Unspoken von Aislynn (KaixTyson) ================================================================================ Kapitel 8: Novice ----------------- Hallo, zusammen! Und noch ein Kapitelchen zur allgemeinen Unterhaltung. Ich stecke immer noch mittendrin, eine gute Basis für den weiteren Plot der Geschichte aufzubauen, deswegen werden auch die nächsten paar Kapiteln sich überwiegend um die Charaktere und die Beziehungen zwischen ihnen drehen. Der Anime selbst 'kreiselt' ja meistens ums Beybladen als Sport (kommt in dieser Story auch vor, zumindest planen meine Musen das ein oder andere) und da find ich, kommt das Zwischenmenschliche, besonders unter den Teammitgliedern, ziemlich kurz. Beschweren tu ich mich dennoch nicht, denn das gibt mir als Schreiberlein umso mehr Interpretationsfreiraum, den ich liebend gern ausnutze X3 Und jetzt, Fiction ab! Kapitel 8 Novice Dragoon beiseite legend, erhob Tyson sich, ließ seine Kappe auf dem Tisch liegen und schlüpfte aus seinem Zimmer. Dem leisen Gemurmel und den Soundeffekts von der Treppe her nach zu urteilen, schaute jemand unten fern, höchstwahrscheinlich Ray denn an Max' Zimmertür vorbeigehend hörte er des Blondschopfs gedämpfte Stimme. Wieder am Telefonieren, und er konnte mit einer fast 100%-tigen Sicherheit sagen, mit wem. Tyson schüttelte den Kopf - es war schon erstaunlich, wie lange Max und sein Vater über alles Mögliche und Unmögliche reden konnten. Er hatte mal gepflegt, den kaum jüngeren Blader gutherzig darum zu beneiden, dass er zu seinem Vater so einen guten Draht hatte. Das er einen Vater hatte. Aber... jetzt hatte Tyson ja Kai... Beim Zimmer des Teamchefs angekommen, lauschte er kurz, denn er hörte auch hier sanfte Geräusche vom Inneren durchdringen. Es war aber nicht Kais Stimme, sondern Musik, eine ungewöhnliche aber schöne Melodie. Ungewöhnlich in dem Sinne, dass sie etwas ausländisches an sich hatte, und nachdem er die Tür aufgemacht hatte, begriff Tyson auch warum. Die weiche Frauenstimme, die sang, sang auf einer ihm unbekannten Sprache. Nun, nicht gänzlich unbekannten, er konnte sie zwar weder sprechen noch lesen noch verstehen, aber er hatte sie schon mal gehört. Russisch. Die Male, die Tyson auch anwesend war, hatten Kai und Tala sich ab und zu ein paar Sätze auf Russisch zugeworfen, und die Male, die er Tala mit den Demolition Boys gesehen hatte, hatten sich diese untereinander ebenfalls überwiegend in ihrer Muttersprache unterhalten. Als er jemanden rein kommen hörte, streckte Kai die Hand aus und drehte an dem Lautstärkeregler des kleinen CD-Players auf dem Nachttisch. Das Lied war nun fast nicht mehr hörbar, lief aber weiter und erhielt somit die warme und beruhigende Atmosphäre am Fortbestehen. "Hey." Grüßte der Ältere, und der Drache lächelte leicht, die Tür wieder hinter sich schießend. "Hey..." Grüßte er zurück und nickte dann zum Player, während er sich auf den kurzen Weg von Tür zu Bett machte. "Wovon handelt das Lied?" Kai saß aufrecht, mit dem Rücken gegen das Kopfende gelehnt, ein mittelgroßes Buch und ein Kugelschreiber in den Händen, und auf der Kante des Betts war, wo Tyson Platz nahm. Rubinrote Augen musterten ihn, nicht eindringlich, aber amüsiert. "Über Abschiedschmerz, und wie das lyrische Ich damit umgeht." Tyson rutschte weiter aufs Bett und Kai legte das Buch, das er hielt und das eigentlich ein Terminplaner war, in seinem Schoß ab, um einen Arm frei zu haben