How to save a life von Sahm ================================================================================ Kapitel 4: Elektrisches Gefühl ------------------------------ Danke für die Kommentare Ein paar Kommis mehr wären zwar nett, aber ich bettel hier schon wieder und das ist nicht cool, neinnein xD Viel Spaß! Die Sache mit den vielen Geschwistern… nun, im Grunde genommen natürlich etwas… zu viel, aber sie tauchen im weiteren Verlauf der Geschichte nicht mehr auf, von daher ist es egal :) http://www.myvideo.de/watch/7702676/Juli_Elektrisches_Gefuehl „Elektrisches Gefühl. Ich bin völlig schwerelos.“ Kapitel 4 Rouven verfluchte sich aufs Übelste. Alles war perfekt gelaufen. Ausnahmsweise einmal. Er hatte Benedikt aufgespürt und ihn endlich wieder geküsst. Er hatte sich so sehr danach gesehnt... schon seit Wochen wollte er nichts anderes mehr, als Benedikt erneut zu küssen. Ob das immer noch einfache Verknalltheit war? Natürlich wusste er, dass er sich eigentlich von ihm fernhalten sollte, aber er konnte es einfach nicht. Er konnte nicht wegbleiben von diesem unheimlichen Menschen, der ihn dermaßen verrückt machte, so sehr, dass er ihm auflauerte, ihn festhielt und ihn eine ewige Zeit in Grund und Boden knutschte, bis es aufhörte zu regnen. Deprimiert setzte sich Rouven auf sein Bett. Er war nass. Sein Haar klebte am Kopf und er sah bestimmt furchtbar aus. Das war aber nicht das Schlimmste im Moment. Viel schlimmer war es, dass seine Schwester vor ihm stand und ihn anschrie und er – zur Hölle noch mal – einfach davongerannt war, nachdem er den besten Kuss seines Lebens bekommen hatte! Oder zumindest den Ersehntesten... Verdammt. Er. War. Davongelaufen! Was war nur los mit ihm? „... und ich werd mir das nicht noch einmal bieten lassen, Rouven! Das nächste Mal werde ich zurückschlagen, nur damit du’s weißt!“ Stinkwütend rauschte Rhia aus Rouvens Zimmer heraus. Er hatte nicht einmal begriffen, was genau sie eigentlich von ihm gewollt hatte. Es ging wahrscheinlich wieder darum, was er sich vorhin geleistet hatte, als er Bene und Rhia überrascht hatte. Schuldbewusst starrte er seiner Schwester hinterher. Egal, was er Bene erzählte, es machte ihm sehr wohl etwas aus, mit ihrem Freund zu knutschen. Immerhin war es seine eigene Schwester. Aber so sehr, dass er deshalb aufhörte, Bene nachzustellen, ging diese Geschwisterliebe jetzt auch nicht. Rouven seufzte. Was hatte er sich eigentlich bei dieser ganzen Scheiße gedacht? Wahrscheinlich nichts, wie immer eben. Er streckte seine Hände vorsichtig aus und ballte sie dann wieder zu Fäusten. Er hatte es ziemlich übertrieben mit dem Training vorhin und hatte so hart draufgeschlagen, dass selbst die richtig guten Boxer beeindruckt von ihm waren. Er seufzte leise. Sah so aus, als wäre heute nicht sein Tag. Oder doch? Immerhin hatte er wieder einmal einen Kuss von Bene abgestaubt. Frustriert und gleichzeitig süßlich lächelnd zog Rouven eine Schublade auf. Eigentlich hatte er die Laster, die er dort drin abgelegt hatte, für immer ablegen wollen – sie hieß nicht umsonst die Lasterschublade –, aber er brauchte es jetzt einfach. Seufzend öffnete er die Schachtel, die er erst vor zwei Wochen reingeworfen hatte, und zog eine Lucky Strike heraus. Rouven drehte sie kurz in