Disruptive Factor von Rizuloid (Never ever // Manabu x Jin - Kazuki x Manabu) ================================================================================ Kapitel 2: You should not risk a second one ------------------------------------------- Und weiter gehts~ Ich wollte nur kurz im Vorweg erwähnen - ich weiß, dass es Screw ein Jahr länger gibt als AND, und sie deswegen extrem unwahrscheinlich als Vorband für AND auftreten werden, aber in meiner FF ist das eben so und basta xP Viel Spaß ♥ EDIT: Da mich drauf aufmerksam gemacht hat besser ich jetzt auch aus, dass Manabu Deutschlehrer ist, weil das ja für Japan ziemlich seltsam wär >D Ich schreibe halt immer so wie ich grade denke, da passiert mir so was leider oft "XD Also machen wir den Guten einfach zum Englischlehrer. **************************************************************** Die Tage in der Schule zogen sich bei mir stets wie Kaugummi. Ich meine ja, die Kleinen sind ja wohl niedlich, erinnerten mich an mich selber in der Pubertät. Obwohl, war ich wirklich auch so schlimm gewesen? Jedenfalls, der Direktor konnte mich nun mal nicht leiden, und wenn man beim Chef nicht eingeschleimt war, hatte man gleich ein etwas schwereres Leben. Aber ich wäre nicht der Liebling aller Schüler, wenn mich dessen hochgestochenes Gequatsche wirklich interessieren würde. Leute, die sich wichtig vorkamen, aber in ihrem Beruf eigentlich ebenso leicht ersetzbar und somit keinen Deut besser als andere waren, konnte ich nun einmal von Grund auf nicht ausstehen. Obwohl meine Beliebtheit bei der Jugend natürlich auch noch andere Gründe hatte, so wie heute. „Und das waren ganz sicher nicht ihre verzogenen Bälger?“ Ich verkniff es mir, die Augen zu verdrehen. Genau genommen hasste ich es, wenn dieser Mann über die Kinder sprach, als wären sie alle nur dumm und nutzlos – und vor allem sprach er, als wären sie alle gleich. Tat grade so als wäre er selber nie jung gewesen. „Ich habe es Ihnen doch bereits erklärt. Frau Sato hat die Sache von ihrem Garten aus ja auch gesehen. Sie kann Ihnen sicher bestätigen, dass das ältere Schüler waren, keine von unserer Schule.“, erklärte ich dem wütenden Gesicht vor mir möglichst ruhig und fragte mich, ob er bei seinen vielen Wutfalten nicht einfach mal einen Urlaub nötig hätte. Aber wahrscheinlich könnte der Kerl sich nicht mal da entspannen, er war ein Arbeitstier und hatte nichts anderes im Kopf. Hatte der überhaupt eine Familie oder eine Freundin? Der Direktor lächelte gespielt. Ich wusste genau, dass sein Kopf auf Hochtouren überlegte, wie er mich trotzdem irgendwie auffliegen lassen könnte. Er war ein sadistisches Arschloch. Zur Erklärung, es ging um ein kaputtes Fenster in einer Klasse, aus Versehen zerschossen als ich mit meinen Jungs während der großen Pause im Hinterhof Fußball gespielt hatte. Konnte ja jedem Mal passieren. Und dem netten Fräulein Sato würde ich dann ne Schachtel Kekse für ihre Zeugenaussage schenken. „Sie sind ein ganz schön beliebter Lehrer. Ich dachte immer, so lockere Lehrkräfte würden von den Schülern ausschließlich als naiv angesehen und ausgenutzt.“ Ich lächelte ihn leicht an. Auch wenn es mir ganz schön schwer viel, in seiner Anwesenheit zu lächeln. „Man kann den Schülern auch auf lockere Art und Weise Wissen vermitteln.“, antwortete ich trocken. Jetzt bildete sich wieder eine kleine Falte auf seiner Stirn. „Und Sie glauben, sie wären dazu in der Lage? Ich glaube eher, ihre Schüler lernen überhaupt nichts.