Code: milchig-grün [The Big Bang Theory] von ElliotAlderson ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Hatschu!“ Kerzengrade saß Sheldon auf der Couch, seine Hände ineinander auf dem Schoß verschränkt, den Geräuschen lauschend, welche stetig aus Leonards Zimmer kamen und starrte mit missmutigem Blick auf den ausgeschalteten Fernsehbildschirm. Es war Mittwoch. Mittwoch war Halo-Abend. Trotzdem saß er alleine im Wohnzimmer, auf seinem Platz an der Ecke des Sofas, vor ihm die Plastikschale mit den letzten Resten eines asiatischen Reisgerichtes. „Hatschu!“ Sheldon stieß geräuschvoll Luft durch seine Nase und stand abrupt auf, ehe er in der Küche stand. Mit einer grobmotorischen Bewegung fand sich der Müll im Einer wieder und noch einmal schnaufte der Physiker laut aus. Es war Mittwoch. Und Mittwoch war Halo-Abend. Und er spielte nicht Halo. Es war zum Neuronen ausreißen! „Hatschu!“ Fahrig lief Sheldon neben den Arbeitsflächen hin und her. So konnte das nicht weitergehen. Es war doch Mittwochabend! Was sollte er jetzt mit seiner ungewollten Freizeit anfangen? Da sich Leonard keinerlei Mühe gab, innerhalb von einer Stunde wieder gesund zu werden, mussten Alternativen her… „Leonard!“ Klopf, klopf, klopf. „Leonard!“ Klopf, klopf, klopf. „Leonard!“ Klopf, klopf, klopf. Von Drinnen kam ein höchst widerwilliges Brummen. „Die Antwort ist: Nein!“ Sheldon drückte die Türklinke hinunter und steckte seinen Kopf durch den Spalt. „Deine Aussage impliziert, dass du davon ausgegangen bist, dass ich nur bei dir klopfe, um dich zu fragen, ob du nicht mit mir Halo spielen könntest. Nun…zugegeben, Anfangs war das vielleicht meine Absicht gewesen, doch aufgrund der Zustände…“ Der Braunhaarige ließ seinen Blick über das Zimmer schweifen, über die benutzen Taschentücher, welche den Boden pflasterten, über den Nachtschrank, der voll von Tablettendosen und –schachteln war, bis zu Leonard selbst, der mit kleinen Augen zu ihm rüber sah, die Nase rot und verquollen. Sheldon trat über die Schwelle, drückte die Tür mit einem leisen Klicken zurück ins Schloss und blinzelte zu Leonard herüber. „Was ist denn? Siehst du denn nicht, das ich krank bin?“ „Ja doch. Ich sehe es und gehört habe ich es auch. Dein Bedürfnis Luft mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 170km/h durch deine Nase zu pressen, was fälschlicherweise als Nies-Reflex bekannt ist, war wahrlich nicht zu überhören. Und gut dass du es erwähnst…bevor ich mich hier niederlasse, habe ich noch ein paar Bedingungen. Wenn du mit mir redest, solltest du dich wegdrehen. Es wird nicht in meine Richtung gezeigt, geniest, gegessen, getrunken oder geatmet. Herrje, vermutlich ist schon die ganze Luft kontaminiert…ich sollte eigentlich gar nicht hier sein….“ Sheldons Kopf bewegte sich ruckartig hin und her, seine Augen stierten in die Luft, als könnte er die Bakterien bereits auf sich zufliegen sehen. „Dann geh doch einfach wieder raus…?“, meinte Leonard hoffnungsvoll, doch Sheldon schüttelte den Kopf, ehe er mit äußerster Vorsicht über die zerknüllten Taschentücher stieg. „Oh nein, ich kann dich in diesem Zustand doch nicht alleine lassen. Wir werden einfach das Fenster öffnen, das wird den Großteil der Keime erst einmal mit dieser stickigen, alten Luft herauswehen und der Rest…erledigt das hier!“ Sheldon drückte mit dem Finger auf den Zerstäuber der Flasche, die er wie aus dem Nichts plötzlich in den Händen hielt. Sein halbes Gesicht verbarg er unter sein T-Shirt und ein feiner Nebel aus Desinfektionsmittel begann sich durch das Zimmer zu ziehen, welcher Leonard prompt Husten ließ. Leonard rang nah Luft und als sich seine Bronchien unnatürlich weit öffneten, schrie er nur noch ein „Raus hier!“ ~ Eine halbe Stunde später hatte sich das Desinfektionsmittel abgesetzt, die krampfartigen Hustenanfälle hatten sich gelegt und das Zimmer hatte sich dank Schließen des Fensters und der tüchtigen Arbeit der Heizung wieder auf eine angenehme Temperatur reguliert, als Leonards Erholungsphase erneut gestört wurde. „Leonard!