Exotic von Emmett-the-Cullen (Roxanne und Lysander) ================================================================================ Kapitel 1: the world -------------------- So, liebe , hier also dein Wichtelgeschenk zur NG. Ich hoffe, ich habe so in etwa deinen Geschmack getroffen, zumal ich vorher noch nie über die beiden geschrieben habe. Ich hoffe, es gefällt dir trotzdem. Ist länger geworden als geplant, aber was soll man machen, wenn die Charas ein Eigenleben entwickeln und sich ewig nicht auskäsen? Tja, das Ergebnis also hier!^^ viel Spaß damit ********** “So eine Scheiße! Wo zum Teufel sind wir hier?” Wütend aufschreiend stolperte Roxanne hinter dem entspannt laufenden Lysander hinterher. “Nach was sieht es denn aus, Roxie?”, fragte er leise und lief weiter, ohne Rücksicht auf sie zu nehmen. Als Antwort erhielt er nur ein Schauben und dann folgte ein Klatschen. Er drehte leicht den Kopf zur Seite und lächelte sachte. Ja, die Mücken konnten einen in den Wahnsinn treiben. Vor allem, wenn man Roxanne Weasley hieß und Mücken und anderes Insektenwerk hasste. Zumal der Mückenmord völlig sinnlos war, denn wenn man eine erschlug, warteten bereits unzählige Neue, die gern den frei gewordenen Platz einnahmen. Wortlos griff er deshalb in seine Hosentasche und reichte ihr eine Phiole, in der ein bläulicher Trank war. Misstrauisch sah sie das Gebräu an, nahm es ihm aus der Hand und öffnete es. Ein widerlicher Geruch strömte ihr entgegen. “Was bei Merlins stinkender Socke ist das?” Entsetzt sah sie von dem Fläschchen zu Lysander, der jetzt anhielt und sich leicht zu ihr drehte. “Das, was du in der Hand hast, ist das Einzige, was dich hier vor Mücken und anderen Blutsaugern rettet.” Mit einer ausladenden Handbewegung deutete er auf das umliegende Gelände. “Nur vor den Blutsaugern? Und was ist mit dem anderen ganzen Viechzeug?” Leichte Panik war in ihrem Blick zu lesen, doch Lysander winkte ab. “Keine Sorge, die haben mehr Angst vor dir, als du vor ihnen, schließlich bist du ja eine Hexe. so was riechen die.” Wieder umspielte ein kleines Lächeln seine Lippen. Roxanne schnaubte nur. Sie hasste es, wenn er sarkastisch war. Und noch mehr hasste sie es, wenn er sie aufs Korn nahm. Als ob Tiere spürten, dass sie eine Hexe war. Wütend funkelte sie ihn an, allerdings machte sie ihm nicht die Freude und erwiderte etwas darauf. Stattdessen sah sie noch einmal skeptisch auf die Flasche in ihrer Hand und kippte dann den Trank dann einfach hinunter. Vergiften würde er sie ja hoffentlich nicht. Hatte sie einen widerlichen Geschmack erwartet, wurde sie sehr überrascht, denn irgendwie schmeckte der Trank nach Maracuja. Erstaunt zog sie die Augenbrauen nach oben und sah dann zu Lysander, der sich wieder umgedreht hatte und nun dabei war, eine kleine Anhöhe zu erklimmen. Seufzend steckte sie die leere Flasche in ihre Umhängetasche und stolperte ihm hinterher. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, gerade ihn zu wählen? Zumal sie wirklich große Auswahl gehabt hätte. Ihr Onkel Charlie, ihr Onkel Bill, ihr Onkel Harry, dann ihr Cousin James, oder auch Malfoy. Nicht zu vergessen Tante Ginny und Tante Hermine. Oder Professor Longbottom. Aber nein! Roxanne Weasley hatte ja unbedingt Lysander nehmen müssen! Sie schüttelte über ihre eigenen Dummheit ein wenig den Kopf und konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen. Wenn sie ehrlich war, war Ly aber auch wirklich das interessanteste Objekt und er war perfekt für ihr Vorhaben - hatte sie zumindest bis vor wenigen Stunden gedacht. Aber da saßen sie auch noch beide in seinem Büro und liefen nicht meilenweit durch die Savanne, wo es neben den bereits erwähnten Mücken allerlei anderes Getier gab, das durchaus Grund zur Besorgnis bot. “Beeil dich bitte!”, hörte sie ihn rufen und so schnell sie konnte, schloss sie zu ihm auf. Als sie auf der Anhöhe ankam, trat sie neben Lysander, der auf sie gewartete zu haben schien und nun gespannt in ihr Gesicht schaute. Verwirrt zog Roxanne die Stirn kraus, doch als sie hinter Lysander blickte, weiteten sich ihre Augen. Vor ihr erstreckte sich eine weite Ebene, die von Gras bedeckt war. Auch einzelne Bäume fanden sich wie kleine Inseln zusammen und bildeten einen Lebensraum für viele Tiere. Und mit vielen Tieren meinte Roxanne auch viele Tiere. Sie sah Elefanten, Giraffen und sie würde wetten wollen, dass da auch Zebras dabei waren. Was in den Bäumen direkt hauste, wollte sie lieber gar nicht wissen. “Das ist gigantisch!”, murmelte sie völlig in den Ausblick vertieft. Lysander neben ihr nickte. “Ja, wir sind gerade günstig gekommen, die letzte Regenperiode ist vorbei und alles ist wieder schön grün. Die Tiere und die Pflanzen haben sehr darauf gewartet. Als ich das letzte Mal hier war, war alles verdorrt und braun. Ganz anders als das hier.” Er nickte in Richtung Ebene und steckte sich die Hände in die Hosentasche. “Die Bäume nennen sich Baobab und Miombo und sie sind die wichtigsten hier in der Gegend. Wusstest du, dass sich die Savanne in drei Teile untergliedert?” Fragend sah er zu Roxanne, die nickte. “Ja, in Muggelkunde hatten wir die Klimazonen. Es gibt drei, nicht wahr? Die Trockensavanne, - in der wir uns befinden, die Feuchtsavanne - in der es immer grün ist und dann gibt es noch die Dornstrauchsavanne - in der vor allem Kakteen und Akazien wachsen.” Lysander lachte überrascht. “10 Punkte für Ravenclaw!”, meinte er und nickte. “Ja, und hier, in dem Teil bekomme ich nun von verschiedenen Stämmen meine Kräuter und andere Dinge, die von nirgends sonst beziehen kann.” Roxanne nickte und sah dann wieder auf die grüne Fläche vor sich. “Und was bekommst du da zum Beispiel?” “Zum Beispiel