und ihn um Tyson zu legen, sobald dieser es sich ebenfalls am Kopfende bequem gemacht hatte und sich locker zurück gegen die Schulter des Phönix lehnte. "Und wie geht es damit um?" Der Achtzehnjährige drückte einen Kuss auf die Schläfe seines Freundes. "Indem es sich damit abfindet und selbstbewusst versucht mit der daraus resultierenden Einsamkeit zurecht zu kommen." "Dass du solche Lieder hörst." Den Kopf etwas drehend, um Kai anzusehen, lachte der Jüngere auf, obschon in keiner Weise urteilend. Ein Lied, egal zu welchem Thema, war so schön, wie die Worte, in denen es die Gefühle wiedergab. Solange es an den Saiten des Herzens ziehen konnte, war es ein gutes Lied. Ein Zucken mit der freien Schulter. "Ich mag die Sängerin, sie hat eine schöne Stimme und schreibt gute Texte, die ich nachempfinden kann." Gab Kai schlicht zu Antwort, und Tyson nickte verständnisvoll. Er lauschte für einen Moment dem Gesang. Die Stimme war wirklich schön, jung und gefühlvoll, mit einer warmen Klangfarbe. Unwillkürlich musste er an eine Frau Mitte Zwanzig denken, mit langem, schwarzem Haar, tiefbraunen Augen und einem herzlichen, auch wenn ein wenig traurigen Lächeln. "Was heißt denn Abschied auf Russisch?" Fragte er dann neugierig. "Разлука." (*) Ein weiteres leises Auflachen. "Klingt komisch und schwer." Kommentierte Tyson. Die Sprache an sich hatte ihn immer schon interessiert, denn sie hatte einen zwar zum Teil rauen, aber dennoch angenehmen Klang. Der junge Halbrusse neben ihm lächelte. "In der Tat." Überwiegend in den Weiten Russlands aufgewachsen, beherrschte er seine Muttersprache einwandfrei. Da sein Vater aber japanischer Herkunft gewesen war, war Kai doppelsprachig aufgewachsen und auch sein Großvater war beider Sprachen mächtig. Er wunderte sich, ob Tala Japanisch immer noch mit einem gewissen scharfen Akzent sprach, denn dieser hatte sie erst später in der Abtei gelernt, ab und zu auch mit Kais Unterstützung. Tyson lauschte der Musik für eine Weile länger und war ziemlich glücklich, als er das gerade gehörte Wort erhaschen konnte. "Rasluka v serdze ... Was heißt das?" Kai hob überrascht und anerkennend die Augenbraue. Obwohl mit natürlichem Akzent, hatte Tyson eine ziemlich gute Aussprache dafür, dass er die Sprache an sich bisher kaum kannte. "Der Abschied im Herzen." Übersetzte er, amüsiert ob Tysons niedlich konzentriertem Gesichtsausdruck. "Und was singt sie davor? Im ganzen Refrain, mein ich?" Denn der kleine Fetzen an sich machte für ihn jetzt noch nicht viel Sinn. Da er das Lied ohnehin schon auswendig kannte, fiel Kai die weitere Übersetzung, gleich einem verbalen Untertitel, nicht sonderlich schwer. "Jeder Moment war behaucht mit dem Glück, das ich weiß ich mal hatte. Und es gab so viel Licht und Wärme, und lauter, verrückter Freude. Und alle meine Freunde waren nahe, und ihre Worte wärmten meine Seele. Jetzt sind Städte über Städte zwischen uns – der Abschied flößte Kälte ins Herz ein." Die Mimik des Phönix reflektierte Nachdenklichkeit, und er ergänzte: "Übersetzt klingt es nur halb so schön." Konnte Tyson sich durchaus vorstellen. Die meisten japanischen Lieder, Sätze und Erzählungen verloren in ihrer englischen Fassung ebenfalls sehr viel an Gefühl, Grazie und nicht selten auch Sinn. Da hatte er schon so einiges in Schule, Internet und Fernsehen gesehen, beziehungsweise gelesen. "Sag's ganz. Auf Russisch?" Bat er also. "Я знаю, счастье было