Ikiteru ★ Escape von Black_Melody (Flucht) ================================================================================ Kapitel 1: Amháin ----------------- Keuchend lief der Blonde durch den Wald. Laut hörte er die Stimmen seiner Entführer hinter sich. Wochen hatte er nur auf eine Fluchtmöglichkeit gewartet und jetzt würde er sich sicherlich nicht so schnell wieder einfangen lassen. Vor allen Dingen würden sie ihm nur noch mehr Schmerzen zufügen, als sie es schon getan hatten. Erschrocken stolperte er weiter, als eine Kugel in einen Baum keine zwei Schritte neben ihm einschlug. Seine Kondition war am Ende, dieser Wald war ihm völlig unbekannt und sein Knöchel, mit dem er vorhin umgeknickt war, begann zu schmerzen. Lange würde er nicht mehr durchhalten. Schlitternd kam er zum Stehen. Eine Schlucht. Mist! Aber nur ein kleines Stück weiter war da unten eine Straße. Direkt neben ihm traf eine Kugel auf die Felsen. Kurz entschlossen schloß er die Augen und ließ sich den Hang hinunterrollen. Unten rappelte er sich sofort wieder auf und rannte zwischen die schützenden Bäume, wo er einen Moment stehenblieb. Bis zur Straße konnte es nicht mehr weit sein. Vorsichtig sah er zu dem Hang auf. Dort standen seine Verfolger und berieten sich. Schnell drehte er sich um und rannte weiter. Erst als er auf die Straße lief, fühlte er sich halbwegs sicher und sackte erschöpft zusammen. Das Auto, das ihn fast angefahren hätte, bemerkte er erst, als die Stoßstange seinen Arm berührte. Der Fahrer hatte also rechtzeitig bremsen können. Zischend atmend sah er zurück in das Waldstück, aus dem er gekommen war. Seine Verfolger standen hinter ein paar Sträuchern und sahen ihn an, bevor sie umkehrten. Sanft wurde er an den Schultern gepackt und sah verwirrt den anderen Blonden an. Dieser musterte ihn besorgt. "Geht's dir gut? Kannst du aufstehen?" Erschöpft nickte er seinem Gegenüber zu und versuchte, sich sicher hinzustellen. Sein rechter Fuß knickte weg und der andere fing ihn gerade noch rechtzeitig auf. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der andere größer war, als er selbst. "Was mach ich denn jetzt?", murmelte der Fremde und sah sich um. "Krankenhaus? Polizei?" "Nein!", keuchte der Kleinere. "Dann nicht ins Krankenhaus und nicht zur Polizei. Hierlassen kommt auch nicht in Frage. Dann eben erstmal mit zu mir." Leicht verfrachtete er den Kleineren auf den Beifahrersitz und setzte sich hinter das Steuer. Nachdenklich betrachtete er den anderen. Er zitterte noch immer und saß mit geschlossenen Augen da. Seine Haare waren durcheinander, seine Arme und sein Hals, soweit das T-Shirt den Blick darauf freigab, von blauen Flecken, Blutergüssen und Schrammen übersäht. Irgendetwas Furchtbares musste ihm passiert sein. Trotzdem war er auf eine eigene Weise hübsch. "Wie heißt du?", fragte er den Kleineren ruhig. "Ayame", murmelte dieser. "Und du?" "Kouki." Schweigend fuhren sie die Landstraße entlang. Ayames Atmung wurde langsam ruhiger. Er war entkommen, nach fast vier Wochen der Schmerzen und Demütigungen war ihm die Flucht gelungen. Und dieser Kouki wirkte halbwegs vertrauenswürdig, zumindest sah er nicht wie ein Schläger oder Vergewaltiger aus. Ayame schluckte, als die Erinnerungen auf ihn einstürmten. "Wir sind da", sprach Kouki ihn leise an. Langsam schlug er die Augen auf und sah sich um. Ein Vorort einer Großstadt. Ein Vorort von Tokio? Sie