“ – Na vielen Dank für die Blumen! Ich riss mich zusammen und schüttelte den Kopf. „Shidou-san, sie können gerne einer meiner Unterrichtsstunden beiwohnen, sie werden sehen, dass meine Schüler keineswegs faul sind.“ Das waren sie wirklich nicht, denn eigentlich war ich ein strenger Lehrer. Was ich als Verbot für unnötig hielt, erlaubte ich ihnen– zum Beispiel durften meine Schüler während dem Unterricht Essen, Trinken, und von mir aus auch Kaugummi kauen. Ich erwartete allerdings trotzdem Aufmerksamkeit von ihnen, gerade in Englisch prüfte ich oft und viel, und wenn jemand zu laut war, stellte ich demjenigen frei, die Klasse zu verlassen und eine Fehlstunde in Kauf zu nehmen, wenn er lieber etwas anderes machen möchte. Ärgern ließ ich mich von ihnen auf keinen Fall, genau das war doch der Fehler, den die meisten Lehrer machten. Kam mir ein Schüler frech, dann gab ich genauso frech zurück, basta. Wie du mir, so ich dir. Und in den Pausen setzte ich mich dann, wann immer ich Zeit hatte, zu ihnen, ließ mich von ihnen zuquatschen, lernte sie kennen oder spielte Fußball mit ihnen. Das tat außer mir nur ein einziger anderer Lehrer. Gerade das Kennenlernen fand ich am interessantesten. Weil es so viele verschiedene Persönlichkeiten waren – kleine Rebellen, Schüchterne, Aufgeschlossene, Fröhliche, Dauerquasselstrippen, aber auch solche, die eher wie Außenseiter wirkten. Reden taten sie trotzdem alle mit mir, und so konnte ich mir von ihnen allen auch gleich ein viel besseres Bild machen. Kinder mochten es, wenn man ihnen viel Aufmerksamkeit schenkte und zeigte, dass man Interesse an ihren Persönlichkeiten hatte. Das war für mich eine Tatsache. Man glaubte es kaum, aber ich war jemand, der seinen Beruf eigentlich recht Ernst nahm. Auch wenn ich ein bisschen so rüber kam, als wäre ich der Schulpsychologe oder so. „Ich werde mich bei Gelegenheit davon überzeugen“, sagte der Direktor noch und machte eine Handbewegung, die mich zur Tür des Sekretariats verwies. Am liebsten hätte ich ihm die Zunge rausgestreckt. Da meldete sich wohl das Kind in mir. „Einen schönen Tag wünsche ich noch!“ Ne Hodenkrebserkrankung wünschte ich ihm, und mir einen stressfreien weiteren Tagesablauf… Der Nachmittag wurde für mich gleich um einiges unterhaltsamer. Okay, zwar musste ich auch die Bandproben ernst nehmen, besonders da unser erstes kleines Konzert ja gar nicht mal mehr so weit in der Zukunft lag. Aber „ernst“ war irgendwie etwas, was mir in Gegenwart meiner drei Chaoten einfach unmöglich erschien. Besonders in Situationen wie der momentanen, wo Jin und Yuuto sich gerade seit einer halben Stunde darum stritten, wer von beiden jetzt zum nächsten Starbucks rennen und Kaffee für alle holen sollte, und Byou desinteressiert daneben saß und Tetris zockte – auf einem Gameboy COLOR, wohlgemerkt. „Ich bin letztes Mal gegangen!“, protestierte Jin gegen Yuuto, der auf seinen Gewinn bestand, immerhin hatten sie kurz zuvor die Sache noch per Schere, Stein, Papier entscheiden wollen. „Na und? Du hast verloren!“, entgegnete unser Bassist, verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue. Diesen Blick kannte ich nur zu gut. Den hatte ich schon sehr oft von ihm bekommen. Er bedeutete: Deine Meinung ist mir scheißegal und ich werde trotzdem bekommen was ich will. In diesem Fall seinen Latte Macchiato. „Vergiss es! Dir kann ein bisschen Sport doch eh nicht schaden, also geh endlich!