Löwenmägen. Oder Schakalnieren.” “Das ist eklig, Ly.”, sagte sie und verzog angewidert das Gesicht, doch Lysander zuckte nur mit den Schultern. “Sei lieber froh, dass sie mir das Zeug geben, denn das bedeutet immer ein Tier weniger, dass dich oder mich angreifen könnte.” Der Schalk blitzte in seinen Augen auf und ohne auf ihre Reaktion zu warten, lief er weiter. “So, nun komm, ich bin schon ziemlich spät, die Eingeborenen werden sicher schon auf uns warten.” Roxanne nickte ergeben und stiefelte ihm hinterher. Sie waren ein gutes Stück gelaufen, als Roxanne stehen blieb und schnaufte: “Sag mal, wie hälst du diese Temperaturen aus? Ich habe das Gefühl, zu zerschmelzen.” “Ganz einfach, ich weiß, was für Tiere hier leben und desto schneller ich hier durch bin, umso schneller bin ich in Sicherheit!”, erklärte er, während er weiter lief. Augenblicklich weiteten sich ihre Augen. “Wie meinst du das?” “Nun, die Spinnen und Schlangen hier sind teilweise so giftig, dass du binnen Minuten stirbst, wenn du gebissen wurdest und kein Gegenserum hast.”, sagte er, als er sich herumdrehte und mit schnellen Schritten auf sie zuging. Dann griff er nach ihrer Hand und zog sie erbarmungslos hinter sich her. Auch wenn sie ihn manchmal in den Wahnsinn trieb, an eine Schlange oder ein anderes Tier wollte er sie nun wirklich nicht verlieren. “Ich hasse dieses ganze Krabbelzeug!”, jammerte sie leise und sah vorsichtig auf den Boden, doch nirgends war eines der Tiere zu sehen. “Bist du dir sicher, dass hier solche Tiere leben?”, fragte sie. Nicht, dass sie ihm nicht glauben würde, aber sicher war sicher. “Ja, bin ich, was glaubst du wohl, gebe ich den Eingeborenen im Gegenzug zu den Sachen? Galleonen? Komm schon, du weißt, dass sie mit so was absolut nichts anfangen könnten!” “Also gibst du ihnen ein Gegenserum?” “Ja.” “Und woher hast du die Verbindung zu den Stämmen?”, wollte sie wissen, doch Lysander zuckte nur mit den Schultern. “Ich werde dir sicher nicht meine Quellen sagen, Schatz, auch wenn wir gut befreundet sind.” Roxy entfuhr ein Knurren. Sie hasste es, wenn man sie Schatz nannte. Ihr Vater hatte das immer gemacht und so für viel Grundlage zum Spott gesorgt. Am liebsten hätte sie sich umgedreht und wäre einfach gegangen, doch sie wusste, dass das glatter Selbstmord gewesen wäre. Zum einen, weil sie sich nicht zurück zur Apparierstelle gefunden hätte und zum anderen würde sie wahrscheinlich schneller von irgendwelchen Raubtieren verspeist werden, als sie Savanne sagen konnte. Deshalb schluckte sie ihren Ärger so gut es ging runter und ließ sich weiter von Lysander durch die Gegend zerren. Als Roxy bereits alle Hoffnung aufgegeben hatte, überhaupt irgendwann einmal irgendwo anzukommen, deutete Lysander nach rechts. “Hier noch um eine kleine Kurve und wir sind im Dorf.” “Merlin sei Dank!”, murmelte Roxanne und straffte ihre Schultern. Die kleine Kurve entpuppte sich zwar als ein viertelstündiger Marsch durch brusthohes Gestrüpp, doch Lysander hatte Recht gehabt. Sobald sie aus dem Gras heraustraten, eröffnete sich vor ihnen ein Rondell, das von einem - recht wacklig aussehenden - Zaun umgeben war. Darin befanden sich einige Hütten. Roxy nahm an, dass es ein Gemisch aus Gras und Lehm oder anderem baufähigen Boden war. Das Haus in der Mitte war das größte und man konnte es von jeden Platz im Dorf sehen, denn auf dem Dach war ein skelletierter Raubtierkopf. “Was ist das?”, fragte sie Lysander leise und lehnte sich leicht an ihn. “Das ist ein Hyänenschädel. Der Stamm verehrt diese Tiere und tötet sie nicht. Im Gegenteil, sie bringen den Hyänen mehrmals im Jahr Opfergaben.” “Was? Die opfern ihre eigenen Kinder?” Völlig erschrocken sah Roxy mit ihren großen dunklen Augen zu ihm auf. Lysander verdrehte nur seine Augen, schnippste ihr mit dem Zeigefinger gegen die Stirn und schüttelte den Kopf. “Also wirklich! Die opfern doch nicht ihre Kinder! Immer vor der Trockenperiode gehen die Männer des Stammes gemeinsam jagen und ein Teil des erlegten Wildes wird dann den Hyänen hingelegt. So haben sie über eine längere Zeit etwas zu fressen.” Während seiner Erklärung war Lysander weiter auf das Dorf zugeschritten und als er nun in das Rondell hinein trat, ging die erste Tür auf und ein kleiner Junge rannte jubelnd und gurrend auf ihn zu, bevor er sich Lysander ans Bein heftete und ihn von unten herauf anstrahlte. Lysander bückte sich und hob den kleinen Jungen hoch, um ihm mit Gurr- und Schmatzlauten zu antworten. Verzückt sah der Junge ihn an und nickte dann eifrig. Anschließend streckte er Roxanne die Hand hin, welche sie zögerlich ergriff. Sofort packte der Junge sie und schüttelte kräftig ihren Arm. Lachend erwiderte Roxanne die Begrüßung und sah das kleine Lächeln, dass Ly’s Mundwinkel umspielte. Ihr Herz machte einen Sprung. Was immer auch passieren mochte, sein Lächeln machte sie in jeder Lebenssituation glücklich. Dann setzte er den Jungen wieder ab und gurrte wieder. Was immer er dem Jungen gesagt haben musste, der drehte sich auf dem Ansatz um und rannte johlend, schmatzend und gurrend durch das Dorf. “Du kannst die Sprache von den Leuten sprechen?” Roxanne war sichtlich beeindruckt. “Ja, sie ist nicht so schwer. Es gibt ein paar Grundbegriffe, aus denen sie dann ihre Sätze bilden und ihre Anliegen vorbringen. Der Stammesälteste kann sogar ein wenig unsere Sprache.” “Wirklich? Woher?” “Von mir. Er hat mir seine Sprache beigebracht und ich ihm meine. Er ist ein sehr weiser und gütiger Mann, der sein Dorf über alles liebt und nur das Beste für alle Wesen der Welt will. Was mich überrascht hat, war sein Vertrauen in mich, als ich ihm zeigte, dass ich ein Zauberer bin. Er schien nie auf die Idee gekommen