standen vor einem kleinen Haus mir Vorgarten. Kouki war in der Zwischenzeit ausgestiegen und half ihm aus dem Auto. Er trug den Kleineren fast zur Tür und half ihm in das Wohnzimmer. Erst jetzt bemerkte er, dass dieser keine Schuhe trug. Schnell ging er in den Flur, zog Schuhe und Jacke aus und setzte sich neben den Kleineren aufs Sofa. "Möchtest du etwas essen oder trinken? Oder duschen?" Der andere schüttelte einfach nur den Kopf. "Okay... Verrätst du mir, wie alt du bist." "22, und du?" "27. Was ist mit dir passiert?", fragte er besorgt weiter. Ayame schluckte. Es war klar gewesen, dass er nachfragen würde. "Bitte... Zwing mich nicht darüber zu reden..." Eine Träne lief über seine Wange. Sanft strich Kouki diese Weg und nahm den Jüngeren in den Arm. "Ich werde dich nicht dazu zwingen... Es wäre nur schön, wenn du mit mir darüber reden würdest." Nachdenklich strich er über Ayames Arm. "Was hältst du davon, wenn ich dich jetzt in die Wanne stecke und dir danach einen Stützverband verpasse?" Schwach nickte der Jüngere. Nach so vielen Wochen ohne Dusche oder Bad musste er ziemlich verwahrlost aussehen und sein Knöchel tat mittlerweile wirklich höllisch weh. Langsam rappelte er sich auf und ließ sich von Kouki ins Bad helfen. "Halt dich an der Wand fest, ich helfe dir beim Ausziehen." Schweigend ließ Ayame es geschehen, bis er nur noch in Boxershorts dastand. Schockiert betrachtete Kouki den schlanken Körper vor ihm. Ja, Ayame war nicht nur hübsch sondern hatte auch eine sehr gute Figur. Nur war er wirklich misshandelt worden. Sein ganzer Körper war von Blutergüssen, Hämatomen und Schrammen überzogen. "Deine Shorts kannst du selber ausziehen, Wasser ist inzwischen eingelaufen, frische Sachen hole ich dir gleich. Hier kannst du dich bedienen." Rasch ging er in sein Schlafzimmer, holte eine Jogginghose, Boxershorts und ein T-Shirt und legte es dem Jüngeren hin. "Wenn etwas ist, kannst du mich rufen", sagte er noch und ging dann in die Küche, wo er Kaffee aufsetzte. Was war Ayame nur zugestoßen? Er wirkte irgendwie traumatisiert, und so, wie er aussah, hatte er viel Grausames erlebt. Innerlich stellte Kouki sich darauf ein, mindestens die nächsten zwei Wochen mit Ayame unter einem Dach zu leben. Hoffentlich würde er ihm bald das Erlebte anvertrauen. Seufzend setzte er sich mit einer Tasse Kaffee an den Küchentisch und dachte nach. Langsam ließ Ayame sich in das warme Wasser gleiten. Himmel, tat das seinen völlig verkrampften Muskeln gut. Entspannt schloss er die Augen und genoss das knisternde Geräusch des Badeschaums. Wie gut wäre es jetzt, sein Tagebuch hier zu haben. Auch wenn viele es als lächerlich bezeichneten, dass er Tagebuch schrieb, es tat gut, einfach alles von der Seele zu bekommen. Warum konnte er sich nicht einfach irgendjemand anderem anvertrauen? Seufzend kletterte er nach einer Weile aus der Wanne, trocknete sich ab und zog sich an. Schnell bürstete er sich noch die Haare und humpelte dann aus dem Bad. "Verdammt!", fluchte er leise vor sich hin, als er wieder wegknickte und sich nur dank der Wand auf den Beinen halten konnte. Erschrocken fuhr er zusammen, als sich zwei Arme um seinen Körper legten. "Ganz ruhig, Ayame, ich will dir nur helfen." Kouki war die Reaktion des Kleineren natürlich nicht entgangen. Vorsichtig hob er ihn hoch, trug ihn in die Küche und setzte ihn dort auf einem Stuhl ab. Schnell holte er einen