den Händen herum, dann seufzte er, öffnete das Dachfenster, zündete sie an und nahm einen tiefen, langen, glücklichen Zug. Schöön. Rouven zog einige Male tief ein und streifte dann die Asche ab. Benedikt würde es bestimmt nicht gerne sehen, wenn Rouven wieder rauchen würde. Er mochte keine Raucher, hatte er Rhia mal erzählt, als Rouven danebensaß. Der hatte daraufhin beschlossen, auf der Stelle damit aufzuhören. Was man nicht alles tat für so etwas oder so jemanden wie Benedikt. Normalerweise ließ Rouven sich niemals so extrem beeinflussen, aber Bene war eben… anders. Bescheuert eigentlich. Rouven hatte immer gedacht, er wäre der letzte Mensch auf Erden, der sich verstellen würde, um zu erreichen, was er wollte. Anscheinend war es doch nicht so. Er zog noch einmal an der Zigarette und starrte in den Himmel, den er vom Fenster aus wunderbar sehen konnte. Der Regen hatte sich verflüchtigt, aber die Wolken waren noch da. Es sah nicht so aus, als würde die Sonne noch einmal herauskommen, wie sie es in den letzten Tagen ständig getan hatte. Er hatte gerade einmal die Hälfte seiner Zigarette aufgeraucht, als er auf einmal merkte, wie lächerlich das doch war. Wütend drückte er die Kippe auf dem Dach aus und schloss sein Dachfenster mit einer solchen Wucht, dass sein Bruder Rasmus ins Zimmer rannte, um sich zu vergewissern, dass er noch lebte. „Ja, Mann, du brauchst doch nicht immer so überfürsorglich zu sein“, fauchte Rouven stinkwütend und Rasmus verzog sich achselzuckend wieder in sein Zimmer. Sechs Geschwister waren definitiv die Hölle! Er musste sofort hier raus, sonst würde er noch durchdrehen... Geräuschvoll trampelte er die Treppe herunter, schnappte sich seine Jacke und verschwand, bevor seine Mutter auch nur fragen konnte, ob er nicht doch lieber Monopoly mit den anderen spielen wollte. Und, nein, er wollte garantiert nicht. Mael würde fürsorglicher sein. Mael wusste immer einen Ausweg und Rat sowieso. Mael, sein bester Freund. Mael, der Dunkle mit den hellen Haaren. Mael, der irre Ire. Mael war nicht da. Ratlos stand Rouven vor seiner Haustür und klingelte Sturm. Verdammt, sonst war er immer zu Hause. Mael war bekannt dafür, niemals rauszugehen und immer zu Hause zu sitzen und auf seiner Gitarre rumzuklimpern. Wahlweise auch auf seinem Klavier, seiner Harfe, Geige, seinem Saxophon oder sonst was. Und er war der Einzige, der über Rouvens Lage Bescheid wusste. Er hatte sich ihm problemlos anvertrauen können, da Mael ja, wie gesagt, nie das Haus verließ und somit auch nicht ausplaudern würde, dass Rou auf Benedikt stand. UND JETZT WAR DIESER VOLLIDIOT NICHT ZU HAUSE! Wütend verzog Rouven die Lippen und starrte die Salzteigbuchstaben an der Hauswand an, die verkündeten, dass Familie Finnigan hier wohnte, mit den Kindern Mael und Erin, die es beide supertoll fanden, wie eine Figur aus Harry Potter zu heißen. Ficken, was sollte das? Rouven tastete nach seinem Handy, um Mael eine wütende SMS zu schreiben (was er bisher nie getan hatte, da er sich ja sonst nie vom Fleck bewegte), bis ihm einfiel, dass sein Handy nicht mehr existierte. Shit, sein Vater würde durchdrehen, wenn er ihm erzählte, was geschehen war... Wütend setzte sich Rouven auf die Stufen vor der Haustür und beschloss, auf Mael zu warten. Wo