Neues Jahr – neues Glück? von Peacer (LuLo) ================================================================================ Kapitel 2: Eine Zugfahrt mit Folgen ----------------------------------- Am nächsten Tag quälte sich Lucy um acht Uhr aus dem Bett. Sie hatte sich in den letzten Wochen zu einer notorischen Langschläferin entwickelt und war gar nicht darüber erfreut, zu der, wie sie fand, viel zu frühen Stunde schon ihr warmes Bett verlassen zu müssen. Schon gar nicht, wenn sie sich überhaupt nicht auf das Treffen mit ihrem Auftraggeber freute. Morgens fehlten ihr einfach die Nerven, um sich mit reichen Schnöseln herumzuschlagen. Ungeladene Stellargeister waren genauso unerwünscht, wie Loki bald feststellen sollte. „Was machst du hier?!“, quietschte Lucy erschrocken, als sie ins Wohnzimmer schlurfte und ihren Partner entdeckte, der seelenruhig auf ihrem Sofa saß und Kaffee schlürfte. „Die Aussicht genießen“, antworte dieser mit einem anzüglichen Grinsen und ihr wurde schlagartig bewusst, dass ihr doch sehr knappes Nachthemd ihren Körper nur unzureichend bedeckte. Mit glühenden Wangen floh sie zurück in ihr Schlafzimmer und schnappte sich ihren Bademantel. Erst als sie sicher war, dass Loki nichts mehr sehen konnte, was er auch nicht sehen sollte, stapfte sie zurück ins Wohnzimmer. Sie musste einem gewissen Stellargeist Manieren beibringen. Aber Loki kam ihr zuvor. „Ich hoffe, du magst Croissants?“ Bei dem Anblick des reichlich gedeckten Frühstücktisches waren sofort alle Gedanken an Rache wie weggefegt und nur ein warmes Gefühl der Dankbarkeit blieb. Der verlockende Duft von frischen Croissants und Kaffee stieg ihr in die Nase und sie wäre Loki vor lauter Freude beinahe um den Hals gefallen. Aber nur beinahe. Stattdessen setzte sie sich lieber an den Tisch und strahlte ihn an, als er ihr gegenüber Platz nahm. Ihr Morgen sah schon viel weniger düster aus als noch vor ein paar Minuten. „Vielen Dank, Loki. Genau das habe ich gebraucht.“ Der Stellargeist lehnte sich zufrieden grinsend in seinem Stuhl zurück. „Für so ein hübsches Lächeln würde ich alles tun.“ Anstatt darauf einzugehen, griff sich Lucy lieber einen Croissant und bestrich ihn großzügig mit Butter und Marmelade, bevor sie genüsslich hinein biss. Es gab nichts besseres als frische Croissants am frühen Morgen. Loki hatte sich damit eindeutig einen Haufen Pluspunkte verdient. Mit einem anständigen Frühstück im Bauch konnte sie sich sogar vorstellen, seine Schmeicheleien zu ertragen. Beide ließen es sich schmecken, dann bestand Loki darauf, aufzuräumen, während sie im Bad verschwand und sich fertig machte. An so einen Service könnte sie sich glatt gewöhnen. Bald war sie auch schon fertig und, nachdem sie noch ein paar letzte Kleinigkeiten in ihrem Koffer verstaut hatte, aufbruchbereit. „Lass mich den Koffer tragen“, meinte Loki galant, aber Lucy schüttelte den Kopf. Er hatte sich schon um das Frühstück gekümmert, da wollte sie ihn nicht auch noch als Packesel ausnutzen. „So schwer ist er nicht. Ich habe viel Platz für Souvenirs gelassen“, antwortete sie grinsend. „Dann ist es ja nicht schlimm, wenn ich ihn dir abnehme.“ Es ging ihm absolut gegen den Strich, in seiner Gegenwart eine Frau einen Koffer schleppen zu lassen, während er beide Hände frei hatte. Aber Lucy war mindestens genauso stur wie er. „Das ist wirklich nett von dir, aber ich kann meinen Koffer auch gut alleine tragen. Du weißt schon, Gleichberechtigung von Frauen und so.