er ist müde." Zuckte Max die Schultern, und des eben Erwähnen braune Augen glitten zu Kai, der ihn nunmehr mit einem prüfenden Blick musterte. Unter diesem Blick wurde Tyson schlagartig heiß und unwohl. Es kam ihm vor, als könne Kai unmittelbar durch ihn hindurch sehen, direkt in sein Herz. "Ray werkelt wieder in der Küche rum. Vielleicht kann ja das Mittagessen was gegen seine Müdigkeit tun." Kai grinste leicht und Tyson senkte den Kopf, als ihm die Röte erneut ins Gesicht sprang. Verdammt... nun konnte er den Älteren nicht einmal mehr ansehen, ohne dass sein Körper so dumm reagierte? Dabei hat Kai gar nichts wirklich Außerordentliches gesagt. Das war doch zum Haare raufen. "Bestimmt!" Nickte Max währenddessen und griff den Oberarm des jungen Drachen, um ihn enthusiastisch hoch zu zerren. "Komm schon, Ty. Du willst dich jetzt doch nicht aufs Ohr hauen!" "Mit dir an der Backe wär' das sowieso unmöglich." Gab der Blauhaarige resigniert von sich und Max strahlte ihn an. Er war ja auch nicht wirklich müde... Sein Blick kreuzte sich mit dem von Kai und die gelassene, unbeirrte Art und Weise, wie diese roten Iriden ihn musterten, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Ihm kam es so vor, als wisse Kai schon alles von ihm, was es nur zu wissen gab und das machte es verdammt schwer, gegen diese verräterischen Reaktionen anzukämpfen. Kai wandte den Blick ab und drehte sich um, den Flur entlang zu Treppe schreitend, seine beiden Teamkameraden hinter ihm. Er wurde aus dem Jüngeren nicht schlau. Dieser schien in seiner Nähe zurückhaltend, beinahe eingeschüchtert, zu sein. Aber warum? Er konnte sich nicht daran erinnern, abgesehen von den üblichen sarkastischen und bissigen Bemerkungen, die in der letzen Zeit sowieso abgenommen und in ihrer Schärfe abschwächt waren, den Drachen irgendwie angegriffen zu haben. Aber anscheinend hatte dieser ein Problem mit ihm. Ich sollte mit ihm reden. Vorzugsweise allein. Etwas stimmt mit ihm nicht. Zugegebener Weise machte er sich Sorgen. Er war der Teamchef und er fühlte sich für seine Kameraden verantwortlich. Ihr einwandfreier Erfolg bei der Meisterschaft hat nicht nur an den exzellenten Fähigkeiten des Einzelnen gelegen, sondern auch in der guten Zusammenarbeit und dem gegenseitigen Verständnis. Sie waren Freunde. Das hatte er über die Zeit akzeptiert und schätzen gelernt. Zudem hatte der ausgeprägte jedoch bisweilen gut versteckte Beschützerinstinkt des Phönixes in irgendeiner Art langsam auch seine Kameraden erfasst: er sah es nur ungern, wenn jemand sie, abgesehen vom Beybladen, angriff oder ihnen zu schaden beabsichtigte. Er war immerhin der Älteste und auch der Teamleader, und es war seine Verantwortung, die anderen vor Bedrängnissen zu bewahren. Er tat es immer unmerklich und subtil, aber sie wussten es zu schätzen. Nicht zuletzt war es auch sein Training, seine Erfahrung und seine Ratschläge, die sie immer sicher durch die Kämpfe geleiteten. Er blickte kurz über die Schulter zu Tyson und fing den Blick der rehbraunen Augen ab, die sich leicht weiteten und dann ruckartig von ihm abgewendet wurden. Etwas stimmte garantiert nicht mehr. Nun, Zeit hatten sie jetzt ja genug. Er würde schon noch dahinter kommen, was den Jüngeren dermaßen zu schaffen machte. Kapitel 1: Let's talk about... ------------------------------ Oi, oi~! *wink* Freut mich ungemein, dass die Story warm willkommen geheißen wurde, danke an die Kommentarschreiber! Immer wieder eine schöne Motivation und Anregung, weiter zu schreiben =3 Wie Minerva-san schon mal angemerkt hat, war der Beginn und vielleicht auch das Einleitungsszenario etwas alltäglich und gewöhnlich, aber ich schätze bei den gefüllten Milliarden der Beyblade Fictions out there ist ein origineller Anfang immer schwieriger zu finden *lach* Ich hab einige Absätze auch so übernommen, wie ich sie vor 4 Jahren geschrieben habe, ich kann nur hoffen, dass die weiteren Geschehnisse, wenn wir denn soweit sind, dafür aufkommen =3 Sobald ich Lust drauf verspüre, werd ich versuchen, den Anfang des Prologs an der ein oder anderen Stelle etwas aufzupäppeln, damit diese nicht so plump und platt daherkommen. Charisma-san meinte, unser allseits geliebter Kai kommt einem wie ein Gott vor (ist er das etwa nicht~ *lol*), und ich denke sie hat Recht, die Beschreibungen sind so gewollt (denn ich war/bin ein Kai-fangirl *hust*) da die Story jetzt noch aus Tys Sicht ist, und der arme Junge ist halt Hals über Kopf verliebt. Ah-ha-ha, ich erinnere mich noch gut an meine erste Liebe... was gab es keinen Menschen perfekter als diese Person... *mit der Zunge schnalz* *Tyson pat* (Und ja, er darf geknuddelt werden ^.~) Ich frage mich, zu welchem Teil man diese Fiction als Selbstreflektion bezeichnen kann (*lol* Ich darf auch geknuddelt werden! XD) Hilary und Kenny kriegen wir übrigens auch noch zu sehen, später, denn mögen tu ich die beiden eigentlich ebenfalls. Minerva und Ciel-san sollen aber Recht behalten, TyKa ist ein Pairing, dass man etwas zu selten sieht und deswegen konzentrieren wir uns zu Unterhaltung aller soweit erst mal darauf *lach* Da dies ebenfalls angesprochen wurde, wird es ENS-Benachrichtigungen geben, und wenn jemand eine/keine haben will, der muss sich nicht scheuen, Bescheid zu sagen. Ich bedanke mich nochmals für den Lob und die Kritik bei den oben Erwähnten sowohl auch bei SkyAngel-san, ich werde mein Bestes tun, um Wortwahl, Textaufbau und Schreibstil beizubehalten und den Charakteren/dem Plot eine gute Entwicklung zu geben. Ich hoffe, es wird mir gelingen >. http://i249.photobucket.com/albums/gg229/BlackButterfly208/LazyDays.jpg, könnte es euch helfen, eine in dem Kapitel beschriebene Szene besser zu visualisieren ^_^ Ein ich schätze mal eher veraltetes, aber (meiner Meinung nach) sehr schönes Wort, das ich in dem Kapitel benutzt habe – "bestrickend". Synonyme dafür sind zum Beispiel: attraktiv, bezaubernd, verlockend, anreizend, anmutig. Die englische Übersetzung dafür fand ich im Übrigen auch sehr schön – bewitching Ich bedanke mich zum Schluss noch für die Unterstützung, und sage nun: Fiction ab! Kapitel 5 Killing me softly... Da sie es sich recht früh vor dem Fernseher bequem gemacht hatten, fing der hinter den Fenstern anbrechende Abend mit einem humorgeladenen Actionfilm an, bevor, kurz nach 23 Uhr, dann endlich der erwartete Horrorstreifen anlief. Bis dahin hatte sich ihre Sitzordnung irgendwie zig Mal geändert und schließlich endete der kleine Glastisch damit, dass er bei Seite geschoben wurde, Tyson und Max okkupierten die Couch und Kai hatte sich auf den Boden vor dieser sowohl gemütlich breit gemacht, als auch die Beine lang gestreckt. Ray schien weiterhin den Sessel zu bevorzugen, auch wenn er sich von der besagten Couch eins der Kissen geklaut hatte, um sich auf besagtem Sessel mit besagtem Kissen in einer ziemlich biegsamen Weise zusammen zu rollen. Der Horrorfilm war, wie Kai feststellte, ein guter, alter, teils blutiger, aber vor allem interessanter und mit netten Schreckmomenten gespickter Streifen. Es war eins der Meisterwerke, das man selbst beim wiederholtem Anschauen immer noch exzellent und spannend fand, er genoss ihn und obschon sie seine Meinung teilten, waren der Rest seines Teams zu zweiter Werbepause merklich aufgewühlt und schreckhaft geworden. "Man. Die eine Szene mit dem Mädel war ziemlich heftig." Teilte Max den Anderen seinen erschütterten Eindruck mit, während es ihn erschauderte. Da war der quirlige Junge auf dem Bildschirm, der gerade von irgendwelchen Süßigkeiten brabbelte, echt eine willkommene Ablenkung, wo Werbung den Blondschopf eigentlich immer aufregte. "Die ist echt abgedreht." Tysons Körper durchzuckte es, als er dran zurück dachte. "Wenn dir plötzlich imaginäre Viecher aus allen Körperöffnungen krabbelten, würdest du bestimmt auch abdrehen." Meinte er, woraufhin Ray und Max das Gesicht verzogen. "Bei dem Psychopastor bin ich aber selber vor Schreck fast vom Sofa gepurzelt." Gestand der Drache dann und Kai schmunzelte für niemanden merkbar in sich hinein. Den Psychopastor mochte er persönlich ganz besonders, bei dem lief es sogar ihm kalt den Rücken runter. "Du kannst ja versuchen, dich nächstes Mal an Kai zu klammern, bevor du noch flüchten musst." Lachte Max und Dragoons Meister stockte fast der Atem. Es war zwar nur ein Scherz, die Vorstellung an sich war aber definitiv verlockend gewesen. "Na so gruselig, dass ich mich an irgendjemanden klammern muss, ist der Film dann doch nicht." Antwortete er stattdessen cool, woraufhin Max gluckste. "Ja, ja. Du würdest dich doch einfach gar nicht trauen." "Tsk. Klar würd ich das. Ich weiß aber, dass du's nicht würdest." "Sicher würd ich. Du aber nicht." "Würd ich im Gegensatz zu dir sehr wohl." "Uh-huh. Natü~rlich." "Wollen wir wetten?" Meinte Tyson mit einem selbstgefälligen Grinsen und Kai hob verdutzt die Augenbraue. Sag mal... war er hier gerade langsam aber sicher im Begriff zu einem Wettobjekt gemacht zu werden...? Max schnaubte: "Die Wette verlierst du." Schließlich war es Kai, von dem hier die Rede war. Tyson jedoch zog nur eine herausfordernde Miene. "Ach ja?" Einen Augenblick später durfte der Blondschopf mit leicht geöffnetem Mund und geweiteten Augen beobachten, wie sein bester Freund sich aufsetzte, von der Couch auf den Boden und von da aus zu ihrem Teamkapitän rutschte, mit beiden Armen einen von Kais umschlang und sich rotzfrech gegen die Seite des Älteren presste. Es musste ja keiner wissen, wieso er auf einmal so mutig war... Siegreich und stolz schaute er dann zu Draciels Besitzer, Kai indessen hatte sich vollkommen lässig nicht bewegt und schielte nur zu dem Blauhaarigen. Kindskopf. "Nun?" Tyson indes blickte seinen besten Freund zugleich neckisch und aufstachelnd an. "Eh...?" Kam es verwirrt von Max. "Du verlierst." Und er klang unglaublich selbstzufrieden bei der Aussage. Max legte die Stirn in Falten, sein Blick schweifte abwechselnd von Tysons hochmütigem Grinsen zu dem unbeeindruckt dasitzenden Russen. Wie Kai das Ganze sah, konnte er beim besten Willen nicht einschätzen, aber hey... wenn Tyson es durfte...? Letztendlich, mit einem lautlosen aber tiefen Aufatmen, rutschte der Sonnenschein unter den Bladebreakers mit todesmutiger Entschlossenheit ebenfalls vom Sofa zu Boden. Einen Moment später lehnte er sich bereits an dem Teamleader an, das Kinn auf dessen Schulter abgelegt und Tyson die Zunge ausstreckend, woraufhin der Drache ihm eine Grimasse schnitt. "Und? Habt ihr Beide es bequem?" Blickte Kai skeptisch auf die Zwei runter. Was war dies für eine dumme Wette? Und warum noch mal machte er auch noch mit? Na ja... eigentlich machte er ja überhaupt nichts. Er... saß nur da. "Irgendwie ist das hier gruseliger als der Film." Murmelte Max, unwohl war ihm schon, wohingegen Tyson nicht das geringste Problem mit der Situation zu haben schien, er sah mehr als entspannt aus. Wieso auch nicht, im Stillen genoss er seine momentane Position ungemein. Für Max allerdings, war es einfach nur total seltsam. Er hatte bisher nicht mal eine freundschaftliche Umarmung mit ihrem Teamchef ausgetauscht, und nun klebte er an dessen Seite. Verdammt sei Tyson und die eigene dumme Klappe, die diese dumme Wette initiiert hatte. "Man. Ich wünschte, ich hätte eine Kamera." Ray beobachtete das dargebotene Bild amüsiert ebenso wie ungläubig. Von Max und Tyson war er solche Kindereien ja schon gewohnt, aber das Kai es mehr oder minder ungezwungen und unbeteiligt ertrug, das war in der Tat ein Mysterium für sich. "Pft. Bist doch nur zu verängstigt und verklemmt, um mitzumachen." Gab es daraufhin den Kommentar von Tyson und während Kai die Augenbraue anhob, schüttelte Ray nur aufgebracht mit dem Kopf. "Oh nein. Mich bringt ihr nicht dazu, bei eurer dummen Wette mitzuziehen. Außerdem ist da kein Platz." Tyson zog flink eins der Kissen vom Sofa, löste sich von Kais Seite und krabbelte nach vorn. Das Vorhaben mit Leichtigkeit durchschauend, winkelte der Phoenix die Beine in einem Schneidersitz an. Irgendwie amüsierte ihn das Ganze hier ungemein. Der Drache ließ das Kissen also in Kais Schoß fallen und machte es sich auf dem Boden bequem, doch bevor den Kopf lässig ins Kissen zu betten, blickte er erst auffordernd und belustigt zu Ray. Dieser schüttelte einmal mehr vehement den Kopf. "Ich hab nein gesagt. Und ich bin mir sicher, Kai findet's auch nicht mehr lustig." Der Schwarzhaarige sah schon beinahe verzweifelt zu ihrem Teamleader in der Hoffnung, nicht mit in den Schlamassel rein gezogen zu werden. Der Phönix jedoch zuckte nur neutral die Schultern und unterdrückte ein Grinsen, als er den Anderen ansah. "Ich hab noch'ne Schulter frei." Eine nonchalante Feststellung, und eine ebenso nonchalante Bewegung mit eben jener freien Schulter. Es schien, er hatte sich mit der absoluten Bizarrerie dieser Situation abgefunden, und irgendwo, im Stillen und für sich, fand er's ziemlich... lustig. Er hatte ja schon viel in seinem Leben erlebt, aber als lebendiges Dare-Me Monster Schrägstrich Kuscheltier wurde er noch nie benutzt. Tyson lachte auf. "Hah. Nun hast du keine Ausreden mehr, außer natürlich, dass du ein verklemmter Angsthase bist~" Hielt er dem Tiger noch mal vor. Rays Augenbrauen zogen sich zusammen. Oh, dieser... "Was ist? Kai beißt dich schon nicht. Oder?" Den Kopf in den Nacken legend, grinste Tyson hoch zu dem Ältesten der Gruppe, ein freches Schimmern in den rehbraunen Augen. Doch es lag mehr in dem Blick, als nur das. Nervosität war da, aber auch Courage. Wagemut vielleicht, wenn nicht Waghalsigkeit. Hm. Angriff war manchmal die beste Verteidigung, huh? Kai schmunzelte. "Ich werde versuchen, mich zu beherrschen." Ging er mit. Auf der Mattscheibe flimmerte der letzte Werbespot gerade zu Ende und die letzten Sequenzen des Films, die sich vor der Pause ereignet hatten, wurden noch mal eingespielt, während Ray vom Sessel stieg. "Ich kann nicht glauben, dass ich mich darauf einlasse..." Nuschelte er sich unter die Nase, aber er war auch nur ein männliches Wesen mit einem genauso starköpfigen männlichem Stolz und dem männlichen Unwillen, eine Herausforderung, egal wie banal und/oder gefährlich sie zu sein vermochte, abzulehnen. So kam es also, dass der Phoenix sich plötzlich von allen Seiten belagert fand, genau passend zur Mitte des Filmes, wo sich die ganze Grausamkeit und Horror des Szenarios so richtig zu entfalten begann. Ihm machte es verhältnismäßig wenig aus, doch gelegentlich spürte er ein Aufzucken links und rechts, Tyson fuhr ebenfalls dann und wann merklich zusammen. Na, da war Kai ja irgendwo gespannt, was bei seiner Lieblingsszene passieren würde. Geschickt und professionell mit einer steil steigenden Anspannungskurve und einem genauso steil steigenden Spannungsbogen eingeleitet, sodass man trotz des unguten, mulmigen Gefühls einfach nur nicht wegblicken konnte, entfaltete sich jene Szene dann plötzlich und mit geballtem Schock-Value, der durch Mark und Bein ging. Mit einem scharfen Lufteinziehen schlug Tyson sich beide Hände vor die Augen und Max gab ein unterdrücktes Aufjaulen von sich, bevor, mangels anderer Möglichkeiten, das Gesicht an Kais Schulter zu verstecken. Ray hielt sich wacker und starrte tapfer auf den Bildschirm, auch wenn sein Körper die Horrorszene mit einem heftigen Erschaudern quittierte und er sich unbewusst für sich, aber ziemlich spürbar für Kai, in den Arm des Teamkapitäns verkrallte. In Reaktion zu all dem konnte dieser sich ein leises Auflachen nicht mehr verkneifen. "Ganz ruhig, Mädels, der böse Onkel kann nicht aus dem Plastikkasten raus." Feixte er letztendlich und kassierte sich sofort einen kräftigen Klaps auf die Brust seitens Max. "Wen nennst du hier Mädel?" Brummte es verstimmt gegen seine Schulter, ergänzt durch ein angesäuertes Fauchen von Ray: "Hältst du wohl die Klappe?" Tyson lachte nur beseelt auf und klatschte seinen Handrücken gegen die Seite von Kais gebeugtem Knie. "Alles klar, du Macho." Ungeachtet des kleinen Schreckmoments von eben, war er im Augenblick einfach nur total... glücklich. Egal, welcher kindische und stupide Anlass zu dieser Situation geführt hatte, sie war sicherlich außerordentlich einzigartig. Ob nun deswegen oder nicht, erhoben hatte sich dennoch keiner. Kai schüttelte nur resigniert den Kopf und konzentrierte sich wieder auf den Film, ein belustigtes Grinsen auf den Lippen. An diesen Abend würde sich vermutlich jeder von ihnen noch lange erinnern. Alles Tysons Schuld. Dieser würde die Meinung allerdings nur halbwegs teilen, wüsste er von ihr, denn eigentlich kam die Provokation fürs Ganze ja von seinem blonden Freund. Bis zum Ende des Films hatten Max und Ray es trotzdem nicht ausgehalten und flüchteten der Eine zurück auf die Couch und der Andere wieder in den Sessel, sobald die nächste und letzte Werbepause anlief und sie vom vermeidlichen Klobesuch und Wassertrinken wiederkamen. Störte Tyson herzlich wenig, er blieb da wo er war und da Kais Arme wieder frei waren, legte er diese kurzerhand im eigenen Schoß ab, denn die von der lang gehalten Position steifen Muskeln verlangten eine andere Körperhaltung. Seine Hände fanden Platz auf Tysons Brust, so war's bequemer, und ihrer beider Augenpaare wandten sich wieder den Geschehnissen auf dem Bildschirm zu. Das traurige, melancholische und ergreifende Ende entlockte das ein oder andere mitfühlende Aufseufzen von Einigen des Teams, zu denen Kai nicht mitzählte. Zwar mochte er den emotionellen Schluss auch sehr gern, nach Außen hin verriet das jedoch wenn, dann nur der konzentrierte, nachdenkliche Ausdruck in seinen Augen, der in dem vom bläulichen Fernsehlicht erleuchteten Raum wohl kaum zu erkennen war, zumal die ungeteilte Aufmerksamkeit aller sowieso der Mattscheibe galt. Wenig später lief auch schon der Nachspann in weißen Buchstaben der Namen der Mitwirkenden auf pechschwarzem Hintergrund. Tyson nahm dies zum Anlass, sich wieder aufzusetzen und ausgiebig zu strecken. Max glitt von der Couch, um sich Richtung Lichtschalter zu bewegen und als helles, gelbliches Licht den Raum flutete, kniffen alle kurz die Augen zusammen. Kai erhob sich, reichte dem Drachen die Hand und zog ihn mit einem geschmeidigen Ruck hoch, denn der junge Japaner hatte nicht so ausgesehen, als hätte er sich für eine Weile länger freiwillig vom Fleck bewegt. Ein leises Auflachen lenkte ihrer Beider Aufmerksamkeit dann auf sich. "Der ist doch tatsächlich eingepennt." Über den Sessel gebeugt da stehend, blickte Max runter in Rays schlafendes Antlitz das zum Teil ins Kissen versteckt war. "Das man in der Position überhaupt schlafen kann." Kommentierte Tyson durch ein Glucksen, bequem sah es für ihn persönlich nicht gerade aus, so katzenartig zusammengerollt zu liegen. "Vielleicht war er nach dem großen Schock einfach nur erschöpft gewesen." Er warf Max einen ungläubigen Blick zu. "Na so schlimm war der Film auch nicht gewesen." War er schon. Aber wenn er und Max es überstanden hatten... "Wer redet denn vom Film? Ich dachte eher an das von dir veranstaltete Gruppenkuscheln. Ich hab ja gesagt, es war um so einiges gruseliger." Mit einem schiefen Blick zu Kai grinste der Blondschopf und wich gewandt der Hand des Teamchefs aus, die Ziel auf seinen Hinterkopf genommen hatte, denn schließlich hatte man ihn gerade schrecklicher als ein Horrorfilm geschimpft. Zur Strafe blieb es an Max, Ray zu wecken, während die beiden anderen Blader hoch zu den Schlafzimmern schritten. Da sein Zimmer als erstes auf dem Weg lag, griff Tyson Kais Handgelenk, nachdem er vor der Tür zum Stehen kam. Der Ältere stoppte ebenfalls und blickte ihn fragend an. "Schläfst du heute Nacht wieder bei mir?" Rubinrote Augen schauten ihn amüsiert an, als der Phoenix schmunzelte. "Was, hast du jetzt Angst allein im Dunkeln zu bleiben?" Verübeln würde er es Tyson nicht mal. Der Film konnte, wie jeder ordentlicher Horrorstreifen, unmittelbar nachdem man ihn gesehen hatte, leicht für den ein oder anderen Alptraum oder für Angstzustände sorgen. Auch wenn er sich sicher war, dass der Grund für die Frage zu neunzig Prozent ein anderer war. Tyson schnitt eine Grimasse. "Ja, total." Die Belustigung spiegelte sich immer noch in den sanftroten Iriden, Kais Stimme jedoch erklang ruhig und bekräftigend. "Bin gleich da." Mit einem freudigen und dankbaren Lächeln löste der Blauhaarige seinen Griff und ließ den Anderen den Weg zu seinem Zimmer fortsetzen, während er selbst in seins schlüpfte. Innerhalb der Zeit, in der er sich bettfertig machte, hörte er Ray und Max auf dem Flur, als die Beiden sich ebenfalls zu ihren Zimmern bewegten, der Eine kichernd und der Andere schlaftrunken. Badbesuche und Umziehen erledigt, seufzte Tyson kaum hörbar in sich hinein als er tiefer ins Bett rutschte und den Kopf aufs Kissen senkte. Er sollte Kai wirklich auf diese eine Sache ansprechen... Wie und wann sie den anderen Beiden von sich erzählen wollten. Er fragte sich, ob es nicht zu früh war und ob Kai es nicht als zu aufdringlich aufnehmen würde. Immerhin waren sie gar nicht lange zusammen. Würde es überstürzt erscheinen, jetzt schon jemand Anderen davon in Kenntnis setzen zu wollen? Den umgekehrten Weg gehend, war es nicht unfair, damit der eigenen Beklommenheit wegen hinter dem Berg zu halten? Der junge Drache seufzte beinahe noch mal, doch die Tür, die aufging, ließ die Luft nur in einem längeren Ausatmen verpuffen. Die einzige Lichtquelle war die Nachttischlampe und der sanftgelbe Schein reflektierte milde auf der schimmernden Oberfläche rehbrauner Augen, als sie Kai beobachteten wie dieser die Tür schloss und auch abschloss, um bald darauf aufs Bett zuzuschreiten. Nur ein paar Boxershorts und ein dunkles T-Shirt bedeckten den stattlichen Körper, der wenige Augenblicke später elegant aufs Bett neben Tyson sank. Dieser hatte die Decke fürsorglich hochgehoben, damit Kai drunter schlüpfen konnte, und warf sie nun über den Teamleader, der, nun seitlich liegend, sich bequem auf einem Unterarm abstütze. Tyson selbst legte sich bald darauf wieder in die Kissen zurück und nur ein minimales nach vorne Lehnen des Anderen führte dazu, dass der Phönix plötzlich leicht über ihn gebeugt war. Und plötzlich fand er sich zu Kai hochblickend, und plötzlich waren diese prächtigen, roten Augen so viel näher. Und plötzlich stockte ihm der Atem, und sein Herz schlug schneller, umso mehr als die tiefroten Seen ihn in einer seltsam... musternden Weise anblickten, als suchten sie nach etwas in seinem eigenen Blick. Tyson wusste nicht wohin mit sich selbst, oder was der Andere von ihm erwartete, wenn Kai überhaupt irgendwas erwartete, und es war so schwer, so schwer, sich von diesem ansehnlichen Antlitz nicht verzaubern zu lassen. Tyson zuckte zusammen, ein Schauer jagte rapide seinen Rücken runter, ihm war heiß und kalt zugleich, und das alles nur weil Kais freie Hand sich so... sanft auf seine Wange gelegt hatte. Die Berührung war hauchzart, beinahe schon zärtlich, und jene fesselnden Augen ließen ihn nicht mehr los. Er starrte und versank in ihnen, seine Brust zusammengedrückt von etwas unerklärlich Mächtigem, und alle Muskeln in seinem Bauch zogen sich zusammen in purer Aufregung, als der Daumen des jungen Phönix sachte über seine Unterlippe fuhr, diese kaum berührte und dennoch spürte er die Wärme, wie sie langsam drüber geisterte, auf der Oberfläche selber Lippe nur zu deutlich. Würde er...? Wollte er selbst es? Kai beugte sich ein kleines Stückchen mehr zu ihm runter und Tysons Augen fielen wie von selbst halb zu, sein Körper angespannt wie ein Bogen und sein Herz raste, raste... Bis ein zittriger Atemzug abrupt seine Nase verließ, denn seine Lippen waren verschlossen von einem anderen Paar. Die Welt drehte sich einmal so rasch um ihn, ihm wurde beinahe schwindelig und eine Hitzewelle schwappte über jeden seiner Muskeln. Kais Lippen waren unglaublich weich, und genauso unglaublich war das Gefühl von ihnen auf den eigenen. Tyson verlor sich momentan in der vollkommen unbekannten Empfindung, einer Geste, die er bisher nur aus Filmen und Fantasien kannte, doch Kais rubinrote Augen waren sowohl ordentlich geöffnet als auch überaus aufmerksam, sorgfältig beobachtend, was sich auf dem charmanten Gesichtszügen des Jüngeren abzeichnete. Die vor Verwirrung und Überwältigung leicht verschleierten, rehbraunen Augen, der zartrosa Farbton auf den feinen Wangen weniger ein Zeichen der Verlegenheit und mehr ein Zeichen dafür, wie eifrig das Blut gerade durch Tysons Venen pumpte. Sein erster Kuss, da hatte Kai kaum Zweifel. Irgendwie ein wenig herzbewegend, dass er diesen stehlen durfte. Sachte und langsam bewegte er seine Lippen gegen das samtige Paar des jungen Drachen, bekam letztendlich auch eine Erwiderung - spürbar unerfahren und unbeholfen, was ihn in sich hineinschmunzeln ließ. Er nippte noch mal kurz an Tysons anziehend süßen Lippen und löste sich bedächtig von ihnen, um dem Anderen dann eingehend zu fixieren. Der jüngere Blader hatte die Augen nunmehr vollkommen geschlossen, seine Brust hob und senkte sich etwas schneller denn sein Atem war noch ohne die Erfahrung, sich der bis dato unbekannten Handlung anzupassen. Kais Daumen strich über den schön geformten Wangenknochen und die schwarzen Wimpern flatterten auseinander, gaben die Sicht frei für und auf ein paar rehbraune Iriden, die nun niedlich benommen in die seinen starrten. Ein ruhevolles, gelassenes aber auch zusprechendes Lächeln zierte Kais Gesichtszüge und er sprach das aus, was er vorhin schon gedacht hatte: "Dein erster Kuss?" Es war eine seltsame Zufriedenheit, das zaghafte Nicken zu vernehmen und irgendwie verspürte Kai auch eine nicht minder seltsame... Zuneigung, die sich in ihm breit machte, vermischt mit einem deutlichen Ziehen seines gut ausgeprägten Beschützerinstinkts. Tyson war vollkommen hilflos auf diesem einen Gebiet, und wenn ihn jemand, behutsam und vorsichtig, in diesem voran führen würde, dann war es Kai selbst. Er hatte bestimmt nicht vor ihn mit irgendjemandem zu teilen... Dass er besitzergreifend war, wusste Kai. Wusste Tyson es auch? Auf jeden Fall würde er es eventuell bemerken und begreifen, und die Frage, wie er darauf reagieren und damit umgehen würde, blieb bis auf Weiteres offen. "War es, wie du's dir vorgestellt hast?" Kai hatte sich noch nie gescheut Fragen zu stellen, die viele nie über die Lippen brachten. In einer Beziehung, so war seine Meinung, sollte man so wenig Ungewissheiten lassen, wie es möglich war. Tyson schüttelte den Kopf. "Nein." Er sprach leise, aber so ehrlich wie immer. "Besser." Hauchte er noch ein Wort aus und hob endlich die eigene Hand, um ihre Finger kurz darauf in den schwarzen Stoff von Kais Shirt greifen zu lassen und den Anderen subtil wieder runter zu ziehen, näher zu sich. Es war viel besser gewesen. Viel, viel besser, als er es sich je hätte ausmalen können. Deswegen auch... "Küss mich noch mal..." Ob es nun eine leise Bitte oder doch eher eine Aufforderung war, blieb schleierhaft, kümmerte Kai aber auch recht wenig. Seine Hand glitt die Wange des Anderen hinab, umschlang mit Daumen und Zeigefinger sanft das wohl gerundete Kinn und hob dieses etwas an, den eigenen Kopf herabsenkend. Es war beinahe erschreckend, wie perfekt ihre Lippen zusammenschmolzen, gleich zwei passenden Puzzleteilen. Tyson war nun auch etwas selbstbewusster in dem eigenen Tun, obschon er es nicht schaffte, die Augen offen zu halten, die geschickten Bewegungen des Älteren benebelten ihn beinahe auf Anhieb. Alles in ihm flatterte und zitterte, umso mehr, als Kais Zunge langsam über seine Unterlippe strich. Gleichlaufend mit dieser Handlung, drückte der junge Russe mit dem Daumen leicht gegen Tysons Kinn, das er immer noch sorgvoll umschlossen hielt. Die natürliche Reaktion auf all das ließ nicht lange auf sich warten und Tysons Mund öffnete sich einen kleinen Spalt. Ein kleiner Spalt war mehr, als Kai brauchte, um seine Zunge geschmeidig hinein gleiten zu lassen. Er spürte das Aufzucken des Anderen, hörte auch das merklich deutlichere Lufteinziehen, und er genoss es ganz gewiss. Gewiss genug, um ein wenig mehr hören zu wollen. Seine Zunge erkundete das neue Herrschaftsgebiet mit Bedacht und Vorsicht, fand Sekunden später auch einen neuen Spielpartner und umgarnte ihn mit ein paar gekonnten Liebkosungen, als er den warmen, weichen Muskel sachte mit dem eigenen umspielte. Tyson stockte der Atem und des Phönix spürte das jähe Verkrallen der Finger in sein Shirt, während sein Gehör sich an einem verhaltenen, sanften Aufstöhnen erfreute. All dies bescherte auch ihm einen angenehmen Schauer und ließ seine Augen genüsslich halb zuflattern. Das gehörte definitiv ausgebaut und vertieft, jedoch nicht heute. Kai konnte sich denken, dass es bis hierhin mehr als genug neuartige Empfindungen für seinen Freund waren. Mit dem leisen Geräusch sich trennender Lippen ließ er von dem Jüngeren ab, milde lächelnd ob Tysons etwas zerzausten Anblick. Der Drache versuchte gerade, wieder einen klaren Gedanken zu fassen und sein wild pochendes Herz in den Griff zu kriegen. Ein ungewöhnliches, aber sehr angenehmes Kribbeln hatte sich in seinem gesamten Körper ausgebreitet und sein Verstand sowohl auch seine Nerven jagten immer noch den durchlebten Empfindungen hinterher. Es war schön gewesen. Sehr schön sogar... Und wenn es etwas erreichte, dann, dass er Kai nur noch hoffnungsloser verfiel. Der junge Phönix streckte den Arm über Tyson hinweg, um auf den Schalter der Nachttischlampe zu drücken und diese auszuknipsen, was das Zimmer in eine wohlige Dunkelheit einhüllte. Der Blauhaarige spürte dann, wie sein Teamleader sich wieder zurück lehnte und bevor Kai sich hinlegte, fühlte Tyson diese einen weichen Lippen sachte gegen die eigene Stirn gedrückt. Das brachte sein Herz dazu, beinahe bis zu seinem Hals zu springen und in dem Augenblick wollte er Kai einfach nur umarmen und nie wieder loslassen. Nie mehr. Die Hingabe und Zuneigung, die plötzlich sein ganzes Sein erfüllten, waren beinahe schon beängstigend aber gleichzeitig auch bestrickend. Sobald Kai sich also in die Kissen hatte sinken lassen, kuschelte sich ein liebevolles Wesen nah und zutraulich an seine Brust. Da er auf der Seite lag, hatte er einen Arm unter den eigenen Kopf gebettet, der andere aber war vollkommen frei in seinem Tun und legte sich sogleich fest und schützend um den sportlich schlanken Körper neben ihm. Er drückte Tyson etwas näher an sich und vernahm ein wohliges Aufseufzen, was ihn, die Augen bereits geschlossen, zu einem sanften Lächeln verleitete. Tyson war unglaublich anschmiegsam, das war ziemlich offensichtlich. Wahrscheinlich der Effekt von siebzehn Jahren Alleinsein, ohne Eltern oder Geschwister, die einen mal feste drückten, wenn's einem mies ging, oder einfach nur so. Sein Opa schien nicht vom dem zärtlichen Typ zu sein und echte Beziehungen, soweit Kai es verstanden hatte, hatte der Jüngere nie gehabt. Er lehnte leicht seine Wange gegen den nachtblauen Haarschopf, seine Hand wanderte dabei gedankenlos Tysons Rücken auf und ab, beruhigend und behütend zugleich. Diese zerbrechliche, verletzbare Seite des energievollen Jungen neben ihm, dieselbe, die Tyson ihm so vertrauensvoll und ehrlich offenbart hatte, wollte und würde er beschützen. Sie weckte etwas in Kai, das er so von sich noch nicht kannte und auch nicht wirklich benennen konnte. Er wollte einfach nur für den Anderen da sein. An seiner Seite, auf ihn aufpassen und Acht geben, und dafür sorgen, dass er glücklich war und unversehrt blieb. So vor sich hin denkend glitt er, von Tysons angenehmer Wärme, gleichmäßigem Atem und besänftigender Präsenz begleitet, langsam in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Kapitel 6: Twenty one questions ------------------------------- *lol* Ich weiß, ich weiß. Obwohl ich's mit allen möglichen Mitteln und Erklärungen, wie es schein auch relativ erfolgreich, in ein rechtes Licht rücken wollte, ist das Bladebreakers Gruppenkuscheln ein purer, selbstsüchtiger Fangirl-Moment gewesen :x Was kann ich sagen, die Vorstellung ist in der Tat göttlich, und weder ich noch meine Musen ließen sich den Spaß nehmen. Dazu war's einfach zu verlockend gewesen XD Ich wunder mich, ganz meinen Kommischreibern gleich, wann wir mit dem lieben Tala rechnen können, denn auftauchen wird er mit Sicherheit, und das wahrscheinlich eher früher als später. Ich war die letzten Wochen nämlich sehr fleißig am Handlungsschemaschmieden/spinnen. Allerdings sind es alles einzelne Szenen und Ideen, die es gilt, irgendwie sinnvoll und vernünftig in den Fluss der Geschichte einzubauen, und Szenarios zu kreieren, die glaubhaft zu eben jenen einzelnen Szenen und Ideen führen. Det is schon schwieriger, aber ich geb mir Mühe ^_^ Deswegen auch großes Danke für die Unterstützung, denn Motivation braucht es schon, beim Ausdenken und Niederschreiben nicht nachzulassen. Noch geht's ja relativ zügig, ich hoffe, das bleibt auch für eine Weile so. Idealerweise bis zum Ende der Story. Ich komme ja sowieso gerade erst aus einer kreativen Schaffenspause, und dies ist meine erste deutschsprachige Fanfiction seit... ja. Vier Jahren. Bis dahin immer nur Englisch geschrieben und eigentlich auch nur auf J-Rock fixiert gewesen. Und jetzt sind mir doch tatsächlich wieder die alten Beyblade-Musen erwacht, schon komisch. Ich schätze, ich wollte einfach mal was Anderes schreiben. Na dann wollen wir doch mal sehen, wo uns diese Story letztendlich hinführt. Der erste Kuss hat ja auch 'nur' 5 Kapiteln gebraucht, aber es freut mich, dass das Warten sich gelohnt hat und die ausführliche Darstellung/Beschreibung von sowohl Handlungen als auch Gefühlen willkommen ist. Mein Ziel ist es oft, den Moment besonders hervorzuheben (wie den Kuss, zum Beispiel) und wenn ich dieses Ziel habe, wird's immer ziemlich detailreich <.<; Manchmal auch, einigen meiner englischsprachigen Lesern nach, zu detailreich, wessen ich mir auch vollkommen bewusst bin und was einfach nur Teil meines Schreibstils ist und sich wahrscheinlich auch nicht ändern wird X3 Mal sehen, ob das Phänomen auch beim deutsprachigen Schreiben noch auftreten wird =3 Jedenfalls hab ich bisher noch Spaß beim Kreieren dieser Story, und ich hoffe, ihr werdet auch weiterhin Spaß beim Lesen selbiger haben! Somit dann auch: Fiction ab! Kapitel 6 Twenty One Questions Einen anderen Menschen beim Schlafen zu beobachten, konnte die mit am meisten beruhigende Aktivität sein. Kai war bereits seit einiger Zeit wach, bewegt hatte er sich aber kaum. Zum einen weil Tyson, immer noch dicht an ihn gekuschelt, immer noch tief und fest schlief, zum anderen, weil es noch recht früh war. Ein weiterer Grund war jedoch auch, dass er einfach nur einen seltsamen Frieden verspürte, wenn er den entspannten Ausdruck auf den feinen Gesichtszügen betrachtete. Es war wie ein Gemälde, das, obwohl schlicht und natürlich, einen doch irgendwo... faszinierte. Dass er selbst jemandem Frieden und Ruhe, Sicherheit, geben konnte, um ihn so gut schlafen zu lassen, war für Kai ein überwiegend fremdartiger Gedanken. Es war ein Gefühl, das er selbst kannte - er hatte es gespürt, manchmal, wenn er und Tala ganz privat miteinander waren. Die Momente waren selten gewesen, doch er wusste gut, wie viel sie ausbalancieren konnten. Natürlich hatte Tala nie so friedlich schlummernd, geschweige denn an ihn gekuschelt, neben ihm gelegen. Der Rothaarige war weder der Typ dafür, noch mochte er es gern, übermäßig gefühls- oder körperbetont in einer Beziehung zu sein. Umso mehr wertvoller schienen die Momente, in denen sie einander nahe hatten sein können, ob nun körperlich oder emotional. Man musste jedoch in Betracht ziehen, dass solcher Art Beziehungen in der Abtei generell verboten waren und sie sich verdeckt hatten halten müssen. Wie es war, jemandem zu vertrauen und sich bei ihm sicher zu fühlen, kannte der Phönix dennoch. Ob Tala sich je bei ihm sicher gefühlt hatte, konnte Kai nicht sagen, aber dass Tyson es tat, war dem Jüngeren relativ einfach anzusehen. Sogar im Schlaf... Er schaute zu, wie sich das Netz aus dünnen Wimpern entflocht, als der junge Drache langsam die Augen öffnete, wie sich seine Nase leicht kräuselte und die Augenbrauen etwas Richtung Nasenbrücke rutschten in einem Versuch, die Schlaftrunkenheit zu verjagen. All dies verleitete Kai zu einem kleinen Lächeln und genau dieses Lächeln begrüßte Tyson in dem Moment, in dem er seinen Blick hob. Er wurde augenblicklich wacher mit dem Sprung seines Herzens, welches daraufhin fröhlich und dynamisch ein Gefühl der Glückseligkeit und absoluter Zufriedenheit mit dem Fluss des Bluts durch ihn pumpte. "Morgen..." Nuschelte er ein wenig ergriffen, seine Lider flatterten halb zu, wenn Kai die Hand hob und die feingliedrigen Finger sanft ein paar nachtblaue Haarsträhnen aus seinem Gesicht strichen. Der Ältere lehnte sich etwas vor und seine Lippen berührten Tysons Stirn. "Morgen." Ein ruhiges Flüstern gegen die weiche Haut. Himmel, genauso. Genauso, wollte Tyson jeden Morgen aufwachen. In diesen Armen, mit dieser Wärme, und diesen Gesten. Er war glücklich. Einfach und aufrichtig glücklich. Er presste sich näher an den Älteren, schloss die Augen und hielt inne, um dieses Gefühl noch etwas festzuhalten und zu genießen. Kai schmunzelte nur, gegen ein paar Minuten wortlosen Schmusens hatte er nichts, insbesondere wenn Tyson diese brauchte. Die Rückseite seiner Finger strich kurz über die Wange des Anderen, bevor der dazugehörige Arm wieder seine schützende Position um das zutrauliche Wesen schlang. Gedankenverloren lauschte er dem regelmäßigen Atem und schaute die gegenüber liegende Wand an. Es war ungewöhnlich, aber auch schön, abwechslungsweise mal nicht groß nachdenken zu müssen. Normalerweise kreiste immer irgendwelches Geistesgut in Kais Kopf: Erinnerungen, Pläne, Analysen von Taten und Worten, ob seinen oder die eines Anderen, ob die heutigen oder vergangenen Tage, Sorgen, tiefgründige Monologe zu dem einen oder dem anderen Thema, und vieles mehr. Es war schwer, diese Überlegungen abzuschalten und zwar zu dem Grade der Einfachheit und Belanglosigkeit, dass sie einen nicht mehr störten. So mit Tyson zusammen liegend jedoch, war es irgendwie... einfacher. Wie viel Zeit vergangen war, wusste wohl keiner von Beiden, bis plötzlich ein kurzes Klopfen an der Tür Tyson aufschreckte, während Kai nur den Blick zur besagten Tür gleiten ließ. Da er gestern abgeschlossen hatte, ging die Klinke umsonst runter, das Stück Holz gab dem leichten Drücken von Außen nicht nach. Er spürte sehr wohl, wie der Körper des Drachen in seinen Armen versteifte. "Tyson? Bist du schon wach?" Rays Stimme, sein überraschter Gesichtsausdruck war den zweien im Raum dabei nicht sichtbar. Der Schwarzhaarige wunderte sich - Tyson hatte noch nie abgeschlossen... Die Angewohnheit kannte er eher von Kai, aber dessen Zimmer war leer, auch wenn Ray annahm, dass der Teamleader wahrscheinlich bereits irgendwo draußen war. Der junge Russe war ein Frühaufsteher, nicht selten am Trainieren, während alle Anderen noch am Schlafen waren. Da Ray selbst nicht selten früh aufzustehen pflegte, hatte er Kai das ein oder andere Mal bei der morgendlichen Praxis Gesellschaft geleistet. "Uhm... Ja. Ich- Was ist denn, Ray?" Fing Tyson sich wieder, den Oberkörper auf dem Ellbogen anhebend. Er starrte unruhig die Tür an, als ob er erwartete, dass sie jede Sekunde auffliegen würde. "Ich wollte nur sagen, dass das Frühstück bald fertig ist." "Okay. Bin gleich da." Dann hörte er die Schritte den Flur und kurz darauf die Treppen runter, als Ray sich entfernte. Mit einem abrupten Ausatmen ließ sich der Blauhaarige wieder in die Kissen fallen. Rehbraune Augen richteten sich auf Kai, der über Tysons Aufgewühltheit eher amüsiert zu sein schien. "Du bist verdammt vorausschauend." Sagte Dragoons Meister leise, mit einem Hauch Erleichterung. Doch genauso war Kai, bedacht und mit erstaunlichem Weitblick gesegnet. Mit ihm war man praktisch fast immer auf der sicheren Seite. Eben Erwähnter schmunzelte. "Vorsichtig, würde ich eher sagen. Hast du so viel Angst davor, dass sie es erfahren?" Der Siebzehnjährige biss sich auf die Unterlippe. Es war nicht wirklich... "Nicht wirklich Angst. Ich bin nur..." Wie konnte man dieses Gefühl am Besten beschreiben? Es war nicht wirklich Furcht, mehr eine Sorge... eine... Befürchtung, aber auch nicht ganz. "Unsicher?" Er blinzelte zu Kai hoch, denn ihre Positionen haben sich gewechselt, Tyson lag nun rücklings im Bett und der junge Phönix hatte sich auf den Unterarm erhoben. Es war dem Drachen ein Rätsel, wie der Andere Gefühle so präzise und genau bestimmen konnte. Er hätte Kai nie zugetraut, sich so gut mit Emotionen auszukennen, zeigte er selbst doch so wenig davon. Im Gegensatz dazu, obwohl Tyson seine Emotionen nie versteckte und frei nach außen hin präsentierte, hatte er oft genug Probleme, diese näher zu beschreiben oder den Grund für sie zu benennen. Er lebte sie, er analysierte sie nicht und er nahm sie nicht auseinander. Kai hingegen schien den genau gegensätzlichen Weg zu wählen. Er wusste gut, was er fühlte und warum, genauso wie er gut darin war, die Gefühle Anderer zu erfassen. Die eigenen Gefühle zu zeigen oder darüber zu sprechen jedoch, war etwas, dass er, wenn nicht nicht konnte, dann nicht gerne tat. Der jüngere Blader nickte zaghaft, er fühlte sich irgendwo schuldig. Dafür, dass er in irgendeiner Weise ihre Beziehung für etwas hielt, das dieses Gefühl der Unsicherheit rechtfertigte. "Stört es dich...?" Fragte er nach einer Weile noch leiser als zuvor. Kai musterte ihn, aber etwas in jenem gefassten Blick abzulesen, war für Tyson unmöglich. "Was meinst du?" Eine gelassene Gegenfrage, als wüsste Kai die Antwort schon. Vielleicht konnte man es eher eine Vermutung nennen, und ob sich diese bestätigte, würde er wohl gleich raus finden. "Dass ich es ihnen noch nicht sagen will? Ich meine, es ist nicht so, dass es mir unangenehm ist oder so... Es ist nur..." Tyson seufzte. Das er innerlich mit sich rang, zeichnete sich klar auf seinem Gesicht ab und verleitete den Teamchef dazu, die Hand auszustrecken und, den Arm als Konsequenz quer über die Brust des Anderen gelegt, Tysons Schulter zu greifen und diese sachte zu drücken. Kai machte es wirklich wenig aus, aber der Jüngere hatte offensichtlich ziemlich große Schwierigkeiten damit. Was er verstand, und dies sagte er ihm auch. "Etwas wollen und etwas können sind zwei verschiedene Sachen, Tyson. Ich kann mir vorstellen, dass du es ihnen sagen willst, aber nicht kannst, weil du dir unsicher bist, wie sie reagieren werden. Und das kann ich verstehen." Obwohl sie sich schon lange kannten und ein Team waren, war Tysons Band zu Ray, und insbesondere zu Max, doch um einiges stärker. Zudem, im Gegensatz zu Kai, war es das erste Mal für den Jüngeren, den grundlegenden Problemen einer gleichgeschlechtlichen Beziehung - in einer immer noch eher strikten moralischen Vorstellungen folgender Gesellschaft - zu begegnen, in Bezug auf Andere sowohl auch in Bezug auf sich selbst. Deswegen... "Deswegen, nein, es stört mich nicht, und es lässt mich auch nicht schlechter von dir denken." Die Worte verleiteten den Drachen nicht nur dazu, sich besser fühlen, ferner machten sie ihn ziemlich nachdenklich. Er war Kai dankbar für die Geradheit, aber er fragte sich auch... "Was ist mit dir? Bist du dir nicht... unsicher? Würdest du es ihnen einfach so sagen können?" Mit den eigenen rehbraunen Iriden fixierte er diese roten Seen – sie waren so ruhig wie je. Ein Lächeln umspielte die Lippen des jungen Russen, zusprechend und selbstbewusst. "Ich hätte kein Problem damit." Eine einfache Replik, die Tyson sowohl neugierig als auch anerkennend die Augen verengen ließ. "Und warum nicht?" Die Hand des Älteren glitt von seiner Schulter die sanfte Kurve seines Halses hoch zu seiner Wange und strich über die Anhöhe des schmalen Wangenknochens. "Weil ich glaube, Tyson, dass egal, wie ihre Reaktion ausfällt, wir damit schon fertig werden." Für einen langen Moment, konnte Tyson den Phönix nur stumm und bewegt angucken. Kai hatte nicht ich gesagt... nein, er hatte wir gesagt. Wir werden schon damit fertig... du und ich. Wie kam es, dass Kai mehr an ihn glaubte, als er selbst es tat? Wie kam es, dass er selbst so wenig Vertrauen hatte, nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu seinen Teamkameraden? Er kannte Ray und Max doch schon seit Ewigkeiten. Sie hatten immer hinter ihm gestanden. Außerdem hatte er jetzt Kai an seiner Seite. Es konnte doch überhaupt nichts Schlimmes passieren. Nicht wahr...? Die eigene Hand hebend, griffen seine Finger Kais Hand, die immer noch auf seinem Gesicht ruhte. Er drückte sie sanft und mit einem milden Lächeln nickte er dem Teamleader zu. Er bekam ein leichtes Lächeln zurück, und drehte sich auf die Seite, um wieder näher zu Kai zu rutschen, weil dieser Drang zurückkehrte. Dieser Drang, ihn zu umklammern und nie mehr loszulassen. So endete er also einmal mehr in einer lockeren und angenehmen Umarmung, erlaubte der friedvollen Stille, sich einer warmen Decke gleich um sie zu legen und konzentrierte sich für einen wundersamen Moment nur auf des Phönix' Präsenz. "Kai?" Schwebte seine Stimme nach einer Weile in einer gesenkten Tonlage in den Raum. "Hm?" "Erinnerst du dich noch... an deine Eltern?" Der junge Russe blickte ein wenig runter, auf den nachtblauen Haarschopf unter seinem Kinn, doch Tysons Antlitz konnte er nicht sehen, da dieses sich gegen seine Brust versteckt hielt. "Vage. An meine Mutter kann ich mich fast kaum erinnern, von meinen Vater hingegen habe ich noch ein paar klare Bilder im Kopf. Seit ich sieben war, war Voltaire meine einzige Familie." Und die Abtei war sein Zuhause gewesen. Und Tala... sein bester Freund. Später dann, sein eingeweihter Liebhaber... und letztendlich... sein größter Feind. Es lag beinahe bitter auf der Zunge, obwohl es nur Gedanken waren. Er schob sie beiseite, zusammen mit den Erinnerungen. Tala war Vergangenheit. Genauso wie die Abtei, sein Großvater und... seine Eltern. Davon wollte und würde Kai sich nicht länger beeinflussen lassen, weder in Wort noch in Tat. Was seine Eltern betraf, wusste Kai um ihr Schicksal nichts. Nachdem er in der Abtei gelandet war, hatten sich weder seine Mutter, noch sein Vater je wieder bei ihm gemeldet. Voltaire hatte ihm mal erzählt, sein Vater wäre, als gebürtiger Japaner, wieder in das Heimland zurückgekehrt, nachdem er seine Firma, Hiwatari Enterprise, seinem Sohn und Voltaire überlassen hatte. Seine Mutter, russischer Herkunft, war entweder irgendwo in Russland, oder in den Weiten dieser Welt. Es gab Zeiten, da hatte er beide Elternteile gesucht, und richtig aufgegeben hatte er die Idee immer noch nicht. Aber mit Biovolt, den Bladebreakers, mit Tala und jetzt mit Tyson, mittlerweile im Vordergrund, rückte das Vorhaben der Elternsuche mehr und mehr in den Hintergrund. "Glaubst du... glaubst du, sie haben dich geliebt?" Eine weitere geflüsterte Frage, die Kai zu einem Stirnrunzeln verleitete, doch ob die Frage selbst oder die Suche nach der Antwort darauf der Grund dafür war, wusste nicht mal er selbst. Er lehnte sich ein wenig zurück, damit er eine bessere Sicht auf den Anderen hatte. "Ich weiß es nicht. Aber ich schätze... irgendwo hoffe ich es." Entgegnete er ehrlich. Irgendwo im Unterbewusstsein, hatten doch fast alle Kinder den Drang, von ihren Eltern anerkannt und geschätzt zu werden. Tyson war für einen Moment still, bevor kaum merkbar, etwas zittrig auszuatmen. Wären sie nicht so nahe beieinander, hätte Kai es wohl überhört, aber jetzt rief die Handlung ein unangenehmes Ziehen in seiner Brust hervor. Der Jüngere schien bedrückt, doch zum Fragen kam der Phönix nicht, als Tyson wieder die Stimme hob, sachte, ruhig und ungemein... seelenwund. "Weißt du... Als der ganze Ruhm kam... und ich plötzlich die ganze Welt bereisen durfte, um auf Meisterschaften teilzunehmen... Jedes Mal, wenn ich im Stadium stand, mit den ganzen Leuten und Fernsehkameras um mich herum... Hab ich mir vorgestellt... Dass meine Eltern mich vielleicht sehen würden." Er war doch schließlich berühmt geworden... Sie müssten doch von ihm gehört haben... "Ich dachte, vielleicht haben sie mich ja gesehen, im Fernsehen. Oder von mir in der Zeitung gelesen. Manchmal dachte ich mir - vielleicht sind sie sogar schon hier... im Stadium. Vielleicht sehen sie mir zu. Und danach... habe ich immer gewartet. Darauf, dass nach dem Match, oder in der Pause, oder nach den Siegesehrungen oder vielleicht ganz kurz vor meiner Abreise..." Tyson beendete den Satz nicht, aber Kai konnte ihn gut in Gedanken ergänzen. Deswegen also... deswegen immer dieser ungewöhnliche, sehnsüchtige, verlorene und dann zunehmend traurige Blick. Er hatte diesen Blick bemerkt, oft, wenn sie nach der nächsten Meisterschaft, dem nächsten Wettkampf, dem nächsten Freundschaftsturnier, wieder in den Bus steigen würden. Wie Tyson dann mit jenen Augen so sehnsuchtsvoll, zum letzten Mal, über seine Schulter blicken würde. Als ob wartete er auf etwas... "Aber niemand kam..." Tysons Finger zupften verloren an Kais Shirt, ein ferner Blick in den rehbraunen Augen, als sähen sie etwas, was niemand außer ihnen zu sehen vermochte. "Ich hab mich oft gefragt, ob sie mich liebten." Die Finger stoppten abrupt in ihrem Tun, und drückten den dunklen Stoff des Shirts in einer milden, hilflosen Faust zusammen. Lediglich in seiner Stimme schwangen die Unverständlichkeit und die matten Noten lang verwelkter Wut mit. "Aber... wenn man sein Kind liebt... lässt man es doch nicht einfach so alleine. Oder?" Tyson hob den Kopf und plötzlich starrten diese schönen, braunen Augen unbeholfen in ihre sanftroten Gegenstücke. "Oder...?" Nicht mehr als ein Wispern. Er hatte diese Frage noch niemandem gestellt. Er hatte das, was gerade seinen Mund, sein Herz, verlassen hatte, noch nie jemandem anvertraut. Nicht mal seinem Großvater. Diese ewige Frage nach dem warum. Warum? Denn genauso wie Kai, wusste Tyson nicht, wo seine Eltern gerade sein konnten, was sich machten, oder ob sie überhaupt noch am Leben waren. An seine Mutter hatte er keinerlei Erinnerungen, ebenso wie an seinen Vater. Sein Opa schwieg meistens zu dem Thema, und richtig nachzuhaken hatte sich Tyson bisher noch nicht getraut, denn irgendwo spürte er, das die Wahrheit vielleicht sehr weh tun würde. Der alte Mann hatte ihm jedoch gesagt, er habe noch einen Bruder, aber von dem hatte der junge Drache seit dem einem Mal, wo Hiro vor ein paar Jahren mal kurz bei den Meisterschaften auftauchte, ebenfalls nichts mehr gehört. Es war eine alte und tiefe Wunde, um die niemand wusste, außer vielleicht seinem Großvater und jetzt, Kai. Tyson fragte sich, ob es dem Älteren genauso weh tat, denn so verschieden waren ihrer beider Situationen nicht. Zwar hatte Kai ziemlich ruhig darüber geredet, aber das hieß bei ihm noch lange nichts. Kai schaute den Anderen einen Moment lang einfach nur an, und schüttelte dann kaum merklich den Kopf. "Ich weiß es nicht, Tyson." Das tat er wirklich nicht. Er konnte sich nicht erklären, was einen Vater, eine Mutter, dazu bewegen konnte, sein oder ihr Kind zu verlassen und sich danach nie mehr zu melden. Dazu war jeder einzelne Fall, in dem Familien auseinander fielen, zu einzigartig. Man konnte weder eine Formel dafür aufstellen, noch sie verallgemeinern. Doch... "Ich weiß nur, dass ein Mensch immer einen Grund hat für das, was er tut. Und dass niemand um diesen Grund besser weiß, als jener Mensch selbst. Wenn wir diesen Grund ebenfalls wissen, und noch wichtiger, verstehen wollen... Müssen wir im entscheidenden Moment nicht zögern, und uns nicht davor fürchten, ihn zu fragen." In dem einen Augenblick, in dem man diesem einen Menschen gegenüber standest... durfte man sich von den Gefühlen nicht die Lippen versiegeln lassen. Denn... "Denn du weißt nie, ob es nicht deine letzte Gelegenheit ist, die Wahrheit zu erfahren. Denn wenn du sie einmal verpasst, und die Chance dann nie mehr wieder kriegst... bereust du es für den Rest deines Lebens." Bereuen, war sogar noch oftmals gelinde ausgedrückt. Diese Fragen, die man nicht den Mut hatte zu stellen, würden einen bis ans Lebensende quälen. War wäre, wenn... Was wäre, wenn... Immer und immer wieder. Was wäre, wenn ich nicht geschwiegen hätte...? Wenn ich gehandelt hätte. Gesprochen hätte. Was wäre, wenn... Die kraftlose Faust an Kais Brust entrollte sich wieder, die Handfläche gegen die materialverhüllte Haut gelegt, strich Tyson etwas höher, bis zu der Stelle, an der unter dem Schild aus Fleisch und Knochen, der eine Leben schenkende Muskel pochte. Er fühlte die rhythmischen, feinen Impulse, fühlte das gedämpfte Pulsieren gegen die eigene Hand. Kais Hand bewegte sich ebenfalls und legte sich sachte über die des Jüngeren, um sie lindernd zu drücken. Die tiefroten Augen leicht verengt, zuckte sein Mundwinkel ein wenig nach oben in einem ermutigenden Lächeln. "Und auch wenn niemand kommt, nach dem Match, oder in der Pause, oder nach den Siegesehrungen, oder bevor wir abreisen." Kai sprach nun etwas leiser, doch genau diese Tonlage, unterstrich die Bedeutung und Ernsthaftigkeit seiner Worte umso mehr. "Du hast dann immer noch mich." Hatte Tyson immer gehabt. Zuerst als Feind, dann als Konkurrenten, dann als Freund. Sie beide blieben irgendwie immer zusammen, auch wenn alle Anderen bereits gegangen waren, denn ihr Kampf hatte nie ein wirkliches Ende. Egal, wer zu gewinnen oder zu verlieren vermochte... auch nach dem Ende, war es für sie immer weiter gegangen. Langsam, über Zeit, hatte Tyson Kai verändert, zum Positiven hin. Er hatte immer an den Phönix geglaubt, sogar wenn Kais eigener Glaube an sich selbst, an die eigenen Fähigkeiten, gewankt hatte. Immer wieder hatte der energievolle Drache es geschafft, das Feuer in dem Herzen seines kaum ein Jahr älteren Rivalen aufs Neue zu entfachen. Sie hatten einander immer wieder angetrieben besser zu werden, stärker zu werden, und auf irgendeine Art waren sie auf diese Weise immer füreinander da. Sich gegenseitig herausfordernd. Sich gegenseitig antreibend. Sich gegenseitig helfend. Tyson hatte Kai gezeigt, wie es ging, Andere zu akzeptieren und Andere wenn nicht ganz, dann zumindest etwas an sich heran zu lassen. Dass Alleinsein nicht immer die bessere Lösung war. Dank Tyson hatte er jetzt ein Team, das immer hinter ihm stand. Ein Team, für das auch er selbst sich jederzeit einsetzen würde, welches er jederzeit in Schutz nehmen würde. Er hatte Tyson viel zu verdanken. Tysons Herz indes, schlug schneller in seiner Brust und erst jetzt konnte er seine Sprache wieder finden, nur um eine Frage mehr zu stellen. Die Letzte... Die Wichtigste. Sein Blick verließ Kais anmutiges Antlitz für keine Sekunde. "Versprochen...?" Den Kopf etwas schräg legend und ein Stück nach vorne gelehnt, brachte der junge Russe ihre Lippen so nah zusammen, dass Tyson den Anklang der geflüsterten Silben über seine Haut streifen spürte. Jeden einzelnen Lufthauch. "Versprochen." Der zärtliche Kuss, der folgte, raubte ihm in all der simplen und doch machtvollen Sinnlichkeit sowohl Atem als auch Verstand. Sechs Monate Warten, Zweifeln und Quälen als Preis, waren Nichts für die Herrlichkeit dieses Gefühls. Erst in diesem Moment begriff Tyson, was Liebe wirklich war. Das Gefühl, das du ohne die Existenz dieses einen Menschen... nicht mehr überleben können würdest. Nicht mehr überleben wollen würdest. Und es war ihm plötzlich egal. Egal, was Ray sagen würde, was Max sagen würde. Was sein Großvater sagen würde, was irgendjemand sagen würde. Er hatte keine Angst davor gehabt, aber jetzt hatte er auch keine Bedenken mehr. Keine Unsicherheit. Nichts. Solange er Kai seins nennen konnte, solange er ihn an seiner Seite hatte, war es alles, was wirklich zählte. Als sie sich voneinander lösten, Tyson etwas außer Atem und Kai ein wenig amüsiert darüber, war eine Selbstsicherheit und Zuversicht in den rehbraunen Augen, wie man sie nur von Tyson kannte. Leise, aber bestimmt: "Gleich beim Frühstück... lass es uns ihnen sagen." Diesen nächsten Schritt tun, um diese unikale Beziehung ein großes Stück mehr zu festigen, denn die Entscheidung, Andere davon wissen zu lassen, war eine bedeutende. Unter anderem bedeutete es auch, dass es einem Ernst war mit dem, was man kundgab. Die unergründlichen, fesselnden Rubine gaben zur Antwort nicht viel Preis von den Mysterien, die sie verbargen, aber der Drache sah Zuspruch und Ruhe in ihnen, und es war alles, was er zu sehen brauchte. Seine eigenen Augen hingegen, spiegelten klar und deutlich das wider, was er empfand für den Jungen, oder eher schon fast jungen Mann, vor sich. Das, was unausgesprochen blieb, aber klar und deutlich präsent war. Ich liebe dich... Einmal mehr lehnte Kai sich wortlos vor und presste sanft seine Lippen gegen die Stirn des Jüngeren, wo sie für eine kurze Weile einfühlsam verweilten. Ich weiß... Kapitel 7: Confessions ---------------------- Hallo, zusammen. Weiter geht's! Vielen dank an die Kommischreiber, und auch an all die andern der mittlerweile 26 Favoritennehmer. Schön, zu sehen, dass die Story so vielen gefällt ^_^ Ohne große Umschweife also Fiction ab! Kapitel 7 Confessions Unten in der Küche erwartete sie diesmal ein eher traditionell chinesisches Frühstück bestehend aus Reis-Congee serviert mit Fleisch, Sojasauce und Gemüse. Riechen tat es auf jeden Fall herrlich, und in Reaktion darauf gab Tysons Magen ein ungeduldiges Knurren von sich. "Oi. Da krieg ich ja noch mehr Hunger, als ich bereits hatte!" Lachte er freudig auf und nahm geschwind Platz am Tisch, gleich neben seinem blonden Teamkollegen, der belustigt gluckste. "Ja, Ray hatte wieder mal seine fünf Minuten beim Kochen, wie es scheint." Einen Teller vor Tyson abstellend, blitzte Ray den grinsenden Mannschaftssonnenschein gutmütig an. "Beschwer dich nicht. Ohne mich wäret ihr ernährungstechnisch doch komplett aufgeschmissen." Was auch vollkommen richtig war, wessen sich natürlich auch alle bewusst und wofür alle sehr dankbar waren. In Gegenden ohne Restaurants, Cafes und Zimmerservice würden sie ohne Ray wahrscheinlich nie von dem Gift, das Fastfood war, weg kommen. "Morgen, Kai." Begrüßte der Schwarzhaarige indes ihren Teamchef, der ein kurzes, anerkennendes Nicken gab. Zurecht, denn Ray fuhr mit einer verwunderten Frage fort: "Wo kommst du denn plötzlich her? Ich dachte, du wärest irgendwo draußen, hab dich aber nirgends finden können." Geräuschlos den Stuhl etwas weg vom Tisch ziehend, um zu Tysons Rechten am Tisch Platz zu nehmen, war der Gesichtsausdruck der jungen Phönix ruhig und undurchdringlich, während der des Drachen ernst und gefasst wurde: "Er war bei mir." Sprach er relativ leise, aber fest. Gerade dabei, selber Platz zu nehmen, hielt Ray kurz inne und verengte leicht die Augen, bevor sich hinzusetzen und beide Blader zu mustern. "Bei dir? Aber es war doch abgeschlossen...?" Ein Nicken seitens Tyson. "Kai hatte abgeschlossen." Stirnrunzeln bei Max und Ray. "Du meinst... Kai war über Nacht bei dir?" Stellte Letzterer eine weitere, eher ungläubige Frage. Unverfroren, die Antwort darauf: "Ja, wir haben zusammen geschlafen." Max ließ, mit einem Klirren des Stieles gegen den Tellerrand und einem Platschen der Laffe in den Brei, seinen Löffel fallen und Rays Augen weiteten sich, mit kräftigen Anheben der Brauen, abrupt. "Was?" Kam es verblüfft und synchron aus zwei Mündern. Innerlich schlug sich Kai die Hand gegen die Stirn und ließ die Handfläche langsam sein Gesicht runter gleiten. Nach außen hin jedoch, seufzte er nur resigniert und blickte skeptisch zu seinem Freund. "Tyson." Seine Stimme klang flach und leicht vorwurfsvoll, wie ein verbaler Klaps auf den Hinterkopf. So ein Tollpatsch aber auch, nicht nur in manchen seiner Handlungen, sondern auch in vielen seiner Worte. Man hätte es auch wirklich anders anfangen können. Dass er sein Missgeschick jetzt auch selbst begriffen hatte, zeichnete sich überaus deutlich auf Tysons eigener erschrockener Miene ab und er fuchtelte wild und abstreitend mit den Armen. "Ich meinte nicht zusammen in dem Sinne! Ich meinte zusammen, wie... beieinander. In einem Bett... aber nicht so!" Jede weitere Aussage verleitete ihre beiden Teamkollegen nur dazu, noch entgeisterter zu starren, denn wenn sie bis hierhin nicht daran gedacht hatten, was Tysons Satz nicht mal wirklich impliziert hatte, dann mussten sie es, dem leichten Rotton ihrer Wangen nach, zwangsweise jetzt getan haben. Nun massierte Kai sich innerlich die Schläfen. Besser war es wohl, den Redeschwall zu beenden, bevor es noch peinlicher wurde. Für sie beide. "Sei ruhig." Streng und bestimmt, schnitt sein Satz den Blauhaarigen erfolgreich ab. "Worauf unser Weltmeister der Redekunst hier hinaus will, ist, dass wir zusammengekommen sind. Diesmal in genau dem Sinne." Wandte er sich wieder den Zweien, die mit ihnen am Tisch saßen, zu. "Ihr seid also... ein Paar... oder so?" Regte sich Max dann als Erster, seine Frage unsicher und zaghaft. Wirklich vorstellen konnte er es sich nicht... das wollte einfach nicht in seinem Kopf. Tyson