Iron von Jessa_ (Save my first and only love.) ================================================================================ The Only. --------- Iron Save my first and only love. Ich habe gelernt, wie man Fische – niedere Lebewesen – wieder zum Leben erweckt, wenn diese erst wenige Momente lang tot gewesen sind. Schon am Anfang meiner Ausbildung stand das auf dem Lehrplan. Noch bevor ich winzige Schrammen am menschlichen Körper behandeln durfte, habe ich bei den Tieren angefangen. Zuerst bei den Fischen. Fische waren sehr früh auf unserer Welt vorhanden, habe ich in Büchern gelesen. Noch vor den Vögeln hat es sie gegeben, denn einst hat unser Planet nur aus Wasser bestanden. Deswegen habe ich mit Fischen begonnen. Es viel mir leicht, diese Fähigkeit zu erlernen – es war nur ein bisschen Schweiß nötig. Nicht mal Blut und Tränen, obwohl ich viele Tränen vergossen habe, zu dieser Zeit. Wir haben die Fische aus dem Becken genommen und sie dort, an der Luft, sterben lassen. Ganz eilig, ohne zu zögern, musste ich meine Hände – die damals noch Kinderhände waren – auf die glitschige Haut dieses Lebewesens legen um sein Leben zu retten, dass wir ihm zuvor genommen hatten. Heute bin ich viel weiter. Mit mittelgroßer Anstrengung kann ich Herzen wieder zum Schlagen bringen, wenn ein paar Schläge ausgesetzt haben. Ich kann riesige Wunden heilen. Ich bin eine der begnadetsten Medicnins dieser Welt. Und doch fühle ich mich immer – immerimmerimmerwieder – total nutzlos. Vor nunmehr einem Monat habe ich versucht, Sasuke zu töten. Ich hab’s wirklich versucht, aber ich konnte es nicht. Er war – ist – mir wichtiger, als ich es je für möglich gehalten habe. Und ich werde ihn retten. Deswegen bin ich nun hier. Habe Naruto daheim gelassen. Denn für ihn werde ich Sasuke retten. Weil er es so lange für mich versucht hat, als ich noch klein und schwach war. Ab heute bin ich das nicht mehr. Statt meines Fliegengewichtes von nicht mehr als fünfzig Kilogramm bin ich nun ein Wesen, das knapp dreihundert Pfund auf die Waage bringt. Ich habe mich einer Operation unterzogen, die nur hier in Tetsu no Kuni – im Reich des Eisens – durchgeführt werden kann. Eisen. „Eisen.“ Ich flüstere dieses Wort, weil es ab dem heutigen Tag eine so unheimlich große Bedeutung in meinem Leben einnimmt. So groß. So viel. Eisen. Ich hebe meinen rechten Arm, balle die linke Hand zur Faust. Das ist großartig! Das ist Kraft! Ich spüre meine Knochen, die durch härtestes Titan ersetzt wurden. Mit einem Faustschlag konnte ich zuvor schon durch unmenschliche Kraft, die ich von Tsunade erlernt habe, Steine zersplittern und den Boden teilen. Aber nun. Nun kann ich die Erde zum Beben bringen. Ich müsste Sasuke nur mit einem Finger anstupsen und er wäre Matsche. Wenn ich die nötige Kraft hinein stecke, wäre er das ohne Zweifel. Ich öffne meine Augen und… bin überwältigt. Ich sehe. Ich glaube das erste Mal in meinem Leben zu sehen. Alles ist so viel klarer, irgendwie heller. Es ist unbeschreiblich. Jetzt weiß ich, was die Sharingan für die Uchiha bedeuten müssen. Doch… ich sehe besser. Meine künstlichen Augen – aus unzerstörbarem Material das nur in den drei Bergen dieses Dorfes geborgen werden kann – sind besser, als jedes Dojutsu je sein könnte. Ich schließe meine Augen wieder, lausche nur den Klängen, die zu meinen Ohren durchdringen. Ich höre das Piepsen der Geräte so deutlich, wie ich nie zuvor etwas gehört habe und frage mich augenblicklich, ob mein Trommelfell platzen wird, wenn ich das nächste Mal neben Naruto stehe und er schreit oder das nächste Mal Kakashis Jutsu der tausend Vögel hören werde. Aber nein. Ich werde nie gehörlos sein, niemals blind oder nicht bewegungsfähig sein, solange ich lebe. Ich weiß nicht genau, wie oder womit sie meine Ohren aufgebessert haben oder meine Nase, durch die ich nun so viel besser riechen kann – besser als Kiba, Akamaru und Kakashis Hunde zusammen. Doch es interessiert mich nicht. Hauptsache, all das, was sie in meinen Körper eingesetzt haben, funktioniert einwandfrei. Und das wird es. Sie haben es versprochen. Sie haben es mir geschworen und ich vertraue ihnen. Mir bleibt nichts anderes übrig, wenn ich meine Jungs retten will. Naruto. Sasuke und Kakashi. Wie ich sie liebe. Und ich werde dafür sorgen, dass sie sicher sind. Weil ich sie liebe. Auch wenn ich ein schwaches Mädchen war. Auch wenn ich es weiterhin sein sollte, werde ich in ein paar Minuten aufstehen und meinen Körper prüfen. Ich werde schneller