Anaeruin von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 23: Der kürzere Weg nach unten -------------------------------------- Es war soweit. Harry wusste nicht mehr genau, wie lang er schon hier in der Ecke saß, aber es war schon seit einiger Zeit. In seiner Animagusform, mit der er tatsächlich in jede Ritze zu passen schien, wie Charlie ihm damals gesagt hatte. Erneut musste Harry schlucken, er starrte auf das Zimmer, in dem er sich befand. Praktischerweise befand es sich im einzig noch stehenden Turm. Einem hohen Turm, der direkt auf einer Felsplatte stand. Ein schneller, kurzer Weg nach unten, in seinen Augen. Denn Harry wollte das hier nicht spektakulär oder sonst was machen. Tom hatte sich das Recht auf ein Duell verspielt, außerdem wollte er nicht das Risiko eingehen, zu unterliegen. Er musste den Anderen umbringen, denn der war wirklich irre, vollkommen. Einen Tag hatte er den Mann beobachtet. Er war verrückt. Der dachte allen Ernstes, dass er zu diesem kommen würde, dass er diesen Irren lieben könnte, dass er sich von Tom anfassen lassen und neben sich noch so etwas wie Lustsklaven dulden würde, da der Ältere ja ein Recht darauf habe. Dass er dem Mann helfen würde, die Welt zu unterjochen und zu Sklaven zu machen. Und dann die Pläne, die der Irre hatte! Alle, die ihm nicht passten, umbringen lassen, inklusive der Reinblüter, die ihm nicht in den Kram passten – der gesamte Weasleyclan. Was er nicht zulassen konnte. Charlie hatte ihm eine Zeit in seinem Leben geschenkt, er würde den Anderen nicht enttäuschen und sein schriftlich gegebenes Versprechen brechen. Kurz ballte Harry seine kleine Pfote, dann sah er wieder auf den Mann, der sich auf den Weg in sein Bett machte. Nein, als Mann konnte man das da nicht bezeichnen. Das Gesicht ohne Nase, die weißlichen Schuppen einer Albinoschlange. Das hier war nur ein Monster, mehr nicht. Ein Grausames noch dazu. Er hatte ja gesehen, wie der Mann die Leute behandelte, die ihm helfen wollten und die von ihm abhängig waren, wie er behandelt worden war von seinen Verwandten, mit Brutalität und Bosheit, vor allem dann, wenn er nicht schnell genug gewesen war. Automatisch rollte Harry sich noch etwas weiter zusammen, als er an all das denken musste. Nein, das war nur ein Grund mehr, nicht in ein anderes Leben zurück zu kehren, denn er wusste, wenn Charlie nicht da war, würde es ihm wieder so ergehen und das wollte er nicht. Nein, der Tod hatte seinen Schrecken für Harry schon vor langer Zeit verloren, es war nur noch das Leben, das er fürchtete. Er wartete noch eine Weile, bis er sich sicher war, dass der Mann schlief, erst dann erhob Harry sich, segelte durch das Zimmer. Er wusste, das, was er tat, hatte nichts mit einer glorreichen Schlacht zu tun, nichts mit dem Kampf, den man von ihm erwartete und nichts mit dem, auf das er vorbereitet worden war, aber es ging schnell, es war einfach und es sollte angeblich sicher sein, laut Charlie. Der Andere hatte gesagt, wie tödlich sein Gift sein konnte, wenn er es nur wollte. Er wollte diesen Mann töten, der ihm so viel angetan hatte, der Anderen so viel angetan hatte, wegen dem so viele gestorben hatten oder schrecklich litten! Wozu ihm eine Chance geben, sich zu verteidigen, aufzuwachen und seinen Tod zu verhindern? Nein, er wollte es nur beenden. Er musste nicht als Mörder weiter leben, er konnte es auch beenden und Charlie würde frei sein, vollkommen, ohne je wieder in Gefahr zu geraten, nur weil er immer Unglück brachte. Tief sog Harry