у меня, и им дышало каждое мгновенье. И было столько света и тепла, и шумного, безумного веселья. И были рядом все мои друзья, и их слова мне согревали душу. Теперь же между нами города, разлука в сердце поселила стужу." (**) Es klang bereits viel schöner, wie er fand, auch weil es sich reimte. Nach einem Augenblick Stille... "Daraus resultierte also ihre Einsamkeit?" Betitelte er das lyrische Ich einfach mal als eine Vertreterin des weiblichen Geschlechts, da es ja auch von einer Frau gesungen wurde. "Mhm. In den Versen davor singt sie davon, dass sie ihre Heimatstadt und somit auch ihren Geliebten aus bestimmten Gründen verlassen musste." Erklärte der Phönix. "Mit dem Glück kann dann ihre Liebe gemeint sein, welche ihr so viel Licht und Wärme gab. Und die verrückte, laute Freude muss sie wohl mit den Freunden gehabt haben, die ihr gleichzeitig auch in allem beistanden." Sinnierte Tyson, die feinen Augenbrauen zogen sich dabei etwas Richtung Nasenbrücke zusammen. "Sagt sie denn, warum sie gehen musste?" "Nicht ganz. Sie macht nur vage Andeutungen, und gibt vereinzelt verschleierte Hinweise, die man sowohl als ihre eigene Entscheidung wie auch als unbeeinflussbare Umstände auslegen könnte. Das ist aber sicherlich Absicht." "Du meinst, damit der Zuhörer, darauf aufbauend, sich an dieser Stelle seine eigenen Gründe vor Augen führen kann? Also falls er in der selben Situation steckt." Führte Tyson die Erklärung des Anderen mit den eigenen Überlegungen grüblerisch zu Ende. Wieder ein zustimmendes: "Mhm. Und da der letzte Satz des Refrains sich ebenfalls weder expliziert auf das erwähnte Glück oder die erwähnten Freunde bezieht..." "...überlässt es einem selbst, ob man dabei an seinen Geliebten, seine Freunde oder einfach an Beides denkt." Beendete der Jüngere auch dieses Mal beschwingt. Der Mundwinkel des Teamleaders zuckte leicht nach oben. "Genau. Du bist ja richtig gut im Interpretieren." So kannte er Tyson bisher auch nicht, er hatte ihn nicht für den Typ gehalten, der an solcher Art Unterhaltung Spaß haben könnte. Tyson lachte leicht verlegen. "Nah." Winkte er ab und lehnte sich etwas mehr an den Älteren, den Kopf auf dessen Brust ablegend. Wenn man mit einer Sprache wie Japanisch aufwuchs, die ihre Aussagen stets in Mehrdeutigkeiten hüllte, insbesondere was Poesie und Literatur betraf, lernte man das Interpretieren und das Sehen von mehreren Auslegeoptionen in einem Satz von Klein auf ganz automatisch. Da waren die Wortäußerungen im Englischen um einiges klarer und unmissverständlicher. Englisch war auch die einzige Sprache, schultechnisch bedingt natürlich, die Tyson neben Japanisch konnte und das mittlerweile sogar ganz gut, dank der ganzen Auslandsbesuche, denn auf Weltmeisterschaften waren gute Englischkenntnisse mit am wichtigsten, um mit Gegnern, Fans und Schiedsrichtern zu kommunizieren. Obwohl sein Verhalten nicht immer darauf schließen ließ, war er doch ein gebildeter Teenager und obwohl er sich des Öfteren über Schule und Hausaufgaben beschwerte, war er lernfähig und nicht selten wissbegierig. "Kai?" "Hm?" Tyson schaute auf zu seinem Freund. "Bringst du mir Russisch bei...?" In welch kleiner Weise auch immer, wollte er an dieser anderen Lebensweise und Kultur, die der Phönix erlebt und gelebt hatte und die ein Bestandteil von ihm war, Teil haben. Damit würden sie sich, so fühlte er, sicherlich noch ein bedeutsames Stück näher kommen. Kai