Augenblick von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Fred --------------- „Ich werde dir beweisen dass ich es bin, Kingsley, nachdem ich meinen Sohn gesehen habe, also geh aus dem Weg wenn du weißt was gut für dich ist!“ Harry hatte Mr. Weasley noch nie zuvor so brüllen gehört. Er rauschte in das Wohnzimmer, seine kahle Stirn war leicht mit Schweiß bedeckt, sein Blick fragend, Fred war direkt hinter ihm, beide blass doch unverletzt. „Arthur!“, schluchzte Mrs. Weasley. „Gott sei Dank!“ „Wie geht es ihm?“ Mr. Weasely kniete zu Georges Seite nieder. Das erste Mal seit Harry ihn kannte schien Fred sprachlos. Er beugte sich über die Lehne des Sofas und blickte auf die Wunde seines Bruders, als könne er es nicht glauben. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, betete im Stillen das dies nur ein Traum ist. Das er vielleicht von einem Zauber getroffen wurde und ohnmächtig war, das blutverschmierte Gesicht seines Bruders nur ein Traum war und er gleich die Augen öffnen, George grinsend über ihm lehnen und ihm einen scherzhaften Satz wie „Man, du siehst ja noch schlechter aus als sonst“ entgegen bringen würde. Doch sein Gefühl sagte ihm das dies nicht der Fall war. Die Realität war dass sein kleiner Bruder auf dem Sofa vor ihm lag, blass, blutig, mit einem klaffenden Loch dort wo einst sein linkes Ohr seinen Platz hatte. Fred spürte wie sein Herz einen merkwürdigen Rhythmus aus stoppen und sich selbst überschlagen begann. Es fühlte sich an als würde es sich fest zusammen ziehen und sich in seiner Brust festhalten, so lange bis es ihm zu sehr an Blut mangelte und es sich schnell wieder ausdehnen musste um den Körper wieder neu zu versorgen, nur um sich schnell wieder zusammen zu klammern, als drohe es heraus zu springen. Tausende Gedanken schossen dem älteren Zwilling durch den Kopf als sich noch immer das Bild seines Bruders vor seinem inneren Auge abzeichnete. Erinnerungen an die unzähligen Scherze die sie gemeinsam ausgeheckt und durchgezogen haben, an die Erfolge beim Quidditch die sie mit ihren Freunden erzielt, aber auch an die Strafen welche sie gemeinsam abzusitzen gehabt hatten. Und es breitete sich ein Gefühl der Taubheit in seinen Gliedmaßen aus, wie ein Umhang der sich sanft um seinen Körper und an seine Arme, Brust, seinen Rücken und seine Beine schmiegte. Angst machte sich in ihm breit. Was, wenn sie nie wieder gemeinsam Scherze machen konnten? Ihre Mutter nie wieder verwirren konnten indem sie sich als den Anderen ausgaben? Die Nächte nicht mehr gemeinsam durchmachen konnten um an neuen Artikeln für den Laden zu tüfteln? ... Was wenn er nie wieder das dämliche Grinsen seines Bruders sehen würde..? Dieses dümmliche Grinsen welches seinem Eigenen beinahe vollkommen glich... Es stimmte nicht, dass sie identisch waren. Es gab deutliche Unterschiede zwischen ihm und seinem jüngeren Bruder. Zwar waren es nicht Verhaltensweißen, nein, sie hatten durchaus gleiche Angewohnheiten und auch gemeinsame Vorlieben. Auch in ihrer Denkweiße waren sie sich mehr als nur ähnlich. Doch gab es da immer die kleinen Dinge, welche sie doch unterschieden. So sorgte sich Fred immer um seinen Bruder. Schon immer hatte in seinem Bewusstsein neben dem aufgeregten, freudigen Drang eine neue Scherzidee gleich umzusetzen, die leise Stimme gewarnt, gewarnt vor den Folgen. Nicht aber der Schaden welcher er selbst zu befürchten hatte war es, welcher ihn kurz zweifeln ließ. Nein, es war die Gefahr welcher George sich