auch immer er war, er würde dort ja wohl nicht die ganze Nacht bleiben, oder? Anscheinend konnte er. Als sich gegen halb zwölf Uhr nachts immer noch nichts tat und sich kein Mitglied der Familie nach Hause begeben hatte, beschloss Rouven, aufzugeben und nach Hause zu gehen. Oder er machte noch was aus der Nacht... Aber was ging heute? Er hatte keine Lust auf Partys mit bescheuerter Musik, bescheuerten Getränken und bescheuerten Menschen. Und was war zu Hause? Sechs Geschwister. Sechs verfickte Geschwister, die alle irgendwie sauer auf ihn waren. Warum noch mal? Rory, weil Rouven mal wieder alle Türen zugeknallt hatte und Rory immer Ruhe brauchte. Ramón, weil er ihn mal wieder damit aufgezogen hatte, dass er bestimmt vom Briefträger abstammte. Renée, weil er wohl nicht sehr nett zu ihrem Freund gewesen war. Rebecca, weil er sie heute Morgen angeschrieen hatte, dass sie sich endlich einen Job suchen und ausziehen sollte. Rasmus, weil er darauf gehofft hatte, an Rouven endlich die stabile Seitenlage ausprobieren zu können. Und Rhia... wegen Benedikt. Rouven seufzte. Wieso zur Hölle war er nur mit sechs Geschwistern gestraft? Und wieso wohnten bitte alle davon noch zu Hause? Man könnte meinen, dass wenigstens Rory oder Ramón, die ja wirklich schon könnten, endlich abhauen würden. Aber nein, stattdessen hatten sie anscheinend beschlossen, Rouven alle gemeinsam auf die Nerven zu gehen. Er gähnte und fuhr sich seufzend durch die dunklen, langen Haare. Dann, wie aufs Stichwort, bog endlich Mael um die Ecke. „Meine Fresse, zum letzten Mal: Wo warst du denn?“ Maels sommersprossiges Gesicht – noch bleicher als sonst – stand wie immer im Kontrast zu seinen weißblonden Haaren und den braunen Augen. Was war bei ihm nur schiefgelaufen? „Rouu, ich hab doch gesagt, dass es nichts Wichtiges war. Nur diese... Ban...dprobe...“ „Ja, ich weiß es doch, es nervt mich nur, dass ich so ewig auf di... Bandprobe? Du? Du bist in einer Band? Bist du krank, Mael?“ Entsetzt streckte Rouven die Hand aus und fasste dem Iren an die Stirn. Sie fühlte sich tatsächlich etwas erhitzt an und besorgt schüttelte Rouven den Kopf. „Soll ich dir Eis bringen? Ich weiß ja, wo sich das bei euch befindet.“ Mael schüttelte Rouvens Hand ab und seufzte laut. „Also, es stimmt gar nicht, dass ich immer nur zu Hause bin, weißt du? Ich bin auch mal woanders. Du brauchst nicht immer so überrascht zu tun.“ Rouven lachte heiser auf. „Ja, in der Schule. Sonst bist du immer hier. Und wenn ich dich dann einmal brauche, bist du nicht da.“ Maels Augenbrauen hoben sich erstaunt. „Was wolltest du denn überhaupt?“ Rouven winkte ab. „Nicht so wichtig. Ich hab nur ein wenig normale Gesellschaft gebraucht, das war alles.“ Sein Freund nickte verständnisvoll. „Geschwister oder… das andere?“ Nett, wie Mael es ausdrückte. Rouven zuckte die Schultern. „Beides irgendwie.“ Mael schaute ihn etwas verwirrt an. „Wie, beides? Was ist denn passiert?“ Er streckte sich bequemer auf seinem Bett aus und Rouven drehte eine erneute Runde auf dem Drehstuhl. „Keine Ahnung. Ist irgendwie gerade alles ein wenig eskaliert.“ „Erzähl“, forderte Mael ihn auf. „Gibt nicht so viel zu erzählen.“ Rouven seufzte. „Ich hab Benedikt geküsst, bin weggerannt und hab Stress mit Rhia und jedem anderen Menschen in diesem Haus.