“ Oh, jetzt machte Jin die Sache interessant. An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass der kleine Blonde wohl unser `Mädchen` abgab, in Sachen Zickereien und momentan wohl auch im Aussehen. Aber Yuuto war dafür absolut schizophren – einerseits ein Macho, Aufreißer und Kumpel, mit dem man sich ruhig mehrmals wöchentlich die Kante geben und über Gott und die Welt sinnieren konnte, andererseits war er aber auch wie eine Frau, die dauerhaft ihre Tage hatte. „Ach, ich brauche also Sport?! Steig du mal lieber auf Diätschokolade um, du wandelnde Fressmaschine! Passt ja schon bald nicht mehr in dein Outfit für unser Konzert!“ Zickenkrieg. „Na wunderbar, dann kann ich ja mit dir tauschen, da pass ich auch mit 10 Kilo mehr noch locker rein und muss nicht auf meine Pralinen verzichten! Komm, lass tauschen, X-large gegen Small!“ „Mit DEINEN Klamotten würd ICH nicht auf die Bühne gehen, so billig wie das aussieht!“ „MANABU! ER BESCHIMPFT MICH ALS SCHLAMPE!“ Für einen Moment musste ich mir ein „wo er Recht hat“ verkneifen. Aber auch das war nicht weiter verwunderlich, immerhin wusste ich, wie Jin´s Outfit für unser erstes Live aussah, und ich wusste auch jetzt schon, dass ich ihn nach dem Konzert ohne Rücksicht auf Verluste bespringen würde, wenn er vorhatte noch länger in dem Fummel rumzulaufen, der viel mehr Haut zeigte als verdeckte… „HIGH SCORE!“ Beinahe gleichzeitig schnellten alle Köpfe in Richtung Byou, der mit einem freudigen Lächeln von seinem Gameboy aufsah – das ihm aber sofort verging, als er die grimmigen Gesichter unserer beiden `Frauen` erblickte. Erneut musste ich mir ein Lachen verkneifen, denn unser Sänger sah gerade aus, als hätte er seine imaginäre Ehefrau betrogen, die nun mit gefundener fremder Damenunterwäsche und einem fetten Nudelholz vor ihm stand. „Byou~ du weißt doch, wie lieb wir dich haben, oder?“ Ah, hatten die beiden also doch nicht vergessen, worum es hier eigentlich ging – um Kaffee. Angesprochener seufzte und verdrehte die Augen. „Was krieg ich dafür?“, fragte er misstrauisch und warf einen vielsagenden Blick zu Yuuto. Der wiederum grinste anzüglich, kam auf den Sänger zu und setzte sich auf seinen Schoß, nur um ihm im nächsten Augenblick verführerisch ins Ohr zu hauchen – „Was immer du willst…“ Noch nie hatte ich meinen Starbucks-Espresso schneller bekommen als an diesem Tag. Byou war und blieb nun mal ein geiler Bock. Trotz der täglichen Streitereien, an die ich mich aber schnell gewöhnt hatte, da sie niemals ernst gemeint waren, brachten wir eine gar nicht so schlechte Leistung zustande. Was mich gegen Ende der Probe doch recht zufrieden stimmte. Wir hatten zwar nur zwei eigene Songs und einen Gecoverten für unseren ersten Auftritt, aber wir waren ja auch nur als Vorband für AND –eccentric agent- dort. Was mir wiederum eine kleine Ehre war, immerhin liebte ich deren Stil und war schon einmal auf einem kleinen Konzert von ihnen gewesen. Ikuma wusste wirklich, wie man die Menge zum Kochen brachte – Und wenn man mal davon absah, dass es für mich trotzdem niemand heißeren als Jin gab, hatte ich eine kleine Schwäche für den Bassisten der Band. Der war aber auch zu niedlich. Außerdem dem fand ich, dass unser eigenes Bandimage gar nicht zu schlecht zu dem von AND passte, also würden wohl auch deren Fans mit uns zufrieden sein. Hoffte ich zumindest. Natürlich war ich nervös, wer wäre das nicht. Aber darum wollte ich mich jetzt nicht kümmern, immerhin war unsere Probe heute sehr erfolgreich gewesen, es waren nur noch Details, an denen gefeilt werden musste, und die fehlende Perfektion, für die wir aber auch noch knapp eine Woche Zeit