aussetzte. Ihm war nicht bekannt das George sich um ihn sorgen würde, nicht in diesem Maße oder auf diese Weiße. Die Zweifel blieben unausgesprochen. Wurden überdeckt von dem Wissen seinen Bruder schützen zu können, falls ein Mal Zauber und Scherze schief gingen oder sie in ernsthafte Schwierigkeiten geraden würden. Eine Gemeinsamkeit, die sie hatten, war ihr Talent keine großen Probleme mit dem Erlernen neuer Zauber zu haben. Es fiel ihnen leicht - sie waren begabt, beide. Während sie also Streiche spielten und verhexte Gegenstände erstellten sah zumindest Fred diese Begabung eher als Chance George zu schützen. Seinen jüngeren Bruder, seiner zweiten Hälfte eine gewisse Sicherheit zu bieten. Manchmal kam in ihm die Frage auf, ob George das ebenfalls so sah. Ob er die Ängste teilte und sich manchmal sorgte. Doch blieb die Frage unausgesprochen. Nur einem war der Ältere sich sicher; sie teilten sich die Angst getrennt zu werden. Denn sie konnten nicht ohne den anderen. Sie waren Zwillinge. Zwei Teile eines Ganzen. Fred war sich sicher das George sich auch um ihn sorgte. Doch sorgte er sich auf die gleiche Art? Bei den gleichen Dingen? Kamen ihm zur gleichen Zeit die Zweifel an ihrem Tun? Der Hauptgrund, warum Fred George nie von diesen Gedanken erzählt hatte, war, das er angst hatte, George würde denken Fred würde ihm nur nicht genug vertrauen. Das es ein Vertrauensmangel war, nicht Sorge. Es war eine Tatsache das die Weasley-Zwillinge vor fast nichts angst hatten. Weder vor Strafarbeiten als sie noch in Hogwards zur Schule gingen, noch vor den Lehrern, selbst jetzt hatten sie noch keinerlei bange Sekunde der Angst an den dunklen Lord Voldemord verschwendet. Zumindest gab es für Fred nur eines was ihm den Schlaf raubte... Was ihn nachts schweißgebadet erwachen und nicht mehr einschlafen ließ. Den Gedanken seine zweite Hälfte zu verlieren. Sie waren sich so ähnlich. So ehrlich zu einander, hatten praktisch keine Geheimnisse voreinander und konnten über alles sprechen, mussten dies teilweiße gar nicht weil sie wussten was der Andere dachte. Plötzlich erschien es Fred lächerlich, warum er nie mit George darüber gesprochen hatte, über seine größte Angst. Doch kam diese Erkenntnis jetzt. Nun, wo er seinen kleinen Georgie vor sich liegen sah. Zwar spürte er deutlich das der Jüngere nicht sterben würde, nicht nur an der Reaktion seiner Mutter war das abzulesen, auch sein Instinkt verriet es ihm. Jedoch fühlte er wie etwas, tief in seinem Inneren, schwer wurde. Das Bedürfnis die Augen aufzureissen und einfach nur seinen Bruder anzustarren, Tränen fließen lassen bis er diese unglaubliche Last hinaus geweint hatte, kam in ihm auf. Doch schoss ihm, noch ehe er überhaupt in Erwägung ziehen konnte dem Bedürfnis nachzugehen, die Erinnerung an eine Situation ins Bewusstsein. Er wusste nicht mehr viel von dieser Nacht. Von dem Szenario welches sich abgespielt hatte. Nur eine helle, schüchterne Stimme hallte, für andere lautlos, nur für Fred hörbar, in seinen Ohren; „Fred... Es ist alles gut, wir werden doch für immer zusammen bleiben, oder?“ Der ältere Zwilling öffnete seine Augen. Es war nicht einmal eine Sekunde vergangen, doch spürte er das sich etwas verändert hatte. Plötzlich fühlte er sich George... Näher als nur einen Augenblick zuvor. „Wie fühlst du dich, Georgie?“, flüsterte Fred. Georges Finger erhoben sich zur Seite seines Kopfes. „Schweizer...“, murmelte er. „Was ist mit ihm?“, krächzte Fred, sichtlich verstört, „Tickt er nicht mehr richtig?