die Luft ein, dann begann er, wie wild mit den Flügeln zu schlagen, er konzentrierte sich auf alles Schlechte in seinem Leben, das geschehen war, nur, weil Tom aufgetaucht war und seine Zukunft zerstört hatte. Denn hätte der nicht seine Eltern umgebracht, wäre Harry nie zu seinen Verwandten gekommen und Charlie hätte sein Leben nicht weggeworfen, um ihm zu helfen. Schwarz. Im Gegensatz zum letzten Mal war das Pulver, dass aus seinen Flügeln zu regnen schien, tiefschwarz, es sah schon schrecklich aus. Zu dumm, dass es ihn selbst nicht auch umbringen konnte, er war sich sicher, dass das nicht möglich war, sein Körper sagte es ihm. „Raaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!“, mit diesem Schrei fuhr Tom auf, unter schrecklichen Schmerzen, er sah, dass seine Haut an der Hand und dem Verband mit einem feinen, schwarzen Pulver bedeckt war, das sich immer weiter in sein Fleisch zu fressen schien. Was war das?! An einer Stelle konnte er sogar Knochen sehen! Er versuchte, Hilfe zu rufen, schlug wild um sich, doch es hatte keinen Sinn. Harry hingegen beobachtete das, sicher versteckt auf dem Gebälk sitzend. Es wunderte ihn, dass niemand hoch gerannt kam, doch im Grunde kümmerte es ihn nicht wirklich, umso einfacher würde es sein. Praktisch ungerührt sah er zu, wie der ohnehin hässliche Schlangenmensch sich auflöste, er konnte nichts mehr fühlen, ihm war so kalt. Er sah zu, wie das, was einst ein starker Magier gewesen war, zu einem Haufen Pulver wurde, mitten auf dem Bett, egal, wie der sich wehrte. Und dann war es einfach vorbei. Der gesamte Spuk hatte sein Ende gefunden. Auf dem vollkommen zerwühlten Bett lag nur noch ein Haufen, der aus schwarzem und weißem Pulver bestand. Das war es, was vom Dunklen Lord übrig war, der so viele Leben beendet, so viele Menschen gequält hatte. Aber für sein Leben war es zu spät. Langsam erhob Harry sich, verwandelte sich knapp über dem Boden zurück, strauchelte und landete übel auf seinem Arm, er wusste, dass der gebrochen sein musste, aber er fühlte noch nicht mal den Schmerz, nur die Kälte, die ihn seit Tagen begleitete. Er hätte sich vermutlich in eine Flamme setzen können, ohne, dass ihm warm wurde. Trotzdem, es blieb noch etwas zu tun. Er nahm das Pulver, zusammen mit dem Bettzeug, eben nur mit einem Arm, warf es dann in den Kamin und sah zu, wie die Flammen alles verschlangen, das Gift für andere unschädlich machten und die letzten Überreste des Irren auslöschten. Das reinigende Feuer tat seine Pflicht. Und damit hatte Harry den Sinn und Zweck seines Lebens erfüllt. Noch vor wenigen Tagen hatte er gehofft, dass das der Zeitpunkt sein würde, wo er England verlassen und mit Charlie nach Rumänien reisen konnte, um mit den Drachen zu arbeiten. Er hatte sich gefreut, seine Kleinen wachsen zu sehen, mit dem Anderen Sonnenuntergänge zu genießen und einfach in dessen Nähe sein zu können, aber... Erneut begannen die Tränen zu fließen. Woher sie noch kommen konnten, wusste Harry nicht. Er hatte kaum getrunken und noch mehr geweint, er hätte ausgetrocknet sein sollen. Doch offensichtlich war er es noch nicht ganz. Ohne lange nachzudenken, kletterte Harry wieder auf den Rahmen des Fensters an dem er sich schon so lang versteckt hatte, vor Toms Blicken. Wo er gewartet und gelauert hatte. Er öffnete es, sah dann nach unten. So tief. Es ging weit nach unten. Doch das war Harry nur recht, da konnte er nicht überleben und es würde relativ schnell gehen. Er bezweifelte, dass er Zeit haben würde, Schmerzen zu