How to save a life von Sahm ================================================================================ Kapitel 5: In my head --------------------- Hier schon das Nächste, das kommt, weil ich deprimiert bin, und dringend aufgeheitert werden möchte mit Kommentaren xD Die paar polnischen Worte da unten sind nicht wichtig, sind nur Koseworte für Benedikt von seiner Mutter. Ähm, ja. Dann viel Spaß :) http://www.youtube.com/watch?v=RIyUftoF98w „In my head you fulfil my fantasy.” Kapitel 5 Was genau er da tat, wusste Benedikt selbst nicht. Auf einmal hatte er sich vor der Haustür wiedergefunden, obwohl er eigentlich nach Hause gehen wollte. Doch nach Rouvens Kuss war er dermaßen verwirrt, dass ihm alles andere egal war. Scheißegal. Alles. Und jetzt stand Rouven vor ihm, mit roten Wangen und regenkrausen Haaren. „Benedikt“, wiederholte er leise. „Bene, Bene, Bene, Bene.“ Er kam näher, Schritt für Schritt und murmelte Benedikts Namen vor sich hin. Seine dunklen Augen waren kaum zu sehen unter den Ponyfransen und Benedikt ertappte sich dabei, wie er seine Hand hob, um sie ihm wegzustreichen. Mitten in der Bewegung jedoch packte Rouven seine Hand und zog sie vorsichtig nach unten. „Benedikt… was tun wir da?“ Benes Herz pochte wie verrückt und es kam ihm surreal vor, nachts um halb zwei vor Rouvens Haustür zu stehen und sich über die Situation zu unterhalten, die sie gerade erlebten. „Ich weiß es nicht“, murmelte er mit gebrochener Stimme, „ich weiß es wirklich nicht.“ Und ganz leicht umklammerte er Benes Hinterkopf und zog ihn zu sich. Sie waren sich so nah, dass Benedikt seinen Atem riechen konnte und ihre Nasenspitzen sich berührten. Tief tauchte er in Rouvens schwarze Augen ein und lächelte leicht. „Was wir hier tun, sprengt doch alles, oder nicht?“, flüsterte Rouven so leise, dass Bene es zuerst beinahe nicht verstanden hätte. Der nickte leicht. Dann schloss er die Augen und spürte Rouvens Lippen, die sich leicht und sanft auf seine legten. „Komm mit“, drängte Rouven und presste Benedikt gegen die Hauswand, „komm mit mir rein.“ Benedikt drückte Rouvens Kopf wieder näher hin zu seinem. Er wollte nicht reden. Nicht jetzt. Wollte nicht den Augenblick zerstören. Rouven machte sich los und schmunzelte. Sein Lächeln hatte etwas von einem Süchtigen, der nicht genug bekam und immer mehr wollte. „Komm mit mir. Komm rein. Ich will dich jetzt und brauch dich. Komm mit.“ Er bewegte seine Lippen fahrig und senkte seinen Kopf zu Benedikts Hals herab, den er nun mit leichten Küssen bedeckte. Er war versucht, es zu tun. Alles fallenzulassen und ihm zu folgen. Einfach alle Bedenken über Bord zu werfen und sich Rouven hinzugeben. Aber da war eben noch… „Rhia.“ Mit einem Ruck löste er die Verbindung zu Rouven. „Ähm… mein Name ist immer noch Rouven, wie du wissen solltest.“ Stumm schüttelte Bene den Kopf. „Du weißt, was ich meine. Das kann ich nicht. Ich kann deine Schwester nicht so hintergehen. Nicht auf diese Weise. Ich bin mit ihr zusammen und auch wenn es nicht so wirkt, liebt sie mich doch. Und das kann ich ihr definitiv nicht antun! Nicht mit dir.“ Rouven zog seine Augenbrauen zusammen. „W… wie jetzt? Du stehst mitten in der Nacht vor meiner Haustür und machst mir Hoffnungen und dann auf einmal hast du keinen Bock mehr? Was genau bringt dir das denn jetzt? Meine Güte, du verhältst dich wie eine nymphomanische Schlampe. Gott, echt, du. Regst. Mich. Auf.“ Bene öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, aber es kamen keine Worte. Er konnte nichts mehr sagen. Wozu auch? Rouven nickte. „Okay, du hast nicht mal mehr eine Erwiderung. Weißt du, ich sollte schlafen gehen. Es ist spät und ich muss eigentlich gleich wieder aufstehen. Du solltest jetzt auch nach Hause gehen. Es ist viel zu spät. Gute Nacht, Benedikt.