legte den Kopf ein bisschen schief und sah den Anderen aufmerksam an. "Wenn du willst." Die Hand erhoben, strich er in einer Geste, die langsam wohl zu einer von Tyson sehr willkommenen Angewohnheit wurde, ein paar dunkelblaue Haarsträhnen aus des Drachens hübschem Antlitz. Seine Antwort war ein zielstrebiges Nicken, und er schmunzelte: "Okay, dann." Das versprach definitiv, interessant zu werden. "Auch die Schrift?" Kam eine weitere, begeisterte Frage und diesmal war Kai es, der leise auflachte, bevor er seine Lippen kurz gegen die Stirn des Jüngeren presste. "Auch die Schrift." Damit schlug er den Terminkalender auf einer unbeschriebenen Seite auf und Tyson machte es sich bequemer in seiner ohnehin schon kuscheligen Position. Den Rest des Abends verbrachte er damit über das kyrillische Alphabet zu staunen und seine ersten Buchstaben sowohl auch seine ersten Phrasen, zusammen mit der richtigen Aussprache dieser, zu lernen. Spaß machte es auf jeden Fall, zumal Kai sich auch als ein ausgezeichneter Lehrer entpuppte. Nicht wirklich verwunderlich, nicht umsonst war er Teamkapitän - seine ruhige, geduldige Art und die präzisen, klaren Erklärungen machten das Verstehen von diesem oder jenem um vieles einfacher. In Tysons Kopf brodelte es also nur so von neu erworbenem Wissen indes er sich zum Ende hin einen langen, sanften Kuss als Belohnung einheimste und danach glücklich und zufrieden an Kais Seite, in dessen Armen und diesmal auch in dessen Bett, friedlich und ruhig einschlummerte. Die nächsten paar Tage vergingen für ihn dann wie im Traum. Er und sein Team hatten durchgehend eine super Zeit miteinander, und man konnte guten Gewissens von ausgezeichneter Erholung und Entspannung sprechen. Zumindest was Tyson betraf. So auch heute, der Tag war toll gewesen, zwar ohne echtes Beybladen, dafür hatten sie aber ausgiebig auf der Konsole gezockt. Normalerweise verbrachten sie die meiste Zeit draußen, doch diesmal war's einfach nur zu heiß gewesen, das klimatisierte Haus zu verlassen und auch noch anstrengende Aktivitäten wie Beybladematches auszutragen. Der junge Drache hatte eigentlich die ganze Zeit über an den See gewollt, Max und Ray jedoch schienen da keine Lust drauf gehabt zu haben. Er hatte dann geschmollt, sich Kai geschnappt und sich mit ihm zusammen ins Zimmer des Ältern verkrochen, um seinem neuen Hobby nachzugehen und seine Russischkenntnisse weiter auszubauen. Er war grade mal durchs halbe Alphabet, also er kannte es zwar schon ganz, die Buchstaben aber auch zu schreiben war dann doch etwas schwieriger als wissen, sie zu unterscheiden. Zudem es auch Komplexitäten gab, wie zum Beispiel das englische 'x' das im Russischen dann plötzlich ein 'h' war. Oder das 'c' das als 's' gelesen wurde. Kai war geduldig mit ihm, eigentlich auch sehr motivierend und mit so einem Privatlehrer ging die Sache auch ziemlich erfolgreich voran. Tyson seinerseits war oft genug ungeduldig und eigentlich nie zufrieden mit dem eigenen Fortschritt, es ging ihm einfach nicht schnell genug. Des Phönix Gelassenheit und Besonnenheit waren deswegen ein gutes Gegengewicht dazu; der passionierte Eifer und die bedachte Gemessenheit glichen sich wie zwei Waagschalen einwandfrei aus. Die Uhrzeiger schlichen sich hinter die Zahl Zehn auf dem Ziffernblatt, als der gebürtige Japaner erschöpft das mit teilweise komisch aussehenden Schriftzeichen gefüllte Blatt mit einem tiefen