Unspoken von Aislynn (KaixTyson) ================================================================================ Kapitel 6: Twenty one questions ------------------------------- *lol* Ich weiß, ich weiß. Obwohl ich's mit allen möglichen Mitteln und Erklärungen, wie es schein auch relativ erfolgreich, in ein rechtes Licht rücken wollte, ist das Bladebreakers Gruppenkuscheln ein purer, selbstsüchtiger Fangirl-Moment gewesen :x Was kann ich sagen, die Vorstellung ist in der Tat göttlich, und weder ich noch meine Musen ließen sich den Spaß nehmen. Dazu war's einfach zu verlockend gewesen XD Ich wunder mich, ganz meinen Kommischreibern gleich, wann wir mit dem lieben Tala rechnen können, denn auftauchen wird er mit Sicherheit, und das wahrscheinlich eher früher als später. Ich war die letzten Wochen nämlich sehr fleißig am Handlungsschemaschmieden/spinnen. Allerdings sind es alles einzelne Szenen und Ideen, die es gilt, irgendwie sinnvoll und vernünftig in den Fluss der Geschichte einzubauen, und Szenarios zu kreieren, die glaubhaft zu eben jenen einzelnen Szenen und Ideen führen. Det is schon schwieriger, aber ich geb mir Mühe ^_^ Deswegen auch großes Danke für die Unterstützung, denn Motivation braucht es schon, beim Ausdenken und Niederschreiben nicht nachzulassen. Noch geht's ja relativ zügig, ich hoffe, das bleibt auch für eine Weile so. Idealerweise bis zum Ende der Story. Ich komme ja sowieso gerade erst aus einer kreativen Schaffenspause, und dies ist meine erste deutschsprachige Fanfiction seit... ja. Vier Jahren. Bis dahin immer nur Englisch geschrieben und eigentlich auch nur auf J-Rock fixiert gewesen. Und jetzt sind mir doch tatsächlich wieder die alten Beyblade-Musen erwacht, schon komisch. Ich schätze, ich wollte einfach mal was Anderes schreiben. Na dann wollen wir doch mal sehen, wo uns diese Story letztendlich hinführt. Der erste Kuss hat ja auch 'nur' 5 Kapiteln gebraucht, aber es freut mich, dass das Warten sich gelohnt hat und die ausführliche Darstellung/Beschreibung von sowohl Handlungen als auch Gefühlen willkommen ist. Mein Ziel ist es oft, den Moment besonders hervorzuheben (wie den Kuss, zum Beispiel) und wenn ich dieses Ziel habe, wird's immer ziemlich detailreich <.<; Manchmal auch, einigen meiner englischsprachigen Lesern nach, zu detailreich, wessen ich mir auch vollkommen bewusst bin und was einfach nur Teil meines Schreibstils ist und sich wahrscheinlich auch nicht ändern wird X3 Mal sehen, ob das Phänomen auch beim deutsprachigen Schreiben noch auftreten wird =3 Jedenfalls hab ich bisher noch Spaß beim Kreieren dieser Story, und ich hoffe, ihr werdet auch weiterhin Spaß beim Lesen selbiger haben! Somit dann auch: Fiction ab! Kapitel 6 Twenty One Questions Einen anderen Menschen beim Schlafen zu beobachten, konnte die mit am meisten beruhigende Aktivität sein. Kai war bereits seit einiger Zeit wach, bewegt hatte er sich aber kaum. Zum einen weil Tyson, immer noch dicht an ihn gekuschelt, immer noch tief und fest schlief, zum anderen, weil es noch recht früh war. Ein weiterer Grund war jedoch auch, dass er einfach nur einen seltsamen Frieden verspürte, wenn er den entspannten Ausdruck auf den feinen Gesichtszügen betrachtete. Es war wie ein Gemälde, das, obwohl schlicht und natürlich, einen doch irgendwo... faszinierte. Dass er selbst jemandem Frieden und Ruhe, Sicherheit, geben konnte, um ihn so gut schlafen zu lassen, war für Kai ein überwiegend fremdartiger Gedanken. Es war ein Gefühl, das er selbst kannte - er hatte es gespürt, manchmal, wenn er und Tala ganz privat miteinander waren. Die Momente waren selten gewesen, doch