zu sein, dass ich ihm oder seinem Stamm schaden könnte. Stattdessen hat er mich freundlich empfangen und wir sind recht schnell ins Geschäft gekommen. Das Serum haben sie schon lange versucht zu umgehen, indem sie sich gegen sämtliche Gifte immunisieren, aber es sind Toxine dabei, die einfach zu stark für einen Menschen sind. Selbst in geringen Mengen. Und da kam ich ins Spiel.” Während Lysander Roxanne das erzählte, ging er durch das Dorf. Roxanne, die sich - auch wenn sie es nie zugeben würde - schon ein wenig fürchtete, hatte wieder seine Hand gegriffen und hielt diese nun fest umklammert. Lysander, dem ihre Nervosität auffiel, strich leicht mit seinem Daumen über ihren Handrücken und blieb dann vor dem Haus mit dem Schädel oben drauf stehen. Sofort bekam Roxanne eine Gänsehaut und sie spürte, wie Wärme über ihre Wangen kroch. Noch bevor er die Hand heben konnte um zu klopfen, ging die Tür auf und ein junger, kräftiger Mann trat heraus, in der einen Hand einen langen Speer, der mit Federn geschmückt war, in der anderen hielt er einen Schild, das in der Sonne glänzte. “Hyänenfreund, ich mich freuen, dich hier zu erblicken!”, sagte er mit seiner tiefen und wohlklingenden Stimme, und hob den Speer zum Gruß. Lysander verbeugte sich vor ihm und schmatze dreimal lang und gurrte dann einmal kurz und einmal lang. Lächelnd neigte der Häuptling seinen Kopf und sah dann zu Roxanne, die erschrocken zusammen zuckte. Auch wenn ihr Gegenüber nicht furchteinflößend war, hatte er eine sehr respekteinflößende Erscheinung. Mit dem Speer auf sie deutend gurrte er dreimal und sah dann fragend Lysander an. Der lächelte, zog Roxanne neben sich und schmatze irgendetwas. Roxanne konnte ihre Augen nicht von dem Hünen nehmen, der vor ihr stand, was auch kein Wunder war schließlich war dieser Krieger jung, Muskulös, hatte eine angenehm dunkle Hautfarbe und er war lediglich mit einen Stück Fell um die Hüfte bekleidet. Hyäne vermutete Roxanne. So bemerkte sie nicht, dass sich mittlerweile das ganze Dorf versammelt hatte. “Freund des Hyänenfreundes sehr willkommen!”, sagte er dann auf einmal in ihrer Sprache und wieder wurde der Speer Richtung Himmel gestreckt. Roxanne wurde klar, dass Lysander sie vorgestellt haben musste und so verbeugte sie sich, wie sie es vorhin bei Lysander gesehen hatte. “Ich freue mich sehr, hier sein zu dürfen.”, sagte sie, da sie nicht wusste, wie sie schmatzen und gurren musste, damit er sie verstand. Doch das schien nicht nötig zu sein, denn der Häuptling lächelte und nickte. Dann trat er neben Roxanne und find an, laut zu gurren. Als sich Roxanne umdrehte, erschrak sie ein wenig, da sie nicht mit so vielen Leuten gerechnet hatte. Wieder verstärkte sich der Druck auf Lysanders Hand und diesmal trat er hinter sie und legte schützend seine Arme um sie. “Keine Angst, die sind alle ganz nett. Und sie wissen, dass du genauso magisch bist wie ich, also werden sie dir sowieso nichts tun, weil sie froh über Magie sind.” Roxanne atmete einmal tief ein und entspannte sich ein wenig, trotzdem blieb sie nur zu gern in der schützenden Umarmung des Jüngeren. Als sie dem Dorf wieder den Rücken kehrten, tat es Roxanne fast ein bisschen leid. “Wenn du das nächste Mal hier her kommst, kannst du mich da wieder mitnehmen?” Lysander schien überrascht, denn eine seiner Augenbrauen schoss in die Höhe. “Willst du echt wiederkommen?” “Ja, es war schön, ich hätte nie gedacht, dass es hier in der Wildnis solche netten, freundlichen und herzlichen Menschen gibt.” Lysander und Roxanne hatten im Dorf übernachtet - natürlich jeder in anderen Häusern, wie es sich gehörte - und jetzt, am Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, hatten sie noch ein Frühstück eingenommen. Die geschäftlichen Dinge hatte Lysander gestern Abend bereits mit dem Häuptling erledigt und nun lagen mehrere Phiolen Gegengift im Haus den Ältesten, während sich diverse Innereinen von Raubtieren in Lysanders Besitz befanden. “Sag mal, wieso hast du eigentlich gesagt, er ist der Stammesälteste? Der war nie und nimmer 30!” Natürlich war Roxanne das aufgefallen, hatte sie sich gestern bei Lysanders Worten unbewusst einen alten, graubärtigen Mann vorgestellt, der gebückt an einem Stock ging. Grinsend erklärte er: “Ganz einfach. das Alter wird vererbt. Stirbt der Vater, übernimmt der Sohn sowohl die Aufgabe der Führung des Dorfes als auch das Alter. Dementsprechend ist dieser Häuptling mehr als tausend Jahre alt.” “Aber das ist….” “… deren Glauben. Und das ist in Ordnung.” Vielleicht kam es Roxanne nur so vor, aber sie hatte das Gefühl, dass sie die Apparierstelle heute schneller erreichten, als gestern umgekehrt das Dorf. Als sie das Lysander sagte, schüttelte er nur den Kopf. “Nein, das ist nur, weil es jetzt noch nicht so warm ist. Also ist es nicht ganz so unangenehm, wenn wir laufen. Wie fühlst du dich eigentlich?” Lysander hatte schon gestern immer wieder auf die ein Jahr Ältere geschaut, von der er wusste, dass sie ab und an mal zu dem ein oder anderen Schwächeanfall neigte. Hitze bekam ihr in der Regel nicht sehr gut und deshalb war sie nach der Schule nach Schottland gezogen. Einen Ort, an den es Lysander niemals ziehen würde. “Gut, ich habe viel getrunken und ich habe gestern extra schon meine Tränke genommen, weil ich nicht wusste, was auf mich drauf zukommen würde.”, erklärte sie und trat in den Steinkreis, der als Apparierstelle diente. “Gut. Dann halt dich jetzt an mir fest.” “Also bis London kann ich …” PLOPP PLOPP “AU!” Mit einem schmerzhaften Aufschrei landete Lysander unsanft auf der Erde, während Roxannes Ellebogen sich in seinen Bauch bohrte. “Tschuldigung!”, murmelte sie und krabbelte von ihm herunter. Als