empfinden. Oder, dass er sie spüren würde, selbst wenn. Er sah, dass sein Arm gebrochen sein musste, aber fühlen konnte er es nicht, da war immer noch nur der Schmerz in seiner Brust und das schwere Gewicht auf seinem leeren Ringfinger. Ein leichtes Lächeln spielte auf Harrys Gesicht, als er, mit einem Mal, herunter sprang. Bald würde er bei Sirius sein, bei seinen Eltern, dann konnte er sicher mit Cedric Quiddich spielen. Es würde vorbei sein, all die Schmerzen und die Angst. So hatte er sich schon immer den Tod vorgestellt. Ohne Schmerzen, mit seinen Freunden, warm. Das war immer das Wichtigste gewesen. Warm. Und bei den Sternen, damit er die Lebenden beobachten konnte. Harry spürte den schneidenden Wind während er fiel, er merkte, wie sein Körper langsam abschaltete, auch, weil er so lang nichts mehr gegessen hatte, er sah, wie sich schwarze Flecken vor seinen Augen bildeten, dann hörte er auf, zu fühlen... „Verdammt,“ zischte Severus, der einen weiteren Todesser in den seligen Schlaf schickte. Irgendwie hatten sie einen Alarm ausgelöst und der war mehr als hinderlich, denn statt Harry aufzuhalten, bis sie da waren, gaben sie ihm gerade die Gelegenheit, zu tun, was er wollte, wer wusste, vielleicht hatte sich der Dummkopf schon die Pulsadern aufgeschnitten. Rasch wandte er sich um, stunnte zwei weitere Todesser und sah Charlie, der wütete, wie ein Werwolf bei Vollmond, um den Rotschopf herum fielen die Leute wie Fliegen und er war sich ziemlich sicher, dass ein großer Teil davon nie wieder aufstehen würde. Er runzelte die Stirn, kämpfte dann weiter, hoffte nur, dass sie eine Chance hatten, Potter zu retten, denn ihn jetzt zu verlieren, wäre nicht fair. Vor allem für Harry, der nun ein Leben.. oh. Er spürte es, so, wie alle es merkten. Ein Sog. Eine magische Druckwelle, die gewaltig war, die er das letzte Mal vor fünfzehn Jahren gespürt hatte. Nur war diese hier entschieden stärker. „Er ist tot!“, rief Lucius, er sah, wie die, die das Mal noch trugen, einfach umkippten, sich vor Schmerzen wälzten. Er selbst wusste, wie sich das angefühlt hatte. Automatisch griff er nach seinem rechten Arm, wo er selbst das Zeichen einst getragen hatte. Er sah, wie der Kampf, der so ungleich gewesen war, ein abruptes Ende fand, zu Beginn hatten sie eigentlich keine Chance gehabt, nun aber waren sie es, die die Nase vorn hatten. Sie standen. Hastig rannte Charlie weiter, auf die Ruine zu, irgendwo hier musste er sein, irgendwo musste Harry sein! Er musste den Jüngeren finden! Er durfte nicht zulassen, dass der etwas Dummes tat Er würde es nicht ertragen! Er liebte den Grünäugigen doch so sehr! Harry durfte sich nicht selbst umbringen! Er hatte die gesamte Zeit nicht mehr geschlafen, ein Schock war es schon gewesen, seinen verlassenen Rucksack in dem heruntergekommenen Gasthof zu finden. Es hatte so viel ausgesagt, dass er diesen zurückgelassen hatte. „Bitte,“ schickte er ein Stoßgebet zum Himmel. „Bitte, lass mich ihn nicht verloren haben,“ brachte er heraus, wie so oft in letzter Zeit. Wie? Wie hatte er nur grausam zu dem Jungen sein können, den er mehr liebte, als sein eigenes Leben? Warum hatte er nicht besser aufgepasst? Er hatte sich verfluchen lassen, wie ein verdammter, blutiger Anfänger, eingelullt durch die verführerische Ruhe der letzten Wochen! Er hatte versprochen, Harry immer zu schützen und er hatte mehr als kläglich versagt! Er selbst hatte Harry in einen Selbstmord getrieben! Gut, ganz ruhig, wo könnte Harry sein? Irgendwo im Gebäude, da, wo dieser Irre gewesen war! Aber wo war Voldemort gewesen, als Harry hin umgebracht hatte?! Er wusst enciht, warum, doch auf ein Mal hatte er das dringende Bedürfnis, nach Oben zu sehen – und fast hätte sich sein Herz aus seinem Brustkorb frei geklopft. „Nein!