er wusste gut, wie viel sie ausbalancieren konnten. Natürlich hatte Tala nie so friedlich schlummernd, geschweige denn an ihn gekuschelt, neben ihm gelegen. Der Rothaarige war weder der Typ dafür, noch mochte er es gern, übermäßig gefühls- oder körperbetont in einer Beziehung zu sein. Umso mehr wertvoller schienen die Momente, in denen sie einander nahe hatten sein können, ob nun körperlich oder emotional. Man musste jedoch in Betracht ziehen, dass solcher Art Beziehungen in der Abtei generell verboten waren und sie sich verdeckt hatten halten müssen. Wie es war, jemandem zu vertrauen und sich bei ihm sicher zu fühlen, kannte der Phönix dennoch. Ob Tala sich je bei ihm sicher gefühlt hatte, konnte Kai nicht sagen, aber dass Tyson es tat, war dem Jüngeren relativ einfach anzusehen. Sogar im Schlaf... Er schaute zu, wie sich das Netz aus dünnen Wimpern entflocht, als der junge Drache langsam die Augen öffnete, wie sich seine Nase leicht kräuselte und die Augenbrauen etwas Richtung Nasenbrücke rutschten in einem Versuch, die Schlaftrunkenheit zu verjagen. All dies verleitete Kai zu einem kleinen Lächeln und genau dieses Lächeln begrüßte Tyson in dem Moment, in dem er seinen Blick hob. Er wurde augenblicklich wacher mit dem Sprung seines Herzens, welches daraufhin fröhlich und dynamisch ein Gefühl der Glückseligkeit und absoluter Zufriedenheit mit dem Fluss des Bluts durch ihn pumpte. "Morgen..." Nuschelte er ein wenig ergriffen, seine Lider flatterten halb zu, wenn Kai die Hand hob und die feingliedrigen Finger sanft ein paar nachtblaue Haarsträhnen aus seinem Gesicht strichen. Der Ältere lehnte sich etwas vor und seine Lippen berührten Tysons Stirn. "Morgen." Ein ruhiges Flüstern gegen die weiche Haut. Himmel, genauso. Genauso, wollte Tyson jeden Morgen aufwachen. In diesen Armen, mit dieser Wärme, und diesen Gesten. Er war glücklich. Einfach und aufrichtig glücklich. Er presste sich näher an den Älteren, schloss die Augen und hielt inne, um dieses Gefühl noch etwas festzuhalten und zu genießen. Kai schmunzelte nur, gegen ein paar Minuten wortlosen Schmusens hatte er nichts, insbesondere wenn Tyson diese brauchte. Die Rückseite seiner Finger strich kurz über die Wange des Anderen, bevor der dazugehörige Arm wieder seine schützende Position um das zutrauliche Wesen schlang. Gedankenverloren lauschte er dem regelmäßigen Atem und schaute die gegenüber liegende Wand an. Es war ungewöhnlich, aber auch schön, abwechslungsweise mal nicht groß nachdenken zu müssen. Normalerweise kreiste immer irgendwelches Geistesgut in Kais Kopf: Erinnerungen, Pläne, Analysen von Taten und Worten, ob seinen oder die eines Anderen, ob die heutigen oder vergangenen Tage, Sorgen, tiefgründige Monologe zu dem einen oder dem anderen Thema, und vieles mehr. Es war schwer, diese Überlegungen abzuschalten und zwar zu dem Grade der Einfachheit und Belanglosigkeit, dass sie einen nicht mehr störten. So mit Tyson zusammen liegend jedoch, war es irgendwie... einfacher. Wie viel Zeit vergangen war, wusste wohl keiner von Beiden, bis plötzlich ein kurzes Klopfen an der Tür Tyson aufschreckte, während Kai nur den Blick zur besagten Tür gleiten ließ. Da er gestern abgeschlossen hatte, ging die Klinke umsonst runter, das Stück Holz gab dem leichten Drücken von Außen nicht nach. Er spürte sehr wohl, wie der Körper des Drachen in seinen Armen versteifte. "Tyson? Bist du schon wach?" Rays Stimme, sein überraschter Gesichtsausdruck war den zweien im Raum dabei nicht sichtbar. Der Schwarzhaarige wunderte sich - Tyson hatte noch nie abgeschlossen... Die Angewohnheit kannte er eher von Kai, aber dessen