und... Kai? Zusammen? Mal ungeachtet der kle~inen Tatsache, das sie beide Jungs waren, konnte er es sich noch schlechter Charakterweise vorstellen. Das war wie Nord- und Südpol, die konnten einfach nicht zusammen sein. Das würde entweder in einer globalen Sintflut oder einer weltweiten Eiszeit enden. Nichtsdestotrotz bestätigte das sichere Nicken ihres Teamchef genau das Gegenteil. "Wann... ist denn das passiert?" Was Kai an Ray schon immer gefallen hatte, war dessen Fähigkeit, seine Fassung zu bewahren und, sollte er sie mal doch verlieren, sie schnell wiederzuerlangen. Die Frage war mit Bedacht und Vorsicht gestellt worden, doch bevor er zum Erwidern ansetzen konnte, wurde sie von Max mit einer mehr ergänzt: "Und vor allem, wie ist das passiert?" "Vor zwei Tagen." "Als ihr raus gerannt seid?" Die Auffassungsgabe des Schwarzhaarigen war ebenfalls erstaunlich, er schien immer alles zu bemerken, obwohl er auch Taktgefühl genug hatte, nie etwas anzusprechen, wenn er der Ansicht war, die Sache sollte lieber in Ruhe gelassen werden. Ein weiteres Nicken von Kai, ein Stirnrunzeln von Max, doch das Augenmerk des Blondschopf richtete sich nun auf seinen besten Freund. "War's, warum du die Zeit davor so komisch warst?" Tyson nahm einen tiefen Atemzug, und nickte ebenfalls. "Ja." Nervosität hatte sich in ihm breit gemacht, und die innere Anspannung zirkulierte irgendwo zwischen Brust und Bauch in einem flatternden Sinneseindruck. Mit Max und Ray wollte er ehrlich sein, was aber nicht hieß, dass es ihm leicht viel, das zu sagen, was sich dem kleinen Wörtchen 'ja' anschloss. "Ich hatte schon seit Längerem..." Herrje... "Gefühle... für Kai." Das Geständnis kam etwas stockend aus seinem Munde heraus, dennoch, es war draußen. Es folgte weder ein Grinsen noch ein Lachen von den Beiden, die nun eingeweiht wurden, sie hörten nur aufmerksam zu, wohl spürend, dass es ihrem Teamkameraden recht schwer fiel, das zu enthüllen, was er gerade enthüllte. Kai beobachtete Tyson ebenfalls mit Sorgfalt, um ihm unter die Arme zu greifen, falls es nötig sein sollte. Aber auch Anerkennung spiegelte sich in seinem achtsamen Blick wider - er respektierte den Mut des Jüngeren, all dies zu Sprache zu bringen. "An dem Tag hab ich es Kai gestanden. Und... na ja. Ich hab eigentlich gedacht, er würde mich zum Teufel schicken. " Ein schwaches Lächeln, ein etwas zittriger Atemzug. Die Aufregung machte ihm schon zu schaffen. Da der junge Drache eine Hand auf dem Tisch, die andere aber unter der Tischplatte auf dem Oberschenkel liegen hatte, bewegte Kai die eigene, um sie dann sachte auf dem Handrücken des Siebzehnjährigen zu legen und sanft zuzudrücken. Das gab Tyson Kraft, mit festerer Stimme fortzufahren. "Aber, es ist anders gekommen. Wir haben darüber geredet und beschlossen, dem..." Er stoppte und berichtigte sich: "...uns, eine Chance zu geben." Ein weiteres tiefes Einatmen. "Es tut mir Leid, dass wir's euch nicht früher gesagt haben, das war meine Schuld. Ich-" Er senkte die Augen und brach ab, mangels passender Worte. Er wollte nicht sagen – Ich hatte Angst, oder – Ich hatte Bedenken. Doch zum Glück, hatte er Kai. "Es war die Unsicherheit da, wie ihr reagieren würdet." Erklang die bedachte Stimme des Teamleaders und er hielt problemlos die Blicke der anderen Beiden, als diese sich zu ihm wandten. "Ihr wisst ja, Tyson liegt viel an euch und er legt großen Wert auf eure Meinung. Und ich im Grunde auch. Deswegen das anfängliche Zögern." Es war ein erstes Thema und er glaubte, dass sie es wie erwachsene Menschen bereden konnten. Alt genug waren sie alle ja, um es vernünftig ausdiskutieren zu können und Rays und Max' Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, sahen sie es nicht viel anders. "Außerdem wollten wir selbst erstmal schauen, wie es klappen würde. Soweit sind wir beide mit der Entwicklung zufrieden und optimistisch in der Hinsicht, das es eine feste Beziehung werden kann." Das brachte auch Tyson wieder zum Aufsehen, denn obschon er sich sicher war, dass sie auf gutem Wege zu einer festen Beziehung waren, es in der Form von Kai bestätigt zu hören, gab ihm noch mal eine Portion Vertrauen und Zuversicht. Max fuhr sich kurz mit der Hand durch die sonnengeküssten Strähnen und lächelte dann das frischgebackene Paar anerkennend, wenn auch perplex, an. "Also ich habe ja nichts dagegen." Grundlegend, hatte er das nicht. "Ich meine, ich kann's zwar immer noch nicht so recht glauben, aber wenn ihr Beide glücklich damit seid..." Konnte er sich diesem Glück wohl kaum in den Weg stellen. Sie waren schließlich Freunde, und hatten sich zu unterstützen. "Dann freu ich mich für euch." Er wollte glauben, dass, sobald ihm die neue Nachricht richtig bewusst werden würde, er sich für die Beiden aufrichtig freuen konnte. Im Moment war er eher überrumpelt, denn von allen Dingen auf dieser Welt hätte er das am wenigsten erwartet. Tyson und Kai. Kai und Tyson. Zusammen. Ja, er würde wohl ein kleines Weilchen brauchen, um das richtig verarbeiten zu können. Das sollte er aber mit sich ausmachen, die Zwei hatten damit wenig zu tun. "Ich ebenfalls." Scharfe Reißzähne wurden kaum merklich in einem ebenfalls zusprechenden Lächeln gebleckt. "Es ist zwar in der Tat ungewöhnlich, aber ich würde es euch alle Mal gönnen, dass es klappt zwischen euch. Wie Max schon gesagt hat, solange ihr glücklich damit seid, ist doch alles prima." Ray hatte weniger Probleme, das eben Erfahrene zu erfassen und irgendwo war er nicht mal so sehr überrascht, zudem machte die Aktion von gestern zugleich mehr Sinn. Obwohl sie sehr verschieden waren, hatten diese Zwei schon immer irgendeine rätselhafte Anziehungskraft aufeinander ausgeübt, auch wenn er nicht gedacht hätte, dass sie so stark war.. Dennoch, sowohl Kai als auch Tyson waren seine Freunde, und verdient glücklich zu sein oder zu werden, hätten Beide alle Mal. Auf irgendeine Weise war der junge Tiger sogar ein bisschen gespannt, zu sehen, wie sich das Ganze noch zu entwickeln vermochte. Er hoffte nur, dass keiner der Zwei sich am Ende weh tat. Denn ohne Komplikationen würde diese Beziehung nicht verlaufen, da war er sich ziemlich sicher. Diesmal war Tysons tiefes Ausatmen für alle hörbar: "Danke." Ein befreites, frohes Lächeln folgte. Man oh man. Ihm war ein Stein vom Herzen gefallen, ferner war er auch unglaublich erleichtert, diese Beichte hinter sich gebracht zu haben. Und Hunger hatte er jetzt noch mehr. Deswegen haute er auch ordentlich rein, sehr zur Belustigung seines Teams. Seines Teams, das immer noch hinter ihm stand und welchem er wirklich, aufrichtig dankbar war. Allen Dreien. Für alles. Diese drei Menschen würde er für nichts auf der Welt eintauschen wollen. Er war sich sicher, dass Kenny die Neuigkeit ebenfalls gut aufnehmen würde, was er bei Hilary nicht sagen konnte. Doch irgendwo hoffte und glaubte er, dass das lebhafte Mädchen sie unterstützen würde. Sein Großvater würde das bestimmt auch. Und sobald all diese Menschen ihm ihren Segen gegeben haben, wäre es ihm ziemlich Schnuppe, was der Rest der Welt darüber denken würde. Nach dem Frühstück ging es mit einem Picknickkorb wieder zu dem Wasserfall, und diesmal verbrachten sie dort eine viel längere Zeit als gestern, denn jegliche Wasserattacken blieben aus. Stattdessen wurden beim Baden alle gemeinsam nass, denn das herrliche Juliwetter hatte geradewegs dazu eingeladen ins kühle Nass einzutauchen. Der mitgebrachte Wasserball tat dann seinen Dienst und bescherte ein paar Stunden bedingungslosen Spaß, bei dem alle mit Ausnahme von Kai ein bisschen, oder im Tysons Falle ein bisschen mehr, Wasser schluckten bis letztendlich alle Drei sich gegen ihren Teamleader zusammenschlossen und es nicht mal dann geschafft hatten, ihn unter Wasser zu tauchen. Das musste man dem jungen Halbrussen wirklich lassen, er war ein 1-A Schwimmer und hielt sich in einer, wenn auch spielerischen, Rangelei im Wasser genauso gut wie auf dem Land. Demzufolge blieben Kais doppelfarbigen Haare als einzige nahezu trocken, was ihn recht gut amüsiert hatte. Bei dem kleinen Vierer-Beybladeturnier danach waren seine Freunde schon eine viel größere Herausforderung und ein freundschaftlicher Kampf machte immer noch jeden von ihnen am meisten Spaß. Einen Sieg von Tyson über Ray und Kai über Max gefolgt von einem Unentschieden zwischen Dragoon und Dranzer und einem Sieg von Driger über Draciel später, gab es ein Tag-Team Battle. Es war ein knapper Sieg für Team Driger-Dranzer, und Max meinte schlussendlich, es wäre heute irgendwie nicht sein Tag gewesen. Als die Drei dann aber in einem letzten Beybladematch gegen Kai antraten, kriegten sie ihn diesmal relativ schnell unter, was nicht wirklich verwunderlich war und ihn eher sehr zufrieden gestellt als verärgert hatte. Dass nun ein Pärchen unter ihnen war, tat der Harmonie und dem Zusammenhalt im Team überhaupt keinen Abbruch. Zwar hatten sich einige Dinge schon geändert, größtenteils in Bezug auf Kais und Tysons Verhalten einander gegenüber, dies war jedoch für die anderen Beiden eher interessant mitanzusehen als in irgendwelcher Weise störend. Ungewöhnlich und doch irgendwie... liebreizend. Eine kleine aber feine Änderung, die sie alle willkommen hießen, war – Kai lächelte mehr, und schien im Allgemeinen etwas mehr aus sich heraus zu kommen. Zwar war er meist immer noch ruhig, gesammelt und ernst, doch er schien offener im Umgang mit ihnen. Dieser Ausflug tat wirklich allen von ihnen sehr gut, und als Team wuchsen sie noch ein Stückchen mehr zusammen. Kenny, Dizzy und Hilary verpassten wirklich was. Tyson für seinen Teil strotzte nur so vor Energie und Lebensfreude, was ebenfalls schön mitanzusehen war. Er schien vollkommen und grenzenlos zufrieden mit sich und der Welt zu sein, und dies erfreute insbesondere Max nach all den Monaten, in denen er sich um seinen besten Freund und dessen immer schlimmer werdender Verschlossenheit Gedanken und Sorgen gemacht hatte. In manchen Augenblicken konnte man Tyson seine Verliebtheit regelrecht ansehen und auf eine Art war das doch schon recht süß. Zu der Zeit, zu der sie sich endlich zurück nach Hause aufmachten, ging die Sonne bereits unter. Nach dem Abendessen trennten sich dann ihre Wege, den etwas Zeit für sich brauchte ein Mensch dann doch, insbesondere nach einem ganzen Tag des Miteinanderseins. Ray gab einem Buch und einem langen Bad den Vorzug, Max nahm das Telefon in Beschlag, um seinen Vater anzurufen. Tyson saß nun in seinem Zimmer, schraubte etwas an seinem Blade, und dachte an Kai. Er dachte auch an gestern und an den Kuss, das Letztere nicht ohne ein angenehmes Kribbeln im Bauch zu bekommen. Sein Glück konnte er immer noch kaum fassen... eine echte Beziehung, von seinen Freunden akzeptiert und auf dem Wege, zu etwas noch Tollerem zu werden, als es ohnehin schon war. Soweit liebte er alles an dieser Beziehung, und er liebte alles an Kai. Dass er so frei mit ihm reden konnte, über wirklich alles. Dass der Andere ihn so gut verstand. Dass er ihn küssen und berühren durfte, neben ihm einschlafen und aufwachen durfte. Dass er in diese tiefroten, rätselhaften Augen von solch naher Entfernung blicken konnte. Dass er ihn kennen lernen konnte, dass er Stück für Stück mehr von Kai und seiner facettenreichen Persönlichkeit zu sehen bekam. Ihm war auch durchaus aufgefallen, dass der Ältere außerordentlich... zärtlich sein konnte. Er wusste nicht, ob es wegen seiner ohnehin schon sehr geruhsamen, ausgeglichenen und umsichtigen Natur war, aber in Sachen körperlicher Zuneigung war der Phönix ziemlich erfahren, vorsichtig und beinahe schon... liebevoll. Oder war es nur bei ihm, Tyson, der Fall? Vielleicht war Kai auch einfach nur der Typ Mensch, bei dem Taten lauter als Worte sprachen. Nun, okay, er war genau der Typ Mensch. Das ließ Tyson sich ungewollt wundern... Aber nun. Überstützen sollte man bekanntlich ja auch nichts und da war Kai garantiert nicht der Typ für. Er schien diese Beziehung ziemlich sicher und doch taktvoll zu lenken, einen rücksichtsvollen Schritt nach dem anderen, nicht zu langsam, nicht zu schnell, und Tyson vertraute dieser Führung vollkommen. Er hatte Kai immer vertraut, sogar als dieser ging und wiederkam und wieder ging und noch mal wiederkam... Er hatte immer darauf gebaut, dass sie am Ende doch irgendwie zueinander, in des Anderen Nähe, finden würden. Ob nun im Stadium oder außerhalb... ihre Wege entflochten sich stets nur ungern. Irgendwie vermisste er Kai jetzt ungemein. Dieser war ebenfalls in seinem Zimmer, am Schreibtisch. Vor ihm der mitgebrachte Laptop, an dem er gerade seine Mails checkte. Obwohl sie eine kleine Auszeit nahmen, war er als Teamleader von seinen Aufgaben nicht gänzlich befreit. Zumindest musste er immer auf dem neuesten Stand bleiben, was Termine anging, denn es gab viele Orte, Events und Menschen, die die Bladebreakers zu Besuch haben wollten. Die BBA regelte zwar das Meiste, das letzte Wort hatte aber natürlich immer noch das Team – durch Kai, der es repräsentierte. Und es sah so aus, als gäbe es etwas zu bereden irgendwann in den nächsten Tagen, denn obschon die nächste Weltmeisterschaft jetzt gut ein Jahr entfernt war, schien die BBA ein nationales Freundschaftsturnier zu planen, ein paar Wochen nachdem sie alle wieder Zuhause sein würden. Sie als das beste Team des Landes, waren auf dem Turnier natürlich sehr erwünscht und Kai glaubte kaum, dass einer seiner Teamkameraden da nein sagen würde. Das leise Klopfen an der Tür ließ ihn die obere Hälfte des Laptops runter drücken, ohne das Gerät vollkommen zu schließen, und sich in seinem Stuhl umdrehen. Zuerst hatte er gedacht, es war Tyson, doch wäre es wirklich der junge Drache, würde er schon lange im Zimmer stehen. Die Person draußen trat jedoch noch nicht ein, anscheinend wartete sie auf die übliche Erlaubnis. Musste also einer von den anderen Beiden sein. "Herein." Lud er also ein und die Tür ging auf. Ein blonder Wuschelkopf lugte rein. "Hey, Kai. Ich hoffe, ich störe nicht." Innerlich ein wenig überrascht, gab er nach außen hin nur ein beschauliches: "Nein," von sich. Außer wenn sie als Gruppe zusammen waren, hatte sich Kai weder mit Ray noch mit Max viel privat unterhalten. Nichtsdestotrotz kannte er Ray näher, zum einen weil sie sich von der Persönlichkeit her etwas ähnelten und er den Schwarzhaarigen besser in seiner Nähe 'vertragen' konnte, da dieser ruhiger und erwachsener war. Zum anderen weil Ray genauso wie der Teamchef ein Frühaufsteher war und ihm gelegentlich beim morgendlichen Training Gesellschaft leistete. Dabei sprachen sie zwar nicht sonderlich viel, aber manchmal entwickelte sich die ein oder andere interessante Konversation ganz von alleine. Was den jungen Amerikaner gerade jetzt zu ihm führen mochte, konnte Kai nur vermuten und wenn er mit seiner Vermutung richtig lag, versprach dies ebenfalls eine interessante Konversation zu werden. Nun über die Schwelle getreten, schloss Max hinter sich die Tür, ein kleines Lächeln auf den Lippen. Ihm war ein wenig mulmig zumute angesichts dessen, wofür er hierher gekommen war, jedoch fühlte er sich keineswegs unwohl unter dem nicht aufdringlichen, aber dennoch aufmerksamen Blick tiefroter Augen. Über die Zeit hatte er sich dran gewöhnt, dass Kai mit jenen im eigentlichen und übertragenem Sinne scharfsichtigen Augen seine Umgebung wortlos beinahe schon zu scannen pflegte. Das war eine Fähigkeit, die man sowohl bewundern als auch fürchten konnte, je nach dem, ob man neben Kai oder ihm gegenüber stand. "Setz dich." Bot der Ältere an und mit einem dankbaren Nicken ließ sich Max auf die Kante des ordentlich gemachten Betts nieder. "Man, ich hab heute bei den Beymatches eine ziemlich schlechte Figur gemacht, was?" Lachte er dann leise auf, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Kein einziger Sieg, und Tyson hatte er beim Tag-Team Kampf auch mehr behindert als ihm geholfen, was ja dann zu noch einer Niederlage geführt hatte - für sie Beide. Auch wenn der kleine Wettkampf nur spaßeshalber ausgetragen worden war, wirklich stolz auf seine Leistung war Max nicht. Kai schaute den Anderen einen Moment lang bedacht an. "Du warst ein wenig unkonzentriert." Antwortete er sachlich und fachkundig. "Draciel hat sein Bestes versucht, aber wenn du beim Kampf nicht richtig dabei bist, kann er bei aller Anstrengung auch nicht viel bewirken." Er war sich sicher, damit erzählte er Max nichts Neues. Das war auch nicht das Ziel dieses Gesprächs und er wusste, sie beide waren sich dessen vollkommen bewusst. Aber es war ein guter Start, und eine gute Überleitung zum Kern des Problems. Kai konnte sich denken, was den Blondschopf dermaßen beschäftigte, dass er beim Bladen so unachtsam gewesen war. Ein weiteres Auflachen seitens Max, natürlich hatte sein Teamkapitän Recht. Ferner jedoch deckte der Laut seine Nervosität etwas ab, obschon er verstand, dass Kai sie ihm wahrscheinlich sowieso ansehen konnte. "Recht hast du. Ich war heute wohl generell ziemlich viel in Gedanken." Kai schwieg, um den Jüngeren genau diese Gedanken kurz sammeln und ordnen zu lassen, der Blick der azurblauen Augen war dabei immer noch nicht von dem nächtlichen Himmel hinter dem Fester gewichen. Nach einigen Momenten Stille dann... "Du und Tyson..." Die Augen des Phönix verengten sich leicht, sein Körper richtete sich automatisch etwas mehr auf. "...ist es euch wirklich Ernst...? Mit der ganzen... Beziehungssache?" Kais Erwiderung darauf war ruhig und gelassen. "Ich glaube, sogar du solltest mich mittlerweile gut genug kennen, Max, um zu wissen, dass ich nicht wirklich der Typ für Scherze und Späße bin." Ein sehr mildes, amüsiert-zustimmendes Schnauben. "Das ist sicherlich wahr." Pflichtete der Blondschopf bei und sah letztendlich vom Fenster direkt in Kais Gesicht. "Deswegen mache ich mir, ehrlich gesagt, umso mehr Sorgen." Kai hob skeptisch eine Augenbraue. "Das musst du nicht. Tyson ist bei mir gut aufgehoben, in dieser Hinsicht." Eigentlich in jeder Hinsicht. Er würde schon gut Acht geben auf den kleinen Wirbelwind. Max jedoch, schüttelte den Kopf. "Ich mach mir nicht nur Sorgen um Tyson, Kai. Sondern auch um dich." Nun, das war eine Aussage, die Kai ehrlich überraschte. "Um mich?" Wiederholte er fragend, woraufhin er ein sachtes Nicken erhielt. "Ich würde es euch Beiden nie, nie wünschen, aber falls diese Sache schief geht." Max sprach vorsichtig, denn auch wenn er sich mit dem Gedanken immer noch nicht recht anfreunden konnte, würde er für diese neue Wendung nie ein schlechtes Ende ersehnen. "Ty hat Familie und Freunde, die ihn dann unterstützen werden." Max selbst mit eingeschlossen. Meeresblau traf eindringlich und bestimmt auf Rubinrot, und seine Stimme war leise aber fest. "Wen hast du?" Sein verschwundenes Ex-Team? Seinen machtbesessenen Großvater? Wenn diese Beziehung ins Negative umschlug... Tyson würde damit nicht alleine sein. Es waren genug Menschen da, die ihm nach bestem Wissen und Gewissen helfen würden, es zu überwinden. Und er würde auch nie von seinem Weg abkommen. Kai hingegen... würde er die Bladebreakers dann verlassen? Zurück nach Russland? Zurück zu Biovolt? Wenn es schief gegen würde... Tyson hätte alles und jeden an seiner Seite. Das war schon immer so gewesen und Max fand es auch gut so. Dennoch. Es könnten viele, viele Probleme und Unannehmlichkeiten entstehen, wenn diese Beiden mal richtig aneinander geraten sollten, besonders wenn stärkere Gefühle als Rivalität im Spiel waren. Bereits wenn sie sich bekämpften, hatte es massive Auswirkungen auf ihre gesamte Umwelt. Was wäre, wenn sie sich bekriegen würden? Der Eine zu impulsiv, um sich zurückzuhalten, der Andere zu stolz, um nachzugeben. Kais Gesicht verfinsterte sich etwas, die Gesprächsrichtung gefiel ihm überhaupt nicht. Worauf wollte Max hinaus? "Ich habe immer mich selbst, Tate. Ich weiß, ihr seid sehr geneigt dazu, in eurer Fantasiewelt zu leben, wo der Einzelne nicht ohne Freunde existieren und überleben kann. Sei dir aber dessen sicher, ich bin einer der zahlreichen Ausnahmen dieser absurden Regel." Und da waren sie auch schon, der Stolz und die Stärke, die immer noch einen großen Teil von Kais Persönlichkeit ausmachten. Die eher eisigen Noten dieser Aussage entgingen Max natürlich ebenfalls nicht. Draciels Besitzer seufzte in sich hinein. Er hatte Kai nicht verärgern wollen, aber es sah so aus, als hätte er genau das geschafft – der Teamleader sprach sie nur dann mit Nachnamen an, wenn er aus irgendeinem Grund nicht gut auf sie zu sprechen war. Vor ein paar Jahren hatte er es relativ oft getan, heute tat er es fast gar nicht. Fast. "Du hattest also nie einen Freund, Kai? Der dir durch eine schwere Zeit geholfen hat...?" Eine behutsame, ebenso wie rhetorische Frage. Natürlich hatte Kai sie gehabt, solche Freunde - und Tyson war hoch platziert auf dieser sehr kurzen aber dennoch bestehenden Liste. "Nicht zu dem Ausmaße, dass ich es ohne ihn nicht geschafft hätte." Eine strikte und absolute Replik. Lügner. Hallte es gleichzeitig in Kais Kopf. Was ist mit Tyson? Was ist mit Tala? Was ist, wenn dir mit dem Einen genau das Gleiche passiert, wie mit dem Anderen...? Doch nein, Tyson war anders. So viel anders als Tala. Dennoch... lag in diesem Knackpunkt der Segen... oder der Fluch? "Kai, es tut mir Leid, wirklich." Max' leise Worte brachten ihn zurück ins Hier und Jetzt. "Ich wollte keine Zweifel streuen. Ich wollte dich auch nicht in irgendeiner Weise kränken. Ich mach mir nur Sorgen. Um euch Beide." Unterstrich er den letzten Satz mit einer festeren Tonlage, und er meinte ihn auch so. Tyson war sein bester Freund, das stimmte schon, aber Kai war ebenfalls ein guter Freund. Er würde keinem von ihnen je was Böses wollen. Die Gesichtszüge der Teamleaders glätteten sich wieder ein wenig. Über die Zeit hatte er gelernt, diese nervige Eigenschaft von seinen Mitmenschen zu akzeptieren und in manchen Fällen sogar zu begrüßen. Das Sichsorgenmachen, nicht nur um andere, sondern auch um ihn. "Schon gut, Max." Seine Stimme verlor ihren scharfen Unterton. "Ich kann's verstehen. Nichtsdestotrotz..." Eine Pause, und diesmal war es Kai, der zum Fenster raus blickte. Es war nicht wirklich seine Natur, doch er wollte, dass Max seine Beweggründe verstand, zumindest ein bisschen. Immerhin... sie alle waren ein Team... "Ich hatte in meinem Leben nicht viele Gelegenheiten zum Glücklichsein, Max." Ein stoisch gesprochener Satz, vollkommen und unvollständig zugleich. Mehr sagte Kai nicht, mehr brauchte Max auch nicht zu hören. Er nickte und stand auf, ein rarer Ausdruck von Ernsthaftigkeit und Verständnis auf dem von Sommersprossen gezierten Gesicht. Er schritt zu dem jungen Russen, legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sachte zu. "Okay, dann. Meinen Segen habt ihr ja. Ich wünsche euch sehr, dass ihr Zwei miteinander glücklich werdet." Eigene Sorgen und Unsicherheiten außen vor, wünschte er ihnen das wirklich. Von ganzem Herzen. "Danke." Ließ Kai mechanisch verlauten und Max verließ das Zimmer, damit jeder von ihnen den eigenen, von dem eben stattgefundenem Gespräch beeinflussten Gedanken nachgehen konnte. Kurze Zeit später hallte ein weiteres leises Klopfen, diesmal an Tysons Tür. "Is' offen!" Das fröhliche, aufgeweckte Rufen von drinnen, verleitete Kai unweigerlich zum Schmunzeln. Da schien jemand guter Laune, nicht, dass das bei Tyson überaus verwunderlich war. Er trat also rein und schubste die Tür hinter sich wieder zu. Sie fiel mit einem kaum hörbaren Klicken ins Schloss. Tyson entdeckte er erst, nachdem er den Blick durchs Zimmer hatte schweifen lassen – der Jüngere war hinter der offenen Schranktür und allem Anschein nach suchte er irgendwas im Innenraum des Möbelstücks, ein paar Klamotten lagen schon verstreut auf dem Boden. Ein paar Sekunden später zeigte sich der Kopf, während der Rest des Körpers immer noch von der Schranktür verdeckt blieb. "Hey." Begrüßte der Blauhaarige, ein breites Lächeln auf den Lippen. "Schön, dass du gekommen bist. Ich wollte nämlich sowieso gleich zu dir." Das Lächeln wandelte sich zu einem scheuen Grinsen. "Hab dich irgendwie vermisst." Ein natürlich und unverhohlen offenbartes Eingeständnis, etwas so persönliches, so frei ausgesprochen. Kai schaute sein Gegenüber für einen Augenblick wortlos und beinahe schon sonderbar an. 'Hab dich irgendwie vermisst.' 'Dich vermisst.' 'Hab dich vermisst.' In wenigen, schnellen Schritten war er bei dem Anderen angekommen. Sein Arm schnappte um Tysons Hüften und er drehte den jungen Drachen etwas abrupt zu sich um. Das Shirt, das Tyson grade noch in der Hand gehalten hatte, fiel lautlos zu Boden, denn seine beiden Hände stemmten sich gegen robuste Brust seines Teamleaders, während der Drache überrascht die Luft einzog. Viel Zeit zum Begreifen der Handlung hatte er nicht – feingliedrige Finger legten sich auf seine Wange, hoben sachte aber bestimmt seinen Kopf an und nur wenig später spürte er warme, weiche Lippen auf den eigenen. Dass ihm der Mund offen stand, war wohl kein Wunder und das nutzte sein willkommener Angreifer sofort aus – ein vorwitzige Zunge fand unverfroren ihren Weg in seine Mundhöhle. Ein sanftes Aufkeuchen, ob der Überraschung oder des aufwallenden, kribbelnden Gefühls wegen, konnte Tyson sich nicht verkneifen, als ihm die Lider ganz von allein halb zufielen. Trotz dessen sah er Kais anmutiges Antlitz vor sich, und die rubinroten Seen, die ihn einmal mehr zu verschlingen drohten. Der Kuss endete geschmeidiger, als er angefangen hatte und etwas schwerer atmend blickte er den Älteren aus wieder normal geöffneten Augen perplex an. "Was ist denn in dich gefahren?" Nicht, dass er sich beschwerte, auf keinen Fall. Etwas überrumpelt war er aber schon. Kai antwortete nicht, sondern zog den blauhaarigen Jungen stattdessen in eine feste Umarmung. Den Kopf gesenkt und auf Tysons Schulter abgelegt, vergrub er die Nase in der wohlgeformten Halsbeuge, wo die Duftnoten von Shampoo, Duschgel und einem gänzlich privaten Aroma, das nur Tyson an sich hatte, sich zu etwas überaus Wohltuendem und Sinnlichem vermischten. Manchmal beneidete er Tala um dessen durch Wolborg akut ausgeprägten Geruchssinn, und verstand nun umso besser, warum der junge Wolf oft genauso neben ihm verweilt hatte, wie er selbst es gerade bei Tyson tat. Der individuelle Duft musste für ihn wohl noch berauschender gewesen sein. Der warme, regelmäßige Atem, der gegen seine Haut schlug, bescherte Tyson einen Schauer über den Rücken. Er runzelte leicht die Stirn und führte seine Arme letztendlich im Gegenzug um Kais Gestalt, die still und ruhig gegen ihn verharrte. Er drückte den Phönix fester an sich und seine Lippen streiften kurz dessen Schläfe. "Alles in Ordnung?" Fragte er leise, ein wenig beunruhigt, denn er wusste das Verhalten nicht wirklich zu deuten. "Alles Bestens." Eine genauso leise, aber geruhsame Antwort. Nach einigen Momenten angenehmer Stille, ein sanftes Auflachen und ein kleines Geständnis: "Hab dich wohl auch vermisst..." Tyson blinzelte erst etwas unbeholfen, lächelte dann aber und strich zärtlich mit einer Hand den wohlgeformten Rücken hinauf. Das zu hören, machte ihn unendlich glücklich. So dastehend, lauschte Kai in seinem Inneren diesem einen ungewöhnlichen und doch irgendwo vertrauten Gefühl. War es Liebe? Oder der Wunsch danach, nicht mehr allein zu sein? Oder einfach nur die Aussicht auf Glück, das er schon einmal fast gehabt hatte...? 'Ich hatte in meinem Leben nicht viele Gelegenheiten zum Glücklichsein, Max.' Tyson in den Armen haltend, wusste er nicht, wen er bat. Die Menschen um sie herum. Das Leben. Das Schicksal. Die ganze Welt. Aber... Nimm ihn mir nicht weg... Kapitel 8: Novice ----------------- Hallo, zusammen! Und noch ein Kapitelchen zur allgemeinen Unterhaltung. Ich stecke immer noch mittendrin, eine gute Basis für den weiteren Plot der Geschichte aufzubauen, deswegen werden auch die nächsten paar Kapiteln sich überwiegend um die Charaktere und die Beziehungen zwischen ihnen drehen. Der Anime selbst 'kreiselt' ja meistens ums Beybladen als Sport (kommt in dieser Story auch vor, zumindest planen meine Musen das ein oder andere) und da find ich, kommt das Zwischenmenschliche, besonders unter den Teammitgliedern, ziemlich kurz. Beschweren tu ich mich dennoch nicht, denn das gibt mir als Schreiberlein umso mehr Interpretationsfreiraum, den ich liebend gern ausnutze X3 Und jetzt, Fiction ab! Kapitel 8 Novice Dragoon beiseite legend, erhob Tyson sich, ließ seine Kappe auf dem Tisch liegen und schlüpfte aus seinem Zimmer. Dem leisen Gemurmel und den Soundeffekts von der Treppe her nach zu urteilen, schaute jemand unten fern, höchstwahrscheinlich Ray denn an Max' Zimmertür vorbeigehend hörte er des Blondschopfs gedämpfte Stimme. Wieder am Telefonieren, und er konnte mit einer fast 100%-tigen Sicherheit sagen, mit wem. Tyson schüttelte den Kopf - es war schon erstaunlich, wie lange Max und sein Vater über alles Mögliche und Unmögliche reden konnten. Er hatte mal gepflegt, den kaum jüngeren Blader gutherzig darum zu beneiden, dass er zu seinem Vater so einen guten Draht hatte. Das er einen Vater hatte. Aber... jetzt hatte Tyson ja Kai... Beim Zimmer des Teamchefs angekommen, lauschte er kurz, denn er hörte auch hier sanfte Geräusche vom Inneren durchdringen. Es war aber nicht Kais Stimme, sondern Musik, eine ungewöhnliche aber schöne Melodie. Ungewöhnlich in dem Sinne, dass sie etwas ausländisches an sich hatte, und nachdem er die Tür aufgemacht hatte, begriff Tyson auch warum. Die weiche Frauenstimme, die sang, sang auf einer ihm unbekannten Sprache. Nun, nicht gänzlich unbekannten, er konnte sie zwar weder sprechen noch lesen noch verstehen, aber er hatte sie schon mal gehört. Russisch. Die Male, die Tyson auch anwesend war, hatten Kai und Tala sich ab und zu ein paar Sätze auf Russisch zugeworfen, und die Male, die er Tala mit den Demolition Boys gesehen hatte, hatten sich diese untereinander ebenfalls überwiegend in ihrer Muttersprache unterhalten. Als er jemanden rein kommen hörte, streckte Kai die Hand aus und drehte an dem Lautstärkeregler des kleinen CD-Players auf dem Nachttisch. Das Lied war nun fast nicht mehr hörbar, lief aber weiter und erhielt somit die warme und beruhigende Atmosphäre am Fortbestehen. "Hey." Grüßte der Ältere, und der Drache lächelte leicht, die Tür wieder hinter sich schießend. "Hey..." Grüßte er zurück und nickte dann zum Player, während er sich auf den kurzen Weg von Tür zu Bett machte. "Wovon handelt das Lied?" Kai saß aufrecht, mit dem Rücken gegen das Kopfende gelehnt, ein mittelgroßes Buch und ein Kugelschreiber in den Händen, und auf der Kante des Betts war, wo Tyson Platz nahm. Rubinrote Augen musterten ihn, nicht eindringlich, aber amüsiert. "Über Abschiedschmerz, und wie das lyrische Ich damit umgeht." Tyson rutschte weiter aufs Bett und Kai legte das Buch, das er hielt und das eigentlich ein Terminplaner war, in seinem Schoß ab, um einen Arm frei zu haben und ihn um Tyson zu legen, sobald dieser es sich ebenfalls am Kopfende bequem gemacht hatte und sich locker zurück gegen die Schulter des Phönix lehnte. "Und wie geht es damit um?" Der Achtzehnjährige drückte einen Kuss auf die Schläfe seines Freundes. "Indem es sich damit abfindet und selbstbewusst versucht mit der daraus resultierenden Einsamkeit zurecht zu kommen." "Dass du solche Lieder hörst." Den Kopf etwas drehend, um Kai anzusehen, lachte der Jüngere auf, obschon in keiner Weise urteilend. Ein Lied, egal zu welchem Thema, war so schön, wie die Worte, in denen es die Gefühle wiedergab. Solange es an den Saiten des Herzens ziehen konnte, war es ein gutes Lied. Ein Zucken mit der freien Schulter. "Ich mag die Sängerin, sie hat eine schöne Stimme und schreibt gute Texte, die ich nachempfinden kann." Gab Kai schlicht zu Antwort, und Tyson nickte verständnisvoll. Er lauschte für einen Moment dem Gesang. Die Stimme war wirklich schön, jung und gefühlvoll, mit einer warmen Klangfarbe. Unwillkürlich musste er an eine Frau Mitte Zwanzig denken, mit langem, schwarzem Haar, tiefbraunen Augen und einem herzlichen, auch wenn ein wenig traurigen Lächeln. "Was heißt denn Abschied auf Russisch?" Fragte er dann neugierig. "Разлука." (*) Ein weiteres leises Auflachen. "Klingt komisch und schwer." Kommentierte Tyson. Die Sprache an sich hatte ihn immer schon interessiert, denn sie hatte einen zwar zum Teil rauen, aber dennoch angenehmen Klang. Der junge Halbrusse neben ihm lächelte. "In der Tat." Überwiegend in den Weiten Russlands aufgewachsen, beherrschte er seine Muttersprache einwandfrei. Da sein Vater aber japanischer Herkunft gewesen war, war Kai doppelsprachig aufgewachsen und auch sein Großvater war beider Sprachen mächtig. Er wunderte sich, ob Tala Japanisch immer noch mit einem gewissen scharfen Akzent sprach, denn dieser hatte sie erst später in der Abtei gelernt, ab und zu auch mit Kais Unterstützung. Tyson lauschte der Musik für eine Weile länger und war ziemlich glücklich, als er das gerade gehörte Wort erhaschen konnte. "Rasluka v serdze ... Was heißt das?" Kai hob überrascht und anerkennend die Augenbraue. Obwohl mit natürlichem Akzent, hatte Tyson eine ziemlich gute Aussprache dafür, dass er die Sprache an sich bisher kaum kannte. "Der Abschied im Herzen." Übersetzte er, amüsiert ob Tysons niedlich konzentriertem Gesichtsausdruck. "Und was singt sie davor? Im ganzen Refrain, mein ich?" Denn der kleine Fetzen an sich machte für ihn jetzt noch nicht viel Sinn. Da er das Lied ohnehin schon auswendig kannte, fiel Kai die weitere Übersetzung, gleich einem verbalen Untertitel, nicht sonderlich schwer. "Jeder Moment war behaucht mit dem Glück, das ich weiß ich mal hatte. Und es gab so viel Licht und Wärme, und lauter, verrückter Freude. Und alle meine Freunde waren nahe, und ihre Worte wärmten meine Seele. Jetzt sind Städte über Städte zwischen uns – der Abschied flößte Kälte ins Herz ein." Die Mimik des Phönix reflektierte Nachdenklichkeit, und er ergänzte: "Übersetzt klingt es nur halb so schön." Konnte Tyson sich durchaus vorstellen. Die meisten japanischen Lieder, Sätze und Erzählungen verloren in ihrer englischen Fassung ebenfalls sehr viel an Gefühl, Grazie und nicht selten auch Sinn. Da hatte er schon so einiges in Schule, Internet und Fernsehen gesehen, beziehungsweise gelesen. "Sag's ganz. Auf Russisch?" Bat er also. "Я знаю, счастье было у меня, и им дышало каждое мгновенье. И было столько света и тепла, и шумного, безумного веселья. И были рядом все мои друзья, и их слова мне согревали душу. Теперь же между нами города, разлука в сердце поселила стужу." (**) Es klang bereits viel schöner, wie er fand, auch weil es sich reimte. Nach einem Augenblick Stille... "Daraus resultierte also ihre Einsamkeit?" Betitelte er das lyrische Ich einfach mal als eine Vertreterin des weiblichen Geschlechts, da es ja auch von einer Frau gesungen wurde. "Mhm. In den Versen davor singt sie davon, dass sie ihre Heimatstadt und somit auch ihren Geliebten aus bestimmten Gründen verlassen musste." Erklärte der Phönix. "Mit dem Glück kann dann ihre Liebe gemeint sein, welche ihr so viel Licht und Wärme gab. Und die verrückte, laute Freude muss sie wohl mit den Freunden gehabt haben, die ihr gleichzeitig auch in allem beistanden." Sinnierte Tyson, die feinen Augenbrauen zogen sich dabei etwas Richtung Nasenbrücke zusammen. "Sagt sie denn, warum sie gehen musste?" "Nicht ganz. Sie macht nur vage Andeutungen, und gibt vereinzelt verschleierte Hinweise, die man sowohl als ihre eigene Entscheidung wie auch als unbeeinflussbare Umstände auslegen könnte. Das ist aber sicherlich Absicht." "Du meinst, damit der Zuhörer, darauf aufbauend, sich an dieser Stelle seine eigenen Gründe vor Augen führen kann? Also falls er in der selben Situation steckt." Führte Tyson die Erklärung des Anderen mit den eigenen Überlegungen grüblerisch zu Ende. Wieder ein zustimmendes: "Mhm. Und da der letzte Satz des Refrains sich ebenfalls weder expliziert auf das erwähnte Glück oder die erwähnten Freunde bezieht..." "...überlässt es einem selbst, ob man dabei an seinen Geliebten, seine Freunde oder einfach an Beides denkt." Beendete der Jüngere auch dieses Mal beschwingt. Der Mundwinkel des Teamleaders zuckte leicht nach oben. "Genau. Du bist ja richtig gut im Interpretieren." So kannte er Tyson bisher auch nicht, er hatte ihn nicht für den Typ gehalten, der an solcher Art Unterhaltung Spaß haben könnte. Tyson lachte leicht verlegen. "Nah." Winkte er ab und lehnte sich etwas mehr an den Älteren, den Kopf auf dessen Brust ablegend. Wenn man mit einer Sprache wie Japanisch aufwuchs, die ihre Aussagen stets in Mehrdeutigkeiten hüllte, insbesondere was Poesie und Literatur betraf, lernte man das Interpretieren und das Sehen von mehreren Auslegeoptionen in einem Satz von Klein auf ganz automatisch. Da waren die Wortäußerungen im Englischen um einiges klarer und unmissverständlicher. Englisch war auch die einzige Sprache, schultechnisch bedingt natürlich, die Tyson neben Japanisch konnte und das mittlerweile sogar ganz gut, dank der ganzen Auslandsbesuche, denn auf Weltmeisterschaften waren gute Englischkenntnisse mit am wichtigsten, um mit Gegnern, Fans und Schiedsrichtern zu kommunizieren. Obwohl sein Verhalten nicht immer darauf schließen ließ, war er doch ein gebildeter Teenager und obwohl er sich des Öfteren über Schule und Hausaufgaben beschwerte, war er lernfähig und nicht selten wissbegierig. "Kai?" "Hm?" Tyson schaute auf zu seinem Freund. "Bringst du mir Russisch bei...?" In welch kleiner Weise auch immer, wollte er an dieser anderen Lebensweise und Kultur, die der Phönix erlebt und gelebt hatte und die ein Bestandteil von ihm war, Teil haben. Damit würden sie sich, so fühlte er, sicherlich noch ein bedeutsames Stück näher kommen. Kai legte den Kopf ein bisschen schief und sah den Anderen aufmerksam an. "Wenn du willst." Die Hand erhoben, strich er in einer Geste, die langsam wohl zu einer von Tyson sehr willkommenen Angewohnheit wurde, ein paar dunkelblaue Haarsträhnen aus des Drachens hübschem Antlitz. Seine Antwort war ein zielstrebiges Nicken, und er schmunzelte: "Okay, dann." Das versprach definitiv, interessant zu werden. "Auch die Schrift?" Kam eine weitere, begeisterte Frage und diesmal war Kai es, der leise auflachte, bevor er seine Lippen kurz gegen die Stirn des Jüngeren presste. "Auch die Schrift." Damit schlug er den Terminkalender auf einer unbeschriebenen Seite auf und Tyson machte es sich bequemer in seiner ohnehin schon kuscheligen Position. Den Rest des Abends verbrachte er damit über das kyrillische Alphabet zu staunen und seine ersten Buchstaben sowohl auch seine ersten Phrasen, zusammen mit der richtigen Aussprache dieser, zu lernen. Spaß machte es auf jeden Fall, zumal Kai sich auch als ein ausgezeichneter Lehrer entpuppte. Nicht wirklich verwunderlich, nicht umsonst war er Teamkapitän - seine ruhige, geduldige Art und die präzisen, klaren Erklärungen machten das Verstehen von diesem oder jenem um vieles einfacher. In Tysons Kopf brodelte es also nur so von neu erworbenem Wissen indes er sich zum Ende hin einen langen, sanften Kuss als Belohnung einheimste und danach glücklich und zufrieden an Kais Seite, in dessen Armen und diesmal auch in dessen Bett, friedlich und ruhig einschlummerte. Die nächsten paar Tage vergingen für ihn dann wie im Traum. Er und sein Team hatten durchgehend eine super Zeit miteinander, und man konnte guten Gewissens von ausgezeichneter Erholung und Entspannung sprechen. Zumindest was Tyson betraf. So auch heute, der Tag war toll gewesen, zwar ohne echtes Beybladen, dafür hatten sie aber ausgiebig auf der Konsole gezockt. Normalerweise verbrachten sie die meiste Zeit draußen, doch diesmal war's einfach nur zu heiß gewesen, das klimatisierte Haus zu verlassen und auch noch anstrengende Aktivitäten wie Beybladematches auszutragen. Der junge Drache hatte eigentlich die ganze Zeit über an den See gewollt, Max und Ray jedoch schienen da keine Lust drauf gehabt zu haben. Er hatte dann geschmollt, sich Kai geschnappt und sich mit ihm zusammen ins Zimmer des Ältern verkrochen, um seinem neuen Hobby nachzugehen und seine Russischkenntnisse weiter auszubauen. Er war grade mal durchs halbe Alphabet, also er kannte es zwar schon ganz, die Buchstaben aber auch zu schreiben war dann doch etwas schwieriger als wissen, sie zu unterscheiden. Zudem es auch Komplexitäten gab, wie zum Beispiel das englische 'x' das im Russischen dann plötzlich ein 'h' war. Oder das 'c' das als 's' gelesen wurde. Kai war geduldig mit ihm, eigentlich auch sehr motivierend und mit so einem Privatlehrer ging die Sache auch ziemlich erfolgreich voran. Tyson seinerseits war oft genug ungeduldig und eigentlich nie zufrieden mit dem eigenen Fortschritt, es ging ihm einfach nicht schnell genug. Des Phönix Gelassenheit und Besonnenheit waren deswegen ein gutes Gegengewicht dazu; der passionierte Eifer und die bedachte Gemessenheit glichen sich wie zwei Waagschalen einwandfrei aus. Die Uhrzeiger schlichen sich hinter die Zahl Zehn auf dem Ziffernblatt, als der gebürtige Japaner erschöpft das mit teilweise komisch aussehenden Schriftzeichen gefüllte Blatt mit einem tiefen Ausatmen die Schreibtischplatte entlang von sich weg schob. "Lass uns für heute Schluss machen, sonst platzt mir noch der Schädel." Grummelte er, was mit einem amüsierten Blick quittiert wurde. Neben dem jungen Drachen, ebenfalls auf dem Stuhl am Schreibtisch sitzend, streckte Kai die Hand aus und fuhr mit den geschickten Fingern kurz durch die weichen, nachtblauen Strähnen. "Soll mir Recht sein. Spät genug ist's ja auch schon." Tyson blickte daraufhin zur Uhr und kratzte sich am Hinterkopf. "Wirklich müde bin ich aber noch nicht." Sein Blick schweifte weiter – zum Fenster und dem Vollmond am sternenübersähten Firmament hinter der Glasscheibe. "Wir könnten ein bisschen raus gehen. Zum See, falls du immer noch willst." Schlug Kai vor und beobachtete mit ein wenig Belustigung, wie Tyson wieder den Kopf zu ihm drehte und ihn aus großen Augen ansah. "Meinst du das ernst?" Ein leichtes Nicken brachte den Jüngeren zu einem breiten, glücklichen Grinsen, es war offensichtlich, dass er für die Idee sofort Feuer und Flamme war. "Cool! Nachtschwimmen war ich noch nie!" Kai schmunzelte und erhob sich. "Ich schon, des Öfteren." Mit Tala. Und es waren mit die besten Sommernächte seines Lebens gewesen. Aber diese Ergänzungen behielt er für sich. Nachts und draußen, war schlicht und ergreifend immer die beste Zeit für sie Beide gewesen mal zusammen allein zu sein. Aber auch für sich persönlich, mochte Kai die nächtliche Zeit lieber als den Tag. Nachts war meistens alles ruhig, nachts waren kaum bis keine Menschen unterwegs, nachts schienen viele Dinge einfach nur anders denn tagsüber. Und nur Nächte vermochten es manchmal, in all ihrer simplen Anmut, atemberaubend schön zu sein. Kai hatte eine starke Neigung zu Nachtaktivität und seine Schlafgewohnheiten variierten manchmal ziemlich extrem. Generell war er jemand, der auch nie sonderlich viel Schlaf benötigte. Spät ins Bett gehen und früh aufzustehen waren nie ein großes Problem gewesen, auch der ausgeprägten Willenskraft und inneren Einstellung wegen. Gab es ein akzeptiertes Muss und Soll, würde es um jeden Preis befolgt werden. Mit Tala hatte es diesbezüglich nie Probleme gegeben, denn der Rotschopf selbst war nicht viel anders. Wie es sich wohl mit Tyson entwickeln würde? Wahrscheinlich eine der zahlreichen Antworten, die es noch herauszufinden galt. Nachdem also die paar notwendigen Sachen gepackt waren und Ray im Vorbeigehen am Wohnzimmer Bescheid gegeben wurde, ging es für zwei der Bladebreakers auf einen nächtlichen Spaziergang Richtung See. Der junge Tiger erhielt wenig später Gesellschaft, denn Max war ebenfalls runter gekommen und plumpste neben ihm aufs Sofa. "Weißt du, wo Tyson ist? Irgendwie sind weder er noch Kai in ihren Zimmern." Ray schaltete die Lautstärke etwas runter und sah nun statt der Mattscheibe seinen Teamkollegen an. "Sie sind raus zum See." Antwortete er und Max guckte ziemlich überrascht aus der Wäsche. "Zum See? Um die Uhrzeit?" Der Schwarzhaarige zuckte leicht mit den Schultern. "Warum nicht? Es ist nicht mehr so heiß, und nachts ist's eigentlich ziemlich schön draußen. Außerdem haben wir Vollmond." Dank Driger's Einfluss, und auch einigen genbedingten Eigenschaften, hatte der gebürtige Chinese nicht nur äußerlich etwas Wildkatzenartiges an sich, er konnte sehr gut ein nachtaktives Leben führen. Seine Augen waren nicht nur schön in ihrer ungewöhnlichen Farbe, sondern auch praktisch – gleich denen eines Tigers konnten sie, dank einer Adaption, Licht zurück auf die Netzhaut reflektieren, was seine Nachtsichtigkeit auf das Sechsfache eines Menschen verbesserte. Sein Geruchs- und Gehörsinn waren ebenfalls viel feiner und schärfer, was sehr oft sehr brauchbar war, manchmal aber auch lästig wurde, insbesondere wenn sich zu viele Menschen um ihn herum tummelten. Deswegen konnte er die Begeisterung für einen geruhsamen Nachtspaziergang eigentlich sehr gut nachvollziehen. Den Grund für und um seine animalischen Fähigkeiten wussten aber eigentlich nur die Ältesten ihres Dorfes und sein Ex-Team, die White Tigers, denn dessen Mitglieder besaßen überwiegend die gleichen Begabungen. Seine jetzigen Teamkollegen, insbesondere Kai, vermuteten wahrscheinlich so einiges, angesprochen wurde es bisher aber noch nicht. Er schätzte, sie warteten einfach nur darauf, dass er es ihnen irgendwann mal selbst erklären würde und bis dahin ließen sie ihm seinen Schweigefreiraum. Wofür Ray sehr dankbar war. Max indes seufzte und lehnte sich zurück, eine Weile die flimmernden Bilder im Fernsehen beobachtend. "Was hältst du eigentlich davon?" Fragte er dann leise, und Ray blinzelte verwundert. "Wovon?" "Von Tysons und Kais Beziehung. Ich meine, außer, dass du dich für sie freust und nichts dagegen hast." Der Blondschopf wechselte seine Position, setzte sich nun seitlich auf die Couch, zog die Beine ebenfalls mit darauf und kurz danach an. Ray runzelte nachdenklich die Stirn. "Na ja. Sie kommen soweit doch sehr gut miteinander aus und scheinen auch glücklich miteinander zu sein. Ich denke, dass das eigentlich sehr schön ist. Insbesondere für Kai freut es mich, denn soviel ich mitgekriegt habe, hatte er nicht viel Freude im Leben. Wenn es weiterhin so gut klappt, können sie nur davon profitieren." So sah er es auf jeden Fall. Max gluckste und nickte zustimmend. "Das ist wohl wahr. Tyson lernt jetzt übrigens Russisch." Die goldenen Iriden seines Gegenübers weiteten sich leicht: "Ernsthaft?" Noch ein energisches Nicken. "Ernsthaft. Erst heute morgen hatte er mir irgendwas zugerufen und dabei gegrinst, wie ein Honigkuchenpferd. Kai hat nur den Kopf geschüttelt, aber er hat geschmunzelt. Sieht man bei ihm ja auch nicht ganz so oft." Ray schnalzte anerkennend mit der Zunge. "Hätt' ich Tyson nicht zugetraut sich an eine neue Sprache ran zu wagen." "Nun, soviel ich mitbekommen habe, ist Kai ein ziemlich guter Lehrer." Diesmal war es an Ray amüsiert aufzulachen. "Wundert mich jetzt irgendwie nicht unbedingt." Er musterte den Blondschopf dann für einen Augenblick, und seine Stimme erklang diesmal sanfter und bedächtiger: "Sie verbringen jetzt wirklich viel Zeit miteinander. Ist bestimmt nicht so einfach für dich." Dem abwehrenden Aufblitzen in den azurblauen Kristallen nach zu urteilen, hatte er ins Schwarze getroffen. Max war eine gute Seele, die vieles hinter einer Fassade aus Fröhlichkeit und Optimismus verstecken konnte, doch wenn man ihn gut genug kannte und gezielt genug hinschaute, bemerkte man kleine Veränderungen. Ray warf Tyson nicht vor, dass dieser die feinen Anzeichen nicht zu sehen vermochte, das lag nicht in der Natur des Drachen, ferner war er gerade ziemlich stark auf Kai fixiert – verständlicherweise. Außerdem gab sich Max vor den Augen seines besten Freundes extra Mühe sich nichts anmerken zu lassen. Dennoch - er vermisste ihn. Ray kannte das Gefühl sehr gut, er vermisste insbesondere Lee und Mariah oft genug. Kai war in der Sache schon scharfsichtiger, und in seiner eigenen genauso subtilen Art und Weise versuchte er, das ein oder andere auszugleichen. Wenn sie sich zwei gegen zwei zusammenschlossen, ob nun beim Beybladen oder welcher anderen Beschäftigung auch immer, steckte er meistens Max und Tyson zusammen. Er regte sich auch nicht mehr wirklich auf, wenn die Beiden wieder irgendwelche Kindereien im Sinn hatten. Max kratzte sich am Hinterkopf und lächelte seinen Teamkollegen an. "Ich werd's schon überleben." Ein Grinsen ging Hand in Hand mit der Ergänzung: "Und dich gibt's zum Glück ja auch noch." Er hatte Ray schon immer sehr gemocht, als Mensch war der einfühlsame und hilfsbereite Tiger eine Klasse für sich. Er war ein guter Zuhörer, stand einem auch immer gern mit Rat und Tat zur Seite. Ebenso gut war er im Aufmuntern und Zusprechen, so auch jetzt, als er die Hand ausstreckte und Max sachte und aufmunternd auf die Schulter klopfte. "Das stimmt allerdings. Und Tyson musst du einfach etwas mehr Zeit geben. Er steckt gerade nur in einer ziemlich tiefen Phase der Verliebtheit." Ein scharfzähniges Grinsen begleitete die Aussage. Ray hatte für sich schon lange erschlossen, dass im Gegensatz zu Kai, ihr blauhaariger Wirbelwind zum ersten Mal in seinem Leben richtig verliebt war. Er konnte auch sehen, was an dem Halbrussen den Jüngeren so anzuziehen vermochte. Der Phönix war ein stattlicher junger Mann und trotz oder gerade wegen seiner kühlen Attitüde unheimlich interessant für jene, die leicht dem Enigmatischen verfielen. Beliebt bei ihren Fans, weiblichen sowohl auch männlichen, war er jedenfalls - was Fanpost anging war er unter ihnen Vieren definitiv der Champion, auch wenn Kai selbst davon stets eher weniger begeistert war. Der Blondschopf schnaubte belustigt und sarkastisch zugleich. "Oh ja. Mich wundert's ungemein, dass er sein Zimmer noch nicht mit Kai-Postern tapeziert hat." Natürlich war das in keinem Sinne böse, sondern eher spaßig gemeint. Ray lachte und schüttelte den Kopf. "Wozu denn auch, wenn er das Original rund um die Uhr um sich haben kann?" Nun gönnte auch Max sich eine Lachpause und nachdem er kurz zum Fernseher geblickt hatte, leuchteten seine Augen auf dank der Ankündigung des Films, der nach der Werbepause kommen sollte. "Der ist toll, lass uns den sehen!" Sein Gegenüber schmunzelte, bevor er sich erhob. "Warum nicht. Ich mach uns dann mal Popcorn." "Klasse! Du bist auch toll!" Verkündigte der Jüngere enthusiastisch, und Ray verengte amüsiert die goldfarbenen Augen. Im Vorbeigehen tauchte seine Hand in die sonnengeküssten Locken des Anderen und wuschelte freundschaftlich durch diese. "Ohne Tyson bist du echt vereinsamt, eh?" Neckte er, woraufhin Max nur eine gespielt beleidigte Schnute zog. Seine himmelblauen Iriden jedoch, schimmerten fröhlich und ausgelassen. --- Fußnoten: *Razluka **Ja znaju, schjas'tje bilo u menja, i im dischalo kazhdoje mgnoven'je. I bilo stol'ko sveta i tepla, i schumnogo, bezumnogo vesel'ja. I bili rjadom vse moi druzja, i i'h slova mne sogrevali duschu. Teper' zhe mezhdu nami goroda, razluka v serdze poselila stuzhu. Transkriptionen sind lustig *lacht* Frei nach dem eigenen Ermessen gemacht, ich hoffe, es liest sich einigermaßen okay. Die Übersetzung ist zwar mein, der Originaltext jedoch nicht. Kapitel 9: Love Lesson One: Under the Moonlight ----------------------------------------------- Meiner morgen in den Urlaub fahrenden Beta zu Ehren und zu Liebe, habe ich mich angestrengt und mit dem Schreiben beeilt – deswegen kommt dies neue Kapitel jetzt recht schnell. Ich bedanke mich herzlich bei für die tolle Arbeit, die sie als meine Beta soweit geleistet hat und bedanke mich genauso herzlich bei dafür, dass sie den Job nun vorübergehend übernehmen möchte ^_^ Aye, es ist doch immer schön, wenn man mit solch einer unterstützenden und hilfsbereiten Leserschaft gesegnet ist. Allen Kommentarschreibern und Favoritennehmern an dieser Stelle ebenfalls ein großes Dankeschön Nun. Dies ist ein Adult-Kapitel, Hand hoch, wer's erwartet hatte *lach* Ich sage nur: zwei heiße Jungs beim Nachtschwimmen im Sommer... welche Shounen-Ai Muse kann da schon widerstehen? Yet remember. Slo~w and steady wins the race =3 Ich wünsche viel Spaß beim Lesen! Fiction ab! Kapitel 9 Love Lesson One: Under the Moonlight Dunkelheit, Wasser und Mondlicht konnten zusammen eine unbeschreibliche Komposition ergeben. Eher unscheinbar bei Tag, offenbarte sich ihnen der kleine See nunmehr wie ein wohlbehütetes Geheimnis, ein Geniestreich der Mutter Natur, gestaltet mit aller Liebe, die nur ein wahrer Künstler für das Meisterwerk seines Lebens aufbringen könnte. Die Bäume, die den irdischen Garten Eden umringten, waren nichts mehr als kolossale Schatten, das Rauschen ihrer mächtigen, reich beblätterten Kronen ein Wispern in den milden, warmen Brisen des Windes, welcher auch die Wasseroberfläche dann und wann ganz leicht zum Kräuseln brachte. Sie war wie ein Spiegel und reflektiere auf ihrer glatten Oberschicht das silberne Licht, das von hoch oben im breiten Blick des Mondes runter fiel. Das Firmament war klar und übersäht mit Sternen – groß und klein, manche heller, manche matter in ihrem immerwährenden Strahlen. Die Luft war frisch und angenehm, schien beinahe durchzogen von dem Kobaltblau der Nacht und vibrierte leicht mit dem seichten Ertönen gelegentlicher Geräusche. Zirpen von Insekten, sanftes Rascheln von Kleintieren, die sich über die Erde bewegten, sogar das Bewegen der Grashalme konnte den Anschien erwecken, hörbar zu sein, wenn der Wind mit seiner unsichtbaren Hand darüber strich. Nur der in Kaskaden fallende Wasserfall erzeugte ein deutlich klarer vernehmbares jedoch sehr volltönendes, beständiges Hintergrundgeräusch. Diese Idylle ließ sich in ihrer vergänglichen Existenz kaum stören von dem eher lauten Plantschen, als ein sportlich schlanker Körper sich kopfüber in die wohltuend kühlen Wassermassen stürzte. Die Flüssigkeit wölbte sich in Wellen auf und versiegte in ihre ursprüngliche, glatte Form, die eingetauchte Gestalt in sich aufnehmend. Diese tauchte erst nach einigen Augenblicken wieder auf, diesmal viel weiter vom Ufer entfernt und stellte, wenn man sie vom selbigen Ufer betrachtete, nun eine dunkle, ins Mondlicht gehüllte Silhouette dar. Im Gegensatz zu seinem jüngeren Freund, nahm Kai sich mehr Zeit und Ruhe, ins Wasser zu steigen. Langsame, aber sichere Schritte trugen ihn den sandigen Seeboden Richtung Seemitte, das kühle Nass kroch stetig seine ansehnliche Statur höher: bis zu den Fußknöchel, dann den Kniekehlen, den Schenkeln, Hüfte, Taille, Brust, Schlüsselbein, Hals und letztendlich gaben seine Sohlen ihren Halt auf. Arme ausgestreckt, glitt er geschmeidig und lautlos in die genormte Schwimmposition, eine leichte Bewegung der Gliedmaßen ließ ihn sich fortbewegen, nur der Kopf blieb über der Oberfläche. Als er bei Tyson ankam, lag dieser auf seinem Rücken auf dem Wasser und bewegte sachte Hände und Füße, um sich auf eben diesem Wasser schwebend zu halten, während die rehbraunen Augen fasziniert in die Tiefen des Nachthimmels blickten. "Es ist verdammt schön hier." Sagte er leise, denn sogar die normale Stimmlautstärke schien in Anbetracht der natürlichen Stille und Pracht um sie herum nicht angebracht zu sein. "Wohl wahr." Stimmte Kai wahrheitsgetreu zu; solche Orte fand man heutzutage nur noch vereinzelt auf der Welt. Ein Stück unberührte Wildnis, die einen ihrer Schönheit wegen zum unbewussten Atemanhalten brachte in Ehrfurcht vor der Kraft, die sie erschaffen hatte. Mehr Worte waren im Moment nicht von Nöten, und für eine liebliche Weile genossen sie das, was sie umgab, bis Tyson in seiner auf der Seeoberfläche ausgestreckten Schwimmposition nah genug ans Ufer kam, sodass er die gemächliche Arbeit seiner Beine aufgab und diese absinken ließ. Bald stand er auch schon fest auf seinen Füßen, immer noch tief genug, damit ihm das Wasser knapp bis unter die Hälfte der Oberarme reichte. "Es wäre schön, wenn wir so ein Plätzchen auch Zuhause hätten, meinst du nicht?" Fragte er in den wie es sich herausstellte leeren Raum hinein, denn nach näherem Umsehen konnte er den Teamleader nirgendwo entdecken. "Kai?" Links, Rechts, Geradeaus. Keine Anzeichen von dem jungen Phönix. Na ja, weit konnte er ja nicht sein... nicht wahr? Tyson drehte sich einmal mehr, Richtung Wasserfall und spähte in die Mondschein erhellte Dunkelheit hinein, versucht, zwischen den runter fallenden Wassermassen die vertraute Gestalt zu sichten. Just in diesem Augenblick ertönte ein kaum vernehmbares Geräusch von aufwallendem und wieder runter rinnendem Wasser, denn eine Gestalt war genau hinter ihm aus dem kühlen Nass aufgetaucht. Gut gebaute Arme schlossen sich abrupt aber sachte um seinen Oberkörper und zogen ihn genauso abrupt aber sachte gegen eine starke Brust. Der kleine Zusammenprall störte einen Atemzug in dem regelmäßigen Rhythmus und das resultierte in einem leisen Aufkeuchen, die anfängliche überraschte Anspannung verflog aber genauso schnell wie sie gekommen war. Der jüngere Blader entspannte sich alsbald in der Umarmung seines Freundes und lehnte sich mit einem ausgelassenen Seufzen gegen den Anderen zurück. "Das musstest du jetzt unbedingt machen, oder?" Lachte er auf und spürte Kais wohl gerundetes Kinn, das auf seiner eigenen Schulter abgelegt wurde. "Ich schätze, schon. Die Verlockung war zu groß, um zu widerstehen." Eine amüsierte Antwort, und rubinrote Augen schielten zu dem Gesicht, dass plötzlich sehr viel näher war, da Tyson seinerseits den Kopf in den Nacken legte und ihn somit im Gegenzug auf Kais Schulter abstützte. "Es ist wirklich schön hier..." Wiederholte er seinen Satz von früher, die Stimme noch einen Ticken mehr gesenkt und die braunen Augen, die in der Dunkelheit der Nacht beinahe schwarz erschienen, wieder gegen den Himmel gerichtet. "...mit dir..." Eine kleine, aber bedeutungsvolle Ergänzung. Hier so zusammen zu sein... es war wirklich einfach nur... schön. Schöner denn jedes bisherige Erlebnis in seinem Leben. Unbemerkbar für den Anderen schmunzelte Kai und drückte Tyson etwas näher an sich. Ein hörbares Erwidern kam von ihm nicht, stattdessen streiften seine Lippen die Schläfe des Jüngeren – eine stumme Antwort, die Tyson zum seligen Lächeln verleitete. Er hatte für seinen Wunsch nicht mal eine Sternschnuppe gebraucht... Mit einer leichten Halsbewegung drehte er sein Gesicht wieder zur Seite und blickte direkt in feurig rote Seen. Sie waren so geheimnisvoll und unergründlich wie immer, doch sogar in jenen rätselhaften Tiefen konnte er jetzt einige Dinge klarer ablesen. Dinge, die sein Herz ungewollt zum Hasten brachten. Nein, sie war nicht hoffnungslos, seine Liebe. Ganz und gar nicht. Eine Sekunde, ein Augenblick, ein Herzschlag – mehr verging nicht, bis sich ihre Lippen in einem behutsamen Kuss trafen, federleicht und beinahe unschuldig. Umso stärker waren die Gefühle, die mit einem Male Tysons Brust füllten und sich in dieser expandierten, so sehr, man könnte meinen, der pulsierende Muskel wollte aus dem Käfig seiner Rippen ausbrechen. Mit etwas Kooperation von seiner Seite wurde er herumgedreht in den Armen, die ihn hielten, und war nun in der Lage, die eigenen um den Hals seines Teamchefs zu legen. Wie und wann seine Augen zugefallen waren, wusste Tyson nicht zu sagen, dies kümmerte ihn auch nicht, als sie in einen langsamen, sinnlichen Kuss versanken. Zwei weiche Lippenpaare, die immer wieder zärtlich aufeinander trafen, sich gegenseitig einfingen und los ließen, nur um Augenblicke später wieder zu verschmelzen. Es war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend, die ganze Welt verblasste und löste sich auf, es existierten nur noch er, Kai, und dieser eine Kuss. Früher hatte er gedacht, dass es nur Beybladematches waren in denen er dermaßen, so restlos und vollkommen, versinken konnte. Aber eine einfache Geste... ein anderer Mensch... Dieser Zauber war viel stärker, als der Adrenalinrausch des Kampfes. Eine Trunkenheit der vollends anderen Sorte, die in wohligen Schauern und warmem Kribbeln durch seinen ganzen Körper dahinjagte. Sein Handeln war instinktiv, ausgelöst durch das Bedürfnis nach – mehr, näher, stärker. Der Ring seiner Arme schloss sich fester um Kais Hals und er presste sich dichter an den Älteren, spürte den sanft verstärkten Druck um den eigenen Körper und ob dies der Grund für sein Aufkeuchen war, oder doch die vorwitzige Zunge, die ihren Weg zwischen seinen Lippen hindurch in seine Mundhöhle fand, vermochte er nicht zu deuten. Er grüßte den weichen Muskel geschickt und liebevoll mit dem eigenen, was zwei Herzen zum kurzen, aufgeregten Stocken brachte. Das Küssen hatte Tyson mittlerweile ganz gut drauf, denn an Übung hatte es ihm die letzten Tage gewiss nicht gefehlt. Nichtsdestotrotz hatte dieser Moment etwas außergewöhnlich Magisches an sich und sogar wenn sie sich wieder voneinander lösten, fanden ihre Lippen in kleinen Intervallen wieder