“ „Wie ein schweizer Käse...“, wiederholte George, öffnete seine Augen und sah auf zu seinem Zwillingsbruder. „Löchrig. Ich bin löchrig, Fred, verstehst du?“ Freds Gesicht begann wieder Farbe anzunehmen. „Lächerlich,“ sagte er zu George. „Lächerlich! Du hast die ganze weite Weld der Ohrenwitze zur Auswahl und du entscheidest dich für löchrig wie schweizer Käse?“ Was keiner der Anwesenden sah, war der Blick, welcher George Fred schenkte. Nicht Georges Reaktion war es, was Fred erleichterte. Vielmehr war es der Blick, welcher sagte; Mach dir keine Sorgen. Ich bin da. Kapitel 2: George ----------------- Während einem Moment kann so viel passieren. Ein Augenblick kann ausreichend sein um die Welt zu verändern. Um Antworten zu geben. Fragen zu klären. Die Sicht, mit der man durch das Leben geht, zu ändern. Ein einziger Augenblick kann ausreichend sein um unser Leben leichter zu machen. Oder zu erschweren. Es war nur ein Augenblick in dem er spürte; etwas geschah. Sein Körper war nicht im Stande schnell genug zu reagieren als sich sein Verstand verschleierte, sein Blick sich trübte und sein Herz sich erschwerte. Als hätte man Beton an jeden Millimeter seines Körpers geheftet wurde plötzlich alles schwer. Und er blieb stehen. „George, komm!“, schallte es von nahem, doch hörte er nicht. Bemerkte nicht. Er sah die Menschen nicht, die um ihn herum standen. Hörte deren Stimmen nicht mehr. Roch den Geruch des Staubes nicht mehr, welcher an den Trümmern der Mauern haftete. Alles stand still. Die Welt hörte auf sich zu drehen. Logisch konnte wohl niemand erklären woher dieses Gefühl so urplötzlich kam, doch wusste er es genau. „Georgie.“, flüsterte es in seinem Kopf. „Fred?“ Wie eine mentale Konversation antwortete er auf Freds Stimme, welche nur er in der Lage war zu vernehmen. Was folgte war Schweigen. Hatte er sich das eben nur eingebildet? Oder hatte irgendwer einen Zauber auf ihn gerichtet? Ein Todesser? Was war geschehen? Verzweiflung machte sich in ihm breit. Es ging zu schnell. Es durfte nicht passieren. Hilflos versuchte George sich an den Gedanken zu klammern dass irgendein Todesser ihn manipulieren wollte, doch flutete die Erkenntnis der bereits bekannten Tatsache sein Bewusstsein wie Wasser sich seinen Weg über Gestein bahnte, erlaubte langsam aber sicher kein Verdrängen mehr. Noch immer herrschte Schweigen. Zumindest zwischen ihm und Fred. Zwischen ihren Gedanken. Es bedarf keiner Worte um auszudrücken was dort geschah. Nein... Das war falsch... Mehr war es das Worte nicht dem gerecht werden können was vor sich ging. Gedanken, Bilder, Eindrücke überfluteten Georges Kopf - und doch war es still. Es war wie in dem Moment als Snape ihm das Ohr zerschossen hatte. Nur schlimmer. Heftiger. Erdrückender. Es war eine Stille welche er nicht ertragen konnte. Wie in Trance begann sein Körper zu laufen. Geradeaus. Immer weiter. Er nahm nicht wahr wohin er ging, wollte dies auch gar nicht. Als würde ein Anderer seine schweren Beine heben bewegten sie sich vorwärts. Und es wurde kalt. Nicht die Umgebung wurde kalt. George wurde kalt. Eine Wärme in ihm verschwand, nach und nach. Mit jedem Schritt. „Nein... Ich will nicht weiter gehen!!!“, schrie er in seinen Gedanken. „Georgie...“, schallte es zurück, fast augenblicklich, als hätte Fred‘s Stimme nur darauf gewartet das der Jüngere etwas ,sagte‘. „Du... Du hast versprochen das wir immer zusammen bleiben werden!“ „Das werden wir... Wir sind Zwillinge. Nicht einmal Mum kann uns außeinander halten.