sein, als es je ein Ninja mit Training sein könnte. In meinen Muskeln an den Beinen haben sie mit Kraftverstärker eingesetzt, die es mir erlauben, unheimlich schnell zu sein, weit zu springen und kräftig zu treten. Ich spüre das Eisen, spüre die kleinen Dinge, die sie mir eingebaut haben und fasse den Entschluss aufzustehen. Ich bin kräftig. Bin gesund. Stark. Und ich habe einen Plan. Das erste Mal auf diesen Füßen zu stehen, die nun mein gesamtes Gewicht tragen müssen, ist unglaublich. Sie knicken nicht weg, ich wackele nicht. Sie haben wohl auch dort irgendwas gemacht. Eisen in den Fußsohlen. Genau das war es. Ich sollte vorsichtig sein, wenn ich jemanden trete, den ich nicht ernsthaft verletzten will. Das muss ich ab jetzt immer. Vorsichtig sein, meine ich. Denn ich bin stärker, als ich je geglaubt habe zu sein. Und gefährlicher. In meinem Krankenzimmer ist ein Spiegel. Sie haben wohl geglaubt, ich wolle mich direkt sehen. Und dass will ich. Ich sehe nicht anders aus. Nicht viel. Vielleicht ein bisschen kräftiger, nur minimal. Ich bin ja nicht fetter geworden. Meine Knochen und die Dinge in meinem Körper wiegen nur mehr. Ich grinse. Alles was sie unter mein Gesicht gesetzt haben – die Dinge die mich besser sehen lassen, hören oder riechen – beeinträchtigen nicht meine Mimik. Ich bin unfehlbar. Sie haben aus mir eine Maschine im Körper eines Menschen gemacht. Und genau das war es, was ich wollte. Was ich will. Meine rosafarbenen Haare erscheinen nun fast lächerlich. Ich bin stärker als alle Ninja die ich kenne und habe solch eine Haarfarbe. Aber warum nicht. Ein wenig Menschlichkeit sollte ich bewahren, denn die Dinge in meinem Körper machen mich ohne Zweifel weniger menschlich. Sie haben mir Darm verkürzen müssen, damit Platz ist für einen Stützpunkt in meiner Magengegend, von der aus alles gesteuert wird. Es gibt nur einen Weg den zu zerstören – nur einen Weg mich zu töten. Und ich – und die Menschen die mich operiert und die mit mir geplant haben – wissen welchen. Nur wir. Kein anderer kann mich töten. Ich kann nicht verhungern, denn ich brauche keine Nahrung. Mein Körper arbeitet durch die Energie des Stützpunkts. Energie, die für Jahrtausende reichen würde, wenn meine Hülle – die um den Stützpunkt herum, meine Haut und alles andere natürliche an mir – so lange leben könnte. Ich muss nicht schlafen. Bis ich sterbe, werde ich nie wieder ruhen müssen. Ich bin eine Kampfmaschine mit einem Restballast an Gefühlen. De facto bin ich unbesiegbar. Dieses Wissen tut gut. Es macht mich noch stärker. Meine geöffneten, sehenden Augen visieren das Fenster und ich bewege mich auf Eisensohlen darauf zu. Niemand außer mir kann die Geräusche hören, die mein Körper nun von sich gibt, denn die kleinen, unheimlich starken Spielereien, sind nicht laut. Ich kann mich, trotz meines Gewichtes und den Dingen in mir, lautlos anschleichen. Lautlos fortbewegen. Selbst meinen Sprung aus dem siebten Stock – dem höchsten des Gebäudes – kann niemand hören. Ich blicke mich um. Sehe die Welt, als sei ich neugeboren. Ich höre. So unheimlich viel. Vögel. Den Wind. Alles was ich vorher nicht hören konnte. Die Stimmen der Menschen um mich herum klingen lauter in meinen Ohren. Aber es ist nicht unangenehm. All das zerläuft zu einem Gemisch aus Lauten, die ich mit der Einfachheit eines Fingerschnipsens oder eines Blinzeln filtern kann. Ich hebe meine Finger, schaue sie an, stelle nichts Neues an ihnen fest, weiß aber, dass sie mir winzige Sensoren eingebaut haben. Ich ziehe mein Shirt ein bisschen hoch, presse meine Finger um den Bauchnabel herum auf die Bauchdecke und weiß plötzlich, wo Sasuke ist. Es ist so kinderleicht. Ich bin der beste Chakrasensor den es gibt. Ich muss ein Chakra nur einmal gespürt haben und dann kann ich, durch diese winzige Berührung der Fingerspitzen gegen meinen Bauch, denjenigen finden. Ich laufe los, springe mit Leichtigkeit über Dächer, zerstöre nichts, da ich meine neue Kraft sofort einzuschätzen weiß. Sasuke ist vierundsiebzig Meilen entfernt und ich bin in nicht mehr als zweieinhalb Stunden auf High Speed unterwegs, während ein normaler Mensch in einem normalen Tempo einen Tagesmarsch ohne Pause und ohne jegliche Nachtruhe gebraucht hätte. Und dann sehe ich ihn auch schon. Er hat in den Stunden kaum seinen Standort geändert. Er hat geschlafen. Schläft immer noch. Denn ich bin lautlos. Ich hocke mich neben ihm auf der Erde nieder und berühre hautzart seine Schulter, wodurch er