Living Lies von Varlet ================================================================================ Kapitel 12: Die erste Lüge -------------------------- Seit Gin sich vornahm an das Passwort über die Tochter des Wissenschaftlers zu gelangen, vergingen einige Tage. Öfters hielt er sich in der Nähe ihres zu Hauses auf und schon sehr bald musste er feststellen, dass auch das FBI mitmischte. Sie hatten also auch schon von ihrer Existenz erfahren und schützen sie. Aber was sich ihm dann bot, änderte alles. Nicht irgendein FBI Agent kümmerte sich um das Mädchen – nein es war Shuichi Akai – der FBI Agent, der alles änderte. Gin grinste leicht. Sein Erzfeind beschützte das Mädchen, um das er sich kümmern musste. Es würde interessant werden. Das wusste Gin. Der Mann in Schwarz drückte seine Zigarette aus und zündete sich direkt im nächsten Moment die nächste an. Um das Mädchen nun in seine Fänge zu bekommen, musste er sich wirklich was überlegen. Gin wusste, dass das FBI mit einer Handlung seitens der schwarzen Organisation rechnete, weswegen er sich nun keinen Fehler erlauben durfte. Er startete den Motor und fuhr mit Vollgas los. Sein Blick galt der Umgebung. Weitere FBI Agenten gab es scheinbar keine, das merkte er früh – nirgends liefen die gleichen Menschen entlang. Als der Abend anbrach, setzte sich Akai ins Wohnzimmer. In seiner Hand hielt er eine Tasse mit heißem Kaffee, die er anschließend trank. Die Unzufriedenheit über diesen Job war ihm bereits ins Gesicht geschrieben. Wenn er nur konnte, wollte er den Auftrag an den Nagel hängen. Tagelang passierte nichts. Gar nichts. Er hing in der Wohnung herum und musste sich mit dem Mädchen herumschlagen. „Wo willst du hin?“, kam es dann von dem Agenten. Auch wenn er nach vorne zum Fernseher, der ausgeschaltet war, blickte, hatte er vernommen, dass Joanna sich heraus schleichen wollte. Sie seufzte und blieb stehen. „Kurz nach unten und um den Block“, grummelte sie leicht. „Alleine kannst du vergessen“, entgegnete er, ehe er aufstand. „Na super. Ich brauch keinen Babysitter“, murmelte das Mädchen und verschränkte ihre Arme dabei. „Das hast du nicht zu entscheiden.“ Na super, jetzt sah er sich selber schon als Babysitter. Das konnte ja noch was werden. „Und das heißt?“ „Wenn du raus willst, sagst du mir Bescheid, dann geh ich mit dir“, sprach er anschließend. „Toll. Wie sieht das denn aus…ich bin alt genug“, gab Joanna von sich und setzte sich dann beleidigt auf die Couch. „Tja“, kam es nur von Akai. Der Agent streckte sich. Das ganze Sitzen und Nichtstun zerrte auch an seinen Gelenken. „Gleich kommt noch eine Kollegin von mir. Sie bringt Pizza mit, du wirst heute also noch nicht verhungern“, dabei musste der Agent ein wenig Grinsen. „Ich kann mir auch selber was kochen…“ „Das hab ich gesehen. Deine Küche sind aus wie dem Chaos entsprungen und essen kann man das meiste auch nicht“, sagte Shuichi. Eine Röte legte sich auf ihr Gesicht. Das war gerade verdammt peinlich. Sie hatte nie behauptet, eine gute Köchin zu sein. Es reichte für sie, auch wenn es mal Tiefkühlessen oder Fast-Food sein musste, sie wurde satt. Und ihm schien man es nie recht machen zu können. „Ich musste ja auch bisher nie für jemanden kochen“, gab Joanna dann zurück. „Nicht einmal für deinen Vater?