How to save a life von Sahm ================================================================================ Kapitel 11: Alles war aus Gold ------------------------------ Halbzeit also. Mehr Kommentare fänd ich schön, aber ich will ja nicht betteln xD Viel Spaß, auch wenn nicht sonderlich viel passiert! http://www.youtube.com/watch?v=I70mp0eKWlI „Und nur die besten der Momente bleiben dir und mir am Ende.“ Kapitel 11 Er wusste genau, dass er unendliche Scheiße gebaut hatte. Richtig große, vermaledeite, eklige, üble, verdammte Scheiße. Natürlich hätte es immer noch schlimmer werden können, aber er konnte sich eigentlich keine schlimmere Situation vorstellen als diese hier. „Zum allerletzten Mal: Bene, was hast du getan?“ Er schaute sie nicht an. Es ging einfach nicht. Seinen Blick richtete er stur auf den Küchentisch und zählte die Rillen, die er dort entdecken konnte. Trotzdem wusste Benedikt genau, wie sie dastand: Hände in den Hüften und der wütende Blick. Der stinkwütende Blick. Bene schauderte. „Schau mich an, Benedikt. Was sollte das eben? Warum war dieser Typ hier und warum hat er behauptet, ihr hättet…“ Sie sprach es nicht einmal aus. Konnte es nicht? „Boah, Sarah, sei still, das war doch nur Rouven. Der tut doch nichts und macht eben seine Späßchen.“ „Benedykt, co to było?” „Boah, lass doch mal diese Polnischscheiße. Du kannst doch genausogut Deutsch mit mir reden, wenn du ein Problem hast, oder?!” Wow. Noch einmal. Er wusste nicht genau, was in ihm sich so dermaßen verändert hatte, dass er auf einmal versuchte, sich gegen all die Menschen in seinem Umfeld zu behaupten. Rouven hatte etwas in ihm aufgerissen, das er nicht so einfach flicken konnte. Vielleicht war es ja etwas Gutes, vielleicht was Schlechtes. Das würde die Zeit noch so mit sich bringen und zeigen. Sarah zog die Augenbrauen so hoch, dass sie unter ihrem Pony komplett verschwanden. „Sonst geht’s dir aber noch gut, oder? Da stehst du mitten in der Nacht beinahe flennend vor meiner Tür und jammerst rum, dass du dringend eine Nacht bei mir schlafen möchtest. Da hab ich mir noch nichts bei gedacht. Aber jetzt steht auf einmal ein wildfremder Junge in meinem Esszimmer, der behauptet, er hätte eben noch mit dir geschlafen und dann einfach verschwindet und du stehst hier vor mir und machst mich auch noch blöd an? Hältst du mich für so dumm, dass ich mir das einfach gefallen lasse? Herrgott, Benedikt, das ist doch lächerlich. So was Kindisches hätte ich nicht von dir erwartet.“ Sein schlechtes Gewissen piekste ihn, als er sah, wie seine Schwester ihn mit einem kalten Ausdruck in den Augen musterte. Natürlich hatte sie Recht, aber was sollte er ihr denn bitteschön erwidern? Dass alles stimmte, was sie sagte und dass Rouven und er verdammt guten Sex gehabt hatten? Das hatten sie wirklich. Bene hatte so was noch niemals in seinem ganzen Leben erlebt. Wirklich nicht. Mit Rhia war es nicht einmal ansatzweise so schön gewesen wie mit Rouven in der letzten Nacht. Er konnte nicht genau sagen, was denn nun eigentlich das wirklich Schönste gewesen war, wirklich nicht, denn es ging einfach nicht. Was ihn jedoch nachhaltig am meisten berührt hatte, war eine Berührung Rouvens gewesen. Kurz, nachdem sie beide explodiert waren, hatte Rouven ihm einen Finger auf die Lippen gelegt. Ganz weich, ganz leicht. Hatte gelächelt und ihm einen leichten Kuss auf die Stirn gedrückt. Ihm in die Augen gesehen und diesen unheimlich weichen Ausdruck im Gesicht gehabt, der Benedikt erschaudern ließ und wegen dem er sich wünschte, diesen Augenblick niemals vergessen zu dürfen. „Benedikt, kannst du mir endlich mal Auskunft geben?“ Huch. Er war ja noch bei Sarah… Bene zuckte zusammen und schaute sie verwirrt an. Überlegte. Ach, was sollte es schon. „Schön. Das war Rhias Bruder, der zufällig total in mich verknallt ist und mit dem ich ebenso zufällig in dieser Nacht Sex gehabt habe. Ich glaub, wir haben eine Art Affäre, obwohl ich das nicht sicher weiß. Und ich glaub, ich bin schwul. Oder bi.