zueinander, es war schwer, sich von diesem Gefühl zu trennen. Wie harmlose Elektrizität die einen vom Haar- bis in die Zehnspitzen erfüllte, und jedes neckische, zärtliche Aufeinandertreffen der Lippen gab einen weiteren kleinen Stromstoß, der alle Muskeln zu wohligen Kontraktionen brachte. Er wünschte, dieser Moment würde nie aufhören. Konnte man einen Kuss in die Ewigkeit strecken? Nun, sie zumindest versuchten es, und es waren ordentlich Minuten vergangen, bis sie sich leicht außer Atem endlich endgültig voneinander losreißen konnten. Oder ihre Münder, zumindest. Die Umarmung blieb bestehen, Tysons Gesicht fand sich ein behagliches Versteck in Kais Halsbeuge und eine kleine Weile standen sie einfach nur so da, im Wasser, nah beieinander, unter den silbernen Mondstrahlen. "Kai?" Das Murmeln streifte in einem warmen Luftzug über seine Haut, und die Augen nicht vom sternenbepunkteten Firmament abwendend, ließ Kai ein leises "Hm?" verlauten. "Bist du glücklich...? Mit mir...?" Ein Arm löste sich aus der schützenden Position um Tyson, und die dazugehörige Hand strich sanft durchs nasse, nachtblaue Haar. Die Antwort fiel Kai überraschend einfach. "Ja, Tyson. Das bin ich." Schlicht, bündig... jedoch auch ehrlich. Ich hatte in meinem Leben nicht viele Gegebenheiten zum Glücklichsein. Aber jetzt war er es. Das zu leugnen hatte weder Sinn, noch gab es dazu einen Grund. Es dauerte nicht mehr lang, bis sie sich daran machten, aus dem Wasser zu steigen. Eine breite Decke wurde rausgeholt und unmittelbar danach ließ Tyson sich rücklings auf diese zurückfallen, das junge, weiche Gras darunter stand einer Matratze in nichts nach. Er atmete aus, tief und befreit, bevor seine Lungen in einem ebenso tiefen Einatmen wieder mit reiner, klarer Luft gefüllt wurden. Die dunkelbraunen Augen fanden sich einmal mehr Angesicht zu Angesicht mit dem Sternenhimmel und dieser war immer noch genauso unbeschreiblich schön. Kai legte sich kurze Zeit später neben ihn, sich auf einem Unterarm abstützend. Der andere Arm nutzte umgehend seine Bewegungsfreiheit, sank vorsichtig in einer losen Umringung auf Tysons Bauch hinab und begann sanft mit dem Daumen die schön geformte Kurve zwischen dem letzten Rippenring und dem Hüftknochen entlang zu streicheln. Der Blick des Jüngeren glitt vom Firmament zu dem hübschen Antlitz des Phönix. Ein kleines, etwas nervöses Lächeln zierte Tysons Lippen. Es war eigentlich das erste Mal, dass jene Hände ihn an solchen Stellen ohne die Barriere von Kleidung berührten. Im Wasser war es noch weniger spürbar gewesen, doch jetzt nahm der junge Drache selbige Berührungen des Anderen umso akuter wahr. Und dabei war es eigentlich nur ein Arm, der um seine Taille lag und eine Hand, die beschaulich seine Seite rauf und runter wanderte. Ungewollt musste er etwas schwerer schlucken, denn ein bekannter Funken war in den roten Rubinen. Dieses ruhige, aufmerksame, nicht eindringliche Mustern, wie damals vor ihrem ersten Kuss. Was kam jetzt? Natürlich war Tyson sich dessen bewusst, was eine echte Beziehung alles bedeutete. Unter anderem beinhaltete sie auch das Entwickeln eines Sexlebens und ob er sich für derartige Intimität bereit fühlte, wusste er beim besten Willen nicht. Wie auch, fehlte ihm in dem Bereich doch so gut wie jegliche Erfahrung, denn dass er in sowohl homo- als auch heterosexueller Hinsicht Jungfrau war, war für einen siebzehnjährigen Jungen mit seiner Erziehung und seinen Moralvorstellungen wahrscheinlich nicht sonderlich verwunderlich. Die zwangsläufige Frage war nun, wie fand man um das Bestehen dieser Bereitschaft heraus? Die Antwort ergab sich fast automatisch, das Austesten und Überwinden von Grenzen war angebracht und ob es schnell oder langsam gehen würde, gut oder schlecht ausfiel, Spaß oder Enttäuschung brachte, hing von ihnen beiden ab. Kai war in dem Aspekt im Vorteil, das wusste auch Tyson. Der ältere Blader hatte schon Beziehungen gehabt, unter anderem mit Tala, in Punkto Erfahrung und Sachkenntnis war er dem Drachen wahrscheinlich weit voraus. Seine Handlungen und sein Verhalten sprachen ebenfalls für sich – vorsichtig, behutsam, bedacht. Komfort und Behaglichkeit spielten eine große Rolle, wenn man diesen Schritt ging, und obwohl aufgeregt, fühlte er sich mit Kai wohl. Hatte er von Anfang an getan, denn er vertraute ihm. Auch hier? Jetzt? Damit? Irgendetwas musste Kai abgelesen haben, ob nun in seinem Gesichtsausdruck, seinen Augen, oder seinem Verhalten insgesamt, vielleicht handelte er auch auf gut Glück, doch daran konnte man mit Recht zweifeln. Er beugte sich etwas vor, über Tyson, und dann zu dem Jüngeren runter, um ihre Lippen einmal mehr zueinander finden zu lassen. Der Kuss an sich war weniger vorsichtig, feuriger, inniger, doch Tyson fing sich recht schnell und ging mit diesem Eifer mit. Das Kribbeln war da, sofort und intensiv, nur noch verstärkt durch Kais Hand, die von seiner Seite zu seinem Bauch strich, welcher reflexartig etwas eingezogen wurde. Selbe Hand stoppte nicht in ihrem Tun, sondern glitt langsam und mit etwas Druck zur Brust hoch, genau der Einsenkung in der Mitte entlang. Dann ein Stück nach Links und schon hielt sie in ihrer Aufwärtsbewegung inne, genau über den Punkt, wo ein aufgeregtes Herz nun direkt unter ihrer Handfläche unermüdlich pochte. Ein kurzes, aber sehr anregendes Zungenspiel und jene Lippen bewegten sich plötzlich auf einem Pfad, den sie bisher noch nie genommen hatten. Vom Mundwinkel und Tysons Wange runter, ein sachtes Nippen an dem geschmeidigen Kieferknochen und in dem Moment, in dem das weiche Paar sanft etwas weiter runter und auf seinen Hals aufkam, raste ein Schauer Tysons Rücken entlang wie Feuer, das einen benzingetränkten Baumstamm hochschoss. Natürlich wusste er, was dies war, die Kunst des Vorspiels, die er doch schon gesehen und worüber er auch gelesen hatte. Es zu wissen jedoch, und es zu fühlen, lag Welten auseinander. Vergleichen konnte er es mit nichts, das Prickeln in fast jeder Faser seines Körpers, obschon er das noch schwache Ziehen in der Lendengegend und die Bedeutung davon kannte. Besagtes Ziehen wurde umso stärker, als eine geschickte Zunge über seine Haut fuhr, die nunmehr schneller pulsierende Schlagader hoch zum Ohr. Tyson stockte der Atem, ein wissentlich platzierter Kuss genau auf dem sensiblen Punkt etwas hinter dem Ohrläppchen stieß ihm die Luft aus den Lungen. Es wurde nur noch besser – oder schlimmer – wenn sich gerade, weiße Zähne an eben diesem Ohrläppchen vergriffen, doch lange auf der Empfindung verweilen konnte er nicht. Die Hand, die bisher so unschuldig auf seiner Brust gelegen hatte, nutzte ihre vorbedachte, praktische Position aus indem sie den Daumen hauchzart über die empfindliche Brustwarze streifen ließ. Die Reaktion war unmittelbar und höchstwahrscheinlich instinktiv: ein lautes Aufkeuchen und das leichte Aufbäumen des bis dato in solchen Sachen unschuldigen Körpers - der stimulierenden Berührung entgegen, unbewusst für sich hungrig nach mehr. Ein gutes Zeichen, der junge Drache war entkrampft gewesen, also ließ er sich auf das, was Kai mit ihm anstellte, soweit ein. Aufgeregt – sicherlich, unsicher – bestimmt, aber nicht beklommen oder verschreckt. Vorsichtig sollte, musste und wollte Kai sein, im Gegensatz zu ihn betrat Tyson nämlich gerade gleich doppeltes Neuland – erste Intimität, und das auch noch mit einem gleichgeschlechtlichen Partner. Denn Kai hatte vor seinem Verhältnis mit Tala, seine ersten Erfahrungen doch mit Mädchen gesammelt und vergleichen konnte man die beiden Sachen gewiss nicht, auf mentaler Ebene sogar noch weniger als auf körperlicher. Ein mildes Rot hatte auf die Wangen des jungen Drachen gefunden, ob der Verlegenheit, Erregung oder Beidem wegen. Seine Atmung war nun flacher, schneller, und Kai stoppte kurz in seinem Tun, um wieder hoch zu kommen und die geöffneten Lippen kurz und beruhigend mit den eigenen zu verschließen. Lange, schwarze Wimpern flatterten ein Stück nach oben, befähigten somit rehbraune Augen dazu, ihn anzusehen. Ein weiterer Kuss gegen die elegante Anhöhe des Wangenknochens, bevor die ersten Worte seit einiger Zeit in einem geruhsamen Flüstern gesprochen wurden. "Nur ein Wort. Okay?" Ein leichtes Nicken seitens Tyson, jedoch kein Protest. Klar, es war ungewöhnlich, etwas seltsam, noch ein wenig nervenaufreibend, aber dennoch angenehm. Was Kai gemeint hatte, war ihm klar und das Wort, oder Wortpaar, das als Zeichen dienen sollte, drehte sich im Allgemeinen um solche wie 'Stopp', 'Hör auf' oder 'Nein'. "Entspann dich einfach... und genieß es." Wisperte Kai dem Jüngeren das zu, was viele vergaßen. Denn darum und nur darum ging es – Vergnügen, und Genuss. Befriedigung. Alles andere war Fehl am Platz; Angst, Sorgen, Bedenken, Eile und Übereifer sollten raus aus dem Sinn, denn man sollte diese Augenblicke spüren und es genießen, jemandem, der einem viel bedeutete, ganz nah zu sein. Näher als man je jemand anderem sein würde, sein sollte und sein wollte. Das war die Idee dahinter, das war Intimität. Es ging nicht um den Höhepunkt, dieser war nur ein sehr netter Bonus, der sowieso immer kam, wenn man den Weg bis dahin auszuleben und zu genießen wusste. Tat man es nicht, würde man ihn auch nicht erreichen und wenn, dann würde er nicht annährend so gut werden wie er wirklich sein konnte. Intimität war ebenfalls eine Kunst und die wollte Kai zusammen mit Tyson erschaffen. Schritt. Für Schritt. Sein Mund begab sich also wieder auf Wanderschaft, zusammen mit seiner neugierigen Hand. Die Lippen erkundeten wieder den schlanken, langen Hals, suchten nach den liebreizenden Stellen, die am empfindlichsten waren, während die Hand Tysons Seite runter zu der Hüfte glitt, weiter den vom Wasser nassen Stoff runter, der den strammen Schenkel bedeckte. Der zittrige Atem des Anderen trieb an, genauso wie das gelegentliche Erschaudern seines ansehnlich proportionierten Körpers, und dieser war wirklich schön. Nicht so muskulös und kräftig wie Kais eigener, aber athletisch und grazil, alle Kurven und Rundungen an genau dem richtigen Platz. Er war makellos, und das machte ihn nur umso attraktiver für weitere Erkundungen. Tyson spürte sehr wohl die kleinen Küsse, die über seine Haut verteilt wurden, sie tasteten sein Schlüsselbein ab und huschten dann weiter runter zu der sich mittlerweile schneller senkenden Brust. Er wusste nicht so recht, wohin mit seinen Händen und ließ sie soweit tatenlos und ruhig zu seinen Seiten liegen, nur die Finger der Rechten krümmten sich ein wenig, als Kais eigene sachte und langsam zu seinem Knie runter glitt und der Daumen in kreisenden Bewegungen etwas über der Kniescheibe strich. Die Berührungen, so behutsam wie sie kamen, waren sehr stimulierend, jedoch nicht so... schockierend wie das, was dann kam, in dem Moment, als sich geschmeidige Lippen sanft aber bestimmt um eine kleine, braune Knospe schlossen und eine feuchte Zunge zärtlich drüber leckte. Das leise Aufstöhnen war eine eher unbewusste Reaktion und erschrak sogar Tyson selbst ein wenig, er verkrallte seine Finger in die Decke unter ihm, um einer besseren Kontrolle Willen. Doch genau diese Kontrolle schien etwas zu sein, was Kai unbedingt vertreiben wollte, denn er biss sanft in die erregte Brustwarze und saugte dann an ihr bis ein weiteres, verhaltenes und dafür umso mehr bezauberndes Stöhnen seinen Weg aus Tysons Kehle bahnte. Kais Hand rutschte elegant, wie ob versehentlich, zu der Innenseite des Schenkels und dann hoch, Zentimeter für Zentimeter. Er hörte das scharfe Lufteinziehen und spürte das reflexartige Verkrampfen, behielt die Hand erstmal wo sie war und bewegte stattdessen seine Lippen weiter südlich. Er bedachte jeden Rippenring mit sorgvollen Berührungen, seine Zunge hinterließ eine feuchte Spur den angespannten Bauch runter und tauchte dann geschickt in die engen Tiefen des Bauchnabels. "Ah!" Ein gedämpfter Aufschrei, ordentlich gemachte Fingernägel kratzen über die faserige Oberfläche der Decke und Tysons Becken schnellte ein kleines Stück nach oben, ganz ohne sein Zutun. Er winkelte ein Bein an, die Sohle auf den Boden abstützend um mehr Halt zu finden, doch das hatte auch zu Folge, das Kais Hand tiefer glitt, näher zum Grund für die plötzliche Unruhe seines jüngeren Freunds. Unmerklich für den Anderen, lächelte der Phönix flüchtig gegen die weiche Haut, die sich über die schön definierten Bauchmuskeln straffte. Um die Anspannung etwas zu lindern, arbeitete er sich wieder hoch und fand letztendlich die leicht geöffneten Lippen, damit er sie in einem liebevollen Kuss verschießen konnte, darauf bedacht, den Drachen nicht in seiner schnellen, unregelmäßigen Atmung zu sehr zu behindern. Letztendlich legte er seine Hand in einer hauchzarten Berührung in den Schritt des Anderen, genau dort, wo die ihm wohlbekannte Wölbung sich unter dem Material der Badehose versteckte. Tyson zuckte zusammen und presste sich mit einem weiteren, scharfen Lufteinziehen in das deckenverhüllte Gras, Augen fest zugekniffen. Obschon es keinesfalls unangenehm war, das leichte Reiben, war es doch... peinlich. Irgendwie. Denn da hatte ihn bisher noch niemand angefasst, außer... Komischer- oder vielleicht auch natürlicherweise drehte sich das, was Kai ihm als Nächstes zuflüsterte, genau um das, was er dachte. "Entspann dich... Du hast dich doch schon mal selbst angefasst, oder?" Während er sprach, küsste er seinen Weg zum Ohr des Jüngeren hinauf. Von Tyson kam nur ein leises, zugleich eingestehendes und protestierendes Wimmern. Natürlich hatte er das Mal, welcher Teenager, Junge oder Mädchen, tat das nicht? Aber das wirklich zur Sprache bringen musste ausgerechnet jetzt doch nicht sein... Oder...? Vielleicht doch, zumindest diente es seinem Zweck als Überleitung, Hinweis und Beispiel dafür, was geplant war. Der Lufthauch der Worte ging direkt in Tysons Ohrmuschel hinein und brachte ihn zum wohligen Erschaudern: "Dies ist fast dasselbe. Nur besser." Zumindest wenn's richtig gemacht wurde und Kai war sich eher sicher, dass er es richtig machen konnte, wenn er wollte. Und jetzt gerade, wollte er das. Für den gebürtigen Japaner klang das sowohl intrigierend als auch ungewöhnlich, und irgendwo erweckte es den Drang, jene Worte auf ihre Wahrhaftigkeit zu überprüfen. Ob es wirklich so viel besser war? Musste ja wohl, zumindest waren die Vorteile nachvollziehbar. Man musste den Job nicht mehr selber machen und konnte sich viel besser auf das Fühlen konzentrieren. Dazu kamen die sanften Küsse, hier und da, die ebenfalls nicht mehr nur in der Fantasie zu Anregungszwecken stattfanden. Nein, diese Küsse waren definitiv real und brachten ihn zum wonnigen Seufzen, als sie über seinen Hals und sein Gesicht streunten. Sie schafften es sogar fast, ihn davon abzulenken, was weiter unten stattfand, wo Kais Hand gerade in einer geschmeidigen Bewegung unter seinen Hosenbund glitt. Die Berührung von der im Vergleich kühlen Hand gegen sein heißes, erregtes Glied war eine elektrisierende Sensation, die Tyson ein tiefes Stöhnen entlockte, sehr zu Kais Wohlgefallen. Die Finger des Jüngeren verkrallte sich umso fester in die Decke, doch es war nicht genug, um diese Empfindungen in den Griff zu bekommen, als selbige Hand ihn in einem langsamen, vorsichtigen Rhythmus zu streicheln begann. Deswegen fand sein freier Arm um Kais Hals, er zog den Älteren runter, näher zu sich. Unfähig, die Augen zu öffnen, unfähig, seine chaotische Atmung zu beruhigen, unfähig, zu denken. Sogar fürs Schämen blieb keine Zeit mehr, zu sehr zog und kribbelte es überall, am stärksten in der Bauchgegend. Es war doch irgendwo ein Komfort, dass er nicht ganz nackt war. Da war nur eine fremde Hand in seiner Hose und sie... ooooh. Sie brachte ihn gerade um den Verstand. Es fiel sehr viel schwerer, seine Stimme zu kontrollieren, immer und immer wieder entflohen kehlige Laute seiner Brust und sie zu unterdrücken kostete langsam aber sicher mehr Aufwand, als er aufbringen konnte. De facto war es viel angenehmer und befreiender, sie einfach raus zu lassen. Ohne die Bedenken, dass ihn irgendjemand hören konnte außer dem einen Menschen, für dessen Ohren diese Genussäußerungen bestimmt waren und der sie mit seinem Handeln aus ihm heraus beschwor. Sein Körper reagierte da schon heftiger, insbesondere wenn die behutsamen Streicheleinheiten zu festem, druckunterlegtem Massieren wurden und Kais Daumen dann und wann mit Betonung über seine Eichel fuhr. Ein kaum zu bändigendes Zittern erlangte die Macht über seinen, bis zum Zerbersten mit Wärme und Erregung gefüllten Leib. Jede hitzige Reaktion, die er von dem Anderen bekam, befriedigte auch Kai ungemein, auch wenn soweit nur auf mentaler Ebene. Der junge, unerfahrene Körper, der ihm so schutzlos ausgeliefert war und so lieblich und schnell unter seinen Berührungen nachgab, kombiniert mit der entzückenden Melodie jener Stimme, war ein ziemlich ästhetischer sowohl auch unheimlich süßer Anblick. Der beinahe krampfartige Klammergriff, den Tyson um ihn hatte, störte ihn herzlich wenig, im Gegenteil, es war eher beruhigend, zu wissen, dass der Jüngere es genoss und ihn als Stütze für seine sicherlich ziemlich verrückt spielenden Sinne benutzte. Lange würde Tyson nicht mehr aushalten, das wage Pulsieren und Zittern des angeschwollenen Glieds verriet, dass er dem erlösenden Höhepunkt sehr nah war. Ein paar geschickte Handgriffe später war es dann auch so weit, Tysons gesamter Körper versteifte abrupt und bäumte sich dann auf, erschüttert von einer Welle der Wonne und Ekstase, die in einem sanften Aufschrei und dem Ausguss von milchig-weißer Flüssigkeit den Weg in die Freiheit fand. Seine erschöpfte Gestalt erschlaffte abrupt, und schlug leicht gegen den Boden unter ihm auf als sie wieder absank, denn die Muskeln entkrampften und entspannten sich wieder. Keuchend versuchte er, wieder Sinn und Verstand beisammen zu kriegen und öffnete die Augen – es fühlte sich an, als wäre eine Ewigkeit vergangen seit dem letzten Mal, in dem er die Umgebung um sich herum optisch wahrgenommen hatte. Das Erste, was ihn begrüßte, war Kais Antlitz und dieser Blick in den tiefroten Augen. Zufrieden, ausgelassen, ein wenig amüsiert, aber vor allem... liebevoll. In etwa wie man seinen neu erworbenen, flauschigen Welpen anschaute, nachdem dieser irgendwas außerordentlich Niedliches getan hatte. Nur dass Tyson nicht wirklich was getan hatte, außer einer kleinen Sauerei. Er wusste auch, warum sein Gesicht brannte und er wusste ebenfalls, welche glorreiche Farbe es gerade zieren musste. Genau auf eine seiner erhitzen Wangen platzierte Kai einen sanften Kuss. In einer beiläufigen Geste wischte er seine Hand verhältnismäßig sauber an der Innenseite der sowieso beschmutzten Badehose und zog sie dann, zu Tysons Erleichterung, aus eben dieser Badehose zurück. "Ich schätze, wir können uns eine letzte kleine Abkühlung gönnen, meinst du nicht?" Kais Stimme klang etwas rauer als sonst, und die erwähnte Abkühlung könnte er definitiv gut gebrauchen, denn all das freudige Stöhnen und das sich Klammern und sich Bäumen und sich Winden des Anderen waren nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Tyson, immer noch im Zustand angenehmer Benebelung und postorgastischer Gefühle, schien dem gegenüber eher blind zu sein, und das war auch gut so, denn zu irgendeiner Gegenleistung verpflichtet fühlen sollte er sich nicht. Der erste Schritt war getan, von da an konnte es eigentlich nur noch besser werden. In jeder Hinsicht. Für sie beide. Tyson antwortete nicht, sondern zog Kai einfach nur weiter runter und schloss auch den anderen Arm um ihn, die Finger auf der dazugehörigen Hand eher steif und leicht pochend von der ausgeübten Kraft, mit der sie die arme Decke gedrückt hatten. Sie lagen dann einfach nur ein wenig so da und kamen nicht wirklich umhin, ein paar sanfte Küsse auszutauschen. Aber langsam wurde es ziemlich spät und Kai konnte mit Leichtigkeit feststellen, dass Tyson ziemlich schnell ziemlich müde wurde. Sicherlich kein Wunder in Anbetracht des gerade Erlebten. Nach einem letzten Eintauchen ins kühle Nass also, wurde sich in trockene Klamotten umgezogen und nicht viel später kamen sie wieder Zuhause an. Das leise Murmeln aus dem Wohnzimmer stammte allem Anschein nach vom Fernseher und während Tyson schon mal nach oben ging, um sich bettfertig zu machen, lugte Kai kurz ins besagte Zimmer rein. "Hey. Immer noch wach?" Fragte er in den Raum hinein, sehen konnte er eigentlich nur Ray, da dieser im Sessel saß, dementsprechend war die Frage auch an ihn gerichtet. "Ich zumindest schon." Antwortete der Gefragte in gedämpfter Lautstärke und nickte kurz Richtung Sofa auf dem Max bereits friedlich schlummerte. Kai trat ein und spähte über die Lehne, schmunzelte dann leicht. "Wieder bei einem seiner zahllosen Lieblingsfilme eingeschlafen, huh?" Und das war dieses Mal eher eine belustigte Feststellung. Max war ein kleiner DVD-Proll, es gab kaum einen Film, der nicht irgendwie sein Lieblingsfilm war oder den er nicht irgendwo irgendwann gesehen und toll gefunden hatte. War wohl seine amerikanische Ader, die Liebe zum Fernsehen fehlte ihm gewiss nicht. Ray gab ein weiches Auflachen von sich. "Scheint so. Ich denke, ich lass ihn einfach hier schlafen, er scheint's ja ziemlich gemütlich zu haben." In der Tat, dicht in die Kissen gekuschelt, sah der Blondschopf nicht so aus, als würde er es begrüßen, aus seinem Traumland gerissen zu werden. Kai nickte nur und schritt wieder aus dem Zimmer nur um wenig später mit einer Decke zurückzukehren. Der junge Tiger beobachtete dann mit einem angenehmen Gefühl der Wärme um sein Herz, wie der Teamleader selbige Decke über Max warf. Kai hatte sich wirklich verändert die letzten Jahre, und die letzten Monate umso mehr. Seine Wortkargheit und kühles Auftreten mochten größtenteils geblieben sein, aber es waren die kleinen Dinge, die er für seine Teamkameraden tat und die er zu ihnen sagte, die so viel bedeuteten und so unschätzbar waren. Irgendwie war er vom Teamkapitän zu einer Art großen Bruder geworden, zumindest gab er wie einer, in seiner eigenen subtilen Art und Weise, immer gut auf sie alle Acht. Ray freute das ungemein, denn von Kais Lebenserfahrung und Kenntnissen konnte man eigentlich nur profitieren, wenn er einen denn an diesen Teil haben ließ. Und er war eigentlich auch ein toller Mensch, wenn man gelernt hatte und gewillt war auch mal tiefer zu schauen und hinter seine nonchalante Maske zu blicken. "Bleib nicht zu lang auf." Ein beiläufiger, gut gemeinter Rat und Ray nickte, eine Lächeln auf den Lippen. "Ich werd's versuchen. Gute Nacht, Kai." "Nacht, Ray." Damit war der junge Russe die Treppen rauf verschwunden, um wenig später mit einem rundum zufriedenen Tyson im Arm ruhig und friedsam einzuschlafen. Kapitel 10: Premonitions ------------------------ Aye, neues Kapitel im Anflug! Ich hoffe, man wird Spaß beim Lesen haben, Fiction ab! Kapitel 10 Premonitions Um ihn herum, war nichts als Nebel. Eingehüllt in weiße Schwaden sah er rein gar nichts, egal zu welcher Seite er blickte und in welche Richtung er spähte. Nur Nebel, dicht und undurchdringbar. Seine Ohren vernahmen plötzlich ein Geräusch, als ob irgendwo ein Tropfen in eine kleine Pfütze gefallen war. Und dann noch einer. Und einer mehr. Pling. Pling. Pling. Vor seinen Augen, inmitten des milchigen Nebels, zeichneten sich dunkle Konturen ab. Eine verschwommene Silhouette - und sie versetzte seinem Herzen einen schmerzvollen Stich, welcher den Leben schenkenden Muskel zu einem schnelleren Schlagtempo antrieb. Er brauchte nur diese sich abzeichnende Gestalt zu sehen, um zu wissen, wem sie gehörte. Pling. Pling. Pling. Es waren keine Tropfen. Über der Oberfläche des Bodens, auf dem auch seine Füße standen, lag ein kleiner Wasserfilm wie ein durchsichtiger Glasteppich. Das Geräusch war das leichte Aufkommen jener Sohlen auf genau diesem flüssigen Teppich, während die Gestalt auf ihn zuschritt. Pling. Pling. Pling. "Du hast dich gut eingelebt, nicht wahr, Kai?" Eine freundliche, schmerzhaft bekannte Stimme und die sanften Noten in ihr waren trügerisch, denn sie waren untermalt von der Kälte, die sich wirklich hinter diesen Worten versteckte. "Mit deinem neuen Team. Mit deinen neuen Freunden." Jeder Satz war wie ein sinnbildlicher Schlag ins Gesicht. - Neues Team. - - Neue Freunde. - "Deinem neuen Lover." Ein verächtliches Schnauben. Pling. Pling. Pling. Die Silhouette war nun so nah, ein Ausstrecken der Hand würde reichen, um sie zu berühren, was er nicht zu wagen vermochte. Doch sie war immer noch nichts mehr als ein dunkler, verschwommener Schatten. - Neuer Lover. - 'Geh schon. Renn deinem neuen Leben entgegen. Dich wird hier keiner vermissen, ich am allerwenigsten.' Das Echo derselben Stimme, die der Gestalt gehörte, auch wenn sie nicht gesprochen hatte. Es war einfach nur ein körperloses Widerhallen gewesen in diesem Zeit- und Raumkontinuum, welches voll mit weißem Nebel war. Das Widerhallen der Erinnerungen. - Neues Leben. - "Bist du glücklich, Kai?" Diesmal sprach die Silhouette wieder selbst und anhand der Bewegungen der Schatten, aus denen sie bestand, konnte er sehr gut ihre Körperhaltung nachvollziehen. Die Arme vor der Brust verkreuzt. Ein Markenzeichen. Sowohl von ihm selbst, als auch von der Gestalt vor ihm. 'Bist du glücklich...? Mit mir...?' Diese Stimme war eine andere, aber eine nicht minder bekannte. Tyson... Und wie aus dem Nichts, tauchte eine weitere Gestalt inmitten des Nebels auf. Etwas kleiner und schlanker als die erste. Und genauso wie die erste, erkannte er die zweite Gestalt sofort. Pling. Pling. Pling. Die erste Silhouette war zurückgetreten und etwas Seltsames passierte mit dem Nebel. Hauchdünne, etwas verzerrte rote Striche zogen sich durch das rauchige Weiß, schlängelten sich in alle Richtungen und färbten selbiges Weiß, das sie berührten, um. Wie scharlachrotes Blut, das auf unberührten Schnee fiel. Die erste Gestalt deutete auf die zweite, und sprach dabei mit vorgeblichem Interesse: "Wie viel Zeit gibst du euch, Kai?" So, als wüsste sie die Antwort schon. 'Hin und her, nicht wahr? Du läufst immer noch hin und her, Kai. Rennst und suchst den Platz, an dem du dich zugehörig fühlen kannst. Dein ganzes Leben lang bist du nur gerannt.' Die zweite Gestalt hob dann die Stimme und diese war komplett aufrichtig in ihrer herzensguten Besorgnis. "Diesmal bleibst du doch wirklich, oder, Kai? Versprich mir, dass du diesmal wirklich bleibst. Hier. Bei uns." 'Wir sind doch Freunde, oder, Kai? Greif meine Hand!' Mit einem Knacken von brechendem Eis, tat sich der Boden unter seinen Füßen auf. Kein Laut kam über seine Lippen, nicht mal ein Aufschrei. Nur sein Arm schnellte nach vorne, die Hand ausgestreckt, um eine andere zu greifen. Die Selbe, die, um ihn zu retten, ihm schon einmal gereicht wurde. Und seitdem, immer und immer wieder. Doch statt feingliedriger Finger schlossen sich urplötzlich mächtige Wolfskiefer um sein Handgelenk, die messerscharfen Zähne gingen durch Haut, Fleisch und Muskeln wie ein heißes Messer durch die Butter. Blut quoll auf und lief in breiten Rinnsalen seinen Arm herunter während er hilflos über einem bodenlosen, schwarzen Nichts hing. Erschrocken blickte er auf, direkt in zwei eisig blaue Augen. Der weiße Schneewolf, der ihn über dem Abgrund hielt, war riesig. Sein Blick jedoch hatte nichts Animalisches an sich. Er war erfüllt von einem menschlichen Gefühl. Hass, stark genug, um erbarmungslos Klauen in ihn zu schlagen. Aber auch Liebe, stark genug, um ihn trotz allem nicht fallen lassen zu wollen. 'Du hattest also nie einen Freund, Kai? Der dir durch eine schwere Zeit geholfen hat...?' "Verleugnest du mich nun, Kai? Verleugnest du nun alles, was wir hatten? Was ich für dich getan, geopfert habe?" Die so vertraute Stimme war jetzt ein tiefes, verzerrtes Knurren. Grollend, und wütend. "Bin ich nunmehr nicht mal der Bezeichnung eines Freundes Wert?!" Die Zähne bissen fester zu, das Blut floss schneller. Und die Worte in seiner Brust drückten gegen diese, zerfetzten sie von Innen heraus, doch nichts kam aus seinem Mund. Wie immer. Wie damals. 'Geh schon. Ich werde dich nicht aufhalten. Ich werde mich nicht an dich klammern und dich anflehen, zu bleiben. Es ist deine Entscheidung. Deine Wahl. Und wie ich sehe, hast du sie bereits getroffen. Doch diesmal, bleib doch bitte dabei. Bleib dort. Bleib, und komm nicht mehr zurück.' "Wie lange, Kai? Wie lange, bis du wieder wegrennst?" "Ich werde nicht-" "Hah! Das hast du mir auch gesagt. Erinnerst du dich? Du hast mir geschworen, du wirst nie wieder zu ihnen zurückkehren. Dass du bleibst. Hast du ihnen dasselbe versprochen, bevor du zu mir kamst? Huh?!" "Ich wollte dich-" "Mich nicht anlügen? Mich nicht verlassen? Mich mitnehmen? Wie lange willst du dir selbst noch etwas vorspielen? Du wusstest es doch von Anfang an." "Das ist nicht wahr... Ich..." "Du bist ein Lügner, Kai. Ein Lügner, ein Heuchler, und ein Feigling. Und sobald er das ebenfalls begriffen hat... Wirst du wieder rennen." "Nein!" Der Griff um sein Handgelenk schlaffte ab. "Du wirst rennen, Kai. Dein ganzes Leben lang..." "Ich..." Die Kiefer öffneten sich, die spitzen Reißzähne glitten aus den Löchern, die sie in sein Fleisch geschlagen hatten. "Immer nur... am Wegrennen..." Sag es... Schrei es... Lass es ihn wissen! Er wurde losgelassen. Und fiel... "Es tut mir Leid!" Ein ersticktes Wispern flog von seinen Lippen und urplötzlich war es sonnig hell um ihn herum, er saß aufrecht in einem Bett, eine seiner Hände krampfhaft um das Handgelenk der anderen geschlossen. Tyson war aus seinem Schlaf aufgeschreckt, sobald der warme Körper neben ihm sich abrupt aufgesetzt hatte, sein schlaftrunkener Verstand begriff noch nicht viel und vernahm nur ein leises Murmeln, das definitiv von Kai gekommen war. Mit dem Handrücken an dem linken Auge reibend, war das rechte bereits geöffnet und starrte benommen zu dem Teamleader. "Meine Güte, Kai. Was soll denn das?" Alle Verstimmung war jedoch jäh verflogen, als er den Kopf etwas neigte und in das Gesicht des Älteren blickte. Kai war ungewöhnlich blass und sah irgendwie verstört aus, die tiefroten Augen, weit geöffnet, starrten unkoordiniert auf die Bettdecke, die sich nach dem abrupten Hochschellen in seinem Schoß in Falten zusammengelegt hatte. Der junge Drache rutschte ein Stück näher und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter, spürte, wie der Andere leicht unter der Berührung zusammenfuhr. Es schien, sie hatte ihn aus seiner mentalen Starre gebracht. "Hey. Alles okay?" Kais eine Hand löste ihren krampfhaften Griff um das Gelenk der anderen und fuhr stattdessen durch sein doppelfarbiges Haar. Er drehte den Kopf zu Tyson und sein Mundwinkel zuckte nach oben in einem matten Lächeln. "Alles in Ordnung. Nur ein dummer Traum." Erläuterte er, beobachtend, wie Tysons Augenbrauen sich etwas zusammenzogen. Aufrichtige... Besorgnis... huh? "Magst du erzählen?" Bot der Drache leise an, denn besorgt war er wirklich. So hatte er Kai noch nie gesehen, andererseits hatte er auch nie wirklich daran gedacht, dass der Andere, wie jeder normale Mensch, auch ab und zu mal Alpträume haben konnte. Schließlich hatten sie bis vor kurzem noch nie die Nächte nebeneinander verbracht. Kai lehnte sich ein wenig vor und stahl sich einen kurzen Kuss von jenen süßen Lippen. "Ist nicht der Rede wert." Damit schwang er auch schon die Füße aus dem Bett und stand kurz darauf neben dem Möbelstück auf den Beinen. "Außerdem erinnere ich mich nicht mal mehr genau daran." Was natürlich gelogen war. Er erinnerte sich an jedes einzelne Detail. 'Du bist ein Lügner, Kai.' Er drehte sich weg zum Schrank und auch weg von Tyson, und kniff mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenbrücke. Hör einfach auf. Hör auf, daran zu denken. Was sollte das überhaupt? Wieso zum Teufel träumte er solchen Schwachsinn? Es ist kein Schwachsinn. Hallte es bitter in seinen Gedanken. Es ist ganz und gar kein Schwachsinn, und das weiß du. Es ist die Schuld, die dich zerfrisst. Ist es nicht so? Die Schuld, und die Angst. Er hatte doch Recht, oder etwa nicht? Du bist ein Lügner, und ein Heuchler, und ein Feigling. Bist du etwa nicht dein ganzes Leben gerannt? Weggerannt? Nein. Nein, das bin ich nicht. Ich wollte überleben, verdammt noch mal. Inmitten all der Scheiße, in der ich steckte, wollte ich etwas mehr vom Leben haben als nur Hass und Wut und Zerstörungsdrang. War das etwa falsch? War es falsch, normal leben zu wollen? Normal? Du bist nie normal gewesen, und du wirst es auch nie sein. Deswegen bist du doch gerannt. Hin und her. Hin und her, Kai. Und nirgends konntest du dich lange aufhalten. Und du wusstest immer, du warst dir immer perfekt darüber im Klaren, was du ihnen damit angetan hast. Was du ihm damit angetan hast. Immer und immer wieder. Aber ich musste es doch wenigstens versuchen! Ja, ich habe Zeit gebraucht. Zeit, um es zu begreifen. Aber ich weiß jetzt, wo ich hingehöre. Ich weiß es... Tust du? Hast du ihm nicht dasselbe gesagt? Hast du ihm nicht dasselbe zugeflüstert wie eine hinterlistige Schlange? Dass du bei ihm bleiben würdest? Was hast du noch mal gesagt, hmm? Wie ging das? Nicht. Hört auf. Daran muss ich mich nicht erinnern. Warum? Tut's weh? Schmerzt es, Kai? Für immer, hast du gesagt. Wir werden zusammen sein, für immer. Ich liebe dich. Ich verspreche es dir. Alles leere Worte. Und Tyson sagst du nun fast das Gleiche. Noch mehr Lügen, Kai? Keine Lügen. Es waren keine Lügen. Ich habe es ernst gemeint... Ich habe es gehofft... Ich habe ihn angefleht... Hast du das? In deinen nutzlosen Gedanken, in deinem dummen Herzen, da hast du gefleht. Gesagt hast du nichts. Stolz warst du, willst du sagen? Nein. Dumm warst du. Feige. Du hast dich umgedreht, und bist gerannt. So wie du es immer tust. Du rennst vor allem weg. Vor deinen Problemen. Vor deinem Großvater. Vor deinem Team, oder deinem Ex-Team, blickst du überhaupt noch durch, welches Team noch was ist? Du wechselst sie wie Handschuhe, deine Teams. Und deine Lover ebenfalls. Nein! Er warf die Schranktür mit Gewalt zu, sie schlug gegen den Rahmen und brachte Tyson dazu, einmal mehr aufzuschrecken. Er war immer noch im Bett, saß aber nun aufrecht in diesem und hatte bisher Kai dabei zugesehen, wie dieser den Schrank aufgemacht und dann in dessen Inneres gestarrt hatte. Zuerst hatte er gedacht, der Teamleader suchte sich was zum Anziehen, jedoch war die Schranktür nun zu gekracht und in den Händen des Älteren befand sich kein einziges Kleidungsstück. "Kai?" "Was ist?" Der Phönix klang genervt. "Ist alles in Ordnung?" Der ältere Blader drehte sich abrupt um und funkelte ihn aus verengten Augen aus an. "Ja, verdammt. Hab ich dir doch gerade schon gesagt." Tyson hob beschwichtigend die Hände - den Zustand des Älteren kannte er. "Ist ja schon gut. Musst nicht gleich einschnappen." Ahhh. Den letzten Satz hätte er nicht sagen sollen... "Dann solltest du aufhören, dumme Fragen zu stellen. Oder war die erste Antwort etwa nicht klar genug gewesen?" Kam die erwartete scharfe Erwiderung, fehlte nur noch das obligatorische Verkreuzen der Arme vor der Brust und die 'reizbares Biest' Haltung würde komplett sein. Der Blauhaarige unterdrückte ein Seufzen. Er schaute direkt in die gefährlich schimmernden roten Iriden, die Stimme leise, aber fest. "Tut mir Leid. Okay?" Eine Entschuldigung, die gewiss nicht aus seinem Munde hätte kommen sollen. Dem Blick hielt Kai nicht stand und maskierte das Schuldbewusstsein, das kurz darauf in seinem eigenen aufflackerte, indem er sich auf dem Absatz umdrehte. "Schon gut." Nuschelte er und verschwand aus dem Zimmer Richtung Bad. Dort angekommen schloss er die Tür und drehte den Schlüssel um. Bald vor dem Waschbecken stehend, wurde er mit sich selbst im Spiegel konfrontiert. Schlechtes Gewissen, Kai? Ugh. Könnte es denn nicht einfach nur aufhören? Geht man etwa so mit seinem neuen Partner um? Aber, oh, so gehst du ja mit jedem um. Sogar mit Menschen, die dir was bedeuten sollten. Entweder verletzt du sie, oder rennst vor ihnen weg. Sogar wenn du es weißt. Sogar wenn du es weißt, was du ihnen antust; tust du es trotzdem. Es war keine Absicht. Ich wollte ihn nicht anfahren. Er wird's verstehen. Natürlich. Du baust immer darauf, nicht? Sie würden es schon alle verstehen. Wie sollen sie denn, wenn du nie den Mund aufkriegst, außer wenn du lügst? Ich habe nicht gelogen. Ich. Habe. Tala. Nicht. Angelogen. Ich wollte mit ihm zusammen sein. Ich habe ihn geliebt. Wolltest? Hattest? Tust du es nicht immer noch? Ist es nicht das, warum du dich so schuldig fühlst? Fühlt es sich nicht so an, als würdest du ihn betrügen? Nein. Er ist Vergangenheit. Ich habe neu angefangen. Ganz neu. Mit Tyson. Tyson? Hah. Liebst du ihn? Ich... Tust du nicht. Du rennst doch einfach nur wieder weg, Kai. Vor deinen echten Gefühlen. Vor Tala. Davon, was ihr hattet und was du kaputt gemacht hast. Nicht ich. Nicht. Ich. Er. Wir beide. Er hat mir auch vieles geschworen. Er hat mir auch vieles versprochen. Und am Ende hat er nichts davon gehalten. Du hast ihn doch angeblich so sehr geliebt. Wieso bist du nicht geblieben? Er hat mich doch angeblich auch so sehr geliebt! Wieso ist er nicht mitgekommen? Huh?! Warum bin ich der Sündenbock? Weil er weiß, was wahre Freundschaft ist. Er ist nicht wie du. Er rennt nicht vor ihnen weg, zu dir. Und dann von dir, zurück zu ihnen. Hin und her, Kai. Hin. Und her. Irgendwann ist Schluss. Irgendwann ist genug. Hat er's dir nicht gesagt? Hat er's dir nicht erklärt? Ich habe es ihm auch erklärt. Ich habe es ihm auch gesagt. Aber er hat dir nicht mehr geglaubt. Kannst du ihm das übel nehmen? Nach all deinen Eskapaden? Nach allem, was passiert ist? Und mit Tyson tust du jetzt das exakt Gleiche. Nein. Es ist mir ernst mit ihm. War es mit Tala doch auch. Sogar noch viel ernster. Da hat man doch beinahe schon die Hochzeitsglocken läuten gehört. Bis das der Tod uns scheidet. Eh, Kai? Ich werde Tyson nicht verlassen. So wie du Tala nicht verlassen hast? Nicht so wie Tala. Ich werde halten, was ich ihm versprochen habe. Er hat mich. Und er wird mich immer haben. Höret, höret. Kannst du dir jetzt überhaupt noch selbst glauben? "Zum Teufel noch mal!" Er schmiss die Zahnbüste barsch in den Becher und stampfte in die Duschekabine. Was für ein beschissener Traum es doch gewesen war. Was für ein beschissener Tag es doch versprach, zu werden. An Tagen wie diesen, wollte Kai allein sein. Musste er allein sein, denn er wusste, dass nichts Gutes dabei raus kommen würde, wenn er in solchen Momenten von anderen Menschen umgeben war. Er wusste er würde sie verletzten, beabsichtigt oder nicht, und am Ende würde es ihm selbst nur noch mehr wehtun. Diese Schuldgefühle brauchte er nicht. Er hatte schon genug davon mit sich rum zu schleppen. Deswegen saß er gleich einer kleinen Gewitterwolke nicht viel später unten am Tisch in der Küche, rührte langsam seinen Kaffee um und starrte geistesabwesend in den schwarzen Strudel, den die regelmäßigen, kreisenden Bewegungen des Löffels in der Tasse kreierten. Er wollte nicht angesprochen werden und er wollte auch keinen von ihnen ansehen. Wenn er Glück hatte, ließen sie ihn in Ruhe und würden sich untereinander unterhalten. Dass ihr Teamleader offensichtlich schlechte Laune hatte, konnte jeder der restlichen drei Bladebreakers problemlos in der zurückgezogenen, abweisenden Aura ablesen, die den Gruppenältesten wie eine Kältefront umgab. Bernsteinfarbene Augen schweiften kurz zu Tyson, der eher lustlos in seinem Reis herumstocherte und dann und wann besorgte Blicke in Kais Richtung warf. Max schien sich, dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, auch nicht ganz wohl in seiner Haut zu fühlen, die Atmosphäre war unangenehm gedrückt und geladen. Ray fragte sich, was passiert sein mochte, die Frage, die er laut stellte, war jedoch eine vollkommen andere. "Magst du wirklich nichts essen, Kai?" Ohne vom Kaffee aufzusehen, ein simples und klares: "Nein", seitens des Gefragten. "Vielleicht etwas Toast zu deinem Kaffee?" Kai knirschte innerlich mit den Zähnen. Sah nicht so aus, als hätte er heute Glück. Er hasste diese Eigenschaft immer noch mehr als das er sie schätzte. Das Sichsorgenmachen. Um ihn. "Nein." "Wenigstens Milch und Zucker solltest du dazu nehmen." Diesmal sah er auf, mit Jähzorn untermaltes Rubinrot traf auf bedächtiges, achtsames Gold. Kais Stimme war angespannt mit der Anstrengung, sie ruhig zu halten. "Ray. Lass mich bitte einfach nur in Ruhe einen milch- und zuckerfreien Kaffee ohne Toast trinken. Sollte ich was brauchen, nehme ich es mir selbst." Zu Antwort bekam er ein beschwichtigendes: "Okay." Damit wandte Kai seine Aufmerksamkeit also wieder seinem Kaffee zu und nach dem ersten Schluck kam ihm der beiläufige, bittere Gedanke, dass das Getränk wirklich wenn nicht Milch dann etwas Zucker vertragen könnte. Seine Stimmung verbesserte es nicht unbedingt und nach ein paar weiteren Schlücken erklang ein leises Scharren der Stuhlbeine über dem Boden, als er aufstand. Den halbvollen Becher goss er über der Spüle aus, spülte selbigen Becher sauber und machte sich entschlossen Richtung Tür auf. "Wo gehst du hin?" Beinahe brachte ihn der beunruhigte Klang Tysons Stimme zum Anhalten und Umdrehen. Beinahe. "Raus." "Wenn du kurz wartest, könnten wir alle zusammen nach draußen gehen. Das Wetter ist schön." Das war Max gewesen und der Vorschlag war natürlich legitim, aber nicht heute und nicht für Kai. Er antwortete nicht und setzte seinen Weg fort, was durchaus Antwort genug war – ich gehe jetzt raus. Alleine. Mit dem Zufallen der Vordertür richtete sich Tysons betrübter Blick wieder zu seiner Schüssel und dem zig Mal aufgerührten Reis darin. Appetit hatte er keinen mehr und Max verbalisierte kaum später das, was in dem Kopf des Drachen rumschwirrte. "Was ist denn mit ihm heute los?" Gefallen tat es dem Blondschopf übrigens überhaupt nicht. Er wusste zwar nicht den Hintergrund für dieses Fiasko von einem Frühstück, aber was er sah, ließ ihn beinahe resigniert den Kopf schütteln. Sollte er sagen, er hatte es gewusst? Diese Beziehung konnte über längere Zeit einfach nicht gut gehen. Kaum eine Woche war vergangen und schon saß Tyson ihm geknickter denn je gegenüber. Wie sollte es denn nur weitergehen? "Weiß nicht. Er scheint schlecht geschlafen zu haben." Tyson seufzte und schob die Schüssel samt den Essstäbchen von sich weg. Hunger verspürte er nicht mehr, nur Sorge und Unverständnis. Am liebsten würde er Kai hinterher nach draußen gehen, wusste jedoch nicht, ob das wirklich so eine gute Idee war. Der Phönix hatte es eigentlich unmissverständlich klar gemacht, dass er allein sein wollte. "Wahrscheinlich braucht er nur ein wenig Zeit für sich." Sanft und aufmunternd gesprochene Worte, begleitet von einer Hand, die sich auf seine Schulter legte und diese sachte drückte. Er blickte auf und lächelte Ray schwach aber dankbar an. "Mach dir nicht zu viele Gedanken darum. Iss lieber was." Damit schubste der Schwarzhaarige fürsorglich die gerade abgelehnte Schüssel wieder seinem Teamkollegen zu. Noch ein Seufzen, doch Tyson nickte und bemächtigte sich wieder der Essstäbchen. Vielleicht hatte Ray ja Recht, er sollte aus einer Mücke keinen Elefanten machen. Es war ja immer noch Kai und Kai äußerte sich nun mal nicht gerne – wenn überhaupt - über das, was ihn beschäftigte, sei es etwas Positives oder etwas Negatives. Dennoch, das stach eher unangenehm in Tysons Herz, er wünschte sich, wenigstens mit ihm würde der Andere reden wollen. Ging es in einer Beziehung nicht auch darum? Einander vertrauen und einander Dinge anvertrauen zu können? Vielleicht erwartete er zu viel, zu schnell. Er liebte Kai, innig und aufrichtig. Nichtsdestotrotz, wie es um die Gefühle von Kai selbst bestellt war, wusste er nicht. Kennenlernen, ja. Interesse. Zuneigung. Zärtlichkeit. Das alles spürte er, wenn sie zusammen waren. Ob da mehr war, vermochte er nicht zu sagen. Nach dem Essen wurde er prompt von Max in Beschlag genommen, denn wie es sich herausstellte, schuldete er dem Blondschopf bei irgendeinem Spiel noch irgendeine Revanche und sogar Tyson selbst war in der Lage zu begreifen, dass es sich lediglich um einen Vorwand handelte, um ihn abzulenken und aufzuheitern. Max war wirklich ein liebenswürdiger Mensch und ein sehr guter Freund... Wieder etwas mehr Zeit mit ihm zu verbringen, hob Tysons Laune tatsächlich ungemein. Ray indes, nachdem er die Küche wieder auf Fordermann gebracht hatte, begab sich nach draußen, wo er ein paar Mal tief einatmete. Die Witterung war schnell aufgenommen. Also dann. Immer der Nase nach. Das Wetter war in der Tat ausgezeichnet, ein milder Wind wehte umher und die Temperatur war genau richtig, nicht zu heiß, nicht zu kühl – angenehm. Wie sich herausstellte, bot das grüne Reich um das Haus herum nicht nur den beschaulichen, harmonischen See als Entspannungsrefugium, sondern auch eine kleine Wiese etwas tiefer im Wald. Genau auf diese Wiese war Kai bei seinem ziellosen Umherstreuen gestoßen und hatte sich mittlerweile im Schatten einer mächtigen, alten Eiche niedergelassen. Er fühlte sich eher angeschlagen und müde ungeachtet dessen, dass er heute relativ lange geschlafen hatte. Er wusste auch, was Schuld daran war und er zerbrach sich vergeblich den Kopf darüber, was dieser bescheuerte Traum zu bedeuten vermochte. Seit er letztes Jahr Biovolt verlassen hatte und zu den Bladebreakers zurückgekehrt war –ja, verdammt, wieder mal - hatte er eigentlich immer gedacht, dass er mit dem Ganzen seinen Frieden geschlossen hatte. Er hatte sich – und Tyson – fest versprochen, zu bleiben. Für immer, diesmal, auch wenn besagtes immer nur so weit ging, solange sie alle ein Team bleiben wollen würden. Der springende Punkt war, dass er einfach nur geschworen hatte, nie mehr die Seiten zu wechseln und endlich mal auf einer stehen zu bleiben. Komme, was wolle. Dass er dabei Tala verlor... das hatte er nicht gewollt. Was niemand außer Kai selbst wusste: seine letzte Überläuferaktion war doch überhaupt erst des Wolfes wegen passiert. Er hatte gar nicht vorgehabt bei Biovolt zu bleiben, was er natürlich keinem seiner Freunde sagte, bevor er die Seiten gewechselt hatte. Zu stolz, immer darauf aus, es alles, alles alleine schaffen zu wollen. Er brauchte ja keine Hilfe. Er war doch Kai Hiwatari. Und Tala hatte er die Wahrheit natürlich auch nicht sagen können. Wie immer. Er hatte ihn nur mitnehmen wollen, raus aus diesem gottverdammten Spinnennetz, das Biovolt war. Er hatte nicht erwartet, dass der Rotschopf sich so dagegen sträuben würde... dass er den Rest der Demolition Boys nicht verlassen wollen würde. Der Streit war dann blitzschnell passiert, denn das passierte immer rasend schnell bei ihnen beiden, waren sie sich doch so ähnlich. Tala kannte ihn in und auswendig, er war zu gut darin, Kais Schwachstellen anzuvisieren und ihn dort zu treffen, wo es am meisten wehtat. Umgekehrt konnte Kai dieselbe Strategie in Bezug auf Tala selbst genauso gut anwenden. Ein heftiger verbaler Schlagabtausch und alles lag in Scherben zu ihrer beider Füßen. Zum Teil auch, weil Kai es trotz allem einfach nicht geschafft hatte, die Wahrheit darzulegen. Also... Also hast du aufgegeben. Also bist du gerannt. Ja, Kai kehrte nach jenem katastrophalen Fehlschlag zu den Bladebreakers zurück - ohne Tala, dafür aber mit einem gebrochenen Herzen voller Wut und enormen Schuldgefühlen seinem Team gegenüber, auch wenn sie ihn mit offenen Armen empfangen hatten. Ihm verziehen hatten. Wieder Mal. Obwohl er ihnen nicht einmal einen Grund genannt hatte. Wieder Mal. Doch er hatte niemandem von sich und Tala erzählen können, das war zu persönlich... aber auch zu gefährlich. Insbesondere da Tala bei Biovolt geblieben war und die durften von ihrer Beziehung, die nunmehr keine mehr war, um keinen Preis erfahren. Die Konsequenzen würden unvorstellbar grausam sein, dessen waren sich Beide bewusst gewesen. Die einzigen, die es noch wussten, waren der Rest der Demolition Boys, denn ohne die Hilfe und Kooperation von Bryan, Spencer und Ian hätten Kai und Tala ihre Beziehung nie und nimmer vor den wachsamen Augen Balkovs und Voltaires so lange geheim halten können. Nach seiner Rückkehr also, hatte Kai einen Schlussstrich gezogen. Sollte der Wolf doch bleiben, wo der Pfeffer wuchs. Er brauchte ihn nicht. Und Liebe konnte es auch nicht gewesen sein, wenn sie diese Hürde hatte nicht überwinden können. So zumindest, redete er stets auf sich ein. Irgendwann war der Schmerz abgestumpft, irgendwann hatte er sich damit abgefunden. Dachte er zumindest. Dann kam Tyson mit seinem unerwarteten Geständnis und dann... Dann schien alles irgendwie wieder besser zu werden. Doch dieser Traum jetzt... Er wollte ihm nicht glauben. Ihm würde mit Tyson nicht das Gleiche passieren... und er benutzte den Jüngeren auch nicht als irgendeinen Ersatz für irgendetwas. Seine Absichten waren ehrlich... Er wollte wirklich, dass es zwischen ihnen klappte. Er wollte eine zweite Chance auf Glück. Warum dann also... Vielleicht weil du es nicht verdienst, Kai. Weder eine zweite Chance, noch das Glück. Aber warum nicht? Warum nicht? Weil er Fehler gemacht hatte? Wer tat es nicht? Er war doch auch nur ein Mensch... Und er war kein schlechter Mensch. Nicht perfekt und sicherlich kein Heiliger, aber er hatte nie... "Hier bist du." Er zuckte zusammen ob der Stimme, die seine tristen Gedankengänge unterbrach. Er hob den Kopf und kniff die Augen etwas zusammen wegen der Sonne, die hinter dem Rücken der aufgetauchten Person fröhlich mit Licht um sich warf. Erkannt hatte er besagte Person aber trotzdem. "Was willst du hier, Kon?" Die Frage danach, wie der Andere ihn überhaupt gefunden hatte, sparte er sich. Jene Augen und jene Nase konnte man nicht so einfach täuschen oder umgehen, das hatte er schon früh gemerkt. Es erinnerte Kai unweigerlich schon wieder an Tala, denn es war ebenfalls stets unmöglich gewesen, sich im Rahmen eines sehr weiten Radius vor dem Rothaarigen zu verstecken. "Wir sind heute wieder außerordentlich freundlich, wie ich sehe. Du scheinst ja wirklich mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein." Der junge Tiger klang amüsiert und verleitete Kai damit zu einem verstimmten Knurren. "Hat Tyson also doch nicht den Sabbel halten können, hm?" Sein Blick glitt von Ray weg und richtete sich stumpf geradeaus. Der Schwarzhaarige setzte sich neben ihm ins Gras und goldfarbene Augen fixierten ebenfalls irgendeinen undefinierbaren Punkt in der Ferne vor ihnen. "Nun ja. Es war nicht so, als hätte dein Verhalten nicht für sich gesprochen." Ein weiches Kontra auf die sinnlose Anklage ihrem blauhaarigen Wirbelwind gegenüber. Kais Augen verengen sich etwas. "Und du bist jetzt hier, weil...?" Ray schmunzelte. "Weißt du die Antwort darauf wirklich nicht?" Ich mach mir Sorgen um dich, Dummkopf. "Oder möchtest du sie einfach nur hören?" Daraufhin drehte Kai den Kopf und musterte seinen Gesprächspartner kritisch und eindringlich zugleich - der Ausdruck auf jenen feinen Gesichtszügen war geruhsam. Ray war nicht Tyson, es bedurfte großer Anstrengungen, sogar für Kai, etwas vor diesem scharfen Verstand und gewitzten Beobachtungsgabe zu verstecken. Deswegen wusste er nicht, ob er sich gerade jetzt wirklich auf eine Konversation mit dem gebürtigen Chinesen einlassen wollte. "Vielleicht möchte ich auch einfach nur in Ruhe gelassen werden." Sagte er letztendlich, was nicht mal so weit hergeholt war. Ray platzierte die Handflächen hinter sich auf dem Boden und lehnte sich etwas gegen die eigenen stützenden Arme zurück. "Das kann ich respektieren und ich bin auch nicht hier, um dir auf den Zahn zu fühlen. Meinen Kopf will ich dann doch noch eine Weile länger behalten." Ein katzenartiges, raffiniertes Lächeln und Kai schnaubte beinahe – aber nur beinahe – belustigt. Die goldenen Seen wurden wieder ernst in ihrem Blick, was Kai sich ungewollt innerlich anspannen ließ. "Aber Tyson ist mit ein Grund, warum ich mit dir reden wollte. Er sah unheimlich traurig und verlassen aus, nachdem du gegangen bist." Wie ein raus getretener Welpe vor einer verschlossenen Haustür. "Und? Willst du mir jetzt deswegen Schuldgefühle einbläuen?" Schnappte der junge Russe ein und bereute es sofort. Nicht weil er eingeschnappt war per se, sondern weil er damit genau das preisgegeben hatte, was er angeblich von dem Anderen wissen wollte. Dass er sich schuldig fühlte. Ray war gewiss intelligent genug, um das Eigentor zu bemerken, jedoch war er auch taktvoll genug, um das nicht zu zeigen oder einen nachzusetzen. "Überhaupt nicht." Davon hast du ja offensichtlich schon genug. Das brauchte er nicht mal mehr hinzuzufügen. "Ich verstehe sehr gut, dass es für jemanden wie dich nicht leicht sein muss, sich auf diese Beziehung einzulassen. Richtig einzulassen, meine ich." Kais Stirn legte sich in Falten, ein eher finsterer Ausdruck auf dem ansehnlich geformten Antlitz. "Richtig im welchen Sinne, Kon?" Diesmal schaute ihm sein Gegenüber fest in die Augen, die Stimme weich und leicht gesenkt, um dem Gesprochenen milden Nachdruck zu verleihen. "Im Sinne von Vertrauen, Kai. Im Sinne von miteinander reden. Ihr seid jetzt zusammen, das heißt, egal was passiert, auch wenn es nur einen von euch betrifft, wird es Auswirkungen auf euch Beide haben." Arme auf den Knien abstützend, blickte Kai auf die eigenen Hände runter, die sich für eine Sekunde zu Fäusten formten und sich sofort wieder entrollten. "Dessen bin ich mir vollkommen bewusst. Ich brauche keine Lektion in Beziehungsführung von dir." Ray seinerseits nickte verständnisvoll. "Dessen bin ich mir ebenfalls vollkommen bewusst." Nicht mal er war jemand, der Kai ohne weiteres in irgendetwas Lektionen erteilen konnte. Es war auch nicht seine Absicht. "Was ich gerne verstehen möchte und was sicherlich auch Tyson gerne wissen würde, ist, warum du trotzdem in einer Art und Weise handelst, die ihn verletzt, anstatt einfach nur mit ihm zu reden?" Es war kein Funken Vorwurf in Rays Frage, nur der arglose Wille, es wirklich zu verstehen. Er wollte den Beiden gerne helfen in dieser sicherlich komplizierten Beziehung, doch insbesondere Kai war ein komplexes Wesen, mit dem man sehr vorsichtig, wenn nicht behutsam, umgehen sollte. Zu viel Druck und er zog sich hinter seine hohen, eiskalten Mauern zurück und trat man auch nur einen Schritt zu nahe, klickte der Abwehrmechanismus und stieß einen vor den Kopf. Was musste alles passiert sein, wie lange musste man mit allem alleine klargekommen sein, um andere Menschen so sehr auf Distanz halten zu wollen? Um ihnen mit solchem Misstrauen und solcher Vorsicht zu begegnen? Auch wenn er wusste, dass Kai ihn dafür sehr wahrscheinlich sehr hassen würde, zeige oder spreche er es aus, war es Mitgefühl, das Ray am stärksten verspürte, wann auch immer er den jungen Phönix in diesem Zustand der emotionellen Abschirmung gegenüber allem und jedem beobachtete. Die Antwort, die er nach einer längeren Pause erhielt, war verhalten und beinahe schon... verzagt. "Weil ich es nicht kann, Ray." Weil es immer noch besser war, als sich und anderen noch mehr Schmerz zu bereiten, sollte er es wirklich versuchen. Zu reden. Noch eine kurze Pause, als das eben Gesagte ins Bewusstsein einsank. "Du kannst es nicht? Oder willst du es nicht?" Hakte Ray vorsichtig und leise nach. "Ich kann nicht." Eine ehrliche, desolat geflüsterte Antwort und die Noten der Aufrichtigkeit sowohl auch der Verzweiflung, die sich sehr subtil dazwischen versteckte, entgingen Ray nicht. Er senkte den Kopf etwas und starrte betroffen auf den Streifen grünen Grases zwischen ihnen. Es tat ihm weh, irgendwo in seinem einfühlsamen Herzen, weil er nun verstand. Nur zu gut verstand. Weil es nichts war, wo einem geholfen werden konnte. Weil er begriff, wie sehr es Kai wirklich schmerzen musste, auch wenn er sich das Ausmaß der seelischen Agonie nicht mal vorstellen wollte. Auch Kai schwieg, denn es gab nichts mehr zu sagen. Er war wortgewandt, oh ja. Schlagfertig. Immer ein abweisender Spruch auf den Lippen, immer ein Argument parat, nie um Worte verlegen. Alles ein Mittel zum Zweck, um Schutzwall nach Schutzwall aufzubauen. Damit ja keiner nah genug ran trat und entdeckte, wie hilflos er wirklich war. Er konnte nicht reden. Nicht über sich selbst, nicht über seine Gefühle, nicht über seine Vergangenheit, nicht über seine innersten Ängste, Sorgen, Wünsche, Hoffnungen. Die Worte zerbrachen stets an einer Mauer aus Stolz, Willenskraft und Unnachgiebigkeit, bevor sie je seine Lippen erreichen konnten. Der ständige Zwang stark zu sein, unangreifbar, unnahbar, nie Schwäche zu zeigen. Tränen, Trauer, Depressionen waren strikt untersagt, von niemand anderem als dem eigenen Selbst. Bitte nie um Gnade oder Verzeihung, zeige nie Reue oder Schuld. Vertraue niemandem außer dir selbst, denn du brauchst keine Hilfe. Du schaffst alles alleine. Hast du bisher doch auch immer. So lautete die Devise. Bevor er Tyson, oder Ray, oder Max noch weiter hätte verletzten können, hatte er es vorgezogen, einfach raus zu gehen. Denn er hätte es getan, er hätte sie noch mehr verletzt, ob nun gewollt oder nicht, weil er nicht anders zu reagieren wusste. Er konnte nicht anders. Er konnte nicht. Nicht mal um seiner ersten, wahren Liebe Willen hatte er es damals gekonnt. Nicht mal mit Tala hatte er reden können. Den Menschen, den er aufrichtig und ergeben geliebt hatte, für den er alles, alles getan hätte. Für den er ohne nachzudenken sein Leben gegeben hätte. Nur reden... reden hatte er mit ihm nicht gekonnt. Und letzten Endes war alles genau daran zerbrochen. Deswegen fürchtete er. Deswegen... 