Truths and lies von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 6: Es wurde Tag und es wurde Abend 6 -------------------------------------------- Sie war zufrieden. Sie war wahrlich zufrieden mit sich selbst. Es war nicht wirklich eine schwere Szene gewesen, wenn man mal von seiner Wut und seinen aufreizenden Blicken absah, aber sie hatte sich dennoch nicht von ihm an die Wand spielen lassen! Nun saß sie wieder bei Olivia, die ihr die Haare zu einem Pferdeschwanz hochsteckte und wie wild auf sie einplapperte, was sie gar nicht wirklich bemerkte. Die nächste Szene würde sie mit Maiko drehen. Es würde eine klassische Geschwisterszene werden und danach könnte sie dann endlich nach Hause fahren. Sie war ganz schön geschlaucht, was sie sich allerdings nicht anmerken lassen wollte. Es klopfte an der Tür: „Kyoko?“, Kessy steckte den Kopf herein: „Hör mal, ich hab noch einen Termin in der Argentur. Tsuruga-san meinte, er würde dich nach Hause bringen. Ist das in Ordnung für dich?“ Kyoko erhob sich von ihrem Stuhl. Nach einem Moment seufzte sie und gab sich geschlagen: „Na schön. Aber ich könnte auch mit der Straßenbahn fahren.“ „Das schlägst du ihm am Besten selbst vor. Ich kann mir seine Antwort schon denken und nur zu deiner Information, er hat Recht!“ Kyoko runzelte die Stirn und sah sie verständnislos an: „Wie willst du das wissen, wenn du noch nicht mal seine Antwort gehört hast?“ Kessy verdrehte ihre grauen Augen und verschwand wieder durch die Tür. Kyoko fing die Tür ab, bevor sie zufallen konnte und ging ihr nach: „Sag mal, was ist das eigentlich für ein Termin?“ „Nichts besonderes. Mach dir keine Sorgen, ich mach das schon.“, die Managerin fuhr sich mit der rechten Hand im Gehen durch ihre kurzen Haare, die hinten etwas kürzer waren als vorne und ihr dort nur bis zum Kinn reichten. Kyoko blieb stehen und sah ihr verwirrt hinterher. Wenn es nicht so wichtig war, konnte sie es ihr doch erzählen. Wenn es sich allerdings um etwas drehte, was sie nicht wissen sollte, konnte es sich nicht um etwas harmloses handeln, ergo war es wichtig. Sie hatte eine dunkle Vorahnung von ihrer Managerin, die sich heimlich mit dem Präsidenten traf, um ihm zu sagen, dass er sich keine Sorgen machen musste und ihm von ihrer Arbeit berichtete. Kyoko seufzte. Was redete sie sich da nur wieder ein? So ein Unsinn! Kessy Keller war ihre Managerin und keine Spionin oder Feindin. Und selbst wenn sie sich mit ihm traf, würde sie ihr den Rücken stärken und sie nur davor schonen wollen, sich zu viele Gedanken zu machen. Vielleicht war es ja auch einfach nur ein gewöhnlicher Termin, war doch möglich. Sie seufzte erneut. Kessy war nun ihre geringere Sorge. Viel dringender war, wie sie den Schauspieler davon überzeugen wollte, dass sie mit der Straßenbahn fahren konnte. Kessy hatte Recht, draußen war es schon dunkel und er würde sie niemals alleine auf der Straße herumlaufen lassen, nicht um 22.00 Uhr abends. „Na? Bist du fertig für die nächste Szene?“, drang seine Stimme plötzlich von hinten an ihre Ohren. Sie wandte sich überrascht um, ließ sich aber nichts anmerken: „Ja. Hören Sie, Sie müssen nicht auf mich warten.“, sie ließ ihn stehen. Er drehte sich um, damit er ihr folgen konnte: „Was ist, wenn ich es aber möchte?“ Kyoko warf ihm einen Blick von der Seite her zu, während sie auf das nächste Set zuging: „Dann haben Sie ein Problem.“ „Ach, und weshalb?“ „Weil ich Ihr Angebot zwar zu schätzen weiß, glaub Sie mir. Aber ich möchte die Straßenbahn nehmen.“ Er blieb plötzlich stehen und verschränkte die Arme vor der Brust: „Gut, dann fahr ich eben mit dir und setz dich vor deiner Haustür ab.