“, brüllte Charlie entsetzt. „Harry, nein!“, was natürlich extrem viel Sinn hatte, da der Körper sich schon lange im freien Fall befand. Das allerdings brachte alle Anderen dazu, ebenfalls aufzusehen. Sie sahen, wie Charlie zu einer Seite der Ruine hetzte, dann da mit ausgestreckten Armen hin und her rannte. „Merlin, hat der das Denken auch noch ganz verlernt?!“, fragte Severus entnervt. „Lucius! Mit mir!“ Er hob seinen Zauberstab, sprach hastig einen Polsterzauber, während Lucius einen Schwebezauber sprach. Erleichtert sah Charlie, wie der Körper seines Mannes auf ein Mal gebremst wurde, schließlich sanft in seine Arme glitt. Er drückte den Jüngeren nur an sich, hielt ihm verzweifelt fest. „Harry,“ flüsterte er. „Harry, geht es dir gut? Harry! Antworte!“ „Offensichtlich geht es ihm nicht gut,“ knirschte Severus, riss dem Anderen seine leichte Last aus den Armen und legte den Jungen erst mal auf das feuchte Gras, betrachtete ihn. Von der Hose waren nur Fetzen übrig, die schienen an den Ginsterbüschen zugrunde gegangen sein, an einem der Schuhe hatte sich die Sohle vollkommen gelöst. Überall war er von blutigen Schrunden überzogen, aber es schienen keine schweren Verletzungen zu sein. „Was...?!“, Charlie wollte seinen Mann zurück, nach dem Tränkemeister schlagen, doch es war sein eigener Vater, der ihn mit hartem Griff zurückhielt. „Lass mich los! Ich muss zu ihm!“ „Er muss erst mal versorgt werden;“ gab Arthur ruhig zurück, deutete auf Severus. „Lass ihn sehen, ob Harry verletzt ist!“ „Natürlich ist er verletzt! Ich will....!“ „Das Schlimmste scheint ein gebrochener Arm zu sein,“ erklärte Severus ruhig, als er schließlich aufsah. „Wir müssen ihn zur Krankenstation...“ „Nein! Ich bringe ihn nach Hause! Weg von hier! Weg von England! Ich bringe ihn nach Rumänien!“ „In dem Zustand wird er sicher nicht außer Landes verschifft!“; zischte Severus. „Wer weiß, was er hat, das ich nicht gefunden habe! Ich bin kein verdammter Heiler! Er gehört auf eine Krankenstation, du Hohlkopf! Oder soll er deine Dummheit ausbaden, weil du zu blöd bist, ein paar einfache Vorkehrungen zu treffen?!“ „Ich...!“ „Hört auf, zu streiten,“ schritt Bill ein. „Severus hat Recht, Charlie. Wir wissen nicht, was Harry noch hat, du kannst ihn nicht so lange transportieren. Er braucht einen Heiler, in der nächsten Zeit. Denn er ist bewusstlos, obwohl angeblich nur der Arm gebrochen ist. Du willst ihn nicht nach Hogwarts bringen, gut, dann bring ihn in den Fuchsbau, die alten Schutzzauber sind schließlich wieder aktiv, da seid ihr sicher. Sei vernünftig.“ Charlie knirschte regelrecht mit den Zähnen, doch er sah, dass die Anderen Recht hatten, Harry regte sich nicht, seine Augen waren fest geschlossen, er schien auch sehr flach zu atmen. Bitte! Er musste aufwachen! Was hatte er sich selbst nur angetan?! Entschlossen riss er sich von seinem Vater los, trat zu seinem Mann, hob ihn sanft auf die Arme, drückte ihn an sich und apparierte den Anderen vor der Nase weg. Er hastete in den Fuchsbau, in sein Zimmer, legte Harry dort auf das Bett, strich ihm sanft über die Haare des Jüngeren. Harry sah so bleich aus... Er brauchte eine Weile, doch dann riss er sich zusammen. Vorsichtig schälte er Harry aus der Jacke, es war die, die