“ Mael lachte. „Also alles wie… DU HAST BENEDIKT GEKÜSST?“ Er war aufgesprungen und starrte Rouven fassungslos an. „Hab ich das eben richtig verstanden? Du hast mit Bene rumgemacht? Wann, was, wo, wie, wieso?“ Rouven warf den Kopf in den Nacken und stöhnte auf. Dann begann er zu erzählen. „Na, großartig. Schöne Scheiße, würde ich mal sagen.“ Rouven nickte und starrte die Wand an. „Erzähl mir mal was Neues.“ Mael schlug ihm schwer auf die Schulter. „Komm, beruhig dich mal. Es ist ja nicht alles deine Schuld. Benedikt würde nicht mitmachen, wenn es ihm nicht gefallen würde.“ Rouvens Kopf fuhr ruckartig herum und er starrte in Maels blasses Gesicht. „Meinst du?“ „Klar.“ Mael nickte eifrig. „Das sagst du doch auch selbst die ganze Zeit. Hast du etwa nicht dran geglaubt? Ich mein, hallo? Ist doch wohl klar, was ist.“ Rouvens Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. „Mag sein, aber er versteht es nicht. Das ist eben das Problem. Ich selbst hab’s auch eingesehen, oder nicht?“ Mael lachte. „Ja, und ich spüre jetzt noch den blauen Fleck, den du mir zugefügt hast, als ich gesagt hab, dass du eventuell schwul sein könntest.“ Schuldbewusst strich Rouven leicht über die Stelle an Maels Schulter. „Tut mir leid.“ „Da nicht für. Jedenfalls glaub ich, dass Benedikt jetzt einfach einen wirklichen Anstoß braucht. Und solange Rhia nicht checkt, was los ist, kannst du eh alles vergessen.“ Rhia. Sie war es, die Rouven davon zurückhielt, komplett auf Benedikt loszugehen. Seine Schwester. Er konnte seiner Schwester doch nicht den Freund ausspannen, nicht? Er lachte trocken auf. „Mael, du Genie, darauf wär ich ja nie gekommen.“ Demonstrativ sah er auf seine Uhr. „Sorry, ich muss jetzt wohl wirklich los, ich muss morgen wieder früher arbeiten.“ Mael nickte. „Ist er noch da?“ Rouven wusste, was er meinte, dennoch tat er ahnungslos: „Wer denn?“ „Schläft er bei ihr?“ Rouven zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht.“ Und ich will es auch nicht herausfinden, setzte er in Gedanken hinzu. Allein der Gedanke, Bene könnte mit Rhia schlafen, versetzte ihm einen Stich im Herzen. „Tun sie es denn?“ Mael musterte Rouven mit ausdrucksloser Miene. Rouven musste daran denken, wie er es erfahren hatte. Er war ins Zimmer seiner Schwester hereingestolpert. Früh am Morgen. Er musste sie dringend sprechen. Irgendeine unwichtige Sache, die ihm damals wichtig erschienen war. Und dann hatte er ihn gesehen. Mit Rhia. Nackt. Eng umschlungen. Solche Schmerzen. Rouven verzog das Gesicht. „Ja.“ Mael zog eine Augenbraue hoch. „Und Benedikt kriegt das hin?“ Er zuckte die Schultern. „Mir doch egal, was die so treiben.“ Obwohl das sicherlich das falsche Wort war. Mael nickte nur, sagte aber nichts, wofür Rouven ihm dankbar war. Er bog ein in die Straße, in der er wohnte. Es war mitten in der Nacht und alles lag still da. Rouven gähnte und dachte an den Zivildienst. In weniger als vier Stunden musste er schon wieder aufstehen, um pünktlich da zu sein. Großartig. Er sah nicht auf, als er das Tor zum Hauseingang öffnete und auch nicht, als er den Weg entlangging. Er schaute erst auf, als er eine sanfte Stimmte hörte, die ihn zaghaft begrüßte. „Benedikt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)