hatten. Jetzt wollte ich mich lieber um Jin kümmern – denn der war so müde, dass er schon fast im Stehen einpennte, und so würde ich ihn auf keinen Fall ans Steuer seines Autos lassen. Wofür gab es denn den hauseigenen Screw-Taxidienst Manabu, bezahlbar mit Kaffee und Keksen? Nachdem ich mich also von Yuuto und Byou verabschiedet hatte, die ja jetzt anscheinend wirklich noch vor hatten zu vögeln – An der Stelle, nein, die beiden waren nicht zusammen und eigentlich wirklich nicht mehr als Freunde, aber es war schon immer normal für sie gewesen, hin und wieder miteinander zu schlafen, und mir sollte es egal sein – Und Jin auf dem Weg zu meinem Wagen vor dem Umkippen bewahrt hatte, fuhr ich meinen Schatz nach Hause. Warum Jin so müde war, wusste ich ja, immerhin war es Montag und er hatte Sonntag unbedingt noch was mit alten Freunden unternehmen müssen. Ich war nicht mitgegangen, denn ich hatte einen Haufen Zeug für die Schule zu erledigen und abgesehen davon kannte ich außer ihm ja auch keinen. Ich ging generell nur dann mit feiern, wenn Byou und Yuuto auch dabei waren. Tja, und heute hatte er natürlich trotzdem zur Arbeit und zur Bandprobe müssen und ein bisschen zu viel Kaffee getrunken. Worum es im Moment aber auch gar nicht ging. Jetzt musste ich Jin erstmal ins Bett bringen und dann überlegen, ob ich einfach gleich bei ihm blieb, oder ob ich etwas zu tun hatte, weswegen ich nach Hause fahren müsste. Entscheiden tat ich mich für Letzteres. Ich würde meinen Sonnenschein ja morgen ohnehin wieder sehen, und ich würde ihn später auch nochmal anrufen um sicher zu gehen, dass es ihm gut ging. Ja, das gute alte Telefon. Hätte ich gewusst, dass heute nicht einfach irgendein Tag war, ich wäre nicht mal halb so ruhig gewesen. Es wäre nett gewesen mir irgendeine Warnung zu schicken, irgendein „ACHTUNG, gleich passiert dir was!“, von mir aus auch in Form eines Handy-Störsignals, aber irgendetwas, was mich aus meiner gottverdammten Ruhe brachte – Das hätte meinen Schock um einiges erleichtert. Hätte. Hätte ich nur gewusst, dass heute der Tag sein sollte, der mein perfektes Leben wieder über den Haufen werfen würde. Ich war ganz normal zu Hause in meiner kleinen Wohnung angekommen, hatte meine Schuhe in die Ecke geworfen und meine Jacke auf den Küchentisch. Ich hatte ganz normal eine Pizza in den Ofen geschoben, damit ich wenigstens noch etwas in den Magen bekam, so ganz ohne Abendessen ging ich ja doch nicht gerne ins Bett. Und ich hatte ganz normal den Fernseher eingeschalten und mir die nächstbeste ach so interessante Dokumentation über – ich glaube es war über Waschbären, gegeben. Plötzlich klingelte mein Handy. Die Nummer war mir unbekannt, von daher hatte ich auch an dieser Stelle noch nicht die geringste Ahnung, was auf mich zukam. Wenn ich jetzt so darüber nachdachte, könnte ich Lachen und Heulen gleichzeitig, man wurde eben doch niemals alle seine Probleme los, egal wie sehr man sie zu verdrängen und zu verjagen versuchte. Als ich mich mit einem gepflegten „Moshi Moshi?“ meldete, und dann diese Stimme, DIESE Stimme am anderen Ende der Leitung ertönte – Ich schwöre, das Pizzastück rutschte mir unabsichtlich aus der Hand. „Manabu? Ich bins… Kazuki. Ich… also, ich bin wieder in Tokyo und wollte fragen, ob wir uns vielleicht sehen könnten?