“ Er gab es auf. Gegen den Dickkopf von seiner Besitzerin kam er beim besten Willen nicht an. Mal davon abgesehen mussten sie sich langsam aber sicher auf den Weg machen, wenn sie rechtzeitig um neun Uhr am Bahnhof ankommen wollten. Und zu spät kommen wollte er bei dem Auftraggeber bestimmt nicht. Schweigend machten sie sich auf den Weg und erreichten fünf Minuten vor neun ihr Ziel, wo Mr. Duponi, ihr Klient, schon auf sie wartete. Er war ein hochgewachsener, schlanker Mann, der sein langes, schwarzes Haar zusammen gebunden trug und es schaffte, mit seinem weißen Hemd und blauer Jeanshose sowohl lässig als auch stilvoll auszusehen. Er war sogar ziemlich attraktiv, wie Lucy zugeben musste. Es war wirklich schade, dass ein so gutes Aussehen an so einem miesen Typen einfach nur verschwendet war. „Da seid ihr ja endlich“, begrüßte er sie ungeduldig, als ob er schon stundenlang auf sie gewartet hätte. Dabei kam der Zug erst in einer halben Stunde. Lucy schenkte ihm ein verkrampftes Lächeln. 'Immer höflich sein, Lucy, immer höflich sein. Das ist der Mann, der deine Miete bezahlt', wiederholte sie in Gedanken, wie eine Art Mantra, während sie ihm zu ihrer Plattform folgte. Dort standen schon etliche Kisten in verschiedenen Größen, die wohl alle Gemälde des Malers beinhalteten. Ein paar Leute lungerten ebenfalls herum, die wahrscheinlich für das Einladen der Kisten zuständig waren. „Ich dachte mir, dass einer von euch im Gepäckwagen mitreist und auf meine Gemälde aufpasst“, erklärte Mr. Duponi nun und Lucy sah ihn ungläubig an. Er erwartete doch nicht etwa wirklich, dass einer von ihnen die lange Zugfahrt in der Gesellschaft von ein paar Kisten verbringen würde? Auch Loki sah alles andere als begeistert von dem Plan aus. „Ich halte das für keine gute Idee“, tat er seine Meinung dann auch kund. Es machte ihm nicht wirklich etwas aus, die Zugfahrt im Gepäckwagen zu verbringen, schließlich war er schlimmeres gewohnt. Aber es gefiel ihm ganz und gar nicht, von Lucy getrennt zu sein, vor allem wenn das bedeutete, dass diese alleine mit dem unsympathischen Mann war. „Das ist mir egal. So lange ihr für mich arbeitet, tut ihr auch, was man von euch verlangt.“ Loki ballte die Hand zur Faust und widerstand nur mit äußerster Willenskraft dem Drang, ihrem Auftraggeber eine reinzuhauen. Das würde niemandem helfen, Lucy am allerwenigsten. Er war schließlich nicht Natsu, der willkürlich ihre Mission gefährdete. „Ich muss noch etwas erledigen. Bleibt hier, bis der Zug kommt.“ Es war genauso gut, dass er mit den Worten verschwand, denn Loki war sich nicht sicher, ob er sich noch lange hätte beherrschen können. Hielt er sie für Hunde, oder was? Lucy legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm und er entspannte sich etwas. „Lass ihn reden. Heute Abend schon sind wir ihn los und er ist um ein paar Juwelen ärmer“, meinte sie leichthin, auch wenn sie innerlich genauso brodelte wie Loki. Aber einer von ihnen musste einen ruhigen Kopf bewahren, und ihr Stellargeist sah nicht so aus, als ob er im Moment dazu in der Lage wäre. Momentan ähnelte er dem wilden Löwen, unter dessen Zeichen er stand, mehr denn je. „Es gefällt mir nicht, dass er uns trennt. Falls wirklich etwas passieren sollte, sind wir zu zweit viel stärker als einzeln.“ Und so lange er im Gepäckwagen hockte, konnte er Lucy nicht beschützen. Das war ihm ganz und gar nicht geheuer. „Wir kommen schon zurecht. Du bist immerhin der Anführer der Tierkreis Geister“, wiederholte sie grinsend seine Worte vom Vortag, „und ich habe auch noch meine anderen Schlüssel. Unsere Gegner werden das blaue Wunder erleben, wenn sie uns unterschätzen!“ Das entlockte selbst dem schlecht gelaunten Stellargeist ein Lächeln. Verlass dich auf Lucy, die Stimmung zu heben. *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~* Und verlass dich auf einen unsympathischen Auftraggeber, um sie wieder unter den Nullpunkt zu treiben. Kaum war der Zug eingetroffen, scheuchte er jeden hin und her und Loki wurde kurzerhand zu den Kisten gepackt, auf die er aufpassen sollte, ohne dass man ihm die Gelegenheit ließ, noch ein paar Worte mit Lucy zu wechseln. Seufzend ließ er sich auf einer der Kisten nieder, dann schloss man auch schon die Tür und er hockte wortwörtlich im Dunkeln. „Großartig. Wirklich großartig“, murmelte er und fuhr sich durch seine ohnehin schon zerzausten Haare. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit und das wenige Licht, das durch die Spalten im Holz hereinfiel ermöglichte es ihm, seine Umgebung zumindest schemenhaft zu erkennen. Nicht, dass es sonderlich viel zu erkennen gab. Seine Gedanken wanderten zu Lucy, dem Grund, weshalb er hier war und nicht einfach in die Stellarwelt verschwinden konnte. Er hoffte, dass es ihr besser erging, auch wenn er nicht wirklich daran glaubte, wenn man bedachte, in welcher Gesellschaft sie sich befand. Mit einem erneuten Seufzer schloss er die Augen und machte es sich so gut wie möglich bequem. Es würde eine lange Fahrt werden. Das wusste auch Lucy und hatte sich dementsprechend einen dicken Schmöker eingepackt, um die langen Stunden der Zugfahrt zu überbrücken. Und natürlich um einer Unterhaltung mit Mr. Duponi zu umgehen. Das klappte allerdings nicht so gut, wie sie es sich erhofft hatte, denn ihm war es anscheinend ganz egal, dass sie zu lesen versuchte und bemühte sich vergeblich, ein Gespräch in die Gänge zu bringen. Lucy war aber auch unkooperativ. „Ich war schon als Kind ein begeisterter Maler und zeigte außerordentliches Talent“, erzählte Mr. Duponi und Lucy runzelte irritiert die Stirn. Jetzt las sie schon das dritte Mal den gleichen Absatz und verstand ihn noch immer genauso wenig wie beim ersten Mal. Konnte der Maler nicht einfach still sein? Wenn er wenigstens zu einem interessanten Gespräch fähig wäre, hätte Lucy nicht einmal viel dagegen, sich ein bisschen mit ihm zu unterhalten, aber das einzige Thema, das ihn interessierte, war sein Leben, seine Karriere, sein Erfolg. Sie wunderte sich, dass er mit dem riesigen Ego überhaupt in den Zug gepasst hatte. Als er ihr nach zwei Stunden sein erfolgreiches Leben ausführlich geschildert hatte, ohne mehr als ein höfliches Nicken und gelegentlich ein zustimmendes „Mmh-Mmh“ als Antwort bekommen zu haben, gab er es scheinbar auf und schwieg. Endlich! Vielleicht konnte sie ja jetzt in Ruhe lesen und weiter als die ersten fünf Seiten kommen, die sie in den letzten beiden Stunden geschafft hatte. Sie lehnte sich in dem gemütlichen Sessel zurück und schlug ihr Buch wieder auf, aber sie war mit den Gedanken nicht bei der Geschichte, sondern bei Loki. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie hier in der erste Klasse saß und sich den Wagen nur mit Mr. Duponi und zwei anderen Passagieren teilte, die vor kurzem erst eingestiegen waren, während er im Gepäckwagen hockte, um auf irgendwelche dummen Bilder aufzupassen. Wahrscheinlich langweilte er sich zu Tode, allein und ohne Beschäftigung. Sie seufzte. Daran konnte sie leider auch nichts mehr ändern. Sie würde einfach versuchen müssen, es irgendwie wieder gut zu machen. Damit konzentrierte sie sich wieder auf ihr Buch und schaffte es tatsächlich, beinahe eine Stunde lang in Ruhe zu lesen während ihr Auftraggeber in ein paar Zeitschriften blätterte. Aber sie hätte wissen müssen, dass das nicht lange währen würde, wo Mr. Duponi es sich doch scheinbar zur Aufgabe gemacht hatte, sie am Lesen hindern zu wollen. „Kannst du bitte in den Speisewagen gehen und das Mittagessen bestellen? Ich habe Hunger.“ Irritiert schloss sie ihr Buch und legte es zurück in den Rucksack. War sie jetzt seine Bedienstete oder was? Aber sie verkniff sich eine bissige Bemerkung und machte sich auf den Weg, froh darüber, dass sie ihn in ein paar Stunden los sein würde. So lange würde sie es schon noch schaffen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Natürlich wäre es einfacher, wenn Mr. Duponi den Spruch „Der Kunde ist König“ nicht so wortwörtlich nehmen würde. Im Speisewagen fand sieh heraus, dass es Scampi mit Risotto geben würde, was ihre Laune schlagartig hob. Zumindest hatte es auch seine guten Seiten, mit einem wohlhabenden Schnösel zu reisen. Sie kehrte zu ihrem Platz zurück und ließ sich von Mr. Duponi in ein Gespräch über Kunst verwickeln. Sie verfügte natürlich bei weitem nicht über das große Fachwissen eines Mannes, der