“ Sie war wie vom Donner gerührt und hatte bereits ein Bild von ihm in der Straßenbahn vor Augen, der sich vor Fans nicht mehr retten konnte. Sie hatte ein kleines Dejavú. Wenn sie sich nicht irrte, hatte sie ihn damals aus diesem Grund mit dem Fahrrad zum nächsten Job gefahren, als das Taxi im Stau stecken geblieben war. Sie wandte sich zu ihm um. Dieser Mann war unsagbar naiv, wenn es um seine eigene Berühmtheit ging: „Vielen Dank, aber ich denke, ich bin schneller, wenn ich alleine fahre.“ Er kam auf sie zu und blieb kurz vor ihr stehen: „Das bezweifle ich. Denn wenn es dir um Schnelligkeit geht, wäre mein Auto die bessere Wahl.“ Sie seufzte. Verdammt. „Kyoko-chan, komm bitte, wir möchten anfangen.“, Shingai winkte ihr vom Set her zu, das nur noch einige Meter von ihnen entfernt war. Sie wandten sich wieder einander zu und Ren lächelte sie siegessicher an: „Also ich warte dann hier.“ „Sie langweilen sich doch bestimmt nur.“ „Wieso sollte ich? Ich kann ja schließlich zusehen, wie du deine letzte Szene in den Kasten bringst.“ „Ich wüsste nicht, was daran so interessant sein sollte.“ Er sah ihr tief in die Augen, was ihr ein merkwürdiges Gefühl den Magen hinunter laufen ließ: „Es ist faszinierend.“ Sie wandte sich schweigend von ihm ab, ein kleines Schmunzeln auf den Lippen, damit er nicht sehen konnte, was sie schon gespürt hatte. Sie fühlte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. „Du überraschst mich immer mehr.“, Yashiro lehnte sich mit verschränkten Armen an die Säule neben ihm. „Ich weiß nicht, was du meinst.“, Ren nahm nicht einen Moment lang den Blick von der Szene, die gerade vor ihm gedreht wurde, lehnte aber gleichfalls an der Säule mit vor der Brust verschränkten Armen. „Nun ja, du bist irgendwie agresiever geworden.“, der Manager sah ihn schel von der Seite her über seine Brillengläser hinweg an: „Du provozierst sie, schmeichelst ihr, bringst sie nach Hause... Was kommt als nächstes? Ein Kuss?“ Ren sah ihn überrascht an: „Ich mache nichts, was ich nicht auch vorher getan hätte. Ich habe sie schließlich schon früher nach Hause gefahren.“ „Du willst wissen, was du anders machst?“, Yashiro glaubte nicht wirklich, dass er es ihm noch sagen musste, war sich allerdings bie dem Schauspieler nicht so ganz sicher. Wie konnte er auch. Ren war gelegentlich schon erstaunlich Blind, wenn es um ihn selbst ging. Ren schwieg einen Moment, unsicher, was er nun antworten sollte: „Schieß los.“ Yashiro löste seine Arme aus der Verschränkung und legte ihm eine Hand auf die freie Schulter: „Du flirtest, mein Lieber.“ „Unsinn.“, er schon die Hand von seiner Schulter, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder Kyoko zu, die sich gerade mit Maiko unterhielt und dabei eine perfekte Performance ablieferte. „Doch doch. Und weißt du, was noch merkwürdiger ist?“ „Ich bin gespannt.“, seine Stimme klang eher genervt als neugierig und er sah seinen Manager noch immer nicht an. „Nun ja,“, Yashiro nahm wieder seine alte Haltung ein und antwortete ihm in desinteressiertem, nahzu beiläufigem Ton: „Sie geht drauf sein.“ Ren starrte ihn an. Stimmte das? Gut, sie war offener geworden, aber sie hatte sich nicht sonderlich verändert, soweit er das beurteilen konnte. „Nun guck nicht so.“, der Manager seufzte: „Deshalb wollte ich eigentlich nicht mit dir reden.“ Ren hing weiter seinen Gedanken nach und antwortete ohne wirklich zu merken, was er tat: „Weshalb dann?“ Yashiro holte tief Luft. Er war sich gänzlich im Klaren, was er nun anrichten würde, doch es war wohl besser, wenn er es ihm gleich erzählte und nicht erst wartete, bis er es aus den Medien erfuhr: „Tja, also ich habe mich vorhin mit Ms. Keller unterhalten.“ „Und?“, immernoch keine Aufmerksamkeit, der Manager verlor seine Gewissensbisse. „Kyoko war heute bei einem Dreh zu einem Musikvideo.