Zimmer war leer, auch wenn Ray annahm, dass der Teamleader wahrscheinlich bereits irgendwo draußen war. Der junge Russe war ein Frühaufsteher, nicht selten am Trainieren, während alle Anderen noch am Schlafen waren. Da Ray selbst nicht selten früh aufzustehen pflegte, hatte er Kai das ein oder andere Mal bei der morgendlichen Praxis Gesellschaft geleistet. "Uhm... Ja. Ich- Was ist denn, Ray?" Fing Tyson sich wieder, den Oberkörper auf dem Ellbogen anhebend. Er starrte unruhig die Tür an, als ob er erwartete, dass sie jede Sekunde auffliegen würde. "Ich wollte nur sagen, dass das Frühstück bald fertig ist." "Okay. Bin gleich da." Dann hörte er die Schritte den Flur und kurz darauf die Treppen runter, als Ray sich entfernte. Mit einem abrupten Ausatmen ließ sich der Blauhaarige wieder in die Kissen fallen. Rehbraune Augen richteten sich auf Kai, der über Tysons Aufgewühltheit eher amüsiert zu sein schien. "Du bist verdammt vorausschauend." Sagte Dragoons Meister leise, mit einem Hauch Erleichterung. Doch genauso war Kai, bedacht und mit erstaunlichem Weitblick gesegnet. Mit ihm war man praktisch fast immer auf der sicheren Seite. Eben Erwähnter schmunzelte. "Vorsichtig, würde ich eher sagen. Hast du so viel Angst davor, dass sie es erfahren?" Der Siebzehnjährige biss sich auf die Unterlippe. Es war nicht wirklich... "Nicht wirklich Angst. Ich bin nur..." Wie konnte man dieses Gefühl am Besten beschreiben? Es war nicht wirklich Furcht, mehr eine Sorge... eine... Befürchtung, aber auch nicht ganz. "Unsicher?" Er blinzelte zu Kai hoch, denn ihre Positionen haben sich gewechselt, Tyson lag nun rücklings im Bett und der junge Phönix hatte sich auf den Unterarm erhoben. Es war dem Drachen ein Rätsel, wie der Andere Gefühle so präzise und genau bestimmen konnte. Er hätte Kai nie zugetraut, sich so gut mit Emotionen auszukennen, zeigte er selbst doch so wenig davon. Im Gegensatz dazu, obwohl Tyson seine Emotionen nie versteckte und frei nach außen hin präsentierte, hatte er oft genug Probleme, diese näher zu beschreiben oder den Grund für sie zu benennen. Er lebte sie, er analysierte sie nicht und er nahm sie nicht auseinander. Kai hingegen schien den genau gegensätzlichen Weg zu wählen. Er wusste gut, was er fühlte und warum, genauso wie er gut darin war, die Gefühle Anderer zu erfassen. Die eigenen Gefühle zu zeigen oder darüber zu sprechen jedoch, war etwas, dass er, wenn nicht nicht konnte, dann nicht gerne tat. Der jüngere Blader nickte zaghaft, er fühlte sich irgendwo schuldig. Dafür, dass er in irgendeiner Weise ihre Beziehung für etwas hielt, das dieses Gefühl der Unsicherheit rechtfertigte. "Stört es dich...?" Fragte er nach einer Weile noch leiser als zuvor. Kai musterte ihn, aber etwas in jenem gefassten Blick abzulesen, war für Tyson unmöglich. "Was meinst du?" Eine gelassene Gegenfrage, als wüsste Kai die Antwort schon. Vielleicht konnte man es eher eine Vermutung nennen, und ob sich diese bestätigte, würde er wohl gleich raus finden. "Dass ich es ihnen noch nicht sagen will? Ich meine, es ist nicht so, dass es mir unangenehm ist oder so... Es ist nur..." Tyson seufzte. Das er innerlich mit sich rang, zeichnete sich klar auf seinem Gesicht ab und verleitete den Teamchef dazu, die Hand auszustrecken und, den Arm als Konsequenz quer über die Brust des Anderen gelegt, Tysons Schulter zu greifen und diese sachte zu drücken. Kai machte es wirklich wenig aus, aber der Jüngere hatte offensichtlich ziemlich große Schwierigkeiten damit. Was er verstand, und dies sagte er ihm auch. "Etwas wollen und etwas können sind zwei verschiedene Sachen, Tyson. Ich kann