in der Branche arbeitete, aber die strenge Erziehung ihres Vaters mit den vielen Stunden Pauken unter Privatlehrern machten sich in diesem Fall bezahlt, da ein Basiswissen in Sachen Kunst bei einer reichen Gesellschaft zum guten Ton gehörte. Trotzdem war sie froh, als nach einer halben Stunde ein Kellner mit dem Essen kam. Nur weil sie mitreden konnte, hieß das noch lange nicht, dass das Thema sie auch wirklich interessierte. Das Risotto mit Scampi, das ihr jetzt aufgetischt wurde hingegen interessierte sie brennend. Der Duft, der ihr in die Nase stieg war einfach göttlich und beim Anblick des schön angerichteten Tellers lief ihr das Wasser im Mund zusammen. „Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?“ Mr. Duponi bestellte irgendeinen Wein und Lucy einen Orangensaft. Sie wollte lieber einen klaren Kopf behalten, und das nicht nur, weil sie ihre Mission ernst nahm. Sie traute ihrem Auftraggeber auch nicht wirklich über den Weg. „Guten Appetit.“ Und den hatte sie! Das Essen war noch viel köstlicher als es aussah, obwohl Lucy das nicht für möglich gehalten hatte, und sie ließ es sich dementsprechend schmecken. Das letzte Mal, dass sie so gut gegessen hatte war, als sie noch bei ihrem Vater gewohnt hatte, und da hatte sie es nicht wirklich zu würdigen gewusst, wo sie doch jeden Tag mit Köstlichkeiten verwöhnt worden war. Sie aßen eine Weile schweigend, wobei Lucys Gedanken wieder einmal zu ihrem Stellargeist drifteten, der jetzt hungrig und allein im Gepäckwagen saß. Um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, nahm sie sich vor, ihn zum Essen einzuladen, sobald sie in Marokkasu ankamen. „Und wie kommt eine hübsche, junge Frau dazu, einer Magiergilde wie Fairy Tail beizutreten?“ Lucy verschluckte sich und Mr. Duponi reichte ihr hilfsbereit ihr Glas Orangensaft. Dankbar trank sie ein paar Schlucke, bis sie sich einigermaßen beruhigt hatte. Dann sah sie ihn überrascht an. „Wie bitte?“ „Ich habe mich gefragt, was eine so hübsche, junge Frau in einer Magiergilde verloren hat“, wiederholte er mit einem charmanten Lächeln, welches Lucy mindestens genauso verblüffte wie die Frage. Woher kam das plötzliche Interesse? Um ihre Verwirrung zu überspielen, nahm sie noch einen großen Schluck Orangensaft. Das Lächeln wurde daraufhin noch breiter. „Nun ja, als Magierin ist es einfach interessanter, einer Gilde anzugehören als alleine zu arbeiten“, meinte sie schulterzuckend. Dann musste sie gähnen, was sie versteckte, indem sie noch ein bisschen an ihrem Glas nippte. Das lange Sitzen, kombiniert mit dem für sie verhältnismäßig frühen Aufstehen und einem warmen Essen im Bauch ermüdeten sie wohl. „Aber ist es nicht auch manchmal gefährlich? Immerhin haben die meisten Gilden genügend Feinde.“ Lucy runzelte die Stirn. „Solange wir zusammenhalten droht uns relativ wenig Gefahr, denke ich“, antworte Lucy vorsichtig. Worauf wollte er hinaus? Wieder musste sie gähnen und blinzelte ärgerlich. Auch wenn es unwahrscheinlich war, dass tatsächlich jemand Mr. Duponi überfallen würde, musste sie doch wachsam sein, egal, wie verlockend ein kleines Nickerchen nach dem Essen sich auch anhörte. „'Einer für alle, alle für einen', wie?“ Er wirkte sichtlich amüsiert. „Dann frage ich mich jetzt natürlich: was macht ihr, wenn ihr alleine seid?“ Sein Tonfall hörte sich jetzt nicht mehr amüsiert, sondern beinahe gefährlich an, und auch sein charmantes Lächeln war verschwunden. Ein boshaftes Funkeln erschien in seinen Augen, so weit Lucy das erkennen konnte, denn ihre Sicht verschwamm allmählich und es fiel ihr immer schwerer, die Augen aufzuhalten. „Was?“ Instinktiv griff sie nach ihren Schlüsseln, aber sie waren nicht mehr da. „Suchst du die hier?“ Vage erkannte sie einen der anderen Passagiere, der lässig ihre Schlüssel vor ihrem Gesicht baumeln ließ. Dann verlor sie endgültig den Kampf gegen die Müdigkeit. Hosted by Animexx e.V. 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