Living Lies von Varlet ================================================================================ Kapitel 13: Neuer Schutz ------------------------ Mit seinem Fuß tippte Shuichi Akai auf dem Boden herum. Die Spannung lag dem Agenten ins Gesicht geschrieben. Entweder sie war da oder nicht. Natürlich war es besser, wenn sie da war. „Du kannst aufmachen“, sprach Shuichi kühl. Eigentlich wusste er, dass es im derzeitigen Moment besser war, einfühlsam zu sein. Doch genau das war nicht seine Art. Wirklich nicht. „Ich hoffe, sie ist da“, gab Jodie leise von sich. Von der anderen Seite der Tür hörte man, wie das Türschloss aufgeschlossen wurde. Shu hatte Recht, sie war da. Zum Glück. Nur langsam wurde die Türklinge nach unten gedrückt und die Tür einen kleinen Spaltbreit geöffnet. Shuichi blickte an die Tür. Sobald sie sich öffnete, war auch er ein klein wenig erleichtert. Wenigstens befand sie sich in Sicherheit und wusste, wo sie hinlaufen sollte. In den nächsten Sekunden wurde der Türspalt immer größer, bis sie die Tür gänzlich offen hatte. Schweigend sah Shuichi das Mädchen an. Er musterte sie von oben bis unten. Dann verfinsterte sich sein Blick. Die Situation war angespannt. „Tu das nie wieder“, zischte der FBI Agent wütend. Seine Stimme war kühl und kalt. „Shu…“, fing Jodie an. „Nein Jodie, halt du dich mal da heraus. Sie ist einfach so weg gelaufen, nur weil sie sich weigerte hinzunehmen, dass ich auf sie aufpassen soll. Und was macht sie dann? Direkt dem Feind in die Arme laufen. Du weißt selbst, was für ein Glück sie hatte“, raunte Akai seine Kollegin an. „Aber Shu…“, gab Jodie wieder von sich. Eigentlich wollte sie mehr sagen, doch Shu schnitt ihr wieder das Wort ab. „Ich sagte doch, du sollst dich raus halten. Wer nicht hören will, der muss fühlen. Und wäre sie nicht abgehauen, wäre sie jetzt noch in Sicherheit. Aber nein Madame weiß alles besser. Wir bringen sie sofort zu James, der soll sonst was mit ihr machen. Hier kann sie auf gar keinen Fall weiter bleiben.“ „Shu?“ „Was ist denn noch, Jodie?“, wollte der FBI Agent wissen. Langsam endete auch seine Geduld. „Sie weint“, wies die junge Frau ihren Kollegen an. Ein wenig erstaunt blickte Akai nun zu seinem Schützling. Sie stand relativ verstört da, die Tränen liefen ihr über die Wange und mit der linken Hand versuchte sie sich diese aus dem Gesicht zu wischen. Mit einer solchen Reaktion auf seine ‚Standpauke‘ hatte der FBI Agent nicht gerechnet. „Mhmm…“, gab Shu von sich. „Jetzt halt mal den Ball flach, es ist blöd gelaufen, aber du bist wenigstens in Sicherheit“, entgegnete der Agent. Man merkte, dass er sich nicht mit Trösten nicht wirklich auskannte und eher derjenige war, der andere niedermachte. Shuichi verdrehte die Augen, als sie nach seinem, zuletzt, gesagten nicht aufhörte zu weinen. „Hast du gehört, was ich gesagt hab?