'Wie lange, Kai? Wie lange, bis du wieder wegrennst?' Eine Hand, gehüllt in fingerlose schwarze Handschuhe, die behutsam seinen Oberarm berührte, holte ihn aus dem Schattenreich seiner Gedanken. "Du solltest trotzdem mit ihm reden, darüber, was dich so sehr beschäftigt. Es zumindest versuchen." Ein freudloses, leises Auflachen kam über Kais Lippen. "Ich glaube nicht, dass es was bringen wird." Ray schüttelte kurz den Kopf und seine Finger griffen fester um den Oberarm des Älteren. "Versuch es." Beharrte er sanft. "Weißt du, Tyson, er... Hat eine einzigartige Wirkung auf Menschen. In seiner Gegenwart fallen einem manche Dinge leichter. Vielleicht wird es für dich das Reden sein." Die Worte machten Kai nachdenklich, denn sie stimmten. Tyson hatte etwas an sich, das... befreite. Das Hemmungen und Beklemmungen löste. Das einen dazu bewegte ihm vertrauen zu wollen, sich auf ihn verlassen zu wollen, sich mit ihm zusammen in ein x-beliebiges Abenteuer, in einen Kampf oder einem Ziel entgegen stürzen zu wollen. Kai hatte es selbst doch auch schon einige Male verspürt, oder nicht...? Versuchen... zumindest versuchen sollte er es wirklich. "In Ordnung, Ray. Ich werde es versuchen. Aber bis dahin... würde ich gerne noch etwas allein sein." Akzeptierte er den präsentierten Lösungsvorschlag unter dieser einen Kondition, was geschwind ein erleichtertes, erfreutes Lächeln auf die fein geschwungenen Lippen des jungen Tigers zauberte. "Einverstanden. Ich sag Tyson Bescheid, dass es dir gut geht und du bald zurück sein wirst. Bis zum Abendessen, hoffe ich?" Auch Kais Mundwinkel zuckte leicht nach oben. "Bis zum Abendessen, dann." Gab er sein Einverständnis. Die Hand auf seinem Arm drückte noch mal bestärkend zu und der Schwarzhaarige erhob sich. Er kam jedoch nicht sonderlich weit, bevor Kais Stimme ihn zurückhielt. "Ray?" Er schaute fragend über die eigene Schulter und fing den unergründlichen, aber ruhigen Blick rubinroter Augen ab. Genauso ruhig und bedächtig gesprochen war das einfache und gleichzeitig bedeutsame Wort, welches der Teamleader an ihn richtete. "Danke." Für das Verständnis. Für das Versuchen, und den Willen dazu. Für den Rat, und einfach nur... fürs Freundsein ungeachtet all dem, was alles schon passiert war, zwischen jeden von ihnen und ihnen allen zusammen. Die Spitze eines scharfen Reißzahns wurde gebleckt, als Rays nachsichtiges Lächeln etwas breiter wurde. "Jederzeit." --- Um Mal etwas Klarheit zu verschaffen, falls alle davon gerade beseitigt wurden *lach* Ich habe ein wenig den Anime-Plot studiert und versucht, meine Story dort zeitlich einzuordnen, zumindest soweit, dass Kais ganzes 'hin und her' verständlicher/deutlicher wird. Angefangen von der ersten Staffel, hatte Kai die Bladebreakers zum ersten Mal verlassen und ist zu Biovolt gegangen, um dort Black Dranzer zu bekommen da er offensichtlich auf ultimative Macht bezüglich Beyblade aus war. Doch dann sah er seinen Fehler ein und kehrte wieder zu den Bladebreakers zurück. Mir persönlich ist von der ersten Staffel am klarsten nur noch die Szene am Baikalsee in Erinnerung geblieben... ah, die war herrlich. Jedenfalls. Zweites Mal, das Kai das Team verließ (allerdings taten es Max und Ray später auch), war, als die Bladebreakers im Grunde jeder zu seinem alten Team zurückkehrten, um auf dem bevorstehenden Turnier gegeneinander anzutreten (wir erinnern uns alle an Tysons - Achtung: subjektive Meinung - nervtötenden Partner namens Daichi). Da tauchte auch Hiro zum ersten Mal auf und danach auch genauso schnell wieder ab, was mir eigentlich sehr gut in den Kram passt, da ich Ty's eher unglückliche Familieverhältnisse auch schon kurz thematisiert hatte =3 Kai hatte jedoch bei BEGA (wie Biovolt sich da nannte) keinen sonderlich großen Erfolg gehabt (Kontakt mit Tala hatte er aber trotzdem, und im Krankenhaus lag der arme Tala im Laufe der Staffel ja auch noch). Am Ende fanden sich sowohl die Bladebreakers als auch die Demolition Boys wieder in ihren alten Formationen zusammen und ihre Wege trennten sich. Da machen wir jetzt mal einen Schnitt und vergessen, was alles danach kam, denn ab da greift meine Story ein. Den Alter der Jungs hab ich jetzt mal außer Acht gelassen, ein bisschen Plot Convenience muss ja auch sein *lach* Bei mir, ein Jahr vor dem Beginn der eigentlichen Story, hatte Kai ein drittes Mal das Team verlassen und wechselte zu Biovolt, das diesmal aber eigentlich nur, wie wir jetzt ja wissen, wegen Tala, um ihn zu überzeugen, aus Biovolt auszutreten. Dieser verneinte jedoch und blieb seines Teams wegen bei der Organisation – Kai kehrte wieder zu den Bladebreakers zurück, ohne sie je eingeweiht zu haben, warum er überhaupt übergelaufen war. Biovolt verschwand von der Bildfläche. Danach verging ein Jahr ruhig und ohne Drama, die Bladebreakers gewannen die nächste Weltmeisterschaft und nahmen sich dann eine Auszeit, womit der Prolog dieser Geschichte anfängt. Die ganzen Details und das ganze drum und dran wird natürlich im Laufe selbiger noch erklärt, denn es ist alles ja noch ziemlich verschwommen, was wohl nicht ganz unbeabsichtigt ist. Wo bliebe dann ja sonst der Spaß? XD Ich hoffe, zumindest das Grundgerüst ist jetzt klarer, mit Inhalt gefüllt wird er auf jeden Fall. Wer noch bezüglich irgendetwas Fragen hat – ab in die ENS oder in den Kommentar damit, ich beantworte sie gern. Bleibt mir alle gesund und munter, und wir sehen uns nächstes Kapitel~ ! Kapitel 11: The Winds of Change ------------------------------- So~ Und nun geht's von gemütlicher Romantik und gelegentlich dramatischem Beziehungsaufbau so langsam Richtung Plot und Spannung *lach* Alle, die auf das Auftauchen einer bestimmten Person gehofft hatten, können sich freuen und ich spoiler nicht weiter und sage nur: Fiction ab! Kapitel 11 The Winds of Change Kai hielt sein Versprechen und kehrte zum Abendessen wieder. Sogar auf die Sekunde genau, denn als er eintrat, war der Tisch schon gedeckt, allerdings nur für drei, was ihn wunderte, auch wenn nicht für lange. "Tyson meinte, er habe keinen Hunger." Informierte Ray ihn. Natürlich. Wenn diese Aussage aus jenem Mund kam, war es ein periodisch aufleuchtendes Neonschild dafür, dass etwas nicht stimmte. Es war auch nicht so, als könnte Kai sich nicht denken, was nicht stimmte. Also nickte er dem Zweitältesten unter ihnen zu und machte sich ohne Umschweife die Treppen rauf nach oben. Mit einem resignierten Seufzen nahm Ray einen weiteren Teller vom Tisch, somit blieben nur noch zwei. Max grinste seinen verbleibenden Teamkollegen gutmütig an: "Immer diese Pärchen und ihre Beziehungsprobleme, was?" Der Tiger lachte milde auf. "Das kannst du laut sagen." Oben angekommen nahm Kai direkten Kurs auf Tysons Zimmer und stoppte vor der Tür, um kurz zu lauschen. Kein Laut drang durchs dunkle Holz und die Hand an die Klinke gelegt, drückte er sie sachte runter. Abgeschlossen war es nicht, da hatte Tyson im Gegensatz zu Kai auch keine Angewohnheit zu. Dies ermöglichte dem jungen Russen auch, unhörbar ins Zimmer zu schlüpfen und unbemerkt blieb seine kleine Invasion ebenfalls, da Tyson am Schreibtisch und mit dem Rücken zur Tür saß. Was auch immer er da tat schien all seine Aufmerksamkeit zu beanspruchen oder vielleicht war er einfach nur mit so einem verbissen Eifer dran. So oder so bemerkte er Kai nicht, als dieser leise näher trat und über die Schulter des Jüngeren spähte. Wie sich herausstellte, war Tyson fleißig am Lernen und da Kai nicht präsent gewesen war, um ihm etwas Neues auf Sprach- und Wortschatzebene beizubringen, übte er das, was er selbst üben konnte – das Lesen. Das Buch, das er vor sich auf der Tischplatte liegen hatte, hatte er ebenfalls von Kai bekommen und über dem aufgeschlagenen Werk lag die Tabelle mit dem kyrillischen Alphabet. Zwar kannte er die meisten Buchstaben schon, ab und zu musste er dennoch aufblicken um sich zu vergewissern, dass es sie auch richtig erkannte. Es machte auch nichts aus, dass er fast gar nichts davon verstand, was er da las, in erster Linie ging es, wie Kai ihm erklärte hatte, darum, dass er die Schrift überhaupt lesen konnte. Denn nur dann konnte das Erlernen der Sprache an sich vorangehen und das auch viel zügiger, insbesondere weil man dann in der Lage sein würde, die raffinierte Erfindung namens Wörterbuch zu benutzen. Dann würde das mit dem Wortschatz ganz von alleine gehen und in Sachen, die die Grammatik und Sprache an sich betrafen, würde Kai ihm jederzeit zur Seite stehen. Manche Standartphrasen kannte Tyson schon und es erfreute ihn jedes Mal ungemein, wenn sich eines der bisher noch mit Mühe gelesenen Worte als ein bekanntes herausstellte. Vertieft in seine lehrreiche Beschäftigung, fuhr er zusammen, als sich zwei Arme sachte von hinten über seine Schultern auf seine Brust legten. "Brauchst du Hilfe?" Der Drache schielte nach rechts und direkt in ein ansehnliches Antlitz. "Nicht, wenn mir dafür der Kopf abgerissen wird." Brummte er und brachte seinen Freund damit zum einsichtigen Schmunzeln. Kai drückte einen Kuss gegen die Schläfe des Anderen, lehnte sich wieder zurück und drehte ihn dann samt Stuhl weg von Tisch und zu sich um. Wenig später streckte er Tyson die Hand hin und deutete ihm mit Wort und Geste, sich zu erheben: "Komm her." Die rehbraunen Augen schauten ihn einen Moment lang einfach nur an, bevor der jüngere Blader die hingehaltene Hand griff, um sich von dem Phönix hoch und in dessen Umarmung ziehen zu lassen. Das schöne Wesen in seinen Armen fester an sich drückend, vergrub Kai die Nase in den nachtblauen Haarsträhnen und atmete tief den vertrauten Duft ein, der an ihnen haftete. Seine Lider waren zugefallen und für eine kleine Weile hielt er Tyson einfach nur fest. Er konnte nur hoffen, dass seine Handlung das überbrachte, was fast nie aus seinem Munde in die Freiheit entlassen wurde, sogar wenn es angebracht war. Es tut mir Leid. Es war Tyson unmöglich, der entgegengebrachten Wärme und Zuneigung zu widerstehen, seine Arme schlangen sich wie von selbst um Kais Taille, während sein Gesicht sein Lieblingsversteck in der Halsbeuge des Älteren fand. Ein fast schon befreites Ausatmen entwich seiner Brust, die behagliche Position war einfach nur zu herrlich, so dastehend hätte er alles um sie herum vergessen können. Kai nahe zu sein, war einfach nur immer wieder aufs Neue atemberaubend schön. Es gab wahrscheinlich nichts, was er seinem Phönix in diesem Augenblick nicht verziehen hätte. Bald fühlte er eine Hand durch seine Haare streicheln, die dann weiter zu seiner Wange glitt und seinen Kopf etwas anhob. Nur wenig später war ein weiches paar Lippen gegen seine eigenen gepresst, wobei sein Herz freudig aussetzte. Augen geschlossen, genoss er den Kuss in vollen Zügen. Er hatte Kai vermisst. Sehr sogar. Und es war nicht ein mal ein ganzer Tag gewesen, den er ohne ihn hatte verbringen müssen. Langsam, gefühlvoll und zärtlich waren die Liebkosungen, die ihre Lippen einander schenkten, gefolgt von dem sinnlichen, sanften Berühren und Reiben ihrer Zungen entlockte es Tyson prompt ein wohliges Aufseufzen. Seine Atmung war etwas uneben, als sie sich voneinander lösten und er aus halbgeöffneten Augen in die feuerfarbenen Seen blickte. "Wenn die Versöhnung jedes Mal so ausfällt, dann sollten wir uns öfters streiten." Nach dem anfänglichen, ungläubigen Blinzeln lachte Kai daraufhin ausgelassen und herzhaft. Ob Tysons überraschtem Gesichtsausdruck schüttelte er nur ungläubig den Kopf. Die Aussage war einfach nur zu süß gewesen. Zu unschuldig. "Du hast ja keine Ahnung." Ein liebevolles, amüsiertes Flüstern. Tyson hatte ja wirklich keine Ahnung. Keine Ahnung, was wirkliches Streiten war und auch keine Ahnung, was richtiges Versöhnen war, insbesondere wenn Kai mitmischte. Das war im Moment aber nicht von Bedeutung, als der junge Russe sich wieder runterbeugte und jene anziehend roten Lippen einmal mehr behutsam mit den eigenen einfing. Nicht von dem weichen Paar ablassend, ging er ein paar Schritte rückwärts, ertastete das Bett und ließ sich rücklings auf die flaumige Matratze fallen. Ein leiser, erschrockener Aufschrei entkam Tyson, als er sich fallen spürte, auch wenn der Aufschlag mild und angenehm war. Nun auf Kai drauf liegend, richtete er sich etwas auf, indem er den Unterarm auf der robusten Brust abstützte. Die andere Hand streckte sich leichte nach vorne und strich vorsichtig einige silbergraue Ponyfransen aus Kais Gesicht. "Hast du wirklich nur schlecht geschlafen? Oder habe ich was falsch gemacht?" Stellte er leise die Frage, die ihn heute den ganzen Tag über keine Ruhe gegeben hatte. Kai hob nun die eigene Hand und fing Tysons ein, die immer noch nahe seinem Gesicht verweilte. Sachte drückte er sie. "Du hast nichts falsch gemacht. Ich musste nur etwas alleine sein." Fein geformte Augenbrauen zogen sich ein klein wenig Richtung Nasenbrücke. "Muss ja ein wirklich schlechter Traum gewesen sein... Wenn du deswegen den ganzen Tag lang niemanden mehr sehen wolltest." Tysons jugendlicher Tenor hatte eine bedrückte Klangfarbe, und Kai seufzte innerlich auf. Er hatte es natürlich nicht gewollt, den Anderen in irgendeiner Weise zu verletzten. Andererseits war ihm auch unwohl bei dem Gedanken, nun zu versuchen es irgendwie zu erklären. "Manchmal ist es besser so, Tyson." Aufmerksame braune Iriden fixierten ihn. "Was ist manchmal besser so?" Wie konnte man es am besten ausdrücken? Zum Teufel noch mal, er konnte das einfach nicht. Diese Art von... Reden. "Wenn ich weggehe und alleine bin." Was für eine glorreiche Erklärung. Dachte Tyson wohl auch, denn seine Augenbrauen rückten in Unverständnis noch ein Stückchen mehr zusammen. "Warum denn das?" Er konnte sich schlecht vorstellen, dass jemand freiwillig weggehen und alleine sein wollen würde, wenn ihm etwas auf der Seele lag. Dafür hatte man Freunde oder unter Umständen auch Familie. Man konnte doch über alles reden... zumindest doch mit dem eigenen Partner, wenn schon mit niemand anderem mehr. Diesmal seufzte Kai hörbar auf, an sich war es kein richtiger Seufzer, nur ein etwas längeres Ausatmen. "Das ist schwer zu erklären." Tyson beugte sich runter und lehnte seine Stirn gegen Kais. "Versuch's." Einen Arm um die Taille des Jüngeren führend, strich Kai sanft den sigmoid geformten Rücken hoch bis zum Nacken und dann wieder zurück. Er schien seine Gedanken zu ordnen, deswegen schwieg der Drache, beobachtete nur den konzentrierten Ausdruck in den tiefroten Augen und wartete. "Wenn mich etwas beschäftigt... so wie dieser Traum heute, dann... Dann muss ich mich damit auseinander setzten." Allein, denn darüber reden konnte er nicht. "Dabei gestört zu werden mag ich nicht, es führt dazu, dass ich einschnappe. So wie heute morgen dir gegenüber." Weil er es nicht auslegen wollte. Nicht auslegen konnte, warum er wirklich einschnappte. "Hättest du weiter gebohrt, wäre ein Streit passiert. Ein richtiger." Mit vielen verletzenden Worten und höchstwahrscheinlich mit Geschrei, Beleidigungen und überhaupt nicht so gemeinten Aussagen. "Ich hätte irgendetwas gesagt, was dir noch mehr wehgetan hätte-" Und was ihn selbst sich hätte noch schuldiger fühlen lassen. "-und eventuell wäre das Ganze eskaliert. Deswegen..." Kai verstummte. Er begriff sehr wohl, dass seine gedanklich ersetzten Lücken Tyson nicht klar waren. Dass seine Begründung fehlerhaft war, aber es war das Beste, was er anbieten konnte. "Deswegen hast du es vorgezogen, zu gehen und allein zu sein?" Ein Nicken. "Und es mir einfach sagen... was dich beschäftigt, meine ich... ist-" Tyson suchte nach der passenden Fortsetzung dieses Satzes, denn er wollte nicht, dass es in irgendeiner Weise anklagend oder missbilligend klang. Er wollte eine neutralere Formulierung für: Wieso willst du nicht? Mit mir reden. Mir was anvertrauen. Mich an dich ranlassen. Dich auf mich verlassen. Diesmal ein Kopfschütteln, eine weitere Bewegung, die er dank ihrer aneinanderlehnenden Stirne auch spürte und nicht nur sah. "Ist es nicht. Ich... So was kann ich nicht, Ty." Der gebürtige Japaner ignorierte den innerlichen Freudenausbruch, als er Kai den Spitznamen verwenden hörte, den der Phönix bisher noch nie verwendet hatte. Aus Kais Mund klang es eher wie ein Kosename, weil es mit einer eher persönlichen Sanftheit ausgesprochen würde, die für Geliebte reserviert war und die einfache Freunde sich nie erlauben würden. Stattdessen konzentrierte er sich auf das eben Gesagte. "Das stimmt doch gar nicht, Kai. Wir haben bisher doch sehr gut und unbeschwert miteinander reden können. Oder täusche ich mich?" Kais Hand war mittlerweile wieder beim Nacken seines jüngeren Freundes angekommen und kraulte ihn dort zärtlich. "Stimmt schon. Aber dies ist etwas anderes." Tysons eigene Hände begaben sich im Gegenzug letztendlich auch auf Wanderschaft, eine huschte runter von Kais Brust und ließ seine eigene damit sachte drauf sinken, die andere schlüpfte heraus aus dem losen Griff von Kais Fingern. "Wie anders?" Beide Hände legten sich auf die Hüften des Älteren und strichen diese langsam hoch. "Es..." -schmerzte. Und zuzugeben, dass man Schmerzen hatte, war Schwäche zu zeigen. "...ist einfach ein anderes Themengebiet." Eines, auf das Kai sich nicht gerne begab. Tysons Fingerspitzen erfühlten den Saum des dunklen Shirts unter Kais geöffneter Weste und stahlen sich darunter, berührten somit warme, weiche Haut, woraufhin Kais Augen sich etwas verengten – in mildem Erstaunen sowohl in Interesse. Was würde denn das jetzt werden? "Aha." Selbe Finger krochen höher bis auch die Hände unter dem Stoff des Kleidungsstückes verschwunden waren, um perfekt geformte Seiten hoch zu gleiten. Seine Stirn trennte sich von Kais und Tyson neigte den Kopf, um mit den Lippen die Wange des Anderen entlang Richtung Kieferpartie zu wandern. "So etwas wie ein Tabuthema, oder wie?" Kai erschauderte es beinahe ob des warmen Atems, der über seine Haut geisterte. "Nicht... ganz." Seine schwarzen Wimpern flatterten ein wenig einander entgegen, denn ein vorsichtiger Kuss war gegen seinen Hals gedrückt worden. "Na dann kannst du's mir doch sagen." Noch ein Kuss, und einer mehr, der geschmeidigen Kurve entlang, die Hals und Schulter verband. "Wovon hast du geträumt?" Mit einem kräftigen Ruck und einem überraschten Lufteinziehen seitens Tyson, rollte Kai sich und vertauschte somit ihre Positionen. Nun war er über dem Jüngeren, Hände in die Matratze neben dessen Gesicht abgestützt. Aus rätselhaft schimmernden, achtsamen Augen blickte er auf den Drachen runter, ein Mundwinkel leicht angehoben in einem interessierten Schmunzeln. "Was sollte das denn werden, hm? Ein Verhör, Folter mit inbegriffen?" Tyson grinste ihn verwegen an. "Ach Quatsch. Wo denkst du hin?" Den schelmischen Noten in seiner Stimme nach zu urteilen, dachten sie aber gerade beide nicht dahin, wohin sie mit ihrer ursprünglichen Unterhaltung hingewollt hatten. Kai schnaubte amüsiert und lehnte sich runter. "Ich glaube, das solltest du lieber gar nicht wissen..." Flüsterte er intrigierend gegen die delikaten Lippen und beanspruchte sie sogleich mit den eigenen. Tyson seufzte in diese Geste hinein, seine eigene Lage war ungemein praktisch denn seine Hände hatten nun mehr Erkundungsfreiraum, den er auch prompt ausnutzte. Die Handflächen wanderten zu Mitte des durchtrainierten Bauchs und hoch, um die gut gebaute Brust zu streicheln. Der Kuss wurde fordernder und sobald sich ihre Zungen mit Glut berührten, entwich ein gedämpftes Stöhnen aus dem Käfig seines eigenen Brustkorbs. Finger liebkosten Kais Seiten nach oben und da der Ältere sich immer noch über ihn abgestützt hielt, spürte Tyson die angespannten Muskeln angenehm deutlich unter seinen Handflächen, als diese über den Rücken des Phönix' glitten. Kais Shirt, samt Weste, hatte sich dabei an seinen Handgelenken aufgerollt und in dem kurzen Moment, in dem ihre Münder voneinander abließen, damit sie ein paar bitter nötige, tiefe Atemzüge nehmen konnten, fanden beide Kleidungsstücke irgendwie von Kais Torso runter und wurden achtlos aufs Bett fallen gelassen, während Tysons Arme sich danach um den Hals des Älteren schlossen, nun hinter dessen Nacken verkreuzt. Kaum geöffnet, um vielleicht mal einen Blick auf den gerade freigelegten Oberkörper zu erhaschen, fielen Tysons Lider auch sofort wieder zu, übermannt von der intensiven, kribbelnden Sensation, die in seinem Leib explodierte als Kais Lippen dermaßen bestimmt und feurig die seinigen ergriffen. Er verspürte ein gänzlich anderes Gefühl, welches er so noch nicht kannte – Leidenschaft, und Verlangen. Nach der gestrigen Episode am See waren die Hemmschwellen definitiv gebrochen, Berührungen erzeugten nun nichts negatives mehr, weder Befangenheit noch Beschämung noch Nervosität, sondern nur noch Sinnesfreude und den Wunsch nach mehr. Ein weiteres Stöhnen bannte seinen Weg nach draußen aus Tysons Kehle, dank der Tatsache, das Kai sich etwas mehr auf ihn hatte absinken lassen, was seinen Körper näher an den unter ihm drückte. Ein zittriges Ausatmen folgte, des Drachen Hände wanderten wieder mal jene starken Schultern entlang und dann die Oberarme runter. Verdammt, waren diese stramm und kräftig gebaut, da konnte er nicht anders, als sich mit ein paar knetenden Bewegungen hier und da in sie zu verkrallen. Kais Aufmerksamkeit streute von den suchterzeugend süßen Lippen die samtige Haut der Wange entlang, um bald darauf den Hals seines Freundes mit einigen neckischen Küssen und Bissen zu erschmecken. So fest aneinender gepresst, spürte er nur zu deutlich und mit Wohlgefallen das Erschaudern des lieblichen Geschöpfs unter ihm und wäre das höfliche Anklopfen an der Zimmertür nicht gewesen, hätte er beim besten Willen nicht sagen können, wie weit er noch gegangen wäre. Soweit, wie Tyson ihn gelassen hätte und dieser schien ganz und gar nicht sonderlich begierig darauf gewesen zu sein, ihm Einhalt zu gebieten. Das ließ den Phönix in sich hineinschmunzeln. Es hieß, gestern hatte dem Anderen gefallen; es hieß, er wollte den nächsten Schritt gehen. Bald. Jetzt aber erst einmal zu dem Klopfen an der Tür und der Stimme, die kurz danach ertönte. "Tyson?" Kai erhob sich wieder ein wenig mehr und blickte runter - Angesprochener atmete schwer und sah eher zerzaust und etwas benommen aus. Ein amüsiertes Lächeln zog an seinen Lippen und er antwortete an Tysons Stelle. "Wenn du nicht unbedingt musst, solltest du es in Erwägung ziehen, nicht rein zu kommen." Draußen vor der Tür schüttelte Ray mit einem Grinsen den Kopf. Alles klar. Die Versöhnung war wohl gut verlaufen, oder eher, sie verlief immer noch. Nun. "Ich wollte nur Bescheid geben, dass ich das Essen warm gestellt habe. Falls ihr euch also Mühe sparen wollt, solltet ihr in der nächsten Stunde von meiner Fürsorglichkeit Gebrauch machen." Das brachte Tyson zu einem leisen Auflachen und Kai zu einem belustigen Schnauben. "Danke." Richtete er an den jungen Tiger, der sich demzufolge wieder entfernte. Keine Sekunde später meldete sich Tysons Magen, nachdem sein Meister was von Nahrungsaufnahme vernommen hatte, fordernd zur Wort. Was sollte man sagen, er hatte einfach nur einen regen, gesunden Metabolismus, der es nicht mochte, wenn eine der drei wichtigsten Mahlzeiten mal ausgelassen wurde. Nun lachte auch Kai und bedachte den Anderen, dessen leicht verlegenen Ausdrucks wegen, mit einem Kuss auf die Nasenspitze. "Lass uns runter gehen. Ehrlich gesagt, könnte ich so langsam auch was zu essen vertragen." Immerhin hatte er heute noch nichts außer einer halben Tasse milch- und zuckerfreien Kaffee ohne Toast gehabt. "Du willst mir doch einfach nur nicht erzählen müssen, wovon du geträumt hast." Schmollte der Blauhaarige nun. Kai sah ihn für einen Moment undefinierbar an und unternahm letztendlich den Versuch, sich aufzurichten. "Ich will nicht die Stimmung kaputt machen." So oder so hatte er sich erfolgreich um eine wirkliche Erklärung und die Enthüllung des wahren Grundes für seine morgendliche Verstimmung manövriert – dieses Mal. Aber er hatte es zumindest in der Tat versucht und für heute, war genug in alten Wunden herumgestochert, er wollte wirklich nur einen kurzen Augenblick Ruhe und Frieden genießen. Tyson machte keine Anstalten, die Arme um seinen Hals zu lösen, deswegen führte Kai die eigenen Hände zu den Schulterblättern des Jüngeren, um ihn zu stützen, während er selbst aufstand und den Drachen somit ebenfalls mit hochzog. "Ausrede." Bezichtigte Tyson seinen Freund eher spielerisch, beließ es jedoch dann auch erstmal dabei. So schnell gab er nicht auf und dahinter kommen würde er schon noch, ob heute oder später. Kai schien besserer Laune zu sein, die er zu Zwecken weiterer, dem Anderen offensichtlich eher unangenehmer Fragen, nicht riskieren wollte. Sie hatten alle Zeit der Welt, sich mehr aneinander zu gewöhnen, bevor die ernsteren 'Tabuthemen' richtig angeschnitten werden würden. Jedenfalls überzeugten ihn Herz und Verstand soweit erfolgreich davon. Sie beide standen nun auf ihren Füßen, er in einer festen Umarmung eingeschlossen. Kai schmunzelte nur, drückte ihn einmal fester an sich und streifte mit den Lippen seine Stirn, bevor er ihn komplett losließ. Da Licht nur von der Schreibtischlampe kam und nur die Tischplatte ausreichend beleuchtet wurde, sah Tyson den athletischen, unbekleideten Oberkörper des Anderen nicht so klar, wie er's gerne gehabt hätte, bewunderte ihn aber trotzdem für die kleine Weile, die Kai benötigte, um sich sein T-Shirt wieder überzuziehen. Wieso musste der junge Phönix nur so verdammt gut aussehen... sogar bei solch einer unbedeutenden Aktion, wie das Anziehen machte er eine stattliche Figur. Unweigerlich fragte er sich, wie Kai wohl in all seiner natürlichen Pracht aussah, so ganz ohne unnötige Stofffetzen, die ihn bedeckten... und unweigerlich errötete er bei dem Gedanken. Ah. Gefährliche Gewässer. Von den Vorstellungen sollte er sich fernhalten, zumindest jetzt noch... oder so. Nach dem Abendessen, den routinierten Badezimmerbesuchen und dem Umziehen – letzteres diesmal ohne verträumt-verlegenem Anstarren – fand er sich neben Kai im Bett, unter der kuschelig-warmen Decke in einer überaus komfortablen, kuschelig-warmen Position, dicht an den Älteren geschmiegt. Er würde es sehr vermissen, neben Kai einzuschlafen und aufzuwachen, wenn sie wieder Zuhause waren. Es war gar nicht mal mehr so weit entfernt, bis sie sich genau dorthin aufmachen würden. "Übermorgen geht's wieder nach Hause." Sprach er leise und besinnlich in die Dunkelheit, die sie umgab, hinein. Der Urlaub rollte langsam dem Ende entgegen, genauso wie der Monat Juli. Heute war schon der 27te. Von Kai war ein ruhiges: "Mhm," zu vernehmen, was Tyson problemlos weiter laut nachdenken ließ. "Und dein Geburtstag ist dann auch nicht mehr weit." Der 2te August war es, nur noch fünf Tage entfernt. Max, der Jüngste unter ihnen, war vor kurzem erst, im Juni, siebzehn geworden. Kai kam nun als Nächster, und war auch der Älteste - neunzehn würde er bald werden. Danach waren erst Ray, dann Tyson dran, für sie Zwei würde es aber erst der achtzehnte Geburtstag sein. "Stimmt. Ich werde alt." Dass Kai grinste, sah man in der Mondschein durchzogenen Schwärze und dazu noch von Tysons Position aus natürlich nicht. Der junge Drache schnaubte ungläubig. "Natürlich. Mit neunzehn ist der Untergang deiner Jugend besiegelt." Sagte er ironisch, was Kai ein leises Auflachen entlockte. Er drückte den Anderen sachte fester an sich und platzierte einen Kuss auf dem nachtblauen Haarschopf unter dem eigenen Kinn. "Kurz danach ist das Turnier." Fügte er ebenfalls ein eigenes Stück bereits bekannter Info in die Konversation ein. Er hatte vor ein paar Tagen mit Mr. Dickenson telefoniert und ihm mitgeteilt, dass die Bladebreakers definitiv dabei waren, auch wenn sie nur einen Kampf austragen würden. Insgesamt waren sechzehn Teams für das Turnier zugelassen, vier von jeder der vier Hauptinseln – Hokkaido, Honshu, Shikoku und Kyushu - die Japan darstellten. Die Vorrundenqualifikationen liefen in ein paar Tagen an, dann würden die Besten von jeder Insel im Tokioter Stadium aufeinander treffen. Die Gewinner des Turniers durften sich dann, als Teil der Siegerprämie, mit den Weltmeistern messen. "Jupp. Nach so viel Erholung freu ich mich irgendwie wieder auf professionelles Bladen." Sinnierte Tyson. Es würde bestimmt spannend werden... am meisten aber freute er sich darauf, als Team gegen andere zu bladen. Zusammen machte es ihm immer umso mehr Spaß. "Und Kenny, und sogar Hilary, vermisse ich auch schon irgendwie." Lachte er dann, was Kai zum Schmunzeln brachte. Er für seinen Teil hatte es eher genossen, dass das energische, laute Mädchen und der immer irgendwie an Tysons Seite klebender Chef daheim geblieben waren. Mit ihnen wäre dieser Ausflug ganz sicher sehr viel anstrengender gewesen. In vielerlei Hinsicht. "Und meinen Grandpa." Fügte Tysons indes durch ein Gähnen durch hinzu. "Ich bin mir sicher, sie alle vermissen dich auch." Kais Hand wanderte in sanften, gemächlichen Streicheleinheiten den Rücken des Anderen rauf und runter, wohl wissend, dass es sehr wahrscheinlich dazu beitrug, dass der Jüngere dadurch ruhiger und somit müder wurde. "Na dich vermissen sie bestimmt ebenfalls..." Murmelte der Drache schläfrig, klang von seiner Aussage aber dennoch sehr überzeugt. Kai lächelte bedächtig in die Dunkelheit hinein und streifte jene glatte Stirn einmal mehr mit den Lippen. "Schlaf jetzt." Der liebevoll geflüsterter Anweisung wurde bereitwillig Folge geleistet – Tyson kuschelte sich etwas näher an ihn und nur wenige Momente später kamen seine Atemzüge tief und gleichmäßig. Die Fähigkeit, so schnell und sorglos einschlafen zu können, musste man irgendwo bewundern. Die Tatsache, dass der Andere sich einfach nur sicher und wohl genug bei ihm fühlte, spielte sicherlich auch eine Rolle und das wiederum war ein warmer und angenehmer Gedanke für den Teamleader. Geliebt und gebraucht zu werden, war ein gutes Gefühl. Ob Tala dieses Gefühl ebenfalls verspürt hatte, jedes Mal, wenn Kai neben ihm eingeschlafen war, an den raren Gelegenheiten, wo es ihnen möglich gewesen war, die Nächte mit- und nebeneinander zu verbringen? Kai unterdrückte ein Seufzen. Schon wieder Tala. Warum endeten seine Überlegungen die letzte Zeit über immer wieder bei dem Rothaarigen? Was war dies für ein obstinater Fluch? Es wollte mit Tyson zusammen glücklich sein, aber es schien, als stellte sich sein Unterbewusstsein dem immer wieder rigoros quer. Erst der dumme Traum von heute morgen, dann dieses ständige Auslaufenlassen auf das ein und dasselbe verdammte Thema. Tala, Tala, Tala. Tala war Vergangenheit. 'Verleugnest du mich nun, Kai? Verleugnest du nun alles, was wir hatten?' Nein, es ging hier nicht um Weglaufen. Nicht um Vergessen, Verdrängen oder Verleugnen. Es ging darum, es hinter sich zu lassen. Darüber hinwegzukommen. Es ging ums Bewältigen. Die Lage meistern. Einen Schlussstrich ziehen, neu anzufangen. Er konnte nicht sein ganzes Leben lang in Erinnerungen verweilen, dieses und jenes bereuen, Dingen nachtrauern, Dinge bedauern. Er sollte und wollte sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Und sein gegenwärtiges Hier und Jetzt war schön. Er hatte ein wunderbares Team, gute Freunde, ein ruhiges und geregeltes Leben. Aber vor allen Dingen hatte er Tyson. Eine Beziehung, die man nicht verstecken musste, um die man nicht bangen und kämpfen musste. Kai war des Kämpfens um ein wenig Glück und Selbstfrieden müde. So viele Jahre über hatte er so viel Kraft, Nerven und Mühe in seine Beziehung mit Tala gesteckt. Immer in den Schatten, immer verdeckt, immer darauf bedacht, vor niemandem etwas Falsches zu sagen oder zu tun, das sie hätte verraten können. Immer diese ständige Angst, die ständige innere Anspannung. Irgendwann hatte er auch nicht mehr gekonnt, vielleicht war seine Ausdauer Talas gegenüber in der Hinsicht unterlegen. Der Wolf war einfach zäher, er konnte mental mehr wegstecken und das sollte schon was heißen, denn Kai zerbrach gewiss ganz und gar nicht leicht unter emotionalem Druck. Die Beziehung aufgeben hatte er dennoch nicht gewollt. Deswegen hatte er nach einer Lösung gesucht. Deswegen war er nach dem Desaster mit Brooklyn und Talas 'Beinahe-Ableben' ein letztes Mal zu Biovolt zurückgekehrt. Für Tala war er zurückgekommen, für ihn hatte er es getan, für ihn und für sich selbst, für sie Beide. Er hatte ihn überzeugen wollen, dass das Leben, das Kai für sich gefunden hatte, so viel besser war als das triste Dasein unter Biovolts Fittichen es je sein konnte. Für Biovolt waren Menschen nichts wert, sie waren Werkzeuge, die man gebrauchte und wegschmiss, sobald sie abgenutzt waren. Doch hier... Sie hätten hier doch zusammen glücklich sein können. Wenn der Wolf damals mitgekommen wäre, wäre nichts von dem passiert. Sie hätten endlich frei sein können, zusammen sein können, ohne es verstecken oder verheimlichen zu müssen. Hatte er selbst zu früh aufgegeben? Hatte es mehr gegeben, was er damals hätte sagen können, tun können, um seiner ersten Liebe Willen? Wäre er vor ihm auf die Knie gefallen und hätte ihn angefleht, würden sie jetzt zusammen sein? Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, würde er alles anders machen? Was war mit Tala selbst... Ob er wohl noch ab und zu an Kai dachte? Ob er ihn... Nein. Hör auf, dich selbst damit zu quälen. Tala war Vergangenheit. Wahrscheinlich verschwendete er keinen Gedanken mehr an Kai... Städte entfernt, in einer behaglichen, geräumigen Wohnung in Hokkaidos Sapporo, nieste eine rothaarige Person herzhaft und begrüßte somit auf eine eher unkonventionelle Art eine blasslilahaarige Person, der sie gerade die Tür aufgemacht hatte. "Gesundheit. Sag mir nicht, du hast vor, krank zu werden." Über die Türschwelle getreten, beäugte Bryan seinen Teamkapitän misstrauisch, während er sich mit einem lockeren Schulterzucken aus der leichte Sommerjacke befreite und sie an den dafür vorgesehen Haken im Eingangbereich hängte. "Red kein Blödsinn. Wird wohl irgendein Staubkorn gewesen sein." Damit drehte sich Tala um und ging voran Richtung Wohnzimmer. Bryan griff die Tasche, die er zwecks Ausziehens abgestellt hatte, im Vorbeigehen wieder auf und folgte dem Älteren zum selbigen Zimmer, wo das noch fehlende Duo des Teams saß - Ian in einem der zwei Sessel und Spencer auf dem Sofa, der Fernseher flackerte fröhlich mit den Bildern einer dieser verrückten, viel zu farbenfrohen japanischen Shows. Die Flimmerkiste wurde sofort abgestellt, sobald Tala eingetreten war. Er ließ sich nieder auf den noch freien Sessel, der ebenfalls zu dem weißen Couchset gehörte, welches um einen nicht sonderlich hohen aber relativ großen Glastisch stand. Alle Augen richteten sich dann kurz auf Bryan, der neben Spencer auf dem Sofa Platz genommen hatte und nun einen Stapel Papiere aus seiner Tasche zog. Die Dokumente landeten mit einem leichten Klaps auf der durchsichtigen Oberfläche des bereits erwähnten Glastischs. Es waren fünfzehn einzelne Packen je sechzehn Seiten, jedes ordentlich in der Ecke zusammengeheftet. "Das sind alle?" Erkundigte der junge Wolf sich, während er die Hand ausstreckte und das oberste Bündel Unterlagen nahm. "Ja." Bryan schnappte sich ebenfalls eins, auch Ian und Spencer bedienten sich. Für einige Zeit herrschte Stille, unterbrochen nur von mildem Zischen umgedrehter Blätter, als die vier Russen die Druckschriften - der eine mit mehr, der andere mit weniger Interesse - durchlasen. "Balkov meinte, die Vorrunde sollte für uns ein Klacks sein." Informierte der Falke seine Teamkollegen nach einer kurzen Weile. "Klar wird sie das." Ian warf den dünnen Stapel, den er durchgesehen hatte, achtlos wieder auf den Tisch. "Das sind doch keine ernstzunehmenden Gegner. Alles Anfänger." Diese Vorrundenqualifikation war ein Witz. "Es ist ja auch ein nationales Turnier. Was hast du erwartet?" Brummte Spencer, seine leicht verengten Augen musterten dabei das Photo von irgendeinem grünhaarigen Jungen auf dem Blatt. Natürlich lag das Anspruchs- und Herausforderungsniveau hier viel niedriger als bei einer Weltmeisterschaft, wo nur die Besten jedes Landes gegeneinander antraten. "Das soll auch nicht eure Sorge sein." Talas ruhige, autoritäre Stimme zog sofort die Aufmerksamkeit aller auf ihren Leader. "Ihr konzentriert euch darauf, dass unsere Deckung nicht auffliegt. Vier Teams können sich qualifizieren - unseres wird dabei sein, und das ohne irgendwelches Aufsehen zu erregen." Eisblaue Augen bedachten jeden mit einem durchdringenden, strengen Blick. "Schon klar." Entgegnete Bryan und langte noch mal in seine Wundertasche, um vier Blades hervorzukramen. "Hier sind unsere Spielzeuge." Er warf eins davon Tala zu, der es problemlos auffing und erst einmal beäugte. Dann schraubte er den Kreisel flink und gekonnt auseinander. "Mit besten Grüßen von Biovolt, was." Sprach er unbeeindruckt, nachdem er das Innenleben seines vorübergehend neuen Blades begutachtet hatte. Wolborg konnte er bei den Qualifizierungsspielen natürlich nicht benutzen, sonst würde das nichts werden mit der Deckung. "Natürlich. Hast du etwa was anderes erwartet?" Schnaubte sein lilahaariger Teamkamerad. "Tsk. Als ob wir's nötig hätten." Grummelte Ian und schaute sein 'Spielzeug' mit einem gewissen Ekel an, so als erwartete er, dass dieses sich in seiner Hand jeden Augenblick in ätzenden, grünen Schleim verwandeln würde. "Du kennst doch Balkov. Er geht immer auf Nummer sicher." Meinte Spencer gelangweilt dazu, was mit einem verächtlichen Schnauben quittiert wurde. Tala indes starrte nachdenklich auf den Blade in seiner Hand, den er bereits wieder zusammengeschraubt hatte. Was es genau war, wusste es nicht: Schicksal? Vorsehung? Eine entweder glückliche oder verheerende Verkettung unabwendbarer Umstände? Segen oder Ungemach? Ein Desaster oder ein Geschenk? Vermochte es einer Lobeshymne oder einer Elegie? Sein Verstand war auf der einen Seite, sein Herz auf der anderen. Sein Dasein - eingekesselt dazwischen. Weder fürchtete er sich davor, noch freute er sich darauf. Du bist lange und weit gerannt, nicht wahr, Kai? Doch jetzt... hatte Tala ihn schon fast eingeholt. Zwar nicht aus 100%-ig freiem Willen, aber sonderlich gesträubt hatte er sich gegen diese Mission auch nicht. Und in dem einen Augenblick, Angesicht zu Angesicht... Würde es nur eine einzige Frage zu beantworten geben... Wer? Kapitel 12: Love Lesson Two: The Crime of your Lips --------------------------------------------------- Oi, oi, ein Yaoi... *lach* Jedenfalls. Noch ein Adult-Kapitel, also lesen auf eigene Gefahr. Viel Spaß und Fiction ab! Kapitel 12 Love Lesson Two: The Crime of your Lips "Dass denen dabei nicht die Ohren abfallen!" Verärgert knallte Tyson den Kugelschreiber auf den Tisch und verkreuzte störrisch die Arme vor der Brust. Das war doch wirklich nicht zu fassen! Vom Wohnzimmer aus, das wohlgemerkt die Treppe runter und durch die Eingangshalle lag, bei geschlossener Zimmertür, hörte er den verdammten Fernseher, als ob er davorsaß! Wie zum Teufel konnte man bei solcher Lautstärke irgendwas genießen, geschweige denn eine DVD? Bei dem Lärm konnte er sich überhaupt nicht konzentrieren und Konzentration brauchte er – viel, viel Konzentration, denn Russischlernen stellte sich als das schwierigste Unterfangen heraus, das er je angegangen war. Der Anfang war ja noch relativ harmlos gewesen, Buchstaben und Worte lernen, aber sobald es in die Feinheiten der Grammatik ging, drehte sich ihm nach einigen Minuten schon der Kopf. Da halfen sogar Kais außerordentliche Erklärfähigkeiten, Engelsgeduld und unermüdliches Zusprechen reichlich wenig - Tyson war frustriert. Und wenn Tyson frustriert war, klappte bei ihm erst recht gar nichts mehr, egal, was es betraf. Und sobald der ganze Krach von unten auch noch dazu gekommen war, hatte er endgültig alle Fäden und somit auch alle Lust verloren. Zumindest für heute. "Ich bin zu blöd dafür." Resignierte er also verdrießlich und bedachte das voll gekritzelte Blatt vor sich mit einem stechend zornigen Blick, als könnte es was für seine Misere. Kai schmunzelte und schüttelte den Kopf. Hand ausgestreckt, glitten seine Finger sanft und tröstend durch das weiche, nachtblaue Haar. "Bist du nicht. Es ist einfach nur schwierig." Außerdem saßen sie schon gut eineinhalb Stunden dran. War ja zu erwarten gewesen, dass irgendwann die Ausdauer ausgeschöpft sein und die Aufmerksamkeitsspanne nachlassen würde. "Nicht für dich." Murrte der junge Drache verstimmt. Kai lachte leise. "Dummkopf. Ich bin mit der Sprache aufgewachsen." "Ja, aber du verstehst sie auch." Das war wie Mathe. Entweder man konnte die Regeln und den Rechenweg einstudieren, oder man begriff die Zusammenhänge und die Logik dahinter und brauchte überhaupt nichts auswendig zu lernen. Tyson hatte Mathe immer schon gehasst. Im Gegensatz zu Kai. Er hatte mal das Zeugnis des Älteren gesehen: nur A-s und B-s. Dagegen sah sein eigenes mit allerlei Schwankungen zwischen B und E ziemlich armselig aus und das auch noch ungeachtet dessen, dass die Eliteschule, die der Phönix besuchte, vom Bildungslevel um so einiges anspruchsvoller war. Dass Kai nebenbei noch Zeit zum Bladen hatte, ließ vermuten, dass er entweder ein absolutes Genie oder irgendeine Art Übermensch war. Beides schoss Tyson irgendwie nicht aus. "Ich könnte nie jemandem Japanisch so gut erklären, außer ständig – das macht man halt so – zu sagen. Du bist ja ein wandelndes Grammatikbuch." Er beäugte den Anderen misstrauisch, als ob dieser sich jeden Augenblick in einen buchartigen Hybrid verwandeln würde. "Und ich kapier's trotzdem nicht." "Du brauchst einfach nur eine Pause. Überlastung tut deinem Kopf definitiv nicht gut, du wirst so mürrisch." Ein vages Grinsen. Dragoons Besitzer schnitt daraufhin eine Grimasse. "Toll, und was für eine Art Entspannung schlägst du vor? Sag mir bitte nicht, wir müssen nach unten gehen und uns von diesem Actiongebrüll beschallen lassen." Eigentlich war das gemeinsame Filmegucken ja immer ein Vergnügen und die Lautstärke war dabei auch ziemlich Schnuppe. Aber gerade jetzt hatte Tyson irgendwie nicht wirklich Lust darauf. Vielleicht war er im Moment wirklich ziemlich mürrisch. Kai schaute ihn aus rätselhaft verengten Augen an, dann beugte er sich etwas vor und küsste den Anderen fast, doch der eigentliche Kontakt blieb aus, stattdessen streifte ein beinahe schon... verführerisches Flüstern Tysons Lippen. "Nein. Ich habe da eine bessere Idee." Und bei der Umsetzung dieser kam das Getöse von unten eigentlich sehr gelegen. Der Drache nahm die Aussage mit einem Mix aus Neugierde und Interesse auf: "Da bin ich ja mal gespannt." Kai erhob sich, die unergründlichen, tiefroten Iriden unterlegt mit einem Funken von etwas Räuberischem. Ungewollt jagte das einen warmen Schauer Tysons Rücken runter. "Ich denke eine schöne, lange, heiße Dusche würde dir gut tun. Deswegen nehmen wir jetzt eine." "Hört sich-" ...gut... an... Whoaaa, Moooooment mal! "...wir...?" Der Drache blinzelte seinen Teamleader perplex an. "Ja, wir. Du und ich." Und dann tat Kai etwas, was Tyson so von ihm noch nie gesehen hatte. Er zwinkerte seiner sprachlosen, jüngeren Hälfte verschwörerisch zu. Das Haus besaß insgesamt drei Badezimmer - eins unten, zwei oben und natürlich fiel Kais Wahl auf das hinterste im Gang. Tyson ließ sich wie in Trance mitziehen und erwachte erst wieder zum Leben, als sie sich darin befanden, die Tür zugefallen und der Schlüssel umgedreht worden war. Nun stand er also eher hilflos und beklommen in der Gegend herum und versuchte, die Aufregung in den Griff zu kriegen, die ihn bei diversen Vorstellungen, eine besser –oder schlimmer- als die andere, wellenartig überrollte. Beinahe wie hypnotisiert beobachtete er Kai, wie dieser auf ihn zuschritt und kaum einen Atemzug entfernt stehen blieb. Der Hauch seiner Worte umspielte Tysons Gesicht. "Was ist...? Magst du dich gar nicht ausziehen? Oder soll ich dir helfen...?" Der samtig suggestive Ton dieser leicht gesenkten Stimme jagte Tyson kalt-warme Schauer die Wirbelsäule runter, sein Herz beschleunigte um das Doppelte, denn jene Finger begannen, gemächlich die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen. Einen. Nach dem anderen. Allmählich wurde ihm eher richtig heiß, doch es verhinderte nicht die Gänsehaut, die seine Arme runterkroch, nachdem die Hälften seines Hemdes nicht mehr verbunden waren. Kais Hände schlüpften in den kreierten Schlitz, die warmen Handflächen glitten bedächtig die glatte Brust rauf und schoben in einer sanften, bestimmten Bewegung den Stoff von Tysons Schultern runter. Das Kleidungsstück segelte hinab und sank lautlos zu Boden. Aufzusehen wagte der Jüngere nicht, erschauderte eher ob selbiger Hände, die seine Seiten runterstrichen und den Hosenbund entlang in der Mitte zusammenfanden, um geschickt aber mit gemütlicher Ruhe den Jeansknopf aus dem dazugehörigen Loch zu pflücken. Ein kaum hörbares, metallisches Geräusch signalisierte kurz darauf das Öffnen des Reißverschlusses. Das nervöse, blauhaarige Wesen musste schwerer schlucken, zusehend, wie Kai sich auf ein Knie absinken ließ, um den Jeansstoff samt der drunter verborgenen Boxershorts behutsam die schmalen Hüftknochen und die schlanken Beine runter zu streifen. Vor lauter Verlegenheit konnte Tyson sich kaum rühren, obwohl es ja eigentlich nicht so schlimm sein konnte, sie waren beide Jungs und keiner hatte etwas... an sich - wörtlich gemeint - was der Andere noch nie gesehen hatte. Dennoch war diese Situation anders. Intim. Ja, das musste wohl der Grund gewesen sein. Intimität, als Empfindung und Emotion, war doch etwas sehr Konfuses... Dass der Phönix sich wieder aus seiner sowohl anmutigen als auch... zweideutigen Position erhoben hatte, bemerkte Tyson erst, als ein feingliedriger Zeigefinger sein Kinn umfasste und es etwas anhob. Den eigenen Kopf passend geneigt, brachte Kai damit ihre Lippen so nah aneinander, kaum einige Millimeter blieben dazwischen. Er registrierte sehr wohl die Atmung des Jüngeren, die nur kaum merklich, aber dennoch schneller ging, der milde Rotton auf der hellen Haut jenes hübschen Antlitzes jedoch, war ein viel klarerer Beweis seiner lieblichen Aufgewühltheit. Dafür, dass er nicht selten so ein unzähmbarer kleiner Wirbelwind war, konnte Tyson unheimlich niedlich sein in seiner für ihn eher unüblichen Schüchternheit. Das wiederum, machte Kais Wunsch, behutsam mit dieser Unschuld umgehen zu wollen, umso stärker. Man war nur einmal in seinem Leben das erste Mal verliebt. Man hatte nur einmal das erste Mal; sei es das Herzklopfen, das Glückgefühl, der erste Kuss, die erste intime Berührung. Irgendwo war es doch auch eine kleine Ehre und einer Ehrwürdigung wert, wenn man die oder der Erste von jemand anderem war. Kai wollte das hier richtig machen, in jeder Hinsicht - für Tyson. Vielleicht weil er wusste, wie es sich anfühlte, wenn es richtig gemacht wurde. Tala mochte Vergangenheit sein und ihre Beziehung nur noch eine Erinnerung, aber alle seine ersten Male mit dem älteren Russen und auch seine Erfahrungen mit ihm, ob gut oder schlecht, waren etwas, was Kai sicherlich nie wirklich vergessen können würde und was ihn geprägt hatte in seinen Ansichten der Liebe gegenüber. Sein Daumen strich andächtig über die volle Unterlippe seines Drachens und einen Augenblick später verschloss er das edel weiche Paar mit dem eigenen in einem sanften Kuss. Diese Geste war für Tyson um einiges vertrauter und nach einigen Momenten stillen Genießens, wagten sich auch seine Hände zögerlich an eine bisher noch nie vollständig ausgeführte Aufgabe: dem Ausziehen einer anderen Person. Der erste Schritt war noch bekannt von dem gestrigen Abend im Zimmer, deswegen fanden seine Finger mit relativer Bestimmtheit den Weg unter den Saum von Kais schwarzem Shirt und krochen dann aufwärts, sammelten das leichte Material somit in Falten auf den Handgelenken. Der anregende Kuss musste dann notgedrungen unterbrochen werden, die Oberkörperbedeckung gesellte sich wenige Sekunden später zu Tysons Hemd auf den Boden. Scheu tappten fügsame Fingerspitzen über Kais Brust, stoppten kurz, wenn ihre Lippen wieder zueinander fanden, und setzten ihren Weg südlich dann weiter fort. Ein vages Klimpern erklang dank der Gürtelschnalle, die aufgemacht wurde und es verging nicht mal eine Minute, bis die dunkelblaue Hose inklusive Unterwäsche das gleiche Schicksal teilten, wie die übrige Kleidung. Aus der Ansammlung der Stoffstücke, die nun um seine Füße lag, trat Kai mit einem Schritt nach hinten bedacht heraus. Seine Hände streichelten die Arme des blauhaarigen Bladers runter und fanden Tysons eigene, um sie zu greifen. Mit einem subtilen Ziehen deutete er dem Anderen, ihm zu folgen. Das tat der junge Drache auch brav, obwohl es vielleicht schlau gewesen wäre, seinem Freund gleich die Sohlen etwas mehr zu heben, denn der linke Fußknöchel verhedderte sich prompt im Jeansstoff, was zu einem ungeschickten Stolpern führte. Sein Glück, dass er Kai mit einem scharfen Lufteinziehen als Stütze zweckentfremden und sich an dessen verlässlichen Schultern festhalten konnte. Des Phönix' Arme hatten sich sofort um seine Taille geschlossen, damit er auch sicher auf den Beinen blieb. Ein nachsichtiges Auflachen. "Vorsicht." Daraufhin gab es von Tyson ein verlegenes Lächeln und Kai nutzte seinen gerade errichteten Griff, um den Jüngeren noch näher an sich zu ziehen. Der plötzliche Haut-an-Haut Kontakt, auch an Stellen, die sich entblößt bisher nie mit denen einer anderen Person berührt hatten, bescherte Tyson ein kräftiges aber wohliges Erschaudern, gepaart mit einem sanften Aufkeuchen. Wenn's so weiter ginge, würde er noch eine Sinnesüberreizung erleiden... Irgendwie hatten sie es dann auch ohne weitere Vorfälle in die Dusche geschafft, die milchigen Glastüren der Kabine wurden von Kais Hand mit einem leisen Rattern zugezogen. Platz genug bot sich reichlich und wenig später prasselten warme Wassermaßen auf die zwei stattlich gebaute Silhouetten, die sich drunter befanden. Einen anderen Menschen entkleidet unter den Kaskaden der klaren Flüssigkeit zu sehen, war sehr viel anders, als ihn unter genormten Umständen zu beobachten. Infolgedessen ließ Kai es sich nicht nehmen, Tyson für einen Augenblick eingehend zu mustern und dabei den dargebotenen Anblick zu genießen. Der Jüngere sah auf eine sehr charmante Art und Weise androgyn aus, die mit Ausnahme der Ponyfransen langen, nachtblauen Haarsträhnen, nun durchnässt, lagen in einer eleganten Form um sein hübsches Antlitz und die schmalen Schultern runter. Sein Körper war makellos, grazil - hellhäutig und wunderschön; lebendes Porzellan. Hinter dem Schild aus nicht selten bunter Kleidung, Baseballkäppi und aufgeweckter, energischer Attitüde versteckte sich ein kleiner Adonis. Verlegenheit beiseite, auch Tyson nahm sich die Zeit, den perfekt geformten Körper vor sich angemessen zu würdigen - bedeckt mit leicht gebräunter Haut, die in anregenden Formen über die schön definierten Muskeln gespannt war und eins war sicher, diese hatte der Andere bestimmt nicht von einfachem Beybladen bekommen. Kraft hatte Kai in der Tat und das definitiv nicht nur zum Ziehen der Reißleine seines Starters. Die Abtei hatte da vorgesorgt, in einem echten Kampf war er ein ernstzunehmende Gegner, es sei denn man wollte ihn unterschätzen und ein Paar gewichtige Prellungen und Knochenbrüche riskieren. Nichtsdestotrotz war seine anmutige Statur weit davon entfernt, einem jener steroidgepumpten 'Schränke' zu gleichen – Stärke lag nicht in Muskelobergröße, sondern im richtigen Einsatz dieser, nachdem man sie vernünftig entwickelt hatte. Tysons Aufmerksamkeit war aber eher schnell von etwas anderem eingefangen, die Hand ausgestreckt berührte er behutsam eine hellere Hautpartie, die sich von dem Rest abhob: eine Narbe. Sie war länglich und dünn, und streckte sich von just unterhalb des großen Brustmuskels quer zur Seite bis etwas über die Spitze des Hüftknochens. Was auch immer sie verursacht hatte, musste sehr schmerzhaft und unter Umständen lebensgefährlich gewesen sein. "Woher hast du die?" Eine mit rücksichtsvoller Besonnenheit gestellte Frage, auf die Kai mit einem ruhigen: "Eine lange Geschichte," antwortete. Eine Geschichte, die er auf Wunsch sicherlich erzählen würde, aber nicht hier und nicht jetzt, denn er konnte sich im Moment gewiss viel schönere Dinge vorstellen, als bedrückende Erzählungen aus seiner teilweise sehr dunklen Vergangenheit zu präsentieren. Tyson nickte verständnisvoll und Zeit, lange darüber nachzudenken, hatte er eh nicht, denn Kai trat näher und drückte ihn sachte gegen die geflieste Wand, einen Vorarm neben dem Kopf des Drachen gegen diese abstützend. Die andere Hand schwebte nach unten und verflocht geschickt ihre Finger mit Tysons eigenen, um die nun verlinkten Hände dann wieder hochzubringen und sie ebenfalls gegen die Wand verweilend zu halten. Tysons Lider flatterten zu, ein weiterer Kuss, gekoppelt mit dieser Position, brachte eine erneute Aufwallung von Hitze und Aufregung mit sich. Das Prasseln des Wassers um sie herum war ein angenehmes Hintergrundgeräusch, das Aufkommen der klaren Flüssigkeit auf der Haut verstärkte das Kribbeln unter dieser, als ein feuriges Zungespiel entbrannte. Dann und wann rutschte ein vorwitziger Tropfen dazwischen und in die sich liebkosenden Münder, das störte aber keinen der zwei Jungs im Geringsten. Versunken in dem sinnlichen Kuss, fiel es Beiden eher schwer, etwas anderes um sich herum bewusst wahrzunehmen. Kais Lippen begaben sich bald auf einem bereits bekannten Pfade zu Tysons Hals, suchten mit erstaunlicher Präzision genau all die Stellen raus, die sie schon damals am See in seinem Gedächtnis als besonders empfindlich vermerkt hatten. Genauso wie die Menschen selbst Vorlieben hatten, hatte ihr Körper diese ebenfalls und seinen Partner zu kennen hieß auch, dessen Körper zu kennen, so wie ihn kein anderer kennen konnte, kennen sollte und in diesem Falle sogar kennen durfte. Denn jemand anderes Hände, geschweige denn Lippen, an Tyson ranzulassen, hatte der überaus besitzergreifende Phönix sicherlich nicht vor. Von der aparten Halskurve runter punktierte er die Spur von Küssen und vorsichtigen Bissen die Schulter entlang und das Schlüsselbein runter, zu der kleinen Einsenkung unter dem Kehlkopf. Von da an ging's weiter zur Brust und Tysons Finger zucken kurz im Fang von Kais eigenen, sobald er die weichen Lippen knapp über einer seiner empfindlichsten Stelle streifen spürte. Einen Augenblick später griff seine Hand endgültig fester um Kais, sein Atem stockte für einen Moment hörbar, denn selbige Lippen umschlossen sanft seinen Nippel, bevor eine neckische Zunge drüber fuhr. Die Empfindung schoss direkt durch ihn durch in die Leistengegend und die Wiederholung der Geste zog auch geschwind ein sanftes Stöhnen nach sich. Genauso, wie Kai es hören wollte und mit konstanter Absenkung seiner Küsse, ließ er nach einem kurzen, beruhigenden Zudrücken Tysons Hand wieder frei, um beide eigenen auf den Hüften des Jüngeren zu platzieren, während seine Lippen weiterhin zielstrebig nach unten wanderten und je näher sie Tysons am meisten Not leidenden Körperteil kamen, desto heftiger zog sich alles in dem Siebzehnjährigen zusammen. Kai hatte doch nicht wirklich vor... "Uhm!" Ein weiterer erregter Laut, der ohne sein direktes Zutun aus ihm ausbrach, als ein weicher Muskel verspielt in seinen Bauchnabel eintauchte, gepaart mit einer warmen Hand, deren Finger federleicht seine bereits ziemlich harte Männlichkeit entlang streichelten. Heiß war gar kein Ausdruck mehr, es war als stünde er in Flammen und beiläufig wünschte er sich, das Wasser, das auf sie runter regnete, würde um so einiges kühler sein. Runterblicken wagte er nicht, stattdessen warf er den Kopf in den Nacken und schloss fest die Augen, um sie vor den Massen der prasselnden Flüssigkeit zu schützen. Seine Hände suchten verzweifelt Halt und legten sich sogleich auf die robusten Schultern der vor ihm knienden Gestalt, krallten sich nur einen kurzen Augenblick später in die weiche Haut, dank der Tatsache, dass die sanften Küsse nun weit unterhalb seines Bauchnabels aufkamen bis- Tysons Kiefer spannte sich beinahe schmerzvoll an mit der Kraft, die seine abrupt zusammengebissenen Zähne aufeinander ausübten, um den leisen Aufschrei so gut wie möglich zu ersticken, als jene seidigweichen Lippen sich unverhohlen um seine Erregung schlossen. Die feuchte Hitze der Mundhöhle, die ihn bald ganz aufnahm, war nicht zu vergleichen mit der simplen Berührung einer Hand – egal ob der seinigen oder der von jemand anderem. Sein Atem geriet alsbald komplett durcheinander, zwischen wiederholtem, leisen Aufstöhnen schnappte er dann und wann scharf nach Luft, denn es zog unheimlich stark in seinem ganzen Unterleib wegen diesem vorsichtigen, rhythmischen Saugen an seiner Erektion. Eine wundervoll angenehm-süße Tortur, die sein junger Körper und Geist so noch nie erlebt hatten. Atmen fiel schwer, er wollte nicht zu laut werden und der Druck in seiner Brust machte das Ganze nur noch schwindelerregender. Gott, was tat dieser Junge nur mit ihm...? "Kai..." Ein atemloses, leicht flehendes Hauchen, das der Adressat genauso, nur noch lauter, hätte hören wollen, aber er reichte vorerst, um ihm einen Schauer den Rücken runter zu bescheren. Wie diese melodische Stimme in ausgereiften Wohlklängen der Lust klang, würde er mit Sicherheit noch erfahren. Lange würde Tyson nicht aushalten, dessen war der Ältere sich bewusst - der unerfahrene Körper stieß angesichts der intensiven Sinneseindrücke immer noch sehr schnell an seine Grenzen und ihn zu überfordern war ein leichtes. So auch dieses Mal, es bedurfte nur ein paar geschickten Umspielungen der Zunge den steifen, geschwollenen Erregung entlang und das liebliche Geschöpf, das er nun zusätzlich vorsorglich an den Hüften stützte, erbebte heftig, die langen Finger krallten sich fester in die Kais Schultern. Kaum ein paar Sekunden später hallte ein langes, befreit-ergriffenes Stöhnen von den Duschwänden wider als eine Sintflut der Ekstase Tysons Sinne und Verstand ertränkte, wobei er sich in den Mund, der ihn so gewandt und sorgfältig in den Orgasmus getrieben hatte, ergoss. Er zitterte immer noch eher unkontrolliert als Kai sich erhob und den Jüngeren zu sich zog, ohne den Griff um dessen Hüften zu lockern. Im Gegensatz, er verstärkte ihn ein wenig, denn Tyson war noch etwas unsicher auf den Beinen während er sich von dem wonnigen Schock erholte. Ein liebevolles Lächeln zierte für einen Augenblick seine Lippen, die zärtlich die Schläfe des Drachen streiften. Sogar für eine Jungfrau war er außerordentlich süß, so wie er sich an Kai schmiegte und das sicherlich rot glühende Gesicht an dessen Halsbeuge versteckte. Rehbraune Augen öffneten sich wieder als eine nasse, lange Strähne aus seinem Gesicht hinter sein Ohr gestrichen wurde und erst dann bemerkte Tyson, das etwas gegen seine Hüfte drückte wo ihre Gestalten sich normalerweise reibungslos gegeneinander lehnen würden. Oh. Das ist ihm doch glatt fast zum zweiten Male entglitten und er fühlte sich sogleich ein wenig schuldig, als er begriff, dass der Andere letztes Mal eigentlich ebenfalls leer ausgegangen war. Doch noch Mal würde ihm das nicht passieren. Nun mutiger, hob er den Kopf und fand mit seinen Lippen die seines überaus fürsorglichen Freundes, um ihn in einen zärtlichen Kuss zu verwickeln. Ganz Kais Beispiel nach vollführte er einen Schritt nach vorne, suggerierte dem Anderen damit, einen nach hinten zu machen, damit der starke Rücken sachte mit der Wand in Berührung kam. Seine Hände glitten die grazil geformten Seiten zu den Hüften runter, verweilten erstmal da und warteten darauf, dass sein Mund folgte. Wenn seine Küsse sich von den Lippen des Älteren Richtung dessen Brust verlagerten, hielt Kais geruhsame Stimme ihn kurz zurück, bevor er anfangen konnte, sich absinken zu lassen. "Du musst nicht." Ganz und gar nicht. Tyson hob den Blick und lächelte seinen Teamleader selbstbewusst an. "Ich will aber." Und damit hatte es sich. Nicht, dass Kai da wirklich was dagegen hatte, eher im Gegenteil, er stellte sich dem Anderen gerne als Objekt für sexuelle Erforschungen und das Sammeln erster Erfahrungen zur Verfügung. In jeder Hinsicht war Tyson mit ihm immer auf der sicheren Seite und es würde nie etwas passieren, was der Jüngere nicht ausdrücklich wollte. Kai selbst wusste die erotische Prozedur besser zu genießen, er war weder aufgeregt noch nervös und schon gar nicht verlegen, sondern entspannte sich und beobachtete aus halbgeschlossenen, tiefroten Augen das neugierig-zögernde Handeln des Anderen. Was Tyson ebenfalls noch lernen würde, sobald er die visuelle Hemmschwelle überwand – jemandem dabei zuzusehen könnte gleichermaßen befriedigend sein, wie es zu spüren und kombiniert war beides zusammen ein umso stärkerer Sinnesreiz. Seine Brust hob sich merkbar mit dem hörbar tieferen Atemzug, als jene samtigen Lippen mit seiner Brustwarze das anstellten, was er seinerzeit bei Tyson durchgeführt hatte - ein sanfter Kuss, ein leichtes Zubeißen, das verspielte Drüberlecken der Zunge. Der kleine aber feine Schock der Berührung sickerte sofort in die Lenden, die Wiederholung wurde mit einem wohligen Aufseufzen quittiert. Auf eine eher typisch maskuline Art war Kai eher verhalten und nicht so sehr der Typ fürs Produzieren der Laute wie dafür, sie seinem Partner zu entlocken, es sei denn man legte es wie einst Tala darauf an, ihn dazu zu bringen, seinem Vergnügen stimmlich betont Ausdruck zu verleihen. Doch um seine Willenskraft und Kontrolle aufzulockern war Anstrengung nötig und Tysons liebliche, unerfahrene Neckereien waren weit entfernt davon, was der Rotschopf hin und wieder mit Kai anzustellen gepflegte hatte, um alle möglichen Töne und Tonlagen zu Tage zu fordern. Denn im Bett war Tala in der Tat ein Wolf – wild, unzähmbar und immerhungrig nach dem Körper, der Stimme und dem ganzen Sein seines Spielgefährten. Sex mit ihm war Leidenschaft und Feuer pur sowohl auch nicht jedermanns Sache, da die Stärke und Glut davon einen mühelos brechen und verbrennen konnten. Doch Kai war natürlich nicht jedermann, er war stets in der Lage gewesen, mehr denn weniger problemlos mitzuhalten. Doch Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen, hatte er momentan trotzdem nicht. Er zog automatisch den Bauch ein, wenn eine Hand, die eigene in ihrem vorherigen Tun mimend, vorsichtig über seine mittlerweile ungeduldig pochende Erektion glitt. Die Luft wieder langsam durch die geschlossenen Zähne ausstoßend, hinderte er den Jüngeren nicht in seinen Erkundungen, auch wenn's nicht ganz so einfach war. Tyson bemerkte derzeit wenig davon, was seine eher unschuldigen Berührungen für eine Wirkung auf seinen Freund hatten, ihn beschäftigte nämlich was gänzlich anderes, als er das gute Stück vor sich beäugte. Es war schon ziemlich groß... ob das in seinen Mund passen würde? Nun, Probieren ging ja bekanntlich über Studieren, in diesem Falle wahrscheinlich umso mehr. Er wollte Kai doch gerne das zurückgeben, was dieser für ihn getan hatte; er wollte gerne, dass der Andere ihr Zusammensein, in jedem Aspekt, genauso genoss wie Tyson selbst es tat. Diesmal wählte er eine andere Vorgehensweise als das Nachahmen und anstatt seiner Lippen benutzte er vorerst die Zunge, deren rosige Spitze bald hervorkam und über die stolze Länge fuhr, was Kai zum scharfen Lufteinziehen brachte. Sein Herz beschleunigte und so erging es konsequenterweise auch seiner Lungenarbeit. Der junge Drache wiederholte die Aktion ein paar Mal mehr, bevor er sich traute, die Spitze ganz in den Mund aufzunehmen. Es schmeckte nur nach simplem Wasser - verwunderlich war dies nicht wirklich in Anbetracht der Tatsache, das sie immer noch unter stetig runter prasselnden Wasserstrahlen standen, oder in Tysons Falle knieten. Stück für Stück verschlang er immer mehr von dem steifen Glied, auch wenn nicht ganz bis zum Ende, denn es tiefer in den eigenen Rachen zu befördern, wagte er ab einen bestimmten Punkt nicht mehr. Es reichte auch so vollkommen, zudem das dargebotene Bild sicherlich ein genauso guter Stimulus war, wie die bald ansetzenden, langsamen Saugbewegungen, die immer sicherer und anregender wurden. Hierdurch kamen ein paar auditiv stimulierende Laute bereitwillig über Kais Lippen, eine Hand gehoben, glitten seine Finger anspornend und zusprechend zugleich durch das nachtblaue Haar. Der Phönix genoss es