“, machte eine kurze Pause, bevor er die Bombe platzen ließ: „Einem Video mit Sho Fuwa.“ Ren sah zu ihm auf, ohne auch nur ein Wort zu sagen und wartete, dass der Manager fortfuhr, denn es war offensichtlich, dass es noch mehr zu diesem Thema zu sagen gab. „Sie meinte, er wäre echt komisch gewesen, vorallem nach der Kussszene.“, Yashiro sah ihn schel von der Seite an und bemerkte zufrieden, dass Rens Gelassenheit aufrichtigem Schock gewichen war. Er fuhr fort: „Sie meinte, Kyoko wäre danach irgendwie sauer gewesen, aber nachdem er sie aus ihrer Umkleide ausgesperrt hatte, damit sie ihn nicht einfach stehen ließ, wäre sie irgendwie gut gelaunt zu ihr hinein gekommen.“ „Wie meinst du das?“ Yashiro seufzte: „Er hat sie geküsst, die Szene war vorbei, sie ließ ihn stehen und zog wütend Richtung Umkleide ab. Bevor sie drin war, hat er ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen und als sie schließlich doch rein kam, hatte sie gute Laune und Fuwa machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.“ Ren kommentierte ihn nicht weiter, sondern sah wieder zu der jungen Schauspielerin hinüber, die er so liebte. „Keller meinte, sie hätte sie darauf angesprochen und Kyoko hätte gesagt, sie hätte ihm gesagt, wie egal er ihr inzwischen wäre.“ Immernoch keine Reaktion. „Ren, verstehst du, was ich dir sage?“ „Das geht mich nichts an.“ „Das würde ich so nicht sagen.“, Yashiro machte eine kleine Pause: „Sie hat offenbar von ihrer Rache abstand genommen. Wenn er ihr egal ist, ist sie ihm nicht mehr wütend, ergo beudeutet er ihr nichts mehr. Was heißt das dann wohl für dich.“ Sie streckte sich müde, als sie aus der Umkleide kam, ihre Tasche über der Schulter, den Mantel eng um die Hüfte geschlungen. „Wie soll ich dich nun Heim bringen? Bahn oder Auto?“, Ren lehnte mit dem Rücken an der Wand gegenüber, um ihn herum ein reges Treiben von Leuten, die das letzte Set soweit herrichteten, dass sie es ohne Probleme am nächsten Tag wieder würden nutzen können. Seine Arme waren vor seiner Brust verschränkt. Das weiße Hemd, das er trug, war am Kragen weit geöffnet, sodass sie die kleine Mulde unter seinem Adamsapfel sehen konnte. Die Beine, die in einer schwarzen Jeans steckten, hatte er an den Knöcheln überkreuzt. Sie atmete tief ein. Sie konnte den Kampf sowieso nicht mehr gewinnen, also war es wohl das Beste, wenn sie sich einfach geschlagen gab: „Auto. Aber das ist eine Ausnahme!“ Er lächelte sie offenherzig an: „Ein Glück, sonst müsste ich noch mal her kommen, um meinen Wagen zu holen.“ „Sie könnten sich die ganze Prozedur auch sparen, in dem Sie einfach nach Hause fahren.“, schlug sie in einem letzten Versuch lächelnd vor. Er tat es mit einem Seufzen und einer wegwerfenden Handbewegung ab, während er einfach an ihr vorbei in Richtung Tiefgarage ging. Sie zog ihre Tasche weiter ihre Schulter hinauf und folgte ihm schweigend. Er fand ihr Spiel faszinierend. So hatte er es doch zuvor gesagt, als er sie so merkwürdig ernst und gleichzeitig sanft angesehen hatte. Es hatte sich sowieso einiges verändert. Er war irgendwie anders als früher. Es war fast, als hätte er diesen Graben von dem er damals erzählt hatte, überwunden. Okay, er hatte es nicht so bezeichnet, sondern es eher umschrieben, aber das änderte nichts an der Tatsache selbst. Vielleicht überlegte sie, als sie ins Auto stiegen, vielleicht hatte er ja sogar endlich mit dieser Frau gesprochen und seine Gefühle zugelassen. Das würde zumindest erklären, weshalb er so anders war, seit sie aus Amerika zurück war. Außerdem hatte er diese Last, was genau sie auch immer war, nun wahrlich lange genug mit sich herum getragen. Sie seufzte. Diese kleinen offenen Gespräche mit ihm, wenn sie der Hahn war, vermisste sie irgendwie. Sie war nun ja auch schon lange genug nicht mehr als Bou aufgetreten. „Mogami-san, hörst du mir noch zu?