er Diesem zu Weihnachten geschenkt hatte. Es war auch das Einzige, was nicht in Fetzen herunter hing. Auch das Oberteil, ein eher dünner Pullover, zog er ihm aus, allerdings schnitt er den an dem kaputten Arm auf, um diesen nicht noch weiter zu verletzen. „Du bist eiskalt,“ stellte Charlie leise fest, rieb die Hand am unverletzten Arm etwas in dem Versuch, ihn etwas zu wärmen, bevor er Harry vorsichtig die Hose von den zerkratzten Beinen zog und sie zu dem zerschnittenen Pullover auf die Erde warf. Vorsichtig deckte er dem Jüngeren zu, strich immer wieder über dessen wirre Haare und bat ihn, doch endlich aufzuwachen. „Das wird auch nicht helfen,“ blaffte Severus ungnädig, als er die Tür zu Charlies Zimmer aufriss. „Wenn er nicht aufwacht, hat das andere Gründe!“, hinter ihm trat der Heiler ein, der Harry schon ein Mal versorgt hatte. „Also lass einen Profi ran!“ Charlie starrte die Eindringlinge an, er hätte sie am liebsten alle raus geworfen, doch dann beherrschte er sich doch und ließ den Heiler und Snape näher an das Bett treten, doch er ließ die schmale Hand in seiner nicht los, einen Finger auf Harrys Gelenk, um dessen Puls zu fühlen, wie eine beruhigende Gewissheit, dass der bleiche Junge noch nicht tot war. Dass sie ihn rechtzeitig gerettet hatten, in dem Fall vor sich selbst. „Beeilung,“ blaffte er ungnädig, er wollte Harry für sich, ihn halten, ihn wieder warm bekommen – ihn duschen. Ihn von dem Blut und dem kalten Schweiß befreien. Der Heiler seufzte leise und begann einige Diagnosezauber, runzelte dann die Stirn, richtete den Bruch, was wirklich nicht die Welt war, auch die Kratzer verschwanden einer nach dem Anderen spurlos. „Nun?“, fragte schließlich Severus. „Was ist der Grund, warum Dornröschen dieses Mal beschließt, uns den Anblick seiner Augen zu verweigern?“ Der Heiler schüttelte den Kopf. „Sein Körper ist am Ende,“ erklärte er ruhig. „Er ist vollkommen ausgetrocknet, er muss seit mehr als vierundzwanzig Stunden nicht mehr getrunken haben und er hat tagelang nichts gegessen, was mit seinen Organschäden eine mehr als dumme Idee ist. Er ist bewusstlos, weil sein Körper abgeschaltet hat.“ „Oh Merlin,“ flüsterte Charlie. Er wusste ja nur zu gut, dass Harry nichts essen konnte, wenn er sich schlecht fühlte. Was, wenn er seit seiner Flucht nichts mehr gegessen hatte?! Und wie konnte man nur nichts trinken?! Was hatte der Jüngere sich dabei gedacht?! Automatisch packte er das Glas, dass ihm gegeben wurde, vorsichtig flößte er ihm Wasser ein, froh, dass der ausgedürstete Körper begann, gierig zu schlucken. Wenigstens etwas. Danach gab er das Glas weiter. „Sonst noch was?“, fragte er leise. „Ein Transport ist auf keinen Fall zu empfehlen, bis er wieder zu sich kommt, er brauch stark konzentrierte Nährtränke, damit er, wenn er aufwacht, normal essen kann. Sonst geht es ihm wieder gut, er hatte einen gebrochenen Arm und ein paar entzündete Kratzer. Nichts wirklich Schlimmes.“ „Merlin sei dank,“ flüsterte Charlie, er hob Harry wieder auf seinen Arm, drückte ihn an sich. Wenigstens nichts Irreparables. Nichts, was seinen Mann umbringen würde. Er würde ihn wieder auf die Beine bekommen, es war nicht Harrys Schuld, der Jüngere musste so verzweifelt gewesen sein... noch jetzt hatte er das dringende Bedürfnis, sich selbst zu schlagen und zwar ausgiebig. Der Heiler betrachtete den Rothaarigen, der den Jungen eng an sich hielt, er wusste nicht, was passiert war, aber es musste wohl heftig gewesen sein, denn alle sahen mitgenommen aus, nicht nur Severus und Lucius, sondern auch die Rotschöpfe und die junge Veela. Es musste wohl auf seine Art heftiger gewesen sein, als beim letzten Mal, auch wenn die Verletzungen nicht ganz so gravierend gewesen waren. Lucius räusperte sich nach einer Weile. „Severus, Arthur, begleitet ihr mich?