mir vorstellen, dass du es ihnen sagen willst, aber nicht kannst, weil du dir unsicher bist, wie sie reagieren werden. Und das kann ich verstehen." Obwohl sie sich schon lange kannten und ein Team waren, war Tysons Band zu Ray, und insbesondere zu Max, doch um einiges stärker. Zudem, im Gegensatz zu Kai, war es das erste Mal für den Jüngeren, den grundlegenden Problemen einer gleichgeschlechtlichen Beziehung - in einer immer noch eher strikten moralischen Vorstellungen folgender Gesellschaft - zu begegnen, in Bezug auf Andere sowohl auch in Bezug auf sich selbst. Deswegen... "Deswegen, nein, es stört mich nicht, und es lässt mich auch nicht schlechter von dir denken." Die Worte verleiteten den Drachen nicht nur dazu, sich besser fühlen, ferner machten sie ihn ziemlich nachdenklich. Er war Kai dankbar für die Geradheit, aber er fragte sich auch... "Was ist mit dir? Bist du dir nicht... unsicher? Würdest du es ihnen einfach so sagen können?" Mit den eigenen rehbraunen Iriden fixierte er diese roten Seen – sie waren so ruhig wie je. Ein Lächeln umspielte die Lippen des jungen Russen, zusprechend und selbstbewusst. "Ich hätte kein Problem damit." Eine einfache Replik, die Tyson sowohl neugierig als auch anerkennend die Augen verengen ließ. "Und warum nicht?" Die Hand des Älteren glitt von seiner Schulter die sanfte Kurve seines Halses hoch zu seiner Wange und strich über die Anhöhe des schmalen Wangenknochens. "Weil ich glaube, Tyson, dass egal, wie ihre Reaktion ausfällt, wir damit schon fertig werden." Für einen langen Moment, konnte Tyson den Phönix nur stumm und bewegt angucken. Kai hatte nicht ich gesagt... nein, er hatte wir gesagt. Wir werden schon damit fertig... du und ich. Wie kam es, dass Kai mehr an ihn glaubte, als er selbst es tat? Wie kam es, dass er selbst so wenig Vertrauen hatte, nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu seinen Teamkameraden? Er kannte Ray und Max doch schon seit Ewigkeiten. Sie hatten immer hinter ihm gestanden. Außerdem hatte er jetzt Kai an seiner Seite. Es konnte doch überhaupt nichts Schlimmes passieren. Nicht wahr...? Die eigene Hand hebend, griffen seine Finger Kais Hand, die immer noch auf seinem Gesicht ruhte. Er drückte sie sanft und mit einem milden Lächeln nickte er dem Teamleader zu. Er bekam ein leichtes Lächeln zurück, und drehte sich auf die Seite, um wieder näher zu Kai zu rutschen, weil dieser Drang zurückkehrte. Dieser Drang, ihn zu umklammern und nie mehr loszulassen. So endete er also einmal mehr in einer lockeren und angenehmen Umarmung, erlaubte der friedvollen Stille, sich einer warmen Decke gleich um sie zu legen und konzentrierte sich für einen wundersamen Moment nur auf des Phönix' Präsenz. "Kai?" Schwebte seine Stimme nach einer Weile in einer gesenkten Tonlage in den Raum. "Hm?" "Erinnerst du dich noch... an deine Eltern?" Der junge Russe blickte ein wenig runter, auf den nachtblauen Haarschopf unter seinem Kinn, doch Tysons Antlitz konnte er nicht sehen, da dieses sich gegen seine Brust versteckt hielt. "Vage. An meine Mutter kann ich mich fast kaum erinnern, von meinen Vater hingegen habe ich noch ein paar klare Bilder im Kopf. Seit ich sieben war, war Voltaire meine einzige Familie." Und die Abtei war sein Zuhause gewesen. Und Tala... sein bester Freund. Später dann, sein eingeweihter Liebhaber... und letztendlich... sein größter Feind. Es lag beinahe bitter auf der Zunge, obwohl es nur Gedanken waren. Er schob sie beiseite, zusammen mit den Erinnerungen. Tala war Vergangenheit. Genauso wie die Abtei, sein Großvater und... seine Eltern. Davon wollte und würde Kai sich nicht