Stützverband aus dem Bad und kniete sich vor dem Jüngeren hin. Zögernd tastete er dessen Knöchel ab. Mehrmals zuckte Ayame zusammen. Sanft verband Kouki ihn und richtete sich dann so weit auf, dass er Ayame direkt in die Augen sehen konnte. Nachdenklich betrachtete er den anderen. "Willst du mir nicht erzählen, was vorgefallen ist?, fragte er sanft nach. "Gib mir bitte Zeit", flüsterte Ayame. "Hast du Hunger oder Durst?" Der Kleinere schüttelte den Kopf. "Ich bin einfach nur müde." "In Ordnung." Vorsichtig hob Kouki den anderen hoch und trug ihn ins Schlafzimmer, wo er ihn aufs Bett legte. "Ich stelle dir gleich noch ein Glas Wasser hin. Mach's dir gemütlich." Als er mit dem Wasser zurückkam, schlief der Kleinere schon. Wie niedlich konnte ein Mensch denn sein? Seufzend setzte Kouki sich auf die Bettkannte und betrachtete den Schlafenden. Schwul hin oder her, Ayame würde jeder, der noch halb bei Verstand war, als hübsch betiteln. Und zumindest fast jeder würde Schwierigkeiten haben, der Versuchung, ihn zu küssen, zu widerstehen. In Gedanken rief Kouki sich selbst zur Ordnung. Man küsste einfach keine schlafenden, traumatisierten Männer. Schade aber auch. Leise ging er ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein, aber hätte ihn jemand gefragt, welcher Film lief, hätte er keine Antwort geben können. Seufzend schloss er die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Ayame wirbelte sein Leben gewaltig durcheinander. Er hatte ihn doch erst vor nichteinmal vier Stunden gefunden. Ihm war klar, dass er auf dem Besten weg war, sich in den Jüngeren zu verlieben. Das durfte eigentlich nicht sein. Was wusste er denn schon über ihn? Viel zu wenig. Ein heiserer, kurzer Schrei ließ ihn zusammenzucken. Danach stürzte er ins Schlafzimmer. Zusammengekauert und zitternd saß Ayame im Bett, den Kopf auf die Knie gelegt und die Arme um seinen Körper geschlungen. Dre Ältere setzte sich neben ihn und berührte ihn nur ganz leicht an der Schulter. Schon diese leichte Berührung ließ ihn erschrocken zurückzucken. "Sht... Keine Angst." Zärtlich zog Kouki den Jüngeren in seine Arme. Dieser klammerte sich panisch an ihn. Eine Weile saßen sie einfach nur so da und das Zittern Ayames wurde immer weniger. "Kouki?", fragte er den Größeren nach einer Zeit. "Ja?" "Willst du wirklich wissen, was passiert ist?" "Ja. Und wenn es dir auch hilft, wenn du darüber redest, ist es das wert." Ayame schluckte, bevor er anfing zu erzählen... Kapitel 2: Dhá -------------- Ich dachte mir, es wäre mal wieder Zeit für ein neues Kapitel. Und meine Deutschlehrerin wollte etwas lesen, was Mizuki oder ich geschrieben haben. Nur sind meine handschriftlichen Originale nicht das Beste, und ich habe keine Lust, alles nochmal durchzugehen. Besonders, da ich zwei auf gar keinen Fall rausrücken werde, da die nur mit adults getränkt sind. *hust* Nun gut.. Ganz liebe Grüße an Frau Hanisch, und äh, ja, wenn es interessiert, kann ich gern ENS verteilen, wenn es weitergeht. ;D Und jetzt viel Spaß mit dem zweiten Kapitel. (btw, 'dhá' ist das irische Wort für zwei. ;D) _________________________________________________________________________________ "Vor gut vier Wochen war ich mit ein paar Kumpels unterwegs auf Sauftour. Wir wollten einfach mal wieder Spaß haben, aber irgendwie war mir nicht nach Alkohol, also war ich relativ nüchtern. In unserer Lieblingsbar wurde ich von diesen... widerlichen