sie aufstand und sich die Erde von der Hose klopfte, stutzte sie. Langsam wanderte ihr Blick von der Hose runter zu ihren Schuhen und von da auf die Erde. Doch da war keine Erde. Da lagen große Blätter von Pflanzen, die sie nicht kannte. Und als sie ihre Augen weiter schweifen ließ, wurden ihre Augen riesig. “WO SIND WIR?” Lysander, der sich mittlerweile hingesetzt hatte, fuhr sich mit der hand durch die Haare und schüttelte sich dann kurz. Er hasste apparieren. Auch wenn es die schnellste Fortbewegungsmethode war. “Im Dschungel, sieht man doch.” Dann stütze er sich auf sein Bein und erhob sich. Noch immer waren ihre Augen riesig groß, als ihr Blickfeld ihn einfing. “Im Dschungel? Also Dschungel-Dschungel? Kein Tropenhaus oder so?” Ihre Stimme zitterte leicht. “Nein, kein Tropenhaus, sondern Dschungel-Dschungel. Du wolltest mich begleiten, vergiss das nicht.” Roxanne, noch immer schwer geschockt, konnte lediglich nicken. Es war tatsächlich ihre Idee gewesen, ihn zu begleiten, aber wenn er ihr vorher gesagt hätte, wo es überall hingehen würde, dass wäre sie nie! nie! NIE! im Leben mitgekommen. Die kleine Safari war ja noch in Ordnung, aber ein besuch bei Tarzan und Moglie? Nein, das brauchte sie nun wirklich nicht. Nicht nur in der Schule, sondern auch im richtigen Alltag konnte sie Schlangen nicht leiden. Und diese verdammten Viecher waren hier nun mal stark beheimatet und deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit auf jedem zweiten Baum zu finden! Nicht zu vergessen die großen, haarigen, dicken, langbeinigen, hässlichen Krabbeltiere! Vogelspinnen, wie Lysander sie berichtigen würde. Wenn sie hier lebend rauskommen würde, dann würde sie ihn nicht nur foltern und vierteilen, sondern brutzeln und den Hyänen zum Fraß vorwerfen! Genau! Lysander, der an ihrem Gesicht sah, was sie in etwa dachte, grinste nur und sagte: “So wird dein Buch wenigstens spannend!” “Bitte?” “So wird es spannend!” “Es soll nicht spannend sein, sondern lehrreich! Ich will, dass mein Buch gelesen wird und dadurch für die Allgemeinheit wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Aber allem Anschein nach werde ich nicht einmal zu Schreiben kommen, denn hier sind die Tiere nicht weniger aggressiv als in der Savanne!” Wütend fuchtelte sie mit ihren Armen in der Luft herum und stampfte mit dem Fuß auf, dann warf sie die Arme wieder in die Luft und ballte sie zu Fäusten. Lysander, der ihr belustigt dabei zugeschaut hatte, stand nun endgültig auf und klopfte sich ebenfalls den Schmutz von den Sachen. “Keine Sorge, wir sind hier schnell fertig. Ich muss nu zu einem Stamm und der ist nicht weit weg und dann können wir zu unserem letzten Ziel aufbrechen.” Er hielt ihr seine Hand hin, die sie zögerlich ergriff. “Und was ist das diesmal für ein Stamm? Der Stamm der Anakondas?” “Nein, der Stamm des Mammutbaumes.” “Was für ein blöder Name.”, murmelte sie für sich und ließ sich von Lysander durch das Gebüsch ziehen. Während sie so durch den Urwald liefen, ließ Roxanne ihre Blicke schweifen. Obwohl sie die Tiere hier nicht unbedingt mochte, gab es viele Pflanzen, die sehr interessant aussahen. Da waren zum einen Bananenpflanzen, dann Mangos, Sternfrüchte und wenn sie nicht alles täuschte, sah sie auch Lychees. Auf einigen Bäumen sah sie sogar Affen sitzen, die irgendeine rosa aussehende Frucht verspeisten. “Wie bist du eigentlich auf so etwas gekommen? Diesen Beruf hätte ich nie für dich erwartet.”, fragte sie nach einer Weile. Obwohl sie und Lysander bereits vor Hogwarts miteinander befreundet gewesen waren und sie sich beide gut kannten, hatte sie nie verstanden, weshalb er sich für Kräuterkunde und Heilkunde interessierte. In der Schule galt sein vorwiegendes Interesse den Sternen und der Wahrsagerei. Lorcan hatte mal gesagt, dass sein Bruder verrückt sei nach magischen Tieren und dass es immer schwerer wurde, ihn vom verbotenen Wald fern zu halten. Hagrid hatte angeblich seine liebe Mühe mit dem Scarmanderzwilling. Roxanne hatte davon nie etwas mitbekommen. Vielleicht lag es zum einen daran, dass sie in verschiedenen Häusern gewesen waren, Lysander ein Jahr jünger war als sie und sie dadurch einen komplett anderen Freundeskreis aufgebaut hatten. Doch jetzt, wo sie beide aus der Schule waren, hatten sie wieder mehr zueinander gefunden. Was nicht bedeutete, dass zwischen den beiden etwas lief, auch wenn Roxy ihn unglaublich attraktiv fand. “Schwer zu sagen.”, riss er sie nach einer Weile aus ihren Gedanken. Er schien über eine Antwort nachgedacht zu haben und wie es aussah, hatte er keine gute Erklärung. “Ich wollte einfach was anderes machen als Lorcan.” Beide Brüder hatten die Vorleibe für Sterne gehabt und Lorcan war jetzt Astronomielehrer in Hogwarts, während Lysander durch die Welt streifte und die unglaublichsten Orte aufsuchte. “Obwohl ihr identisch ausseht, seid ihr grundverschieden.”, sagte Roxanne und sah auf den jungen Mann, der sich zielstrebig seinen Weg durch die ganzen Sträucher, Büsche und Bäume schlug. Da er vorne weg ging, konnte sie es nicht sehen, doch bei ihren Worten bildete sich ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen. Er liebte seinen Bruder, keine frage, aber er hatte schon immer das Bedürfnis gehabt, sich von seinem Zwilling zu unterscheiden. Auch wenn es nur wenige verstanden hatten, dass die Zwillinge nicht immer und überall zusammen waren, das hatten sie gemeinsam. Sie wollten beide eine eigenständige Persönlichkeit sein und nicht immer zu hören bekommen, genau wie der Bruder zu sein. “Wie bist du zum Bücherschreiben gekommen?”, stellte er nun die Gegenfrage. “Das ist leicht.”, antwortete Roxanne. “In der Schule habe ich es immer gehasst, wie