“ Nein. Das war ein Scherz, das musste ein Scherz sein. Das war irgend so ne Telefonverarsche, wo sie unschuldige Leute anriefen um diese völlig zum Austicken zu bringen, und am Ende ertönte dann eine lustige Melodie, die aufklärte dass das alles nur ein schlechter Scherz war. Aber wer machte heutzutage noch DERMAßEN schlechte Scherze? Vor Schreck drückte ich wie von selbst sofort auf den roten Hörer. Zwei Minuten, vielleicht sogar länger, brauchte ich, um zu realisieren, WER mich da gerade aus heiterem Himmel angerufen hatte. Ich musste eine rauchen, jetzt sofort. Unruhig riss ich die Balkontür auf, bemerkte wie mein Handy plötzlich ein weiteres Mal klingelte, es ließ mich zusammenzucken. Dieselbe Nummer. Erneut legte ich auf, ohne überhaupt erst abzuheben. Mein gesamter Verstand schrie, dass ich mir möglichst bald eine neue Nummer beschaffen sollte, dass ich bloß nicht mit diesem Mann sprechen sollte. Ich wusste an dieser Stelle komischerweise ganz genau, auf was es hinauslaufen würde. So ein Gefühl, das mir sagte, dass mein momentan so gut verlaufendes Leben gewaltig gestört werden könnte, denn ich war mir bewusst, dass ER dazu in der Lage war. Woher diese ganzen Vorahnungen kamen, das wusste ich allerdings nicht so genau. Auf jeden Fall war ich von einer Minute auf die nächste nicht mehr gut gelaunt und sorgenlos, sondern viel mehr beunruhigt und… ich glaube ich hyperventilierte. Ein ganz kleines Bisschen. In einer verzweifelten Geste krallten sich die Finger meiner rechten Hand schon fast unsanft in meine Haare. Noch nie hatte ich so schnell und plötzlich Kopfschmerzen bekommen, anscheinend war es gerade ein bisschen zu viel Information für mich. Zu viele Fragen, die nun drohten, meinen Kopf unbarmherzig zu sprengen! Wieso rief er mich an? Wieso war er wieder hier? War er wirklich wieder hier? Was wollte er? Was sollte ich tun? Was würde ER tun? Das konnte doch alles einfach nicht wahr sein! Meine Finger zitterten, während ich meine Zigarette aufrauchte, wobei ich schon nicht mehr wusste, die wievielte das gerade war. Scheißegal! „Gott, Manabu, beruhig dich…“, sagte ich verzweifelt zu mir selbst. Es half nichts. Die Unruhe blieb. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, ich wusste nicht einmal, wovor genau ich hier eigentlich Angst hatte, ich wusste nur, dass ich mir wünschte, diesen Anruf niemals erhalten zu haben. Trotzdem beruhigte mich der Gedanke zumindest ein bisschen, dass ich ihn nur weiterhin ignorieren müsste, und er würde es sicherlich aufgeben, mit mir in Kontakt treten zu wollen. Hoffte ich. Fast jeder Mensch hatte viele Momente und Situationen gelebt, die er gern vollständig vergessen würde. Man konnte stark sein und damit umgehen, oder man rannte einfach davon und ließ all jene, die damit zusammenhängen, zurück. Beide Varianten hatten ihre guten und schlechten Seiten. Eigentlich war ich der Zurückgelassene gewesen, nicht er. Und dennoch war ich es gewesen, auf den die Probleme dann hereingebrochen waren, und der letztendlich vor seinen Gefühlen davonrennen hatte müssen. Und jetzt sollte mich das alles wieder einholen? Nach so langer Zeit? Oder was bezweckte er sonst mit diesem Anruf? Müsste er nicht eine ungefähre Vorstellung davon haben, wie es mir die letzten Jahre ergangen war?! Gerade in diesem Moment sah ich alte, sehr alte Situationen vor mir. Dinge, an die ich eigentlich nicht mehr denken wollte, die zum Vergessen aber doch zu schade waren. Dinge, die mein Herz in sich aufbewahrt hatte, weil es sich weigerte, nicht mehr daran zu denken. Da war etwas gewesen, das auch mit einem Anruf begonnen hatte. Und wahrscheinlich hätte ich auch diesen Anruf damals nicht entgegennehmen sollen. Wie alt war ich da gewesen? 