“ Klopf, klopf, klopf. „Leonard!“ Klopf, klopf, klopf. „Leonard!“ Klopf, klopf, klopf. Leonard fragte sich wann sich Sheldon diese Eigenart an Türen zu klopfen abgewöhnen würde, kam aber zu dem Schluss, dass dies nicht in seiner Lebenszeitspanne passieren würde. „Was ist denn nun schon wieder?“, fragte er leidlich und blickte zu Sheldons Kopf, der sich erneut durch den Türspalt zeigte. Mit ein paar Schritten und dem erneuten Klicken der Tür, stand Sheldon im Zimmer, in seinen Händen eine dampfende Schale. „Da du dich seit geraumer Zeit nur noch von synthetisch hergestellten Heilmitteln ernährst, dachte ich mir, du könntest etwas zu essen vertragen. Da ich nicht wusste in welchem Zustand sich dein Gastrointestinaltrakt befindet, habe ich mich für eine einfache Hühnerbrühe entschieden.“ Sheldon lächelte niedlich und Leonard blinzelte verdutzt. „Das…das ist sehr nett, danke.“ „Vorsicht, heiß.“ Sheldon reichte ihm die Schüssel, die Leonard mit einem argwöhnischen Blick entgegen nahm. „Moment…falls du hierfür eine Art Gegenleistung erwartest, will ich gleich einmal klarstellen, dass ich dieses Bett heute Abend nicht mehr verlassen werde. Und der Fernseher kommt mir auch nicht ins Zimmer.“ „Oh Leonard.“ Sheldon gab einen Gesichtsaudruck zum Besten, der einem Augenrollen sehr ähnelte, ehe er sich einen Stuhl nahe der Tür nahm, ihn neben Leonards Bett platzierte und sich dann dort, das linke Bein über das Rechte schlagend, niederließ. „Nicht alles was ich tue ist mit irgendeiner Art von Entschädigung verknüpft. In kulturellen sowie gesellschaftlichen Kreisen ist es Brauch, sich um einen Kranken oder Verletzten zu kümmern, bis er wieder gesund ist. Da Penny in Nebraska ihre Eltern besucht, Raj angeblich ein Date mit einer Frau und Wolowitz Hausarrest von seiner Mutter bekommen hat, bin ich wohl der Einzige, der dafür noch zur Verfügung steht.“ Wieder dieses niedliche Lächeln. „Du bist einfach nur einsam.“ Sheldons Augenbraue zuckte leicht nach oben. „Sei doch nicht albern. Ich hätte Haufenweise wichtigere Dinge zu tun, als hier zu sitzen und mich der Gefahr auszusetzen mich mit deinen Bakterien zu infizieren. Stattdessen opfere ich meine äußerst kostbare Zeit und leiste dir Gesellschaft, um deinen Genesungsprozess durch interaktiven zwischenmenschlichen Kontakt zu beschleunigen, du könntest wenigstens so tun, als wärst du dankbar.“ Der Physiker drehte seinen Kopf in einer eindeutig beleidigten Geste weg. Statt zu Antworten, wandte sich Leonard lieber seiner Suppe zu. Er wusste jedes weitere Wort konnte nun fatale Folgen haben, vor allem weil er den richtigen Nerv getroffen hatte. Er nahm den Silberlöffel, der bereits in der Schale lag zur Hand und führte ihn zu Mund, nur um kurz daraufhin seine Lippen mit einem verzerrten Gesichtsausdruck aufeinander zu pressen. „Oh Gott, Sheldon!“ Er japste nach Luft. „Ist das…Zitrone?“ Seine letzten intakten Geschmacksnerven siechten qualvoll dahin. Sheldon blickte ihn mit der Aufmerksamkeit eines Erdmännchens an, die pikierte Schnute war verschwunden. „Ja, Zitrone. Oder auch einfach nur Vitamin C, Ascorbin- oder vinyloge Carbonsäure. Es sättigt deine Lymphozyten, Neutrophile und Monozyten und stärkt somit dein Immunsystem, welches dann mit einer adaptiven Antwort durch Antikörperbildung reagiert.“ „Das kann man nicht essen!“ Wieder der Blick eines Erdmännchens. „Natürlich kann man das essen. Das ist eine in Wasser aufgekochte Hühnerbrühe, versetzt mit Kräutern und kleinen-“ „Ich weiß was das ist!“, unterbrach Leonard forsch und Sheldon zuckte leicht zusammen. „Wenn gesund heißt, dass ich mich aufgrund des stark runterreduzierten pH –Wertes auf meine blau-karrierte Bettdecke übergeben soll, dann ja Sheldon, es ist sehr gesund. Mir hat es die halbe Speiseröhre weggeätzt!