In meinem Himmel von abgemeldet (Luzifer / Michael) ================================================================================ Kapitel 1: One-Shot ------------------- In meinem Himmel Achtung: Spoiler Staffel 5! ~*~ „Morgenstern“. Michaels Stimme war sanft. Seine Gnade, warm, beruhigend und so voller Verständnis, wollte ihn berühren, ihn trösten, doch er wich zurück. Aus Angst, aus Scham. Aber Michael drängte sich zu ihm und umhüllte ihn in seinen Flügeln. Sie waren weich und dufteten herrlich nach Schnee und nach Michael. Hier, umgeben von ihrer schützenden, weißen Mauer, waren es nur sie beide. Hier fühlte er sich geliebt. Und er war dankbar dafür. Eine Träne löste sich von seinen Wimpern. “Morgenstern“, flüsterte Michael traurig, erschüttert von den Gedanken, von der tiefen Verzweiflung, die ihn überrollte. Erschrocken drückte er sich gegen den zittrigen Körper seines Bruders. Morgenstern schloss beschämt die Augen. “Lass mich allein. Vater braucht dich sicher“, sagte Morgenstern leise, resigniert. Er spürte, wie sich Michael enger an ihn presste. “Du brauchst mich.“ ICH brauche dich. Morgenstern schloss erneut die Augen. Ja, er brauchte ihn. Mehr als die Luft zum atmen. Michaels Gnade berührte seine, etwas, das er nur ihm allein erlaubte. Er spürte Michaels Liebe, seine Zuneigung, die nur ihm galt, und seine Furcht. Furcht vor dem, was ihnen bevorstand. “Warum tut er uns das an?! Liebt er uns nicht mehr?“, fragte Morgenstern und drehte sich in Michaels Umarmung, um ihm in die Augen zu blicken. Michael legte ihm einen Finger auf die Lippen. “Sag so etwas nicht. Du darfst über solche Dinge nicht einmal denken. Vater liebt uns, wir sind alle gleich.“ Die Stimme seines älteren Bruders klang ruhig und so überzeugt, Morgenstern wünschte, er wäre so wie er. Frei von allen Zweifeln. “Er liebt die Menschen mehr als uns!“ Seine Rage und seine Wut ließ sein Licht hell aufglimmen. Michael schüttelte den Kopf. Nein, nein, nein ... „Auch du wirst Vaters Absichten mit der Zeit verstehen. Er liebt dich!“ ICH liebe dich. Ein Schluchzen riss sich aus Morgensterns Kehle. “Das ist nicht fair! Er reißt uns auseinander! Michael, er trennt uns! Aber ich will nicht ohne dich – ich kann nicht ohne dich ...“ Er weinte fürchterlich und Michael hielt ihn fest, während seine eigene Gnade blutete. “Ich bitte dich, denke nicht mehr daran. Lass uns zu unseren Brüdern gehen, lass uns vergessen.“ Liebevoll legte Morgenstern ihm eine Hand auf die Wange. Nein, er wollte ihm diesen Schmerz nicht bescheren, er wollte nicht, dass sich Michael entscheiden musste ...zwischen ihm und Vater... Denn er wusste, dass er es nicht sein würde. “Bitte“, flüsterte Michael, „Nur du kannst unser Schicksal ändern, bitte...ich möchte das nicht tun.“ Doch Morgenstern blickte ihn nur traurig an und sah, wie Michaels Herz brach. Als der Tag kam, an dem Michael seinen kleinen Bruder in die Hölle stieß, war der Himmel verdunkelt und weinte um seine beiden schönsten Kinder. Denn ohne den einen, konnte der andere nicht sein. ~*~ Sie blickten sich an, während die Welt um sie herum brannte. Es kümmerte sie nicht. Es zählte nichts mehr. Wie damals, in Michaels schützenden Flügeln, gab es nur sie beide. Michael wollte ihn hassen. Er wollte ihn an seiner Gnade packen und ihn rütteln bis ihn die Kraft verließ. Er wollte, dass die Wut in ihm kochte und sich an seinem Bruder entlud. Doch alles, was er fühlte, war Sehnsucht. Brennende, verzehrende Sehnsucht. Nach