16…? --Flashback-- „Kazuki…? Was ist los?“ Verschlafen rieb ich mir die Augen, während ich mir mit dem bisschen zusammengeraufter Kraft mein Handy ans Ohr presste. Müde blinzelte ich, um nach einigen Sekunden in der Dunkelheit meine Zimmerwände erkennen zu können. Es war mitten in der Nacht, ich wollte gar nicht erst wissen, wie spät es eigentlich war. Dass ich durch das Vibrieren meines Handys tatsächlich wach geworden war, grenzte deutlich an ein Wunder. „Ich… Manabu, du hast doch gesagt ich kann immer zu dir kommen, oder?“, meldete sich beinahe zögerlich eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Das war ich nicht gewohnt. Kazu war niemand, der `zögerlich` sprach. Er war jemand, der gerade heraus seine Meinung und das, was er wollte, zum Ausdruck brachte, ohne die geringste Erwartung einer Enttäuschung in seiner Stimme. Aber ja, das, was er da behauptete, hatte ich wirklich mal zu ihm gesagt. Ich war nämlich mal bei ihm auf Besuch gewesen, und Kami, seine Eltern waren unausstehlich. Bei denen hätte ich es auf Dauer nicht ausgehalten. An diesem Tag hatte ich Kazuki versprochen, dass er immer zu mir kommen konnte, wenn die Alten ihn zu sehr stressten. „J-ja… ist was passiert?“, fragte ich ihn, und eine gewisse Sorge machte sich in mir breit. Er war ja auch immerhin mein bester Freund. Und mein einziger, wenn man es genau nahm. „Kann ich zu dir oder nicht?“, fragte er, ohne auf meine Frage einzugehen, und klang nun wieder voll und ganz wie der Kazuki, den ich kannte. Was für eine schlagartige Veränderung, dachte ich. „Ja… kannst du.“ Ich hatte geantwortet, ohne nachzudenken. Aber es war egal, meine Eltern waren eh nicht zu Hause und es störte mich nicht, wenn Kazuki meinte er müsse um 01:20 Uhr morgens – mittlerweile wusste ich dank meiner Küchenuhr die Uhrzeit – zu mir kommen. Tatsächlich meldet sich wenig später nochmals mein Handy, um mir mitzuteilen, dass er bereits vor meiner Tür stand. Mit einem etwas mulmigen Gefühl öffnete ich, und stellte fest, dass mein bester Freund gerade aussah wie ein Hund, der von seinem Herrchen geschlagen worden war und nun einen treudoofen Blick auflegte. Wobei „geschlagen“ es anscheinend ziemlich gut traf, denn er sah wirklich so aus. „Gott, Kazu… was ist passiert?“, fragte ich und musste wohl ziemlich betroffen wirken, immerhin kam es grade so rüber, als hätten seine Eltern ihn verprügelt oder sonst was… „Nicht so wichtig.“, sagte er hingegen und machte eine wegwerfende Handbewegung, die mir signalisieren sollte, dass das Thema hiermit erledigt war. Ich fühlte mich ein kleines bisschen verletzt. Ich hatte es noch nie ausstehen können, dass Kazuki niemals erzählte, wie es ihm wirklich ging. Jeder Blinde hätte doch gemerkt, dass hier was nicht stimmte. Dennoch ging ich nicht weiter darauf ein. Ich wusste, dass er mir keine Antwort geben würde, das tat er nie. „Willst du was essen oder trinken? Nen Tee oder so?“, fragte ich. Man musste eben fragen, wenn man nicht wusste, was der andere wollte. Ich hatte ihn noch nie durchschauen können. Seltsam, dass er trotzdem mein bester Freund war, aber ich könnte nun einmal auch niemals ohne ihn. Was genau mich so an ihn kettete, das wusste ich selbst nicht… War es eine Art Faszination für seinen Charakter? Oder einfach nur die Tatsache, dass er sich mit mir abgab, wo es doch der Rest der Schule nicht tat? Gut möglich. Aber toll war er schon, vielleicht sah ich ja auch irgendeine Art von Vorbild in ihm… oder so. Kazuki schüttelte den Kopf, nuschelte nur