“ Sheldon blinzelte. „Rein physiologisch ist das gar nicht möglich. Ascorbinsäure hat-“ Leonard holte so tief Luft, wie es mit seiner verstopften Nase gerade noch ging. Rasselnd atmete er wieder aus, wobei er Sheldons Erklärung über den pH-Wert der organischen Säure verpasste, was ihm, zugegebener Maßen, kein bisschen Leid tat. „Wenn sich mein Körper in einer gesunden Verfassung befindet, bist du schon kaum zu ertragen, aber wenn sich Bakterien über mein Immunsystem hermachen, bist du absolut unmöglich. “ Der Physiker ließ einen Seufzer hören, der müde und ausgelaugt klang. „Ich wär’ jetzt gern allein.“ Sheldon blickte seinen Mitbewohner weiterhin an. „Was ist, brauchst du eine Extraeinladung? Soll ich’s dir schriftlich geben? Auf Klingonisch oder in einem Binärcode, damit du die Informationen überhaupt verarbeiten kannst?“ „…Sarkasmus?“ „Höchst ernst gemeinte Wahrheit. Mit einer Spur feuriger Verachtung.“ Langsam stand der junge Wissenschaftler auf und da sich Leonards Blick nicht veränderte, nahm er den Weg Richtung Zimmertür. Dort angekommen, streckte er seine Hand nach der Türklinke aus, wobei er noch einmal zu Leonard zurückblickte. „Ich verstehe nun, warum manche Menschen nicht immer die Wahrheit sagen.“ Er schlüpfte durch den Spalt und die Tür schloss sich mit einem leisen Klicken. ~ Die dumpfen Schritte auf dem Flur waren gerade verhallt, da warf sich Leonard verärgert in sein Kissen. „Verdammt!“, fluchte er, schloss die Augen und versuchte das Bild von Sheldons leicht vorgeschobener Unterlippe zu verdrängen. Er hatte ihn hochkant rausgeworfen und obwohl er wusste, dass Sheldon ihm im Laufe des Abends noch den Verstand geraubt hätte, hatte er doch Gewissensbisse. Sheldon gab sich wirklich Mühe, auch wenn diese vermutlich nicht ganz uneigennützig war, trotzdem war er sein Freund...auch wenn er verdammt ermüdend, anstrengend und nervtötend sein konnte. Der Wissenschaftler drehte sich laut schnaufend auf die Seite. Leonard wusste nicht wann er eingeschlafen sein musste, er wusste nur, als er wieder wach wurde, dass etwas anders war. Es roch nach Desinfektionsmittel – schon wieder – und das konnte er ganz ohne Zweifel trotz beeinträchtigtem Riechorgan sagen. Das Zweite was ihm auffiel, war das Tablett an seinem Fußende, welches mit einer Platte voll Pizza, einem Schälchen Schokokeksen und Fruchtsaft beladen war. Als er sich aufsetze, spürte er etwas Warmes und weiches neben sich und er blickte auf seinen Mitbewohner, der auf dem Stuhl am Bett saß, den Körper vornüber gebeugt, seinen Kopf auf der Matratze gebettet, direkt neben Leonards Beinen. Ruhige Atemzüge entflohen seinen Lippen, er schien zu schlafen. „Sheldon?“ Keine Reaktion. „Experimental-Physiker sind viel toller als Theoretische.“ Noch immer keine Reaktion. „Batman-Comic?“, versuchte er es halbherzig und es fruchtete. Wie von der Tarantel gestochen hatte sich Sheldon mit einem Ruck aufgesetzt, die Augen aufgerissen, welche nun den Brillenträger fokussierten. „Ah, du bist schon wach.“ Sheldon räusperte sich in unterschwelliger Peinlichkeit und strich sich ganz selbstverständlich den Ärmel seines Flash-Shirts glatt, der unter seinem kleinen Nickerchen gelitten hatte. „Was machst du hier? Und was ist das?“, fragte Leonard und zeigte auf das Tablett mit den Nahrungsmitteln. Sheldon seufzte. „Ich hatte dir doch schon erklärt, dass man in kulturellen Kreisen einen Kranken gesund pflegt. Da du meine durchaus gesunde Hühnerbrühe verschmäht hast, dachte ich mir, ich mache etwas was eher deinem Geschmacksinn entspricht. Auch wenn dies nicht sonderlich viel zu deinem gesundheitlichen Heilungsprozess beitragen dürfte. Außerdem waren deine rasselnden Geräusche im Schlaf äußerst beunruhigend, welche mir den Anlass gaben, nach dir zu sehen.“ „Und da hast du beschlossen hier zu bleiben und ein Nickerchen einzulegen?