“, wollte er dann wissen und legte seinen linken Arm auf die Schulter von Joanna. Was danach passierte, überraschte selbst ihn. Verzweifelt warf sich die Braunhaarige in die Arme des FBI Agenten. Sie brauchte Trost und konnte immer noch nicht verstehen, dass ihr Vater verstorben war. Sie hatte es nicht einmal geahnt und auch nicht gefühlt. Es gab nichts. Jetzt war er nicht mehr da und sie war alleine. Joanna wusste nicht, was sie tun sollte. Diese Situation war fremd für sie und das Schlimmste, es gab keinen, zu dem sie konnte. Wer war jetzt noch Freund und wer Feind? Irgendjemand hatte es auf sie abgesehen, die Frage war nur wer. Doch das war nur nebensächlich. Im Moment musste sie erst den Tod ihres Vaters verarbeiten und damit zurechtkommen. Joanna krallte sich in Shus Jacke, vergrub den Kopf an seiner Brust und gab nur noch wimmernde Laute von sich. Na toll…mein Hemd ist jetzt durchnässt, sagte sich Shuichi. Er seufzte lautlos auf und blickte zu Jodie, die gerade weg schaute, als hätte sie gar nichts gesehen. Super, Jodie distanziert sich auch schon davon. „Na…na…“, gab er nur von sich. Es hörte sich nicht gerade tröstend an und eher wie eine Maschine. Leicht irritiert schaute Shuichi seine blonde Kollegin an, während sein Schützling weiter und unaufhörlich weinte. Jodie schüttelte nur noch den Kopf. „So kannst du das doch nicht machen“, gab die Agentin von sich. Sie fuhr sich durch die Haare und blickte Shuichi bei seinen Handlungen zu. „Dann mach doch einfach was, anstatt mich hier rumstehen zu lassen“, entgegnete Shuichi leicht mürrisch. Wieder schüttelte Jodie den Kopf. „Du hat kein Taktgefühl.“ „Erwartest du, dass ich mich jetzt dafür entschuldige, dass ich sie angeschnauzt hab, weil sie weg gelaufen ist? Das werd ich sicherlich nicht tun. Es war ihre freie Entscheidung das zu machen, damit muss sie mit den Konsequenzen leben.“ „Oh man, Shu, du kannst doch nicht so da heran gehen“, sprach die Blonde. Sie trat näher an die Beiden heran und versuchte sie voneinander zu lösen. „Hey, ist ja gut. Shu hat es doch nicht so gemeint“, fügte sie an. Joanna schüttelte den Kopf. „Papa…“, wisperte das Mädchen nur leise. „Mhmm?“, plötzlich blickte Jodie nach oben zu Akai. „Ich glaube, sie weiß es“, murmelte sie. „Na toll…“, grummelte der FBI Agent. „Gehen wir rein“, befahl er danach. „Du lässt sie allein im Zimmer?“, wollte Shu wissen. Mittlerweile saß er wieder auf seinem gewohnten Platz auf dem Sofa. „Ja, ich denke sie kann alleine die wichtigsten Sachen zusammenpacken“, nickte die Blonde. „Ohne abzuhauen?“ „Ich glaub nicht, dass sie es wieder macht. Der Schrecken sitzt ihr immer noch in den Knochen und jetzt wo sie noch weiß, dass ihr Vater verstorben ist, hört sie eher auf dich“, seufzte Jodie. „Das hätte nicht passieren dürfen“, murmelte sie, ehe sie sich neben Shu setzte. „Ist nicht mehr zu ändern. Jetzt hilft nur noch Schadensbegrenzung.“ „Und weißt du schon, was wir jetzt mit ihr machen?“, wollte die Blonde wissen. „Ich hab James angerufen. Wir fahren zu ihm und er entscheidet wie es weiter geht“, nickte der FBI Agent. „Hey…ähm…ich bin jetzt fertig“, murmelte die Langhaarige. Sie stand mit einer kleinen Tasche im Flur. „Gut“, sagte Shu und stand auf. „Jodie, du nimmst sie mit, ich warte dann auf euch bei James.“ „In Ordnung“, entgegnete die Blonde. Auch sie stand auf und trat an die Tür heran. Dann blickte sie kurz auf Joanna. „Sicher, dass du nicht mehr brauchst?“ „Fürs Erste wird es noch reichen“, murmelte sie. „Und ich…wir kommen hier doch nochmal her, oder nicht?