“ Sie rührte sich nicht. Nicht eine Sekunde lang, nicht einmal, als Maya verzweifelt versuchte, die Aufmerksamkeit ihrer Mutter zu erregen, indem sie ihre komplette Legosteinsammlung auf den Boden warf, um somit extraviel Krach zu erzeugen. Er wusste nicht, wie er das aufnehmen sollte. Dachte sie darüber nach, ihn jetzt möglichst schnell loszuwerden oder war es ihr egal? Stellte sie sich die Frage, ob er log oder ob es die Wahrheit war? Sollte er etwas sagen? Leicht fuhr er sich durch die Haare. Dann: „Sarah. Rede mit mir.“ Sie blinzelte. Sagte gar nichts. „Ich weiß, dass ich ein Arsch bin. Dass du wütend auf mich bist. Dass ich mich absolut dämlich verhalte. Dass ich dämlich bin. Aber du brauchst mich jetzt nicht dafür zu bestrafen. Ich weiß selbst, dass ich ein absoluter Wichser bin. Ein erbärmlicher Wichser. Ich werd jetzt gehen, damit du mich nicht mehr sehen musst, ja?“ Er stand auf und sie regte sich immer noch nicht. Unschlüssig blieb er vor ihr stehen und schaute sie an. Berührte ihre Hand. Zog seine Finger wieder zurück. „Es ist alles meine Schuld“, flüsterte er dann, „ich weiß das. Aber du hast keine Ahnung, wie das für mich ist. Wie ich mich fühle. Rouven ist toll und er gibt mir ein Gefühl, als wäre ich… begehrenswert. Für Rhia bin ich nur noch ein Anhängsel. So nett sie auch ist, ich fühle einfach nichts. Aber Rouven… er ist interessant und schön und ich finde ihn toll. Ich kann ihn nicht haben und das macht mich wütend und fertig. Du hast ja keinen blassen Schimmer, wie wundervoll es ist, wenn er mich küsst. Gestern Nacht hat er mir gesagt, wie schön ich doch wäre und das war für mich einfach nur unglaublich. Du kannst mich verurteilen, so viel du willst, aber es wird dir nichts nützen, okay? Ich geh jetzt wirklich und wenn du deine Meinung änderst, kannst du mich ja anrufen und dich entschuldigen.“ Schwungvoll drehte er sich um, strich Maya beim Hinausgehen noch über die Haare und zog die Haustür auf. Einige Sekunden lang blieb er noch stehen, um zu lauschen, ob Sarah ihre Meinung vielleicht noch ändern würde. Aber bis auf Mayas „Mamaaaaaa, was heißt schwul?“ blieb alles still. Enttäuscht verschwand Benedikt nach draußen. Hast du heute noch Zeit? In Embryostellung lag Benedikt auf seinem Bett und schob das Handy weit von sich weg. Im Haus war nichts zu hören. Seine Mutter war arbeiten und das war ihm nur recht. Sein Vater war ohnehin nie wirklich zu Hause, also zählte der gar nicht. Er wollte Rhia nicht unter die Augen treten. Nicht heute, nicht nach dem, was in dieser Nacht geschehen war. Bene konnte Rouven noch fühlen. Konnte ihn noch schmecken, fühlen, riechen. Er roch so gut! Es war eine Mischung aus Schweiß und typischem Rouvengeruch. „Bene, ich hätt’s nie gedacht. Niemals.“ Benedikt lächelte und schmiegte sich mehr an Rouven heran. „Ich auch nicht. Mach’s noch mal.“ Sein Lachen… es war unglaublich schön. „Was denn?“, raunte er dann verschwörerisch und lächelte ihn an. „Alles denn?“ Bene blinzelte. „Ja.“ Rouvens Mund traf auf seinen Hals. „Du bist so unendlich schön, Benedikt, weißt du das eigentlich? Das hier ist wohl das Schönste, was mir im Leben passieren konnte. Meine Rapunzel.“ Bene seufzte. Wieso hatte diese Nacht vorbeigehen müssen? Warum dieser ernüchternde Morgen? Und wieso war er so ausgerastet? Vielleicht ja, weil sich sein Gehirn in der Nacht davor verabschiedet hatte. Als Rouven am Fenster aufgetaucht war, hatte er auf einmal keinen klaren Gedanken mehr fassen können. Alles, was er noch wusste war, dass Rouven da unten stand und zu ihm hochwollte. Und als er ihn Rapunzel genannt hatte, hatte endgültig alles in ihm ausgesetzt. Am Morgen, als er Rouven in diesem Bett gesehen hatte, Rouven, der die Arme verschränkt hatte und darauf wartete, dass Benedikt wieder zu ihm ins Bett kam, hatte es auf einmal Klick gemacht und sein logisches Denken hatte wieder eingesetzt. Da war immerhin Rhia, die er in dieser Nacht endgültig betrogen hatte. Da