einfach nur in vollen Zügen für ein paar wundersame Momente, womit dem Anderen auch eine kleine Experimentierfreiheit eingeräumt wurde - ein kleiner Tempowechsel, das Einbeziehen der Zunge, das leichte Kratzen der Zähne drüber. Tyson hatte keine große Ahnung, was er da machte, aber er schien es richtig zu machen, denn bald ertönte ein leises Aufstöhnen, gefolgt von einem wohligen Erschaudern – die Reaktionen, egal wie verhalten sie kamen, als Kais Sinne letztendlich ihre euphorische Erlösung fanden, gefielen dem Drachen sehr gut, auch wenn er keine Zeit hatte, sich dessen wirklich lange zu erfreuen. Der warme, dickflüssige Trunk, der daraufhin abrupt und massig seine Mundhöhle ausfüllte, führte prompt dazu, dass Tyson sich verschluckte. Er schreckte zurück, plumpste dabei in eine Sitzposition auf die eigenen Fersen, und spuckte hustend gut die Hälfte davon wieder aus, während der Rest, der noch austrat, geschwind vom Wasser fortgespült wurde. Einen Augenblick später ging Kai runter auf ein Knie und klopfte dem Jüngeren sachte auf den Rücken, bevor selbigen Rücken sanft zu streicheln. "Alles okay?" "Ja..." Eine Hand auf den weißen Boden der Dusche abgestützt, wischte der blauhaarige Blader sich mit der anderen die Mundpartie ab. "Tut mir Leid." Fügte er dann etwas leiser hinzu. Kai lächelte nur und drückte einen Kuss gegen Tysons Stirn. "Das muss es überhaupt nicht." Eine simple und wahrheitsgetreue Antwort. "So was braucht Übung." Es war auch wirklich mehr Kais Schuld gewesen, er hätte den Anderen vorwarnen müssen, dass er kam, so Klischee das auch sein mochte, denn die Unerfahrenheit war auch hier präsent - Tyson selbst wusste die Anzeichen dafür noch nicht genau genug zu deuten und ein wenig bewussten Vorbereitens brauchte es schon, um das, was ein männlicher Körper an Essenz ausstoßen konnte, entweder aufzunehmen oder um sich rechtzeitig genug zurück zu lehnen und das ohne seinen Partner dabei um den Höhepunkt zu bringen. Aber für das Bemeistern der Feinheiten würden sie noch genug Gelegenheit haben, erstmal half er Tyson wieder hoch. Dank dem Cocktail aus Endorphinen, Oxytocin und ein paar weiteren Glückshormonen im Blut war von der Verdrießlichkeit des Drachen gar nichts mehr übrig geblieben, stattdessen war seine Stimmung nun ziemlich erquickt. Was er gerade zu erkennen lernte, war etwas, was Kai schon lange wusste – guter Sex war immer noch der beste und natürlichste Stressabbau überhaupt. Ein Akt, der oft fälschlicherweise als Sünde und als schmutzig verschrienen wurde und dabei verzehrte sich der menschliche Körper so sehr danach, war es doch, wenn richtig und mit Verstand angewandt, eine der ungefährlicheren Drogen im Vergleich zu all dem chemischen und künstlichen Zeug, das wie Gift durch die Venen dieser viel zu oft viel zu heuchlerischen Gesellschaft floss. Ferner war es immer noch der größte Ausdruck von Liebe und Zuneigung, die diese Welt kannte und die zwei gefühlsverbundene Menschen sich entgegenbringen konnten. Die Berührung an seiner Wange veranlasste ihn dazu, die Aufmerksamkeit wieder vollends auf Tyson zu konzentrieren. Dessen Fingerspitzen erkundeten gerade neugierig die blauen Dreiecke, die sich in ihrer Existenz von der Flüssigkeit, die über sie wusch, nicht im Geringsten gestört zu fühlen schienen. "Ist die etwa wasserfest?" Bisher hatte Tyson irgendwie nicht wirklich einen Gedanken daran verschwendet, wie etwa an Rays Katzenartigkeit. Es war halt einfach nur... immer da gewesen. Kai lachte leise auf, fing die Hand ein und drückte einen Kuss gegen die Rückseite jener flinken Finger. "Klar. Was hast du denn gedacht?" So viel, wie sie bei Wind und Wetter bladeten, konnte er sich wohl kaum erlauben, dass ihm dabei die ansehnliche Kampfbemalung verlief. Sie ging natürlich dennoch ab – mit Hilfe einer speziellen Lösung, die er nicht allzu oft verwendete. Markenzeichen blieb Markenzeichen. Nicht viel später befanden sich beide nicht mehr in der Dusche, sondern in Kais Zimmer und überbrückten die Zeit, die insbesondere Tysons Haare zum Trocknen benötigten, mit einer Partie Schach. Ja, Schach. Ein Spiel, das Tyson noch nie verstanden hatte, oder zumindest nie versucht hatte, zu verstehen. Es erschien ihm immer langweilig und langatmig, zudem musste man da so viel nachdenken und Geduld und Taktik waren irgendwie nicht so wirklich sein Ding. Da er Kai aber nichts abschlagen konnte und keine Lust hatte, nach unten zu gehen, um mit den anderen Zwei ihren Film zu gucken, den man übrigens dank der Lautstärke immer noch ganz gut auch von hier oben akustisch mitverfolgen konnte, hatte er der Idee zugestimmt. Die Regeln kannte er nur vage, sein Opa hatte es mal ebenfalls versucht, ihm das Spiel beizubringen – mit mäßigem Erfolg. Nun, der Phönix hatte ja schon bewiesen, dass er im Erklären einsame Spitze war und dieser Fall war keine Ausnahme. Innerhalb der ersten halben Stunde hatte Tyson die Grundlagen ziemlich gut drauf, denn dass er lernfähig und wissbegierig war, war bereits ebenso kein Geheimnis mehr. Man konnte sagen, was man wollte, als Mentor und Lehrling ergänzten sie sich perfekt. Konnten sie das als Partner auch tun? Gewonnen hatte der Drache natürlich nicht, Spaß gehabt hatte er aber trotzdem und lag bald darauf im Bett. Kai saß noch auf der Kante des Möbelstücks und knöpfte mit einem kaum vernehmbaren Klicken das Armband seiner Uhr auf, um das Zeit anzeigende Gerät auf dem Nachttisch abzulegen. Dann schlüpfte er unter die Decke und rutschte etwas mehr zur Bettmitte, wo ein warmer Körper sich sofort freudig an ihn kuschelte. Hinlegen tat er sich noch nicht, auf dem Ellbogen erhoben blickte er runter auf Tyson, der, sich dicht an ihn gepresst, das Gesicht an seiner Brust vergrub und eine Hand milde in das schwarze T-Shirt, das selbige Brust bedeckte, verkrallte. Kais geschärfte Intuition meldete sich alsbald, den freien Arm schützend um den Jüngeren legend, drückte er ihn sachte näher an sich und beugte sich runter, um einen sanften Kuss auf dessen Schläfe zu platzieren, bevor er geruhsam die Stimme hob. "Was ist los?" Tyson seufzte leise. "Nichts." Murmelte er und widersprach sich irgendwo im nächsten Moment selbst. "Es ist nur..." Gemächlich den Rücken des Anderen rauf und runter streichelnd, waren Kais rubinrote Iriden aufmerksam auf ihn fixiert. "Es ist nur was?" Hakte er nach der anhaltenden Pause nach. Noch ein Aufseufzen und Tyson schaute zu ihm auf. "Irgendwie... hab ich ein wenig Angst... dass dies alles nur ein Traum ist." Ein schwaches Lächeln folgte. Er verstand schon, dass es ein wenig abstrus klang, aber die Empfindung an sich war echt und adäquat. Alles war so... perfekt. An Tagen wie heute schien das Glück beinahe schon surreal, das Zusammensein so wunderschön, es fühlte sich wirklich an wie ein Traum. Er liebte Kai. So sehr, er wusste nicht, wohin mit dem Gefühl. Es gab nichts, was er nicht für seinen Phönix tun würde und er hatte Angst. Angst vor dem Gedanken, was passieren würde, wenn... dieser Traum plötzlich zu Ende wäre. Wenn er Kai nicht mehr bei sich hätte. Das allein erweckte den Wunsch, nein, das Bedürfnis, beinahe schon den Zwang, ihn ganz fest zu umgreifen und festzuhalten. Je weiter sie in ihrer Beziehung gingen, desto mehr begriff er, wie sehr er Kai brauchte. Wie leer sein Leben wirklich gewesen war, ohne ihn. Jetzt, wo er es kannte, wie es war, zusammen zu sein, zu lieben... jagte ihm die Vorstellung von wiederkehrendem Alleinsein mehr Angst ein denn je. Er wollte dieses Gefühl, dieses Glück, nicht verlieren. Er wollte Kai nicht hergeben. Nie mehr. Der Phönix sah den Jüngeren für einen Moment einfach nur an und lehnte sich vor, verschloss die weichen Lippen des Anderen somit in einem sanften Kuss. Er kannte das Gefühl, sehr gut sogar. Er hatte es selbst durchlebt, Jahre zuvor. Wenn er neben Tala gelegen hatte und das realisierte, was Tyson sicherlich jetzt durch den Kopf ging, hatte er den Wunsch auch gehabt. Nach Sicherheit, nach Bestimmtheit, nach der unerreichbaren Unvergänglichkeit. Danach, dass das, was sie hatten, solide war. Für immer war. Dass er Tala nie verlieren, dass er immer bei ihm sein würde. Und wann auch immer er sich fast genauso verzweifelt an den jungen Wolf geklammert hatte, tat dieser nur eins... Tala war nie ein großartig zärtlicher Typ gewesen, aber in jenen Momenten, war er mit ein paar bestimmten Worten und ein paar bestimmten Gesten immer für Kai da gewesen. Um ihm alle Angst und Bedenken zu nehmen, und sei es nur für eine Nacht. Damit Kai einen ruhigen Schlaf hatte und am nächsten Morgen mit mehr Zuversicht in die Zukunft blicken konnte. Kais Arm löste kurz den Griff um Tyson und langte nach hinten, um mit dem Betätigen des Schalters die Nachttischlampe auszuknipsen. Tiefer ins Bett rutschend, zog er seinen Drachen ganz fest an sich. Jene Worte... jene Gesten... "Keine Angst. Ich bin doch hier. Bei dir." - Für heute Nacht, glaub das, und nur das. Diese Realität hier und jetzt, ist echt. Dem, was der Morgen bringen wird, werden wir uns stellen, wenn es soweit ist. Seine Lippen streiften die Stirn des Jüngeren, er spürte, wie dieser, sich zunehmend entspannend, noch enger an ihn schmiegte und presste ihn behutsam und beruhigend noch ein kleines Stückchen näher. Die Augen schließend, lauschte er. Den Atemzügen des zutraulichen Wesens in seinen Armen, selbige Atemzüge, die bald langsamer und tiefer wurden, ein Zeichen, das Tyson eingeschlafen war: genauso schnell und besänftigt, wie Kai es immer getan hatte, an Talas Seite. Der junge Phönix selbst aber lag noch eine Weile wach und erlangte ein großes Stück Verständnis mehr für seinen früheren Freund. Wo Tyson ruhig und friedlich neben ihm schlummerte, durch seine Worte und Gesten ermutigt und bestärkt, war er für Kai selbst schwerer, Schlaf zu finden. Denn unweigerlich musste er darüber nachdenken, wie er dafür sorgen konnte, dass das, was eben diese seinigen Worte und Gesten versichert hatten, nicht nur leere Versprechen blieben. Dass er wirklich bei Tyson blieb. Dass er ihm all das geben konnte, was der Andere brauchte - von ihm. Ob er in der Lage sein würde, ihn weiterhin glücklich zu machen. Zu beschützen, vor Anderen und vor sich selbst. Hatte Tala damals jedes Mal dasselbe gefühlt, dasselbe gedacht...? Der Antwort war sich Kai nunmehr fast sicher und sie machte seine Gewissensqualen nicht gerade leichter. Aber genug von Tala. Was hier und jetzt zählte, waren Tyson und er selbst. Dieses Mal würde alles anders werden... Es war lange nachdem das Pärchen unter den Bladebreakers ihre gemeinsame Dusche beendet und sich beieinander ins Bett gelegt hatte, dass Ray mit einem halbwegs unterdrückten Gähnen die Treppen nach oben schritt, alleine, denn sein blonder Teamkollege war wieder Mal unten auf der Couch vor dem Fernseher eingepennt und das Herz, ihn zu wecken, hatte der gebürtige Chinese natürlich nicht gehabt. Es war zwar wirklich ziemlich spät geworden, doch so sehr gelacht hatte er schon lange nicht mehr, auch wenn er nicht genau wusste, ob es an dem Film selbst gelegen hatte oder an Max' kontinuierlichen, gewitzten Kommentaren zum Handlungsgeschehen. Seiner Meinung nach hatten Kai und Tyson einen echt schönen Abend, der zudem auch noch der letzte gemeinsame Abend vor der morgendlichen Abreise war, versäumt. Nun ja. Darüber ließe sich natürlich streiten, wüsste man, womit sich die Zwei stattdessen so den Abend vertrieben hatten... Kapitel 13: Thunderstorm Herald ------------------------------- Aye, neues Kapitel im Anflug. Schlusswort gibt's am Schluss, bis dahin: Fiction ab! Kapitel 13 Thunderstorm Herald Er wachte auf von den sanften Liebkosungen geschickter Finger sein Gesicht entlang. Die Rückseite jener Finger setzte knapp über seiner Augenbraue an und strich behutsam in einem abgerundeten Pfade um sein Auge herum, runter über die Wange, bevor feine Fingerkuppen über seine Nasenbrücke glitten zu der Spitze dieser und dann sachte seine Lippen nachfuhren. Selbige Lippen zuckten leicht und formten alsdann ein seliges Lächeln, lange, schwarze Wimpern entflochten sich und gaben freie Sicht auf ein paar niedlich verschlafene, rehbraune Augen. "Morgen..." Nuschelte Tyson schlaftrunken, spürte die Hand, die durch seine Haare strich. "Morgen. Du kannst ruhig noch etwas weiterschlafen. Ich wollte dich nicht wecken, es ist noch recht früh." Kai hielt seine Stimme in einem weichen Flüsterton, um die behagliche Ruhe, die sie umgab, nicht allzu sehr zu stören. Das Tageslicht war noch grau in seinem Strahlen durch die Fenster, die Sonne ging gerade mal auf. "Ist schon okay." Kam es in einem genauso geruhsamen Flüsterton zurück. "Wieso bist du schon so früh wach? Wieder schlecht geträumt?" Milde Besorgnis reflektierte in Tysons Blick, was nun auch Kai zu einem kleinen Lächeln verleitete. "Nein. Wenn ich einmal wach bin, schlaf ich in der Regel einfach nur nicht mehr wieder ein." So was konnte der Phönix schlicht und ergreifend nicht. Wenn er wach war, war er wach und das endgültig – bis zur nächsten Schlafenszeit. Tyson grinste. "Ich in der Regel schon." Während Kai amüsiert schnaubte, unterdrückte er selbst halbwegs erfolgreich ein Gähnen. "Aber jetzt will ich lieber wach bleiben. Es ist vorerst das letzte Mal, dass ich neben dir aufwachen kann." Was er diesmal unterdrückte, war ein leises Seufzen. Sobald sie zurück waren, hatte es sich erstmal mit dem gemütlichen beieinander Schlafen. Kais Augen verengten sich leicht und er hob das hübsche Antlitz des Jüngeren am Kinn an, um jene süßen Lippen für einen Moment mit den eigenen einzufangen. "Du bist bei mir jederzeit willkommen." Sprach er dann gegen das samtige Paar und streifte es in einem weiteren Kuss. Der junge Drache lächelte erneut, dankbar und zärtlich, bevor er nickte. "Du bei mir ebenfalls." Auch wenn's im Dojo mit der Privatsphäre etwas enger war. Von ihnen Sechs wohnten nur Kai und Ray alleine. Hilary und Kenny wohnten natürlich immer noch bei ihren Eltern, Tyson bei seinem Opa und Max logischerweise bei seinem Vater. Ray hatte von der BBA ein gemütliches Apartment organisiert und finanziert bekommen und leben ließ es sich von der Gage als Beybladeweltmeister nicht gerade schlecht: da waren die Preisgelder und die diversen Verdienste, wann auch immer man für ein Magazin posierte oder bei irgendwelchen Veranstaltungen mitmachte. Die BBA war auch jederzeit bereit, ihnen den Rücken zu stärken, in Rays und Kais Falle war das zum Beispiel so, denn als – nach japanischen Standards - Minderjährige würden sie gar nicht alleine wohnen dürfen, wenn die BBA die Verantwortung dafür nicht übernommen hätte. Für Kai war das ein wenig seltsam, mit seiner doppelten Staatsbürgerschaft zählte er mit Achtzehn – und bald Neunzehn - in Russland bereits zu den Erwachsenen, in Japan jedoch, brauchte er noch ein ganzes Jährchen bis zur offiziellen Volljährigkeit. Leben tat der junge Russe in einem ansehnlichen Eigenheim mehr im Außenbereich Tokios, etwas weiter weg von dem regen Treiben im Herzen der Metropole. Tyson hatte ihn dort schon ein paar Mal besucht, es war eine ruhige Nachbarschaft mit viel Grün, wenig Verkehr und viel Ruhe und Frieden - also ganz Kais Element. Er erinnerte sich daran, was Kai damals gesagt hatte, als er ihn fragte, wie er sich dies alles alleine hatte leisten können. "Die Hälfte von Hiwatari Enterprise gehörte ursprünglich mir. Ich wollte aber nichts damit zu tun haben, also habe ich es an meinen Großvater abgetreten, für einen gewissen Preis natürlich. Einen Teil davon wurde fürs Haus ausgegeben, der andere Teil liegt auf der Bank. Von den Zinsen lässt's sich ganz gut leben, außerdem ist da noch der Dazuverdienst vom Beybladen." Man konnte sich denken, dass der gewisse Preis, für den er Hiwatari Enterprise seinem einzigen Verwanden überlassen hatte, mindestens siebenstellig gewesen und wahrscheinlich nicht in Yen ausgezahlt worden war, denn blöd war der Phönix sicherlich nicht. Er hatte sein Leben materiell und finanziell perfekt abgesichert und im Griff, was nicht bedeutete, Kai hatte vor, sich auf die faule Haut zu legen und nicht irgendwann mal einer vernünftigen Arbeit nachzugehen. Aber momentan konzentrierte er sich darauf, die Oberschule dieses Jahr abzuschließen und danach einen vernünftigen Master an einer guten Uni zu machen. Er hatte ein paar Ideen im Hinterkopf, doch was genau er studieren wollte, das würde er entscheiden, wenn's wirklich soweit war. Nachdem er 18 geworden war, also volljährig dem russischen Gesetz nach, hatte er sich endgültig von seinem Großvater losgerissen, denn er hatte auch die Mittel dafür gehabt. Das hatte er ganz seinem Vater zu verdanken, denn auch wenn der Mann verschwunden war, damit, dass er seinem Sohn 50 Prozent der Firma vermacht hatte, hatte er ihn vor einem permanenten Einfluss Voltaires bewahrt. Kai fragte sich manchmal, ob es Absicht von seinem männlichen Elternteil gewesen war... aber das konnte wahrscheinlich nur Susumu Hiwatari selbst sagen, wenn er überhaupt noch am Leben war. Mit ein weiterer Grund, warum er damals für Tala zurück zu Biovolt gegangen war. Sie beide hätten hier wirklich zusammen eine Zukunft gehabt, eine sehr gute sogar, denn Kai stand nun fest im Leben, auf den eigenen zwei Beinen. Sie hätten frei sein können, gemeinsam ein vollkommen neues Leben aufbauen können. Aber nein. Der Herr musste sich ja weigern. Er musste ja einen auf störrisch machen und dort bleiben; dort, wo er keinerlei Zukunft hatte, außer auf ewig ein Werkzeug in Balkovs und Voltaires Händen zu sein – ein mehr als undankbarer Job. Tala hatte ihr Team über sie Beide gestellt; Kai, sie Beide über ihr Team. Wer am Ende Recht gehabt hatte, war unklar sowohl auch egal, verloren hatten Beide. Tala verlor Kai und Kai verlor Tala, und was jedem von ihnen blieb, waren nur noch Wut, Feindseligkeit, Unverständnis und das Quäntchen Liebe, das alles nur umso schwerer und schmerzvoller machte. "Kai?" Tysons leise Stimme holte ihn aus den unangenehmen Reflexionen. "Woran denkst du?" Die Hand des Drachen streckte sich etwas und seine Fingerspitzen berührten sachte die Stirn des Älteren, wo sich Falten eines vergrämten Stirnrunzelns gebildet hatten. Was auch immer es war, es musste etwas Negatives sein. Kai fing die Hand des Anderen ein und brachte sie wieder runter, zu seinen Lippen, um diese sanft auf den glatten Handrücken zu pressen. "Nichts wirklich Wichtiges. Wenn wir schon wach sind, können wir vielleicht langsam mit dem Packen anfangen." Der junge Drache gab ein protestierendes Ächzen von sich und schmiegte sich demonstrativ wieder an den Älteren. "Kann das nicht noch ein bisschen warten?" Murrte er, was von Kai mit einem leisen Auflachen quittiert wurde. Den Arm wieder um seinen Freund geschlungen, versteckte er die Nase in dem nachtblauen Haarschopf. "Kann es." War die simple, gemurmelte Antwort, was sie Beide offenbar komplett zufrieden stellte und ihnen erlaubte, noch ein Stündchen oder so im Bett herumzuliegen, mit wenig zu tun, außer gelegentliche Liebkosungen auszutauschen. Sie waren gerade seit gut ein paar Minuten in einem anregenden, sinnlichen Kuss vertieft, als das Klopfen an der Tür erklang. Von den vollen, feucht schimmernden Lippen ablassend, richtete sich Kais Blick zu besagtem Stück Holz. "Ja?" Tyson nutzte den Moment, um durchzuatmen, denn auch wenn er schon gut Übung hatte, war Kai immer noch der weitaus bessere Küsser und dank der eigenen tiefgründigen Gefühle drehte sich ihm immer noch nach jedem längeren Kontakt dieser Art angenehm der Kopf. Er war seinem Phönix wirklich absolut verfallen... Irgendwo war das fast erschreckend. "Kommt runter, ihr Zwei. Frühstück ist fertig." Ray, natürlich. Die Kochkünste und die fürsorgliche Ader des gebürtigen Chinesen würden ihm sicherlich fehlen. "Sofort." Nachdem er geantwortet hatte und seine Aufmerksamkeit wieder Tyson zuwandte, wurde Kai mit einem überaus verliebten Ausdruck in den rehbraunen Augen konfrontiert. Ungewollt brachte es sein eigenes Herz zum Aufzucken – wie oft wurde man schon in seinem Leben so angeschaut? Es tat ihm beinahe schon Leid, dass er dieses aufrichtige Gefühl nicht im gleichen Maße erwidern konnte. Noch nicht, weil er dennoch bereits spürte, dass er auf dem richtigen Weg war. Auf den Weg, sich hoffnungslos in seinen bis dato größten Rivalen zu verlieben. Das Schicksal war in der Tat unbegreiflich in dem Verflechten der Lebenspfade jedes einzelnen mit dem von jemand anderem. "Lass uns aufstehen." Ein stummes Nicken seitens Tyson und bald darauf wurde das Bett gemacht, sich umgezogen und die Treppen runter in die Küche gewandert. "Whoa, Ray. Diesmal hast du dich wohl selbst übertroffen, eh?" Pfiff der energievolle Japaner angesichts des reichlich gedeckten Tischs. Das war kein Frühstück mehr, das war ein Bankett! Angesprochener kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf. "Na ja. Ich dachte mir, wenn's schon der letzte Tag ist..." "...könnte man doch gleich alles verbrauchen, was der Kühlschrank noch so hergeben konnte?" Ergänzte Tyson neckisch, woraufhin Ray auflachte und die Schultern zuckte. "So was in der Art." Und dabei war er mit dem Anrichten immer noch nicht ganz fertig, ein dankbares Lächeln ging in Kais Richtung, als dieser sich schweigsam als Hilfe anbot, indem er schon mal Besteck und Tassen holte. Ungeduldig wie er war, stahl sich Tyson einen Bissen von einem der Teller auf der Anrichte und kassierte prompt ein tadelndes Wort. "Warte doch kurz, bis Max auch da ist." Der Drache schmollte und richtete die kräftig gehobene Stimme dann an den noch nicht Anwesenden. "Maxie! Kommst du jetzt, oder was? Mach mal hinne, ich hab Hunger!" Kai rollte mit den Augen und Ray lachte einmal mehr, bevor sich seine Stirn konzentriert in Falten legte, als er etwas kurz aber eingehend musterte. Einen Moment später fing der Phönix Rays Blick auf sich ab und sobald ihre Augen den Kontakt hatten, räusperte der Schwarzhaarige sich dezent und, Hand erhoben, strich sich als ob beiläufig über den Hals. Kais Blick wanderte demnach zu Tyson, dessen Kopf, zur Treppe gedreht, ein schönes Stück Halspartie entblößte. Das wäre aber überhaupt nicht weiter schlimm gewesen, wenn an der geschmeidigen Kurve zwischen Hals und Schulter kein ebenso schöner, dunkelroter Fleck ragte. Oh. Da hatte er gestern in der Dusche wohl an einer Stelle etwas übertrieben oder die Haut des Jüngere war einfach nur delikater und empfindlicher als gedacht. Hieß wohl, er müsste in der Zukunft etwas mehr darauf achten. Während es nicht wirklich viel ausmachte, dass Ray oder Max den Liebesbiss sahen, für jemand anderes Augen – wie Kenny, Hilary oder Tysons Großvater, zum Beispiel – sollte der Anblick vielleicht besser noch verhüllt bleiben. Die Gläser abstellend schritt er also zu dem jungen Drachen und zog den eingebügelten Kragen des gelben Hemdes in einem sanften Ruck etwas höher. Tyson blinzelte ihn daraufhin verwirrt an: "Ist was?" Der Teamleader lehnte sich vor und streifte mit den Lippen die Wange des Jüngeren. "Für eine Weile solltest du dein Hemd vielleicht ganz zugeknöpft lassen." Meinte er leise und mit einer Note Amüsiertheit zu dem Jüngeren, was ihm nur ein weiteres hilfloses Anblinzeln bescherte. Ray schüttelte nur mit einem Schmunzeln den Kopf und setzte fort in seinem Tun, den Tisch zu Ende zu decken, während Tyson raus in die Einganghalle trat, um dort einen Blick in den Spiegel zu werfen. Was er sah, ließ ihn perplex aufkeuchen. Ach du Schande! Brav und geschwind machte er also die zwei obersten Knöpfe seines Hemdes zu, es war zwar unbequem, aber nun. Nicht so unbequem wie es peinlich war, einen Knutschfleck zur Schau zu tragen. Wieder in der Küche, blieb er im Türrahmen stehen, stemmte die Hände in die Seiten und bedachte Kai mit einem bösen Blick. Der Ältere hob daraufhin abwehrend die Hände. "Es war keine Absicht." Beteuerte er ehrlich und bevor Tyson irgendwas erwidern konnte, brach Ray in schallendes Gelächter aus. Die dargebotene Szene war aber auch zu komisch und ungewöhnlich gewesen, und gekoppelt mit dem Grund dafür umso schrulliger. Zudem war es überaus interessant, zu beobachten, wie jemand mal ausnahmsweise Kai böse anfunkelte und nicht umgekehrt. "Was habt ihr denn für einen Spaß so früh am Morgen?" Erklang Max' neugierige Stimme, als er die Treppe runter schritt and nebenbei eine Grimasse in Tysons Richtung schnitt, was prompt mit demselben Mimikspiel beantwortet wurde. "Nichts, nichts." Winkte Ray ab und versuchte, sich trotz Kais stechendem Blick, der es nicht unbedingt besser machte, wieder einzukriegen. "Lasst uns essen." Er grinste den Teamleader füchsisch an, worauf Kai nur streng und unbeteiligt guckte, bevor er sich dann zum Tisch begab. Nach dem Frühstück wurde gepackt und kurz nach elf Uhr saßen alle vier im Mini-VAN auf dem Weg zurück nach Hause. Der erste Stopp war Rays Apartment, einer großen Abschiedzeremonie bedurfte es aber nicht – sie würden sich eh alle bald wiedersehen, spätestens in ein paar Tagen an Kais Geburtstag, denn obwohl im eher engen Freundeskreise, würde der Neunzehnte des Teamchefs gebührend gefeiert werden. Nächster Halt war Max' Haus und danach Tysons Dojo. Dort warteten Hilary und Kenny bereits ungeduldig auf die Rückkehr ihrer Freunde und Kai willigte ein, kurz zu bleiben, bevor es auch für ihn nach Hause gehen würde. Der Fahrer hatte nichts dagegen, zu warten, also saßen die vier Jugendlichen und Tysons Großvater bald in der Küche bei einer Tasse Tee. Oder Kaffee in Kais Fall. Die Gelegenheit nutzten die beiden Bladebreakers dazu, um beim Berichten über die Erholungsaktivitäten auch das nicht so große Geheimnis ihrer neuen Beziehung zu lüften. Überwiegend übernahm Kai an dieser Stelle das Reden und Beichten, und verständlicherweise erntete die Neuigkeit vorerst Ungläubigkeit, Ratlosigkeit und Verwirrung, welcher er mit ein paar geschickten Erklärungen und Formulierungen so gut es ging entgegen zu wirken versuchte. Das klappte ganz gut und das Gespräch verlief vernünftig. Tysons Großvater war der Mittelung gegenüber im Endeffekt ziemlich positiv eingestellt, denn er liebte seinen Enkel ganz egal mit wem dieser zusammen war. Außerdem hatte Kai auf den älteren Herrn stets den besten Eindruck gemacht, er war vernünftig, erwachsen und überwiegend ein sehr guter Einfluss auf seinen jüngeren Teamkollegen. Das bewahrheitete sich nur, nachdem Tyson stolz erklärt hatte, dass er jetzt Russisch lernte und darin gar nicht mal so übel war, was Kai amüsiert bestätigt hatte. Kenny konnte wahrscheinlich sowieso nichts dazu bringen, je an Tyson zu zweifeln und an Kai sowieso nicht. In Sachen Beziehungen war das kleine Genie selbst unvoreingenommen und nahm es genauso wie Ray und Max mit Freude für seine Freunde auf. Nur Hilary, auch wenn keine negative Aussage zum Thema aus ihrem Munde gekommen war, schien ziemlich überrumpelt und nach der Verkündung eher sehr reserviert zu sein. Kai konnte sich auch ungefähr denken, warum, und wie das Mädchen sich weiterhin verhalten würde, nachdem die Sache auch wirklich ins Bewusstsein eingesunken war, würde sich wohl im Laufe der Zeit herausstellen. Er überlegte sich im Stillen, ob er sie eventuell unter vier Augen sprechen sollte, aber für heute war es doch reichlich genug für sie alle zum Verarbeiten, also beließ er es alles erstmal dabei. Zeit hatten sie ja, es würde schon alles gut werden. Nach dem gemütlichen Beisammensitzen entschuldigte sich Hilary als Erste, beglückwünschte das neue Paar noch ein Mal und erklärte, sie hätte etwas vergessen und müsste jetzt nach Hause. Tyson schien etwas enttäuscht, hielt sie aber nicht auf. Kenny blieb dann, um Großvater Granger beim Abräumen in der Küche zu helfen, während Tyson Kai zu Tür brachte. Der Phönix schlüpfte dort in seine Schuhe, band diese zu und richtete sich wieder auf. Tyson, der ihn bei der alltäglichen Handlung beobachtet hatte, lächelte leicht, sobald ihre Blicke sich kreuzten. "Hil sah irgendwie bedrückt aus." Bemerkte er dann leise. Kai schaute den Anderen einen Moment lang an und schlang dann einen Arm um die schlanke Taille, damit er ihn zu sich ziehen konnte. "Gib ihr etwas Zeit." Sprach er gegen die Stirn des Jüngeren, bevor er einen Kuss gegen die blauen Ponyfransen, die diese bedeckten, drückte. Ein Seufzen und ein Nicken, dann hob Tyson den Kopf, um ihre Lippen zueinander finden zu lassen. Er wollte Kai nicht wirklich gehen lassen, aber sich wie ein kleines Kind an ihn klammern und ihn festhalten konnte er wohl schlecht. Also genoss er einfach nur diesen einen Kuss und hoffte auf ein sehr baldiges Wiedersehen. Viele Kilometer entfernt, im Beystadium von Sapporo, ging gerade ein ziemlich unspektakulärer Kampf zu Ende. Unspektakulär in dem Sinne, dass er vorbei war, kaum dass er angefangen hatte und unspektakulär wohl auch nur für vier der tausenden von Personen, die anwesend waren. Ein begeistertes Raunen schwappte durch die Reihen des Publikums, als ein dunkelroter Blade im hohen Bogen aus der Beyarena flog und zu Boden klirrte. "Und wieder ein schwindelerregend schneller Sieg für die Beasthunters! Dieses mysteriöse Team ist einfach nicht aufzuhalten!" Brach der Moderator alsbald in euphorische Lobeshymnen aus. Indes fing eine in einen langen Umhang eingehüllte Gestalt mit der Kapuze so tief im Gesicht, dass man nicht mal ein Stück davon erhaschen konnte, einen eisblauen Blade mit Leichtigkeit auf. Das Zujubeln der Menge ignorierend schritt die Person die kleine Anhöhe runter und dann Richtung Ausgang, um das Stadiuminnere durch einen langen Gang zu verlassen und bald vor der Zimmertür mit dem Schild 'Beasthunters' drauf zu stehen. Über die Türschwelle getreten, schubste die Gestalt die Tür wieder zu und das Schloss klickte, als es zugemacht wurde. "Meine Güte, ist das ein Kindergarten hier. Ich will hier weg, aber so was von." Grummelte die Kleinste der drei ebenso verhüllten Gestalten im Raum. Die gerade eingetretene Person schritt zum Couchset in der Zimmermitte und ließ sich in einer leichten Bewegung aufs Sofa nieder, mit einem Rascheln der Kutte elegant die Beine übereinander geschlagen und allem Anschein nach die Arme an der Brust verkreuzt. "Noch ein Match, dann haben wir's hinter uns." Antwortete eine weitere Gestalt, während sie ein Glas Wasser eingoss und damit Richtung Sofa ging, um es dem sich gerade hingesetzten Wesen anzubieten. Die Rechnung war simpel - es waren sechzehn Teams anwesend, reduziert auf acht, reduziert auf vier, die dann nach Tokio reisen würden. Dort würden es dann wieder sechzehn sein, reduziert auf acht, reduziert auf vier, reduziert auf zwei und letztendlich würde der Sieger den Bladebreakers gegenüber treten. "Ist doch zum Kotzen. Und ich krieg jedes Mal Koliken, wenn ich diesen Namen höre. Wer ist überhaupt auf die bescheuerte Idee gekommen, uns Beasthunters zu taufen?" Maulte der Kleinste weiter, woraufhin die ziemlich große und breite Gestalt neben ihm, ihm die für ihrer zwei Größenverhältnisse riesige Hand auf den Kopf legte und diesen tätschelte. "Balkov natürlich, wer denn sonst? Du solltest dich wirklich nicht so sehr darüber aufregen, Ian." Brummte Spencer besänftigend, während Tala das Glas Wasser von Bryan mit einem anerkennenden Nicken in des Falken Richtung annahm. "Was stört dich der Name?" Zuckte der Rotschopf nonchalant die Schultern, holte ein kleines Fläschchen unter seiner Kutte hervor und machte den Deckel mit dem Daumen auf. "Ist doch Schnuppe, wie wir heißen, Hauptsache, es erfüllt den Zweck." Genau. Hauptsache, der Zweck wurde erfüllt... Ein Deckname sollte decken und das tat 'Beasthunters' auch. Zudem brauchte ein Werkzeug eh keinen Grund und keinen präzise definierten, bedeutungsvollen Namen, nur eine Aufgabe. Zwei weiße Pillen rollten auf seine Handfläche, das Fläschchen wurde zugemacht und wieder weggesteckt, die Tabletten mit dem gerade gebrachten Wasser runtergespült. Nicht, dass Tala Demolition Schrägstrich Blitzkrieg Boys je viel geistreicher gefunden hatte. War zwar nicht so, dass sie nicht gut demolieren oder keinen Blitzkrieg in Beybladekämpfen veranstalten konnten... Vielleicht würde er den Namen sogar mögen lernen, wenn dieser nicht von Balkovs Spatzenhirn erfunden worden wäre und Tala verabscheute generell alles, was besagtem Spatzenhirn entsprang. Sowohl Balkov als auch Voltaire hatten nur verrückten, gefährlichen Scheiß im Kopf, vielleicht hatten ihre Mütter beide als Kinder zu fest gewickelt, dass sie jetzt nur noch darauf aus waren, Verheerung und Zerstörung zu verbreiten. Na ja. Er schätze irgendwo hatte es diese Welt auch nicht anders verdient... Ja, Tala war überwiegend ein Pessimist, Nihilist und Schwarzseher, denn sein Leben hatte ihn ziemlich früh auf vielerlei sehr schmerzvolle Arten und Weisen gelehrt, nie viele Hoffnungen oder positive Erwartungen zu hegen - nicht in seine Mitmenschen, nicht in seine Umwelt und auch nicht in sein Leben oder seine Zukunft. Er war ein Einzelgänger, Hilfe, Unterstützung oder Beistand akzeptierte er so gut wie nie und von fast niemandem und die einzigen Homosapiens, die er je verhältnismäßig nah an sich ranließ und über längere Zeit tolerieren konnte, waren seine Teamkameraden. Dann war da natürlich noch Kai... Doch Kai... war etwas vollkommen anderes. Die so wohlbekannte Ausnahme aller Regeln, der er schon bald wieder gegenüber stehen würde. Oh, Freude... Noch bevor es Abend wurde, hatten die Beasthunters die Qualifikation problemlos gemeistert und hielten ihre Tickets nach Tokio in den Händen. Am selbigen Abend erklang unter dem Dach eines bestimmten Dojos in besagter Metropole das Geräusch von mehrmals aufeinander treffendem Holz. Mit gekonnter Handführung schlug Großvater Granger seinem Enkel das Holzschwert aus der Hand und senkte das eigene dann mit beachtlicher Kraft auf den Kopf des Siebzehnjährigen, sodass dieser mit einem Aufschrei zu Boden plumpste. "Autsch! Musst du immer so brutal sein, Grandpa?!" Beschwerte sich der Blauhaarige, sich die schmerzende Stirn reibend. "Du bist aus der Übung, Grünschnabel. Dem Schlag hätte ein Kleinkind ausweichen können." Lachte der ältere Herr, während Tyson ihn sauer anblitzte. "Ja, klar." Grummelte er und erhob sich. "Ich denke, für heute ist's genug, sonst ende ich noch mit einer Gehirnerschütterung." Auf das belustigte Schnauben seines Opas hin schnitt er ihm eine Grimasse, bevor er den Gürtel seines traditionellen Hakama lockerte. Für eine Weile zog er sich schweigend um, sein Großvater sammelte währenddessen die Schwerter auf und verstaute sie wieder. Bevor sie den Trainingsraum gemeinsam verlassen konnten, blickten rehbraune Augen Ryu konzentriert an. "Großvater?" "Ja?" Tyson starrte runter zu Boden und kaute für einen Moment unsicher auf seiner Unterlippe herum. 'Ich weiß nur, dass ein Mensch immer einen Grund hat für das, was er tut. Und dass niemand um diesen Grund besser weiß, als jener Mensch selbst. Wenn wir diesen Grund ebenfalls wissen, und noch wichtiger, verstehen wollen... Müssen wir im entscheidenden Moment nicht zögern und uns nicht davor fürchten, ihn zu fragen. Denn du weißt nie, ob es nicht deine letzte Gelegenheit ist, die Wahrheit zu erfahren. Denn wenn du sie einmal verpasst, und die Chance dann nie mehr wieder kriegst... bereust du es für den Rest deines Lebens.' "Es gibt da etwas, was ich dich schon immer fragen wollte." Tyson schaute wieder auf, direkt in die nichts ahnenden Augen seines Verwandten. Seiner Familie, der einzigen, die er wirklich gehabt hatte. Die er wirklich kannte. "Meine Eltern... Wo sind sie?" ~~~ Saa, das angekündigte Schlusswort zum Schluss. Da das Thema mittlerweile schon zwei Mal angesprochen wurde, ein kurzes, für alle zur Verfügung stehendes Statement dazu! =3 Erst mal, wie gesagt, ist es Ewigkeiten her, dass ich den/das Anime gesehen habe und an alle Details erinnere ich mich nicht. Ich hatte ursprünglich auch nicht vorgehabt, es so sehr an den Geschehnissen des Anime auszurichten, aber da ich Logik liebe, versuchte ich es *lach* Zudem bitte ich, im Gedächtnis zu behalten, dass Beyblade eine Serie ist, die sowieso viele Paradoxen aufweist und man sich da als Autor die AU Freiheit an vielen Stellen rausnehmen kann. Dennoch werde ich's auch dieses Mal mit Logik versuchen, denn es kam die interessante Frage auf: Warum die Demolition Boys wieder bei Biovolt sind, denn anscheinend hatten sie sich Ende 3. Staffel dagegen gestellt (hatten sie das in der ersten Staffel nicht auch schon, ansatzweise? Geblieben sind sie aber trotzdem.) Deswegen, folgender Gedankengang, den mein Gehirn ziemlich schnell ausgespuckt hatte. Ich glaube, auch nach der Ende der 3. Staffel waren alle Demolition Boys noch unter 18 (bei mir zwar älter, aber immer noch minderjährig, außer Tala). Wenn sie in der Abtei aufgewachsen sind, müsste das Sorgerecht für sie bei Biovolt liegen. Und auch wenn es schön ist, dass sie sich gegen Biovolt stellen wollten, davon loskommen können würden sie erst mit der Volljährigkeit es sei denn, sie laufen davon, die Frage wäre dann nur – wohin? Kai ist ein Sonderfall, er hat eine doppelte Staatbürgerschaft und die Sache mit seinen Eltern ist auch noch unklar, außerdem hilft die BBA aus (was in diesem Kapitel schon in Ansätzen durchgeschienen ist). Aber mal eben vier Russen permanent in Japan einzuquartieren ist nicht wirklich möglich. Der Papierkram würde dauern, zurück nach Russland hätten sie trotzdem gemusst und wo sollen die Vier denn dort hin, außer zurück in die Abtei, sei es auch nur vorübergehend. Und nun. Biovolt würde sie danach sicherlich auch nicht so einfach abtreten wollen, immerhin sind sie die besten Blader, die die Organisation so hat. Und wenn man erstmal zurück im Höllenloch ist, bin ich mir sicher, hat Biovolt so seine Mittel, wie sie ihre Ausreißer wieder bekehren und an sich binden können (da gehe ich im Laufe der Story sicherlich noch näher drauf ein). So. Damit beende ich mein Plädoyer für meinen Plot und hoffe, es klingt plausibel *lach* Und wenn nicht, dann... dann... ist es alles halt eben so, da weil meine Musen es so wollten! Ha! Plot Convenience FTW! XD Vielen Dank fürs Zulesen; Fragen, Anregungen, Kritik und Lob sind immer noch stets willkommen, zudem ich, wie man sieht, auch neue Ideen daraus schöpfen kann. Für die tatkräftige Unterstützung meiner Kommischreiber bedanke ich mich herzlich und auch an die restlichen der mittlerweile 45 Favoritennehmern sei ein anerkennendes Wort gerichtet; es freut mich, dass die Story so gut ankommt ^_^ Somit verbleibe ich mit freundlichen Grüßen Kate Kapitel 14: A Dragon's Tears ---------------------------- Aye, ein neues Kapitelchen im Anflug ^_^ Bei diesem bitte ich im Hinterkopf zu behalten, dass ich mir die Freiheit raus genommen habe, die Familiengeschichten der Charaktere überwiegend nach eigenen Ideen zu gestalten, auch wenn ich kleine Details (wie etwa die Namen der Eltern, soweit bekannt) aus dem Original übernommen habe. Deswegen, ja, es stimmt nicht immer mit den spärlichen Details, die Herr Aoki im Anime/Manga preisgegeben hat, überein =3 Ich habe zwar nie verstanden, warum man die Originalnamen der Hauptpersonen unbedingt veramerikanisieren muss (siehe – Tyson Granger alias Takao Kinomiya oder Jurij (<- übrigens die korrekte deutsche Transkription für Юрий) alias Tala) denn es ist ja natürlich überaus logisch, dass ein Japaner Tyson und ein Russe Tala heißen würden (verdrehte Weltvorstellung o.O)... Kai Hiwatari ist übrigens eine stolze Ausnahme, ich frage mich, warum... (wahrscheinlich einfach nur, weil es der Kai Hiwatari ist *lach*) Aber dieses Mal habe ich mir gedacht, könnte ich diese kleine Absurdität doch glatt in meiner Story utilisieren X3 Und bevor noch die Vorwürfe ob der Anglizismen kommen (zu viele MSTings schreiben/lesen macht paranoid... *lol*), utilisieren ist ein deutsches Wort (obschon veraltet) und entstammt auch nicht dem Englischen, sondern dem Lateinisch-Französischen... fragt Duden (http://www.duden.de/rechtschreibung/utilisieren) XD! Okay, random comment was random, ich halte nun die Klappe und sage nur noch: Fiction ab! A Dragon's Tears "Es gibt da etwas, was ich dich schon immer fragen wollte." Er schaute wieder auf, direkt in die nichts ahnenden Augen seines Verwandten. Seiner Familie, der einzigen, die er je wirklich gehabt hatte. Die er wirklich kannte. "Meine Eltern... Wo sind sie?" Für einen Augenblick schaute Großvater Granger seinen Enkel einfach nur stumm an. Er wusste, dass diese Frage irgendwann aus jenem Munde kommen würde, auch wenn er für sich im Stillen gehofft hatte, dass sie vielleicht doch nie kommen würde. Er liebte Tyson, ihm mit der Wahrheit wehtun, wollte er nicht. Wenn es nach Ryu hätte gehen können, würde es diese Wahrheit einfach nur nicht geben. Dass Tyson sich ob seiner Eltern oft Gedanken machte, wusste der ältere Mann. Der Junge hatte ihn auch schon ein paar Mal darauf anzusprechen versucht, jedoch nie so direkt, dass er nicht in der Lage gewesen war, sich um eine eindeutige Antwort herum zu manövrieren. Dieses Mal war anders. Dieses Mal war die Frage klar und unmissverständlich, und jene Augen zeigten eine Entschlossenheit, die man nicht beschwindeln konnte. Dieses Mal wollte Tyson es wissen. Wirklich wissen. Ryu seufzte und setzte sich auf seine Fersen auf den Boden, deutete seinem Enkel dann, ihm gegenüber Platz zu nehmen. "Komm her und setzt dich, Grünschnabel." Von einem Grünschnabel hatte Tyson langsam immer weniger. Er wurde erwachsen... Achtzehn würde er bald werden. Eine Beziehung hatte er schon, und was für eine. Er war kein Kind mehr... Auch wenn er es für Ryu wahrscheinlich dennoch immer bleiben würde. Tyson kam der Aufforderung nach und ließ sich seinem Opa gegenüber in dieselbe Position nieder, die Hände auf den Knien ablegend. Die dunkelbraunen Iriden schauten ernst, obschon nervös. Die Angst vor der Antwort kehrte zurück, dennoch wollte er diese Antwort wissen. Musste er sie wissen... "Ich weiß nicht wirklich, wie ich das anfangen soll." Gestand sein Großvater mit einem Seufzen. Der Anfang war immer das Schwierigste, schätzte er. "Na ja... Vielleicht damit... warum Hiro und ich verschiedene Nachnamen haben?" Schlug Tyson zögerlich vor. Das hatte er sich ebenfalls schon oft gefragt, seit dem Tag, an dem er seinem Bruder zum ersten Mal begegnet war, aber die Frage selbst hatte er natürlich noch nie laut gestellt. Zwar waren beide, Hiro und er, hier in Japan geboren, jedoch hatte sein drei Jahre älterer Bruder, in namentlicher Hinsicht, viel mehr von einem Japaner als Tyson es je haben würde. Die Namen Kinomiya Hiroshi und Granger Tyson waren herkunftsweise meilenweit voneinander entfernt. Sein Name war Englisch, auch wenn Tyson nicht wusste, warum. "So wollte es euer Vater." Antwortete sein Opa nach einer kleinen Pause. Verständliches Unverständnis spiegelte sich auf Tysons Gesicht. "Und... warum?" Einmal mehr seufzte der ältere Herr, diesmal tiefer und bedrückter. Dann begann er seine kleine Erzählung. "Deine Eltern, Tyson... Sie waren sehr glücklich zusammen. Als deine Mutter mit Hiro schwanger wurde, schien ihrer beider Glück vollkommen. Doch ein paar Jahre danach, langsam aber stetig, hatten sie sich irgendwie... auseinander gelebt. Sie stritten sich oft, umso mehr nachdem du zur Welt kamst. Eines Tages dann, du dürftest nicht älter als vier Monate gewesen sein, stand deine Mutter in Tränen aufgelöst an meiner Türschwelle. Sie... drückte dich mir in die Arme, drehte sich um, und war verschwunden." Noch eine Pause, die Erinnerungen drückten sehr auf das Gemüt. Natürlich fragte sich Ryu sehr oft, wie es seiner Tochter gehen mochte. Wo sie gerade war... ob sie überhaupt noch lebte. Seine Stimme war etwas abgesunken, als er fortfuhr. "Ich war verwirrt, behielt dich aber für die nächsten Tage bei mir. Ich dachte, vielleicht haben sie sich wieder gestritten und deine Mutter brauchte nur ein wenig... Zeit. Aber einige Tage später war Tatsuya, dein Vater, bei mir. Er sagte mir, er würde Hiroshi mitnehmen und abreisen... Wohin sagte er nicht. Ich fragte ihn, was denn nun mit dir wäre, warum er dich nicht auch mitnehmen wollte. Da..." Der Satz riss ab. Konnte er jenes junge Herz wirklich mit dieser Bürde belegen? Von den eigenen Eltern verlassen... und das auch noch... so. "Was ist dann passiert, Opa?" Ein Flüstern, aber es klang fest und bestimmt. Jetzt konnte Tyson auch nicht mehr zurück. Alles oder nichts, er konnte nach der Hälfte keinen Rückzieher machen. "Tyson, ich..." Ryu entkam abermals ein Seufzen. Sein Enkel hielt den Blick gesenkt, ebenso wie die steifen Schultern, die Hände auf den gebeugten Knien zu Fäusten geballt. Seine Stimme jedoch war ruhig und leise: "Es ist okay, Großvater. Ich bin schon siebzehn Jahre alt. Ich denke... ich sollte die Wahrheit wissen. Und ich denke, ich kann mit ihr umgehen." Zumindest... hoffte Tyson das. Besser als die Ungewissheit würde es alle Mal sein... oder? "Dein Vater... er war sehr verärgert. Sagte, er wolle dich nicht einmal angucken, geschweige denn, dich irgendwohin mitnehmen. Sagte, du wärest... Wärest nicht sein Sohn. Deine Mutter wäre fremdgegangen. Du wärest eine..." Ein weiteres abruptes Verstummen ertränkte den Rest des Satzes. So viel musste Tyson auch wieder nicht wissen... Ein paar der eher grausamen Einzelheiten wollte Ryu seinem Enkel dann doch ersparen, obwohl er befürchtete, dass Tyson es sich auch so denken konnte. Schließlich war er in der Tat... schon siebzehn Jahre alt. "Er sagte, er wolle nicht, dass du seinen Namen trägst. Sie hatten dich ursprünglich Kinomiya Takao getauft. Takao war der Name seines Vaters, Kinomiya logischerweise, der Familienname. Aber er wollte nicht, dass du auch nur einen davon behieltest... eine Schande wäre es für die Kinomiya Familie... Er war ein sehr... altmodischer Mann in dieser Hinsicht." Die beschmutze Ehre gehörte gerettet. Das Bastardenkind... gehörte vergessen. "Also gab ich dir unseren Nachnamen, den Nachnamen deiner Mutter. Granger. Wir Grangers waren nicht rein japanischer Herkunft, unsere Vorfahren kamen aus Amerika. Obwohl die Kinder japanische Namen kriegten, Ryu wie ich, oder Yoshie wie deine Mutter, den Nachnamen behielten wir durch Generationen hindurch. Mein Großvater hieß Tyson. Deswegen..." So wurde aus Kinomiya Takao... Tyson Granger. Das Kind selbst hatte natürlich nie ein Mitspracherecht dabei gehabt und jetzt... müsste es mit dem eben Erfahrenen irgendwie klar kommen. "Jedenfalls... waren sowohl deine Mutter, als auch dein Vater von da an verschwunden." Großvater Grangers Stimme verklang, seine Augen trugen einen fernen Blick in ihnen, bevor sich dieser wieder klärte und auf die Gestalt seines Enkels fokussierte. Der nachtblaue Wuschelkopf war tief gebeugt, der schmale Rücken schien noch mehr abgesunken zu sein unter der unsichtbaren Last, die so plötzlich auf seine Schultern herabgefallen war. Kaum hörbar schlug ein Tropfen auf den Jeansstoff auf, der seine Schenkel bedeckte. Das Material saugte die salzige Flüssigkeit begierig auf, ein winziger, runder, dunkler Fleck bildete sich auf der Oberfläche der verflochtenen Fasern. "Ty..." Der junge Drache erhob sich abrupt, ohne den Kopf zu heben, damit sein leidvoller Gesichtsausdruck verborgen blieb. "Danke, Großvater..." Wisperte er, es fiel schwer, die gefühlserstickte Stimme aufrecht zu halten. "Ich... gehe in mein Zimmer. Etwas... nachdenken..." "Ty." Genauso abrupt drehte sich der Teenager auf dem Absatz um und verschwand schnellen Schrittes aus dem Trainingsraum. Ryu folgte ihm nicht, denn es war klar, dass Tyson jetzt erst einmal allein sein wollen würde. Der alte Mann wechselte seine Position zu einem Schneidersitz und schloss die Augen in einem Versuch, zu meditieren und die aufgewühlten Erinnerungen und Gedanken wieder zu beruhigen. In seinem Zimmer angekommen, schloss Tyson vorsichtig die Tür und lehnte sich schwer dagegen. Die Arme schlaff an den Seiten hängen lassend, berührte sein Kinn beinahe seine Brust, so tief war sein Kopf geneigt, die blauen Ponyfransen verwehrten die Sicht auf seine Augen. Der Mond hoch am dunklen Firmament flutete das Zimmer in einem silbernen Licht, längliche Schatten von diversen Objekten und Möbelstücken formten ein kompliziertes Ornament den Boden und die Wände entlang. Ihm war so elend wie noch nie in seinem Leben. Er fühlte sich betäubt, von der Realität gleich einem gekappten Kabel getrennt, alles, was innen drin pulsierte, war ein stumpfes Gefühl von Leere. "...eine Schande für die Kinomiya Familie..." "...drehte sich um, und war verschwunden..." "...wollte dich nicht mal angucken, geschweige denn, dich irgendwohin mitnehmen..." "...stritten sich immer öfter, umso mehr, nachdem du zur Welt kamst..." "...du wärest... wärest nicht sein Sohn. Sagte, du wärest eine..." Die Hand gehoben, presste er abrupt die Rückseite seiner Finger gegen seine zitternden Lippen. Augen krampfhaft zugeschlossen, versuchte er, die Welle an Schmerz hinunterzuschlucken, durch den Kloß in seinem Hals hindurch. Langsam und schwerfällig glitt er die Tür entlang runter auf den Boden. Beine angezogen, stützte er die Arme auf seinen Knien ab, den Kopf immer noch gesenkt. Es tat weh. Es tat so weh, als ob sich eine eiserne Klaue erbarmungslos durch seine Brust hindurch geschlagen hätte, um sein Herz zu umgreifen und nun qualvoll langsam lange, tiefe Schnitte in es zu ritzen. Mit periodischem, dumpfen Pochen, das in seinen Ohren widerhallte, blutete dieses zerklüftete Herz nur noch Schmerz heraus, sodass er den metallischen Geschmack davon schon beinahe schmecken konnte. Eine Schande. Nicht sein Sohn. Die Wurzel allen Übels... war er selbst gewesen... Die Zeiger der Uhr schlichen sich hinter die Marke drei auf dem Ziffernblatt, als Kai unsanft von einem Klingeln an der Haustür geweckt wurde. Die Lider aufgeschlagen, versuchte er erstmal, sich zu orientieren, denn es war dunkel und allem Anschein nach noch tiefe Nacht. Wer zum Teufel... Er schwang die Beine aus dem Bett, die Sohlen kamen auf dem Teppichboden auf und seine in ein simples schwarzes Shirt und eine Boxershorts gehüllte Gestalt stand einen Augenblick später aufrecht. Er knipste das Licht im Eingangsbereich an, kniff kurz die Augen ob der schneidenden Helligkeit künstlicher Beleuchtung zusammen und war in ein paar Schritten an der Tür. Das Schloss klickte, die Klinke runtergedrückt zog er das stabile Stück Holz vom Rahmen weg. Im nächsten Moment wurde er sofort um einiges wacher. "Tyson...?" Sein spätnächtlicher Besucher sah ihn nicht an, nur seine leise Stimme erklang: "Tut mir Leid... dass ich so spät..." Murmelte er unbeholfen. "Kann ich... reinkommen...?" Zur Seite tretend, gab Kai seine Zustimmung mit Handlung und Wort. "Sicher." Der Jüngere huschte an ihn vorbei ins Innere und er schloss die Tür. Rubinrote Augen beobachteten aufmerksam, wie Tyson sich aus den Schuhen befreite und dann wieder aufrichtete, ohne den Kopf zu heben. Den Arm ausgestreckt berührte Kais Hand behutsam eine jener versteiften Schultern. "Ty-" Weiter kam er nicht, denn plötzlich war ein bestürztes Wesen dicht an ihn gepresst, das Gesicht an seiner Brust vergraben und die feingliedrigen Finger in das Shirt verkrallt, das selbe Brust bedeckte. Einen Schritt nach hinten nehmend der vorwärtsdrängenden Kraft wegen, schloss Kai reflexartig die Arme um den Anderen und drückte ihn sachte fester an sich. Den Kopf geneigt, erklang seine Stimme ruhig, aber besorgt an dem Ohr des Drachens. "Tyson, was ist passiert?" Er nahm dann mit noch mehr Besorgnis das kaum merkliche Zittern zur Kenntnis, ein Zeichen, welches er nur zu gut deuten konnte – das innere, bittere, schmerzhafte Ringen mit den Tränen. Ihm schossen augenblicklich eine Menge Gedanken und Szenarien durch den Kopf, eins schlimmer als das andere, aber er zwang sich zur Ruhe und konzentrierte sich wieder auf das verstörte Geschöpf in seinen Armen. "Hey... shhh. Ganz ruhig." Behutsam den angespannten Rücken streichelnd, schob er den Anderen leicht von sich, auch wenn sich dieser sichtlich widerwillig von ihm trennte. Stattdessen griff Kai die Hände, die immer noch sein Shirt umklammert hielten und löste diese davon, auch wenn er sie danach nicht komplett losließ. Er zog Tyson sachte mit sich. "Komm mit." Eine sichere, bequeme Lage musste her. Am besten hinsetzten. Die am nächsten liegende Sitzgelegenheit war das Sofa im Wohnzimmer, das Licht blieb aus und nachdem er sich auf die weiche Oberfläche niedergelassen hatte, zog er den Jüngeren mit einem sanften "Komm her," runter auf seinen Schoß. Sobald dieser etwas ungeschickt darauf geplumpst war, fanden Kais Arme wieder um ihn. "Was ist los?" Fragte er einmal mehr und konnte endlich einen Blick auf Tysons Gesicht erhaschen, praktischerweise war das große Fenster direkt gegenüber und im hellen Mondlicht konnte man den Ausdruck relativ gut sehen. Die rehbraunen Augen waren geschlossen, die feinen Konturen zu einer todunglücklichen, verzweifelten Maske verzogen. Kais Herz verkrampfte sich schmerzvoll bei dem Anblick und wenn er hier nicht bald irgendeine Antwort gekriegt hätte, hätte er vor lauter Sorge ungemütlich werden können. Doch der Drache schien sich genug gefasst zu haben, sodass er seine Stimme in einem erschlagenen Flüstern heben konnte. "Ich habe Großvater nach meinen Eltern gefragt..." Den Kopf drehend, legte Tyson die Stirn auf Kais Schulter ab und versteckte somit wieder das Gesicht. Er hatte es versucht... so sehr... aber nach schier endlosen Stunden in seinem Zimmer, hatte er es nicht mehr ausgehalten. Durchs Zimmerfenster raus in die Stadt entflohen, war er eine Zeit lang ziellos umhergestreut und letztendlich... hatte er hierher gefunden, weil er nicht gewusst hatte, wohin er sonst hätte gehen können. Jetzt, eingehüllt in diese Wärme und Fürsorge, fiel es immer schwerer, sich zusammenzureißen. Das Band, das alles in ihm drin zusammenhielt, gab unter dem Druck immer weiter nach, wurde dünner und dünner. Es tat weh. "Erzähl." Forderte Kai ihn sanft auf und dieser Aufforderung kam der junge Drache bereitwillig nach, denn er musste es mit jemandem teilen, anderenfalls würde er noch durchdrehen. Es war zu viel... er konnte alleine einfach nicht damit klar kommen, was in seinem Kopf, seinem Herzen gerade rumschwirrte und stattfand. Der Phönix bekam also das geschildert, was Großvater Granger seinem Enkel ausgelegt hatte und wenn das für Tysons Seele bereits überaus marternd war, waren die Schlüsse, die er für sich daraus gezogen hatte, noch viel, viel schlimmer und schmerzhafter. "Deswegen meldeten sie sich nie, und werden sich auch nie melden... Deswegen interessiert es sie kein bisschen, was mit mir ist... dass ich überhaupt existiere..." Tysons Stimme wankte immer stärker und das Zittern kehrte zurück, denn der Druck in seiner Brust, um sein Herz, wurde mit jedem Wort immer unerträglicher. "Mein Vater hasst mich... ich bin nicht sein Kind. Meine Mutter schämt sich für mich... Und mein Bruder verabscheut mich bestimmt im Stillen, weil seine Familie wegen mir auseinander gebrochen ist..." All die Jahre, die er gehofft und gewartet hatte, und keiner sich gemeldet hat... Weil sie ihn sicherlich hassten. Das Bastardenkind, das alles, alles kaputtgemacht hatte, das die Familie zerstört, auseinander gerissen hatte. Die verschmähte Missgeburt. Abgeschoben, verlassen, verabscheut. Von genau den Menschen, die er so sehr hatte finden, treffen wollen; der einen Begegnung mit Hoffnung, Vorfreude, Aufgeregtheit entgegengeschaut hatte. Die Menschen, die er, sie nicht einmal kennend, doch irgendwo geliebt hatte, denen er sich doch irgendwie verbunden gefühlt hatte. Sie waren doch seine- Sie waren- Die eigene- Familie... Und das Band riss. Der Damm brach und die Tränen kamen, wallten auf, flossen diesmal richtig, und zahlreich. Wuschen alles heraus - den Schmerz, die Enttäuschung, das Leid. Von leisen Schluchzern erschüttert, zuckten die schmalen Schultern sachte in Kais fester Umarmung, während heiße Tränen den Stoff seines Shirts benetzten und es kostete ihn die Hölle, ihn nicht so stark zu drücken, dass er Tyson die Luft abschnitt, denn auch in seiner Brust wüteten Gefühle, aber einer vollkommen anderen Sorte. Zorn, Entrüstung, Groll. Weil Tyson verletzt war, weil ihm jemand wehgetan hatte und weil Kai niemandem dafür, dass diese schönen Augen jetzt Tränen vergossen, den Hals umdrehen konnte. Er konnte den Jüngeren nur festhalten, ihm beruhigende Worte zuflüstern und ihn ausweinen lassen. Die Hilflosigkeit, wenn ein einem wichtiger Mensch litt, war eins der bittersten Empfindungen überhaupt. Wie viel Zeit vergangen war, bis die herzzerreißenden Geräusche verebbten, vermochte Kai nicht zu sagen. Das Weinen war verstummt, die apathische Müdigkeit, die einen danach zu ergreifen pflegte, kroch nun in Tysons Gemüt. Sicher in Kais Umarmung versteckt, wollte er nichts hören, nichts sehen, nichts wissen. Nichts fühlen. Nur für einen Augenblick wünschte er sich, einfach nur eine leere Hülle zu sein, ohne Gedanken, Erinnerungen, Emotionen. So vieles lag nunmehr in Scherben zu seinen Füßen und es machte keinen Sinn mehr, zu versuchen, es wieder zusammenzusetzen, so zerschnitten waren seine Hände von den vergeblichen Versuchen, genau das zu tun. Jetzt wollte er einfach nur, dass der Schmerz endlich aufhörte. Einen Kuss auf dem nachtblauen Haarschopf platziert, beschloss Kai, sich zu erheben. Es war verdammt spät und Tyson brauchte Ruhe und eine gute Mütze Schlaf, denn meistens schienen die Dinge nicht mehr ganz so furchtbar, wenn man eine Nacht drüber geschlafen hatte. Ein Arm löste sich aus seinem Griff um den entnervten Drachen und glitt stattdessen unter dessen Kniekehlen. Mit einem sanften Ruck stand der junge Russe auf, seine leichte Last nun auf seinen Armen. Tysons eigene schlossen sich einfach nur fester um den Hals des Teamleaders, kein Protest kam von ihm, dazu war er körperlich sowohl auch seelisch schlicht und ergreifend zu fertig mit sich und der Welt. Der kurze Marsch endete im Schlafzimmer, wo Kai seinen Freund behutsam aufs Bett legte und ihn geschwind aus Hemd, Hose und Socken befreite, um bald darauf auf der Kante des Möbelstücks Platz zu nehmen und den Jüngeren zuzudecken. "Ist es in Ordnung, dass ich hier bleibe...?" Vielleicht war die Frage, die Tyson Kai dann stellte, etwas überflüssig anbetracht der Tatsache, dass er bereits in dessen Bett lag. Geschickte Finger strichen liebevoll ein paar vorwitzige Ponyfransen aus seinem Gesicht. "Natürlich." Hände neben den Schultern des Anderen abgestützt, beugte Kai sich runter und lehnte seine Stirn gegen Tysons, fest in die tieftraurigen, rehbraunen Augen blickend. Untermalt von dem silbrigen Mondlicht, schimmerte die immer noch von den verebbten Tränen benetzte Oberfläche der dunklen Iriden umso leidvoller. Kais Stimme war leise, aber ernst. "Und jetzt hör mir mal genau zu. Mach dich nicht mit all diesen Selbstvorwürfen fertig. Ty, der Einzige, der an diesem Schlamassel überhaupt keine Schuld trägt, bist du. Du warst ein Kind, vier Monate alt. Was hättest du ausrichten können? Deine Eltern waren erwachsene Menschen, die für ihr Tun die Verantwortung selbst übernehmen konnten und sollten. Du kannst überhaupt nichts dafür; weder für ihr Handeln, noch für ihre Worte." Leider war es viel zu oft so... Ob nun absichtlich oder nicht, die Eltern machten die Fehler. Den nicht selten hohen Preis dafür jedoch mussten die Kinder mitbezahlen. Tyson schloss kurz die Augen und schluckte schwer. Er wusste ja, dass Kai irgendwo Recht hatte... Es war nur so schwer... So schwer. Trotzdem war er dankbar, denn das zu hören, hat gut getan. Es war lindernd. Beruhigend. "Okay?" Auf die mit leichtem Nachdruck gestellte Frage, gab der gebürtige Japaner ein Nicken zur Antwort. "Gut." Damit streifte Kai zärtlich ihre Lippen gegeneinander, bevor er eine weitere Frage formulierte. "Weiß dein Großvater, dass du hier bist?" Dieses Mal erhielt er ein verneinendes Kopfschütteln, womit er eigentlich schon gerechnet hatte. "Dann rufe ich ihn am Besten gleich mal an und sage ihm Bescheid. Ich bin sofort wieder da." Mit einem weiteren Kuss auf die glatte Stirn, ließ Kai seinen Schützling für eine kleine Weile alleine. Er hatte zwar auch ein Telefon im Schlafzimmer, aber er zog es vor, das Gespräch außerhalb Tysons Hörweite stattfinden zu lassen und griff deswegen kurze Zeit später den Hörer von dem Gerät, dass an der Wand in der Küche befestigt war. Neben dem Telefon hing auch eine kurze Liste mit den wichtigsten Nummern, Tysons Hausnummer mit inbegriffen. Es wurde kaum nach dem zweiten Tonsignal abgenommen. "Tyson?!" Erklang alsbald eine bekannte, hektisch aufgewühlte Stimme vom anderen Ende der Leitung. "Mister Granger, hier ist Kai. Keine Sorge, Tyson geht es gut, er ist bei mir." "Dem Himmel sei Dank! Ich habe mir schon weiß Gott was gedacht!" Ryu hatte wirklich fast der Schlag getroffen, als er nach seinem Enkel hatte sehen wollen, dessen Zimmer jedoch leer und den Jungen selbst nirgendwo vorgefunden hatte. "Sein Handy hat er auch nicht mitgenommen! Wozu kauft ihr Knaben euch diese ganze Technik überhaupt, wenn ihr sie sowieso nicht benutzt?" Man