“ „Ich weiß es leider nicht. Wir müssen schauen, was unser Boss dazu sagt“, erklärte Jodie und machte sich anschließend mit dem Mädchen auf den Weg zu ihrem Wagen. Sie ließ sie zuerst einsteigen und achtete vorher darauf, dass keiner der Organisation auch nur in der Nähe war. Sicher konnte man trotzdem nicht sein. Sobald Jodie die Lage für ruhig empfand, stieg auch sie ein. Sofort trat sie auf das Gaspedal und fuhr los. „Er ist sicher sauer auf mich“, murmelte die Langhaarige. Jodie blickte zu ihr herüber. „Vielleicht ein wenig, aber er ist auch sauer auf sich selber, weil du ‚entkommen‘ konntest. Das schafft sonst keiner bei ihm“, zwinkerte Jodie ihr zu. Joanna seufzte. Das war nicht gerade die Antwort die sie haben wollte. „Ich hätte nicht gehen sollen“, entgegnete sie leise. „Solche Sachen bemerkt man immer dann, wenn es zu spät ist. Daran kannst du jetzt nichts mehr ändern.“ Am Gebäude angekommen, stieg Jodie zuerst aus. Sie sah sich um, fühlte sich aber in diesen Begebenheiten weitaus wohler als sonst wo. Hier musste sie keine Angst haben, dass die schwarze Organisation zu schlug, hier hatte sie genügend Helfer. Schnell trat sie an die Beifahrerseite und öffnete diese. „Na komm. Du musst keine Angst haben“, sprach die Blonde ruhig. Joanna nickte und stieg aus, wie man es ihr sagte. Die junge Frau atmete tief ein und aus. „Unser Boss ist wirklich nett, mach dir mal keine Sorgen“, entgegnete Jodie anschließend. „Ist gut, es ist nur…“, murmelte sie leise. „…ich kann immer noch nicht glauben, dass mein Vater nicht mehr am Leben ist.“ „Es tut mir so leid“, seufzte Jodie leise. „Wir wollten es dir ersparen, es so zu erfahren“, erzählte sie leise. „Was? Ihr wusstet davon?“ „Oh…“, nuschelte Jodie. „Ehm…ja wir wussten es…“ „Wollt ihr den ganzen Tag dort stehn bleiben?“, wollte Shu von den Beiden wissen. Ein wenig genervt schaute er auf die beiden Frauen, während er an der Eingangstür des Gebäudes stand. „Wir kommen ja schon“, meinte Jodie. Sie griff nach Joannas Hand und zog sie mit ins Gebäude. „James erwartet uns schon“, kam es knapp von Shuichi. Ohne zu klopfen, trat er in das Zimmer ein. „Da sind wir.“ „Sehr gut. Setzt euch“, nickte James und sah alle Beteiligten an. Shuichi stand lieber und stellte sich an das Fenster um heraus zu sehen. James runzelte leicht die Stirn und blickte dann auf Joanna. Er lächelte ein wenig. „Zuerst möchte ich mich entschuldigen, dass du unter anderen Bedingungen von dem Tod deines Vaters erfahren hast. Wir hielten die Zeit dafür noch nicht gekommen, da wir erst heraus finden wollten, was oder wer für seinen Tod verantwortlich ist und ob es für dich eine Gefahr birgt“, erklärte der ältere Mann. „Da wir jetzt auch wissen, dass sie es auf dich abgesehen haben, müssen wir unsere Sicherheitsvorkehrungen noch verschärfen.“ Joanna nickte. „Was ist mit ihm passiert?“ James legte den Kopf ein wenig in die schräge, ehe zu Shu sah. „Du hast nichts gesagt?“. Ein Kopfschütteln als Antwort reichte ihm. „Verstehe. Nun ja, meine beiden Mitarbeiter fanden deinen Vater im verwüsteten Labor. Dein Vater wies Shuichi an auf dich aufzupassen, weswegen ich ihn dafür abkommandierte. Normalerweise macht das FBI so was nicht, aber in diesem Fall haben wir eine Ausnahme gemacht. Was genau passiert ist, können wir leider nicht sagen. Du wirst uns also vertrauen müssen.