umständlich alle Bücher geschrieben waren. Und schon in Hogwarts habe ich mir geschworen, dass ich es den Schülern leichter mache. Mit einfachen Tipps und Tricks lassen sich auch schwere und komplizierte Sachen bewerkstelligen. Man muss diese Dinge nur kennen. Und ich habe sie eben aufgeschrieben.” “Hm.”, machte Lysander lediglich und verlangsamte plötzlich sein Tempo. “Wir sind da.” Sie standen in einem Kreis von gigantischen Bäumen, die so groß und breit waren, dass Roxanne keine Worte fand. Während er Roxannes Hand los ließ, zog er seinen Zauberstab aus dem Umhang und murmelte einen Spruch, den Roxanne nicht verstand. Im nächsten Augenblick hielt er eine Machete in der Hand. “Ly, was in aller Welt hast du vor? Willst du die armen Leute etwa umbringen?” Lysander, der sich wieder in Bewegung gesetzt hatte, blieb verdutzt stehen und drehte sich zu ihr um. “Ich will doch niemanden umbringen! Wie kommst du denn auf die Idee?” “Na du hast da dieses gigantische Messer in der Hand und vorhin sagtest du, dass wir den Stamm des Mammutbaumes besuchen. Sind die so aggressiv, dass du uns verteidigen musst?” Für einen Moment war Lysander sprachlos, dann fing er an, schallend zu lachen. Roxanne war sich sicher, ihn noch nie so laut und herzlich hatte lachen sehen. Irgendwie kam sie sich ziemlich blöd vor, denn sie hatte das ungute Gefühl, dass er sie gerade auslachte. “Ly, was genau ist so lustig?”; fragte sie und man hörte an ihrer Stimme, dass sie wütend war. “Roxy! Ich meinte mit Stamm wirklich einen Stamm. Den Stamm eines Baumes. Keinen Völkerstamm. Ich brauche Rinde von Mammutbäumen. Und die bekomm ich mit der Hand nun wirklich nicht ab.” Noch immer leise lachend machte er sich an die Arbeit und schnitt immer wieder einige Stücken Rinde von den großen Bäumen ab. Stamm. Roxanne knurrte leise und sah Lysander bei seiner Arbeit zu. Einmal logisch denken! Aber nein, sie hatte sich von ihm in die Irre führen lassen. Mal wieder. Wie genau er das machte, war ihr ein Rätsel, doch bereits in Hogwarts hatte er sie immer wieder hinters Licht geführt. Mal hatte sie einen Aufsatz geschrieben, der am nächsten Tag nicht mehr da war, dann war sie einmal einen ganzen Tag nicht im Unterricht gewesen, weil er sie so verzaubert hatte, dass sie die Klassenzimmer nicht fand und noch viele andere Sachen. Und trotzdem war er einer ihrer besten Freunde - obwohl er in der Regel immer jemand war, der sehr zurückhaltend agierte und eher passiv in allen Dingen war. “Ich bin fertig!” Lysander verstaute seine Beute in einem Beutel und ließ ihn dann schrumpfen, bevor er ihn sich einsteckte. Dann ging er wieder auf sie zu und streckte ihr seine Hand hin. “Na los, das Nächste gefällt dir, da bin ich mir sicher.” Roxanne, die sich zwischendurch auf eine Wurzel gesetzt hatte, ergriff seine Hand und ließ sich von ihm hochziehen. “Und wohin reisen wir jetzt?” “Lass dich einfach überraschen.” Mit diesen Worten lief er los und wieder zog er sie hinter sich her. “Hast du eigentlich Hunger? Ich habe ein paar Papayas mitgenommen. Diese Früchte sind die besten.” Er fischte in dem Umhang herum und zog dann einen kleinen Korb hervor, der anfing zu wachsen, sobald Lysander ihn in der Hand hatte. Sobald der Korb seine richtige Größe erreicht hatte, griff Lysander hinein und reichte Roxanne eine Frucht. Dazu gab er ihr ein Messer, mit dem sie die Frucht aufschneiden konnte. Während sie ihr Obst aß, liefen sie weiter und schnell waren sie wieder bei dem Apparierpunkt. °°°____°°°____°°° “Wow, ja, hier gefällt es mir wirklich!” Sie waren nach Kairo gekommen und begeistert sah sich Roxanne um. Sie mochte Ägypten schon immer und die ganze Kultur interessierte sie wahnsinnig. “Das bedeutet, du nimmst mir den Dschungel und die Savanne nicht mehr übel?”, fragte er und sah sie bittend an. Roxanne lachte nur, hakte sich bei ihm unter und schüttelte dann den Kopf. “Nein, alles schon vergessen, das hier ist einfach toll und jede Strapaze wert.” “Schön.”, sagte er und man hörte an seiner Stimme, dass er mehr als zufrieden war. Er mochte es einfach nicht, wenn Roxy auf ihn wütend war. “Und was brauchst du hier?”, fragte sie, während sie durch die Straßen gingen. “Zwei Reittiere.” “Zwei Reittiere? Wofür?” “Für uns. Wir sind noch nicht an unserem Ziel. Doch wenn wir da sind, wirst du dich sicher freuen.” Er bog in eine Seitenstraße ein und von dort aus suchte er sich seinen Weg bis an den Rand der Stadt. Schließlich schien er zu finden, was er gesucht hatte, denn er bedeutete ihr, zu warten und trat in ein ziemlich heruntergekommenes Haus. Dort war er keine zwei Minuten drin, als er mit zwei Besen wieder hinaustrat. Mit hochgezogener Augenbraue sah sie ihn an. “Das nennst du ein Reittier?” “Für den Anfang schon. Wir werden damit bis zu einer bestimmten Oase fliegen und von dort aus werden wir anderweitig zu unserem Ziel kommen.” Sie seufzte, nickte aber. “Mit dir erlebt man wirklich so einiges.” Sie waren auf ihre Besen gestiegen und Lysander flog auch jetzt wieder zielsicher nach Südwesten. Wo immer er auch hinwollte, er schien zu wissen, wie er dorthin gelangte. “Wieso nehmen wir eigentlich nicht den Bus oder ein Taxi?”, fragte sie nach einer Weile und sah neben sich zu ihm. Er sah weiter gerade aus, antwortete aber: “Mit den Besen geht es schneller. Sonst hätte ich jetzt erst Geld umtauschen müssen und dann würden wir ewig fahren. Außerdem bringt uns kein Auto durch die Wüste. Dort kommen wir nur mit dem Besen hin. “Wüste?” “Ja, Wüste.” Er deutete nach unten. Als sie ihren Blick senkte, war da nur Sand, Sand und noch mehr Sand. “Aber… wir waren doch eben noch in Kairo?” “Vor einigen Minuten, ja, aber wenn wir den Luftweg nehmen, ist es