Sommerreise von DMC_Monkey (Sturkopf sucht Zuflucht) ================================================================================ Kapitel 9: "Die Schöne & Das Biest" ----------------------------------- Die Schöne & Das Biest" Wütend stapfte ich hin und her, trat gelegentlich ein paar dieser eh viel zu langweiligen Mülleimer ab und brüllte immer wieder allerlei Flüche in den dunklen Nachthimmel. Ich war wütend! Ich war enttäuscht! Ich war verdammt hungrig! Und ich wollte irgendwas zerstören! Ich wollte etwas abtreten oder einschlagen – nein besser! Ich wollte jemanden von dieser verfluchten Brücke schupsen! Ich wusste nicht einmal wo ich war. Überall nur enge Straßen, Brücken und Wasser. Wieder brüllte ich, riss meinen Arm in die Luft und warf den Gegenstand in meiner Hand von mir. Oh ich fühlte mich besser. Wutabbau war gut…doch irgendwas war seltsam… „Scheiße…“ wie von der Tarantel gestochen hetzte ich in die kleine Seitengasse links neben der Brücke, auf der ich eben noch stand. Ich wusste nicht genau ob man es Schicksal oder einfach nur Zufall nennen konnte – allerdings war der schmale Kanal komplett leer. Ich sprang über die Brüstung und jap…landete in einem Haufen kaltem und stinkendem Matsch…Also war es Schicksal. „Das ist doch jetzt nicht euer ernst….verdammt man…“ oh wie ich mich vor mir selber schämte. Nicht nur, dass ich mich einfach quasi wildfremden Typen an den Hals warf – nein – zusätzlich benahm ich mich wie eine verwöhnte Oberzicke sobald jemand Kritik an mir ausübte und rannte davon wie ein Feigling. Erbärmlich war wohl der beste Ausdruck um meinen momentanen Zustand zu beschreiben. „Nein man…“ aber wie sagte meine Mutter einst: Es kann immer schlimmer kommen! Sie hatte recht. Warme und salzige Tränen bahnten sich ihren Weg über meine Wangen und ich versuchte jegliche Geräusche zu unterdrücken, welche aus meiner Kehle dringen wollten. Die Blöße würde ich mir nicht auch noch geben, wenn ich schon wie ein kleines Mädchen weinen musste. „Wo ist dieses bescheuerte Handy…“ warum zur Hölle musste ich auch unbedingt mein Smartphone per Freiflug in diesen dummen Kanal befördern? Meine Arme waren bereits mit diesem stinkenden Schlamm bedeckt, welcher mir ebenfalls an den Beinen bis zu den Knien stand und was tat ich, heulend nach meinem Smartphone suchen. Wenn mich Henny sehen würde…diesen Spott würde ich mein gesamtes Leben nicht mehr loswerden. „Weiter recht…“ „Danke…“ antwortete ich. „Nein! Nein! Das andere Recht!“ „Sorry…!“ „Jetzt etwas weiter nach oben“ „Jep!“ „Noch ein bisschen weiter links!“ „HAB ES!“ jubelnd hüpfte ich auf, hielt mein Handy in die Luft und spritze mir durch meine unüberlegte Aktion den Schlamm auch noch ins Gesicht. Ganz großes Kino… Eine Stimme erklang irgendwo über mir und verwirrt blickte ich auf „Oh…“ puderrot und peinlich berührt wischte ich mir dem Schmutz weitgehend aus dem Gesicht. Vor mir an der Brüstung, auf der anderen Seite, stand ein junges Mädchen – vielleicht mein Alter – sie hatte sich auf dem kühlen Metall abgestützt und mich scheinbar die gesamte Zeit über beobachtet. Gab es etwas noch peinlicheres? Sie war relativ klein, hatte langes blondes Haar und - soweit ich im Dunkeln erkennen konnte – trug sie ein schwarzes recht knappes Kleid. „Du warst das gerade? Die Stimme mit dem Richtungsanweisungen?