“ „Wohin?“, fragten Beide ruhig. „Eine Presseerklärung geben,“ gab Lucius zurück. „Bekannt geben, dass Harry den Irren für die Anderen gekillt hat und nur noch seine Ruhe von all den Irren will und keine Lust hat, auch nur ein Wort mit ihnen zu reden. Karkaroff muss sich erholt haben, er kann uns helfen, einen Portschlüssel für die Beiden zu besorgen, dass sie ohne aufzufallen, verschwinden können.“ Sie liefen schon die Straße herunter. „Und Remus sagen, dass Harry in Ordnung ist.“ Charlie sah den Anderen kurz hinterher, dann legte er Harry aufs Bett, zog sich selbst aus, befreite den Jüngeren von Socken und Boxern, suchte frische Sachen für sie zusammen und verschwand ins Bad, wo er mit einer schnellen Bewegung die Wanne mit heißem Wasser füllte und dann einstieg. Er musste Harry irgendwie wieder warm bekommen. Kaum lag Harry im Wasser, rollte er sich zusammen, versuchte, sich vollkommen zu verkriechen. Ob in der Wärme oder wegen der Schmerzen, die er vielleicht hatte, weil er so kalt war, wusste er nicht. Er hielt Harry nur sicher fest, wusch ihn vorsichtig mit einem Schwamm und anschließend wusch er auch die verklebten Haare. „So,“ lächelte Charlie sanft, strich leicht über Harrys Seite. „Ich denke, jetzt fühlst du dich besser, nicht wahr?“, fuhr er fort, hob seinen Mann wieder aus der Wanne und trocknete ihn ab, zog ihn wieder an, brachte ihn anschließend ins Bett. Er wartete eine Weile, wusste nicht so recht, was er tun sollte, dann aber zog er sich selbst einen Schlafanzug an und legte sich dazu. Er war erleichtert, als Harry sich zu ihm rollte, sich wie immer an ihn kuschelte. „Ich bin da,“ bestätigte er leise. „Merlin,“ grummelte Karkaroff, der mit Remus, Lucius und Severus sowie einigen Weasleys im Büro des Direktors saß, vor sich eine Tasse starken Kaffee. Sie hatten gerade eine hässliche Pressekonferenz hinter sich gebracht, auf der auch der entgültige Tod von Voldemort bekannt gegeben wurde. Da hatte es doch tatsächlich Leute gegeben die geschrieen hatten, dass sie Harry herausgeben und nach Azkaban bringen müssten, dass der Junge offensichtlich zu mächtig sei und nur ein neuer dunkler Lord werden würde, dass man das Risiko direkt bannen sollte, indem man ihn umbringen würde, oder doch zumindest wegsperren! Doch kaum hatten einige das gesagt, war Remus ausgerastet, aber so richtig. Ob die Leute wüssten, was sie denn gern hätten, ob sie lieber Voldemort (allgemeines, heftiges, lächerliches Zusammenzucken) wieder haben würden und sie hätten nicht vor, den armen Jungen ihnen raus zu rücken. Er hätte bei Weitem genug gelitten. „Ich glaube das nicht! Die Menschen in diesem Land haben doch allesamt einen wirklich heftigen Schatten!“ Severus machte ein abfälliges Geräusch. „Was hast du erwartet von einem Land, dass seine Schlachten von einem verstörten Kind austragen lässt?“, entgegnete er. Er nippte an seinem Tee. Er hatte heimlich einige gemeine kleine Zauber gesprochen, die dazu geführt hatten, dass die Betreffenden sich wohl immer noch kratzten, wie ein paar räudige Hunde. Und das würde noch wochenlang so weiter gehen. Seine Sprüche waren schon immer nachhaltig gewesen und gemein. „Es ist vermutlich wirklich das Beste, dass Harry direkt mit Charlie nach Rumänien geht,“ stellte Arthur fest. „Da kann Harry sich erholen, ohne all das hören zu müssen, ausgerechnet er, der doch nie etwas Anderes wollte, als Menschen zu helfen, soll zu einem dunklen Lord werden, Merlin, das ist ein Unsinn!