hochschreckt und mich anblickt. Er hält es nicht mal für nötig sich ganz aufzusetzen. Er hält mich für schwach. Äußerlich habe ich mich nicht verändert. Ich stehe auf, drehe ihm den Rücken zu und zeige ihm, dass ich mich nicht fürchte. Sie haben uns von Anfang an beigebracht, nie dem Gegner den Rücken zuzudrehen. Aber ich sehe mich nicht als Sasukes Gegner. Für ihn habe ich eine Operation durchgezogen, die länger gedauert hat, als je eine zuvor an einem menschlichen Wesen – an einem lebenden Wesen überhaupt. Ich habe mir meine Menschlichkeit nehmen lassen. Ich bin nicht Sasukes Gegner. Ich werde seine Erlöserin sein. Denn für sein Leben habe ich meines aufgegeben. „Itachi hat dich nich’ retten können“, sage ich und höre wie der Waldboden unter ihm knirscht, als er aufsteht. „Kakashi hat’s auch nich’ gekonnt.“ Seine Hände ballen sich zu Fäusten, das höre ich. Ich muss mich nicht umdrehen um zu merken, dass er näher kommt. „Naruto auch nich’.“ Ich wende mein Gesicht zu ihm und sehe ihn, wie ich ihn nie zuvor gesehen habe. Wäre ich nicht längst in ihn verliebt – würde ich ihn nicht längst sososehr lieben – würde ich es jetzt tun. Ich sehe, wer er ist. Ich sehe, wie unheimlich traurig er ist. Traurig, wütend und einsam. Ich muss ihn nach Hause bringen. „Deswegen werde ich dich retten.“ „Ich muss nicht gerettet werden“, sagt er und aktiviert seine Sharingan. Nutzlos. Er kann mich nicht damit bekämpfen. Ich bin immun gegen seine Augenkünste. Er kann mich keinen Schmerz der Welt zweiundsiebzig Stunden lang aussetzten. „Doch, nichts mehr als das.“ Meine Stimme hat sich nicht verändert. Sie ist immer noch dieselbe, obwohl ich nicht mehr dieselbe bin. Heute kommt der Tag, an dem ich Sasuke verletzten werde. Und gleichsam der Tag, an dem ich ihn nach Hause bringe. Ich gehe einen Schritt nach vorne. Einen kleinen, langsamen. Sasuke weiß noch nicht, dass ich anders bin. Das ich längst die Schwelle von Mensch zu Maschine überschritten habe. Das ich nicht mehr nutzlos bin. Und jetzt wird er es merken. Sasuke ist mit seinen Sharingan wohl der einzige Gegner der meine Bewegungen beobachten kann. Er kann sie nicht aufhalten, aber er kann mich sehen. Das jedoch, wird es nur noch schmerzhafter für ihn machen. Ich tauche hinter ihm wieder auf und greife nach seinem linken Arm. „Naruto wollte dir beide Beine brechen und beide Arme, wenn es nötig sein sollte, um dich nach Hause zu bringen. Er hat’s nicht getan. Lass mich hiermit anfangen, Sasuke-kun.“ Ich wispere nur in sein Ohr, bevor ich ihm mit der unmenschlichen Kraft, mit der ich ihn zuvor gehalten habe, den Arm umdrehe. Sein Schrei ist jellend in meine Ohren. Und dann das Knirschen seiner Zähne, bevor ich seinen rechten Arm greife. „Entschuldige, Sasuke-kun.“ Es tut mir Leid. Ja, aber er hat es nicht anders verdient und es wird keinen anderen Weg geben. Selbst Naruto hat im Alter von dreizehn Jahren festgestellt, dass wir ihn nur nach Hause bringen können, wenn er sich nicht wehren kann. Wir waren noch Kinder damals. Wir alle drei und heute sind wir ein paar Jahre älter und weil ich meine Jungs beschützen und retten will, muss ich das hier tun. Sasuke zweiter Schrei tut meinem Herzen weh. Sie haben nicht daran gedacht – wir haben nicht daran gedacht – es durch eines aus Stahl zu ersetzten. Ich glaube so etwas wäre nicht möglich gewesen. Aber ich habe auch geglaubt, dass was mit meinem Körper veranstaltet wurde, sei nicht möglich. Das war es. Ich bin. Sasuke fällt nach vorne in den Boden. Ich glaube, er ist für ein paar Sekunden bewusstlos, bevor er die Stirn hebt, die vor Dreck ganz dunkel ist. „Was… bist… du?“, höre ich seine gebrochene Stimme. „Ich bin deine Freundin“, flüstere ich und hocke mich hinunter, greife nach seinem rechten Bein und zerdrücke es, sodass es bricht, sodass er schreit. „Ich werd’ dich nach Hause bringen.“ „Nein“, stößt er hervor. Atmet schwer, wird bald sein Bewusstsein verlieren, glaube ich. „Wenn…dann… Töte mich…!“ „Ich weiß, dass du sterben willst“, flüstere ich in sein Ohr, weiß dass er lieber sterben würde, als nach Konoha zu gehen, um dort zu leben. „Denn Itachi ist für dich gestorben. Auf dieser Welt ist nichts mehr, was sich dir bietet, außer Rache an dem Dorf, das für euer Leiden verantwortlich ist. Aber Rache wird dich nicht glücklich machen. Sie nimmt dir die Menschlichkeit. Und das Ende dieses Dorfes wird dir die Möglichkeit nehmen, eine… Familie zu gründen und Itachis Träume zu erfüllen.