kein weiter Weg, bis wir da sind.” “Und warum fliegen wir dann nicht bis zum Schluss?” “Weil das verboten ist. So ganz hab ich das auch noch nicht begriffen, aber es ging irgendwie um Schutzraum und Flugverbotszone. Ich bin der arabischen Sprache noch nicht ganz mächtig, daher verstehe ich viele Dinge nicht.” Ein entschuldigender Gesichtsausdruck erschien auf Lysanders Zügen und Roxanne winkte ab. “Ich kann kein einziges Wort arabisch. Lediglich Englisch und etwas Französisch.” “Hm.”, machte er und lächelte. Dann deutete er nach unten. “Wir landen.” “GENIAL!”, jauchzte Roxanne und hielt sich im Sattel fest. So war sie noch nie gereist. Während ihr Körper hin- und hergeschwenkt wurde, konnte sie ihre Begeisterung kaum in Worte fassen. “Ich reite auf einem Kamel!” Begeistert strahlte sie Lysander an, der lachte. “Um genau zu sein, ist das ein Dromedar.” “Was auch Kamele sind.” “Ja, aber spezieller.” “Ist gut, ich streite mich nicht mit dir.” “Ich weiß. Du würdest nämlich den Kürzeren ziehen.” “Ly!”, schimpfte sie. “Falls du es vergessen haben solltest, ICH war in Ravenclaw.” “Was nichts darüber aussagt, wer intelligenter ist. Ich hatte schließlich die besseren Noten!” Er sah, dass sich ihre Augen verdunkelten und somit wusste er, dass er es wieder geschafft hatte. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war es, sie zu foppen und zu ärgern. Leider hatte er dazu nur selten die Gelegenheit, da sie sich in der Regel nicht allzu oft sahen. Obwohl er das sehr gern ändern würde, denn schon in der Schule hatte er sich gewünscht, so mit ihr befreundet zu sein, dass sie ihn ständig in ihrem Leben haben musste, dass sie ohne ihn nur schlecht zurecht kam. Er wollte ihre Stütze sein. Er wollte alles für sie sein. Doch bevor er ihr das so direkt sagen würde, wäre es wahrscheinlicher, dass die Hölle zufror. “Da vorn!” Er streckte seinen Arm aus und deutete mit dem Finger auf einen Punkt am Horizont, den Roxanne noch nicht identifizieren konnte. “Ich sehe nichts!”, grummelte sie und kniff die Augen zusammen. “Nicht? Dann musst du dich noch einen kleinen Moment gedulden und dann wirst du staunen.” Wortlos nickte sie und schaute nach vorn, während sie auf dem Rücken des Dromedars hin- und hergeworfen wurde. Konzentriert lag ihr Blick am Horizont und nachdem sie noch weitere fünf Minuten geritten waren, rief sie: “Ja, jetzt sehe ich es auch! Es sieht aus wie Palmen!” “Das sind Palmen. Wir sind an einer Oase angekommen. Das Prinzip ist wie das der Winkelgasse. Nur Magier sehen es und können es betreten. Muggel würden niemals einen Fuß hineinsetzen können, wenn kein Magier dabei ist.” “Genial. Und das mitten in der Wüste.” Sie ritten noch zehn Minuten und dann liefen sie durch einen Bogen von Palmen, an denen Kokosnüsse hingen. “Und hier ist eine Zaubererstadt?” “Nicht irgendeine! Die Pharaonenpassage ist größer und belebter und bunter als die Winkelgasse oder Hogesmeade. Hier findest du sowohl unsere normalen Dinge, als auch alle möglichen exotischen Tränke, Gifte, Zutaten und Gegenstände. Von den Menschen brauch ich gar nicht erst reden. Aber das wirst du gleich alles sehen.” Lysander zügelte sein Reittier, stieg ab und band es an einen Baum. Dann griff er nach en Zügeln von Roxannes Dromedar und band das Tier neben seines. Dann half er ihr aus dem Sattel und mit einem Satz kam sie neben ihm zum Stehen. “So, dann können wir ja gehen.” Als Lysander bunt gesagt hatte, hätte sich Roxanne niemals träumen lassen wie bunt bunt eigentlich sein konnte. Es gab nicht einfach nur ein gelb, ein grün und blau, nein es gab von jeder Farbe alle möglichen Stufen und Nuancen. Alles leuchtete und schimmerte. Roxanne wusste gar nicht, wohin sie ihre Augen wenden sollte. “So, ich muss jetzt schnell da vorn in den Laden und dann haben wir soviel Zeit wie du willst, um alles hier anzuschauen.”, sagte er und lächelte sie an. “Wirklich?” Begeistert strahlte sie ihn an, während er nickte. “Super! Dann mach mal hin, damit wir los können!” Das Funkeln in ihren Augen brachte sein herz zum Rasen und für einen Moment hatte er das Gefühl, feuerrot im Gesicht zu sein. “Gut, ich bin gleich zurück.” Schnell verschwand er in den laden, was eine Apotheke war, um sich die restlichen Sachen auf seiner Liste zu holen. Es fehlte nicht mehr viel, lediglich ein paar Scorpionsschwänze, ein paar spezielle Drachenschuppen und etwas Pharaonenpulver. Mit voll beladenen Armen trat er aus dem Geschäft heraus, wo Roxanne bereits auf ihn wartete. Sie nahm ihm eine der Tüten ab und so konnte er die andere schrumpfen, um sie sich einstecken zu können. Mit der zweiten verfuhr er genauso und als er endlich alles aufgeräumt hatte, deutete er auf den Weg. “Nach Ihnen, schöne Frau.” Roxanne lachte nur, griff nach seiner Hand und lief los. “Sag mal, kann es sein, dass du oft hier bist? Ich habe den Eindruck, dass dich jeder hier kennt. Ich meine, alle grüßen dich und lächeln dich an.” Roxanne und Lysander waren in einem kleinen Haus angekommen, das fast am Rand der Zaubererstadt lag. Friedlich mit einem kleinen Brunnen im Hof und ein paar tropischen Gewächsen im Garten stand es da und Lysander war bestimmend darauf zugegangen. Mit einem Wink seines Zauberstabes hatte er die Tür geöffnet und sie eintreten lassen. Ihre Einkäufe hatte sie auf den Küchentisch gelegt und sah nun zu Lysander, der die Fenster öffnete. “Ja, ich komme oft hier her. Ich mag diesen Ort, er beruhigt mich, obwohl er so laut und turbulent ist. Die Leute hier sind immer sehr freundlich zu mir gewesen und mit der Zeit lernt man sich kennen und schätzen. Außerdem bringe ich immer wieder Neuigkeiten aus der Welt mit, da ich viel herumkomme und natürlich sind auch die Araber