“, er bremste an der nächsten Ampel, sodass er an der Haltelinie zum Stehen kam. Das rote Licht der Ampel verfärbte seine Gesichtsfarbe minimal. Sie schreckte auf und erwiederte seinen Blick noch ganz verdattert: „Entschuldigen Sie, was haben Sie gesagt?“ „Wo warst du denn gerade?“, er sah wieder aus der Frontscheibe und gab Gas, als die Apel wieder auf Grün sprang. „In meinem Bett, ich bin echt müde.“, sie strich sich eine Haarsträhne hinter ihr rechtes Ohr: „Was hab ich denn nun verpasst?“ „Ich hatte dich gefragt, wie er dir in deiner Wohnung gefällt.“, wiederholte er freundlich und setzte den Blinker, um in die nächste Straße abzubiegen. „Oh, sie ist ganz okay. Ich fühle mich wohl.“, sie warf ihm einen Blick zu und gluckste kurz: „Ihnen würde es bestimmt nicht gefallen.“ „Ach ja? Wieso?“ „Nun ja, es ist kleiner und enger. Ihre Wohnung ist im Vergleich dazu riesig.“, sie lächelte offenherzig durch die Windschutzscheibe, während sie sprach: „Aber wie gesagt, mir gefällts.“ Er konnte schon an ihrem bloßen Blick erkennen, dass es so war. Sie schien ganz vernarrt in ihr neues Heim. Da fiel ihm etwas ein: „Tja, ich kann nicht wissen, ob sie mir gefällt. Ich hab sie noch nie gesehen.“ Stimmt. Sie hatte ihn noch nicht eingeladen, dabei wohnte sie nun schon eine ganze Weile dort. Er hatte nicht mal die Adresse gewusst, bevor er sie an diesem Abend gefragt hatte. Sie spürte, wie sich ihr Gewissen regte und sich ihr Magen verkrampfte: „Haben Sie denn heute schon etwas gegessen?“ „Ja, auch wenn es wohl kaum vorstellbar für dich erscheint.“, er lachte. Immer die gleichen Sorgen. Aber dieses Mal nutze sie es aus, um das Thema zu wechseln. Vielleicht hätte er es nicht ansprechen sollen, dann würde es nun nicht so an ihm nagen. Zuerst wollte sie sein Angebot, nach Hause gebracht zu werden, nicht annehmen und nun das. Okay, mit der Bemerkung war er fast schon etwas aufdringlich gewesen, wenn er so darüber nachdachte, aber das änderte auch nichts. Kyoko ging schnell den Inhalt ihres Kühlschranks und ihre Getränkevorräte durch: „Was gabs denn heute Abend?“ Er atmete tiefer ein. Erwischt! Er seufzte: „Ein wenig Reis und später noch einen Energieriegel.“ Sie wandte sich so abrupt in ihrem Sitz um, dass er von der Seite her den Eindruck hatte, sie wäre einige Zentimeter in die Höhe gesprungen: „Was? Tsuruga-san, das ist doch kein Abendessen! Haben sie sich denn kein Lunchpaket genommen?“ „Hast du es denn?“, die Frage war eigentlich überflüssig, denn er hatte gesehen, dass sie sich nichts genommen hatte. Sie schmunzelte: „Was halten Sie davon: Ich habe noch ein paar Kleinigkeiten im Kühlschrank, aus denen ich uns was zaubern könnte. Bleiben Sie zum Essen?“ Er trat auf die Bremse und kam vor einem Zebrastreifen zum Stehen, während er sie überrascht ansah: „Du must dir doch jetzt keine Umstände mehr machen.“ „Mach ich auch nicht. Sie sind sowieso da und ich muss ja auch noch etwas essen.“, versuchte sie ihn zu überzeugen: „Und selbst wenn es nicht so wäre, ist es doch immer noch meine Entscheidung mir die Arbeit zu machen oder nicht. Ich hätte das schon nicht getan, wenn ich es nicht wollte. Und so können Sie auch mal meine Wohnung sehen.“ Er starrte sie an. „Tsuruga-san, der Zebrastreifen ist frei und unser Hintermann hubt schon ungeduldig.“, sie wollte ihm ja nicht reinreden, aber sie war auch nicht gerade erspicht darauf mit dem anderen Autofahrer Bekanntschaft zu machen. So oder soe war die Situation irgendwie unangenehm. Er betätigte das Gas, nachdem er den ersten Gang eingelegt hatte und antwortete ihr schließlich: „Nun ja, wenn das so ist.“ Sie lächelte. Na also. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)