war seine Schwester Sarah, in deren Gästebett Rouven und er eindeutige Spuren hinterlassen hatten. Spuren, die nicht nur körperlicher Natur waren. Da waren all die Menschen, die er allein mit der Tatsache, dass Rouven und er zusammen geschlafen hatten, belog und betrog. So eine Scheiße. Nein, tut mir leid, ich will heute mal einen Tag lang alleine sein. Nein, eher nicht. Nein, Schatz, ich hab heute noch so viel zu lernen, Klausurenphase und so. Bis dann. Das war besser. Ohne überflüssige Herzchen, die Bene in den Augen wehtaten oder sonstigem Mist. Sie würde es hinnehmen müssen. Er hatte keine Lust darauf, mit ihr zu reden. Sein Handy vibrierte und aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass Rhia anrief. Rhia połączeń. In einem schwachen Moment hatte er sein Handy mal auf Polnisch umgestellt. Das leuchtete ihm jetzt entgegen. Am liebsten würde er es gegen die Wand klatschen, ungefähr so, wie Rouven sein Handy zu Boden geschleudert hatte. Er wollte nicht mehr. Er wollte einfach seine Ruhe haben und von niemandem mehr belästigt werden. Warum hatte er sein Handy überhaupt noch an? Hoffte er auf… eine Nachricht von Rouven? Aber wieso sollte Rouven ihm schreiben? Immerhin… hatte er ihm verbal dermaßen eine übergezogen, dass er sich bestimmt nicht mehr freiwillig bei ihm melden würde. Andererseits… Rouven war bisher immer wieder zu ihm zurückgekommen. Immer wieder. Immer wieder und wieder und wieder aufs Neue. Er hatte ihn nicht aufgegeben, egal, was Benedikt getan hatte. Egal, was er getan oder gesagt hatte, es war Rouven egal gewesen und er hatte immer wieder versucht, ihm näherzukommen. Und jetzt… hatte er es geschafft. Rouven hatte mit ihm geschlafen, mit ihm, Benedikt. Er hatte mit ihm geschlafen und es war herrlich gewesen und großartig und einfach nur schön. Rouven gab nicht auf, wie Bene noch einmal bemerken musste. Rouven war… großartig und wundervoll und… fühlte sich jetzt definitiv geschmeichelt. Sein Auftritt bei Sarah sprach Bände. Wieso hätte er denn sonst eine solche Show abziehen sollen? Andere Menschen wären durchs Fenster abgehauen oder hätten sich sonst irgendwie verdrückt, aber nicht Rouven. Rouven machte aus allem eine Show. Für Rouven war das ganze Leben eine Bühne und er war der Hauptdarsteller des Theaterstücks, das sein Leben war, aber auch gleichzeitig der Hauptdarsteller im Leben anderer Menschen. Rouven war es nicht gewohnt, nicht beachtet zu werden und war er ohnehin noch wütend, war er noch schlimmer drauf als sonst. Bestes Beispiel hierfür? Sarah und die Art und Weise, wie er ihr begegnet war. Benedikt stöhnte auf. Ach, fuck. Rhia rief schon wieder an. Dachte sie etwa, er würde einfach nur sein Handy nicht hören oder so? Sie war einfach viel zu hartnäckig… Sie bezog sich noch auf gestern. Noch gestern hatten sie miteinander geschlafen. Sie hatten Sex gehabt und auf einmal war Rouven im Zimmer gestanden und wollte alles auffliegen lassen. Rhia von dieser Mesalliance berichten. Und Rhia… Rhia hatte mit ihm geredet. Richtig geredet. Sie liebte ihn, oder nicht? Liebte er sie auch? Hatte er sie jemals geliebt? Bestimmt. Bestimmt nicht. Was wusste er schon? Er war doch ohnehin nur ein Vollidiot, der was mit dem Bruder seiner Freundin hatte. Ein Vollidiot, der all seine Ziele über Bord warf und seine Wünsche falsch interpretierte. Er konnte nichts und war zu dumm dafür, um zu verstehen, was in seinem Liebesleben vor sich ging. Wusste nicht, ob er Rouven wollte oder nicht. Rouven. Erinnerte man sich noch an das alte Spiel aus Kindertagen? Verliebt, verlobt, verheiratet? Wie ging das denn noch? Na ja, es war nicht wichtig. Es war dieses eine Wort, das Benedikt beschäftigte. Dieses eine kleine Wort. Verliebt. Er war verliebt. In Rouven. In Rouven. Er war in Rouven verliebt. „Ich liebe dich“, flüsterte er hilflos. Angezogene Beine. Umschlungen von seinen Armen. Und begann hemmungslos zu schluchzen. Verliebt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)