“ „Jap“ sie lächelte zu mir herab „außer du hörst seltsame Stimmen, was dich allerdings nicht unbedingt für verrückt erklärt…dein Wutanfall…“ sie zeigte auf die Brücke „…dort hinten würde allerdings schon in die Kategorie ‚leicht psychopatisch’ eingeordnet werden“ Unsicher tapste ich von einem Fuß auf den Anderen, es machte seltsame Geräusche und mit jeder Bewegung die ich tat drang mehr Schlamm in meiner Schuhe ein „Entschuldigung…“ „Du musst dich nicht entschuldigen…jeder hat mal seltsame Momente. Wenn ich mich seltsam fühle kauf ich mir eine Flasche Jägermeister und entschuldige mich vorerst dafür, dass ich sie gleich eliminieren werde – du bekommst halt seltsame Anfälle und wackelst wild mit Armen und Beinen…alles absolut Irre, aber voll in Ordnung“ die Blonde lachte, es war ein schönes, helles Lachen. Sie war mir sofort sympathisch. Wahrscheinlich widersprach ich daher auch nicht, als sie meinte ich solle zu ihr hoch klettern. Vielleicht lag es auch an dem Versprechen von warmer Kleidung und einem Kaffee. Eigentlich ging ich ja nicht einfach so mit Fremden mit…aber sie war ja nur ein nettes junges Mädchen, was sollte mir da schon großartig passieren? Wie es der Zufall wollte, wohnte Jacky – so lautete der Name der Blonden – nur einige Minuten von dem Kanal entfernt. Der Häuserblock war Altbau und so sah er auch aus. Bereits bei der Türklinke kam Panik in mir auf, sie könnte einfach abbrechen. Versteht mich nicht falsch, ich mochte Altbauwohnungen. Ich liebte diese hohen Decken und großen Fenster. „Schön hast du es hier“ ich ließ meinen Blick durch den Flur schleifen. Heller Holzboden traf auf eine mintfarbende Wand, überall hingen Fotografien oder irgendwelche bunten Lampions – welche ziemlich selbstgebastelt aussahen. Auf den hellen Möbeln stand eine verspielte Schale mit Schmuck und darum, überall Konfetti. An dem Spiegel klebten unechte Schmetterlinge und die Lampe an der Decke war knallpink. Allgemein wirkte auch der Rest der Wohnung kunterbunt. Es passte irgendwie zu ihr. „Kannst du schon einmal Wasser aufsetzten, ich zieh mir mal eben was Bequemes an!“ „Wir gemacht“ ich hatte recht. Selbst die Küche war ein bunter zusammen gewürfelter Haufen. Es wirkte sehr „Do it yourself“ –mäßig. Sie war hellblau gestrichen, mit rosa Küchenmöbeln voll gestellt und ebenfalls mit Fotos von vielen verschiedenen Menschen versehen. Überall hing oder standen irgendwelche Dekorationen oder Pflanzen, direkt am Fenster stand ein kleiner Tisch mit zwei dunkelblauen Stühlen und darauf eine handvoll grüner Kerzen. Nach dem ich das Bestaunen beendete, war der Wasserkocher – neonpink - schnell gefunden und ich setzte, wie gebeten, Wasser auf. Oh Gott, sogar ich Waschbecken inklusive Wasserhahn war bunt und nicht so eintönig silbern wie sonst. Irgendwie fühlte ich mich wie in einer modernen Version von Alice im Wunderland. Oder eher Fabi im Wunderland? Die Tür zur Küche wurde aufgedrückt und Jacky betrat den Raum. Ihre Haare hatte sie sich nach oben gebunden, ihre schlanken Beine waren nun mit einer weiß-rosa karierten Schlafanzughose bedeckt – die viel zu groß wirkte – und am Oberkörper trug sie ein enges weißes Shirt. Diese Aussage sollte man jetzt nicht negativ aufnehmen, aber irgendwie wirkte sie nun viel flachbrüstiger als in dem schwarzen Kleid. Nicht das ich als schwuler auf ihre Oberweite achten würde…gut vielleicht ein bisschen – sie war halt wirklich hübsch…für ein Mädchen. „Was willst du trinken?