“ Ich lehne mich vor, bis zu seinem Gesicht, hebe es mit meinen Fingern hauchzart an und küsse seine verdreckte Wange. „Du wirst leben und du wirst eine Zukunft haben. Schlaf nun und wenn du wach wirst… wirst du daheim sein.“ „Ich… hasse… dich…!“ „Ja.“ Ein trauriges, kehliges Lachen dringt aus meiner Kehle, als ich ihm das zweite Bein breche und er in einen tiefen Schlaf fällt. Ich würde weinen, wenn ich noch die Möglichkeit dazu hätte. Aber meine Augen produzieren keine Tränen mehr. Sasuke zu tragen ist kein Kunststück. Nicht für mich. Er ist nicht besonders schwer und ich kann ihn gut halten und bin immer noch unheimlich schnell. Ich brauche ein paar Stunden, bis ich vor den Toren Konohas stehe. Meine Heimat habe ich vor etwa einem Monat verlassen. Ich hatte eine Trainingsreise beantragt bei Tsunade. Wollte zu mir selber finden, waren meine Worte gewesen. Da wusste ich aber schon von meinem Vorhaben. Und ich habe mir auf meiner Reise ein neues Selbst erschaffen. Ich schaue über meine Schulter. Und ich habe jemanden mitgebracht. Das wird Naruto freuen. Ich gehe langsam vorwärts, überspringe die hohe Mauer, weil ich keine Lust auf eine Auseinandersetzung mit den Wachen habe, schließlich trage ich einen sehr verletzten Nukenin auf meinem Rücken. Der Weg zu Tsunades Büro ist nicht lang. Ich bin schnell dort, komme durch eines der großen Fenster herein und stehe hinter meiner Meisterin. „Hallo Tsunade-sama“, sage ich und lächle. „Ich habe jemanden mitgebracht.“ Sie wendet sich um und ich glaube sie sieht es. Sieht was ich bin. Sie ist eine begnadetere Medicnin als ich. Sie muss es sehen. Die kleinen Veränderungen meines Körpers. Die blassen Narben. Das andere Glänzen meiner Augen, die Härte unter meiner Haut. „Was hast du getan?“, höre ich sie flüstern und lächle. „Ich habe ihn mitgebracht. Seine Beine sind gebrochen und seine Arme. Er muss ins Krankenhaus.“ Ich behalte ihn auf meinem Rücken, obwohl ich ihn hätte auf dem Sofa ablegen können, aber das ist nicht nötig. Sein Gewicht belastet mich nicht. Seine Wärme tut gut. Ich will sie ein letztes Mal spüren, denn wenn er erwacht, werde ich nicht mehr hier sein. „Er will nicht hier sein“, erkläre ich ihr, streichle über Sasuke verwundetes Bein. „Ihr müsst auf ihn aufpassen – dass er nicht abhaut und dass er sich danach einlebt.“ Ich sehe Tsunade mit dem Kopf schütteln. „Was hast du getan?“, wiederholt sie. Ich weiß, dass sie meinen Körper mein. Mich. Mein Innerstes. „Ich bring ihn jetzt ins Krankenhaus“, weiche ich aus und wende mich zum Fenster ab. Drehe ihr Sasukes Rücken zu. Ihr, seinem Feind. Aber das ist nicht weiter schlimm. Auf meinem Rücken ist niemand verwundbar. Auch er nicht. Heilen kann ich immer noch. Retten kann ich jetzt auch. Beschützen wird mir dann nicht schwer fallen. „Danke, Tsunade. Für alles, okay? Die wertvollste Eigenschaft hast du mir gegeben, egal was je einer sagen wird.“ Und damit springe ich, sprinte zum Krankenhaus, hoch aufs Dach und dann die Treppe runter. Ich suche ein freies, Zimmer, lege Sasuke dort ab, weiß das Tsunade schon auf dem Weg hierher ist und weise eine Schwester an, niemanden rein zu lassen, bis die Hokage da ist. Und dann bin ich wieder fort, laufe durch das Dorf, halte vor Kakashis Wohnung und weiß, dass er fort ist. Auf Mission. Die Wohnung riecht nach ihm. Unweigerlich. Doch der Duft ist alt. Wird `ne lange Mission sein. Ich denke an das Eisen in meinen Knochen und an das Metall in meiner Hosentasche. Ich ziehe das winzige Glöckchen heraus, binde es an Kakashis Türknauf. Ich hätte ihm gerne gesagt, wie dankbar ich ihm dafür bin, dass er immer versucht hat, mich zu schützen. Das ich sein Mädchen gewesen bin. Das einzige Mädchen, das er je unterrichtet hat. Dem er je eine Chance gegeben hat. Ich hab sie genutzt. Ich bin stark geworden, auch wenn es auf einem Weg geschehen ist, denn er nicht gut heißen würde. Aber ich wollte ihn letztendlich auch nicht stolz machen. Ich wollte ihn nur retten. Wieder laufe ich. Sai hat ein kleines Apartment bezogen, seit es die Root-Einheit nicht mehr gibt. Yamatos ist direkt daneben. Sie sind nie meine Jungs geworden. Diesen Titel hielt ich stets für Kakashi, Naruto und Sasuke zurück. Aber sie sind meine Freunde geworden. Mein Team. Ich kenne sie gut. Gut genug um zu wissen, dass jeder von ihnen beiden einen Schlüssel unter der Fußmatte hat und ich höre und rieche, dass sie beide nicht daheim sind. Es ist Mittag. Vielleicht sind sie irgendwo essen oder auf Mission, aber dafür ist ihr Duft eigentlich noch zu penetrant. Zuerst gehe ich in die vier Wände von Sai und nehme ein besonders schönes Bild von der Wand, lege es auf den Tisch und suche mir einen Pinsel, den ich in Tusche tunke. „Ich liebe deine Bilder. Du bist großartig.