“ „Nein! Er aß immer in der Arbeit oder er sagte, dass es ihm schmeckte“, sprach sie. Dann log er aber, dass sich die Balken bogen, sagte sich Shuichi. Aber wahrscheinlich, war es nun besser, einfach nichts zu sagen. Sie lebte scheinbar in ihrer kleinen Welt. „Dacht ich mir“, antwortete er darauf. Es war unverfänglich. Aber auch wenn, Lust auf weitere Diskussionen mit ihr hatte er keine. Und zum Glück würde dies auch noch eine Weile auf sich warten lassen, da es an der Tür klingelte. „Das wird sie sein“, meinte der Agent. Er trat an die Tür heran, schaute durch das Guckloch und öffnete anschließend. „Komm rein.“ „Jetzt bin ich mal gespannt, wie dein Schützling so ist“, schmunzelte Jodie. Die vergangenen Tage hatte sie versucht, herauszufinden, wie das Mädchen war. Sie wollte sie kennen lernen, aber Shu war da anderer Meinung. Doch jetzt, wo er feststellte, dass es ihn zunehmend nervte, ließ er Jodie und Joanna aufeinander treffen. „Sie ist im Wohnzimmer und sicher am Verhungern.“ „Dann bin ich mal gespannt“, schmunzelte Jodie. „Ich find schon dorthin“, fügte die Agentin an. Jodie ging einfach ihrer Nase entlang und fand dann auch das Wohnzimmer. Die Pizza stellte sie auf dem Tisch ab, musterte das Mädchen und trat auf sie zu. „Hey my Girl“, fing sie an. „Ich bin Jodie, seine Partnerin. Schön, dich mal zu sehen.“ „Öhm…freut mich auch“, entgegnete Joanna und schaute die Blonde an. Sie war das komplette Gegenteil von dem Mann, der nun täglich bei ihr ein und aus ging. So hatte sie sich wahrlich seine Partnerin nicht vorgestellt. „Ich hoffe du hast Hunger, ich hab Pizza mitgebracht“, fügte Jodie an. „Ja, hab ich schon gehört und gesehen“, nickte das Mädchen. Sie stand auf und wurde sogleich von Shuichi beäugt. „Ich hol nur Teller.“ „Gut“, nickte der Agent und ließ sich wieder auf dem Sofa nieder. „Du bemutterst sie ja richtig“, kicherte Jodie. „Sie hat nur Flausen im Kopf“, grummelte Shuichi mürrisch. „Wie ein kleines Kind.“ „Wie alt ist sie denn?“ „22 oder so was in dem Dreh“, er zuckte mit den Schultern. „Dann kannst du ihr ja eigentlich nichts mehr vorschreiben“, murmelte die Blonde. „Eigentlich. Aber es ist der Auftrag“, entgegnete Shu. Er seufzte. Am liebsten wollte er auch nicht hier sein. „Und sie nimmt das einfach so hin?“, wollte Jodie dann wissen. „Natürlich nicht. Wäre zu schön um wahr zu sein. Morgens geht es noch, abends versucht sie nur immer wieder raus zu kommen. Zum Glück hab ich meine Ohren überall und kann verhindern, dass sie irgendwo alleine weg geht“, erklärte der Agent. „Das muss ihr ja ziemlich peinlich sein, wenn sie nur noch mit dir an ihrer Seite, raus kann.“ „Und wenn schon. Damit muss sie nun leben, bis wir weiter wissen“, warf Akai ein. „Apropos dein Schützling“, fing Jodie ruhig an. „Wollte sie nicht nur die Teller holen?“ Ohne was zu sagen, sprang Shuichi auf und ging schnellen Schrittes zur Küche. Sie war leer und kurz darauf hörte er nur noch die Tür zuschlagen. „Diese verdammte Göre“, zischte der FBI Agent. Schnell ging er in die Richtung der Tür, als Jodie ihm in die Quere kam. Das konnte er gerade nicht gebrauchen, es würde nur aufhalten. „Zur Seite“, wies er sie schroff an und stieß sie weg. Ihm war klar, dass ihm jetzt ein Fehler unterlief, ein unverzeihlicher Fehler. Niemand wusste, was in der kalten Nacht auf das Mädchen wartete. So schnell wie es ging, nahm der FBI Agent die Verfolgung auf. Viel wusste er nicht, nur dass sie weg wollte. Folglich musste sie den Weg zum nächsten Bus nehmen. Auf eine Gelegenheit wie diese wartete Gin nur. Lange hatte er in seinem Wagen gesessen und gewartet. Jetzt zahlte es sich endlich aus. Mit einem Grinsen beobachtete er das