Typen angegraben. Vielleicht eine halbe Stunde später bin ich mit meinem besten Freund gegangen, allerdings mussten wir bald in unterschiedliche Richtungen. Er hatte mir noch angeboten, mich nach Hause zu bringen, aber er sollte sich lieber ausruhen und deshalb bin ich allein weitergegangen. Vielleicht zwei Straßen weiter habe ich nur noch einen Schlag gespürt, danach ist erstmal alles weg. Das nächste, an das ich mich erinnern kann, ist diese Waldhütte. Diese Typen aus der Bar waren da und berieten sich, was sie mit mir machen sollten. Ich zerrte an den Seilen, mit denen sie mich an die Heizung gekettet hatten. Sie sahen mich an und fingen einfach nur an, zu lachen. Der eine kam auf mich zu und sah mich nur an. Ich weiß nicht, was ich gefühlt habe, aber er verpasste mir eine Ohrfeige. Irgendwie reichte ihm das nicht, er ließ sich einen Gürtel geben und schlug damit auf mich ein. Je mehr ich kämpfte, desto mehr Spaß machte es ihm offenbar. Nach Minuten gab ich auf, meine Handgelenke waren blutig und ich bekam kaum noch Luft. Der Typ hatte aber Spaß daran, mich zu quälen. Er schob einfach mein T-Shirt hoch und drückte meine Brust zusammen. Ich schnappte nach Luft, ich war total in Panik. Danach spürte ich nur seine Lippen auf meinem Bauch. Als ich begriff, was er vorhatte, kehrte mein Kampfgeist zurück und ich wehrte mich, so gut ich konnte, aber seine Kumpels halfen ihm, mich festzuhalten. Und dann..." Seine Stimme erstickte und Tränen liefen über seine Wangen. Beruhigend strich Kouki ihm über den Rücken. "Sie haben dich vergewaltigt. War das das einzige Mal?" Ayame schüttelte den Kopf. "Irgendwann hatte ich mich nur daran gewöhnt und ihnen nicht mehr den Gefallen getan, mich zu wehren." "Diese gottverdammten Arschlöcher", knurrte der Ältere leise. "Wie oft?" "Ich weiß es nicht. Manchmal drei oder vier Mal am Tag, manchmal noch öfter. Vielleicht insgesamt um die 100 mal." Kouki atmete zischend aus. So oft in so kurzer Zeit. "Heute hatte ich dann eine Chance, abzuhauen, weil sie nur kurz Feuerholz suchen wollten und vergessen hatten, mich anzubinden." "Und sie verfolgten dich. Deshalb warst du so panisch." Der Kleinere nickte. Kouki zog ihn näher an sich und hielt den zierlichen Körper einfach nur fest. Er schäumte vor Wut, wollte es dem anderen aber auf keinen Fall zeigen. Welche Menschen konnten einen anderen, noch dazu Wehrlosen, so quälen? Wie schlecht konnten Menschen denn bitte sein? Aber was sollte er jetzt tun? Was konnte er tun? Zur Polizei gehen kam nicht in Frage. Erstens wusste Ayame scheinbar nichts über seine Peiniger und zweitens müsste er alles haarklein nocheinmal erzählen. Wer könnte denn helfen? In Gedanken suchte der Größere nach Personen, die ihn unterstützen könnten. "Was kann ich tun?", fragte er den Jüngeren nach einer Weile flüsternd. "Nicht viel. Würdest du mich nur einfach noch länger so halten?" "Ja." 