länger beeinflussen lassen, weder in Wort noch in Tat. Was seine Eltern betraf, wusste Kai um ihr Schicksal nichts. Nachdem er in der Abtei gelandet war, hatten sich weder seine Mutter, noch sein Vater je wieder bei ihm gemeldet. Voltaire hatte ihm mal erzählt, sein Vater wäre, als gebürtiger Japaner, wieder in das Heimland zurückgekehrt, nachdem er seine Firma, Hiwatari Enterprise, seinem Sohn und Voltaire überlassen hatte. Seine Mutter, russischer Herkunft, war entweder irgendwo in Russland, oder in den Weiten dieser Welt. Es gab Zeiten, da hatte er beide Elternteile gesucht, und richtig aufgegeben hatte er die Idee immer noch nicht. Aber mit Biovolt, den Bladebreakers, mit Tala und jetzt mit Tyson, mittlerweile im Vordergrund, rückte das Vorhaben der Elternsuche mehr und mehr in den Hintergrund. "Glaubst du... glaubst du, sie haben dich geliebt?" Eine weitere geflüsterte Frage, die Kai zu einem Stirnrunzeln verleitete, doch ob die Frage selbst oder die Suche nach der Antwort darauf der Grund dafür war, wusste nicht mal er selbst. Er lehnte sich ein wenig zurück, damit er eine bessere Sicht auf den Anderen hatte. "Ich weiß es nicht. Aber ich schätze... irgendwo hoffe ich es." Entgegnete er ehrlich. Irgendwo im Unterbewusstsein, hatten doch fast alle Kinder den Drang, von ihren Eltern anerkannt und geschätzt zu werden. Tyson war für einen Moment still, bevor kaum merkbar, etwas zittrig auszuatmen. Wären sie nicht so nahe beieinander, hätte Kai es wohl überhört, aber jetzt rief die Handlung ein unangenehmes Ziehen in seiner Brust hervor. Der Jüngere schien bedrückt, doch zum Fragen kam der Phönix nicht, als Tyson wieder die Stimme hob, sachte, ruhig und ungemein... seelenwund. "Weißt du... Als der ganze Ruhm kam... und ich plötzlich die ganze Welt bereisen durfte, um auf Meisterschaften teilzunehmen... Jedes Mal, wenn ich im Stadium stand, mit den ganzen Leuten und Fernsehkameras um mich herum... Hab ich mir vorgestellt... Dass meine Eltern mich vielleicht sehen würden." Er war doch schließlich berühmt geworden... Sie müssten doch von ihm gehört haben... "Ich dachte, vielleicht haben sie mich ja gesehen, im Fernsehen. Oder von mir in der Zeitung gelesen. Manchmal dachte ich mir - vielleicht sind sie sogar schon hier... im Stadium. Vielleicht sehen sie mir zu. Und danach... habe ich immer gewartet. Darauf, dass nach dem Match, oder in der Pause, oder nach den Siegesehrungen oder vielleicht ganz kurz vor meiner Abreise..." Tyson beendete den Satz nicht, aber Kai konnte ihn gut in Gedanken ergänzen. Deswegen also... deswegen immer dieser ungewöhnliche, sehnsüchtige, verlorene und dann zunehmend traurige Blick. Er hatte diesen Blick bemerkt, oft, wenn sie nach der nächsten Meisterschaft, dem nächsten Wettkampf, dem nächsten Freundschaftsturnier, wieder in den Bus steigen würden. Wie Tyson dann mit jenen Augen so sehnsuchtsvoll, zum letzten Mal, über seine Schulter blicken würde. Als ob wartete er auf etwas... "Aber niemand kam..." Tysons Finger zupften verloren an Kais Shirt, ein ferner Blick in den rehbraunen Augen, als sähen sie etwas, was niemand außer ihnen zu sehen vermochte. "Ich hab mich oft gefragt, ob sie mich liebten." Die Finger stoppten abrupt in ihrem Tun, und drückten den dunklen Stoff des Shirts in einer milden, hilflosen Faust zusammen. Lediglich in seiner Stimme schwangen die Unverständlichkeit und die matten Noten lang verwelkter Wut mit. "Aber... wenn man sein Kind liebt... lässt man es doch nicht einfach so alleine. Oder?" Tyson hob den Kopf und plötzlich starrten diese schönen, braunen Augen unbeholfen in ihre sanftroten Gegenstücke. "Oder...?" Nicht