Mädchen. Sie lief so schnell wie es ging – als wäre der Teufel hinter ihr her – und doch kam sie zu spät. Der Bus fuhr ohne sie ab. Für Gin tat sich die perfekte Gelegenheit auf. Keiner lief ihr nach, sie war alleine. „Du bleibst im Wagen“, wies er Wodka an, welcher nur nickte. Dann stieg Gin aus und machte sich auf den Weg an die Bushaltestelle. „Verdammt“, fluchte Joanna, als sie dem fahrenden Bus hinterher blickte. Sofort trat sie an den Aushang des Fahrplans heran. Der nächste Bus kam erst in 20 Minuten. Zu viel Zeit. Zeit in der ER hier war. „Mist“, gab sie nun von sich und machte einen Schritt nach hinten. Sie spürte einen Körper hinter sich, seinen flachen Atem an ihrer Haut. Oh nein. Er hat mich gefunden, sagte sie sich. Sie schluckte und drehte sich um. Doch nicht der, den sie erwartete, stand vor ihr, es war ein Fremder. „Verzeihung“, entgegnete Joanna. Sie wollte zur Seite ausweichen, wurde aber von ihm festgehalten. Gins rechte Hand hatte sich förmlich in ihrem linken Oberarm verbissen. „Du kommst jetzt mit und machst keine Faxen. Nicht so, wie dein dummer Vater“, sprach er kalt und rau. Seine Stimme war eisig, viel eisiger als die von Shuichi. Joanna schluckte. Sie verstand nicht wirklich, was er meinte. „Sieh mal einer an“, grinste der Mann in Schwarz. „Sie haben dir also nicht gesagt, dass sich dein Vater die Radieschen von unten ansieht.“ Der Schock durchzog Joannas Körper. Sie spürte, wie ihre Beine weich wurden, ihre Knie zitterten und man ihr den Boden unter den Füßen wegriss. Mit einem Mal wurde sie bleich im Gesicht und sackte zusammen. Gin verdrehte die Augen und zog seine Beretta heraus. „Sei ein liebes Mädchen und steh jetzt auf!“ Schluckend blickte Joanna in den Lauf der Waffe und stand langsam auf. Sie hatte Panik. „Lass die Waffe fallen.“ Gin grinste leicht unterschwellig. „Wie schön, du bist auch da“, sprach er. „Dann kann es ja noch ein lustiges Spiel werden.“ Nun nach so langer Zeit standen sich beide Männer endlich gegenüber. Shuichi ließ keine Minute verstreichen, zückte seine Waffe und hielt sie auf Gin. „Du wirst noch bereuen, dass du hier aufgetaucht bist“, entgegnete der FBI Agent kalt. Nie, niemals würde er es ihm verzeihen. Beide Männer standen sich gegenüber. Ein kalter Windhauch blies die Haare von Gin zur Seite, doch keiner machte auch nur die geringsten Anstalten sich zu bewegen. Sie fixierten den jeweils anderen und warum zum Äußersten bereit. „Wenn du den Tod willst, helf ich gern nach“, kam es von Gin. „Rye.“ „Hör auf mich so zu nennen. Ich bin schon lange nicht mehr Rye“, entgegnete Shuichi kühl. Der Name gehörte der Vergangenheit an. Alles was damit in Verbindung stand waren Leid, Schmerz und Intrigen. „Du hättest es noch weit gebracht, wenn du bei uns geblieben wärst.“ Wieder Worte, die der FBI Agent nicht hören wollte. Für seinen Undercover Auftrag hatte er schon genug Pein auf sich genommen und das liebste in seinem Leben verloren. Was brachte es ihm noch, weiter für die Organisation zu arbeiten? „Gin, ich schnapp mir die Kleine, während du dich um den Verräter kümmerst“, nun mischte sich auch noch Wodka in das Gespräch ein. Der Dickere parkte den Wagen an der Bushaltestelle und stieg aus. Mit schnellen Schritten näherte er sich Joanna. „Du wirst sie in Ruhe lassen“, Jodie, die Shu nachlief, hielt ihre Waffe auf das Organisationsmitglied. Nun hatten sie eine Patt-Situation erreicht. Es stand zwei gegen zwei. „He. Steh nicht da wie so eine Litfaßsäule. Beweg dich und verschwinde“, rief der FBI Agent dem Mädchen zu. Doch sie stand einfach nur so da. Ihre Beine zitterten und ihre Angst auf der Flucht erschossen zu werden, war zu groß. „Wartest du auf eine Einladung oder warum bewegst du dich nicht?