“ Ich hänge das Bild wieder an die Wand, erinnere mich daran, dass die Titel Sai immer schwer gefallen sind und stelle fest, dass mein ausgewähltes mittlerweile eines der wenigen ist, die keinen Titel haben. Deswegen nehme ich den Pinsel noch einmal zur Hand und schreibe auf der winzigen Holzlatte unter dem Bild ein Wort. Menschlichkeit. In Yamatos Wohnung gibt es viel Holz. Das stimmt mich traurig. Traurig und nachdenklich. Holz ist natürlich. Es ist massiv, aber meiner Kraft, die aus solch unnatürlichen Dingen herrührt, ist es nicht gewachsen. Deswegen fällt es mir einfach, das Holz eines Stuhles in solch winzige Teile zu zerbrechen um auf dem Tisch zwei Worte zu legen. Tschüss, Taichoo Mehr nicht. Er wird es verstehen. Er war nie ein Meister der großen Worte, glaube ich, auch wenn er sich für Naruto, Sai und mich unheimliche Mühe gegeben hat. Er war mir ein guter zweiter Sensei. Und er hat einen Abschied nicht weniger verdient, als Kakashi und die anderen, denen ich auf Wiedersehen sage. Langsam wird es draußen dunkel. Deswegen entscheide ich mich, ein letztes Mal bei meinem Elternhaus vorbei zu schauen. Ich linse durch das Küchenfenster. Meine Mutter tischt das Abendbrot auf. Für mich ist mit gedeckt. Ich könnte ja jederzeit heimkommen. Ein letztes Mal würde ich das sogar gerne tun, aber ich lasse es bleiben. Ich kann nicht essen und nicht trinken, kann nicht schlafen. Ich habe dort nichts mehr zu suchen, aber ein stiller Beobachter möchte ich für eine Weile sein. Meine Mutter setzt sich neben meinen Vater an den Tisch. Er legt die Zeitung beiseite, in die er zuvor seine Nase gesteckt hat. Meine Eltern sind keine großartigen Ninja. Mein Vater ist Chunin. Er machte hauptsächlich Schreibkram. Meine Mutter hatte nie an der Prüfung teilgenommen. Sie hatte lieber als Genin Missionen ausgeführt. Baby sitten, in Läden aushelfen. Solche Sachen und dann hat sie aufgehört. Sie beide hatte eine Tochter mit rosa Haaren, grünen Augen, mit zarter Haut, riesiger Intelligenz und einem Fliegengewicht. Aber ab heute wird mein Platz am Tisch leer bleiben. Denn die Tochter dieser beiden Menschen ist keine Kampfmachine. Die Tochter der Harunos war ein Mädchen, das ein bisschen zu sehr geliebt hat, als gut für sie war. Doch ich bin froh, dass ich meine Eltern nicht alleine lasse. Sie haben neben mir – neben ihrer Tochter – noch drei weitere Töchter und einen Sohn. In unserem Haus war es nie leise. Mutter und Vater und meine Geschwister werden mich vermissen, aber sie werden einander haben und die Stillen Momente, in denen sie um mich trauern können, werden kaum die lauten Stunden überschatten können. Fast hätte ich Lee vergessen. Doch Lee kann ich gar nicht vergessen. Er wohnt mit seiner Familie neben uns. Für Zivilisten und weniger großartige Ninja gibt es in diesem Dorf nicht viele große Häuser. Die Lees jedoch haben immer ein großes Haus benötigt. Lee mitgerechnet haben sie schließlich neun Kinder und das nächste ist unterwegs. Ich kann Lee also nicht vergessen, denn im Grunde sitzt eines der Kinder der Lees immer auf der Treppe des Hauses. Ich kenne es kaum anders. Heute ist es der zweitjüngste. Ich weiß nicht mal seinen Namen, Lee – der selber Nummer zwei war – hat sich und seine Geschwister immer nummeriert, der Älteste war die Eins. „Hallo“, sage ich leise zu dem kleinen Kind und hocke mich hinunter. Der Junge ist nicht älter als vier oder fünf aber er ist gewiss alt genug um meine Nachricht zu überbringen. „Hallo“, nuschelt der kleine Sohn der Lees und wartet darauf, dass ich was sage. „Kannst du deinem Bruder was ausrichten?“ „Welchem?“, nuschelt er fragend. „Nummer zwei, ja? „Klaro.“ „Gut, sag ihm, dass er ein großartiger Ninja ist. Und dass nur sein hartes Training ihn so weit bringen konnte. Das ich ihn bewundere. Kannst du ihm das sagen, ja?