noch ein undeutliches „Schlafen…“, und ging ohne zu Fragen die Treppe in mein Zimmer hinauf. Das war mir egal, ich war nun wirklich kein Mensch, der sich was aus Höflichkeiten machte. Von mir aus konnte er hier tun und lassen was er wollte. Und wenn er schlafen wollte, dann würde ich ihn sicherlich nicht davon abhalten. Ich folgte ihm nach oben. Immerhin war ich selbst auch ziemlich müde… Wenn es alles war, was er wollte, würde ich jetzt auch einfach wieder wegpennen und die Sache hatte sich. In meinem Zimmer standen zwei Betten, eines gehörte mir und eines meinem älteren Bruder, der jedoch schon vor einiger Zeit ausgezogen war. Wenn Kazuki bei mir war, schlief er meistens im Bett meines Bruders. Umso perplexer musste mein Blick gewesen sein, als ich ins Zimmer kam und ihn in MEINEM Bett erblickte, die Augen geschlossen und tief in die Decke gekuschelt. Er wirkte, als wäre er stundenlang durch die Kälte gerannt und hätte jetzt nichts dringender nötig als genau diese warme, weiche Decke um seinen Körper. Ich setzte mich auf die Bettkante und betrachtete ihn kurz. Wiedermal fiel mir etwas auf, wofür ich Kazuki schon beneidete, seit ich ihn kannte – sein hübsches Gesicht. Er war generell hübsch, eben der typische Weiberschwarm an der Schule. Er könnte echt jede haben, durchaus beneidenswert. Nur seine Art und Weise dabei gefiel mir nicht so recht… ich wusste nicht, ob es stimmte, aber er hatte den Ruf eines kleinen Herzensbrechers, der Beziehungen nicht allzu ernst nahm. Aber da ich nicht wusste, ob es die Wahrheit war, und selber nicht mal ansatzweise Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte, ließ ich die Gerüchte einfach Gerüchte sein, und selbst wenn, was ginge mich sein Liebesleben bitteschön an? „Kazu? Schläfst du schon?“, fragte ich leise und musste ziemlich dumm ausgesehen haben, wie ich da saß und ihn fragend anguckte, wo er doch sowieso die Augen geschlossen hatte. Aber schließlich erhielt ich doch ein undeutliches Murren als Antwort. „Äh… ich leg mich dann halt ins andere Bett, wenn du lieber hier schlafen willst.“, sagte ich noch und wollte aufstehen. Betonung auf wollte. Eine Hand schnellte unter der Bettdecke hervor und packte mich beinahe unsanft am Arm. Irritiert sah ich Kazuki an, der mit einem Mal seine Augen aufschlug und mich anfunkelte. Ich konnte diesen Blick nicht deuten, irgendwie sah er ein bisschen beleidigt aus, gleichzeitig aber wie ein Tiger, der auf seine Beute lauerte und vielleicht sogar ein bisschen amüsiert. Auf jeden Fall nichts, was ich von ihm gewohnt war. Genauso wenig war ich es gewohnt, dass er mich plötzlich zu sich in mein Bett zog, die Decke über mich warf und seine kräftigen Arme um meinen schmalen Körper schlang, deutlich ungewillt, mich wieder loszulassen. Mir blieb in dem Moment schlichtweg die Luft weg. „Kazuki…?“, fragte ich leise, erhielt jedoch keine Antwort, und die Situation behagte mir nicht. Zu deutlich spürte ich seinen Körper unter mir und konnte mich an dieses Gefühl nicht so recht gewöhnen. Dann vernahm ich aber doch noch einmal seine Stimme, gepaart mit seinen dunklen, katzenartigen Augen, die mich nun wieder mit diesem undeutbaren Blick durchbohrten. Sein Gesicht war meinem plötzlich so nahe. Ich war verwirrt, spürte wie mein Herz klopfte, wie mein Verstand aussetzte und ich mich einfach nicht mehr rührte, da ich keine Ahnung hatte, wie ich mich verhalten sollte. „Lust auf ein Experiment?“ - sagte er und küsste mich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)