“, wollte er mit einem wütenden Unterton wissen. Shuichi wusste genau, dass keiner der Beiden schoss wenn sie verschwand, da sie sogleich einige Schüsse der Agenten abbekämen. Außerdem sagte ihm sein Instinkt, dass Scharfschützen wie Korn oder Chianti nicht da waren. Es war der perfekte Moment für eine Flucht. „Jetzt mach schon“, knurrte der FBI Agent. Nur mit Mühe und Not schaffte es Joanna ihre Beine in Bewegung zu setzen. Dann lief sie, sie wollte einfach nur weg und vergessen, was sie eben erfuhr. „Tja Gin, jetzt ist sie weg.“ „Und wenn schon, die Kleine kriegen wir noch“, gab der Mann in Schwarz zurück. „Glaub ja nicht, dass du schon so leicht gewonnen hast.“ „Das werden wir noch sehen“, entgegnete Akai. Endlich. Lange hatte er auf den Tag gewartet und jetzt war er da. Jetzt konnte er Gin endlich entgegentreten und ihm das heimzahlen, was er ihm antat. Nur leider war es vorgestellt einfacher als in der Durchführung, als mit der Zeit wieder einige Menschen auf die Bushaltestelle zusteuerten. Als FBI Agent durfte er diese nicht in Gefahr bringen, auch nicht, wenn es darum ging, seinen Erzfeind und das Böse festzunehmen. Einvernehmlich – was durch die Blicke ausgetauscht wurde – steckten beide Parteien ihre Waffen weg. „Das nächste Mal kriegen wir sie“, kam es von Gin, der zu seinem Wagen hin. Stünde der Schutz über das Wissen der Organisation nicht an oberste Stelle der Priorität, hätte Gin bereits geschossen. Aber so gab es noch ein nächstes Mal. „Das werden wir sehen“, zischte Shuichi und blickte zu Jodie, die zu ihm kam. „Das ging knapp aus“, murmelte sie. „Wir hatten Glück, es hätte auch eine andere Wendung nehmen können“, meinte der Agent. „Wo sie wohl hingelaufen ist?“, wollte die Blonde wissen. „Ich hoffe für sie, dass es wieder nach Hause ging.“ „Aber sie ist doch in eine ganz andere Richtung gelaufen“, warf Jodie ein. „Von dort hinten kommt man auch zum Gebäudekomplex“, erklärte der Agent. Aus seiner Jackentasche zog er eine Zigarette heraus und zündete sich diese an. Anschließend machte er sich wieder auf den Weg zurück. „Du meinst, sie ist wirklich wieder nach Hause?“, fragte Jodie nach. „Ich an ihrer Stelle wäre überall hin gelaufen, nur nicht nach Hause.“ „Instinkt“, antwortete Shu ruhig. „Deine Ruhe möchte ich auch mal haben“, entgegnete die Brillenträgerin. „Bei dir ist das schon zu spät. Entweder man hat sie oder man hat sie nicht“, kam es sogleich. „Wenn ich mir immer sorgen machen würde, würd ich nie zu Ruhe kommen. Wir werden sehen, ob sie zu Hause ist oder nicht. Wenn nicht, ist sie selber in ihr Unglück gelaufen“, sprach er. „Wie…nett…“, murmelte Jodie und folgte ihm. Als sie endlich im Gebäudekomplex ankamen, stieß Shuichi die Tür unten auf. Sie war schon seit Tagen kaputt und ließ jeden in den Komplex herein. Aber wenigstens konnte man sich noch auf die normalen Türen verlassen. Shuichi hoffte wirklich inständig, dass das Mädchen hier war. Zusammen mit Jodie fuhr er im Fahrstuhl zur richtigen Etage hoch, stieg heraus und stand nun an der Tür des Mädchens. Da Shuichi keinen eigenen Schlüssel besaß, klingelte er. Schweigend sah der junge Agent auf die Tür der Wohnung. Ging sie wohl auf? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)