“ „Mach ich“, versprach mir der Kleine, ich lächelte ihm zu und erhob mich, bevor ich von diesem Haus fort ging. Ino bleibt immer lange wach. Deswegen kann ich mir die Zeit nehmen, eine Blume für sie zu flücken. Von Ino habe ich immer viel über die Bedeutung der Blumen gelernt. Für dieses Wissen habe ich sie immer bewundert. Jetzt stellte ich fest, dass es schwierig ist, den Stängel der Calla – die allgemein die Bedeutung der Totenblume innehat – vorsichtig abzutrennen. Es gelingt mir erst bei der zweiten, mit der ich eilig zum Haus von Inos Familie laufe. Ich hangle mich zum Fenster hoch und schmeiße die weiße Blüte samt Stängel durch das auf Kipp stehende Fenster. Sich von der besten Freundin zu verabschieden war auf eine Weise schmerzhafter als alle Abschiede zuvor. Ino kennt mein Innerstes – nicht weil sie solch eine großartige Auffassungsgabe hatte wie Kakashi oder weil sie mich sososehr liebt wie meine Eltern, sondern weil ich mein Innerstes mit ihr geteilt habe. Weil ich nächtelang in diesem Zimmer saß und mit Ino geredet habe. Ich bin die erste gewesen, die von ihr und ihrer Liebe zu Choji erfahren hat. Damals, als Ino sich noch schämte in Choji verliebt zu sein. Sie sollte sich nicht schämen. Für nichts in der Welt. Denn Ino war wundervoll. Sie war schön und stark und irgendwann würde sie eine großartiges Clanoberhaupt werden und eine großartige Mutter für Chojis Kinder oder für die eines anderen Mannes. Davon bin ich überzeugt. „Byebye Ino“, flüstere ich und mache mich auf dem Weg zum Ramenstand. Jetzt müsste er da sein. Naruto hat einen richtigen Abschied verdient. Er hat viel mehr verdient als das. Zuallererst hat er als einziger die ganze Wahrheit verdient. Ich fange ihn am Ramenstand ab. Wahrscheinlich isst er schon seine dritte oder vierte Schüssel. Das sähe ihm ganz ähnlich. Er spürt mich. Er spürt mich sofort. Jedenfalls dreht er sich um und läuft mir entgegen. Sofort. Ohne zu zögern. Umarmt er mich. Mich – die Menschmaschine. Und er weiß es nicht. Und ich muss es ihm jetzt erzählen. Ich greife seine Hand, ganz vorsichtig. Naruto will ich nicht wehtun. Ich begreife, dass ich ihm vor meine Reise zum letzten Mal einen Klaps gegen den Hinterkopf gegeben habe. Heute könnte ich ihn mit solch einem Klaps ohne weiteres töten. Ihn den Helden. Den zukünftigen Hokage. Sasukes bester Freund. Mein bester Freund. „Können wir reden, Naruto?“, frage ich ihn, sehe sein Nicken, sehe wie er in seine Hosentasche greift, höre Münzen rappeln und sehe, wie Naruto sein Geld auf den Tresen des Stands legt, bevor wir – nicht mehr Hand in Hand – durch das Dorf gehen. Bis zur Akademie. Wo wir uns kennen gelernt haben. Ich will mich auf Narutos Schaukel setzten, aber ich weiß, dass sie mich nicht aushält, deswegen hocke ich mich daneben unter den Baum. Naruto neben mich. „Ich habe etwas Schlimmes getan“, gestehe ich und schaue ihn an. „Ich bin kein Mensch mehr, Naruto.“ Meine Menschlichkeit habe ich für Macht fort gegeben. Für Stärke. Und um die zu Schützen, die ich liebe. „Was meinst du, Sakura-chan?“ Seine Naivität ist süß. Hinata hat einen Glücksgriff gelandet. Er wird ein großartiger Mann für sie werden, weil er ein großartiger Junge ist. Das Glück das ihnen auf ewig gegeben sein soll, war einfach nicht bereit auf für Sasuke und mich die Pforten zu öffnen. Gemeinsam hätten wir nie glücklich werden können, obwohl ich ihn so sehr liebe. „Ich bin gegangen, um stark zu werden, Naruto.“ „Das ist doch großartig!“, sprach er aus und ich nickte. „Ja“, flüsterte ich. „Aber ich habe nicht trainiert. Ich habe zu bösen Mitteln gegriffen.“ „Böse Mittel – was… was meinst du?“ Narutos Augen glänzten immer so schön blau. Sie sind das weite Meer in dem einst die Fische gelebt haben, als diese Erde nur aus Wasser bestand. Narutos Augen waren schon immer eine Art nach Hause kommen für mich. Mein bester Freund. Mein Bester. „Du bist ein so beeindruckender Ninja, Naruto. Du hast so hart trainiert, hast dich hochgearbeitet vom Klassenclown zu einem Held, der unser Dorf gerettet hat. Ich jedoch bin immer, immer das kleine Mädchen geblieben. Das Mädchen, das an deiner Seite stand. Das Mädchen, das von Kakashi-Sensei beschützt wurde. Das Mädchen, das Sasuke hinterher getrauert hat und immer dich schickte, um ihn zu retten.“ Ich ziehe meine Beine an den Körper, fühle mich im Angesicht meiner Stärke so verletzlich. „Immer konnte ich nur zusehen und Menschen heilen. Halt – ich weiß was du sagen willst“, nehme ich vorweg, als ich sehe, wie sich Narutos Mund öffnet. „Ich weiß, dass es großartig ist, Menschen zu heilen. Das das ein ganz großes Ding ist. Das weiß ich. Aber ich wollte einmal in meinem Leben stark sein. Richtig stark. Stärker als ihr alle. Stärker als du. Damit ich Sasuke zurückholen kann. Und damit… damit ich euch retten kann. Euch beide und Kakashi.“ „Ich… ich versteh’ nicht, Sakura…“ „Ja, ich weiß. Ich weiß, Naruto.