merkte dem älteren Mann sehr die ganze Erleichterung und durchgemachte Sorge an, was Kai milde in sich hineinseufzen ließ. Großvater Granger hatte natürlich Recht, man haute nicht so einfach mitten in der Nacht von Zuhause ab, doch Tyson konnte Kai genauso gut verstehen und höchstwahrscheinlich konnte sein Opa es ebenfalls. "Ist denn wenigstens alles in Ordnung mit ihm? Soll ich ihn abholen kommen?" "Das ist nicht nötig, Mister Granger. Wir haben geredet und ich habe ihn ins Bett gesteckt, er ruht sich jetzt aus. Ich hoffe, es ist okay, wenn er heute über Nacht bei mir bleibt. Ich verspreche Ihnen, ich bringe ihn morgen heil und unversehrt wieder nach Hause." Versicherte er dem älteren Herrn, ein Versprechen, das er genau so meinte. Bei ihm war Tyson gut aufgehoben. Ein langes, tiefes Seufzen kam vom anderen Ende. Ryu war in der Tat sehr erleichtert, auch darüber, dass jemand für Tyson da war, wo er es selbst nicht sein konnte. "Ich danke dir, Kai. Es ist sehr lieb von dir, dass du dich so um ihn kümmerst." "Es ist nicht der Rede Wert, Mister Granger." Denn Kai tat es gern. Weil Tyson ihm wichtig war. Weil er... "Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht." "Gute Nacht, Kai." Es wurde aufgehängt, und Kai löschte auf seinem Weg zurück zum Schlafzimmer das Licht in der Küche und auch im Eingangsbereich. Nur die vom Mondlicht erhellte Dunkelheit erfüllte nun das Haus. Bald im Bett unter der flauschigen Decke, zog er Tyson in eine warme, liebevolle Umarmung, in die sich der junge Drache bereitwillig einkuschelte. "War er sehr sauer...?" Wisperte Tyson etwas nervös in die Stille um sie herum, schuldig fühlte er sich jetzt doch irgendwo. Er hatte seinem Opa keinen Kummer bereiten wollen. "Weniger sauer, sondern sehr besorgt. Aber jetzt sollte er eine ruhige Nacht haben und du solltest jetzt auch schlafen, du kleiner Ausreißer." Zum Ende hin klang der junge Russe ein wenig amüsiert, nun da das Schlimmste überstanden war, konnte man es etwas lockerer sehen. Tyson hatte heute Nacht sicherlich auch Kai einen kleinen Schrecken eingejagt und durch einen Parkour aus allen möglichen Emotionen getrieben. Dessen war sich auch der Drache vollkommen bewusst. "Kai...?" "Hm?" Ein geflüstertes, aufrichtiges "Danke..." huschte aus Tysons Mund. Daraufhin spürte er ein leichtes, bereits so sehr vertrautes, beruhigendes, trost- und sicherheitsspendendes Berühren jener samtigweichen Lippen an seiner Stirn. "Shhh. Schlaf jetzt." Müde schlossen sich die rehbraunen Augen und sich näher an die Wärmequelle neben sich geschmiegt, leistete Tyson der sanften Aufforderung Folge und glitt, trotz all dem, was er heute durchleben und durchmachen musste, an seines Phönix' Seite mühelos ins Reich der Träume. Kapitel 15: The Pain and Love of Past and Present ------------------------------------------------- Hallo~ zusammen! Da ich ab heute Abend für eine Woche mit meiner Familie im Urlaub in Spanien bin, hab ich mich etwas angestrengt und vor der Abreise noch schnell ein Kapitelchen fertig gekriegt =3 In den nächsten sieben Tagen und vielleicht den paar Tagen danach wird's also keine neuen Updates geben. Meinen Laptop nehm ich aber mit und hoffe mal, dass ich während der kleinen Erholzeit und zwischen all den Besichtigungen und Unternehmungen dennoch zum Schreiben komme und mit einem neuen Kapitel zurückkehre, damit's nicht zu lange dauert. Langsam habe ich mich auch endlich zum Kernstück der Geschichte vorgearbeitet, es dürfte bald also (hoffentlich) sehr spannend werden. Meine Musen freuen sich jedenfalls schon mal drauf *lach* Und nun, Fiction ab! Kapitel 15 The Pain and Love of Past and Present "Hier steckst du." Sich von der Küchenzeile Richtung Kücheneingang drehend, beobachtete Tyson, wie Kai über die Schwelle in den Raum trat. "Lässt mich einfach so alleine mit der Meute da draußen." Die rubinroten Seen musterten ihn undefinierbar, und der gebürtige Japaner schnaubte mild. "Ach komm, so schlimm ist's doch nun wirklich nicht. Es sind immerhin deine Freunde, Kai. Und sie sind alle nur deinetwegen hier, weil ihnen etwas an dir liegt." Während sein jüngerer Freund redete, war Kai mit ein paar schnellen Schritten bei Tyson angekommen, um bald darauf seine Hände auf den Hüften des Anderen abzulegen und jene süßen Lippen kurz mit den eigenen zu verschließen, was den Drachen erfolgreich zum Verstummen brachte. Sich wieder zurücklehnend, blickte der nunmehr Neunzehnjährige Tyson ziemlich amüsiert an. "Das weiß ich doch, und ich bin glücklich, dass so vielen Menschen was daran liegt, dass ich ein Jahr älter geworden bin. Aber ich bin einfach nicht der Typ für diese Art... Versammlungen." Diesmal war es an Tyson, belustigt zu grinsen. Arme erhoben, führte er sie in einem losen Ring um Kais Hals und zog den Phönix näher an sich. "Insbesondere, wenn du im Mittelpunkt solcher Versammlungen stehst, eh?" Es war eher sehr liebenswert, wie unbeholfen reserviert Kai wurde, sollte sich plötzlich die Aufmerksamkeit aller auf ihn richten, zumindest wenn es sich dabei um Menschen handelte, an denen ihm wirklich etwas lag. Dennoch hatte er sich vom Gästeempfang, Glückwünsch- und Geschenkeannehmen über die kleine aber feine Party bis zum mittlerweile anbrechenden Abend wacker geschlagen. Tyson schätzte, die Ersten würden in Kürze nach Hause aufbrechen und auch er selbst hatte eigentlich nicht wirklich was gegen. Kai war sicherlich, obwohl er es in seiner üblichen Manier nicht zeigte, noch müder als sein blauhaariger Freund, denn solcher Art Trubel war noch nie sein Ding gewesen. Doch ein paar Mal im Jahr könnte man sich der Herausforderung ja stellen. Im Moment kümmerte sich aber keiner der Beiden darum, dass das Haus voller Gäste war – die würden sich wohl ein paar Minuten zu beschäftigen wissen. Stattdessen stieß Tysons Kreuz leicht gegen die Kante der immer noch selbigen Küchenzeile, als Kai ihn sachte dagegen drückte. Die Arme des Phönix' fanden um die schön geformte Taille und seine Lippen wieder zu ihrem samtweichen Gegenpart. Mit einem wohligen Seufzen fielen Tysons Augen zu, ein tiefer, langer Kuss, einer von der Sorte, die ihn unglaublich rasant schwach machten. Die dieses unbeschreiblich angenehme Kribbeln bescherten, die seinen Verstand vernebelten, bei denen seine Knie weich wurden und er sich überaus bereitwillig stärker an Kai festhalten musste. Wenn ihre Zungen einander umspielten und geschmeidig gegeneinander rieben, unterdrückte er nur knapp ein wonniges Aufstöhnen. Er wusste nicht, wie lange sie dort so standen, in der sinnlichen Geste versunken, doch irgendwann flatterten seine Wimpern kaum einen Spalt auseinander, die Sicht war dadurch etwas verschwommen und so ganz von Kai eingefangen, fiel es schwer, sich überhaupt auf was anderes zu konzentrieren. Nichtsdestotrotz bemerkte er eine Silhouette im Türrahmen und riss im nächsten Moment abrupt die Augen weit auf. Der Kuss endete genauso abrupt, denn er lehnte sich aus diesem zurück und alarmierte damit auch Kai. Den Jüngeren reflexartig beruhigend näher an sich pressend, warf der Phönix einen Blick über die eigene Schulter. Achtsames Tiefrot traf auf verloren dreinblickendes Haselnussbraun und letztendlich schreckte auch die Gestalt im Türrahmen aus der Starre, in die sie verfallen zu sein schien. "Ich... Es... T-tut mir Leid. Ich wollte nur- Entschuldigt bitte." Sich auf die Unterlippe beißend, wandte Hilary den Blick alsbald zur Seite, ihre zierliche Hand leicht in den Stoff des eigenen Sommerrocks verkrallt. Kai schien gelassen, Tyson hingegen eher beunruhigt. Natürlich wussten alle heute Anwesenden über ihrer beider Beziehung Bescheid, trotzdem trugen sie es nie offen zu Schau und vor allem nicht vor Hilary. Diese Situation war... ungeschickt. Dann drehte sich das Mädchen auf dem Absatz um und war verschwunden, ihre fliehenden Schritte hallten Richtung Eingangbereich. "Ich rede mit ihr." "Nein, ich mach das schon." Das gesagt, entschlüpfte Tyson Kais Umarmung und folgte Hilary aus der Küche raus. Er wusste und verstand es genauso gut wie sein Teamleader. So blind und so dumm war er sicherlich nicht, und war er auch nicht gewesen. Er hatte gewusst, es würde irgendwann passieren, früher oder später würde es zur Sprache kommen. Er hatte nur nicht gewollt, dass es... so passieren würde. Er wollte Hilary nicht wehtun, hatte es nie gewollt, doch er hatte gewusst, dass es unvermeidbar war. Seit dem Tag, an dem er sich seiner Gefühle für Kai bewusst geworden war, hatte er es gewusst. Und der Fakt, dass er es sich ganz genau vorstellen konnte, wie sie sich gerade fühlen musste, tat ihm weh und tat ihm Leid. Aber... er konnte nicht viel daran ändern. Alles, was er tun konnte, war es zu... mildern. Lindern. Es irgendwie einfacher machen für sie... "Hil. Hil, warte, bitte." Sie schlüpfte gerade in ihre Schuhe, als er sie einholte in dem menschenleeren Eingangbereicht. Sie fuhr ob seiner Stimme ein wenig zusammen, schaute ihn jedoch nicht an, richtete sich wieder auf und langte nach ihrer Jeansjacke, die am Kleiderhaken hing. "Hilary, bitte. Warte kurz." Bat er noch mal und diesmal hielt sie inne, den Kopf gesenkt, ihre Jacke fest mit beiden Händen nahe ihrer Brust umklammert haltend. Tyson wusste nicht so recht, wie er anfangen oder was er überhaupt sagen sollte, doch sie nahm ihm diese Hürde ab, indem ihre gesenkte Stimme ein leises "Es tut mir Leid," in die Stille entließ. "Das muss es überhaupt nicht... Eher... mir tut's Leid." Seine Augen suchten den Kontakt zu ihren vergebens, zumindest bis ein weiterer Satz seinem Mund entstammte. "Ich weiß, was du... ich meine... für mich..." Ja. Er wusste es. Eine Weile schon. Ihre Hände umklammerten das Stück Kleidung fester und endlich sah sie auf, ein hilfloses, trügerisches Lächeln auf den Lippen. "Es ist okay, Tyson. Man kann die eigenen Gefühle nicht verbiegen..." Oder vergessen. Oder verdrängen. Oder ändern. Sie sollte es wissen. Sie hatte es versucht. So sehr versucht... "Ich... ich verstehe. Alles. Und ich wollte nicht... ich will euch Beiden nichts kaputt machen. Wenn du glücklich bist, dann..." War es okay... Es war okay. Solange er glücklich war... Auch wenn nicht mit ihr. Nicht mit ihr. Ein, zwei, drei weitere Schritte brachten Tyson näher zu Hilary. Seine Hand legte sich behutsam auf eine ihrer schmalen, angespannten Schultern, was alles im Inneren des jungen Mädchens zum Verkrampfen brachte. So nah... und doch so fern. Unerreichbar. "Es tut mir Leid..." Wiederholte er, obschon er begriff, dass es zwecklos war. Entschuldigungen konnten hier nicht helfen... Dennoch... Ihm selbst wurde es schwerer ums Herz, als sich über das dunkle Braun ihrer Iriden ein verräterisches Schimmern legte. "Hilary, wenn ich..." Mit dem nächsten zittrigen Atemzug presste sie sich an ihn. Ihre Jacke fiel zu Boden, stattdessen waren die feinen Finger nun in sein Shirt verkrallt, sie versteckte das Gesicht an seiner Brust. Sie wusste, es war hoffnungslos. Gleichwohl... für diesen Augenblick... nur für einen einzigen Augenblick... Anfänglich überrumpelt, reagierte Tyson etwas verspätet, aber führte schließlich seine Arme um den zierlichen Körper, der sich so verzweifelt an ihn schmiegte und drückte Hilary sachte an sich. Es war kein Mitleid, es war Anteilnahme. Mitgefühl, denn er fühlte in der Tat mit. Diesen akuten Schmerz konnte er sich zu gut ausmalen. Er hatte sechs Monate gewartet, gebangt, gehofft und am Ende war er mit dem Glück gesegnet worden, dass er mit Kai eine Chance bekommen hatte. Wie schlimm, wie quälend hätte es sich wohl angefühlt... wenn jemand anderes mit Kai zusammen wäre... direkt vor seinen Augen... Hilary wusste es. Wie schlimm es war. Wie quälend. Wie sehr es wehtat. Sie hasste Kai nicht dafür, dass Tyson mit ihm zusammen war. Sie verstand. Sie verstand es alles, dennoch schmerzte es davon nicht weniger. Vielleicht sogar noch mehr - auch Verstehen tat weh, weil es den leichten Weg aus der seelischen Agonie verbat, denn zu hassen war stets so viel einfacher, als zu verstehen... Jetzt, hier, in Tysons Armen, für diesen flüchtigen Moment einer Illusion, die wahrscheinlich nie wahr werden würde... Wünschte sie sich... so sehr... Tyson möge sie jeden Tag so halten. Zusammensein, zusammen lachen... ihn spüren, berühren, von ihm gehalten und geküsst zu werden... alles nur ein eingestürztes Luftschloss. Alles ein zerplatzter Traum. Er würde nie ihr gehören. Diese Umarmung war bittersüß... Ein Schlussstrich und gleichzeitig ein flüchtiger Blick auf das, was sie nie, nie haben können würde. Sie blickte auf in seine reuevollen Augen und lächelte ihn schwach an. "Bitte sei glücklich mit ihm..." Bitte sei das. Bitte. Denn sonst... "Ich werde schon... darüber hinwegkommen..." Tyson nickte und löste seinen Griff um sie, auch wenn er das Mädchen noch kurz an den Schultern festhielt. "Wir können doch weiter... Immer noch... Freunde bleiben. Du, ich und Kai... Oder?" Fragte er leise. Hoffnungsvoll. Hilary legte sanft ihre Hand auf eine von seinen. "Natürlich... Wir bleiben Freunde, Ty. Ich, du und... Kai." Eine konnte sie nicht halten. Ein kristallklarer, salziger Tropfen huschte ihre Wange runter. Seine Hand entzog sich ihrer, er ließ sie los und schaute zur Seite. Ihre Hand, bevor zurück zu ihrer Seite zu finden, wischte flüchtig diese eine Träne weg. Sie hob ihre Jacke vom Boden und drehte sich zur Tür um. "Ich... gehe dann. Mama kommt mich abholen..." Sie hatte ihre Mutter angerufen, ehe sie in die Küche gekommen war, auf der Suche nach Kai, um ihm Bescheid zu geben, dass sie ging... Sie hatte nicht gedacht, es alles würde so kommen... "Okay... Komm gut nach Hause." Sie drückte die Klinke runter, stieß die Tür auf und schritt nach draußen. Mit einem milden Klicken fiel das Stück Holz wieder ins Schloss. Einen Moment lang stand Tyson etwas unbeholfen und unschlüssig in der Gegend herum, was er fühlte, konnte er nicht genau sagen. Nur, dass es die Empfindung in all ihrer Gesetztheit ziemlich erdrückend war, spürte er recht gut. Ein Seufzen entwich der mit schweren Emotionen belasteten Brust des jungen Drachens und er machte sich auf den Weg zurück in die Küche. Dort angekommen, erblickte er den jungen Russen lässig gegen die eine Küchenzeile gelehnt, die starken Arme vor der Brust verkreuzt. Kais Augen beobachteten, wie Tyson im Türrahmen stehen blieb und sich mit der Schulter dagegen lehnte. Dann verengten sie sich leicht in einem bedächtigen, einfühlsamen Ausdruck. Von Dragoons Meister gab es daraufhin ein trauriges, verlorenes Lächeln. Kai streckte die Hand nach ihm aus und deutete ihm mit Wort und Geste, sich zu nähern. "Komm her zu mir." Eine Aufforderung, der Tyson bereitwillig nachkam und sich bald darauf in einer festen Umarmung zu finden. Mit einem erschlagenen, tiefen Ausatmen lehnte er die Stirn gegen Kais Schulter, spürte jene warmen, weichen Lippen an seiner Schläfe. "So schlimm?" Eine umsichtige Frage, und ein Aufseufzen seitens Tyson. "Ich hasse es, jemandem wehtun zu müssen." Flüsterte er bedrückt, seine Hände krallten sich sachte in den Stoff der Weste, die Kais Seiten bedeckte. "Was hat sie nur an mir gefunden..." Der Phönix schnaubte daraufhin amüsiert. "Verkauf dich nicht unter Wert, Dummkopf. Ich bin schließlich mit dir zusammen - und ich gebe mich nur mit dem Besten zufrieden." Ein geschickter Schachzug seinerseits, Tyson aufzuheitern war nicht allzu schwer, zumindest wenn man den richtigen Weg zu nehmen wusste. Tatsächlich lachte Tyson leise auf. "Wir sind auch gar nicht eingebildet, was?" Kai grinste und drückte einen Kuss gegen die seidigweiche Wange. "Beschwer dich nicht. Nimm dir lieber ein Beispiel an mir." Die Hände des jüngeren Bladers griffen nun das weiße Material des schicken Schals, das in der üblichen Manier an dem stattlichen Körper runter hing und zogen an dem Kleidungsstück, um den Kopf und somit auch die Lippen des Anderen näher zu sich zu bringen. "Ich glaube, diese Welt braucht wirklich keinen zweiten Kai." Feixte er dann und beobachtete mit Belustigung, wie die Augenbrauen des eben Erwähnten sich zusammenzogen. "Was soll das denn heißen, huh?" Erkundigte Kai sich mit gespielter, aber dennoch ziemlich glaubwürdiger Strenge in der Stimme. Tysons Belustigung wich einem zugetanen Funkeln in den rehbraunen Augen. "Das soll heißen, dass du einzigartig bist." Sprach er sanft und fügte genauso sanft noch ein Wort hinzu: "Dummkopf." Und damit fing er die suchterzeugenden Lippen seines Teamleaders mit den eigenen ein für einen langen, ausgiebigen Kuss – mit die beste Medizin für alle Art seelischer Unruhen. Kaum einige Minuten später jedoch, hallte ein neckischer Ausruf hinter Tysons Rücken. "Oi! Nehmt euch ein Zimmer, ihr Zwei!" gefolgt von einem entspannten Lachen. Max. Schlechtes Timing. Kai löste sich von seinem Freund und murmelte gegen dessen Lippen ein resigniertes: "Und jetzt hasse ich solche Versammlungen umso mehr." Nun war es der junge Drache, der grinste. "Willst du sie nun alle verjagen, die Tür abriegeln und in der Zukunft nie wieder Geburtstagsparties feiern?" Der Ältere schnalzte mit der Zunge. "Habe ich deine offizielle Erlaubnis dazu?" "Mhm..." Sich von Kai zu lösen beeilte sich der Blauhaarige nicht wirklich. "Was tuschelt ihr beiden da? Oder ist's Turteltaubisch und ich würd's eh nicht verstehen?" Tyson schnitt eine angesäuerte Grimasse. "Und den darfst du sogar mit einem Tritt hinausbefördern..." Das sagte er laut genug, damit auch Max es verstehen konnte, was dem Blondschopf lediglich noch ein Auflachen entlockte. So ganz traute Max dieser ganzen Beziehungssache zwischen seinem besten Freund und ihrem Teamkapitän immer noch nicht, doch wenn man die Zwei so zusammen sah... könnte man ihnen nur wünschen, dass ihr offensichtliches Glück anhielt. Wenn nicht für immer... dann solange wie möglich. Zwar schmiss Kai an diesem späten Abend niemandem mit einen Tritt hinaus, ein Zimmer nahmen er und Tyson sich nachdem alle gegangen waren dennoch. Kais Schlafzimmer, um genau zu sein, wo der gebürtige Japaner mit einem Ächzen rücklings aufs Bett fiel. Eine weitere Nacht, die er bei Kai verbringen würde. Sein Großvater hatte nichts dagegen gehabt, wieso sollte er auch, und das war all die Erlaubnis, die Tyson brauchte, denn der Hausbesitzer selbst hatte sicherlich ebenfalls keine Einwände. "Das gute an Feiern ist, dass man sich nach ihrem Ende und dem Aufräumen unglaublich erleichtert fühlt." Verkündete der kleine Wirbelwind dann, was Kai zum Schmunzeln brachte, als er sich neben Tyson seitlich auf die Matratze niederließ. "Das Meiste haben doch sowieso Ray und ich gemacht. Du hast nur so getan, als ob du helfen würdest." Tyson schielte zu ihm und steckte dem Geburtstagskind dann die Zunge raus. Es stimmte irgendwo schon, er hatte sich vor dem Großteil der kleinen Saubermachaktion gedrückt – sie hatten ja Ray gehabt. Zum Glück war der junge Tiger geblieben, um ihnen zu helfen, besonders das Geschirrspülen hatte man ihn gern übernehmen lassen. Dass nicht mal zehn Leute so eine Menge davon schmutzig machen konnten, war schon erstaunlich. Dafür sponserte Kai dem Schwarzhaarigen auch das Taxi nach Hause, Tysons Großvater hatte Kenny Heim gebracht und Mister Dickenson war die Mitfahrgelegenheit gewesen, die Max sicher nach Hause bringen würde. Und Hilary hatte sich ja abholen lassen... bei dem Gedanken an das braunhaarige Mädchen seufzte er niedergeschlagen auf, was Kai sofort seine Aufmerksamkeit auf dem jüngeren Blader konzentrieren ließ. In den letzten paar Tagen seit der Nacht, in der Tyson aufgelöst an seiner Türschwelle gestanden hatte, achtete er besonders sorgfältig auf dessen Stimmung. Zwar schien der energievolle Drache wieder ganz er selbst trotz dem Wissen über seine Familie, das er von seinem Großvater erworben hatte, dennoch hatte es ihm stark zugesetzt und ab und zu zeigte sich dies mehr oder minder deutlich in seinem Verhalten. Er rang immer noch damit, zu akzeptieren, dass seine Eltern und unter Umständen auch sein Bruder im Grunde genommen... gar nichts von ihm wissen wollten. Kai rutschte etwas näher zu dem Anderen und strich mit der Rückseite seines Zeigefingers die elegante Anhöhe des Wangenknochens entlang, um Tyson dazu zu verleiten, ihn anzusehen. "Alles in Ordnung?" Eine Frage, die der Blauhaarige seit jener Nacht etwas öfter hörte und jedes Mal wurde ihm wärmer ums Herz wegen der Tatsache, dass Kai sich sorgte. Um ihn. "Ja. Ich hab mich nur etwas gefragt, weißt du... Erst die Sache mit meinen Eltern... Jetzt Hilary..." Abermals entkam seiner Brust ein schwermütiges Aufseufzen. "Kai, warum tu ich allen Menschen um mich herum immer nur weh?" Der Phönix verengte ein wenig die Augen. "Das ist nicht wahr, Tyson. Nicht du hast deinen Eltern wehgetan, sondern sie dir." Das konnte Kai dem Jüngeren nur immer wieder vor die Augen führen und versuchen, es ihm klar zu machen, wobei er nicht glaubte, das Tyson es nicht verstand. Vielmehr hatte er einfach nur eine harte Zeit, zu akzeptieren, dass, obwohl seine Eltern sich wegen ihm getrennt hatten, er keine Schuld daran trug, denn irgendwo war dieses Faktum ein kleines Paradoxon in sich, welches trotzdem legitim war. "Und Hilary..." Hilary...Ihre Misere war eine schmerzhafte, aber Schuld daran hatten weder sie, noch Tyson, noch irgendjemand sonst. So etwas ließ sich nicht steuern. Nie. "Für ihre Gefühle kannst du nichts, Ty. Manchmal können wir es uns einfach nicht aussuchen, für wen unser Herz zu schlagen anfängt." Von Tyson kam ein zustimmender Laut, das war sicherlich wahr. Da war Tyson selbst ein Paradebeispiel für, auch sein Herz hatte sich einen Angebeteten ganz ohne seine Zustimmung auserwählt. "Was ist mit deinem Herz...?" Fragte er leise. "Für wen schlägt es...?" Unweigerliche Aufregung kroch in sein Gemüt, er wusste, welche Antwort er selbst am liebsten erhalten hätte, doch... Er drehte der Kopf und schaute zur Seite, um seine hilflos offen liegende Hoffnung von jenen durchdringenden Augen zu verstecken, auch wenn Kai sie sicherlich sowieso problemlos abgelesen hatte. "Tut mir Leid... das zu fragen war nicht fair." Er wollte den Älteren zur nichts drängen, da würde nie was Gutes bei raus kommen. Kai lehnte sich etwas vor und drückte seine Lippen kurz gegen die Schläfe des Anderen. "In letzter Zeit, Tyson... schlägt es immer öfter für dich." Tyson spürte dann flinke Finger an seinem Kinn, das sanft umgriffen wurde. Mit sachtem Druck, den jene Finger ausübten, sah er sich gezwungen, den Kopf wieder zurück zu drehen. Somit stellte der Phönix ihren Augenkontakt wieder her und hielt die Stimme gesenkt, die Tonlage war jedoch fest und selbstsicher. So ganz Kai, eben... "Ich bin nicht wirklich gut in solchen Sachen, aber..." Nach all den seelischen Schlägen, die das Leben an Tyson bereits ausgeteilt hatte... wollte er ihm wenigstens etwas Positives bieten. Deswegen gab Kai sich einen Ruck und versuchte, das zu verbalisieren, was er fühlte. Er sagte nicht 'Ich liebe dich' auch wenn er wusste, dass es das war, was der Jüngere von ihm wohl am meisten hören wollte. Er sagte es nicht, denn es wäre gelogen gewesen und er wollte Tyson nicht anlügen. Ihm noch nicht alles sagen können, ja, aber nicht belügen. Nie. Deswegen... "...ich glaube, ich bin dabei... mich in dich zu verlieben." Und das war die Wahrheit und zwar eine, die Tyson von innen heraus zum aufblühen brachte. Es war weniger, als er erhofft, doch es war viel mehr, als er erwartet hatte. Tiefrote Rubine beobachteten mit liebevoller Aufmerksamkeit, wie jene anziehenden Lippen sich zu einem sanften, bezaubernden Lächeln verzogen und für eine Kostprobe dieses Lächelns fing Kai wenig später selbe anziehenden Lippen mit den eigenen ein. Eine seiner Hände machte es sich auf der Hüfte des Jüngeren gemütlich und glitt dann behaglich die schlanke Seite hoch. Tyson spürte selbige Hand dann, wie sie sich gemächlich daran machte, die Knöpfe seines Hemds aus den dazugehörigen Löchern zu pflücken. "Was hast du denn jetzt vor...?" Ein füchsisches Grinsen schlich sich auf Kais anmutige Gesichtskonturen, sich nah an das Ohr des Jüngeren gebeugt, gab er ihm eine nonchalante Antwort: "Ich packe mein Geschenk aus." Der junge Drache lachte milde auf. "Nächstes Mal binde ich mir eine Schleife um." Meinte er amüsiert, seine Lider flatterten halb zu ob der neckischen, kleinen Küsse, die von seinem Ohr seinen Hals runter verteilt wurden. "Und dabei kannst du den Rest der Kleidung gleich auslassen." Ein genauso amüsiertes Murmeln gegen seine weiche Haut, das Streifen von warmen Atem darüber jagte ihm ein angenehmen Schauer den Rücken runter. Er hob skeptisch eine Augenbraue an, während seine Arme ganz von selbst Kais Hals umrankten. "Wie unanständig..." Kommentierte er den Vorschlag und keuchte auf, als eine vorwitzige Zunge über eine besonders empfindliche Stelle strich, bevor Zähne sich vorsichtig daran vergriffen. "Falsch. Unanständig ist, was ich gleich mit dir anstellen werde." Kais Hand schlüpfte unter eine der mittlerweile geteilten Hemdhälften, zufrieden mit dem schärferen Lufteinziehen seines Freundes. Nunmehr etwas schneller atmend, war Tysons Replik daraufhin simpel aber viel versprechend. "Ich werde versuchen, mich gebührend zu revanchieren..." Dies würde eine zweifelsohne schöne Geburtstagsnacht werden... Indes, einige Kilometer entfernt, betrat eine Person - gleich drei weiteren aus ihrem Team - ein Zimmer in einem der zahlreichen Tokioter Hotels. Die Tür wurde geschlossen und eine kleine Reisetasche wurde zu Boden fallen gelassen. Im Dunkeln machte die Person sich auf dem Weg zum Bett, ließ sich auf der Kante nieder und knipste die Nachttischlampe an. Angenehm weiches, gelbes Strahlen erhellte einen kleinen Bereich um das Kopfende des Möbelstücks herum und reflektierte auf roten Haarsträhnen ebenso wie auf der Oberfläche eisblauer Augen. Für einen Moment sah Tala ruhig in das künstliche Licht. Die 'Beasthunters' waren gerade in der Metropole angekommen, weil in knapp zwei Tagen dieses eine große, nationale Turnier stieg. Ihr Ziel war klar, eine Antwort auf die eine kleine Frage – wer - hatte er aber immer noch nicht gefunden. Vielleicht war dies gar nicht möglich, zumindest nicht, bis es soweit sein würde. Welcher Tag heute war, wusste Tala auch... Die Unterkunft sah schäbig aus, doch wenn man in Biovolts Auftrag unterwegs war, durfte man keinen Luxus erwarten und sich noch weniger welchen leisten. Das vorbestimmte, knapp kalkulierte Budget, das man einem austeilte, war dafür geplant, einen während der Mission gerade so über Wasser zu halten. Zeit war Geld – benötigte man mehr Zeit als geplant, musste man selbst zusehen, wie man über die Runden kam. Das kümmerte Tala aber von wenig bis gar nicht, denn heute war er genau rechtzeitig an dem genau richtigen Ort. Hand erhoben, klopfte er an der Motelzimmertür und horchte aufmerksam hinein. Leichte Schritte hallten hinter dem dünnen Stück Holz, das Schloss klickte und wenige Sekunden später starrten rubinrote Augen ihm ungläubig entgegen. "Zimmerservice." Grinste er, woraufhin sein Gegenüber ihn erstmal hilflos anblinzelte, dann ein perplexes "Jurij..." aushauchte, ihn am Handgelenk griff und prompt ins Innere rein zog. Die Tür fiel zu, zwei Arme schlangen sich um seinen Hals, bevor ein ansehnlicher Körper sich fest an ihn presste, ein hübsches Antlitz versteckte sich an seiner Halsbeuge. "Was machst du hier...?" Einer seiner Arme fand im Gegenzug um die wohlgeformte Taille, um die kleinere Gestalt näher an sich zu drücken, den Kopf geneigt atmete er tief den so vertrauten Duft ein. "Was ist das denn für eine Frage, Kai? Oder freust du dich gar nicht, mich zu sehen?" Eine rhetorische Frage, die Reaktionen sprachen ja für sich. Angesprochener hob den Kopf und schaute ihn an, die Überraschung in den tiefroten Iriden wich rapide einem lieblichen Schimmern der Freude. "Doch, sehr." Auf Mission in gegensätzlichen Ecken des Landes, hatten sie sich schon seit über zwei Wochen nicht gesehen und auch wenn er es besser zu verstecken vermochte, war Tala genauso glücklich, seinen heimlichen Freund und Geliebten endlich wieder zu sehen, zu spüren, zu halten. "Aber was ist mit deinem Auftrag?" Ein lässiges Schulterzucken und eine nonchalante Antwort seinerseits: "Dank ein paar Extraanstrengungen sind wir dem Plan voraus, die Jungs schaffen's ein paar Tage auch ohne mich." Sie waren schließlich nicht umsonst das Beste, das Biovolt zu bieten hatte. "Und wie bist du überhaupt her gekommen?" Der Rotschopf schmunzelte. "27 Stunden per Anhalter, mein Lieber." Eine beachtliche Reise, die er nach Heute auch noch zurücklegen musste. Machte jedoch nichts, denn heute war etwas Besonderes. "Und das alles nur für dich." Obwohl er bei der Aussage amüsiert klang, war die Essenz jener Worte unverhohlen. Er war vielleicht kein Romantiker oder Phantast, aber er wusste gut, wie er diesem einen wichtigen Menschen dann und wann eine Freude machen konnte. Seine freie Hand legte sich auf die weiche Wange, hob den Kopf des jungen Phönix dann ein wenig mehr an, damit er die nächsten Worte gegen dessen samtige Lippen aussprechen konnte. "С днём рождения." Kai lachte leise auf. "Du bist doch wahnsinnig..." Das so rare, aufrichtige Lächeln auf jenen feinen Gesichtszügen und das glückliche Strahlen jener roten Augen... das allein, war aller Anstrengung wert. Ein ergriffenes Flüstern... "Danke..." Gefolgt von einem tiefen, innigen Kuss. Ein schöner Abend zu Zweit, und eine noch schönere Nacht. Der Klang jener Worte, ehrlich und gefühlvoll. "Я люблю тебя." Люблю тебя... Ein Blinzeln, und die Bilder der Erinnerungen verschwanden in Sekundenschnelle. Er war wieder allein in einem Hotelzimmer, das Licht der Nachttischlampe strahlte konstant in die Stille, die ihn umgab, hinein. Ein leises Rattern erklang, als er den Reißverschluss seiner weißen Jacke aufmachte und in die kleine Innentasche langte. Dort befand sich ein Zippo und ein Stück Papier, beides brachte er hervor. Tala war kein Raucher, dieses eine Zippo trug er dennoch stets bei sich. Was das Stück Papier anging... Er wusste nicht mal, wieso er dieses immer noch hatte. Er hätte es längst wegwerfen sollen... doch er hatte es bis heute immer noch nicht tun können. Und jetzt, drauf blickend, zog es irgendwo tief in seinem Herzen. Vielleicht war es einfach nur die Nostalgie, an diesem Datum, einem der wenigen, die Tala sich gemerkt hatte. Der zweite August... Die Spitze seines Zeigefingers fuhr die Konturen jenes Antlitzes, verewigt auf der Hälfte eines zerrissenen Photos, andächtig nach. "Herzlichen Glückwunsch... Kai..." Wir werden uns schon sehr bald wiedersehen. ~~~ Transkription und Übersetzung: "С днём рождения." (S dnjem rozhden'ja) - Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. "Я люблю тебя." (Ja ljublju tebja) - Ich liebe dich. Kapitel 16: The Sound of Shattered Glas --------------------------------------- Kapitel 16 The Sound of Shattered Glas Das schrille Klingeln des Weckers riss ihn aus angenehmen Träumen. Das quittierte er mit einem verstimmten Grummeln, drehte sich auf die Seite und versteckte das Gesicht an der Brust der Person, neben der er lag. Viel zu früh... "Es wäre überaus schlecht, wenn wir als Weltmeister das Turnier verschlafen, auf dem wir Ehrengäste sind," erklang eine amüsierte Stimme nah an seinem Ohr, welches zum Glück nicht mehr von dem Klingeln des Weckers belästigt wurde, da dieser kurz zuvor ausgeschaltet worden war. Rehbraune Augen öffneten sich und blinzelten verschlafen zu einem tiefroten Paar hoch. "Ist's denn schon soweit...?" Der Arm unter ihm umgriff seine Taille fester und er wurde prompt um einiges wacher, keuchte auf, als er seine Welt sich drehen spürte. Kai hatte sich von der Seite auf den Rücken gerollt, Tyson dabei mit sich ziehend, sodass der Jüngere nun halb auf dem Teamchef drauf lag und ihn leicht erschrocken anstarrte. Der junge Russe lachte auf, seine Hand strich dabei die geschmeidige Kurve von Tysons Rücken entlang. "Wach?" Der Drache schnitt ihm eine Grimasse, beugte sich dann runter und stahl sich einen langen Kuss. "Jetzt schon," verkündete er danach mit einem frechen Grinsen. "Na dann können wir ja aufstehen," sprach Kai durch ein leichtes Lächeln hindurch und einen Moment lang schaute Tyson ihn einfach nur an. Dann legte er den Kopf auf der Brust des Älteren ab und schloss die Augen, lauschte dem regelmäßigen, sanften Klopfen dieses einen Herzens. "Noch nicht...", murmelte er und seufzte wohlig auf, als er Kais Hand spürte, wie sie sachte durch sein Haar glitt, spürte die Wärme, die von dem stattlichen Körper unter ihm ausging und war einfach nur... glücklich. Seit Kais Geburtstag waren drei Tage vergangen und jede Nacht hatte Tyson hier verbracht, in diesem Haus, in diesem Bett. Er fragte sich, ob er je wieder alleine einschlafen können würde, ohne die anmutige, sicherheitspendende Präsenz seines Phönix' nahebei. Dass man von einem anderen Menschen so sehr angetan sein konnte, hatte er bisher nicht gewusst. Wenige Stunden auseinander, und er vermisste Kai bereits. Er wollte zusammen sein, immer und überall. Er wollte alles mit dem anderen teilen, er wollte alles über ihn wissen. Er würde alles für ihn tun. Irgendwo war dieses Gefühl genauso wunderschön wie es erschreckend war. Die besten Momente waren immer noch die, in denen er diesen einen Funken in jenen rubinroten Augen bemerkte, den einen, der sagte, dass auch Kai mit ihm glücklich war. Wenn der Ältere ihn in dieser einen Art und Weise anlächelte, in der er niemanden sonst anlächelte. Wenn er neben Tyson lag, ruhig und entspannt und die kleinen Liebkosungen genoss, die sie einander so oft schenkten. Wenn Kai ihn in seinen Armen hielt, ganz nah und beinahe schon besitzergreifend fest, da könnte er schmelzen, hoffnungslos zerlaufen, wie eine Eisskulptur unter der sengenden Sonne. Er liebte Kai. Und er wünschte, er könnte ihm das jeden Tag sagen. Aber noch blieb es unausgesprochen, noch war es nicht so weit. Zwar wusste Kai von seinen Gefühlen, doch Tyson wusste auch von Kais. 'Ich glaube, ich bin dabei, mich in dich zu verlieben...' Er würde warten, solange es nötig war. Geduld war eine Tugend, und er hatte über ein halbes Jahr gewartet. Ein paar Monate mehr oder weniger machten ihm wirklich nichts aus. Das Wichtigste war, dass ihre Beziehung sich auf dem richtigen Pfade befand. Das Wichtigste war, dass sie zusammen waren und zusammen sein wollten. Sie beide. Sie blieben im Bett vielleicht etwas länger, als es gut war – Kai gab Tysons neu entdeckter Kuschelbedürftigkeit die Schuld dran - und deswegen herrschte danach in der Küche ein etwas hektisches Treiben. Der Teamkapitän brauchte am Morgen eigentlich nicht wirklich viel außer einem schwarzen Kaffee und vielleicht einer Scheibe Toast, der Mannschaftswirbelwind jedoch gab sich nicht mit so wenig zufrieden. Wie sich sehr zu Tysons Enttäuschung herausstellte, waren die Instantnudeln alle, da Kai die eh nicht mochte und den Vorrat daher selten auffrischte, deswegen musste der gebürtige Japaner sich mit Frühstücksflocken begnügen. Den daraus resultierenden Abwasch konnte Kai noch bewältigen, ohne die Spülmaschine anwerfen zu müssen und in dem Moment, in dem er den abgespülten Teller neben dem gerade genauso abgespülten Becher abstellte, flatterte Tyson zurück in die Küche. Er war raus gegangen, um sich umzuziehen, was Kai immer direkt nach dem Aufstehen zu tun pflegte und deswegen keinen Bedarf an der Aktivität hatte. Jetzt stand der Jüngere neben seinem Leader und schaute ihn aus bekümmerten Augen aus an. "Hast du mein Käppi gesehen?" Die Kopfbedeckung hatte er nämlich weder im Schlafzimmer noch in der Eingangshalle finden können. Kai bedachte ihn mit einem skeptischen Blick. "Du meinst das Eine, das dort auf der Fensterbank rum liegt?" Tysons Augen schweiften zur besagter Fensterbank und siehe da, sie entdeckten dort tatsächlich die geliebte Kopfbedeckung. Der junge Drache schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. "Ich kann's nicht fassen, dass ich's dort nicht gesehen habe." Kai schmunzelte und wischte sich die Hände an einem Küchentuch trocken. "Das kommt davon, weil du total unaufmerksam bist, wenn in Eile," stellte er fest und beobachtete, wie sich die feinen Gesichtsauszüge des Anderen zu einem trotzigen Ausdruck zusammenzogen. "Gar nicht wahr," bestritt Tyson, während des Phönix' Arm geschwind um seine Taille ging und ihn an den Älteren zog. Seine Lippen wurden von jenem weichen Paar verschlossen und er seufzte wohlig auf, sich instinktiv näher an Kai pressend. Seine Augen fielen zu, sein Körper entspannte sich. Was sollte er auch machen, es zog ihn zu dem Anderen hin, wie ein Pflänzchen den Sonnenstrahlen entgegen. Er fühlte die geschickte Zunge, die die Konturen seiner Unterlippe nachfuhr und einen Augenblick später keuchte er überrascht auf, denn Kai hob ihn an, um ihn auf der Küchenzeile abzusetzen. Dank dem Keuchen hatte sich sein Mund ein Stück geöffnet und jene vorwitzige Zunge nutzte die Gelegenheit, um prompt hineinzuschlüpfen, die intime Geste vertiefend. Es fiel Tyson sehr, sehr schwer, sich loszureißen, ein atemloses Flüstern entfloh ihm zwischen den weiteren, kleineren Küssen, die sie teilten. "Kai... so kommen wir... garantiert... zu spät..." Angesprochener ließ endlich von den süßen Lippen ab und wandte seine Aufmerksamkeit stattdessen dem schlanken Hals zu. "Nun... damit wir schneller sind, sollten wir zusammen in die Dusche." Der Atem, der zusammen mit diesen Worten seine Haut entlang streifte, bescherte Tyson einen angenehmen Schauer über den Rücken. Er grinste und neigte dann den eigenen Kopf, um seine Antwort an das Ohr seines Teamleaders zu hauchen. "Gerne..." Obschon sie diesen einen letzten Schritt noch nicht gegangen waren, tat es ihrem jugendlichen, männlichen Libido keineswegs einen Abbruch, denn auch mit Hand und Mund ließ sich einander viel Befriedigung geben. Jene Hände griffen derzeit unverfroren an Tysons Hintern und hoben ihn hoch. Lachend schlang er die Arme um Kais Hals etwas fester und umfing mit den Beinen dessen Hüften. Nicht, dass Kai sein kostbares Gut wirklich fallen gelassen hätte auf seinem Weg zum Bad, wo sie eine relativ lange und zweifellos schöne Zeit verbrachten und das sicherlich nicht nur damit, zu duschen. Trotz all den angenehmen Verzögerungen, schafften sie es pünktlich zum Tokioter Beystadium. Der Rest ihres Teams war bereits da, in den Loge über dem Inneren des Stadiums, von wo aus man den besten Blick auf die Beyarena hatte. Tyson war froh, als er Hilary ebenfalls dort erblickte – sie schien weitestgehend wieder ganz sie selbst zu sein, zumindest wich sie weder ihm noch Kai aus. Sie war nicht ganz so laut und energisch wie sonst, aber das bemerkte niemand so richtig, denn die Aufmerksamkeit aller ruhte bald auf den Geschehnissen unter ihnen. Sechzehn Teams, aus denen keines Fähigkeitsweise so wirklich hervorstach mit der Ausnahme von vielleicht dem einen, und das auch nur ihrer komischen Bekleidung wegen: lange Kutten, die die Sicht auf alles, ausgenommen den Schuhen, verwehrte. Es erinnerte Tyson vage an die Saint Shields und er fragte sich nebenbei, wie es Oozuma und Co. wohl gehen mochte... ob sie immer noch ihrem Streben nachgingen, Bit Beasts zu versiegeln, die sie für zu gefährlich - da in bösen Händen - hielten? Die Kämpfe an sich waren dennoch ziemlich interessant mitanzusehen und weckten in ihm definitiv den Drang, mal selbst wieder Dragoon kreisen zu lassen. Nachdem aus sechzehn Teams acht und aus acht vier geworden waren, wurde eine Pause eingelegt. Nur noch drei Kämpfe und dann würde der Sieger und somit der Gegner für die Bladebreakers feststehen. Tyson freute sich ungemein drauf. Trotz dessen, das kein Team bisher irgendwelche spektakulären Einlagen dargeboten hatte, waren sie alle zweifelsohne sehr gut und das Team, das gewinnen würde, wäre Japans zweitbestes und könnte somit durchaus ihr Nachfolger sein. Max, Kenny, Hilary und Mr. Dickenson blieben in der Loge und Ray hatte vorgeschlagen, ein paar Getränke und Snacks zu holen wobei Tyson anbot, ihn zu begleiten, damit der junge Chinese das ganze Zeug nicht alleine hochbringen musste. Kai ging raus, um sich einfach mal die Beine zu vertreten und frische Luft zu schnappen. Zwar hatte er die Beymatches auch mit Interesse verfolgt, besonders spannend hatte er sie aber nicht gefunden, das Niveau war schon relativ stark unter dem einer Weltmeisterschaft. Die kids hatten nicht mal Bitbeasts, somit stellten sie aus seiner Sicht keine wirklichen Gegner dar. Ließ ihn sich beinahe wünschen, die nächste Weltmeisterschaft würde schneller kommen. Die langen Gänge im Inneren des Beystadiums wandten sich durch das Gebäude, links und rechts und geradeaus, von außen betrachtet täuschte die eigentliche Größe des Bauwerkes gewaltig. Er wollte das geschlossene Areal nicht wirklich verlassen, denn auf Begegnungen mit den Fans hatte er jetzt gerade ziemlich wenig Lust. Zudem war die Pause nicht allzu lang und nachdem er seinen kleinen Spaziergang mit einem Toilettengang beendet hatte, machte er sich auf den Weg zurück zu Loge. Oder eher: hatte vorgehabt, sich auf den Weg zurück zu machen, denn als er aus der Tür der Herrentoilette trat, bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Gestalt zu seiner Rechten. Nun, es war natürlich keine Seltenheit, andere Menschen hier anzutreffen, aber was ihn stutzig gemacht hatte, war, dass diese Gestalt eine bekannte war. Bekannt in sofern, dass eine Kutte sie verhüllte - es musste ein Mitglied dieses einen suspekten Teams sein. Kai hatte es noch nie gemocht, wenn verhüllte Personen sich in seiner unmittelbarer Nähe aufhielten, umsomehr wenn sie einfach nur dastanden und er ihren Blick förmlich auf sich brennen spürte. Was tat diese wandelnde Vermummtheit hier überhaupt? Die Kämpfe würden in Kürze weitergehen, sollte er oder sie nicht unten in einem der Mannschaftsräume sein und mit seinen oder ihren Kameraden Strategien aushecken? Einen Moment lang überlegte er, ob er die Person vielleicht einfach nur ignorieren sollte, doch das erübrigte sich, denn just dann hob selbige Person den Arm und die dazugehörige Hand kam zum Vorschein, um ihn mit der allseits bekannten Komm-mal-her Bewegung des Zeigefingers zum Näherkommen aufzufordern. Der eher weite Ärmel der Kutte rutschte dabei etwas runter und gab Sicht auf einen weiteren Ärmel drunter, wahrscheinlich einer Jacke. Der Stoff war orange... Sicherlich gab es viele Leute, die eine orange Jacke zum Anziehen besaßen, aber irgendwie bescherte Kai der Anblick dieses Stückchen Ärmel ein unangenehmes Kribbeln in den Nervenbahnen. Mit einem vorsichtigen Schritt auf die verhüllte Gestalt zu, wollte er gerade zum Sprechen ansetzten, als sich besagte Gestalt einfach nur umdrehte und... davonlief. Folglich, statt des geplanten 'Wer bist du?', entfloh ein "Hey! Warte!", Kais Lippen und beinahe schon reflexartig nahm er die Verfolgung auf. Wegrennende vermummte Gestalten mochte er noch viel weniger, als verdächtig herumstehende vermummte Gestalten... Aber so einfach abhauen würde er den Unbekannten oder die Unbekannte auch nicht lassen. Die Verfolgung führte ihn die Treppe runter und so Schicksal - oder vielleicht auch die flüchtende Gestalt - es wollte, ebenso an dem einen Snack- und Kaffeeautomaten vorbei, auch wenn Kai seine danebenstehenden Teamkameraden logischerweise nicht bemerkte, zu beschäftigt damit, die wegrennende Person nicht aus den Augen zu verlieren. Bevor Rays Überraschtes: "Kai?", ihn erreichen konnte, war er schon hinter der nächsten Ecke verschwunden. Ray und Tyson tauschten verwirrte Blicke aus, ließen die Snacks sein und folgten ihrem Teamleader. Sie bogen um die selbe Ecke ab und standen bald an einer Ganggabelung, jedoch war Kai weit und breit nicht mehr zu sehen. Welchen Gang war er runter gelaufen? Oder war er in einem der naheliegenden Räume? Es half nichts, sie mussten wohl suchen und das war genau, was sie taten. "Ich nehme den linken Gang, und du den rechten," koordinierte Ray geschwind und von Tyson kam nur noch ein schnelles Nicken, bevor sich ihre Wege trennten. Er wunderte sich, wem Kai nachgerannt war... Und das fragte Kai ebenfalls. Die Gestalt war in einen Raum geschlüpft, der sich als ein ziemlich großer Saal gefüllt mit perfekt aufgestellten Linien an Stühlen vor einer angehobenen Bühne auf der ein Sprecherpult thronte, entpuppte. Logischerweise war niemand hier, ihn und die vermummte Gestalt ausgenommen. Selbige befand sich auf der Bühne, neben dem Sprecherpult. Sie stand einfach nur da, regungslos, beinahe schon provokativ. Kai verlangsamte seine Schritte und stieg bald die paar Stufen an der Seite der Bühne hoch. Er nährte sich der bewegungslosen Gestalt und blieb nicht weit entfernt von ihr stehen, musterte sie von oben bis unten mit wachsamen Augen. Die Person war knapp einen Kopf größer als er selbst, von der Statur konnte er dank der Kutte aber nicht viel erkennen. Lediglich die Kapuze verriet, dass die Person entweder eine weitere Kopfbedeckung drunter trug oder einen eher extravaganten Haarschnitt besaß. "Wer bist du?", stellte er endlich seine Frage, diesmal ergänzt mit einem: "Und warum bist du weggerannt?" Er bekam keine Antwort und auch keine Regung, man könnte meinen, er sprach mit einer leblosen Marmorstatue. Nichtsdestotrotz spürte er allzu deutlich jenen Blick auf sich, er drillte sich schon fast in seine Haut wie ein feiner Bohraufsatz. "Zeig dein Gesicht," verlangte er leise aber mit Nachdruck und endlich kam Leben in die Gestalt ihm gegenüber. Sehr langsam hob sie ihre Hand, der Ärmel der Kutte rutschte dabei runter und faltete sich in dem gebeugten Ellenbogen. Definitiv orange Jacke... oder waren es nur die Ärmel...? Die Hand streifte die Kapuze in einer fließenden Bewegung zurück und zum Vorschein kamen rote Haare, ein zu einem leichten Grinsen verzogener Mund und schmerzvoll vertraute Augen in einem kristallklaren Blau. "Приветик, Кай," die Stimme war nicht minder vertraut und ihr Kolorit paralysierte Kai für einen Augenblick, sein Verstand leergefegt von jeglichen Gedanken, erfüllt nur von dieser einen Klangfarbe, die dank einem weiteren, spöttischen Satz immer noch die Luft erfüllte: "Как говорится - а вы не ждали нас, а мы припёрлися." Reflexartig stellte Kais Gehirn auf seine Muttersprache um, nachdem er diese gerade eben vernommen hatte. "Юрий...", war jedoch alles, was der jüngere Russe über seine Lippen bringen konnte. Tala schmunzelte in einer verdreht charmanten Weise und trat auf seinen Ex - Freund, Teamkamerad, Liebhaber - zu. "Oh, ich bin überrascht. Du erinnerst dich also noch an meinen Namen," es war sowohl plötzlich als auch unerwartet, dass die Hand des Rotschopfs nach vorne schnellte und seine langen Finger sich abrupt und fest in Kais weißen Schal krallten. "Welch eine Ehre." Dieser Zusatz war eher leicht ausgeknurrt denn ausgesprochen und der Phönix spürte einen kräftigen Ruck. Mit einem scharfen Ausatmen kollidierten sie beide frontal, die Vibrationen des Zusammenstoßes gingen scheinbar durch seinen ganzen Körper, der sich schlagartig so nutzlos anfühlte. So absolut machtlos, nicht mal ein Muskel rührte sich, ausgenommen vielleicht dem einen, der so heftig und unterbrochen in seiner Brust pulsierte. Tala... hier... woher... warum...? Augen weit aufgerissen, konnte er nur starren. "An was erinnerst du dich noch, hm, Kai?", Talas Stimme war gesenkt, lauernd. Sein Blick jedoch war hart und räuberisch. "Sag's mir," es war wenig mehr als ein ausgeatmetes Flüstern und es rüttelte Kai letztendlich wieder wach. Seine Gesichtskonturen verzerrten sich zu einer Grimasse: einen Mix aus Überraschung, Verzweiflung und Zurückweisung. Diese Position hier gefiel ihm gar nicht. Nein, überhaupt nicht, doch der Versuch, sich aus dem Griff des Anderen zu befreien verschlimmerte seine Lage nur noch. Sobald seine Hände sich hoben, um Tala von sich zu stoßen, fanden sich seine Handgelenke in lebendigen Handschellen wieder. Der Griff des Älteren war stahlhart und unbeugsam, er fixierte Kai auf der Stelle mit Leichtigkeit, ganz egal, wie sehr dessen Hände in seinem Griff zuckten und ruckten. "Lass mich los!", zischte Kai sein Gegenüber an, was nur mit einem höhnischen Lächeln quittiert wurde. "Stell dich was an. Du magst es doch, wenn's härter zugeht. Wenn du ausnahmsweise mal nicht die Kontrolle hast," und da war es auch schon, Tala sah es ganz genau, das wütende Feuer, das augenblicklich in jenen Augen aufloderte. Tiefes, flammendes Rot drillte sich in gelassenes, beinahe schon erhabenes Blau. "Schnauze!" Die aufflackernden Erinnerungen waren nicht willkommen. Nein, Kai wollte das alles nicht hören. Das gehörte alles der Vergangenheit an. Tala gehörte der Vergangenheit an. Warum also, war er hier... Warum musste er hier auftauchen, ausgerechnet jetzt? Ausgerechnet jetzt, wenn Kai begonnen hatte, sich langsam mit dem Gedanken anzufreunden, ihn nie wieder zu sehen? Doch Widerstand war zwecklos. Tala war ihm überlegen, es war schon immer so gewesen, zudem sowieso kein regulärer Mensch dem Rothaarigen in Hinsicht auf körperliche Stärke wirklich gewachsen war. "Tyson, Kai? Wirklich?" Die Frage nah an seinem Ohr ließ ihn einmal mehr augenblicklich erstarren. Woher wusste Tala das...? Spielte es im Moment auch wirklich eine Rolle...? Beschattung, Spione, sechster Sinn... Wenn man Tala fragte, war es zwar kein sechster aber zum Teil ein weitaus üblicherer, durch Wolborg sehr stark ausgeprägter Sinn - es war Talas Geruchsinn. Er könnte diesen blauhaarigen Bastard riechen... dieser Gestank klebte überall an Kai, und es tat weh. Und wenn es weh tat... "Was, kannst du jetzt endlich die Domina spielen? Den erfahrenen Hengst, der's mal so richtig besorgen kann?", verletzte man andere nur zu gerne. Der Satz war spöttisch, so spöttisch, dass es beinahe bitter war und Kai in jeder anderen Situation wahrscheinlich stutzig gemacht hätte. Doch hier und jetzt zuckte er nur zusammen, ob wegen der Worte oder Talas Körper, der sich fester an seinen eigenen drückte, vermochte er nicht genau zu sagen. "Halt's Maul, Aschloch, und nimm endlich deine Pfoten von mir!" Doch diesem eher verzweifelten Befehl fehlte jeglicher Biss. Er wusste es doch... er wusste es. Worauf der Andere anspielte und womit es verbunden war, und er hasste und fürchtete den Teil von sich, der immer noch irgendwie darauf ansprang... der so verzweifelt an diesen Erinnerungen, an den Bruchstücken dieser verkokst perfekten Beziehung hing... Bröckelnde Wände, bebender Boden, weiße Stofffetzen, rotes Haar, rotes Blut... zitternde Arme geschlossen um eine entkräftete Gestalt, Lippen an kühler Stirn. Zitternder Atem, zitternde Hände, zitternde Stimme. Panik, Furcht, Sorge... "Tala!" Dunkler Raum, kahle Wände, harte Matratze... zwei ineinander verschlungene Silhouetten, feuchte Haut, weiches Haar, bestimmter und dennoch sanfter Griff, heißer Atem. Tiefes Stöhnen, tiefe Stöße, süßer Schmerz. Lust, Liebe, Leidenschaft... Ein vollkommen anders akzentuierter Ausruf... "Tala!" "Du willst ihn doch gar nicht; er ist doch gar keine Partie für dich. Ich weiß, was du brauchst. Was du wirklich willst. Ich weiß alles über dich." Sprach Talas Stimme wirklich zu ihm, oder nur in seinem Kopf...? Alles... Er wusste alles... Kais Widerstand erstarb fast gänzlich, schwarze Wimpern flatterten, verflochten sich zu einem feinen Netz über kaum mehr geöffneten Augen. Warmer Atem an seinem Hals, und der Griff um seine Handgelenke wurde sanfter, fast schon behutsam. Es war so vertraut... Unvernünftig, aber das Gefühl der Sicherheit drängte sich durch an die Oberfläche. Es war immer noch Tala... Der selbe, der eine... oder etwa nicht...? "Du weißt überhaupt nichts...", die Stimme des jungen Phönix schwächte ebenfalls ab, ein zweckloser Widerspruch, der in sich nicht schlüssig war. Es war so verdammt hart, sich auch nur zu rühren, in irgendeiner Weise dem entgegen zu wirken, von dem er wusste, dass es falsch war, ganz egal wie richtig es sich momentan anfühlte. "Nicht?", Talas Tonlage hatte sich ebenfalls verändert, die Frage, obschon rhetorisch, klang beinahe... zärtlich. Oder vielleicht... war es nur gut getarnter Hohn. "Ich bin mir ziemlich sicher, es ist nicht Angst, die dich gerade zum Zittern bringt." Es war nicht mehr nur Atem. Nein, die weiche, fügsame Oberfläche, die Kais Haut den Hals entlang berührte, waren Lippen. Jene Lippen. Die selben... die einen... oder etwa nicht...? "Hör auf... Tala, stop..." Irgendwie war ihm schwindelig. Irgendwie machte nichts mehr Sinn. Stand er noch mit beiden Füßen auf dem Boden? Schwebte er? Hielt Tala ihn entgegen seinem Willen gefangen, oder hielt er sich an dem Anderen fest? Schon wieder...? Immer noch...? "Denkst du oft an mich, wenn du mit ihm zusammen bist?" Die Frage war Gift für den einen Teil seines Seins, und wie Serum für den anderen. Wie ein Blatt, das in der Mitte zerrissen wurde, konnte er den Schmerz beinahe fühlen, als der Riss sich marternd und quälten langsam mitten durch sein Herz zog. Tu mir das nicht an... Wieso...? Jurij, wieso? War es wirklich noch Liebe? Oder einfach nur Vergeltung dafür, was er ihm angetan hat? Kai schwieg, vollkommen reglos in Talas Griff. Was sollte er auch darauf antworten? Konnte er belügen - Tala, sich selbst, sie beide? "Wir beide wissen, dass er nie in der Lage sein wird, dir das zu geben, was ich dir gab..." Die Alarmglocken hätten laut schrillen müssen. Gab. Gab. Gab. Nicht - geben konnte. Denn das konnte -und wahrscheinlich wollte- Tala nicht mehr. Das konnte er nicht mehr... nicht mehr... nicht wahr? Kai war nie ein gläubiger Typ gewesen, doch... Lieber Gott ihm Himmel, hol ihn raus aus dieser Höllenspirale... Und dann, einfach so, hatten jene Lippen ihre kleine Reise beendet und lagen auf einmal auf Kais eigenem Paar. So simpel, und so machtvoll... So allumfassend. Instinkt, Impuls, Reflex, was auch immer es war, es war da und es rastete ein mit einem lauten Klick in seinem Unterbewusstsein. Einfach so... Klick. All das Verlangen, all die Sehnsucht, all die Reue, irrational und gedankenlos, brach mit einem heftigen Ruck aus den tiefsten und dunkelsten Ecken seines Daseins, seiner Erinnerungen heraus. Bevor er wusste wie ihm überhaupt geschah, erwiderte er diesen einen schändlichen Kuss. Sie hatten so viele davon geteilt... Es kam so natürlich, so unbeschwert. So... vertraut. Und es war genauso gut, wie etwas, das man seit Jahren nicht mehr getan hatte, gut sein sollte. Für einen klitzekleinen Augenblick verschwand die ganze Welt, nur die Berührung existierte. Doch diese Illusion zerbrach genauso schnell, wie sie entstanden war. Etwas fiel zu Boden mit einem dumpfen Aufschlag, und ein scharfes Lufteinziehen folgte, das definitiv von keinem von ihnen beiden stammte. Kais Lider flogen auseinander und das Bild vor seinen Augen klärte sich mit einem explosionsartig lauten Herzschlag. Blau... kaltes, klares, triumphierendes Blau fing seinen Blick in einem metaphorischen Schneesturm ein und die Hitze wich aus seinem gesamten Körper, ließ ein beklemmendes Gefühl zurück, plötzlich kam es ihm so vor als ob er einem Kältetod nahe war. Idiot. Idiot. Ich bin so ein Idiot... Das hier war nicht echt. Nicht mehr. Nie mehr... Ihre Lippen lagen immer noch aufeinander bevor sich die seinigen mit einem Ruck seines Kopfes von Talas lösten, um über die eigene Schulter zu blicken. Sein Körper hatte sich versteift, aber er war immer noch dicht an den Wolf gepresst. Seine eingefangenen Handgelenke zuckten, und der erschrockene Blick seiner rubinroten Augen fokussierte sich auf... Tyson... Tyson. Tyson. Der blauhaarige Blader stand da, beide Hände vor den Mund gepresst. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war blank und verständnislos, seine Augen geweitet, ein umgefallener Stuhl zu seinen Füßen. "Kai? Bist du glücklich...? Mit mir...?" "Irgendwie... hab ich ein wenig Angst... dass das alles nur ein Traum ist." "Was ist mit deinem Herz...? Für wen schlägt es...?" Für wen schlägt es? Für wen... "Tyson...", huschte es über Kais Lippen und eine weitere Sekunde verstrich bevor Angesprochener auf dem Absatz kehrt machte und hastig aus dem Saal flüchtete. "Tyson!" Flüssiges Feuer ergoss sich in Kais Blut, so unerträglich heiß. Dranzers Kreischen hallte in seinen Ohren wieder, so unerträglich laut. Mit enormer Kraft riss er sich von Tala los, auch wenn dieser ihn gar nicht mehr festhalten zu wollen schien, und stürzte Tyson hinterher, über und runter von der Bühne und auch vorbei an einem nicht minder schockierten Ray, den er gar nicht bemerkt hatte. Von einen Moment auf den anderen blieben der Kapitän der ehemaligen Demolition Boys und das raubkatzenartige Mitglied der Bladebreakers alleine zurück. Tala richtete lässig seine Mantel zurecht, ließ die Kapuze dabei aber unten und nährte sich der Bühnenkante um locker die kleine Anhöhe runter zu springen. Das alles hier war zwar nicht ganz so verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte, aber nun. "Du miese Ratte. Warum hast du das getan?", wurde er ohne Umschweife angefahren, was ihn nur gespielt nichtsahnend die Augenbraue heben ließ. "Was getan?" Eine Frage, gestellt mit der vorgetäuschten Unschuld eines arglosen Kindes. "Das weißt du ganz genau!", Rays Augen waren gefährlich verengt. Der Andere konnte ihm erzählen, was er wollte, er war der festen Überzeugung, dass Tala die Show absichtlich abgezogen hatte. Er wusste, dass der Rothaarige sie hat reinkommen sehen, denn genau das war der Moment, in dem er Kai geküsst hatte. Warum Kai sich das hat gefallen lassen, konnte Ray allerdings nicht wirklich verstehen. "Was machst du überhaupt hier? Waren euch all die letzten Niederlagen nicht genug, oder ist's irgendeine krankhaft masochistische Neigung?" Alles in allem beunruhigte Ray das Ganze hier ungemein. Der Kutte nach zu urteilen, waren die anderen Mitglieder dieses vermummten Teams höchstwahrscheinlich ebenfalls ihre heiß gehassten Rivalen aus Russland. Die Frage war, was wollten sie und warum waren sie hier? Einfach nur ein Trachten nach Rache, oder etwas weitaus Schlimmeres? War Biovolt, in welcher Form auch immer, einmal mehr in irgendeinem Wahn? Gab diese Organisation denn nie Ruhe oder war die petitionslose Exekution ihrer Anführer wirklich die einzige Möglichkeit, sie endlich für immer still zu legen? "Schalt mal einen Gang runter, Miezekatze. Ich bin dir keine Antwort schuldig und dein Ton gefällt mir überhaupt nicht," ermahnte Tala nonchalant, auch wenn er nicht wirklich angegriffen wirkte. Nein, seine Besonnenheit was schon beinahe hämisch. "Darauf pfeife ich," fauchte Ray zurück, seine Hände ballten sich zu Fäusten, Drigers Knurren ein jetzt noch schwaches Echo in seinen Ohren. "Du sollst Kai und Tyson gefälligst in Ruhe lassen, du Bastard, hast du verstanden? Verschwinde von hier, bevor dir nachgeholfen wird." Das Schwarz seiner Pupillen wurde schmaler, das Gold der Augen kraftvoller. Tala entgingen die subtilen Veränderungen seines Gegenübers natürlich nicht, Felidae und Canidae lagen nicht allzuweit voneinander entfernt was Instinkte und Verhaltensmuster anging. Wolborg mahnte ihn zur Vorsicht, doch Tala war selbstbewusst genug, um zu wissen, wann er eine Warnung kurzzeitig ignorieren konnte. "Kon, nicht wahr? Ray?", fragte er beiläufig, fast schon freundlich. Wenn er es sich so überlegte... war eine Raubkatze kein viel schlechterer Fang, als ein Feuervogel. "Ich sag dir was, Ray Kon." Er war schnell, unheimlich schnell, so wie es sich für ein Raubtier gehörte, und kam binnen Sekunden bei seinem Gegenüber an. Natürlich war er sich der eigenen Situation vollkommen bewusst und diese war um einiges risikoreicher denn Rays. Sollte jemand Alarm schlagen und Tala war sich sicher das jemand würde - bald, waren er und sein Team auf der Verliererseite hier, mitten im Feindgebiet. Doch, das Ziel war beinahe erreicht, insofern... Machte ihm Rays Drohung wenig aus, stattdessen sprach er eine eigene aus: "Für jemanden in deiner Position bist du ziemlich aufmüpfig." Seine Hand schnellte dabei nach vorn mit der Absicht, den Anderen zu greifen, ähnlich, wie sie es bereits bei Kai getan hatte. Doch diesmal blieb das Manöver erfolglos. "Tsk. Meinst du, du kannst mich einschüchtern?", damit wich Ray dem Griff des Größeren mit der Geschmeidigkeit einer Wildkatze aus und verpasste Tala sogleich einen wuchtigen Kinnhaken, der den Rothaarigen kurzerhand zu Boden beförderte. Driger hin oder her, die ausgezeichneten Reflexe und guten kämpferischen Fähigkeiten an sich waren Rays eigen. Er hatte die Jahre in seinem Dorf schließlich nicht nur mit Beybladetraining verbracht und das Yin/Yang Stirnband war keine bloße Angeberei oder Zurschaustellung. "Du solltest mich nicht unterschätzen, Tala," hallte die ruhige Stimme des Chinesen finster, während Angesprochener etwas Blut zur Seite spuckte und sich mit dem Handrücken den Mund abwischte. Tala spürte keinen Funken Schmerz, nur Kampfeslust, das seine Lippen zu einem leichten Grinsen verzog. Der kleine Tigerjunge hatte doch tatsächlich Krallen. Talas eisblauen Augen blitzten kurz auf. "Du mich ebenfalls nicht," kaum ausgesprochen, war er auch schon wieder auf den Füßen, schneller als es einer normalen Person je möglich wäre. Ray war zwar gut, aber noch ein paar Jährchen zu jung, um Tala in Sachen Kampffinesse und -erfahrung das Wasser reichen zu können. Kein Selbsttraining der Welt kam dem Drill der Abtei gleich, denn dieser richtete sich nicht auf Selbstverteidigung aus. Nein, die prämieren Ziele waren nur zwei: schwer verletzen, oder augenblicklich vernichten. Kampf ohne Regeln, mit der Absicht, seinen Gegner entweder schnell auszuschalten oder ihm möglichst rasch möglichst viel Schmerzen zuzufügen. Und Tala hatte einen tödlichen Vorteil, der ihn gefährlicher machte, als die Meisten es sich vorstellen konnten... Trotzdem hielt er sich zurück als seine harte Faust einen blitzartigen, präzisen Schlag ausübte, nur einen, und dieser reichte vollkommen - wenn man wusste, wo man hinzielte, und er wusste es genau. Alles, was er vernahm, war ein scharfes Lufteinziehen und Rays Körper ging abrupt zu Boden, nunmehr bar eines Bewusstseins. Zum Aufprall kam es dennoch nicht - beinahe schon fürsorglich fing Tala den Schwarzhaarigen auf, um ihn kurz darauf auf die eigenen Arme zu heben. Der Tigerjunge war leichter, als er angenommen hätte, und er blickte kurz auf ihn runter. Die goldenen Augen waren nun geschlossen, ein paar lose, pechschwarze Haarsträhnen lagen ihm wirr im Gesicht, welches beinahe einen entspannten Ausdruck hatte. Auf irgendeine Weise wirkte er fast zerbrechlich, aber wahrscheinlich hatten das die meisten Bewusstlosen an sich. Nichts machte einen verletzlicher, als die kurzfristige Tilgung der Verstandsanwesenheit. Die Technik, die er angewandt hatte, trug einen relativ komplexen Namen: Solarplexusschock, und war auch nicht minder komplex in der Ausführung. Es war weitaus mehr als ein rüpelhafter Schlag in die Magengrube, der meistens niemanden, nicht mal zierliche Mädchen und kleine Kinder so einfach in die Ohnmacht schicken würde. Der Solarplexus jedoch war ein Nervenfasergeflecht in besagter Magengrube, genau genommen zwischen dem zwölften Brust- und dem ersten Lendenwirbel an den Hauptschlagader. Man brauchte genügend Kraft und trainierte Gründlichkeit und Genauigkeit, um den Schlag wirkungsvoll zu plazieren - schaffte man dies, brachte man die Gefäße im Bauchraum zum Erweitern, der Blutdruck und venöse Rückstrom zum Herz fielen ab, was schließlich in Bewusstlosigkeit resultierte. Für gesundheitlich schwächere Menschen könnte ein solcher Solarplexusschock sogar zum Reflextod führen, einem letalen Kreislaufstillstand. Doch, Ray war ein gesunder und kräftiger Bursche, zudem war Tala verhältnismäßig vorsichtig gewesen - für den jungen Chinesen würde das hier keine schlimmen Konsequenzen haben, außer vielleicht etwas Schwindel und einem Schwächegefühl direkt nach dem Aufwachen. Woher Tala all dies wusste und auch konnte... nun, man könnte es so ausdrücken: Sport- und Biologieunterricht in der Abtei unterschied sich sehr von dem, was das normale Schulprogramm vorsah... Nach einem letzten Blick um sich herum, machte der Rothaarige sich auf dem Weg aus dem Saal und umgehend raus aus dem Gebäude. Dort wurde er bereits erwartet - von seinem Team, und einem kleinen Mini-Bus, der sie alle zum nächsten Tokioter Flughafen kutschieren würde. Sie hatten nun das, was sie brauchten, und hier hielt sie nichts mehr. Diese ganze Farce mit der Teilnahme an diesem lächerlichen Turnier unter diesem bescheuerten Teamnamen und in dieser bescheuerten Verkleidung hatten nur ein Ziel gehabt. Sie hatten nur nah genug an die Bladebreakers rankommen müssen. Das hatten sie geschafft, und obschon Tala anfänglich jemand anderes im Visier gehabt hatte... schätzte er, dass dieses Szenario fast genauso gut war. Schließlich war die Frage sehr simpel gewesen: Wer...? Die Antwort hatte der junge Wolf auf seinen Armen aus dem Stadiumsgebäude getragen. Er hatte ja anfänglich Kai im Auge gehabt, vielleicht auch Tyson. Aber Ray...? Nun. Im Endeffekt spielte das auch keine Rolle. Nicht wahr... ~~~ Transkription und Übersetzung: "Приветик, Кай." (Privjetik, Kai.) - Hallölchen, Kai. "Как говорится - а вы не ждали нас, а мы припёрлися." (Kak govorit'sja - a wi ne zhdali nas, a mi priper'lisja" (Zitat aus einer berühmten Volkdichtung) - Wie man so schön sagt - Ihr habt uns nicht erwartet, doch wir sind aufgekreuzt. *Ich weiß, dass das 'wie man so schön sagt' aus deutscher Sicht hier weniger Sinn ergibt, denn so was sagt man ja nicht wirklich in Deutschland. In Russland ist die Phrase aber ziemlich verbreiten (gibt die mal bei yandex.ru (russische Internetsuchmaschine) ein und seht, wie viele Ergebnisse bei rauskommen =3) und kommt ursprünglich aus der Volksdichtung, genau genommen aus der Gattung der Chastushki. Chastushki sind kleine Gedichte, die einfache Reimschemen (meist abab) benutzen um humoristisch/ironische Inhalte rüberzubringen. Ist eigentlich ein relativ großes Stück russischer Literatur und Geschichte. Dieser Beitrag dazu ist eigentlich auch recht gut (http://www.muenstergass.ch/blog/?p=422). Kurioserweise gibt es keinen deutschen Beitrag auf Wikipedia, dafür aber einen auf Englisch (http://en.wikipedia.org/wiki/Chastushka). Na ja. Wer Interesse hat, kann ja mal hier und dort reinlesen. Ich hab die Phrase in diesem Kapitel gewählt, weil sie schön zu Situation passte und ich sie eigentlich selbst gern verwende, wenn ich irgendwo aufkreuze, wo man mich nicht erwartet hat (vorausgesetzt natürlich, die Umgebung versteht Russisch) *lach* Soviel fürs Nachwort, und wir sehen uns im nächsten Kapitel! Kapitel 17: Only You -------------------- Gute Güte. Für die, die sich wundern – jaaa, dieses Kapitel war gestern für ein Minütchen hochgeladen gewesen, ich hab's aber umgehend wieder rausgenommen wegen einiger zieeeemlich großer Unstimmigkeiten, die sich nicht anders korrigieren ließen, außer mit einer Komplettumschreibung eines mittelgroßen Teils des Kapitels (genauer der Rekapitulation der Animegeschehnisse). Tut mir Leid! Jetzt ist's aber wieder oben, und wird's auch bleiben *lach* Also dann, Vorhang auf für: Kapitel 17 Only You Die flüchtende Gestalt war alles, was er sah. Mit rotem Stoff bedeckter Rücken, das Blau der Kopfbedeckung über das Blau des darunter hervorschauenden Haars. Er war so sehr darum bemüht, diese eine Silhouette nicht aus den Augen zu verlieren. Er konzentrierte sich darauf, so sehr, so stark, dass sein Verstand alles andere ausblendete. Was passiert war. Wie es passiert war. Warum es passiert war. Welche Konsequenzen es trug. Nein, darüber konnte – wollte – er jetzt nicht nachdenken. Das Einzige, was zählte, war diese eine Person nicht zu verlieren. Wenn er könnte... Wenn er doch nur diese Sekunden, diese Minuten zurückdrehen, sie auslöschen, sie neu schreiben könnte. Wenn nur... Gänge, Türen, Menschen... und jener Rücken. Nur jener Rücken. Jene Gestalt. Grüne Lampe über dem in die Wand eingekerbten Rechteck, grelle, weiße Buchstaben. 'Exit', und das davonrennende, genauso grelle, genauso weiße Strichmännchen. Ein wortwörtlicher, sowohl auch figurativer Notausgang. Tysons kleinere Figur huschte unglaublich schnell durch die hastig aufgestoßene Tür, die keine Möglichkeit hatte, zuzufallen, denn auch Kai stürzte wenig später aus ihr raus. Seine Lippen teilten sich, seine Stimmbänder spannten sich an, formten Laute, Silben, Wörter, die letztendlich einen zusammenhängenden Satz bildeten. Ein Ersuchen, welches hoffentlich nicht ignoriert werden würde... "Tyson! Warte, bitte!" Ein Teil von Kais Gehirn dachte ganz pragmatisch. Immer praktisch, immer logisch, immer situationsgerecht. Dieser Ort war perfekt für eine Auseinandersetzung. Menschenleer, ruhig, abgeschirmt und die Baumkronen der großgewachsenen Bäume rauschten, bewegten sich leicht hin und her, als schüttelten sie den Kopf darüber. Sein Herz jedoch hatte keinen Platz für irgendeine andere Sorge, außer der einen: egal wie, egal wo, egal in welcher Umgebung, er wollte nur eins: dass Tyson ihn erhörte und stehen blieb. Nur für einen Augenblick. Die Szenerie seiner weglaufenden Gestalt war unerträglich... Unerträglich schmerzvoll. "Ty! Bitte!" Und tatsächlich, der Jüngere verlangsamte sein Tempo, bis er letztendlich gänzlich stehen blieb. Kai stoppte wenige Schritte hinter ihm. Der blauhaarige Blader drehte sich nicht um, doch der angespannte, beinahe schon statische Zustand seiner gesamten Körpermuskulatur war offensichtlich. Für einen Moment rechnete Kai fast schon damit, dass Tyson sich umdrehen und ihm eine verpassen würde. Einen Schlag, den er sicherlich verdient hätte... doch der Andere rührte sich nicht. Er stand einfach nur da und auf einmal wurde Kai bewusst, warum. Er wartete. Wartete auf etwas, irgendetwas, das ihn daran hindern würde, seine Flucht fortzusetzen. Sag etwas. Irgendwas. Mach den Mund auf und sprich! "Tyson... Es war nicht das, wonach es aussah." Vielleicht kein allzu glorreicher Anfang, aber sicherlich besser als nichts. Er wusste, er musste diese Erklärung fortführen, auch wenn alles, was ihm an Worten in den Sinn kam, sich bloß wie leere Rechtfertigungen anhörte. Waren es Rechtfertigungen, die er ausdrücken musste? Oder waren es doch eher... Eingeständnisse... "Ich... Ich habe es nicht gewollt. Ich habe es nicht kommen sehen... Tala, den Kuss... alles." Er log nicht, und doch fühlte es sich so an – vielleicht, weil er den Ausdruck auf jenem hübschen Antlitz nicht sehen konnte. Vielleicht, weil die Erklärung immer noch nicht annähernd gut genug war. Vielleicht... war sie auch einfach nur immer noch unvollständig. "Ich dachte nicht, dass ich ihn je wiedersehen würde... Ich-" "Liebst du ihn noch?" Diese eine Frage brachte Kai erfolgreich zum Schweigen. Sie war ohne jegliche Akzentuierung ausgesprochen gewesen, Tysons Stimme war fest und vollkommen ruhig. So ruhig, dass es wiederum beunruhigend war. Die Antwort ließ auf sich warten, so wiederholte der Jüngere die Fragestellung, auch wenn sie beim zweiten Mal viel weniger stoisch und viel leiser erklang. Verzweifelter. "Liebst du ihn, Kai?" Tyson brauchte eine Antwort. Bevor er sich irgendwelche Gründe, Motive, Entschuldigungen anhörte... Brauchte er diese eine Antwort, eine, die unter Umständen alle Gründe und Motive und Entschuldigungen bedeutungslos machen würde. "Ich... Nein." Der junge Russe wusste, dies war die einzig richtige Replik, die er geben konnte. Die einzige, die Tyson akzeptieren konnte und die eigentlich auch stimmte. Tala und er und alles um ihre zerbrochene Beziehung herum drehte sich nunmehr weniger um Liebe, als ums etwas vollkommen anderes. "Es ist nur schwer... loszulassen." Hand erhoben, fuhr er sich gestresst durch das doppelfarbige Haar. Der Anfang gelegt, fiel die Erklärung jetzt dennoch einfacher, sie kam fast von alleine, wie eine Eingebung. "Als ich ihn gesehen habe, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Ich wusste nicht, warum er hier war, was er wollte – ich weiß es immer noch nicht. Es ging alles so schnell... er griff nach mir, zog mich zu sich und ich... Ich konnte mich nicht rühren." Das… war ein Eingeständnis gewesen. Eingeständnis der eigenen Schwäche, der eigenen Unachtsamkeit. Eine, die er nicht mehr korrigieren konnte. "Wenn ich es gewusst hätte... ich hätte es nie bewusst zugelassen, dass er... Ich war einfach nur überrumpelt gewesen. Ich hätte nie gedacht, er würde..." Hier aufkreuzen. Meine komplette Gefühlswelt ins Chaos stürzen. Mich küssen. Nein, damit hatte Kai nie gerechnet. Insbesondere jetzt, wo er doch endlich, endlich... "Ich habe es nicht kommen sehen... und bevor ich es wusste, passierte es schon..." Er wagte einen Schritt nach vorne, näher zu dem Jüngeren. Hoffentlich war es nicht nur körperliche Distanz, die er hier überwand... "Tyson, bitte, glaub mir das. Ich würde dir nie absichtlich weh tun wollen, nicht so." Besonders nicht so. Dafür bedeutete ihm der kleine Wirbelwind zu viel. Dafür bedeutete ihm ihrer beider Beziehung zu viel. Und er hoffte, Tyson wusste das... er hoffte, der Andere konnte es in Kais eigener, von Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit untermalter Stimme hören. Ein zittriger Atemzug verließ den Brustkorb des Blauhaarigen, seine Schultern sanken minimal ab, entlasteten somit die bis zum zerreißen angespannten Muskeln. Das Bild vor seinem imaginären Auge tat weh; unheimlich weh. Nichtsdestotrotz... jene Worte legten sich wie ein rettender Druckverband auf eine klaffende Wunde. Er wollte doch... er wollte so sehr... "Ich möchte dir glauben, Kai..." Denn er liebte ihn. Schon so lange. Immer noch. Ungeachtet allem... Tysons Körper fuhr zusammen, als er Kais Arme spürte, die sich behutsam von hinten um ihn schlangen. In seinem kummervollen Zustand hatte er es nicht mal gemerkt, wie der Andere näher gekommen war. "Dann glaube mir," ein sanftes Flüstern an seinem Ohr und seine Augen fielen halb zu, seine Haltung entspannte sich gänzlich und fast schon automatisch in Kais Umarmung, wie ein Reflex - er konnte einfach nicht anders, dies war die unbegreifliche Wirkung, die dieser Junge auf ihn hatte. Eingehüllt in dieser Wärme, konnte er ihm nicht böse sein, falls er dazu überhaupt noch in der Lage war. "Bitte glaube mir." Und Tyson tat es. Er tat es, er glaubte Kai, weil er es wollte. Weil es nicht anders ging... Weil er ihn liebte. Und als der Phönix das Gesicht in seiner Halsbeuge verbarg und er dessen Atem an der eigenen Haut spürte, lehnte er sich gegen ihn zurück, hob die Hände, legte sie auf Kais Arme, die so fest um seine Taille geschlungen waren. Drückte sachte zu, ein stummes Zeichen. Es ist okay. Ich glaube dir... So einfach wusch Kais Nähe alle Negativität davon. Tyson wusste nicht, wie lange sie dort so standen, und es spielte auch überhaupt keine Rolle. Solange Kai hier war, an seiner Seite, solange er ihn festhielt... schien die Welt in perfekter Ordnung zu sein, ganz egal, wie sehr sie im nächstbesten Augenblick aus den Fugen zu geraten vermochte. Sogar wenn sich die Erde hier und jetzt auftun sollte, und sie fallen würden in einen tiefen, endlosen Abgrund, war es egal... solange sie zusammen fallen würden. Mit Kai zusammen sein, das was alles, was er wollte. Und er konnte nicht zulassen, das Tala ihm – ihnen beiden - das kaputt machte. Wenn der Wolf einen Kampf wollte, dann würde er ihn kriegen, denn Tyson war niemand, der etwas oder insbesondere jemanden einfach so an einen Anderen abtrat. Kai gehörte zu ihm, nicht zu Tala, und er würde sicher stellen, dass nicht nur Tala, sondern auch Kai selbst dies einsah. Was auch immer dazu nötig war... er würde Kai beweisen, dass sie beide zusammen gehörten. Denn Kai war es wert... jede Anstrengung, jeden Schmerz, jede Mühe war er wert, zumindest für Tyson. Und er konnte nur hoffen, dass Kai irgendwann genauso über Tyson selbst fühlen würde... Irgendwann... "Ich glaube, ich bin dabei, mich in dich zu verlieben." "Glaube mir, Tyson. Bitte glaube mir." Ein liebevoller Kuss, der gegen seine Schläfe gedrückt wurde, brachte ihn wieder in die Realität zurück. "Wir sollten zurück zu den Anderen," sprach der junge Russe leise aus, auch wenn er seinen Griff um den schlanken Körper in seinen Armen noch nicht löste. Er war erleichtert, mehr noch, er war... dankbar, und ein wenig überrascht. Dankbar dafür, dass es nicht ausgeartet war. Dass es kein dramareiches Wortgefecht gegeben hatte, dass Tyson so viel Vertrauen in ihn und seine unbeholfenen Begründungen legte. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst... vielleicht unterschätzte er den Jüngeren und seine emotionelle Stärke ein wenig. Liebe mochte neu für Tyson sein, aber er ging mit ihr erwachsener um, als viele andere Verliebte es von sich behaupten konnten. Eine Szene zu machen war stets so viel einfacher, als jemanden erklären zu lassen, mehr noch, seine Erklärung bis zum Ende anzuhören und sich mit ihr auseinander zu setzten, bevor man reagierte - oder gar überreagierte. Mit jedem Zwischenfall, der sich zwischen ihnen abspielte, wurde ihm Stück um Stück klarer, was er eigentlich an Tyson hatte... Was Tala anging, konnte er sich vorstellen, dass Ray Mister Dickenson und den restlichen Bladebreakers die Situation bereits geschildert hatte und wahrscheinlich warteten alle nun auf sie beide. Im Allgemeinen bedeutete Talas Auftauchen nicht unbedingt Biovolts Wiederauferleben, der Rothaarige und sein Team konnten auch gewiss auf eigene Faust agieren, obschon Kai es irgendwo bezweifelte. Für einen Racheakt war dies viel zu... uneffektiv, beinahe schon am Ziel vorbei. Nein, es steckte bestimmt mehr dahinter... die überaus beklemmende Frage war: was könnte es sein? Sie blieben noch ein paar Minuten draußen, um sich in der Präsenz des jeweils anderen von der ersten echten Krise ihrer noch so jungen Beziehung zu erholen, bevor sie sich schließlich auf den Weg zurück zur Loge machten. Überraschenderweise sah keiner der dort Anwesenden besonders beunruhigt aus, ganz im Gegensatz, sie beobachteten interessiert ein weiteres Match unten in der Arena. Kais Stirn legte sich in Falten und auch Tyson blinzelte verständnislos. "Ich glaub's ja wohl nicht!", regte sich der temperamentvolle Drache keinen Moment später auch schon auf. "Da laufen Tala und seine Gang direkt unter unserer Nase herum und ihr sitzt hier und dreht Däumchen?!" Sein Eifer täuschte nicht, geschürt von einem persönlichen, rasch aufkeimenden Groll. Er wollte Tala finden, jetzt, sofort. Er wollte diesem Bastard in die Augen blicken und ihn zur Rede stellen, ihn fragen was zur Hölle er hier wollte... warum er sich das Recht herausnahm, etwas zerstören zu wollen, das ihn rein gar nichts mehr anging. Er hatte seine Chance mit Kai gehabt und er hatte sie verspielt, und Tyson scherte sich momentan einen Dreck um die vielen 'Warums' und 'Wiesos' und 'Weshalbs'. Wenn du etwas wirklich behalten wolltest, ergriffst du es und hieltst es fest, egal was. Seine kleine Anwandlung zog augenblicklich die Aufmerksamkeit aller auf ihn, die Gesichtsausdrücke rangierten von erschrocken bis perplex. Kai seinerseits bemerkte recht schnell, dass Ray abwesend war. Komisch... er hätte drauf gewettet, dass Drigers Meister die Geschehnisse umgehend Mr. Dickenson gemeldet hatte. "Was? Tala, hier? Tyson, wovon redest du?" Der blauhaarige Blader schnappte empört nach Luft. "Wovon ich rede? Hat Ray euch denn nichts erzählt? Wir sind gerade in Tala reingelaufen, auch wenn ich nicht weiß, was er hier wollte und was- Moment, wo ist Ray überhaupt?" Alle hatten sie sich nun von ihren Plätzen erhoben, eine Sorgenfalte bildete sich gerade auf Max' Stirn. "Wir dachten, Ray wäre bei euch. Wir haben ihn nicht gesehen, nicht seitdem ihr zum Getränkeholen raus gegangen seid." Was, wenn der Blondschopf es sich gerade überlegte, eine ganze Weile her gewesen war. Gerade, als der Teamjüngste eine besorgte Frage stellen wollte, fiel Mr. Dickenson ihm ins Wort. "Was meinst du mit – ihr seid in Tala reingelaufen? Was wollte er hier?" Tyson war nun merklich verwirrt und Kai übernahm infolgedessen die Erklärung. "Das Team in den komischen Kutten, das waren Tala und seine Jungs. Ich bin unten in den Gängen in ihn rein gerannt und ihm zu irgendeinem der großen Säle gefolgt. Ray und Tyson waren nachgekommen. Es gab ein Missverständnis, ich und Tyson rannten aus dem Saal raus, Ray blieb alleine zurück." Was, wenn Kai jetzt darüber nachdachte, unglaublich idiotisch von ihm gewesen war. Sie hätten ihren Teamkollegen nicht alleine lassen sollen, vor allem nicht mit Tala. Herr im Himmel, wenn Ray nun was passiert war... Die Augen von Mr. Dickenson, Kenny, Hilary und Max wurden mit jedem sachlichen Satz, den der Teamchef aussprach, größer, bis der ältere Herr sein Taschentuch zückte und hastig seine Stirn abtupfte. "Wir müssen sofort den Sicherheitsdienst informieren! Kai, Tyson, zeigt mir genau, welcher Saal es war! Wir müssen Ray unbedingt finden!" Nun, da waren wohl alle definitiv einer Meinung. Darum bemüht, keinen großen Aufstand zu machen und keine Panik zu verbreiten, soweit es nicht unbedingt nötig war, forsteten schon bald die Bladebreakers und die Sicherheitskräfte des Stadions eben diesen durch. Es wurde eine Anweisung an die Ansager weitergegeben, die verkündeten, dass die mysteriösen 'Beasthunters' vorzeitig ausgeschieden seien, da sie aus bisher unbekannten Gründen das Stadium verlassen hätten. Dennoch, allen war vollkommen bewusst, dass, sollten sie Ray nicht finden, es keinen wirklich Ausweg gab, als der Öffentlichkeit die Wahrheit zu offenbaren. Vielleicht nicht gerade, dass Biovolt unter Umständen wieder da war, aber das mit dem Verschwinden des Kuttenteams auch Ray verschwunden war, ergo mussten sie ihn 'mitgenommen' haben... Noch hegten alle die Hoffnung, diese These würde sich nicht bestätigen, doch nach Stunden erfolgloser Suche und nicht angenommener Telefonanrufe blieben immer weniger Zweifel... Ray musste etwas zugestoßen sein. Der siebzehnjährige Chinese war unauffindbar und es fehlte jede Spur, jeder Hinweis darauf, wo er sein könnte. Es dämmerte, der rote Diskus der untergehenden Sonne war bereits halb unter der Linie des Horizonts getaucht. Immer noch liefen Menschen umher, die Arena nun überwiegend menschenleer – das Turnier war letztendlich abgesagt worden, nur die Gründe hatte man noch nicht so ganz der Menge und den Medien enthüllt, die nun in den Abendnachrichten darüber rätselten, was denn zu solch einer Wende der bis dato friedlichen Ereignisse geführt haben mochte. Mit einem eher deprimierten Gesichtsausdruck stand Tyson ein wenig abseits des immer noch hektischen Treibens und Kai beendete gerade sein x-tes Gespräch mit dem x-ten Beamten, dem er zum x-ten Mal geschildert hatte, was passiert war (ein, zwei kleine Details, die mittlerweile nur Mr. Dickenson und der Rest des Teams wussten, ausgenommen). Sobald er besagtes Gespräch beendet hatte, war er an der Seite seines niedergeschlagen Freunds und legte diesem sachte die Hand auf die Schulter, was Tyson dazu brachte, aufzusehen. "Wir hätten ihn nicht alleine lassen sollen," sagte Dragoons Besitzer reuevoll, ein Gefühl, welches Kai gerade sehr gut nachempfinden konnte. Nein, das hätten sie nicht tun sollen. Genauso wie er selbst es nicht hätte zulassen sollen, dass Tala ihn dermaßen gegen Tyson hatte ausspielen können. Er wusste jetzt, das alles musste Teil des Plans gewesen sein... Wenn nicht Talas eigenem, dann höchstwahrscheinlich Balkovs oder noch schlimmer... seines. Voltaire Hiwatari... Kai wunderte sich, ob es auf dieser Welt einen anderen Enkel gab, der seinen Großvater dermaßen verachtete, wie Kai es tat. Er drückte sanft Tysons Schulter, seine zweite Hand streifte beiläufig eine nachtblaue Haarsträhne weg, die vorwitzig über einem der müden, rehbraunen Augen lag. "Wir werden ihn finden, Ty. Und wenn ich dafür jeden Stein eigenhändig umdrehen muss." Dann würde er das tun. Unter keinen Umständen würden Tala oder Biovolt - oder BEGA oder wer auch immer wirklich dahinter steckte - damit ungestraft davon kommen. Doch als es Nacht wurde, konnten sie nicht mehr viel tun. Alle waren abgehetzt und ausgelaugt von der extensiven Suche und der nicht minder extensiven Sorge. Rays Heimatdorf wurde angerufen, nur um Bescheid zu gegeben und auch darauf hinzuweisen, dass unter Umständen irgendeine Art Forderung bei ihnen ankommen könnte. Keiner wusste, was für ein Spiel hier gespielt wurde, also musste man so viele Optionen wie möglich abdecken. Eine Krisensitzung wurde auf den Morgen angelegt, Lee und Mariah waren auf dem Weg nach Japan, um an besagter Sitzung ebenfalls teilzunehmen, schließlich waren sie die nächsten Angehörigen, die Ray hatte – von Eltern oder sonstigen Verwandten des Schwarzhaarigen waren nicht mal die Namen bekannt, geschweige denn Adressen oder Telefonnummern. Natürlich stand Rays Verschwinden als erster Punkt auf der aufkommenden Tagesordnung, doch auch Talas und gegebenfalls Biovolts Wiederkehr allgemein würde dann besprochen werden. Die Obrigkeit hatte aus ihren Fehlern gelernt, die potenzielle Gefahr hier wurde weder verkannt noch als zu niedrig eingestuft. Maßnahmen mussten ergriffen, Vorbereitungen getroffen werden. Doch nichts davon ließ sich um fast drei Uhr nachts verrichten, insofern waren alle erstmal bis zum Morgengrauen in ihre Eigenheime zurückgekehrt. Tyson zog es natürlich vor, bei Kai zu bleiben, alleine wollte er jetzt auf keinen Fall sein. Irgendwo war es komisch... früher war er des Öfteren alleine, besonders nachts, Zuhause in seinem Zimmer, wie viele andere Menschen auch. Es hatte ihm nie allzu viel ausgemacht. Doch nun, wo er jemanden hatte, mit dem er die sonst von Alleinsein erfüllte Zeit verbringen konnte, war das Alleinsein für ihn nur noch schwer vorstellbar. Vielleicht, weil es sich wie eine Verschwendung der kostbaren, gemeinsamen Augenblicke anfühlte. Vielleicht, weil Zusammensein so viel schöner war, als das Alleinsein. Vielleicht auch, weil er es nie wirklich gemocht hatte, alleine zu sein. So oder so stand er gerade vor dem über dem Waschbecken befestigten Spiegel in Kais Badezimmer, gekleidet in dunkelblauen Boxershorts und hell-gelbem T-Shirt und putze sich seine weißen Beißerchen. Er fühlte sich unglaublich erschöpft – physisch sowohl auch psychisch, er brauchte definitiv eine gute Mütze Schlaf, denn in diesem entkräfteten Zustand war er sicherlich nicht zu viel nütze. Kai fühlte sich wahrscheinlich nicht viel besser... auch wenn der Phönix vorhin trotzdem noch frischer und gesammelter erschienen war, als irgendjemand von ihnen. Tyson schätzte, er hatte einfach nur mehr Ausdauer, körperlich und geistig zugleich. Natürlich waren sie alle wahnsinnig um Ray besorgt, aber momentan freute er sich einfach nur darauf, ins Bett zu fallen und in Kais Armen einzuschlafen. Mit seiner Aufmerksamkeitsspanne kaum mehr vorhanden, bemerkte er auch überhaupt nicht, wie eben gedanklich Erwähnter plötzlich neben ihm auftauchte und seine Arme einmal mehr an diesem Tag von hinten um seine Taille schlang, damit er Tyson mit einem leichten Ruck an sich ziehen konnte. Der jüngere Blader zog scharf die Luft ein und spuckte beinahe seine Zahnbürste aus. "Himmel noch mal, Kai! Mach doch sowas nicht!", beschwerte er sich, das aus dem ruhigeren Rhythmus aufgeschreckte Herz in seiner Brust pochend von dem kleinen Schock. Er blickte zum Spiegel, der ihrer beider Ebenbilder reflektierte, wobei Kais ein leichtes Grinsen trug, während der Phönix sein Kinn auf der wohlgeformten Schulter seines Freunds abstütze. "Tut mir Leid," obwohl es nicht wirklich danach klang, was Tyson zu einem sanften Schnauben verleitete, seine Gesichtszüge schnitten dem Anderen mit Hilfe des Spiegels dabei eine Grimasse. Seine Hand streckte sich nach dem Becher auf dem Waschbecken, pflückte eine zweite Zahnbürste dort raus und schaltete dann das Wasser ein, um den Gegenstand drunter zu halten. "Ich konnte nur nicht wiederstehen. Du siehst einfach zu niedlich aus, wenn du dich erschreckst," fügte der Ältere indes einen amüsierten Kommentar hinzu und presste einen Kuss gegen die weiche Kurve von Tysons Hals. Die Aktion verleitete den gebürtigen Japaner dazu, sich in Kais Griff ein wenig zu winden, weil es etwas kitzelte. "Tu ich nicht," artikulierte er einen milden Protest um die Bürste in seinem Mund herum. Seine Hände fuhren mit ihrer Aufgabe fort und drückten einen kleinen Klecks Zahnpasta auf die zweite Zahnbürste. Ein kurzes Aufschauen zum Spiegel verriet ihm, dass Kai immer noch dieses leichte, ziemlich anziehende Grinsen auf den Lippen hatte. "Doch, tust du. Wie ein kleines Kätzchen," bestritt der Neunzehnjährige gelassen und wenn es Tyson möglich gewesen wäre, hätte er wahrscheinlich eine Schnute gezogen. Stattdessen ließ er einen abwehrenden Laut von sich, gefolgt von einem gebrummten: "Ach, halt die Klappe." Hand erhoben stopfte er dann das präparierte Zahnpflegewerkzeug in den Mund des Älteren, als ob seine Anweisung zu unterstreichen. Jetzt hatte er auch wieder die Freiheit, die eigene Bürste zu greifen, damit er in seinem unterbrochenen Tun fortfahren konnte – nur jetzt zusammen mit Kai. Seine rehbraunen Augen schimmerten neckisch und mit vorbehaltsloser Glückseligkeit, was Kai letztendlich dazu verleitete, leise aufzulachen und Tyson steuerte der allgemeinen Belustigung ein entspanntes Glucksen bei. Glücklicherweise erforderte das Zähneputzen nur das Benutzen von einer Hand, sodass Kais zweiter Arm weiter gemütlich um die schmale Taille seines Drachens ruhen konnte, als sie dieses kleine Abendritual gemeinsam abschlossen. Es war ziemlich erstaunlich, wie sogar die kleinen Dinge des Lebens so viel mehr Spaß und Freude bereiteten, wenn man sie zusammen machte... wie wenig nötig war, um all die Sorgen, Ängste und Bedenken für einen klitzekleinen, kostbaren Moment zu vergessen. All diese Gefühle, all diese Empfindungen, waren für Tyson sehr neu, und nicht nur das. Er fragte sich... fragte sich etwas, was er schließlich auch Kai fragte, nachdem sie beide ins Bett gefunden hatten und er nunmehr unter der flauschigen Decke, dicht an den Phönix gekuschelt in der mondscheindurchzogenen Dunkelheit des Schlafzimmers lag. "Kai...?" "Hm?" "Du und Tala, wie... wie war das?" Für den Jüngeren nicht erkennbar zogen sich Kais Augenbrauen zusammen. Natürlich wusste er, dass er Tyson irgendwann, Stück für Stück, von sich und Tala zu erzählen hatte. Nach den heutigen Ereignissen war das Aufkommen dieses Themas wohl auch nicht wirklich überraschend... Doch war er bereit, darüber zu reden? Andererseits, würde er es je sein? "Wie war was...?", stellte er eine eher sinnlose Gegenfrage, denn eigentlich suchte er nur nach einem Anhaltspunkt, um etwas von der Verworrenheit, zu der seine und Talas Verbindung zueinander mittlerweile geworden war, halbwegs verständlich darzulegen. "Das mit euch... war es sehr ernst? Wie... wie ist es überhaupt dazu gekommen?", zwar wusste Tyson, dass Tala sowas wie Kais erste große Liebe gewesen war, doch ohne mehr Details war es schwierig, sich etwas Konkretes darunter vorzustellen. "Wie es dazu gekommen ist, weiß ich selbst nicht mal so genau... Es war ein... langwieriger Prozess gewesen, schätze ich. Ich kannte Tala von klein auf, er war sehr jung, als er in die Abtei kam. Am Anfang sprach er mit niemandem, und ich sah ihn meist nur flüchtig, doch irgendwann sind wir in einem Beykampf gegeneinander angetreten. Es endete unentschieden... Seitdem... ich weiß nicht. Entwickelte es sich einfach irgendwie... und irgendwann dann..." Irgendwann kam dann der Punkt, wie er immer kam für die Freundschaften, die dazu bestimmt waren, mehr zu sein. "Oh man. Hast du Balkovs Gesicht gesehen?", ausgelassenes Lachen folgte dieser Aussage. Er grinste den älteren Jungen vor sich nicht minder ausgelassen an. "Ja, er sah so aus, als würde er anfangen, jeden Moment wahllos Leute zu erwürgen," pflichtete er bei und verkreuzte die Arme vor der Brust, bevor sich lässig gegen die Mauer hinter sich lehnte. Das tägliche Leben in der Abtei fiel um so einiges leichter, wenn man jemanden hatte, mit dem man Pferde stehlen konnte. Oder in diesem Fall, Balkovs kostbare Scouter, die er stets so fürsorglich entwickelte. Die Belustigung haftete auf ihren Gesichtern für ein paar Augenblicke länger, doch schließlich wurden jene ausgeprägten Gesichtszüge zu einem ernsthafteren Ausdruck verzogen. Automatisch wich das Lächeln auch von seinen Lippen. "Stimmt es...? Dass man dich nächstes Jahr nach Japan schicken wird?", eine scheinbar beiläufige Frage, jedoch sprachen diese eisblaue Augen unhörbare Bände - mit nur einem Blick. Den Blick, den niemand sonst so gut zu lesen vermochte, wie Kai es tat und er wusste, seine eigenen Augen waren nicht länger ein Buch mit sieben Siegeln für Tala, so wie sie es immer noch für alle anderen waren. Er nickte. "Ja..." Der Grund war nicht mal Kai wirklich bekannt – Biovolt weihte Leute ungern in ihre Machenschaften ein, nicht mal oder gerade nicht die, die diese Machenschaften ausführten. Tala lehnte sich mit der Schulter seitlich an dieselbe Mauer neben ihn, hier war es eine ruhigen Ecke weit entfernt von allen anderen, weil sie beide eigentlich keine Gesellschaft außer die des jeweils anderen - und ab und zu der ihrer Teamkameraden - mochten. "Für wie lange?" Kai zuckte ratlos die Schultern. "Weiß nicht..." Ihm behagte es nicht wirklich... Sein Großvater heckte doch sicherlich wieder was Kranken aus, dieser Größenwahnsinnige... Auch wenn das Leben hier gewiss kein Zuckerschlecken war, würde sich Kai dennoch nie darüber beschweren, nicht solange Tala da war. Sie waren in vielen Aspekten ähnlich, und wahrscheinlich in mindestens genauso vielen unterschiedlich. Doch sie harmonierten gut – in der Beyarena und außerhalb von ihr. Sie waren ein gutes Team, ihre Einsätze stets von perfektem Erfolg gekrönt. Deswegen hielt Voltaire große Stücke auf sie. Deswegen verzieh Balkov ihnen die kleinen Späße, die sie ab und an mit ihm trieben. Deswegen respektierten und fürchteten sie alle anderen Kids hier. Eine Weile standen sie schweigend da. "Es wird hier sicherlich langweilig und einsam werden, so ohne dich," ließ Tala dann leise, irgendwie nachdenklich verlauten. Kai schielte zu ihm, und irgendwie beschleunigte sein Herzschlag ein ganz kleines Bisschen. "Ist ja erst nächstes Jahr...", warum seine Stimme schon fast ein Flüstern war, wusste er nicht genau. Sie hatten noch gut elf Monate. Doch auf einmal schien es gar nicht so lang zu sein, wie es sich anhörte... Elf Monate waren so wenig... er wollte mehr Zeit haben. Hier, mit Tala. Er wollte nicht, dass sich irgendetwas änderte... Er wollte nicht von ihm weg... Fühlte der Andere genauso...? "Trotzdem...", auch Talas Stimme war abgesunken und er schaute kurz rüber. Einmal mehr kreuzten sich ihre Blicke, einmal mehr setzte Kais Herz aus. Er hielt dem nicht stand, senkte seine rubinroten Augen und versuchte, durchzuatmen. So viele Jahre zusammen, Freunde, Seite an Seite. Sie kannten einander in- und auswendig. Was sollte er tun, wenn Tala plötzlich nicht mehr da sein würde? Wer würde hinter ihm stehen, immer und überall? Mit wem könnte er dann reden, über alles und nichts, mit wem Spaß haben und gelegentlich Blödsinn anstellen? Er konnte nicht- Dranzers Meister fuhr zusammen, als er weiche Fingerspitzen unter seinem Kinn spürte. Mit behutsam ausgeübtem Druck verleiteten sie ihn dazu, den Kopf zu heben. Und da waren sie auch schon... diese Augen, kristallklar wie der Himmel und genauso endlos und unergründlich. Sie erzählten von kleinen Geheimnissen, von Seiten, die er an Tala, trotz der vielen Jahre Freundschaft, vielleicht noch gar nicht kannte... Jene Hände hatten ihn noch nie auf diese Weise berührt. Jene Augen hatten ihn noch nie auf diese Weise angesehen. Etwas zog in seiner Brust, stärker und stärker, das Atmen fiel auf einmal ein wenig schwerer. Er hatte fast das Gefühl zu ersticken an... etwas, doch es war etwas... Schönes. Etwas Seltsames, und doch war es... warm. Einladend. Ungefähr so einladend wie jene Lippen, die noch nie so anziehend rot gewesen waren... Alles andere passierte schnell. Tala beugte sich vor und plötzlich waren diese einen Lippen an die seinigen gepresst. Eine Sekunde, in der sich alles veränderte. "Von da an... war es ein sehr schönes Jahr gewesen, auch wenn wir unsere Beziehung verdeckt halten mussten. Und dann..." Dann begann diese ganze Folter, ins Rollen gesetzt von seinem heißgehassten Großvater. Diese Teufelsspirale, die ihn und Tala in die tiefsten Tiefen der Unterwelt geschleudert hatte."Ich ging nach Japan, traf euch... irgendwann kam auch Tala nach. Das Desaster mit Black Dranzer..." Kais erste Rückkehr zu Biovolt. Sein erstes, damals noch freudiges Wiedersehen mit Tala. Da hatte er zum ersten Mal erfahren, was man seinen Freunden – insbesondere aber seinem Liebhaber – angetan hatte. Sie hatten sich, nachdem Kai nach Japan gegangen war, ein paar Jahre nicht gesehen und in diesen paar Jahren hatte Biovolt aus seinen früheren Teamkollegen Killermaschinen gemacht und aus Tala... einen halben Cyborg. Es folgte ein absolutes Gefühlswirrwarr, hin und her gerissen zwischen seiner alten und seiner neuen Heimat fand der Phönix nach der Episode am Baikalsee letztendliche zurück zu den Bladebreakers. Tala blieb zurück, bereits halb wahnsinnig, teils wegen dem Verlust seines Partners, teils wegen all dem, was Biovolt im Verlauf ihrer verrückten Experimente mit seiner Psyche und seinem Körper angestellt hatte. Cyber-Tala, hatten sie ihn genannt. Der finale Showdown mit Tyson führte zum ultimativen Kurzschluss und hatte dem Rotschopf fast das Leben gekostet. Danach war er und sein Team abgetaucht, genauso wie Biovolt. "Wir blieben zwar in Kontakt, aber wir sahen nicht viel voneinander." Briefe, E-Mails, ab und zu ein Telefonanruf. Tala verriet nie wirklich, wo er war und was er tat, aber natürlich hatte Kai ihm bedingungslos vertraut, wann auch immer er versprach, dass sie sich bald wiedersehen würden, sobald Tala und der Rest der Demoliton Boys sich wieder auf die Reihe gekriegt hatten. "Irgendwann tauchte er an meiner Türschwelle auf, einfach so..." Kai war glücklich gewesen, unglaublich glücklich. Tala hatte gut ausgesehen, gesund, was auch immer er getrieben hatte, schien ihm gut getan zu haben. Nach so langer Zeit waren er und Tala wieder vereint, schlossen sich auch prompt, Bryan mit eingeschlossen, zu dem Tag Team zusammen, der an der Weltmeisterschaft teilgenommen hatte, auch wenn es für Tyson ein schwerer Schlag gewesen war, die Bladebreakers auseinander fallen zu sehen. Erst Ray und Max, und dann hatte Kai ihn auch noch verlassen... Die Weltmeisterschaft gestaltete sich spannend, zwar obsiegte Tyson - Daichi und Kenny an seiner Seite - letzten Endes, aber Kai hatte sich damals insgeheim sehr wenig um Siege und Niederlagen geschert, solange Tala da war, solange sie zusammen waren... Doch dann... "Dann kam die BEGA-Katastrophe..." Balkov war wieder aufgetaucht. Tala war wütend gewesen, eingenommen von Rachelust war er auf Konfrontation aus und hatte seine Teamkollegen felsenfest hinter sich, sie alle hatten nie vergessen können, was jener Mann ihnen alles angetan hatte. Trotz Kais Versuchen, ihn umzustimmen, marschierte Tala, zusammen mit den anderen Drei, ins BEGA-Hauptquartier ein, um Balkov und dessen neue Lieblinge herauszufordern. Für die Blitzkrieg Boys, wie sie damals hießen, endete es schlussendlich mit einer bitteren Niederlage und Tala selbst wurde fast zerfetzt, als Balkov tief in die schmutzige Trickkiste griff. Er hätte es doch besser wissen müssen... Kai hatte ihn doch gewarnt... Biovolt kannte kein Fair Play, und es hatte Tala geradewegs ins Koma geschickt. Einmal mehr hatte diese verfluchte Organisation ihn fast umgebracht. Tyson erinnerte sich ebenfalls sehr gut daran... Als einen Beyblader hatte er Tala schon immer respektiert und damals hatte er BEGA Rache geschworen dafür, was sie ihm angetan hatten, nebst den immerwährenden Ziel, diese Organisation davon abzuhalten, alles und jedem auf dieser Welt das Leben schwerer zu machen, als es ohnehin schon war. Kai schloss sich dem Vorhaben und den Bladebreakers wieder an, doch sein spektakulärer Sieg über Brooklyn forderte einen hohen Preis - es hatte Dranzer in Scherben gelassen und Kai selbst beinahe auch. Tyson übernahm dann erfolgreich den Rest, und BEGA war letztendlich von der Bildfläche vertrieben worden. Nachdem der Rothaarige sich erholt hatte und aus dem Krankenbett war, hatten er und Kai sich einmal mehr voneinander verabschiedet. Tala hatte sich nicht der BBA anschließen wollen, hier gehörte er nicht hin - er hatte zurück nach Russland gewollt, Kai jedoch bestand darauf, in Japan bleiben zu wollen, bei seinem Team, bei den Bladebreakers. Schweren Herzens ließ er Tala ziehen, nachdem Wolborgs Bändiger ihm versprochen hatte, dass er und die Blitzkrieg Boys sich von Schwierigkeiten jeder Art fern halten würden. Doch dann... "Und dann kam der größte Schocker überhaupt..." Biovolt tauchte letztes Jahr erneut auf und Kai traute kaum seinen Augen, als er Tala einmal mehr an Balkovs und Voltaires Seite erblickt hatte. "Ich konnte es nicht verstehen... Ich musste wissen, warum..." Tala hasste Biovolt, Balkov und Voltaire doch genauso wie Kai... Warum also, warum war er zu ihnen zurückgekehrt? Warum konnte er sich nicht losreißen, so wie Kai selbst sich losgerissen hatte... Das alles beschäftigte Kai bei Biovolts drittem Auftauchen und er hielt damals noch an der Idee fest, seinen langjährigen Freund und Geliebten aus den Klauen jener verfluchten Organisation zu reißen. Für immer. "Deswegen hast du vorletzte Weltmeisterschaft die Seiten gewechselt?", fragte Tyson sanft nach. Jetzt verstand er es um einiges besser... Sicher, sie waren wütend auf Kai gewesen und hatten von vielen Seiten heftige Kritik eingesteckt, sie sollen es doch endlich mit ihm, diesem ewigen Überläufen, aufgeben. Doch sie hatten trotzdem an ihn geglaubt... denn auch wenn Kai ging, aus Gründen, die er nie wirklich mit ihnen teilte, so kam er doch immer wieder zu ihnen zurück, so auch vor einem Jahr. Er stand am Ende einmal mehr an der Seite der Bladebreakers, gegen Biovolt, gegen Tala und wenn alles vorbei, gesagt und getan gewesen war, hatten sie ihn einmal mehr mit offenen Armen zurück empfangen. So wie sie es immer tun würden... Es war egal, was die ganze Welt dachte. Sie waren immer noch ein Team und er war ihr Kapitän, und er würde es auch immer bleiben. "Ja...", gab Kai indes leise zu. "Ich musste es einfach versuchen. Ich musste ihn sehen, musste ihn fragen..." Die Gründe herausfinden. Ihn an der Hand greifen, und von dem Teufel in Menschengestalt wegführen. "Das war ich mir selbst, uns beiden, schuldig." Er hatte Tala nicht aufgeben wollen. Nicht aufgeben können. "Doch es kam alles so viel anders... Wir sind so heftig aneinander geraten..." So heftig wie noch nie. So hatten sie sich noch nie gestritten, so hatten sie sich noch nie verletzt. Vielleicht hatten sie beide einfach nur ihre Grenzen erreicht, nach so vielen Jahren des qualvollen Hin und Hers. "Und er ist trotzdem dort geblieben." Tala hatte trotzdem einmal mehr zusammen mit Biovolt, zusammen mit seinem Team, die Niederlage hingenommen. Er hatte sich trotzdem für es und gegen Kai entschieden. "Er... ich weiß bis heute nicht warum, aber er ging mit Biovolt unter." "Wenn du mich wirklich liebst, Tala, dann komm zu uns. Bleib hier bei uns, bleib bei mir." "Und wenn du mich wirklich liebst, Kai, dann kehre mit uns zurück. Komm zurück zu uns. Zu mir." So war das Ende gewesen. Keiner von ihnen hatte nachgegeben, beide hatten ein Team, dass sie nicht verlassen wollten oder konnten. Und im Endeffekt... verloren sie alles, was sie zusammen gehabt hatten. "Ich entschied mich, wieder zu euch zu kehren und nie mehr zurückzublicken. Ich habe gedacht, vielleicht sogar gehofft, Tala nie wieder zu sehen." Den Schluss zu ziehen, für immer. Natürlich hatte es weh getan, aber das darauffolgende Jahr, friedlich und ruhig wie es gewesen war, das harmonische Zusammensein mit seinen Freunden, hatte den Schmerz nach und nach verblassen lassen. Sie gewannen die Meisterschaft, die erste, die ohne böse und dramatische Zwischenfälle von statten gegangen war. Und dann... dann, als er Kai seine Gefühle offenbarte, hatte Tyson ihm so vollkommen überraschend auch noch eine Chance auf das ganz persönliche Glück geschenkt. Es hatte sich so sehr wie ein Neuanfang angefühlt, als ob es endlich steil bergauf ging, als ob er endlich von all der seelischen Agonie seiner Vergangenheit, seiner kaputten ersten Liebe, loskam... Doch jetzt... "Jetzt sieht es aber so aus, als habe Tala da andere Pläne." Warum, Jurij? Warum jetzt? Kannst du nicht loslassen...? Kann ich es? "Sieht so aus...", pflichtete Tyson eher geistesabwesend bei. Kai und Tala hatten eine lange Vergangenheit zusammen... eine sehr emotionelle, eine sehr verworrene, sehr verbindende Vergangenheit. Doch... Das hatten er und Kai auch. Sie beide waren auch durch Feuer und Flammen gegangen, sowohl zu zweit als auch alle zusammen als Team. Er würde seinen Phönix nie so einfach aufgeben. Besonders nicht an alte Dämonen aus Kais Vergangenheit. Für einen Moment kehrte Stille ein und der lebensspendende Muskel in Tysons Brust raste, raste, raste... Je mehr, je länger er nachdachte, über alles was er gehört hatte, über alles, was passiert war und über alles, was er fühlte, desto chaotischer wurde es in seinem Inneren, in seinem Herzen. Schlaf rückte weiter und weiter weg und eins noch... eins noch, musste raus. "Wenn du mit Tala zusammen warst..." Kai horchte auf, als Tysons besorgtes, beinahe schon furchtsames Wispern erklang - ein sicherer Auslöseimpuls für den charakteristischen Beschützerinstinkt und so fuhren seine feingliedrigen Finger fast automatisch durch das nachblaue Haar, lindernd und beruhigend. "...hast du auch so gefühlt? Diese Angst, diese... Unruhe? War es für dich auch so unerträglich, daran zu denken, dass du ihn verlieren könntest?" Konnte Kai es verstehen? Wie es sich anfühlte? Wie es war, an dieser einen Schreckensvorstellung zu vergehen? Höchstwahrscheinlich ja, höchstwahrscheinlich verstand er das und noch viel mehr. Mehr, als Tyson je erfahren wollen würde... Er atmete tief durch. "Ich weiß nicht, was ich tun würde... wenn wir-... Wenn ich dich-" "Shhh," Kais Daumen legte sich gegen die samtigen Lippen, während seine Handfläche sich an jene weiche Wange schmiegte. "Das wird nicht passieren, Tyson." Natürlich kannte Kai diese Angst, diese Furcht, diese Unruhe. Er hatte es selbst erlebt und er hatte auch das erlebt, von dem er wünschte, dass Tyson es nie erleben würde. Was er ihn nie erleben lassen würde: wenn diese Ängste und Befürchtungen wahr wurden. Doch nein, nicht dieses Mal. Davon wollte, und konnte Kai den Anderen beschützen. Tyson würde mit ihm nicht das passieren, was Kai mit Tala passiert war. Irgendwo schürte es seine Wut auf seinen Ex. Nicht, weil dieser Kai selbst verletzt hatte, nein... vielmehr weil er dadurch Tyson verletzt hatte. Das konnte der sonst so beherrschte Phoenix viel weniger breitwillig verzeihen, als all den eigenen Schmerz. Und eigentlich war das ein eindeutiges Zeichen, nicht wahr... Er fühlte, wie der schmalere Körper sich fester an ihn presste, wie Tysons Lippen sich gegen seinen Daumen bewegten, als sie eine kaum hörbare Frage formten: "Was geschieht mit mir...?" So hatte er noch nie gefühlt und es war... einschüchternd. Kai sagte nichts. Er strich nur seinen Daumen über jene süßen Lippen und verschloss sie einen Augenblick später zärtlich und doch bestimmt mit den eigenen. Was sollte er ihm auch antworten? Dass er verliebt war? Dass Kai ihm – ohne sein eigenes Wissen – komplett den Kopf verdreht hatte? Dass dies wirklich das war, was man Liebe nannte? Keine flüchtige Schwärmerei, kein pubertäres Anhimmeln, nein, dies war echt. Echte Liebe, die, die schmerzvoll war, die verwirrend, beängstigend, ja gar furchterregend war... und gleichzeitig doch schöner, als irgendetwas auf der ganzen, weiten Welt es je sein könnte. Die Glück bringen konnte, wie man es nie zuvor gespürt hatte. Die Vollkommenheit einer Art anbot, die man nicht für existent gehalten hatte. Ja, Kai hatte es schon mal erlebt. Diese absolute Vernarrtheit, diese bitter-süße Qual, wenn das Zusammensein so wundervoll war, dass einem das Verlassenwerden in Angst und Schrecken versetzte. Viele erlebten diese eine Liebe nur einmal im Leben und waren entweder glücklich genug, sie einzufangen und zu behalten, oder verdammt dazu, ihr ewig nachzutrauern. Eine zweite Chance kriegten die Wenigsten. War Tyson... Kais zweite Chance? Er vertiefte den Kuss, spürte die verwirrte Verzweiflung am anderen Ende nur zu deutlich. Er kannte diesen Druck, den Tyson gerade in seiner Brust anschwellen spüren musste. Diesen wahnsinnigen Drang näher zu sein, fester zu halten und fester gehalten zu werden, diesen von Liebe und Angst und Verlangen entfachten Hunger, die Not, einen gemeinsamen Moment auszuleben, als wäre es der letzte. Dieser Kuss schrie jene unausgesprochenen Worte förmlich raus. Unhörbar, und doch so laut und so klar... Ich liebe dich. Irgendwann würden sie erhallen. Und sobald sein Herz die schweren Ketten der Vergangenheit um es herum endlich gesprengt hatte, würde er sie wirklich, aufrichtig zurückgeben können. ~~~ Ein paar Anmerkungen zu dem kleinen Stück Rekapitulation. Die Ereignisse um Tala/Kai und Biovolt/BEGA von Staffel 1 bis Staffel 3 durch sind natürlich sehr viel umfangreicher und verworrener, als meine kurze Zusammenfassung via Kais und Tysons Erinnerung, ich hab einfach nur die wichtigsten und relevantesten Punkte herausgepickt und auch vieles mit Eigeninterpretationen verflochten, schließlich sollte es keine ellenlange Nacherzählung des Anime werden. Vielmehr sollte es einfach nur logische und nachvollziehbare Brücken zu dem eigentlichen Storygeschehen bauen. Wer möchte, kann sich trotzdem gerne die sehr schön ausführlichen Beyblade-Episodenzusammenfassungen bei English-Wiki anschauen (das habe ich selbst getan) oder einfach nur darauf bauen, dass ich weiß, was ich da schreibe *lach* Falls einem doch irgendwo grobe Unstimmigkeiten auffallen oder essentielle Fragen offen sind, ab ins Kommi oder ENS damit, ich werde sie nach bestem Wissen und Gewissen beantworten (soweit die Antwort nicht später in der Geschichte auftauchen wird). Dabei würde ich darum bitten, sich doch nicht zu sehr in die klitzekleinesten Details zu verbeißen, denn letztendlich liegt der Fokus der Geschichte nicht darin, perfekte 100% mit dem Anime übereinzustimmen sondern ganz wo anders =3 Das ganze Stück mit Biovolts drittem Auftauchen ist natürlich frei von mir erfunden, ist nach G-Revolution passiert und sofern mein zu gestalten und auszubauen, wie es mir passt (yay!). Ich hab's an die Animegeschehnisse getackert unter anderem auch um die Jungs in einer plausiblen Art und Weise ein bisschen älter zu machen, denn sie rangierten in G-Revolution zwischen 14 und 17 und das war mir dann doch zu jung. Nun denn, genug gequatscht! Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen gehabt, Kommentare, Meinungen und Anregungen sind natürlich immer sehr willkommen und wir sehen uns dann im nächsten Kapitel! Kapitel 18: Knockin' on Hell's Door ----------------------------------- Kapitel 18 Knocking on Hell's Door Dass der Großteil von ihnen keinen ruhigen oder allzu erholsamen Schlaf gehabt hatte, sah man der Gruppe Menschen in dem Konferenzraum des mehrstöckigen BBA Gebäudes recht schnell an. Am Kopf des riesigen Tisches hatte Mister Dickenson Platz genommen, unmittelbar rechts von ihm Kai und die Reihenfolge setzte sich fort mit Tyson, Max, Kenny und einigen weiteren Mitgliedern der BBA Organisation. Links von dem rundlichen Mann saß Lee, sein Gesicht eine eher düstere Maske aus Besorgnis und klarer Verstimmung, seine pinkhaarige Schwester neben ihm wirkte eher verzweifelt und bestürzt. Weiter folgten überwiegend Polizeibeamte, denn mittlerweile wurde von einer Entführung ausgegangen, anders ließ sich Rays abruptes Verschwinden nicht erklären und auch die Fakten implizierten dies ziemlich stark. "Sie schlagen doch nicht ernsthaft vor, dass wir einfach nur rumsitzen und nichts tun?", das war Lees Stimme gewesen, und der Kapitän der White Tigers klang alles andere als glücklich. "Momentan können wir nicht viel anderes tun, Mister Wong," die Aussage kam von dem Kriminalbeamten, der vor seinem Notizblock aufsah, die Blätter davon bereits vollgekritzelt mit verschiedenen Aussagen und Details, die er für seine Ermittlungen als wichtig ansah. "Ohne Hinweise suchen wir hier die Nadel im Heuhaufen - unsere beste Chance ist es, auf Kontaktaufnahme und Forderungen von der Entführerseite zu warten." "Falls sie überhaupt welche stellen werden," konterte Lee barsch und wendete sich dem BBA Vorsitzenden zu. "Mr. Dickenson, Sie können sich doch denken, wer dahintersteckt! Wo Tala ist, ist auch Biovolt nicht weit, da haben wir wohl schon die Richtung, in der wir suchen müssen!" Angesprochener tupfte sich abermals an diesem Morgen seine kahle Stirn ab. "Schon, schon. Wir haben auch Kontakt zu unseren Zweigstellen in Russland aufgenommen, aber die Abtei existiert schon lange nicht mehr und auch sonst wurden nie irgendwelche außergewöhnlichen Aktivitäten in Verbindung mit Beybladen bemerkt. Wenn es wirklich Biovolt ist, könnten sie überall sein." Nach dieser Aussage schlug Lee aus purer Frustration heraus mit der Faust auf die Tischplatte, was Mariah zum Aufzucken brachte, bevor ihr Bruder sich im Stuhl zurückfallen ließ, die Arme vor der Brust verkreuzt. Der Kriminalbeamte tippte sich indes nachdenklich ans Kinn. "Die gesamte Vorgeschichte zeigt immer wieder auf, dass diese sogenannten... Bitbeasts im unmittelbaren Fokus jener Organisation zu stehen scheinen. Mister Kon besitzt meines Wissens nach ebenfalls eins dieser... Wesen?" Tyson gab ein zustimmendes Nicken von sich. "Ja, Driger." "Und ist dieses... Driger-Wesen in irgendeiner Weise besonders?" Der Blauhaarige legte die Stirn in Falten. "Nicht, dass ich wüsste...", er blickte kurz zu Mariah, die nur hilflos den Kopf schüttelte. Soweit sie wusste, war Driger genauso ein Bitbeast, wie jedes andere und letztendlich war ein jedes Bitbeast nur so stark, wie sein Meister. Ray gehörte zweifelsohne mit zu den Besten, doch konnte es wirklich der Grund sein? "Sie müssen verstehen, ich versuche, ein Motiv zu finden, denn wenn eins bekannt ist, kann es die Ermittlungen erleichtern. All ihren Aussagen nach war Mister Hiwatari der Erste, der dem vermeidlichen Entführer begegnet ist. Mister Granger und Mister Kon kamen nach, wenig später verließen Mister Hiwatari und Mister Granger den Saal aufgrund eines Missverständnisses wieder." Das 'Missverständnis' war dem Kripobeamten durchaus bekannt, aber auf eine Bitte hin hielt er davon ab, alle Details an die große Glocke zu hängen. "Seitdem hat niemand mehr Mister Kon gesehen. Das alles hat eine sehr hohe... Willkür- und Zufallsquote. Wenn es ein Plan war, war dieser entweder sehr gewitzt, sehr wagemutig oder überhaupt nicht vorhanden." Lee verengte die Augen. "Es würde mich sowieso interessieren, warum sie nicht einfach Kai mitgenommen haben. Schließlich war er mit Tala allein, bevor Tyson und Ray auftauchten," die dunklen Augen des White Tigers Kapitäns bohrten sich in die rubinroten ihm gegenüber, die sofort bedrohlich aufblitzten. "Was willst du damit sagen?" hackte der junge Russe scharf nach, auch wenn er wusste, dass der angedeutete Verdacht durchaus legitim war. Er war mit Tala allein, mehr noch, er war mehr oder weniger absolut überrumpelt gewesen; es wäre ein Leichtes für den Rotschopf gewesen, ihn auszuschalten und wohin auch immer mitzuschleppen. Was hat Tala davon abgehalten? "Du hast mich schon verstanden," entgegnete Lee währenddes trocken. "Es würde mich auch nicht wundern, wenn du mit denen unter einer Decke steckst." Tysons Augen weiteten sich, Kais hingegen verengten sich fast zu Schlitzen. Seine Gesichtszüge froren in einer finsteren Maske ein, Körper angespannt. "Was hast du gesagt, du Made?" Die Tonlage war kalt und nachdrücklich, von einer Sekunde auf die andere war die Luft unangenehm negativ geladen. "Es ist dein verdammtes Ex-Team!", fauchte der dunkelhaarige Blader ihm entgegen. "Und schließlich rennst du jedesmal auch sofort zu ihnen zurück, wann auch immer sie wieder aufkreuzen!" "Du kleines-!" "Kai, nicht!" Es war Tysons Hand, die rasch um seinen Oberarm griff und den Teamleader davon abhielt, aus seinem Sitz hochzuschnellen, um dann höchstwahrscheinlich quer über den Tisch nach Lees Kragen zu langen. Besagter Blader war gänzlich aufgesprungen, Mariah mit ihm. "Hört auf!", hallte ihre verzweifelte Stimme im Raum wieder, als einer ihrer Arme um die Brust ihrer Bruders griff, ihn zurückhaltend. "Hört auf, euch zu streiten! Lee, bitte!" Kai knurrte gefährlich, erlaubte es seinem Freund jedoch, ihn zurück in den Sessel zu ziehen, Lee seinerseits bedachte den Phönix mit einem vernichtenden Blick. "Jungs, bitte, beruhigt euch!", appellierte auch Mr. Dickenson an die erhitzten Gemüter. "Wir werden Ray finden, das verspreche ich euch, aber es gibt keinen Grund, aufeinander loszugehen." Vielleicht war es besser, diese Versammlung langsam aufzulösen. Sie hatte schon gut ein paar Stunden gedauert und drehte sich nunmehr nur noch im Kreise, was alle Anwesenden unnötig belastete. Lee und Kai trugen immer noch ein Starrduell aus, Tyson sah ziemlich unbeholfen aus und auch der Rest der Bladebreakers erschien viel bedrückter, als zuvor. Es hatte ja so kommen müssen... würde sich ihr Kapitän denn nie davon reinwaschen können, was Jahre über Jahre zurück lag? Sie glaubten an ihn, so felsenfest wie immer... doch was war mit dem Rest der Welt? Mariah standen die Tränen in den Augen und sie kaute verstört auf ihrer Unterlippe herum, die Sorge, die Aufregung und kaum Schlaf überbeanspruchten ihre Nerven gerade gehörig und sie wusste, Lee hatte es nicht wirklich böse gemeint. Er war einfach nur genauso überstrapaziert, wie sie – es zeigte sich nur auf eine vollkommen andere Art und Weise. Als ihr Bruder sie dann in den Arm nahm, brach sie letztendlich in leises Weinen aus, die zerbrechlichen Schultern erschüttert von milden, unterdrückten Schluchzern. Sie hatte so wahnsinnige Angst um Ray... allein die Erinnerung an seinen damaligen Beykampf mit Bryan, nachdem er, übersät mit Schnittwunden, auf einer Transportliege aus dem Beystadium gerollt wurde... Und die Schreckgeschichte mit Talas Cyberisierung war ihr ebenfalls bekannt... Wenn es wirklich Biovolt war, die Ray in ihren Fängen hatten, vermochte wohl keiner zu sagen, was sie ihm alles antun konnten... Sie hatte solche Angst. "Vielleicht wäre es besser, wenn für den Moment alle wieder heimkehren und sich etwas ausruhen," steuerte auch der Kriminalpolizist zu Situationsentladung bei. "Wir werden alle weiteren, nötigen Schritte einleiten und melden uns sofort, wenn wir etwas Neues rausfinden. Sollte jemand von ihnen etwas hören oder sollte jemandem von ihnen irgendetwas einfallen, melden Sie sich bitten umgehend bei uns," damit deutete er auf die kleinen Visitenkärtchen, die neben den Wassergläsern an jedem Platz lagen. Kai stand als erster auf, die Tür im Visier würdigte er niemanden mehr eines Blickes, als er rasch auf den Ausgang zusteuerte. Er musste hier raus und sich abreagieren, vor allem musste er Distanz zwischen sich und Lee bringen, bevor er es sich anders überlegen und ihm doch eine reinhauen würde. Natürlich... natürlich waren diese Vorwürfe nicht unbegründet, und vielleicht machte es Kai nur umso wütender. Er würde nie von diesen Erinnerungen wegkommen, nicht wahr? Sogar wenn Tala nicht da war, schaffte er es immer wieder, in sein Leben einzugreifen. Es war bitter... Es tat weh. Tyson schnappte sich das kleine, rechteckige Stück Papier mit der Nummer des Ermittlungsbeamten vom Tisch und hastete dem Älteren hinterher, versäumte es aber nicht, im Vorbeigehen Max und dann Kenny an der Schulter zu tätscheln. Diese waren kaum später ebenfalls auf den Beinen, auf dem Weg raus aus dem Raum. Kai entdeckte der Mannschaftwirbelwind dennoch nicht mehr im Gang, sich fragend, wohin der junge Russe so schnell verschwunden war. Statt dem Lift hatte Kai die Treppen genommen, um diese in einem lockeren Schritt rauf zu joggen, alle 32 Stockwerke hoch zum Dach. Eine Methode, die ihm immer half, sich ein wenig abzureagieren – sportliche Aktivität, egal, welcher Art. Seine körperliche Verfassung und Kondition waren top, deswegen schaffte er es ohne größere Anstrengung bis nach oben. Sein Atem ging schwer, doch das würde sich bald legen, und während er die Tür vor sich aufstieß, wischte er sich mit dem handschuhbedeckten Handrücken den dünnen Schweißfilm von der Stirn. Die Sonne war noch nicht allzu hoch am Himmelszelt, was die Umgebung in ein mildes Morgenlicht tauchte, die Luft war frisch und der sanfte Wind fühlte sich sehr angenehm auf der erhitzten Haut an. Das Dachplateau war umringt von einer kniehohen Randabgrenzung, ansonsten war nichts auf dem grauen Beton, auf dem Kai ein paar Schritte vorwärts machte, um dann den Blick umherschweifen zu lassen. "Es ist dein verdammtes Ex-Team!" Ja... Ja, das war es. Sein wortwörtlich verdammtes Ex-Team. Was wollten sie nur? Und warum ausgerechnet Ray? Absicht? Zufall? Irgendein verdrehtes, teuflisches Schemata? "Es würde mich sowieso interessieren, warum sie nicht einfach Kai mitgenommen haben." Ehrlich gesagt interessierte Kai das auch. War es zweckorientiert gewesen? Damit Zweifel an Kais Loyalität gesät wurden, damit andere anfingen, ihn schief anzublicken und sich zu fragen, ob er diesmal wohl auch den Rückfalltäter spielen würde...? Ja, das passte zu Balkov oder seinem Großvater, falls wirklich beide oder einer von ihnen hinter all dem steckte. Er seufzte. Dies würde ihm noch viel Kopfzerbrechen bereiten, das wusste er jetzt schon... Die nächsten zehn, zwanzig Minuten vergingen unmerkbar für ihn. In eine Vorstellungswelt eingetaucht, schlich die Zeit behäbig an ihm vorbei, die Ruhe und die Stille hier oben waren wie Dünger für Gedankengut; Ideen, Vermutungen und Vorahnungen, die meisten davon nicht gerade schön, sprossen bereitwillig aus den Tiefen des Bewusstseins. So bemerkte er auch nicht, wie aus der Tür hinter ihm eine wohlbekannte Gestalt austrat, zumindest nicht, bis selbige Gestalt ihre Stimme hob. "Ах вот ты где," sprach Tyson durch ein Grinsen aus. Die Phrase hatte er sich, wie so manch eine andere, beim gemeinsamen Schauen russischsprachiger Filme – selbstverständlich noch mit Untertitel – gedanklich notiert und sie passte gut zur Situation, warum also nicht das Gelernte mal anwenden. Das entlockte Kai ein ausgelassenes Auflachen, als er sich zu dem Jüngeren umdrehte. Tyson hatte einen absolut niedlichen Akzent, wenn er versuchte, Russisch zu sprechen, wobei er aus den meisten alleinstehenden oder aufeinanderfolgenden Konsonanten instinktiv Silben bilden musste und so manche russische Laute, die es im Japanischen zum Teil auch gar nicht gab, in der Aussprache lieblich verkorkste. Es war immer noch ein kleines Kunststück, ihn zu verstehen, doch er machte gute Fortschritte, was sehr erfreute. "Кто ищет, тот всегда найдёт," antwortete er amüsiert, während der Andere näher trat und neben ihn stehen blieb. "Heißt?" "Wer suchet, der findet," versorgte er seinen kleinen Lehrling auf dessen Frage hin mit der Übersetzung des Idioms und verbrachte die nächsten paar Minuten auf Tysons Bitte hin damit, die Redensart und einzelne Wörter daraus klar und langsam zu wiederholen, bis der Blauhaarige eine relativ akzeptable Aussprache des Satzes hinbekommen hatte – ein ziemlich spaßiges Unterfangen, für sie beide. Das allein stehende, scharfe 't' rollte von Tysons Zunge einfach nicht ohne einen Hauch von 'o' und 'e' hintendran, wenn er's nicht gerade mal ganz verschluckte. Wieso mussten auch so viele russische Worte damit enden? Und dann noch dieser Unterschied zwischen weich- und scharfgesprochenen Konsonanten, da wurde es für den gebürtigen Japaner überhaupt ein Zungenbrecher. Wann man noch so tolle Laute wie 'ы' und die für ihn kaum zu unterscheidenden 'ш' und 'щ' reinwarf, dann... Na ja. Er versuchte trotzdem sein Bestes und letztendlich war das Beste, was er aus "Kto ischet, tot vsegda naidjot" machen konnte, so was wie "Kuto ischite, too useguda naideyoto." Woraufhin Kai skeptisch meinte, der zweite Teil des letzten Wortes höre sich sehr nach 'idioto' an und deswegen waren sie beide gerade herzhaft am Lachen. Mittlerweile hatten sie auch in einer Position zusammengefunden, die sie als Paar anscheinend favorisierten: irgendwann im Laufe des Gesprächs hatte Kai seinen Freund zu sich gezogen, oder eher gesagt vor sich, um seine Arme von hinten um dessen schlanke Taille zu schließen und Tyson schön fest und nah bei sich zu halten. Somit spürte er auch die leichten, durchs Lachen ausgelösten Vibrationen, die durch den gut gebauten Körper des Jüngeren gingen und auch das leichte Anspannen der Bauchmuskeln, als er den Oberkörper dank all demselben Lachen etwas nach vorne beugte. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, lehnte Tyson sich auch sogleich wieder gegen seinen Phönix zurück, legte dann den Kopf in den Nacken und somit auch auf Kais Schulter. Der kleine Größenunterschied zwischen ihnen schien hier auch perfekt zu passen. "Geht's dir wieder besser?", fragte er nach dem ganzen Spaß mit einer eher ernsten auch wenn distinkt sanften Note. Kai drehte leicht den Kopf und blickte in besinnliche, rehbraune Augen, die den seinigen so nahe waren. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, die kurz darauf Tysons Stirn streiften. "Ja," eine simple Antwort, die nicht wirklich viel verriet - ganz Kai, eben. Tyson ließ eine seiner Hände über Kais Armen, die um ihn lagen, ruhen und hob die zweite, um mit den Fingerspitzen sachte über die Wange des Älteren zu streicheln. "Denk einfach nicht zu viel darüber nach... Bestürzt oder nicht, er hatte kein Recht, das zu sagen." Tyson selbst versuchte ebenfalls, sich Lees Aussagen nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen. Wenn er sie damals gehört hätte, wären ihm jetzt sicherlich Rays Worte in den Sinn gekommen... "Ihr seid jetzt zusammen, das heißt, egal was passiert, auch wenn es nur einen von euch betrifft, wird es Auswirkungen auf euch Beide haben." Sicherlich traf es ihn immer, wenn jemand seine Teamkollegen anging. Doch mit Kai war es mittlerweile anders... mit Kai war es, als ob sich dessen Stimmung direkt auf Tyson übertrug, ob positiv oder negativ, ob Freude oder Schmerz, ob Motivation oder Selbstzweifel, ob Vertrauen oder Missfallen. Er wunderte sich, ob es diese berühmte Verbindung war, die Partner mit der Zeit zueinander aufbauten... Die Fähigkeit, den Anderen zu spüren, instinktiv zu wissen, wie es um ihn stand, ohne großartig viele – oder gar keine – Worte zu brauchen. Von dem Teamchef war indes nur ein mildes "Hmm," zu hören. Ob Lee nun das Recht oder einfach nur Recht gehabt hatte, Tysons Worte taten trotzdem gut. Überhaupt, all das hier, das bloße Zusammensein, die Nähe, das Gespräch, hatten eine sehr lindernde Wirkung auf Kai. Es war schön, es war angenehm, es beruhigte. Die Finger an seiner Wange krochen ein Stück weiter, griffen letztendlich sanft um seinen Nacken und zogen ihn zu dem Jüngeren runter. Eine stumme, liebevolle Einladung, der er ohne zu Zögern folgte und Tysons Lippen zärtlich mit den eigenen einfing. Ein gemächlicher, bedachter Kuss, den sie beide vollends auskosteten, eingehüllt in das sanfte Gold der ersten kräftigen Sonnenstrahlen, die über ihre Silhouetten streiften, als ob liebkosten sie dieses sinnliche Bild von zwei vollkommen voneinander eingenommen Menschen, die für ein paar wundersame, heilsame Momente nichts außer dem jeweils anderen um sich herum wahrnahmen. Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, entkam Tyson ein wohliges Seufzen und er schloss kurz die Augen, sich gemütlich tiefer in die Umarmung einkuschelnd. "Ich hoffe, Ray geht's gut...", murmelte er und spürte, wie Kais Griff um ihn ein wenig fester wurde. Der Ältere drehte den Kopf und drückte einen sachten Kuss gegen die Schläfe seines Freunds. "Das hoffe ich auch...", antwortete er leise, den Blick in die Ferne zu der aufgehenden Sonne gerichtet. Zwar zweifelte Dranzers Meister nicht an der Tatsache, dass Mr. Dickenson und die BBA alles daran setzten würden, Ray zu finden, dennoch hielt ihm sein scharfer Verstand einen heranreifenden Plan vor, der ihn nachdenklich werden ließ. Er hatte Ray mehr oder minder in diesen Schlamassel rein gestoßen, demnach fühlte er sich für das, was seinem Teamkameraden passiert war, überaus verantwortlich - mehr noch, als er sich sowieso schon als Kapitän für jeden seiner jüngeren Teamkollegen verantwortlich fühlte. Es war ein Schuldbewusstsein, welches Lees Worte nicht gerade gemindert hatten. Davon abgesehen war der gebürtige Chinese natürlich auch ein langjähriger und enger Freund, den Kai so oder so nie im Stich lassen würde. Insofern... Hm. Er beschloss, noch eine Nacht darüber zu schlafen und wenn er sich wirklich dazu entschließen würde, seinen Plan in die Tat umzusetzen, würde er es wohl kaum jemandem sagen, denn solche Konzepte arbeitete Kai doch lieber alleine aus und ab. Nichtsdestotrotz gab es nunmehr einen Menschen, den er höchstwahrscheinlich dennoch einweihen wollen würde – und diesen Menschen hielt er gerade in seinen Armen. Es brachte ihn beinahe zu einem positiv resignierten Lächeln; positiv, weil die Resignation von der Seite der Unnachgiebigkeit, des Willen und des Stolzes, alles alleine schaffen zu wollen, kam. So fing Vertrauen an und ja, er vertraute seinem Drachen, auch darauf, dass dieser ihn problemlos verstehen und bereitwillig unterstützen würde. Immerhin, es war Tyson. Er würde alles tun und alles geben für das Wohl von Freunden und Familie... wie weit würde er dann gehen für den, den er liebte...? Wie viel opfern? Wie viel aufs Spiel setzten, wie viel überwinden, wie viel ertragen? Irgendwo hatte Kai das Gefühl... es würde mehr sein, als er selbst und Tala füreinander hatten geben, opfern, überwinden und ertragen können. Dennoch, es war nur ein Gefühl oder eher eine Hoffnung. Hoffnung darauf, dass diese Beziehung wirklich stärker sein konnte, als die, die ein Mal so schmerzvoll in seinen Händen zur Asche zerfallen war. Er wollte nicht noch einmal 'Ich liebe dich' sagen, 'Ich liebe dich' hören, wenn es ihn wieder durch so viel Agonie und Torturen jagen würde... Er wusste nicht, bei all seiner psychischen und physischen Festigkeit, ob er stark genug war, noch einmal eine ähnliche Katastrophe durchzuleben, durchzustehen, wie die mit Tala. Aber konnte es solch eine Sicherheit überhaupt geben...? Konnte das Vertrauen wirklich so weit repariert und gefestigt werden, dass es keine Angst, keine Zweifel mehr gab? War er überhaupt noch dazu in der Lage, jemanden so aufrichtig und bedingungslos zu lieben, wie er einst Tala geliebt hatte? Wenn zum schwankenden Vertrauen in die Liebe ein angeschlagenes Selbstvertrauen in die eigene Fähigkeit zum Lieben kam, gab es überhaupt noch Rettung? Konnte Tyson Kais Glauben daran wiederauferstehen lassen, ihn davon überzeugen, dass es sie gab - die Liebe, die für ewig hielt? Die nicht zu Bruch ging, die aufrichtige Versprechen nicht dazu zwang in Lügen und ins Leere zu laufen, die einen stark genug machte – die stark genug war – um alle Krisen zu überstehen? Die Antworten auf all diese Fragen wusste Kai nicht. Diese Antworten konnte wohl keiner wissen und auch keiner geben... Nur die Zeit. Die Zeit würde es zeigen. Im Moment versuchte er nicht zu viel daran zu denken, sondern sich mehr darauf zu konzentrieren, dass sie Ray wohlbehalten wieder kriegten. Er hoffte wirklich, dem goldäugigen Tigerjungen ging es gut... Nun, wie es Ray ging, konnte momentan wahrscheinlich nicht mal er selbst sagen. Als er wieder zu sich kam, war das erste, was er fühlte... Übelkeit, und ein sehr unangenehmes Ziehen in der Magengegend. Sein Körper war schlaff, geschwächt; es bedurfte gewisser Anstrengungen, die Muskeln zum Kontrahieren und seine Gliedmaßen somit zum Bewegen zu bringen. Keine Sekunde später wurde er sich dessen bewusst, dass er in besagten Bewegungen eingeschränkt war: seine Arme waren hinter seinem Rücken an den Handgelenken mit etwas kaltem, festem zusammengehalten. Handschellen...? Die Erinnerungen kamen schlagartig wieder. Die vermummte Gestalt und ihr Teamleader, der ihr hinterherjagte. Tala und Kai, sich küssend, Tysons erschütterte Reaktion. Seine eigene Konfrontation mit dem rothaarigen Russen, dessen Worte, der Schlag – erst der, den er ausgeteilt und dann der, den er eingesteckt hatte. Danach... nur noch schwarz. Der Bastard hatte ihn doch tatsächlich ausgeknockt. Das verwunderliche daran war, dass solch ein Schlag normalerweise gar nicht in einem Knock-Out hätte resultieren sollen, angesichts Rays Training und ausgezeichneter körperlicher Verfassung. Tala war... anders. Hinter seinem Angriff hatte eine beinahe unmenschliche Kraft und Präzision gesteckt, wenn er wirklich drüber nachdachte, war es fast schon... beängstigend. Doch das mal außen vor, die Frage, die ihn gerade viel mehr beschäftigte war: Wo war er jetzt? Rays Augenlider flatterten zögerlich auseinander, wo auch immer er war, die Lichtverhältnisse hier waren spärlich, es herrschte Halbdunkelheit und er hatte den Sinneseindruck der Fortbewegung, nur dass es natürlich nicht seine Beine waren, die ihn vorantrugen. Zuerst sah er nur verschwommenes, teilweise schwärzliches Grau, doch die Bilder wurden zunehmend klarer. Sein Gehirn war schnell darin, die bekannten Empfindungen zusammenzufügen: er lag auf der Rückbank eines Autos und was ihn fortbewegte, waren wohl die Räder des Gefährts. Na ja, liegen tat eigentlich nur sein Oberkörper, seine Füße waren auf dem Wagenboden. Ein leises Stöhnen passierte seine Lippen, als er versuchte, sich aufzurichten. "Wieder wach?" Die Stimme kam von links, war schmerzlich bekannt und sie zu hören erfreute Ray überhaupt nicht. "Wo bin ich...?", seine eigene Stimme war rau und etwas brüchig, er leckte kurz über seine trockenen Lippen, um sie etwas zu befeuchten. Wie lange war er ohnmächtig gewesen...? "Glaub mir, das willst du gar nicht wissen. Sei einfach brav und mach keine Faxen, mir wär's lieber, wenn ich dich nicht noch mal ins Knock Out schicken müsste." Der Schwarzhaarige schnaubte verächtlich, sollte das eine Drohung sein? Doch er war nicht so töricht, den eigenen schweren Nachteil nicht einzusehen und einen auf taff zu machen, deswegen versuchte er einfach nur weiterhin, sich aufzurichten. Überraschenderweise griff eine starke Hand alsbald um seinen Oberarm und zog ihn mit einer eher bemerklichen Leichtigkeit in eine aufrechte Sitzposition. Nachdem er die Hand zurückgezogen hatte, verkreuzte Tala die Arme wieder vor der Brust und richtete den Blick seiner eisblauen Augen aus dem getönten Fenster. Damit erklärte sich wohl auch die Halbdunkelheit im Inneren des Wagens, nichtsdestotrotz waren Rays katzenartige, goldene Seen in der Lage, so einiges hinter dem verdunkelten Glas zu erkennen. "Wir sind nicht mehr in Japan, nicht wahr...?", fragte er leise. "Nein," war die knappe Replik, die er erhielt. Na das war ja großartig... Ray schloss erschöpft die Augen, er fühlte sich ziemlich angeschlagen. Wenn er nicht mehr in Japan war, wo war er dann? Russland? Er hatte es nicht wirklich gut erkennen können, aber die paar Straßennamenschilder und Werbeplakate schienen mit kyrillischen Buchstaben geschrieben zu sein. Doch Russland war ein riesengroßes Land und auch nicht das einzige, das sich kyrillischer Schrift bediente. Man hatte ihn doch tatsächlich verschleppt. Doch wohin genau? Und wozu? Wer genau steckte dahinter? Fragen über Fragen, doch irgendwo hatte er die ungute Vermutung, dass er keine baldigen Antworten kriegen würde, wenn er diese überhaupt wirklich wissen wollte... Unwohl war ihm selbstverständlich sehr, das ein oder andere Fünkchen Angst flackerte auch irgendwo unter der soweit eher ruhigen Erscheinung. Wie lange sie unterwegs waren, vermochte er nicht zu sagen, doch langsam dämmerte es hinter den Fensterscheiben. Das Auto hielt schließlich irgendwann an, Tala stieg aus. Ray konnte hören, wie der Andere um den Wagen herum ging, bis er an seiner Beifahrertür ankam und diese aufmachte. "Steig aus," lautete die Anweisung, der Ray auch folgte, eine andere Möglichkeit hatte er ja nicht wirklich. Talas Hand fand einmal mehr um seinen Oberarm und er zog Ray mehr oder minder mit sich; noch etwas benommen fiel es dem Ex-White-Tiger schwerer, mit dem forschen Tempo des jungen Russen schrittzuhalten. Sie waren im Vorhof eines großen Gebäudes, das nicht sonderlich hoch – nur drei Stockwerke – dafür aber unheimlich groß und in einer Art Rechteck gebaut war. Hinter ihnen gingen die mächtigen Einfahrtstore langsam wieder zu, bestehend aus dicken, langen, schwarzen Eisenstäben, die, an der Spitze speerartig geformt, gebieterisch in die Luft ragten. Ansonsten schien das gesamte Grundstück von einer ungefähr drei Meter hohen, dicken aber dennoch hübschen, aus rotem Backstein gebauten Mauer umschlossen zu sein. Von bebautem Gelände eingekreist war eine eher attraktive Szenerie: breite Treppenstufen führten hoch zu einem bepflasterten, weiträumigen Vorplatz in dessen Mitte eine von weißem Marmorrand umringte Fontaine stolz ihre klaren Wassermassen in den Bassin darunter regnen ließ. Links und rechts von dem Vorplatz – Blumenbeete, ansonsten überwiegend sauber gemähte Grünfläche mit dem ein oder anderen mächtigen Baum, die das Gebäude zusätzlich vor Einblicken schützten. Irgendwo war das alles schon fast... idyllisch. Sie überquerten den Vorplatz und fanden sich vor einer weiteren treppenbebauten Anhöhe. Die Stufen raufgestiegen, ging es die paar Meter weiter, die eine Reihe von Glastüren, getrennt von tief-grün gestrichenen, metallischen Rahmen von ihnen entfernt waren. Ein paar besagter Glastüren fuhr einladend auseinander, als sie bei ihnen ankamen. Der Eingangsbereich war groß und erinnerte irgendwo an den einer Schule oder eines Amtsgebäudes, massive Steinsäulen hielten die Decke sicher über ihren Köpfen, Treppen führten links und rechts hoch, die Mitte war mit Bänken versehen und in den Ecken standen ebenfalls Sitzgelegenheiten in Form von Sesseln und kleinen Sofas. Zu jeder Seite von jeder Treppe führten lange Gänge weg. Die gegenüberliegende Wand war genauso verglast und vertürt, wie die, durch die sie gekommen waren, dahinter lag wohl so etwas wie ein großer Garten und wenn ihn nicht alles täuschte... auch so etwas wie Sportplätze. Alles war pikobello sauber und glänzend, alles hatte einen gewissen elitären Flair, fast wie ein Hochschulinternat. Hier hauste doch nicht wirklich Biovolt...? Verglichen mit der eingemauerten, grauen Tristheit der Abtei wäre das Ganze hier ja eine beinahe schon evolutionäre Umstrukturierung... Was wieder die Frage aufkommen ließ: war es überhaupt Biovolt, oder steckte etwas oder jemand ganz anders hierhinter? "Was ist das für ein Ort...?", huschten die Worte, an Tala gerichtet, über Rays Lippen. Zugegebener Weise staunte er nicht gerade schlecht, die eigene missliche Lage momentan vergessen. Der Rothaarige gab zuerst ein undefinierbares Schnauben von sich, und setzte dann mit einem kaltblütig emotionslos ausgesprochenen Wort einen sehr krassen Kontrast zu der prächtigen, peniblen Aufmachung um sie herum: "Die Hölle." Ray blinzelte zuerst verwirrt, doch mit einem Male erschien die Umgebung sehr viel weniger freundlich und angenehm. Tala nahm ihm die Handschellen ab und er rieb sich kurz die Handgelenke, die einen schwachen Abdruck der metallischen Ringe trugen. Er schätzte, der Andere sah keine Gefahr mehr und er hatte wohl auch Recht, Ray konnte ihm wohl kaum mehr abhauen. Der Kapitän der Blitzkrieg Boys schloss trotzdem wieder seinen stahlharten Griff um den Oberarm des Jüngeren und steuerte dann die rechte Treppe an, welche sie bald in den ersten Stock hochschritten. Sie endete in einem breiten Treppenbereich, eine Seite davon war komplett verglast und bot einen netten Ausblick nach draußen, den Drigers Besitzer nicht verpasste. Es stellte sich heraus, dass das, was er vorhin gesehen hatte, nicht wirklich Sportplätze waren, sondern akkurat abgegrenzte Beyarenen inmitten eines sehr weiten Grünareals. Davon abgesehen war die Grünfläche geteilt mit bepflasterten Gehwegen an dessen Rändern braungestrichene Sitzbänke standen, meistens im Schatten von mächtigen Baumkronen. Sein Blick schweifte dann über den Treppenbereich; links und rechts von ihnen gingen Glastüren weg und die Flure dahinter waren überraschenderweise mit Teppich ausgelegt: rechts königsblau, links weinrot. So wie es aussah, lag ihr Ziel im blauen Bereich. Erst, als sie sich der Glastür genähert hatten, bemerkte Ray den Mechanismus rechts davon, wie eine Art Gegensprechanlage. Talas Hand, die nicht damit beschäftigt war, den Schwarzhaarigen festzuhalten, presste ihren Zeigefinger gegen den breiten Plastikknopf. Ein roter Punkt blinkte auf dem oberen Teil der Anlage, ein Kameraauge -etwas, was Ray nur vermuten konnte, aber was Tala wusste. Was er ebenfalls wusste, war, dass die schweren Türen, dessen eine Hälfte er nach einem kurzen surrenden Ton öffnete, aus Sicherheitsglas bestanden und dass ihre metallischen Rahmen überaus dick waren. Er wusste auch, dass, sobald man die Schwelle übertrat und besagte Tür hinter einem zufiel, man aus diesem Bereich nicht mehr ohne weiteres rauskam. Der Grund dafür saß nicht sehr viel weiter an einem breiten Schreibtisch. Ein erwachsener, breitschultriger Mann, der kurz den Blick hob und die Ankömmlinge musterte. Da er nicht aufgestanden war, sah Ray nicht das, wovon Tala und jeder andere hier ebenfalls schon lange wusste: an dem Gürtel dieses Mannes war eine Feuerwaffe geschnallt und sie war gewiss keine Attrappe. Was der Rothaarige auch wusste – dieses Gebäude zählte nicht nur drei Stockwerke über, sondern auch genauso viele Stockwerke unter der Oberfläche. Und je tiefer nach unten es ging... "Tala?" Angesprochener blinzelte und fokussierte seinen Blick auf die Person, die ihn gerade leise aber bestimmt beim Namen gerufen hatte. Goldfarbene Augen schauten ihn aufmerksam an und er bemerkte erst jetzt die Spannung in den Gliedern und Sehnen seiner Finger, die sich viel zu fest in den Oberarm des Anderen verkrallt hatten. Er löste seinen Griff abrupt und gänzlich, schließlich würde Ray ihm nunmehr bestimmt nicht mehr weglaufen können. "Komm mit," sprach er schroff aus und ging voraus, den schmalen, langen Gang zwischen zahlreichen Türen entlang. Alles war vollkommen - beinahe unheimlich - ruhig, es war schwer, zu sagen, ob sich in den Räumen hinter diesen braunen Holzplatten Menschen befanden oder nicht. Schließlich blieb Tala vor einer dieser vielen Türen stehen und stieß sie auf. Mit einer kurzen Geste bedeutete er dem Schwarzhaarigen, einzutreten, was Ray auch tat, wobei der junge Russe ihm nicht folgte. "Wenn ich du wäre, würde ich hier nicht rauskommen. Falls du unbedingt musst, Toiletten sind am Ende des Gangs." Eine Chance, etwas zu erwidern oder zu fragen hatte Ray nicht, da die Tür nur einen Moment später wieder zufiel. Zwar gab es kein Geräusch von einem umgedrehten Schlüssel, doch nach Talas freundlichem Rat hatte er nicht wirklich das Verlangen, diese vier Wände zu verlassen und gegebenfalls in den nicht gerade gastfreundlich aussehenden Mann draußen am Eingangsbereich reinzulaufen. Stattdessen nahm er sich die Zeit, sich etwas umzusehen. Nun ja, wirklich viel zu sehen gab es nicht. Gegenüber der Tür ein Fenster, links davon ein Bett, rechts davon ein Stuhl vor einem Schreibtisch, über welchem ein kleines, leeres Regal angebracht war und auf welchem eine volle Wasserflasche stand. Der Schrank in der Ecke rechts von der Tür war ebenfalls leer und mehr gab's auch nicht zu entdecken. Er trat zum Fenster und schaute hinaus, der Ausblick war eigentlich ganz nett, denn man konnte von hier aus die Fontäne sehen. Das Fenster an sich hatte jedoch keine Klinke oder Ähnliches, ließ sich also auch nicht aufmachen. Außerdem hatte Ray das Gefühl, dass das Glas ziemlich dick war. Um genau zu sein war es – so wie gut 95% solchen durchsichtigen Materials hier - Sicherheitsglas, aber das konnte er ja nicht wissen und momentan hatte er auch nicht vor, sich daran zu versuchen, es einzuschlagen. Er nahm einen willkommenen Schluck aus der so rücksichtsvoll zur Verfügung gestellten Wasserflasche, setzte sich auf die Bettkante und... Ja. Was nun? Er hatte nicht die geringste Ahnung, was das Ganze sollte, doch er hatte auch nicht wirklich Lust, es herauszufinden. Er klopfte seine Taschen ab und stellte zu seiner Überraschung fest, dass man ihm Driger nicht abgenommen hatte. Komisch... normalerweise waren Blades und Bitbeasts die Nummer Eins auf Biovolts Jagdliste. Waren sie es vielleicht doch nicht, oder hatten sie sich nur so radikal verändert? BEGA Zwei Punkt Null? Behutsam strich er über das Emblem des weißen Tigers auf dem Bitchip und seufzte auf. Niemand störte ihn in seinem Einzelzimmer und letztendlich beschloss er, sich hinzulegen und vielleicht eine Mütze Schlaf zu kriegen. Zumindest würde er so ein wenig Zeit totschlagen, denn diese verging ermüdend langsam, wenn man nichts zu tun hatte, außer herumzusitzen. Bevor er sein Vorhaben in die Tat umsetzte, entschied er sich, die von Tala zuvor erwähnten Toiletten aufzusuchen. Vorsichtig machte er die Tür auf und lugte in den Gang heraus: Totenstille, Menschenleere. Den Mann am Eingang ausgenommen, lebte hier überhaupt jemand? Und wo war Tala hin verschwunden? Ein tiefes Einatmen und Ray setzte einen Fuß über die Türschwelle. Bald war er auf dem Weg entgegengesetzt der Richtung, aus der Tala und er gekommen waren und zählte fleißig die Türen mit, damit er auf dem Rückweg ja nicht die falsche erwischte... Er würde es wirklich nicht begrüßen, bei jemanden unverhofft vorbeizuschneien, falls hinter diesen Türen tatsächlich andere Menschen hausen sollten. Glücklicherweise waren die Toiletten mit einem kleinen Schildchen, das 'WC' verkündete, ausgezeichnet und er bemerkte beiläufig, dass sich im Zimmer direkt gegenüber anscheinend die Duschen befanden. Also mussten hier Menschen leben, zumindest genug, um mehrere Sanitäranlagen erforderlich zu machen. Die Toiletten waren sogar noch sauberer, als der Rest des Gebäudes, fast schon steril und ebenfalls leer; kein Laut zu hören, keine Seele zu sehen. War ihm ehrlich gesagt aber auch recht... Er erledigte schnell, wofür er gekommen war, wusch sich die Hände und machte sich schnurstracks auf den Weg zurück. Irgendwie behagte ihm diese ganze Atmosphäre nicht... Nein, sie war ihm ganz und gar nicht geheuer. Kaum aus der Tür raus, stellte er fest, dass hier doch andere Vertreter der Homosapiens umherstreuten, weil er mit einen von ihnen fast frontal zusammenstieß. Es war ein braunhaariger Junge, etwa einen halben Kopf größer als Ray selbst, gekleidet in eine ausgewaschene, blaue Jeans und ein eng anliegendes, schwarzes Shirt. Dunkelbraune, fast schon schwarze Augen bohrten sich in den gebürtigen Chinesen, der hastig einen Schritt zu Seite und aus dem Weg des Anderen nahm. Er murmelte eine Entschuldigung, ein wenig erschrocken von der plötzlichen Gesellschaft. Er hatte den Jungen weder hören noch kommen sehen, es war beinahe so, als wäre dieser aus dem Nichts aufgetaucht. Ray war sich auch nicht sicher, ob der Brünette ihn überhaupt verstehen konnte, vielleicht hätte er lieber auf Englisch schalten sollen aber nach so vielen Jahren in Japan war das 'gomen nasai' fast schon automatisch von seinen Lippen gerutscht. Er erhielt keine Antwort, sein Gegenüber bewegte sich überhaupt nicht, er blinzelte nicht einmal, nur jene onyxfarbenen Augen hafteten eindringlich auf Ray, sodass ihm unter diesem unverwandten Blick ziemlich unwohl wurde. "Please excuse me," damit schlüpfte er letztendlich hastig an dem Größeren vorbei und schritt genauso hastig den Weg zurück zu seinem Zimmer, falls man dieses als 'seins' betiteln konnte. Der Andere folgte ihm höchstwahrscheinlich mit den Augen, denn er spürte diesen Starrblick allzu deutlich auf seinem Rücken brennen. Endlich kam er an seinem Ziel an und verschwand schnurstracks im Zimmerinneren. Die Tür hinter sich zugemacht, lehnte Ray sich schwer dagegen und atmete geräuschvoll aus. Das eben, war definitiv gruselig gewesen. Einige Momente lang klopfte sein Herz schneller und lauter in seiner Brust, die katzenartigen Sinne geschärft horchte er in die Stille hinein, um sich zu vergewissern, dass draußen keine Schritte hallten und niemand ihm hinterher kam. Für einen Augenblick wünschte er sich, diese Tür ließe sich abschließen, ob von innen oder von außen war ihm egal... Er würde sich dann einfach nur etwas sicherer fühlen. Nach einer Weile hatte er sich wieder beruhigt und sich schließlich, angezogen wie er war, auf das Bett gelegt. Entgegen seiner Erwartungen war es außerordentlich weich und bequem, das Kissen hatte den frischen, charakteristischen Waschmittelgeruch, die Decke war warm und flauschig – alles sehr gute Bedingungen für die Müdigkeit, die sich seiner auch sehr schnell bemächtigte. Seine Augenlider wurden immer schwerer, die Gedankengänge immer verworrener und unklarer und irgendwann schlief Ray letztendlich ein. Kapitel 19: Nightmare Realm --------------------------- Kapitel 19 Nightmare Realm Die Klänge waren sanft und pur als Tonzungen über die winzigen Stahlstifte der sich langsam drehenden Stiftwalze strichen. Eine Spieldose, die er nicht sah und die eine Melodie spielte, welche jedes Kind kannte. Diese Melodie schien gleichzeitig aus allen und aus keiner Richtung zu hallen. Er saß an einem runden, mit einem makellos weißen Tischtuch bedeckten Tisch, das Material so lang, es lag in Falten auf dem Boden. Ein eleganter, siebenarmiger Leuchter thronte in der Tischmitte, hielt lange, weiße Kerzen aufrecht, die sieben Flammen flackerten gemächlich auch wenn es um ihn herum tageshell war. Von irgendwo ertönten Stimmen, mit der Begleitung der Spieldosenmelodie sangen sie nun die wohlbekannten Zeilen: "Happy Birthday to you. Happy Birthday to you..." Er drehte den Kopf, sah jedoch nur Silhouetten um sich herum. Einen Mann und eine Frau und einen kleinen Jungen, alle drei ohne Gesichter denn diese waren nicht mehr als undeutliche, verschwommene, hautfarbige Kleckse. Es war seltsam, weil der Rest ihrer Gestalten klar erkennbar war, beinahe schon zu scharf in ihren Umrissen. Die Frau trug ein prächtiges, hellblaues Kleid und der Mann einen schwarzen Smoking, sie sahen so sehr wie ein edles Paar frisch vom einem vornehmen Bankett aus. Der kleine Junge hingegen passte einfach nicht ins Bild in seiner zerrissenen Hose, dem verschmutzen Hemd und den mit Dreck bedeckten Händen. 'Happy Birthday to you... Happy Birthday to you...' Ein Windhauch aus nirgendwo, die Kerzenflammen flimmerten aufgeregt, fast schon ängstlich. Sein Herz machte es ihnen gleich. Plötzlich huschte ein schwarzer Schatten quer durch die Szenerie und die junge Frau schrie auf, was ganz bizarr war, denn dieselbe Stimme, ihre Stimme, fuhr immer noch mit dem Singen des Liedes fort. 'Happy Birthday to you... Happy Birthday to you...' Die schwarzen Schatten wurden mehr, sie schwirrten umher wie ein Flock wildgewordener Vögel. Die Frau ging zu Boden, anmutig wie ein fallender Schwan, der Saum ihres langen Kleides wölbte sich kurz im Schwung des Sturzes und breitete sich dann wie ein winziger, blauer See um sie herum auf dem Flur aus. Ihre zierlichen Handflächen schlugen mit einem milden Aufklatschen gegen das Holz, sich auf ihnen abstützend senkte sie ihren Kopf und langes, dunkles Haar fiel wie ein Vorhang um ihr unerkennbares Gesicht. Doch er sah es bereits. Den Fleck scharlachroter Farbe an ihrem Bauch... und wie dieser Fleck auf dem hellen Stoff ihres Kleides rasch größer wurde. Nun hörte er auch die tiefe Stimme des Mannes, ein angenehmer Bariton auch wenn er keine Worte ausmachen konnte, denn diese Stimme hallte ebenfalls doppelt wieder – als verzweifeltes Rufen und als fröhliches Singen. Ein lauter Knall detonierte in der Luft, der Mann zuckte burlesk zusammen und ging neben der verletzten Frau zu Boden. Er fiel einfach um mit einem dumpfen Aufschlag, so als ob man seine Beine unter ihm abrupt weggeschlagen hätte. Der ausgebreitete Saum ihres Kleides saugte nun auch sein Blut, das sich in einer hässlichen Lache um seinen reglosen Körper ausbreitete, auf. Sie brach über ihn zusammen, er hörte ihr leidvolles Weinen überdeutlich. Im Hintergrund, immer noch das heitere Lied. Die Spieldose stoppte nicht, die fröhliche Melodie nunmehr ein grotesker Kontrast zu dem grauenhaften Szenario. Die sieben Flammen des Kerzenständers wucherten plötzlich, wuchsen aus allen angemessenen Proportionen heraus - riesig, wütend, hungrig und blutrot. Rauch aus allen Richtungen ergoss sich in den Raum und in die Kakofonie um ihn herum. Nur der kleine Junge stand unbeweglich inmitten des Pandämoniums; stand da in seiner zerrissenen, schmutzigen Kleidung und den dreckverschmierten Händen. 'Happy Birthday to you...' 'Happy Birthday to you...' Plötzlich begriff er, dass es nicht Schmutz war, das an jenen Händen klebte. Das von jenen Händen tropfte. Er blickte runter und auf einmal starrte er direkt auf jene Handflächen, getränkt in Blut. Sie zitterten, weil er zitterte. Plötzlich war das verschmutzte Hemd auf seinem Körper, und die zerrissene Hose an seinen Beinen. Plötzlich war er... der Junge, der nicht reinpasste. Er schaute hoch zu dem Paar auf dem Boden; der weinenden, sterbenden Frau, dem bereits toten Mann. Selbiger Boden glänzte matt, bedeckt von einem dicken Film aus dieser einen roten, zähen Flüssigkeit. Nicht nur die Kerzen, alles um ihn herum stand bereits in Flammen, das Tageslicht wich der Dunkelheit, welche nunmehr nur noch durch das barbarische Feuer, das alles verschlang, erhellt wurde. Die Frau schrie, qualvoll und gepeinigt, als es auch sie umhüllte, furchtbare Brandblasen bildeten sich überall auf ihrer zarten, blassen Haut. Es gab kein Dach, von oben herab prasselte auf einmal Blut herunter, bildete hässliche, tiefrote Flecken auf der schneeweißen Tischdecke. Er fühlte es seine Haut runter sickern, es floss auch in seine Augen, in die Mundwinkel und er spürte diesen widerlichen, metallischen Geschmack auf seiner Zunge. Ohne jegliche Kontrolle über sein Handeln schritt er auf die brennende Frau zu, Kleiderfetzten hingen ihren teils verkohlten Körper runter und sie hob ihr verschwommenes Gesicht, das plötzlich zu flimmern anfing, wie die Bildfläche eines kaputten Fernsehers. "Sieh mich an!", kreischte sie, die Stimme durchtränkt von Wut, Hass, Abscheu. "Du Bastard! Sieh mich an!" "Nein...", ein ersticktes Flüstern flog von seinen blutverschmierten Lippen, ihr Abbild flackerte stärker. Er konnte nicht hinsehen... er wollte nicht... er wollte nicht, bitte, er wollte sie nicht sehen. Er wollte nicht wissen, wer sie war. "Bitte... nicht..." Er konnte nicht... er konnte nicht... Er durfte sich nicht erinnern. "Sieh mich an!" Wie eine Todesfee kreischte sie nun, die schrille Tonlage verursachte ein ekliges Klingeln in seinen Ohren. Er kniff die Augen bis zum Schmerzpunkt zusammen. Flammen. Schreie. Blut. Und die lamentierende Melodie der Spieldose. 'Happy Birthday to you...' 'Happy Birthday to you...' "SIEH MICH AN!" "Nein...!" Er erwachte mit einem scharfen Aufkeuchen und im kalten Schweiß, sein gesamter Körper fuhr so heftig zusammen, dass die sprunghafte Muskelarbeit mit einem unangenehmen, dumpfen Schmerz im Kopf und Nacken wiederhallte. Neben Kai öffnete auch Tyson ob der abrupten Bewegung schlagartig die Augen, noch verstand er nicht, was sich abspielte, aber er vernahm sehr wohl das schnelle Staccato von Kais Herzrhythmus in der sich schnell hebenden und senkenden Brust des Älteren, da sein blauhaariger Wuschelkopf genau auf dieser ruhte. "Kai...?", murmelte er noch leicht schläfrig in die Dunkelheit des Schlafzimmers hinein, seine Hand strich dabei das Torso des Anderen entlang, bis sich seine Finger um dessen Oberarm schlossen und sachte zudrückten. "Was ist los? Schlecht geträumt?" Lider krampfhaft zugekniffen und um Selbstbeherrschung ringend, antwortete Kai nichts. Nur ein Traum, sprach er sich in Gedanken zu. Es war nur ein Traum. Krieg dich wieder ein. Komm schon, reiß dich zusammen. "Kai. Kai, hey," ein weiches Flüstern und ebenso weiche Lippen, die einen sanften Kuss gegen seine versteifte Schulter drückten. Tyson hob den Kopf und stemmte sich dann auf den Unterarm ein wenig hoch. Seine Hand strich nunmehr sachte den Arm seines aufgestörten Phönix rauf und runter. "Hey... es ist alles gut." Das Schaudern, das durch den Körper des jungen Russen ging, spürte er allzu deutlich. "Ganz ruhig..." Wie ein kleines, verängstigtes Kind beruhigt zu werden war seltsam... und irgendwie unangenehm für Dranzers Meister. Er war doch so stark, so stoisch... er würde sich doch wohl nicht von einem dummen Albtraum ins Bockshorn jagen lassen. Kai rang sich ein müdes Lächeln ab - egal, ob man es in der Dunkelheit sehen konnte oder nicht, es half dennoch, sich und seine Stimme zu stärken. "Ist schon okay, Ty...", ließ er ein wenig heiser verlauten. "Ich bin okay. Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe." Ein weiterer Kuss wurde gegen seine Schläfe gehaucht. "Macht doch überhaupt nichts... Soll ich Licht anmachen? Oder ein Glas Wasser holen?" Diesmal war Kais Lächeln fester, sein Arm, der am nächsten an Tyson war, rutschte zwischen die Matratze und die schlanke Seite des Jüngeren, um sich um dessen Taille zu schlingen. Die Sorge des kleinen Wirbelwinds war rührend. "Nein, brauchst du nicht, danke, Ty. Komm, leg dich wieder hin." Die Nähe seines Freunds war das einzige, was Kai momentan wirklich wollte. Einfach nur diese Präsenz zu spüren, den warmen Atem an seiner Haut, den lieblichen Duft in der Nase. Das würde mehr als genug sein... Sein Herz pochte immer noch wild und aufgebracht in seiner Brust, von den geisterhaften, gewalttätigen Bildern vor seinem imaginären Auge war ihm ein wenig übel, doch er zwang sich zu Ruhe. Nur ein Traum. Es war nur ein Traum. Der junge Drache folgte der sanften Aufforderung seines Teamkapitäns und kuschelte sich wieder an ihn an, obschon er sehr wohl mitkriegte, dass das Abschütteln dessen, wovon auch immer er gerade geträumt hatte, für Kai um einiges schwerer war, als er durchscheinen ließ. Der Ältere war immer noch verspannt, seine Umarmung war ungemein fest, beinahe... verzweifelt. Tyson drehte leicht den Kopf und presste seine Lippen einmal mehr gegen Kais Schulter. Er wollte ihm versichern, dass er da war. Dass alles okay war. Er wollte diese ungeheure innere Aufruhr, in dem sich der Andere gerade befand, irgendwie mildern. Seine Berührung schien Wirkung zu zeigen, Kai atmete tief aus und die enorme Anspannung seiner wohltrainierten Muskeln löste sich ein wenig auf. Irgendwo war es logisch... physische Empfindungen lenkten vom Nachdenken ab. Wenn der Körper fühlte, konzentrierte der Verstand sich auf Perzeptionen eher denn Gedankengut, das war die wundersame Kraft menschlicher Berührungen. Sie waren lindernd. Trostreich. Beruhigend. Sein lieblicher Mund wanderte nun bestimmter, über das Schlüsselbein zum Hals, um diesen mit zärtlichen Bissen und leichtem Saugen zu verwöhnen. Kai öffnete die Augen, sah erst einmal die von mondscheinkreierten Schatten durchzogene Decke, ein wenig verwundert. Was würde denn das jetzt werden...? Angenehm war es ja ohne Zweifel, aber... "Tyson..." Doch der jüngere Blader ließ keinen Platz für aber. "Shhh...", ein Wispern an das Ohr, an dessen Ohrläppchen er dann behutsam knabberte, was seinem Freund ein Schaudern bescherte – diesmal jedoch ein sehr viel angenehmeres. "Entspann dich einfach..." Die Rechnung war simpel, wirklich. Wenn Kai sich gerade schlecht fühlte... würde er eben dafür sorgen, dass das Gegenteil eintrat. Und wenn Gespräche eine unerwünschte Option waren, nun... Es gab viele Wege, einen anderen Menschen sich gut fühlen zu lassen - auch ohne Worte. Das Kai die Angewohnheit hatte nur mit ein paar Boxershorts bekleidet zu schlafen, hatte Tyson schon immer gemocht und es kam ihm hierbei auch sehr gelegen, weil er sich ungestört die weiche Haut entlang küssen konnte, runter zum linken Brustmuskel. Hm. Kai schätzte es war mittlerweile eher klar, was das hier werden würde: spätestens als jene weiche Lippen sanft seine Brustwarze umfingen und eine vorwitzige Zunge über die empfindliche Knospe leckte. Ein kleiner aber süßer Schock, sodass der Name des Jüngeren nunmehr weniger ausgesprochen sondern halb ausgekeucht seinen Mund verließ. Er wusste es zu genießen, wenn Tyson mal die Kontrolle übernahm, was mit steigender Regelmäßigkeit passierte - nach gut einem Monat Beziehung war von der anfänglichen Schüchternheit und Unbeholfenheit des Jüngeren nicht viel geblieben. Diese Art Entspannung und Zuwendung konnte er vielleicht gerade auch gut gebrauchen. Es tat sicherlich gut darin, alle lästigen Erinnerungen und Gedanken aus seinem Kopf zu bannen, stattdessen füllten sich eben jene Gedanken nur mit Tyson, dessen Küssen und all den Dingen, welche dessen Zunge auf ihrem stätigen Weg Kais Körper runter versprach. Sie verpasste auch nicht die Gelegenheit, eventuell in seinen Bauchnabel zu schlüpfen und eine weitere der vielen, kleine Hitzewellen, die mit einem Kribbeln in seinen Lenden ankamen, seine Nervenbanen entlang zu senden. Feingliederige Finger hakten sich in den Saum der schwarzen Boxers ein, streifen diese sorgfältig von den Hüftknochen runter und, vorsichtig angehoben, führten das Stück Material dann auch über die im Moment sensibelste und notleidende Stelle von Kais Körper. Die Berührungen der weichen Lippen verfehlten für eine kleine Weile schelmisch und absichtlich ihr Ziel, liebkosten neckisch die warme Haut nahe der angewachsenen Erektion ohne sie zu berühren. Stattdessen strichen weiche Fingerkuppen sanft die stolzen Länge entlang, was zur Folge hatte, dass der junge Phönix hörbar zittrig ausatmete. Momentan würde er sich wahrscheinlich nicht mal mehr daran erinnern können, wovon er kurz zuvor überhaupt geträumt hatte, diese süße Folter lenkte seine Aufmerksamkeit in vollkommen andere Gebiete. Jene flexible Zunge kam nochmal ins Spiel und Kai kniff die Augen fester zusammen, ein kurzes, scharfes Aufkeuchen bannte sich aus seiner Brust als selbige Zunge ihren Weg gemächlich von der Basis bis zur Spitze seines Glieds leckte. Das Gleiche nochmal, und nochmal und einmal mehr; sein Körper spannte sich an vor einstromenden, wohligen Sinnesempfindungen. Als nächstes fand eine aufmerksame Hand an seinen Hoden, der geradezu perfekt in die Handfläche passte, um das Weichteil sachte zu kneten. Wenn letztendlich die feuchte Hitze der Mundhöhle seine steife Männlichkeit in einer angenehm langsamen Geschwindigkeit zu verschlingen anfing, drang ein gezähmtes Stöhnen aus Kais inzwischen schneller fluktuierenden Brust. Genauso gemächlich und ruhig wie er begonnen hatte, genauso begierig setzte Tyson fort, das anknüpfende Saugen folgte einem schneller und tatkräftiger Rhythmus, begleitet vom gelegentlichen Schürfen der perfekt geraden Zahnreihen an der empfindlichen Haut mit einem Druck, der nicht stark genug, um weh zu tun, aber spürbar genug, um zusätzliche Befriedigung zu bieten, war. Das eher plötzliche Ankurbeln von Null auf Hundert war komplett darin erfolgreich sich in einem Schwall von Wonne über Kais Sinne zu ergießen, gleich einem Eimer eiskalten Wassers über glühenden Kohlen und der aufsteigende Dampf war sein Verstand, der ihm 'auf Wiedersehen' winkte, bevor sich gänzlich im Hochgefühl und irdischem Vergnügen aufzulösen. Seine Hand schnellte nach unten um die Finger ermutigend durch das nachblaue Haar gleiten zu lassen, irgendwo dennoch bewusst darum bemüht, sich nicht in diese seidig weiche Mähne zu verkrallen, was es wiederum schwerer machte, die Intensität der Laute, die das Genießen dieser Prozedur vokalisierten, unter Kontrolle zu halten. Nicht, dass Tyson sich darüber beschweren würde, wenn besagte Laute lauter ertönen würden, denn sie waren Musik in seinen Ohren. Er wusste mittlerweile, wie kontrolliert und verhalten sein Partner war, wenn es um das stimmliche Ausdrücken des eigenen Vergnügens ging – vieleicht eine Nachwirkung der ständigen Heimlichkeit und Umherschleichens in seiner ersten Beziehung oder vielleicht einfach nur Teil der verschlossenen, wachsamen Persönlichkeit – aber er hoffte, diese eiserne Selbstkontrolle mit der Zeit aufzulockern. Die Wände dieses Zimmers waren Zeugen, dass es Kai selbst bei Tyson ohne größere Anstrengungen gelang, die Stimmbänder des Jüngeren zu Glanzleistungen zu bringen. Es dauerte nicht mehr lange, bis er spürte, wie das harte Glied in seinem Mund sich noch weiter versteifte und zügelte daraufhin wissentlich das Tempo, um das Ende ein bisschen hinauszuzögern, diese süße Tortur, wenn man so kurz vor der Ekstase war, dass man sie begierig herbeisehnte und dennoch das Balancieren am Rande davon auskosten wollte. Kai stockte der Atem, den Kopf zurück in das Kissen drückend presste er seine Lider noch härter aufeinander, das Ziehen in der Lendengegend machte ihn positiv wahnsinnig, es war zu gut, um zu früh loszulassen und doch zu quälend, um zu lange zu ertragen. Ein letztes bedächtiges Saugen gepaart mit ein, zwei Windungen jener geschickten Zunge um seine Erektion und der Knoten in seiner Brust löste sich auf in einem rauen, tiefen Aufstöhnen als der Orgasmus in einer hohen Welle der Sinnesüberlastung über ihn schwappte. Es dauerte wenige Sekunden doch es schien wie eine kleine, herrliche Ewigkeit... Auf körperlicher Ebene gab es verdammt noch mal kein besseres Gefühl, als das hier. Einen Menschen zu finden, der es dir wirklich selbstlos und nur deinetwillen bescheren konnte und wollte, war letztendlich nichts weniger, als ein Segen. Der Alptraum war weit, weit weg gerückt, er fühlte sich nur noch wohlig erschöpft und angenehm schläfrig. Sobald Tyson wieder hoch gekommen war, fand die Hand des Älteren um den Nacken seines Freunds, um jene samtigen, noch leicht feuchten Lippen mit den eigenen einzufangen. Ein leidenschaftlicher Kuss, der unter anderem versprach, dass es spätestens morgen eine Revanche geben würde. Kai war nicht der Einzige, der diese Nacht einen Alptraum hatte, doch im Gegensatz zu seinem war Rays ein in Fakt fleischgewordenes Grauen. Ungeachtet seiner Umgebung schlief er tief und fest, nach der ganzen Aufregung und den zermürbenden Gedanken war er doch ganz schön fertig gewesen. Die Uhr an seinem Handgelenk zeigte Viertel nach Drei und hinter dem Fenster war es stockdunkel, nur der Halbmond schenkte schwaches Licht und ein paar einzelne Sterne blinkten am Firmament. Er hörte die Tür zum Zimmer nicht aufgehen. Er sah auch nicht die drei Gestalten, die eintraten. Eine dieser Gestalten war der braunhaarige Junge, mit dem er zusammengestoßen war und der Blick in jenen kohleschwarzen Augen verhieß nichts Gutes. Er nickte seinen beiden Begleitern zu, welche auf das Bett zuschritten, einer von ihnen holte ein mittelgroßes, schwarzes Samtsäckchen hervor, der andere ein paar mittellange Stricke. Die Lippen des Brünetten zuckten leicht in einem Hauch von einem arglistigen Grinsen. "Добро пожаловать" (Herzlich willkommen), sprach er spöttisch aus und deutete den anderen zwei, anzufangen. Ray erwachte schnell, aber nicht annähernd schnell genug, um irgendwie reagieren zu können, als er jemanden sein Handgelenk greifen und nach oben ziehen spürte. Für einen Moment orientierungslos, versuchte er sich aufzurichten, prompt aufgehalten durch eine Hand, die sich in seine Brust stemmte und ihn zurück in die Matratze drückte. "Лежать, сука" (Liegen bleiben, Miststück), ein schroffer Befehl, den er sowieso nicht verstand und der kaum von Belang war, denn viel mehr erschrak ihn das beachtliche Gewicht, welches sich auf seine Hüften senkte. Irgendwessen Finger umschlossen nun auch sein Fußgelenk. "Hey! Was soll das? Lasst mich-" Der Rest des Satzes ging unter, erstickt von der unangenehm plastische Präsenz von dem Klebebandstreifen, das auf seinen Mund gepresst wurde, gefolgt von dem Samtsack, den man ihm über den Kopf stülpte. Seine Sicht reduzierte sich augenblicklich nur auf endloses Schwarz und sein Herz pumpte blanke Panik in seine Adern. Er versuchte vergebens, sich irgendwie wegzurollen, beide seiner Hand- und eins seiner Fußgelenke waren bereits fest an das Bettgestell gefesselt. Um Himmels Willen... Was ging hier vor sich? Was hatte man mit ihm vor? Das Gefühl von Hilflosigkeit und Angst schnürte ihm fast alle Luft ab. Bitte nicht... Aufhören... Aufhören! Doch alles Zappeln half nichts, auch sein zweiter Fuß war nunmehr fest angebunden. Die Stricke schnitten unangenehm in die Haut, auch wenn es bei weitem sein geringstes Problem war. "Bist ja ziemlich energisch, eh, Kleiner?" Ein raues Auflachen, nur von wem, wusste er nicht. "Hn. Is' doch lustiga, wenn se'n bissel rumzapp'ln," der garstige Kommentar mit einem starken Akzent kam von einem der anderen beiden und das nächste, was er spürte, war das Wippen der Matratze - wer sich vorher auch immer auf seinen Hüften niedergelassen hatte, erachtete dies wohl für nicht mehr lange notwendig und hatte sich nun stattdessen neben seine wehrlose Form auf die Bettkante gesetzt. Eine fremde Hand, die sich etwas oberhalb seines Knies absetzte und dann gemächlich zu der Innenseite seines Oberschenkels glitt, zwang ihn zu einem protestierenden Aufwimmern. "Keine Sorge, Kätzchen," die Stimme an seinem Ohr war vollkommen akzentfrei und glich keinen der anderen beiden, instinktiv glaubte er mit beinahe hundertprozentiger Sicherzeit zu wissen, wem sie gehörte. In ihr war das gleiche gehässige Gift, das jener Blick ausgestrahlt hatte. Es musste der Brünetten mit den rabenschwarzen Augen sein... "Wir werden gleich ganz viel Spaß zusammen haben." Rays Körper fuhr heftig zusammen, ein gedämpftes, trockenes Schluchzen entriss sich seiner Brust, als jene Hand unverfroren und nicht gerade sanft in seinen Schritt griff. Unter den fest zusammengekniffenen Lidern spürte er das Brennen der aufkommenden Tränen. Scham, Demütigung, Angst, Hilflosigkeit; das alles vermischte sich zu einem grauenhaften Klos in seinem Hals und jeder einzelne Muskel zog sich verzweifelt zusammen, verkrampfte sich in Auf- und Ablehnung dessen, was mit ihm passierte. Das konnte nicht... sie durften nicht... nicht so. Bitte... bitte, nicht so... Den Gang runter ertönte gerade ein kurzes Anklopfen an der allerersten Tür, wenn man vom Eingang aus zählte. Hinter besagter Tür brannte die kleine Lampe über den Schreibtisch, auf dem aufgeschlagene Bücher und Papiere – unter anderem manche, die nach Notenblättern aussahen – lagen. Hinter dem Tisch saß eine stattliche Gestalt, ein Bleistift zwischen den langen Fingern, um hier und dort irgendwelche Notizen zu machen. Das Schreibwerkzeug hielt inne in dem Tun, graue Linien zu zeichnen, nachdem das bereits erwähnte Klopfen vernommen wurde. "Юр, это я." (Jur, ich bin's.) Die gesenkte Stimme war eine wohlbekannte. Tala runzelte die Stirn, legte den Stift beiseite und stand auf. Ein spätnächtlicher Besuch eines Teamkameraden war selten und hieß meistens, dass es Schwierigkeiten gab. Er öffnete die Tür und erblickte Bryan dahinter. "Что случилось?" (Was ist passiert?), wandte er sich an den Jüngeren, der seinerseits den Flur runter nickte. "Я думал, ты захочешь знать. Андрей и его шайка устраивают тёмную." (Ich dachte, du würdest's wissen wollen. Andrej und seine Bande machen eine Decken-Party.) Die Falten an Talas Stirn vertieften sich ein wenig, er konnte sich gut vorstellen, wer das Opfer des bösen Spielchens war, das Bryan gerade erwähnt hatte. "Твашу мать," (Verdammt noch mal), knurrte der Rothaarige verstimmt. "Ну я же сказал ему - не выходить." (Ich hab ihm doch gesagt - nicht rauskommen.) Verflucht, und er hatte noch daran gedacht, Ray wie eine Glucke zum Klo zu begleiten, damit er danach auch wirklich in dem verdammten Zimmer blieb und sich nicht blicken ließ, zumindest für heute. Hätte er wohl wirklich machen sollen, anders konnte er sich nicht erklären, wie Andrej von dem Neuankömmling Wind bekommen hatte. Jetzt hatten sie den Salat. Na ja, eine Konfrontation wäre so oder so passiert, nur vielleicht in einer für den jungen Chinesen weniger traumatisierenden Art und Weise. Wenigstens war auf Bryan Verlass, man konnte das hier noch gerade biegen. Tala trat aus dem Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. "Тебе помочь?" (Soll ich helfen?), fragte Bryan knapp, woraufhin Tala verneinend den Kopf schüttelte. Nicht, dass Bryan was anderes erwartet hatte, das Angebot vom Beistand war sowieso rein prophylaktisch gewesen. Ihr Teamkapitän brauchte in den seltensten Fällen bei irgendetwas Hilfe. "Да ладно, справлюсь сам," (Schon gut, das schaff ich schon alleine), damit marschierte der Rothaarige schnellen Schrittes den teppichbelegten Gang entlang und blieb vor der Tür stehen, hinter der verdächtige Geräusche zu hören waren, unter anderem auch gedämpftes Wimmern. Hoffentlich war er nicht zu spät, um das Schlimmste zu verhindern. Seine Hand stieß das dünne Stück Holz auf, seine Augen hatten dabei nicht das geringste Problem damit in der Dunkelheit des Raums klar zu sehen. Die Action fand auf dem Bett statt, ein schlanker Körper abgeschirmt von zwei anderen und halb begraben unter einem mehr und was diese Hände dort machten, wollte Tala gar nicht erst wissen. Widerliches Pack. Sein Jochbein zuckte kurz mit der Last zusammengebissener Zähne, um den Jähzorn zu unterdrücken. "У вас три минуты, чтобы смыться, пока я добрый." (Ihr habt drei Minuten, zu verschwinden, solange ich noch gut drauf bin.) Sein Ton war gelassen jedoch schneidend und kalt, genauso wie der Blick seiner eisblauen Augen. Das Trio hielt in ihren Handlungen inne, der brünette Anführer drehte sich zu ihm um. "Вы посмотрите, кто нарисовался. Иди-ка ты отсюда, Иванов, а то найдёшь себе приключения на задницу." (Schau mal, wer aufgekreuzt ist. Wie wär's, wenn du dich still davon machst, Ivanov, sonst bringst du deinen Arsch noch in Schwierigkeiten.) Die Warnung war genauso gehässig wie das Grinsen auf der Visage, die er bereits die letzten paar Wochen über hatte sehr gehr einschlagen wollen. Nun, es schien als würde er heute sowohl die Gelegenheit als auch die Entschuldigung dazu kriegen. Ein belustigtes Lächeln umspielte Talas Lippen. "Ты мне угрожаешь? Интересно." (Du drohst mir? Interessant.) Manche lernten es wohl nie, sein Gegenüber wusste doch ganz gut, wozu Tala fähig war. Oder vielleicht wusste er's nicht gut genug. Das ließe sich natürlich gerne korrigieren. Der Neunzehnjährige neigte seinen Kopf einmal von Schulter zur Schulter, streckte somit demonstrativ die Halsmuskulatur. "Na dann kommt, lasst sehen, was ihr drauf habt." Egal in welcher Sprache, zweimal ließen sich die Raudies nicht bitten; Andrejs beide Handlanger stürmten bereitwillig der Herausforderung entgegen. Talas Hand schnellte aus und schnappte einen von ihnen direkt mal am Hals sobald er in Reichweite war, hob ihn dann wenige Sekunden später empor, sodass seine Füße hilflos in der Luft strampelten. In einer Halbdrehung seines Körpers rammte er den Anderen mit Wucht gegen die Zimmerwand, dessen Kopf schlug dabei unsanft gegen den hübsch weiß angestrichenen Beton. Genauso schnell wie er ihn gegriffen hatte, ließ Tala sein erstes Opfer wieder los. Benommen glitt der Junge zu Boden und blieb dort stöhnend liegen, eine Position aus der er in der nahen Zukunft mit Sicherheit nicht wieder herausfinden würde. Ob die saftige Gehirnerschütterung, die er höchstwahrscheinlich erlitten hatte, ihn im Nachhinein schlauer machen würde, war wahrscheinlich fraglich und auch nicht Talas Problem. Sein hervorragend ausgeprägter Hörsinn hatte keine Schwierigkeiten ihn vor der von hinten angerannt kommenden Person zu warnen - der zweite Unglückliche, der zum Teilen des Schicksal seines Partners bestimmt war. Ein lockeres Ducken von unter der angeflogen kommenden Faust weg und ein überaus kräftiger Kick aus einer Halbdrehung heraus zwang den zweiten Gegner in die Knie. Der Schnappatmung nach zu urteilen hatte der Schlag in die Brust die Luftzufuhr durcheinander gebracht, von den sicherlich geprellten Rippen mal ganz abgesehen. Ein bisschen mehr Kraft hätte diese gänzlich gebrochen und mit gezielten Absichten auch direkt weiter in die lebenswichtigen Organe gerammt, doch Mord stand heute nicht auf Talas Liste. Stattdessen begnügte er sich mit einem Kick mehr: treffsicher, Fußspitze zu Schläfe, um den zweiten Angreifer erfolgreich dem Ersten Gesellschaft beim Ambodenliegen leisten zu lassen. Eisblaue Augen suchten wenig später die Gestalt des Anführers auf und fixierten diese mit einem etwas belustigten und sehr gefährlichen Blick. "Ну? Что такое, Адрюха? Уже всё, или как?" (Na? Was ist los, Andrjuha? War das schon alles, oder wie?) Die Augen des Brünetten hingegen, wanderten zuerst zu dem benebelten Jungen an der Wand, dann zu dem Röchelnden auf dem Boden. Die Gerüchte schienen zu stimmen, gegen Tala war wirklich kein Kraut gewachsen... Ein Rückzug war jetzt wohl mehr als angebracht und bedachtsam. "Да пошел ты знаешь куда..." ("Du kannst mich mal..."), zischte er erbost und trat den Röchelnden dann etwas unsanft und verbittert in die Seite. "Поднимайтесь, ослы. Пошли по домам." (Steht auf, ihr Esel. Ab nach Hause.) "Вот и умница" (Guter Junge), lobte der Rothaarige zufrieden, auch wenn er sich für keine Sekunde entspannte. Geduldig wartete er darauf, dass sich die anderen zwei aufrappelten und ihrem Anführer hinterher aus dem Zimmer hinkten, erst dann atmete er tiefer als gewöhnlich aus und richtete seine Aufmerksamkeit auf das kleine Bündel Elend auf dem Bett. Ein stummes Seufzen, das nie wirklich als Laut seine Brust verließ sondern es lediglich etwas mehr anhob, und Tala schritt auf das Möbelstück zu. Er befreite zuerst die Füße von den Fesseln, die dazugehörigen Beine wurden sofort zusammengekniffen und angezogen. Der junge Russe setzte sich dann auf die Bettkante und zog den Samtsack von Rays Kopf bevor er vorsichtig das Klebeband vom Mund abmachte. Die Pupillen des Jungen waren abnorm geweitet, weniger im Zwecke der katzenartigen Nachtsicht sondern mehr vor Schock, Panik und Scham. Stumme Tränen standen in den goldfarbigen Augen, die verstört Talas Händen folgten als diese akkurat die Fesseln um die geschundenen Handgelenke des Schwarzhaarigen lösten. Die Haut war wundgerieben, blutete aber nicht sonderlich stark und Gelegenheit dazu, sie irgendwie zu versorgen präsentierte sich sowieso nicht - sobald er gänzlich befreit war, rollte Ray sich auf die Seite und dann in der charakteristischen Kindslage zusammen, zitternd und dann und wann unkontrolliert aufzuckend. Eins musste Tala dem Anderen trotzdem lassen: er machte keinen Mucks. Es kam kein tränenreicher Zusammenbruch und kein hysterischer Anfall, denn darauf hatte der junge Wolf wirklich keine Lust, zudem er nie gut darin gewesen war, Leute zu beruhigen. Mit einer Ausnahme, vielleicht... aber das lag lange her. Zu lange. Er stand auf und beugte sich runter um die Decke vom Boden aufzuheben, sie musste wohl bei den ganzen drastischen Handlungsabgängen auf dem Bett von diesem runtergerutscht sein. Von ein paar natürlichen Handbewegungen geleitet senkte sich das Material bald mit einem leichten Flattern über Rays reglose Gestalt und Tala schaute den Jüngeren einmal mehr prüfend an. Na ja, er schätzte mehr konnte er für ihn nicht tun. Insofern war er eher überrascht als, nachdem er sich mit dem Vorhaben, zu gehen, weggedreht hatte, eine Hand von unter der Decke hervorschnellte und seinen Unterarm einfing. Er blickte runter, einmal mehr in jene feucht schimmernden, schwarzen Iriden umringt von einer bernsteinfarbenen Kante. Stumme Bitte spiegelte sich dort doch er war eine, die eigentlich ziemlich nachvollziehbar war. "Ich komm gleich wieder," versprach er also dem jungen Tiger, der momentan mehr etwas von einer verschreckten Wildkatze hatte, und dessen Finger lösten zögerlich ihren krampfhaften Griff. Draußen im Gang fand Tala Bryan nonchalant an der Wand neben der Zimmertür gelehnt stehen. Er sagte nichts, nickte dem Lilahaarigen lediglich sowohl dankbar als auch versichernd zu: alles in Ordnung, danke fürs Aufpassen. Er erhielt ein anerkennendes Nicken zur Antwort und sein Teamkollege machte sich zurück in die eigene Zelle- oh, pardon. Zimmer. Dieses befand sich übrigens direkt links von Rays. Noch eine Tür weiter links war Spencers Kämmerchen, und diesem gegenüber Ians. Von dessen Zimmer aus gab es nur noch eine Tür mehr und die führte in Talas Zimmer - und dem gegenüber lag der Eingangsbereich mit dem 'freundlichen' Wachmann hinter seinem Tischchen. Das eigene Zimmer war Talas nächstes Ziel, er schritt herein und machte die Tür zu. Niemand war da, also erlaubte er seinen Gesichtszügen sich für ein paar Sekunden in eine Schmerzgrimasse zu verformen, nachdem er vor seinem Schreibtisch zum Stehen gekommen war. Auf dessen Oberfläche verweilte nebst dem ganzen Papierkram auch eine halbvolle Wasserflasche, welche er momentan ignorierte und stattdessen die mittlere Schubladen herauszog. Daraus holte er ein kleines Fläschchen, zwei Pillen rollten sich wenig später daraus auf seine Handfläche. Er warf sich die Tabletten ein und spülte sie mit einem ordentlichen Schluck des eben erwähnten Wassers runter. Ein kleiner Klick brachte die Tischlampe zum Erlöschen und danach kehrte er wie versprochen zu Ray zurück. Er schloss die Tür und somit auch das Licht im Flur aus, zog den Stuhl ein wenig vom Schreibtisch weg und näher zum Kopfende des Betts, setzte sich hin und ließ sich letztendlich gegen die Stuhllehne fallen. Arme vor der Brust verkreuzt schloss er die Augen und rührte er sich nicht mehr, das sachten Heben und Senken seines Brustkorbs ausgenommen. Natürlich schlief er nicht, jedenfalls noch nicht. Es verging eine kleine Weile, bis Ray sich endlich fast vollkommen beruhigt hatte, sein Zittern legte sich, sein Körper nun entspannter und sein Atem ging auch regelmäßiger. Letztendlich schloss er die Augen, darin bemüht an gar nichts mehr zu denken. Wenigstens mit Tala im Raum konnte er sich sicher sein, dass es diese Nacht kein böses Erwachen mehr für ihn geben würde und genau dieses Wissen erlaubte es ihm, in eben dieser Nacht überhaupt wieder einzuschlafen. Die Gründe waren Herz und Hirn vollkommen egal, just in dem Moment fühlte er sich... geschützt. Und so fand er, genauso wie Kai Kilometer über Kilometer entfernt, einmal mehr den Weg ins Reich der Träume. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)