“ Und Rouven drehte sich um, donnerte den Hausschlüssel ins Schlüsselloch, riss die Tür auf und schmiss sie so laut zu, dass der Widerhall noch eine Weile in Benes Ohren nachhallte. Wie oft konnte man sich eigentlich mit einem Menschen streiten? In dieser Hinsicht hatte Rouven wirklich viel von Rhia. Oder war es umgekehrt? Immerhin war Rhia jünger. Großartig. Er wollte das eigentlich nicht. Diese ganzen Streitereien waren einfach nicht seine Art. Er war von Natur aus eher ruhiger und zurückhaltender und hasse es abgrundtief, sich mit jemandem zu streiten, gegen den er sowieso keine Chance hatte. Und gegen Rhia oder Rouven hatte kein normaler Mensch eine Chance. Unruhig drehte Benedikt sich in seinem Bett herum und starrte wieder aus dem Dachfenster heraus. Er hatte vergessen, sein Zimmer zu verdunkeln und jetzt war es orange erleuchtet von Straßenlaternen. Trotzdem konnte er die Sterne unschwer erkennen. Sie glitzerten und waren von dunklen Wolken durchzogen. Er konnte nicht schlafen. In seinem Kopf befand sich nur Rouven. Rouven, Rouven, Rouven, Rouven, Rouvenrouvenrouvenrouvenrouvenrouven… Er drehte sich nach links. Was hatte es für einen Sinn, jetzt über Rouven nachzugrübeln? Eigentlich keinen, oder? Trotzdem konnte er nicht aufhören. Zu viele Gedanken behinderten ihn. Was würde Rhia sagen, würde sie wissen, was Rouven und er hinter ihrem Rücken trieben? Benedikt war froh darüber, dass er Rouvens Einladung ausgeschlagen hatte. Trotzdem würde er sich am liebsten umbringen deshalb. Rouven hatte ihm einen Freibrief gegeben, mit ihm zu schlafen, und er hatte diesen nicht genutzt. Wie dumm war er eigentlich? Bei Rhia war es immer eine Tortur, weil sie es als eine unendliche Prozedur ansah, bis man miteinander schlief. Rouven dagegen kam anscheinend sofort zur Sache, wenn er wollte. Benedikt stöhnte und vergrub seinen Kopf im Kissen. Kurwa, wo hatte er sich da nur hineingeritten? Und kam er aus der ganzen Sache wieder irgendwie raus? Wohl kaum. Wie denn auch? Er konnte diese… Gefühle für Rouven nicht einfach abstellen und so tun, als wäre alles bestens. Das war nicht fair, vor allem nicht Rhia gegenüber. Gott, Rhia. Sie würde ihm den Schwanz abreißen, wenn sie wüsste, was los wäre. Wieso konnte sein Leben nicht einfach mal normal verlaufen? Seine Hände lagen locker auf der Bettdecke. Rouven hatte diese Probleme bestimmt nicht. Für ihn war alles einfach. Er würde es so sehen: Schwul. Gutaussehender Freund. Holen, weil geil. Aber Benedikt war nicht so. Er brauchte für alles tausend Erklärungen und Aufforderungen. Seine Hände bewegten sich unter die Decke. Rouven schlief bestimmt sogar. Oder nicht? Er hatte sich ja relativ über Bene aufgeregt. Vielleicht lag er ja ebenfalls wach da und verfluchte sich, weil Bene nicht ja gesagt hatte. Mit der einen Hand schob er sein Shirt höher. Warum waren noch mal alle Leute so scheiße gegenüber Homosexuellen? Rhia hatte einmal erwähnt, dass sie sich vorstellen könnte, ihr Bruder Rasmus sei schwul und darüber hatte sie sich stundenlang angeekelt aufgeregt. Es war ihm vorgekommen wie eine Farce und er hatte die ganze Zeit über kein Wort gesagt. Es war Rhia nicht aufgefallen, immerhin redete meistens sie. Er strich sich mit den Fingerkuppen über den Bauch. Zu viele Fragen in seinem Hirn, die ihn fertigmachten. Er wollte sie verscheuchen und nicht noch unnötig festhalten. Wieso setzte Rhia ihm so zu? War nicht er der Mann? Sollte er sich nicht mal normal wehren, anstatt einfach gar nichts zu sagen? Langsam wanderten seine Finger tiefer und wie in Zeitlupe zog er seine Shorts herunter. Rouven. Rouvens Lächeln. Rouvens Stimme. Rouvens Küsse. Rouvens Haare. Rouven. Rouven. Rouven. Rouven. Benedikts Hand schloss sich langsam um seine aufkommende Erektion. Rouven. Das war sein einziger Gedanke. Als sein Wecker klingelte, hatte Benedikt nicht eine Sekunde lang geschlafen. Erschöpft und verschwitzt kletterte er aus seinem Bett heraus und schlich unter die Dusche, um die letzten Reste von Rouven loszuwerden. Es kam ihm so vor, als hätte Rouven Dinge auf seinem Körper hinterlassen, die sich nur schwer wieder abwaschen ließen. Dabei hatten sie sich nur geküsst und nicht sonst was getan… Dafür hatte nur Bene selbst gesorgt. Vollkommen übernächtigt schleppte er sich zum Frühstückstisch, an dem seine Mutter schon wartete. Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch, als sie sah, wie müde er wirkte, sagte jedoch nichts, wofür Benedikt ihr dankbar war. Stattdessen griff sie nach der aktuellen Zeitung und versenkte sich darin. Aus reinem Selbstschutz griff sich Benedikt ein Brötchen, bestrich es mit Nutella und würgte es herunter. Es schmeckte – genau wie erwartet – nach Pappe und Bene musste sich beherrschen, um nicht aufzuspringen und die mehlige Pampe in seinem Mund ins Klo zu spucken. Alles was er wollte war, ganz schnell wieder in sein Bett zu kriechen und den ganzen Mist mit Rouven zu vergessen. Es wäre ihm so viel lieber, wenn er Rouven niemals begegnet wäre. Warum musste er noch mal Rhias Bruder sein? Wenn man vom Teufel sprach… Seit dem vorigen Abend nervte Rhia ihn mit Textnachrichten. Alle hatten ungefähr denselben Inhalt, dass er sich endlich melden sollte und später noch bei ihr vorbeischauen musste. Musste. Wieso auch immer. Er hatte nicht die geringste Lust, Rhia jetzt schon wieder zu sehen. Oder eher Rouven. Er wusste gar nicht, wie er ihm begegnen sollte. Was zu sagen oder zu tun war. Benedikt presste seine Hände gegen die Schläfen. Nicht nachdenken. „Sag mal, Benedykt, wirst du krank? Du machst mir heute ein wenig Sorgen.“ „Mama, bitte nicht. Ich hab nur nicht so gut geschlafen, das ist alles.“ Seine Mutter schüttelte den Kopf. „Du bist viel zu blass, Skarbie. Vielleicht gehst du heute nicht?“ Bene schloss die Augen. Schule war ohnehin eine Tortur. Fast all seine Freunde dachten, Rhia und er wären perfekt. Rhia stand in jeder Pause da und wollte mit ihm rumknutschen. Kein Freiraum. Das einzig Gute war, dass Rouven sein Abi schon in der Tasche hatte und ihn deshalb nicht noch zusätzlich verwirren konnte. „Ja“, flüsterte er, „ich bleib lieber hier. Heute ist eh nichts Wichtiges in der Schule.“ Seine Mutter lächelte und sprang, wie alle Mütter eben, sofort auf, um ihm irgendein Zeugs zu holen. Bene legte sich in sein Bett und wünschte sich einfach, sterben zu können. Er hatte keine Lust mehr auf diesen ganzen Zirkus. Das alles ging ihm schon viel zu lange und er wusste nicht, wie lang er das noch aushalten konnte und sollte. Seine Mutter wuselte im Zimmer herum und brachte ihm alle fünf Minuten etwas anderes, durch das er wieder gesund werden sollte. So hatte er wenigstens nicht wirklich Zeit zum Nachdenken. Auch mal gut. Er wusste nicht recht, was er jetzt tun sollte. Sollte er einfach weiterhin diese Farce mit Rhia durchziehen oder sollte er unter alles einen wirklichen, endgültigen Schlussstrich ziehen und sie einfach beide in Ruhe lassen? Wobei er Rouven eigentlich doch immer in Ruhe ließ, wenn man von dieser Nacht absah... Rouven war meist derjenige, der die Nähe zu Benedikt suchte und ausnutzte. Aber konnte man von ausnutzen sprechen, wenn er immer mitmachte? Benedikt schloss die Augen. Nichts sagen. Nichts denken. Nichts reden. Einfach nur daliegen und nichts tun, das wäre das Beste. In seinem Kopf war trotzdem nur Rouvens Angebot, das er abgelehnt hatte. Wieso war er eigentlich so unendlich bescheuert und tauchte mitten in der Nacht einfach so vor Rouvens Haustüre auf? Welcher Teufel hatte ihn da geritten? Wenn Rhia die beiden erwischt hätte... Dieses Szenario wollte Benedikt sich nicht so recht vorstellen, aber es übertraf auf jeden Fall und ganz bestimmt die komplette Saw-Reihe. Er stöhnte gequält auf. Seine Mutter war eben zum Glück aus dem Zimmer gegangen, sonst hätte er jetzt einen kalten Wickel auf die Stirn bekommen und eine bittere Medizin oder sonst was. Benes Handy vibrierte zum tausendsten Mal an diesem Morgen. Mit zitternder Hand tastete er danach und zog es zu sich. Das war ohnehin nur Rhia, die wissen wollte, wo zur Hölle er war und ob sie Krankenpflege betreiben sollte. Nur über seine Leiche. Gähnend und mit schmerzendem Kopf klickte Bene die Nachricht auf. Bene, komm zu mir. Jetzt, sofort. Wir reden. Und ich brauch dich. Rouven. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)