“ Sheldon zuckte kaum merklich mit den Schultern. „Es ist ja sonst keiner da, außerdem war dein Gemurmel viel interessanter als diese schreckliche Arztserie, die in einer nicht enden wollenden Dauerschleife läuft, bei der jeder mit jedem anscheinend eine oberflächliche, als auch eine rein sexuelle Beziehung hegt. Eine grausame Zumutung.“ Unbeeindruckt über Sheldons Meinung von gewissen TV-Sendungen und der Tatsache, dass er die Erklärung für sein Schläfchen ausgelassen hatte, weiteten sich Leonards braune Augen in Panik. „Ich…ich habe im Schlaf gemurmelt?“ „Bazinga!“ Sheldon schmunzelte triumphierend. „Reingefallen.“ Leonard hörte den riesigen Stein regelrecht von seinem Herzen fallen, er wollte sich gar nicht ausmalen, was er in Sheldons Anwesenheit hätte von sich geben können… Dennoch, verdient hätte er es vermutlich, Sheldons verletzter Rückzug vor ein paar Stunden war ihm nicht entfallen. Sein Blick galt dem Tablett am Fußende und sein schlechtes Gewissen nagte abermals an ihm. Sheldon hatte über seinen Schlaf gewacht, dass er dabei selbst eingeschlafen war überging Leonard, der Gedanke zählte doch. „Sheldon…es tut mir Leid.“ „Falls du damit deine unbeabsichtigte Verbreitung deiner grässlichen Krankheitserreger meinst, die hier überall herumfliegen.... Dir sei verziehen. Aber nur weil ich dieses neue Desinfektionsmittel habe, welches absolute Keimfreiheit nach dem Versprühen verspricht.“ „Nein, ich meinte…weil ich so schroff zu dir war.“ Leonard schaute entschuldigend drein. „Oh.“ Sheldon setzte sich aufrechter hin. „Das.“ Sein Blick glitt einen Moment lang gen Boden. „Eigentlich hatte ich vor, unsere Kommunikation nur noch auf binären Codes basierend fortführen zu lassen. Allerdings wären diese Gespräche überaus zeitaufwendig geworden und vermutlich hättest du dem Kontext ohnehin nicht folgen können, was nur zusätzliche unnötig langatmige Arbeit für mich bedeutet hätte.“ „Also…ist jetzt alles wieder cool zwischen uns?“, fragte Leonard unsicher und wartete wissbegierig ab. „Cool? Also eigentlich finde ich es hier drinnen recht warm. Auf welcher Stufe hast du die Heizung?“ Es folgte eine kleine Pause, in der Sheldon seinen Mund zu einem leichten Grinsen verzog. In Leonard breitete sich ein erleichtertes Gefühl aus und auch er konnte sich einem Lächeln nicht verwehren. „Danke Sheldon.“ „Der Klügere gibt nach…ich möchte hinzufügen: der weitaus Klügere.“ Leonard konnte sich daraufhin nur noch knapp einen Kommentar verkneifen, Sheldon hatte guten Willen gezeigt, er durfte den Frieden nun nicht mutwillig zerstören. Nein, er ging sogar noch etwas weiter. „Spielen wir Halo? Immerhin…“ Leonard schenkte seiner Uhr einen flüchtigen Blick. „…ist es noch Mittwoch. Und Mittwoch ist doch immer Halo-Abend.“ „Heh-heh-“ Leonards Augenbrauen zogen sich nach dem Geräusch aus Sheldons Mund fragend zusammen. Ein Lachen war das nicht, auch wenn es dem scharfen Lufteinziehen ähnelte, welches seine Art von zustimmender Humorbekundung war. Ihm war wohl bewusst, dass es spät nach 20Uhr war und ihm war auch klar, dass sie Halo nur 1 gegen 1 spielen würden, doch das war doch kein Grund, dass Sheldon nun die Nerven verlor beziehungsweise die Kontrolle über eben diese. „Heh-“ Sheldons Augenlid begann zu zucken und Leonard machte sich nun doch ernsthafte Sorgen. Das war keine von Sheldons Psychosen oder Pseudo-Asperger-Syndrom-Anfällen, die er sonst auslebte, wenn sie seinen Zeitplan durcheinander brachten. „Sheldon? Ist alles in Ordnung?“, fragte er vorsichtig und beobachtete das heftige Zucken von seiner Nasenspitze, welche einen schrecklichen Verdacht aufkommen ließ. „Bitte sag mir nicht, dass deine neurotischen Ausfälle irgendetwas damit zu tun haben, dass du nun auch krank wi-“ „HATSCHU!“ Das neue Desinfektionsmittel hatte seine Wirkung definitiv verfehlt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)