“ Remus knurrte irgendetwas Unverständliches in seinen Kaffee. Er hatte noch nicht mal nach Harry sehen können, er hatte nur gehört, dass sein Welpe, der doch so schon so viel durchgemacht hatte, versucht hatte, sich mit einem Sprung in die Tiefe umzubringen. Er wollte nur sehen, dass der Junge in Ordnung war, aber da draußen wartete eine Horde Journalisten und er konnte nicht gehen, nicht, dass einer von denen auch noch auf das Grundstück gelangte. „Remus, du kannst jederzeit kommen, das weißt du...“ „Natürlich, aber ich kann doch schlecht weggehen...“ „Nein, aber später kommen,“ gab Arthur zurück. „Harry wird nicht gehen, ohne sich von dir zu verabschieden. Dazu liebt er dich zu sehr, nicht wahr?“ Remus sah auf die Vogelstange, wo Schnäbelchen mit hängendem Kopf saß. Das arme Tier hatte ihm vor drei Tagen den Abschiedsbrief von Harry übergeben und hing seither da, wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Er stand auf, ging zu dem Tier, strich über seinen Kopf. „Dein Herrchen lebt,“ erklärte er, nahm es und trat zum Fenster. „Na los, flieg zu ihm, er würde dich sonst sicher vermissen!“ Alle sehen zu, wie das Tier sich auf ein Mal aufrichtete, einen lauten Schrei ausstieß und sofort verschwand. „Harry hat keine Ahnung, was er Anderen mit der Drohung von seinem Tod angetan hat...“ „Das war keine leere Drohung,“ gab Severus zurück, fasste in seine Brusttasche und holte den Rankenring hervor, übergab ihn Arthur. „Gib ihn deinem unmöglichen Sohn, er soll ihn Harry wiedergeben, der Bengel würde ihn vermissen. Er wollte sich umbringen,“ fuhr er fort. „Für Harry macht es keinen Sinn, ohne den Idioten zu leben.“ Arthur lachte leise über den Tränkemeister. Sie alle wussten, dass der Mann es nicht so meinte, dass er sich einfach Sorgen um Harry machte, den er lieb gewonnen hatte, obwohl er es leugnete. Er nahm den Ring aber erleichtert, er wusste, mit wie viel Liebe Charlie Diesen ausgesucht hatte und wie Harry den Ring liebte. Er steckte ihn ein. „Vielleicht findet Harry bei den Drachen seine Ruhe...“ „Apropos Drachen! Was ist mit den vier Ungetümen?!“ „Sie sind im Fuchsbau, im Garten,“ erklärte Lucius. „Fleur hat sie dahin gebracht und Molly ist begeistert, die vier vertreiben die Gnome, aber sie wimmern auch viel, sie werden wohl auch unser Dornröschen vermissen.“ „Ah,“ nickte Remus. Dann musste er sich wenigstens nicht um wild herumrennende Drachen kümmern, die Fressen suchten. Nicht auch noch das zu den vollkommen durchgetickten Menschen und Reportern. Arthur erhob sich schließlich und trat zum Kamin. „Ich werde nach Hause gehen, ich will Charlie informieren, dass er Harry auf keinen Fall mit raus nehmen soll, weil ich nicht weiß, ob die aufgebrachte Masse ihn aus Liebe zu Tode trampelt oder ihn steinigt, weil sie Angst vor einem neuen dunklen Lord haben.“ Remus nickte. „Ja,“ nickte er. „Tu das, ich versuche, die Hyänen da draußen los zu werden.“ Lucius stand auf. „Ich gehe ins Ministerium, mal sehen, ob ich nicht einige Auroren finde, um das Gelände zu räumen. Und ich muss meinen hysterischen Sohn beruhigen, dass sein Freund es nicht geschafft hat tot zu sein und dass er ihm selbst erzählen kann, was er von Harrys Dummheit hält.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)