Ausatmen die Schreibtischplatte entlang von sich weg schob. "Lass uns für heute Schluss machen, sonst platzt mir noch der Schädel." Grummelte er, was mit einem amüsierten Blick quittiert wurde. Neben dem jungen Drachen, ebenfalls auf dem Stuhl am Schreibtisch sitzend, streckte Kai die Hand aus und fuhr mit den geschickten Fingern kurz durch die weichen, nachtblauen Strähnen. "Soll mir Recht sein. Spät genug ist's ja auch schon." Tyson blickte daraufhin zur Uhr und kratzte sich am Hinterkopf. "Wirklich müde bin ich aber noch nicht." Sein Blick schweifte weiter – zum Fenster und dem Vollmond am sternenübersähten Firmament hinter der Glasscheibe. "Wir könnten ein bisschen raus gehen. Zum See, falls du immer noch willst." Schlug Kai vor und beobachtete mit ein wenig Belustigung, wie Tyson wieder den Kopf zu ihm drehte und ihn aus großen Augen ansah. "Meinst du das ernst?" Ein leichtes Nicken brachte den Jüngeren zu einem breiten, glücklichen Grinsen, es war offensichtlich, dass er für die Idee sofort Feuer und Flamme war. "Cool! Nachtschwimmen war ich noch nie!" Kai schmunzelte und erhob sich. "Ich schon, des Öfteren." Mit Tala. Und es waren mit die besten Sommernächte seines Lebens gewesen. Aber diese Ergänzungen behielt er für sich. Nachts und draußen, war schlicht und ergreifend immer die beste Zeit für sie Beide gewesen mal zusammen allein zu sein. Aber auch für sich persönlich, mochte Kai die nächtliche Zeit lieber als den Tag. Nachts war meistens alles ruhig, nachts waren kaum bis keine Menschen unterwegs, nachts schienen viele Dinge einfach nur anders denn tagsüber. Und nur Nächte vermochten es manchmal, in all ihrer simplen Anmut, atemberaubend schön zu sein. Kai hatte eine starke Neigung zu Nachtaktivität und seine Schlafgewohnheiten variierten manchmal ziemlich extrem. Generell war er jemand, der auch nie sonderlich viel Schlaf benötigte. Spät ins Bett gehen und früh aufzustehen waren nie ein großes Problem gewesen, auch der ausgeprägten Willenskraft und inneren Einstellung wegen. Gab es ein akzeptiertes Muss und Soll, würde es um jeden Preis befolgt werden. Mit Tala hatte es diesbezüglich nie Probleme gegeben, denn der Rotschopf selbst war nicht viel anders. Wie es sich wohl mit Tyson entwickeln würde? Wahrscheinlich eine der zahlreichen Antworten, die es noch herauszufinden galt. Nachdem also die paar notwendigen Sachen gepackt waren und Ray im Vorbeigehen am Wohnzimmer Bescheid gegeben wurde, ging es für zwei der Bladebreakers auf einen nächtlichen Spaziergang Richtung See. Der junge Tiger erhielt wenig später Gesellschaft, denn Max war ebenfalls runter gekommen und plumpste neben ihm aufs Sofa. "Weißt du, wo Tyson ist? Irgendwie sind weder er noch Kai in ihren Zimmern." Ray schaltete die Lautstärke etwas runter und sah nun statt der Mattscheibe seinen Teamkollegen an. "Sie sind raus zum See." Antwortete er und Max guckte ziemlich überrascht aus der Wäsche. "Zum See? Um die Uhrzeit?" Der Schwarzhaarige zuckte leicht mit den Schultern. "Warum nicht? Es ist nicht mehr so heiß, und nachts ist's eigentlich ziemlich schön draußen. Außerdem haben wir Vollmond." Dank Driger's Einfluss, und auch einigen genbedingten Eigenschaften, hatte der gebürtige Chinese nicht nur äußerlich etwas Wildkatzenartiges an sich, er konnte sehr gut ein nachtaktives Leben führen. Seine Augen waren nicht nur schön in ihrer ungewöhnlichen Farbe, sondern auch praktisch – gleich denen eines Tigers konnten sie, dank einer Adaption, Licht zurück auf die Netzhaut reflektieren, was seine Nachtsichtigkeit auf das Sechsfache eines Menschen verbesserte. Sein Geruchs- und Gehörsinn waren ebenfalls viel feiner und schärfer, was sehr oft sehr brauchbar war, manchmal aber auch lästig wurde, insbesondere wenn sich zu viele Menschen um ihn herum tummelten. Deswegen konnte er die Begeisterung für einen geruhsamen Nachtspaziergang eigentlich sehr gut nachvollziehen. Den Grund für und um seine animalischen Fähigkeiten wussten aber eigentlich nur die Ältesten ihres Dorfes und sein Ex-Team, die White Tigers, denn dessen Mitglieder besaßen überwiegend die gleichen Begabungen. Seine jetzigen Teamkollegen, insbesondere Kai, vermuteten wahrscheinlich so einiges, angesprochen wurde es bisher aber noch nicht. Er schätzte, sie warteten einfach nur darauf, dass er es ihnen irgendwann mal selbst erklären würde und bis dahin ließen sie ihm seinen Schweigefreiraum. Wofür Ray sehr dankbar war. Max indes seufzte und lehnte sich zurück, eine Weile die flimmernden Bilder im Fernsehen beobachtend. "Was hältst du eigentlich davon?" Fragte er dann leise, und Ray blinzelte verwundert. "Wovon?" "Von Tysons und Kais Beziehung. Ich meine, außer, dass du dich für sie freust und nichts dagegen hast." Der Blondschopf wechselte seine Position, setzte sich nun seitlich auf die Couch, zog die Beine ebenfalls mit darauf und kurz danach an. Ray runzelte nachdenklich die Stirn. "Na ja. Sie kommen soweit doch sehr gut miteinander aus und scheinen auch glücklich miteinander zu sein. Ich denke, dass das eigentlich sehr schön ist. Insbesondere für Kai freut es mich, denn soviel ich mitgekriegt habe, hatte er nicht viel Freude im Leben. Wenn es weiterhin so gut klappt, können sie nur davon profitieren." So sah er es auf jeden Fall. Max gluckste und nickte zustimmend. "Das ist wohl wahr. Tyson lernt jetzt übrigens Russisch." Die goldenen Iriden seines Gegenübers weiteten sich leicht: "Ernsthaft?" Noch ein energisches Nicken. "Ernsthaft. Erst heute morgen hatte er mir irgendwas zugerufen und dabei gegrinst, wie ein Honigkuchenpferd. Kai hat nur den Kopf geschüttelt, aber er hat geschmunzelt. Sieht man bei ihm ja auch nicht ganz so oft." Ray schnalzte anerkennend mit der Zunge. "Hätt' ich Tyson nicht zugetraut sich an eine neue Sprache ran zu wagen." "Nun, soviel ich mitbekommen habe, ist Kai ein ziemlich guter Lehrer." Diesmal war es an Ray amüsiert aufzulachen. "Wundert mich jetzt irgendwie nicht unbedingt." Er musterte den Blondschopf dann für einen Augenblick, und seine Stimme erklang diesmal sanfter und bedächtiger: "Sie verbringen jetzt wirklich viel Zeit miteinander. Ist bestimmt nicht so einfach für dich." Dem abwehrenden Aufblitzen in den azurblauen Kristallen nach zu urteilen, hatte er ins Schwarze getroffen. Max war eine gute Seele, die vieles hinter einer Fassade aus Fröhlichkeit und Optimismus verstecken konnte, doch wenn man ihn gut genug kannte und gezielt genug hinschaute, bemerkte man kleine Veränderungen. Ray warf Tyson nicht vor, dass dieser die feinen Anzeichen nicht zu sehen vermochte, das lag nicht in der Natur des Drachen, ferner war er gerade ziemlich stark auf Kai fixiert – verständlicherweise. Außerdem gab sich Max vor den Augen seines besten Freundes extra Mühe sich nichts anmerken zu lassen. Dennoch - er vermisste ihn. Ray kannte das Gefühl