“ Es war eh zu spät gewesen den Tod zu verschleiern und da sie sowieso schon wusste, dass jemand hinter ihr her war, konnte er mehr sagen, als das Übliche. „Ich verstehe“, nuschelte sie. „Was geschieht jetzt mit mir?“, sie schluckte dabei und wollte es sich gar nicht vorstellen. „Das Beste wird sein, wenn wir dich erstmals von hier weg bringen. Momentan halte ich das Zeugenschutzprogramm für zu weit daher geholt. Aber außerhalb des Landes werden wir doch wohl eher bringen“, erklärte James. „Was? Aber…aber das hier ist mein zu Hause. Ich kann doch nicht einfach so weg. Nein, das will ich nicht. Es muss doch einen Weg geben, um hier zu bleiben“, warf sie empört ein. Sie wollte einfach nicht weg. Hier war ihr Leben. James seufzte. „Hier bist du in einer dauernden Gefahr. Wir wissen nicht, wann sie es wieder auf dich abgesehen haben. Und außerdem…“, stockte der Ältere leicht. „…du hast hier keinen der auf dich aufpasst“, führte Shuichi den Satz zu Ende, während er sich eine Zigarette aus seiner Jackentasche zog. „So sieht es leider aus. Momentan gebe ich ungern irgendwem diesen Fall“, stimmte James zu. „Ja, aber…nein…ich will nicht gehen“, energisch sprang Joanna von ihrem Stuhl auf. „Ich will hier bleiben. Ich tu diesmal auch das, was von mir verlangt wird und lauf nicht irgendwo weg.“ „Das bringt nichts. Jetzt da wir wissen, dass sie hinter dir her sind, ziehen wir andere Seiten auf“, grinste Shuichi. Mit ihrer ‚Attacke‘ war es amtlich. Die schwarze Organisation hatte ihre Finger im Spiel. „Und wenn sie in der Zwischenzeit zu mir kommt?“, schlug Jodie vor. „Woran denkst du?“, wollte James wissen. „Ich kann doch jederzeit zurück an die Teitan-Oberschüle kehren. Das mach ich einfach und bring sie mit. Sie könnte dort als Aushilfskrankenschwester oder Bibliothekarin aushelfen. Dann hätte ich sie immer im Auge und wohnen könnte sie doch auch bei mir.“ „Du meinst, sie ist da sicher genug?“, kam es von Akai. „Bisher hatte ich doch noch keine Probleme mit ihnen gehabt. Also warum nicht. Und wenn ich mal keine Zeit hab, wird sich Shu um sie kümmern“, zwinkerte Jodie. „Das kannst du vergessen“, entgegnete Akai knapp. „Einmal und nie wieder.“ „Mhmm..wenn du dir das zutraust, und alle beteiligten einverstanden sind, werde ich es genehmigen“, nickte James. „Na toll“, grummelte Shu. Endlich war er sie los geworden und dann wurde sie ihm schon wieder aufs Auge gedrückt. Diesmal zwar nur indirekt, aber Jodie wusste ganz genau, dass er wegen der Organisation immer ein Auge auf sie warf. „Ich bin draußen“, entgegnete der FBI Agent. Alleine in seinem Büro runzelte James die Stirn. Falten legten sich auf diese, als es an der Tür klopfte. „Herein“, sprach er. Hereinspaziert kam eine junge Frau mit blondem Haar, welches hochgesteckt war. Sobald sie eintrat, schloss sie die Tür. „Sie werden es bald heraus finden, wenn wir es nicht zu verhindern wissen“, sprach James ruhig. „Es ist gut, dass du so schnell wie es nur ging, hier her gekommen bist, Vermouth.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)