so vielen quälenden Jahren und Alpträumen, die ihn einem fürchterlichen Terror ausgesetzt hatten, setzte Luzifers Anblick Gefühle in ihm frei, von denen er dachte, sie nie wieder zu fühlen. Er sah Luzifers Fassungslosigkeit. Seine Fragen, das Warum. Michael lächelte traurig. Er hatte versucht, weiterzuleben; hatte versucht, seine Pflichten zu erfüllen, als hätte sich nie etwas verändert. Und doch hatte er sich verändert. Ohne seinen Morgenstern war er seelenlos. Nur ein gefühlsloser General, ein rücksichts – und bedingungsloser Engel, der eigentlich Hoffnung und Stärke verkörpern sollte. Ein Vorbild. “Warum hast du das getan? Du hättest dich retten können.“ Luzifers wahre Stimme sang in seinen Ohren und ließ Michaels Gnade erschaudern. Sie war wie Balsam. Er hätte sich retten können, ja; als er fiel hatte er noch immer Kontrolle über seine Hülle gehabt. Ein Fingerschnipsen und er wäre außer Gefahr gewesen. Doch wohin retten? An einen Ort, an dem er nicht mehr länger sein wollte? Nicht ohne ihn. Er konnte nicht noch einmal von ihm getrennt sein. Er konnte seinem Bruder nicht noch einmal diese Einsamkeit antun. „Geh zurück in den Himmel, in den du gehörst. Das hier ist kein Platz für dich.“ Luzifer sah ihn traurig an. Doch Michael erkannte dieselbe brennende Sehnsucht, denselben selbstlosen Wunsch, wieder beisammen zu sein. Nur sie beide. Michael ging auf seinen Morgenstern zu, mit jedem Schritt pulsierte seine Gnade heller und wärmer und sein Herz klopfte wild in seiner Brust. Als er vor ihm stand, bröckelte Luzifers Fassade und ihre Gnaden berührten sich. Zum aller ersten Mal nach so langer Zeit. Die Wände des Käfigs glühten unter der Mächtigkeit dieses einen Moments, während das Feuer der Hölle zu nie da gewesenen Temperaturen anstieg. Luzifer wand sich schluchzend in Michaels Umarmung, zu tiefst schockiert über das, was sein Bruder getan hatte. Für ihn. Es war alles, was er sich in diesem Gefängnis je gewünscht hatte. Es war ihm egal gewesen, eingesperrt zu sein; es war egal gewesen, dass er niemals wieder die Herrlichkeit des Himmels auf seinem Gesicht spüren oder seine Brüder und Schwestern wiedersehen würde. Er wollte nur ihn. Ihn ganz allein. In der Stille, die um sie herrschte, hörte er Michaels sanfte Stimme an seinem Ohr flüstern: “Mein Himmel ist dort, wo du bist.“ ~*~ Irgendwo auf der Erde trat ein Mann aus einem alten Haus heraus. Es schien, als wäre sein Urlaub zu ende. Er schaute in den Himmel und seufzte zufrieden. “Na endlich.“ Mit einem Fingerschnipsen verschwand er. ---------------------------------------------------------------------- Michaels Fall in die Hölle fand ich schlimm. Ich habe diese Szene sehr gefürchtet : / Aber ich tröste mich mit dem Gedanken, dass die beiden hoffentlich so wieder lernen, miteinander zu leben. Ich glaube, tief in ihnen drin, lieben sie sich sehr. Mir gefällt die Vorstellung, dass sie vor Luzifers Höllensturz ein Herz und eine Seele waren (Zitat Luzifer: „Niemand rührt Michael an, außer mir“). Die Umstände ihrer Beziehung finde ich sehr tragisch und traurig. Dabei möchte ich gern glauben, dass alles, was die beiden wirklich wollen, die Gesellschaft des anderen ist. Und wer weiß – vielleicht ließ es Michael zu, in die Hölle hinab zu fallen. Nach allem, was wir von den Engeln gesehen haben, wäre es doch ein Leichtes für Michael, dem mächtigsten Engel überhaupt, gewesen, sich woanders „hin zu schnipsen“ ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)