“ Ich stehe auf, beiße mir auf die Lippe und weiß, dass es an der Zeit ist, Naruto die Wahrheit zu offenbaren, nachdem ich einen Tag lang so mit meiner Kraft herumgespielt habe. Ich habe nur diese eine Nacht Zeit, Naruto die Dinge begreifbar zu machen. Ich zeige ihm, wie ich Bäume rausreiße, zeige ihm wie ich mit einem Finger Steine zersplittere, ich zeige ihm Dinge, mit denen ich niemandem wehtue, zeige ihm wie schnell ich bin, wie hoch ich springen kann… Dann erkläre ich ihm die Dinge, erkläre, was ich hab machen lassen und er hört mir zu, staunt und schüttelt den Kopf und als ich neben ihm sitze, greift er nach meinem Arm. Ich lasse es geschehen. „Das ist… das ist so…“ Er findet keine Worte. Das nehme ich ihm nicht übel. Für die Dinge, die ich hab machen lassen, gibt es keine Worte. „Ich habe Sasuke nach Hause gebracht“, sagte ich deswegen. „Ich habe ihm beide Beine gebrochen und die Arme. Er liegt im Krankenhaus.“ Narutos Augen weiten sich, aber er stürmt nicht los. Das macht es warm ums Herz, obwohl überall dort drum nur kaltes Eisen ist. Ich bin wichtiger als Sasuke. Einmal in meinem Leben bin ich das für Naruto. Sonst immer, waren wir gleichwichtig. Gleichauf. Heute bin ich Narutos größere Sorge. Und deswegen muss ich es zu Ende bringen. Ich sollte den Moment nicht zu lange auskosten. Nur ein bisschen… ein kleines bisschen möchte ich an seiner Schulter lehnen und mich umsorgen lassen. Von Narutos Augen und seiner Hand auf meinem Arm. „Ich werde heute Nacht gehen und nicht wieder kommen. Das ist ein Abschied, Naruto.“ Sein Griff um meinen Arm verfestigt sich. Aber er weiß, dass er gegen mich nicht ankommt. Ich weiß es. Jeder in unserer Situation würde es wissen. Sogar Sasuke hat es gewusst. Heute Mittag. Vor nun mehr vielen Stunden. „Ich lass dich nicht gehen. Wo willst du denn hin?“ „Fort, Naruto. Sterben. Ich bin nicht mehr Menschlich. Ich bin nur noch stark. Und…“, ich lehne meinen Kopf gegen seinen. „Ich habe meinen Sold erfüllt. Ich habe Sasuke zurückgebracht. Ich hab’ alles versucht um euch zu retten. Ich hab’ alles aufgegeben, weil ich es so sehr wollte.“ „Und du hast es geschafft! Du kannst bleiben, du hast es geschafft! Du kannst alles tun, was du nun willst, Sakura! Du kannst sogar Hokage werden! Mit Leichtigkeit!“ „Nein“, sage ich gedehnt und muss lachen. „Ein Hokage muss nicht nur stark sein. Er muss auch ganz viel hier haben.“ Ich tippe unter die Brust, da wo mein Herz noch schlägt. „Das hast du!“ Naruto springt auf und steht vor mir. Steht in seiner ganzen Größe vor mir. Ich will nicht aufstehen. Das hier wird kein Kampf sein. Naruto ist nicht mein Gegner. Er wird dieses Dorf leiten und Sasuke ein Leben, eine Zukunft ermöglichen, die mich nicht beinhaltet. „Du liebst Sasuke!“, sagt Naruto mit Nachdruck. „Du liebst ihn so sehr und du hast ihn zurück gebracht. Du und Sasuke… ihr… seid doch füreinander geschaffen. Das hast du immer gesagt! Irgendwann wird er dich lieben und wenn ich das in ihn hinein prügel!“ „Naruto“, flüstere ich und erhebe mich doch, nur um ihn in den Arm zu schließen. „Naruto. Ich liebe ihn. Aber ich kann ihm nichts mehr schenken, außer dass was ich ihm gegeben habe. Ich habe ihm ein Leben geschenkt, Naruto. Dort draußen, dort draußen wäre er irgendwann verreckt. Ich habe ihn nach Hause geholt und seine Zukunft muss er ohne mich bestreiten.“ Ich schlinge meine Arme enger um Naruto, passe aber mit aller Sorgfalt auf, ihn nicht zu verletzten. „Ich kann ihm keine Zukunft schenken“, gestehe ich. „Ich kann nicht mehr essen, trinken oder schlafen oder Dinge machen die normale Menschen eben machen. Ich kann keine Kinder mehr kriegen, Naruto.“ Jetzt weiß er es. Ich weiß es. Ich hab’s ausgesprochen. Ich bin mit vier Geschwistern aufgewachsen. Mit vielen Tanten und Onkel und vielen Freunden. Ich war nie einsam. Und ich habe mir eine riesige Familie gewünscht. Mindestens sechs Kinder. Sechs kleine Uchiha-Erben. Ich hab mich schon so darauf gefreut. Stattdessen bin ich siebzehn, siebzehn Jahre und eine Kampfmaschine und jeden folgenden Tag werde ich ein Stück Menschlichkeit verlieren. Mit jedem Essen das ich nicht esse, jeder Toilette an der ich vorbeigehe, jede Nacht in der ich nicht schlafe, jedes Glas Wasser das ich ignoriere und mit jedem Jahr in dem ich kein Kind von Sasuke gebären kann. Irgendwann – in der Zukunft. Mit all diesen Dingen würde ich Tag für Tag ein Stückchen mehr sterben. Aber so… ich habe Sasuke gerettet und somit auch Naruto und Kakashi