mehr als ein Wispern. Er hatte diese Frage noch niemandem gestellt. Er hatte das, was gerade seinen Mund, sein Herz, verlassen hatte, noch nie jemandem anvertraut. Nicht mal seinem Großvater. Diese ewige Frage nach dem warum. Warum? Denn genauso wie Kai, wusste Tyson nicht, wo seine Eltern gerade sein konnten, was sich machten, oder ob sie überhaupt noch am Leben waren. An seine Mutter hatte er keinerlei Erinnerungen, ebenso wie an seinen Vater. Sein Opa schwieg meistens zu dem Thema, und richtig nachzuhaken hatte sich Tyson bisher noch nicht getraut, denn irgendwo spürte er, das die Wahrheit vielleicht sehr weh tun würde. Der alte Mann hatte ihm jedoch gesagt, er habe noch einen Bruder, aber von dem hatte der junge Drache seit dem einem Mal, wo Hiro vor ein paar Jahren mal kurz bei den Meisterschaften auftauchte, ebenfalls nichts mehr gehört. Es war eine alte und tiefe Wunde, um die niemand wusste, außer vielleicht seinem Großvater und jetzt, Kai. Tyson fragte sich, ob es dem Älteren genauso weh tat, denn so verschieden waren ihrer beider Situationen nicht. Zwar hatte Kai ziemlich ruhig darüber geredet, aber das hieß bei ihm noch lange nichts. Kai schaute den Anderen einen Moment lang einfach nur an, und schüttelte dann kaum merklich den Kopf. "Ich weiß es nicht, Tyson." Das tat er wirklich nicht. Er konnte sich nicht erklären, was einen Vater, eine Mutter, dazu bewegen konnte, sein oder ihr Kind zu verlassen und sich danach nie mehr zu melden. Dazu war jeder einzelne Fall, in dem Familien auseinander fielen, zu einzigartig. Man konnte weder eine Formel dafür aufstellen, noch sie verallgemeinern. Doch... "Ich weiß nur, dass ein Mensch immer einen Grund hat für das, was er tut. Und dass niemand um diesen Grund besser weiß, als jener Mensch selbst. Wenn wir diesen Grund ebenfalls wissen, und noch wichtiger, verstehen wollen... Müssen wir im entscheidenden Moment nicht zögern, und uns nicht davor fürchten, ihn zu fragen." In dem einen Augenblick, in dem man diesem einen Menschen gegenüber standest... durfte man sich von den Gefühlen nicht die Lippen versiegeln lassen. Denn... "Denn du weißt nie, ob es nicht deine letzte Gelegenheit ist, die Wahrheit zu erfahren. Denn wenn du sie einmal verpasst, und die Chance dann nie mehr wieder kriegst... bereust du es für den Rest deines Lebens." Bereuen, war sogar noch oftmals gelinde ausgedrückt. Diese Fragen, die man nicht den Mut hatte zu stellen, würden einen bis ans Lebensende quälen. War wäre, wenn... Was wäre, wenn... Immer und immer wieder. Was wäre, wenn ich nicht geschwiegen hätte...? Wenn ich gehandelt hätte. Gesprochen hätte. Was wäre, wenn... Die kraftlose Faust an Kais Brust entrollte sich wieder, die Handfläche gegen die materialverhüllte Haut gelegt, strich Tyson etwas höher, bis zu der Stelle, an der unter dem Schild aus Fleisch und Knochen, der eine Leben schenkende Muskel pochte. Er fühlte die rhythmischen, feinen Impulse, fühlte das gedämpfte Pulsieren gegen die eigene Hand. Kais Hand bewegte sich ebenfalls und legte sich sachte über die des Jüngeren, um sie lindernd zu drücken. Die tiefroten Augen leicht verengt, zuckte sein Mundwinkel ein wenig nach oben in einem ermutigenden Lächeln. "Und auch wenn niemand kommt, nach dem Match, oder in der Pause, oder nach den Siegesehrungen, oder bevor wir abreisen." Kai sprach nun etwas leiser, doch genau diese Tonlage, unterstrich die Bedeutung und Ernsthaftigkeit seiner Worte umso mehr. "Du hast dann immer noch mich." Hatte Tyson immer gehabt. Zuerst als Feind, dann als Konkurrenten, dann als Freund. Sie beide blieben irgendwie immer