“ sie kramte eine Halsarmee von Teepackungen heraus „Ceylon Tee? Grüntee? Assam Tee? Darjeeling? Roiboos-Tee? Fenchel? Kamille? Pfefferminztee? Früchtetee?“ Ich wollte nicht zu geben, dass ich die meisten Teesorten nicht einmal kannte, also entschied ich mich für den Früchtetee. Da konnte man nie etwas falsch machen. Außer er war ungezuckert! „Und Jacky? Nimmst du öfters wildfremde Personen bei dir auf?“ fragte ich interessiert. Immerhin bestünde ja die Möglichkeit, dass ich irgendein Krimineller war. Vielleicht ein Frauenmörder oder ein widerlicher Pedobär! Jacky saß im Schneidsitz auf ihrem kleinen Küchestuhl und stellte ihre Tasse ab, ein helles Lachen erklang „Ich glaube ich habe einfach ein zu großes Herz für niedliche Fundsachen“ sie beugte sich etwas über den Tisch „Aber sag mir bekommst du öfters Wutanfälle und wirfst deine Eigentümer durch die Gegend?“ „Touché“ Jacky lächelte mich an „Und jetzt im Ernst. Es war zwar ziemlich erheiternd dich zu beobachten, aber irgendwas schien dich wirklich ziemlich wütend zu machen“ sie wirkte besorgt und das obwohl wir uns überhaupt nicht kannten. Ich war schon etwas beeindruckt von mir. Denn die Wahrheit war doch, dass sich kaum noch irgendwer um die Probleme anderer kümmerte. Besonders nicht um die von Fremden. Die meisten meinten immer sie hätten zu viele eigene Probleme. Hilfsbereitschaft war halt so gut wie ausgestorben. „Sagen wir es so. Ich bin total ausgeflippt – Grundlos – von meinem derzeitigen Wohnort abgehauen und werde von einem Typen belagert der mich wahnsinnig macht! Aber total heiß ist!“ „Interessant, du bist der offiziell im Klub der Hoffnungslosen aufgenommen“ sie klopfte mir auf meine Schulter „Willkommen“ Ich fühlte mich nicht einmal veralbert. Nein im Gegenteil, eher wirklich bemitleidet. „Ich danke dir für dieses Maß an Mitgefühl. Hast du einen Balkon? Ich brauche eine Zigarette…“ Ein kurzes Nicken und Jacky stand auf, deutete mir an ihr zu folgen. Der Balkon war nicht sonderlich bequem allerdings genauso bunt wie der Rest der Wohnung. Er war Grasgrün angemalt, auf ihm stand eine Grüne Bank, mit rosa Kissen und ein kleiner Beistelltisch. Die Blumenkästen waren mit Lavendel überfüllt. Als Junge fühlte ich mich in dieser Wohnung schwuler als ich eigentlich war. „Aschenbecher steht unter der Bank“ ich nahm auf der Bank platz und fummelte meine Zigaretten auf meiner Hosentasche, endlich wieder etwas Nikotin für meine Lunge oder eher für meine Nerven. Irgendwie war mein Zigarettenkonsum in den letzten Tagen stark gesunken. Ich blickte zu Jacky auf, welche selbst nach einer Zigarette griff die auf dem Beistelltisch lag und sich diese anzündete. Sie grinste „Immer diese Raucher überall“ ich nickte und musste leise lachen „Oh ja…man sollte es ihnen verbieten…es ist doch so unglaublich ungesund!“ Die Blonde nickte eifrig „Und wir sollten auch nur noch Ökoprodukte essen, in dem Rest sind zu viele Chemikalien, sie könnten uns krank machen und denke an die Tierquälerei!“ Jetzt war ich dran zu nicken „Na ja, an diese falsche Tierhaltung sollte man wirklich denken“ ich schaute ernst drein. Denn diese Meinung vertrat ich wirklich. „Aber denke daran Jacky! Cola sollten wir auch nie wieder trinken! Wir unterstützen damit eine schreckliche Ausbeutungsindustrie! „ Die Blonde lachte und schien nachzudenken „Na dann sollten wir uns die Kleidung in der Zukunft aber auch selber nähen!“ Wir kicherten. „Die Ausbeutung anderer Menschen ist doch vollkommen egal…Hauptsache wir Raucher können überall vertrieben werden!