sehr gut, er vermisste insbesondere Lee und Mariah oft genug. Kai war in der Sache schon scharfsichtiger, und in seiner eigenen genauso subtilen Art und Weise versuchte er, das ein oder andere auszugleichen. Wenn sie sich zwei gegen zwei zusammenschlossen, ob nun beim Beybladen oder welcher anderen Beschäftigung auch immer, steckte er meistens Max und Tyson zusammen. Er regte sich auch nicht mehr wirklich auf, wenn die Beiden wieder irgendwelche Kindereien im Sinn hatten. Max kratzte sich am Hinterkopf und lächelte seinen Teamkollegen an. "Ich werd's schon überleben." Ein Grinsen ging Hand in Hand mit der Ergänzung: "Und dich gibt's zum Glück ja auch noch." Er hatte Ray schon immer sehr gemocht, als Mensch war der einfühlsame und hilfsbereite Tiger eine Klasse für sich. Er war ein guter Zuhörer, stand einem auch immer gern mit Rat und Tat zur Seite. Ebenso gut war er im Aufmuntern und Zusprechen, so auch jetzt, als er die Hand ausstreckte und Max sachte und aufmunternd auf die Schulter klopfte. "Das stimmt allerdings. Und Tyson musst du einfach etwas mehr Zeit geben. Er steckt gerade nur in einer ziemlich tiefen Phase der Verliebtheit." Ein scharfzähniges Grinsen begleitete die Aussage. Ray hatte für sich schon lange erschlossen, dass im Gegensatz zu Kai, ihr blauhaariger Wirbelwind zum ersten Mal in seinem Leben richtig verliebt war. Er konnte auch sehen, was an dem Halbrussen den Jüngeren so anzuziehen vermochte. Der Phönix war ein stattlicher junger Mann und trotz oder gerade wegen seiner kühlen Attitüde unheimlich interessant für jene, die leicht dem Enigmatischen verfielen. Beliebt bei ihren Fans, weiblichen sowohl auch männlichen, war er jedenfalls - was Fanpost anging war er unter ihnen Vieren definitiv der Champion, auch wenn Kai selbst davon stets eher weniger begeistert war. Der Blondschopf schnaubte belustigt und sarkastisch zugleich. "Oh ja. Mich wundert's ungemein, dass er sein Zimmer noch nicht mit Kai-Postern tapeziert hat." Natürlich war das in keinem Sinne böse, sondern eher spaßig gemeint. Ray lachte und schüttelte den Kopf. "Wozu denn auch, wenn er das Original rund um die Uhr um sich haben kann?" Nun gönnte auch Max sich eine Lachpause und nachdem er kurz zum Fernseher geblickt hatte, leuchteten seine Augen auf dank der Ankündigung des Films, der nach der Werbepause kommen sollte. "Der ist toll, lass uns den sehen!" Sein Gegenüber schmunzelte, bevor er sich erhob. "Warum nicht. Ich mach uns dann mal Popcorn." "Klasse! Du bist auch toll!" Verkündigte der Jüngere enthusiastisch, und Ray verengte amüsiert die goldfarbenen Augen. Im Vorbeigehen tauchte seine Hand in die sonnengeküssten Locken des Anderen und wuschelte freundschaftlich durch diese. "Ohne Tyson bist du echt vereinsamt, eh?" Neckte er, woraufhin Max nur eine gespielt beleidigte Schnute zog. Seine himmelblauen Iriden jedoch, schimmerten fröhlich und ausgelassen. --- Fußnoten: *Razluka **Ja znaju, schjas'tje bilo u menja, i im dischalo kazhdoje mgnoven'je. I bilo stol'ko sveta i tepla, i schumnogo, bezumnogo vesel'ja. I bili rjadom vse moi druzja, i i'h slova mne sogrevali duschu. Teper' zhe mezhdu nami goroda, razluka v serdze poselila stuzhu. Transkriptionen sind lustig *lacht* Frei nach dem eigenen Ermessen gemacht, ich hoffe, es liest sich einigermaßen okay. Die Übersetzung ist zwar mein, der Originaltext jedoch nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)