“ „Das ist was anderes! Das meine ich nicht!!!“ Ein nie da gewesenes Gefühl erfüllte George. Panik. Verzweiflung. Angst. Wut. Trauer. Es war nicht definierbar. Es war alles, und doch etwas ganz anderes. Es war so vieles auf ein Mal und doch nichts. Langsam begann ihm das Atmen schwer zu fallen. Seine Brust hob und senkte sich nur noch weil... ... Ja, warum eigentlich? „Weil ich es will. Weil ich will das du lebst.“, kam die Antwort auf die ungedachte und doch vorhandene Frage Georges. Ein Zustand vollkommener Ohnmacht. Das war es, in welchem sich George gerade befand. Er sah nichts. Fühlte nichts. Alles war schwarz. Nur seine Gedanken existierten noch. Die Gedanken in denen die Stimme seines Bruders endlos hallte, ohne aufzuhören. Ohne je ein Ende zu finden. „Hör nicht auf. Lauf weiter.“, flüsterte die Stimme seines älteren Bruders erneut. Und Georges Körper gehorchte. Es vergingen Minuten, Stunden, doch die Zeit wollte nicht gefühlt werden. Der Weasley-Zwilling konnte nicht sagen wie viel Zeit vergangen war, fühlte es sich doch wie eine Ewigkeit und zugleich wie ein Wimpernschlag an. Langsam klärte sich seine Sicht. Der schwarze Schleier hob sich und George sah. Er sah sich selbst. Wie er in der großen Halle stand. Vor dem leblosen Bild seiner selbst. ... Nein, es war nicht das leblose Spiegelbild von ihm. Das war er. Exakt er. Fred und George. Zwillinge. Sie waren ein Teil eines Ganzen. Das konnte sich nicht ändern. Das würde sich nicht ändern. Doch war Fred tot. Und nicht sein toter Körper, welcher noch immer die Spuren seines letzten Lachens auf sich trug, war ein Zeichen dafür das sie nun getrennt waren. Dennoch, das waren sie nicht. Fred war gestorben. Und er nahm einen Teil von George mit sich. Einen nicht sichtbaren und doch auffallenden Teil. Langsam kniete er sich nieder zu dem kalten Körper. Mit jedem Millimeter welchem er Fred näher kam spürte er mehr. Er begann den kalten Windzug zu spüren, welcher leise durchs Gemäuer zog. Begann die Erschütterungen zu spüren, welche durch den Boden rauschten, jedes Mal wenn Ron in Trauer und Wut auf das Gestein unter ihm schlug. Doch es bedeutete nichts. Es war ihm keinen noch so kleinen Gedanken wert all dies zu spüren. Und wieder war es ein Augenblick, ein einziger, kurzer Moment, in dem etwas geschah. Sanft hatten Georges Finger Freds kalte Haut berührt, da hallte seine Stimme erneut auf; „Georgie. Niemand kann uns trennen. Wir bleiben zusammen. Ich nehme einen Teil von dir mit, wo ich hin gehe und lasse dir einen Teil von mir da. Bis wir uns wieder sehen.“ Noch ehe er antworten konnte war es, als durchfuhr ihn ein Blitz. Diese Last auf ihm wich, seine getrübten Sinne erlangten wieder gewohnte Schärfe und seine wirren Gedanken umfassten nun auch wieder das, was er gerade tat, empfingen wieder Eindrücke von außen. Doch eines blieb. Während Tränen flossen, in Verzweiflung geschrien und vor Wut blind gegen Mauern geschlagen wurde, Während sich Schulen wieder aufbauten, Leben neu begonnen und Traditionen wieder aufgenommen wurden, so blieb eines gleich. Noch immer hallten Freds Worte in Georges Bewusstsein, als wäre er noch neben ihm. Und in dunklen Momenten in denen die Sehnsucht nach dem körperlichen Beweis, das sein Zwilling noch immer bei ihm war, die Überhand nahm, da erleuchteten die immer gleichen Worte seine Gedanken;
 „Georgie. Nichts kann uns trennen. Geh‘ weiter. Ich warte auf dich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)