zusammen, auch wenn alle Anderen bereits gegangen waren, denn ihr Kampf hatte nie ein wirkliches Ende. Egal, wer zu gewinnen oder zu verlieren vermochte... auch nach dem Ende, war es für sie immer weiter gegangen. Langsam, über Zeit, hatte Tyson Kai verändert, zum Positiven hin. Er hatte immer an den Phönix geglaubt, sogar wenn Kais eigener Glaube an sich selbst, an die eigenen Fähigkeiten, gewankt hatte. Immer wieder hatte der energievolle Drache es geschafft, das Feuer in dem Herzen seines kaum ein Jahr älteren Rivalen aufs Neue zu entfachen. Sie hatten einander immer wieder angetrieben besser zu werden, stärker zu werden, und auf irgendeine Art waren sie auf diese Weise immer füreinander da. Sich gegenseitig herausfordernd. Sich gegenseitig antreibend. Sich gegenseitig helfend. Tyson hatte Kai gezeigt, wie es ging, Andere zu akzeptieren und Andere wenn nicht ganz, dann zumindest etwas an sich heran zu lassen. Dass Alleinsein nicht immer die bessere Lösung war. Dank Tyson hatte er jetzt ein Team, das immer hinter ihm stand. Ein Team, für das auch er selbst sich jederzeit einsetzen würde, welches er jederzeit in Schutz nehmen würde. Er hatte Tyson viel zu verdanken. Tysons Herz indes, schlug schneller in seiner Brust und erst jetzt konnte er seine Sprache wieder finden, nur um eine Frage mehr zu stellen. Die Letzte... Die Wichtigste. Sein Blick verließ Kais anmutiges Antlitz für keine Sekunde. "Versprochen...?" Den Kopf etwas schräg legend und ein Stück nach vorne gelehnt, brachte der junge Russe ihre Lippen so nah zusammen, dass Tyson den Anklang der geflüsterten Silben über seine Haut streifen spürte. Jeden einzelnen Lufthauch. "Versprochen." Der zärtliche Kuss, der folgte, raubte ihm in all der simplen und doch machtvollen Sinnlichkeit sowohl Atem als auch Verstand. Sechs Monate Warten, Zweifeln und Quälen als Preis, waren Nichts für die Herrlichkeit dieses Gefühls. Erst in diesem Moment begriff Tyson, was Liebe wirklich war. Das Gefühl, das du ohne die Existenz dieses einen Menschen... nicht mehr überleben können würdest. Nicht mehr überleben wollen würdest. Und es war ihm plötzlich egal. Egal, was Ray sagen würde, was Max sagen würde. Was sein Großvater sagen würde, was irgendjemand sagen würde. Er hatte keine Angst davor gehabt, aber jetzt hatte er auch keine Bedenken mehr. Keine Unsicherheit. Nichts. Solange er Kai seins nennen konnte, solange er ihn an seiner Seite hatte, war es alles, was wirklich zählte. Als sie sich voneinander lösten, Tyson etwas außer Atem und Kai ein wenig amüsiert darüber, war eine Selbstsicherheit und Zuversicht in den rehbraunen Augen, wie man sie nur von Tyson kannte. Leise, aber bestimmt: "Gleich beim Frühstück... lass es uns ihnen sagen." Diesen nächsten Schritt tun, um diese unikale Beziehung ein großes Stück mehr zu festigen, denn die Entscheidung, Andere davon wissen zu lassen, war eine bedeutende. Unter anderem bedeutete es auch, dass es einem Ernst war mit dem, was man kundgab. Die unergründlichen, fesselnden Rubine gaben zur Antwort nicht viel Preis von den Mysterien, die sie verbargen, aber der Drache sah Zuspruch und Ruhe in ihnen, und es war alles, was er zu sehen brauchte. Seine eigenen Augen hingegen, spiegelten klar und deutlich das wider, was er empfand für den Jungen, oder eher schon fast jungen Mann, vor sich. Das, was unausgesprochen blieb, aber klar und deutlich präsent war. Ich liebe dich... Einmal mehr lehnte Kai sich wortlos vor und presste sanft seine Lippen gegen die Stirn des Jüngeren, wo sie für eine kurze Weile einfühlsam verweilten. Ich weiß... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)