und gegenseitig werden sie sich nun selber retten, weil es jetzt einfacher geworden ist. Deswegen beende ich es so. Beende ich es selber, bevor die Dinge mich dahinraffen können. Ich küsse Naruto auf die Wange und löse meine Umarmung. Wie ein Windhauch werden ihn meine Worte erreichen. Meine Worte davon, wie sehr ich ihn liebe – meinen großen Bruder, meinen besten Freund, den Größten unter all denen, die ich je habe kennen lernen dürfen. Er wird mir nicht hinterherkommen. Kann es gar nicht, denn mein Chakra ist für niemanden mehr spürbar. Meine Spur verloren hat er schon, als meine Worte ihn erreichten. Er wird nach Hause gehen und vielleicht wird er sogar ein bisschen weinen. Um Jiraiya hat er damals geweint. Und er war so unheimlich wütend gewesen. Ich schließe die Augen und gehe langsamen Schrittes meinen Weg. Naruto wird der beste Hokage der Geschichte werden, ich wünsche ihm nur das Größte und Tollste, Glänzenste und Wertvollste dieser Welt. Ich wünsche ihm, dass ihm alles gelingt, was er anpackt. Dasselbe wünsche ich ab dem heutigen Tag Sasuke. Ich lege meine Hand auf die Fensterscheibe des Krankenhauses. Es war eine Leichtigkeit hier hoch zu kommen und mich festzuhalten. Nur ein bisschen Chakra und die Kontrolle über meinen Körper. Kakashi hatte immer gesagt, ich sei wie geschaffen für Gen-Jutsu. Er hat mich immer gelobt, meine Intelligenz und Chakrakontrolle voraus. Heute wäre er nicht mehr stolz auf mich, heute würde er mich nicht mehr loben, denn ich habe mich von ihnen allen verabschieden und werde mich in die endlose Stille flüchten. Doch… eines möchte ich davor tun. Sasuke eine Weile lang ansehen. Unter den weißen Lacken, die sie über seinen Körper geschlungen haben, sieht seine Haut noch blasser aus, obwohl die Wangen ungesund gerötet sind. Fieber sucht seinen Körper wohl heim. Aber das Fieber wird ihn gesund machen. Durch es wird gezeigt, dass sein Körper arbeitet, die Schmerzen verarbeitet. Ansonsten jedoch sieht er nicht angestrengt aus, sondern entspannt. Er ist zuhause. Hier wird ihm niemand etwas antun, auch wenn er das vielleicht noch nicht wirklich weiß. Hier wird er sicher sein. Und wenn er will, wird er hier seine neue Familie gründen. Ich würde es ihm auf jeden Fall wünschen. „Ich liebe dich“, flüstere ich und presse meine Handfläche fester gegen das Holz der Scheibe. Obwohl ich ihn nicht berühre, ist dieser Mann derjenige, der mich am meisten berührt. Mit einem Wisch lasse ich meine Hand von der Fensterscheibe sinken und wende mich ab. Im freien Fall nach unten, in die Dunkelheit, flüstere ich ein Sayonara zu Sasuke, der ersten und einzigen Liebe meines Lebens. Meine Schritte tragen mich in den Wald, vorbei ein Flüssen und Bächen, vorbei an alten Hütten und Lichtungen. In wenigen Stunden bin ich an dem Ort an dem Itachi und Sasuke vor wenigen Wochen gekämpft haben. Hier möchte ich sterben. Es scheint mir ein guter Ort. „Ich hab ihn gerettet“, flüstere ich, als ich mich auf den Boden an der hohen Steinmauer niederlege. „Und ich bin unheimlich stolz auf mich“, gebe ich vor Sasukes großem Bruder zu. Vielleicht wartet er irgendwo an der Schwelle auf mich, weiß, dass ich weiß, dass nicht er, sondern Konoha Schuld an seinem und Sasukes Leiden war. Vielleicht hält er mir sogar schon die Hand entgegen, denn im Tod werde ich keine unnatürlich starke Kampfmaschine mehr sein. Im Tod bin ich wieder Sakura Haruno und wenn es geht möchte ich dorthin, wo ich mit Itachi Uchiha auf meine Lieben, meine Familie, meine Freunde, auf Kakashi-Sensei, auf Naruto und auf Sasuke warten kann. Das wäre wirklich großartig, denke ich, als ich meinen Kunai in die linke Hand nehme und mein rechtes Handgelenk vor Augen halte. Dort, zwischen meinen Adern liegt ein Punkt, denn ich treffen muss, um zu sterben. Treffe ich nicht diesen Punkt, wird mein Blutverlust sofort – durch Maschinen in meinem Inneren – gestoppt. Das will ich verhindern. Ein Abschied ist schwer genug. Ich will keine zwei. Deswegen steche ich zu, genau auf den einen, unsichtbaren Punkt, denn es zu treffen gilt. Ich weiß, dass ich ihn getroffen habe, noch ein paar Sekunden habe ich zu leben, dann ist es vorbei. Ich denke Kakashi-Sensei, Naruto und letztendlich an Sasuke, die drei Menschen, die ich am meisten liebe. Ich rufe mir ihre Gesichter vor Augen und wünsche ihnen nur das Beste dieser Welt, während ich mit einem Lächeln auf den Lippen meine Augen schließe. by Jessa_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)