“ das Stimmte doch! Wie wichtig war schon das wirklich schlimme Leid anderer Menschen oder Tiere, wenn man noch Zeit fand den Rauchern das Leben zu erschweren. Dabei machten wir sicherlich einen guten Teil der Steuergelder aus. „Diese ganzen Idioten würden sich wundern wie teuer erst alles werden würde, wenn wir Raucher wirklich Nicht-Raucher werden würden“ Die Blonde setzte sich zu mir auf die Bank und stieß ihren Qualm aus „Fabi. Du bist in Ordnung, ich mag dich!“ „Danke danke. Ich kenne dich zwar kaum, aber du bist ebenfalls in Ordnung Jacky!“ Irgendwann tief in der Nacht gingen wir ins Bett. Ins gleiche Bett. Immerhin war nichts dabei, ich hatte Jacky offenbart, dass ich eh schwul war und sie war ziemlich hatte auch so keine Probleme mit einem Fremden das Bett zu teilen. Ich müsste wirklich noch einmal ein ernstes Wort mit ihr reden. Sie war zu hilfsbereit, zu nett, zu naiv. Ich war vielleicht ein relativ anständiger Typ, aber der Rest der Welt nicht. Irgendwann würde ihr einmal etwas passieren, wenn sie nicht begann aufzupassen wen sie mit nachhause schleppte. Sie war zu lieb um dass ihr irgendwer etwas antun sollte. ~•~ Die Nacht verlief ruhig und erst am nächsten Morgen wurde ich durch eine tiefe Männerstimme geweckt. Moment! Ruckartig setzte ich mich auf. Eine Männerstimme? Wie? Wo? WAS!? Hatte Jacky einen Freund? Was war wenn er das hier falsch verstand und mir meinen zarten Hals umdrehen wollte? Panik keimte in mir auf. Ich würde das als Freund definitiv falsch verstehen. Vorsichtig stand ich auf und schlich mich von dem babyblauen Bett weg, blieb unschlüssig was ich nun tun sollte an der angelehnten Schlafzimmertür stehen. Gedämpft konnte ich Jackys Stimme wahrnehmen. „Jetzt mach nicht so einen Aufstand. Ich bin alt genug und weiß wen ich mit zu mir nehme und wen nicht!“ „Eben nicht! Ständig schleppst du irgendwelche Problemkinder hier an!“ „Ja, aber ich schleppe sie in MEINE Wohnung, also sei endlich still!“ „Hattet ihr Sex?“ die Stimme des Fremden war nur ein gefährliches Zischen. Er würde mich so kaltmachen. Aber immerhin ist ja nichts passiert, wir haben nur geschlafen. Mehr nicht! Mein Magen machte einen Salto. Oh mein Gott. Oh mein Gott. Oh mein Gott. Wenn er nur halbwegs so aussah wie er sich anhörte, dann konnte ich mein Testament schreiben. „Wer weiß?“ war die patzige Antwort der Blonden. Oh mein Gott. Oh mein Gott. Oh mein Gott „Mein Sexleben geht dich einen feuchten Käse an!“ Es schepperte. Es klang verdächtig nach einem Stuhl der durch eine rasche Bewegung umgeworfen wurde. Ich ging einen Schritt von der Tür weg, denn die jetzt folgenden Geräusche klangen verdächtig nach einem Bären welcher seinen Kurs in Richtung Schlafzimmer eingeschlagen hatte. Aber ich sprach nicht von einem kleinen Kuschelbär. Nein! Ich sprach von diesen riesigen und furchteinflößenden Grizzlybären! Die Tür sprang auf und der dunkle Umriss eines riesigen Mannes nahm den kompletten Türrahmen ein „Guten Morgen, du kleiner Schmarotzer…“ ich erlitt nun – genau in diesem Moment – meinen ersten Herzstillstand. Warum passierte so etwas immer mir. Zögernd hob ich die Hand und hätte mich für meine Wortwahl kastrieren können. Während mein Verstand brüllte „Werf dich auf den Boden und stell dich Tod!“ hob mein Körper die Hand zu Gruß und mein Mund sagte „Hey, Dude…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)