sehr an Informationen aus aller Welt interessiert.” “Aber mich scheinen sie nicht zu mögen.” Roxanne war nicht entgangen, dass sie im Gegensatz zu ihm recht kühl und forschend gemustert wurde. Die Neugierde war auch nicht zu übersehen gewesen. Lysander winkte ab. “Das stimmt nicht. Sie kennen dich nur nicht und Neuen gegenüber sind sie immer sehr misstrauisch. Allerdings waren sie zu dir sehr höflich, was wahrscheinlich daran lag, dass du mit mir unterwegs warst. Deshalb vielleicht auch die seltsamen Blicke.” Roxanne war verwirrt. “Das verstehe ich nicht. Wieso ist das so komisch, dass ich mit dir unterwegs bin?” “An sich nichts. Für sie ist es nur etwas Neues, eine Frau an meiner Seite zu sehen. Bisher war ich immer alleine hier. Und auch von den weiblichen Einwohnern habe ich nie eine begleitet oder ausgeführt.” Roxanne zog eine Augenbraue nach oben. “Du willst mich verarschen, oder?” “Nein, will ich nicht. Wie du vielleicht weißt, habe ich nicht so viele Erfahrungen, was Frauen betrifft.” “Also ehrlich, JETZT nimmst du mich aber auf den Arm. Halb Hogwarts war hinter dir her und du willst mir erzählen, du hast keine Erfahrungen?” “Die waren nicht hinter mir sondern Lorcan her. Und wenn nicht hinter ihm, dann hinter Albus und Malfoy.” Roxanne verdrehte nur die Augen. Sie wusste, wann sie aufhören konnte, mit ihm zu diskutieren. Und vor allem bei welchem Thema er kein Einsehen zeigte. Das hier war eines davon. “Na wenn du meinst.”, sagte sie deshalb nur. “Meine ich!”, bestätigte Lysander. Auch wenn Lysander behauptete, dass er keine richtigen Erfahrungen hatte, so wusste sie, dass er sehr wohl ein paar Freundinnen gehabt hatte. Und obwohl sie nie in ihn verliebt gewesen war, hatte sie jede seiner Beziehungen angekotzt. Sie hasste es, andere Frauen an seiner Seite zu sehen. Und da wollte er ihr sonst was weiß machen. “Sag mal, Roxy, wo wir gerade dabei sind, wie läuft es eigentlich bei dir und deinem Kerl?” Besagter Kerl war seit über einem viertel Jahr Geschichte und das war auch gut so, denn Roxanne hätte ihn beinahe in die Luft gesprengt vor Wut, weil er so eine Ader hatte, die sie mit der Zeit aufregte. Wenn sie vorher gewusst hätte, was für ein Mensch der Typ war, hätte sie einer Beziehung zugestimmt. Aber gut aus Fehlern lernt man ja bekanntlich. “Der musste das Feld räumen.” “Also wieder Single?” “Ja. Glücklicher Single. Ich kann endlich wieder tun und lassen, was ich will.” “Wohnst du noch bei deinen Eltern?” “Ja?” “Dann kannst du mit Sicherheit nicht tun und lassen, was du willst.”, sagte er und lächelte leicht. Lysander kannte ihre Eltern und auch wenn sie ziemlich cool waren, so gab es für die Kinder, die noch zu hause wohnten, klare Regeln, an die sie sich zu halten hatten. “Das stimmt schon, aber eine eigene Bude kann ich mir nicht leisten!” “Nicht? Ich dachte, dein erstes Buch hat sich gut verkauft.” “Hat es sich auch. Aber für eine eigene Bude reicht es trotzdem nicht. Ich habe mein Geld angelegt. Vielleicht wird ja das zweite auch ein Renner und dann kann ich mir was Eigenes suchen.” “Dann drück ich dir mal die Daumen.” “Danke.” “Ly, schläfst du schon?” Roxanne, die neben ihren Kumpel lag, konnte kein Auge zutun. Ihre Gedanken kreisten um den Mann neben ihr, der bereits ruhig atmete. Roxanne wusste zwar nicht, wem dieses Haus gehörte, doch dieser Jemand schien nur für Lysander gesorgt zu haben, denn es stand nur ein bett im Zimmer, welches Lysander vorhin magisch vergrößert hatte, damit sie beide Platz darin fanden. “Hm.”, brummte er verschlafen und drehte sich von der Seite auf den Bauch. Ein Seufzen entfuhr ihr. Na toll, morgen würde sie mit Sicherheit Augenringe haben. Auch sie drehte sich von der Seite auf den Bauch. Ihre Augen sahen in seine Gesicht und erschrocken zuckte sie zusammen, als sie sah, dass er sie ebenfalls musterte. “Ist dir zu warm? Willst du was trinken?”, fragte er und sah sie weiter an. Schnell schüttelte sie den Kopf. “Nein, danke. Ich …” “… ja?” “Ach nichts.” “Klar. Und deshalb liegst du hier und kannst nicht schlafen.” Sie seufzte kurz. Dann stützte sie sich auf ihren Ellebogen und legte ihren Kopf in die Hand. “Du bist doch mein Freund.”, sagte sie. “Ja.” “Gut, würdest du dann alles tun, worum ich dich bitte?” “Klar, solange es nicht illegal ist und ich niemanden umbringen muss, mache ich alles.” “Wirklich?” “Ja. Versprochen.” ”Schlaf mit mir.” Schweigen. Noch immer sahen sie sich an, doch keiner von beiden rührte sich oder sagte ein Wort. Lysander starrte gebannt in die Augen von Roxanne. Hatte sie das wirklich so gemeint, wie es klang? Ihr Blick war fest und auch ihre Augen schienen ihn dazu aufzufordern. Auch Roxanne sah ihn an. Sie konnte deutlich die Frage in seinen Augen sehen und deshalb versuchte sie, ihre Entschlossenheit in ihren Blick zu legen. Was zu funktionieren schien, denn plötzlich stemmte er sich hoch und begrub Roxanne unter sich, während seine Lippen ihre fanden. Als sie am nächsten Morgen erwachte, lag sie nackt in seinen Armen, während er sie an sich gedrückt im Arm hielt. Ihr Kopf lag an seiner Brust und sie konnte seinen gleichmäßigen Herzschlag hören. Zufrieden schloss sie wieder ihre Augen und kuschelte sich an ihn. Die letzte Nacht war wunderschön gewesen und sie wusste, dass es kein Fehler gewesen war, ihn darum zu bitten. Wenn sie ehrlich war, konnte sie sich vorstellen, dass hieraus mehr werden könnte. Sehr viel mehr. Wenn sie wieder zu Hause wären, würde sie mit ihm darüber reden. So in Gedanken versunken, bemerkte sie nicht, dass auch er munter war. Erst, als sein Daumen über ihre Schulter strich und er leise sagte: “Das hier ist mein Haus.”, zuckte sie kurz zusammen und sah dann zu ihm hoch. Doch sein Blick war starr an die Decke geheftet und so konnte sie nicht sagen, was dieser Satz zu bedeuten hatte. “Das hier ist mein Haus.”, wiederholte er und jetzt sah er sie an. Seine Augen hielten sie fest und etwas verunsichert zog sie die Schultern nach oben. “Wie meinst du das, das ist dein Haus?” “Ich habe mir das Haus hier gekauft. Ich fange in einer Woche an, hier zu arbeiten. Ich komme nicht mehr nach England mit zurück.” Wie vor den Kopf gestoßen starrte sie ihn an. “Was?” Hilflos lag sie in seinen Armen und ihr Gehirn wollte diese Information nicht verarbeiten. “Ich werde hier bleiben. Ich wollte dir das gestern schon sagen. Aber nun hat sich die Sache geändert.” Noch immer hielt er sie im Arm, doch er drehte sich so, dass sie sich nun direkt in die Augen sehen konnten. “Ich möchte, dass du hier her ziehst. Ich möchte, dass du zusammen mit mir hier lebst.”, sagte er und sah ihr fest in die Augen. Völlig verwirrt und überrumpelt sah sie ihn an. “Was?” Ihr Atem ging stoßweise. Irgendwie überforderte sie diese Situation gerade. Sie hatte gerade komplett die Kontrolle über alles verloren. “Zieh hier her. Du kannst auch hier arbeiten.” “Das.. Das geht nicht.”, sagte sich und richtete sich auf. “Das geht nicht.”, wiederholte sie. Mit einem Satz war sie aus dem Bett und griff nach ihren Klamotten, die auf dem Boden verstreut lagen. “Wieso nicht?” Auch Lysander hatte sich aufgerichtet und saß nun am Bettrand, während er ihr zusah, wie sie fast schon panisch in ihre Sachen schlüpfte. “Weil ich Verträge in England habe. Und dort wohnt meine Familie und dort sind meine Freunde.” “Aber ich werde hier sein.”, sagte er. Dieser Satz überraschte nicht nur Roxanne, sondern auch Lysander selbst, wusste er doch nicht, ob sie ihn überhaupt wirklich um sich haben wollte. Egal, was in dieser Nacht passiert war. Für einen Moment hielt sie inne, sah ihn an, wollte auf ihn zugehen, stoppte dann aber in ihrer Bewegung. “Ich kann nicht.” Das war das letzte Mal für lange Zeit, dass er sie sah. Ein halbes Jahr später Eine Eule klopfte an sein Fenster und Lysander ließ den Vogel in das Zimmer fliegen. Auf dem Tisch ließ sich das Tier nieder und fiepte. Mit geschickten Fingern löste er das Paket vom Fuß der Eule und sobald die Schnur weg war, flog der Vogel wieder davon. Lysander sah auf das Paket vor sich. Wer schickte ihm denn Pakete? Seine Eltern sicher nicht. Die kamen lieber einfach mal so, völlig unangemeldet und standen auf der Matte. Auch sonst schrieben seine Freunde eher Briefe, als dass sie Päckchen sendeten. Nun ja. Fast alle schrieben ihm. Alle, bis auf eine. Er seufzte, als er an die hexe dachte, die nicht nur geografisch viel zu weit von ihm entfernt war. Wusste Merlin, was Roxanne gerade eben in diesem Augeblick tat. Schnell löste er das Band und wickelte dann das Papier ab. Zum Vorschein kam ein Buch. Die Welt - in all ihren Farben und all ihrer Pracht by Roxanne Weasley Überrascht schlug er das Buch auf. Im Einband war eine handschriftliche Notiz: Ly, ich habe das Buch fertig. Es ist ganz anders geworden, als es eigentlich werden sollte. Ich hoffe es gefällt dir ein wenig. Hier das erste Exemplar der ersten Druckreihe. Roxy Kurz runzelte er die Stirn. Es war anders geworden, als es werden sollte? Neugierig schlug er die erste Seite auf. Die Einleitung war kurz und knapp. Roxanne stellte sich kurz vor und erklärte dann, dass sie mit Lysander Scarmander auf eine Reise gegangen sei, bei der folgendes Werk das Ergebnis war. Und dann blätterte er das Buch. Es zeigte unzählige Bilder ihrer Reise. Da war das Dorf mit dem Hyänenschädel, da waren Kinder des Dorfes, die gemeinsam spielten, da war er, wie er mit dem Häuptling redete, dann Bilder von der Savanne, deren Flora und Fauna. Als nächstes folgten Bilder im Dschungel. Wieder er, wie er ihr bestimmte Dinge erklärte; er, wie er Baumrinde anschnitt, er, wie er sie anlachte. Dann kam Kairo. Der Flug, die Dromedare, die Oase und dann natürlich die Pharaonenpassage. Sie hatte zu allen Bilder etwas geschrieben, zu allen eine Erklärung, was für ein Baum, Tier oder Ding zu sehen war. Immer wissenschaftlich und neutral. Und dann kam er zur letzten Seite. Es war über die ganze Seite ein einziges Bild und ein einziger Satz. Für mich der schönste Ort auf der ganzen Welt. Sein Haus im Morgenlicht. Mit dem Brunnen, den Kakteen und den verschlossenen Fensterläden. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. weitere sechs Monate später Lysander saß in seiner Küche und las den Tagespropheten, während er eine Tasse Kaffee trank. Endlich Wochenende. Endlich ausspannen und relaxen. Endlich mal wieder in Ruhe den Tag genießen. Ein energisches Klopfen an seiner Tür ließ ihn allerdings erschrocken hochfahren. Nicht schon wieder! Seine Mutter war erst letztes Wochenende dagewesen und sie hatte extra versprochen, dieses Wochenende nicht herzukommen. Seufzend stellte er den Kaffeepot auf den Tisch, legte die Zeitung beiseite und ging die Tür öffnen. “Ich hoffe, du hast noch ein Zimmer frei, denn ich habe meine Zelte in England abgebrochen, ich habe alle laufenden Verträge nach Ägypten umgeschrieben und alle anderen Bedingungen meiner Verleger erfüllt. Ich wäre eher gekommen, wenn man mich gelassen hätte, aber meine Eltern haben ewig diskutiert und meine Agentur auch. Aber jetzt habe ich alles unter Dach und Fach. Also, habe ich noch eine Chance oder muss ich jetzt auf der Straße schlafen?” Braune Augen sahen ihn freudestrahlend an und ohne auf ihre Worte zu einzugehen, zog er sie in seiner Arme und küsste sie. Sie hatte recht. Jetzt war sein Haus wirklich der schönste Ort auf der ganzen Welt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)