'Liebend gern', fügte er noch in Gedanken hinzu. Ayame fühlte die Wärme durch seinen Körper fluten. Es tat gut, dem anderen so nahe zu sein. Dessen ruhiger Herzschlag war einfach nur die Bestätigung dieses Gefühls der Sicherheit. Langsam wurde er ruhiger und döste vor sich hin. Wie war es möglich, einem Menschen schon nach so kurzer Zeit so sehr zu vertrauen? Und es war nicht nur Vertrauen, er empfand auch ehrliche Zuneigung für den Älteren. Das könnte unter Umständen kein gutes Ende nehmen. Schon scheiße, wenn man auf Männer stand und die Gefühle nach Wochen der Qualen verrückt spielten. Aber er mochte den anderen wirklich sehr. Erstmal abwarten. Langsam glitt er mit diesem Gedanken in einen ruhigen Schlaf. Kouki bemerkte, wie der Kleinere langsam einschlief und legte sich vorsichtig mit ihm im Arm hin. Er sah aus wie ein Engel, wenn er so friedlich schlief. Wieder rief er sich selbst zur Ordnung. Er durfte sich einfach nicht in das engelsgleiche Wesen in seinen Armen verlieben. Trotzdem war der Gedanke, ihn zu verlieren, jetzt schon unerträglich. Das würde eine verdammt lange Nacht werden. Nachdenklich betrachtete er den Schlafenden. Warum durfte er sich denn nicht einfach in ihn verlieben? Sie waren beide erwachsen, dass sie beide Männer waren, würde niemanden weiter stören, immerhin war allgemein bekannt, dass Frauen ihn nicht interessierten. Das größte Problem war wohl, dass er nicht wusste, wie es mit Ayame aussah. Aber wenn er auch nur ein kleines bisschen auf Männer stand, wäre es sicherlich möglich, ihn zu erobern. Von sich selbst genervt sah Kouki zur Decke. Seit dem Treffen an diesem Nachmittag beherrschte der Kleinere seine Gedanken. Und auch, wenn es ihm nicht passte, er war dabei, sich in ihn zu verlieben. Zärtlich strich er dem Jüngeren durch die Haare. Warum versuchte er eigentlich, die aufkeimende Gefühle von Anfang an zu ersticken? Konnte er es nicht einfach genießen, mal wieder verliebt zu sein? Schon viel zu lange hatten keine Gefühle für irgendjemanden entstehen wollen, zumindest keine Liebe oder Verliebtheit. Zeitweise hatte er sich deshalb schon fast tot gefühlt. Aber was, wenn er den Kleineren nicht für sich gewinnen könnte? Liebe hatte immer zwei Seiten, aber auch Liebeskummer könnte helfen, sich wieder lebendig zu fühlen. Der Morgen kam viel zu früh. Wie erwartet hatte Kouki nicht schlafen können. Seine Gefühle beschäftigten ihn einfach zu sehr. Warum konnte so etwas nie einfach sein? Er war zu keinem wirklichen Entschluss gekommen. Er würde einfach alles auf sich zukommen lassen. Ayame bewegte sich leicht in seinen Armen. "Guten Morgen", flüsterte Kouki ihm zu. "Morgen", nuschelte er im Halbschlaf zurück. "Ayame, was hältst du von aufstehen?" "Gar nichts." "Morgenmuffel!", lachte der Ältere. "Ich weiß." Verschlafen kuschelte er sich an sein Kopfkissen. Er war immer noch erschöpft. In den letzten Wochen hatte er nie einfach entspannt schlafen können, er hatte immer auf sich selbst aufpassen müssen, aber jetzt, wo er völlig sicher war, konnte er einfach nur richtig ausschlafen. "Komm, Kleiner, aufstehen. Heute Abend kannst du weiter schlafen." Grummelnd richtete er sich auf und ließ Kouki aufstehen. Verschlafen wollte er aus dem Bett klettern, schrie aber erschrocken auf, als er wegknickte und Kouki ihn wieder auffing. "Ich glaube, du lässt dich lieber die nächsten Tage noch von mir durch die Gegend tragen", hörte er die leise Stimme des anderen an seinem Ohr. Ein warmer Schauer lief über seinen Rücken. Benommen nahm er wahr, dass er hochgehoben und ins Wohnzimmer getragen wurde. Nachdem sie gemeinsam gefrühstückt hatten, schaltete Kouki den Fernseher ein und setzte sich zu Ayame. Dieser lehnte sich schüchtern an den Älteren. Beruhigend, dass er nicht abgewiesen wurde. Im Gegensatz zum Erwarteten legte Kouki sogar seine Arme um ihn. "Kouki?", fragte er in die zwischen ihnen herrschende Stille. "Was ist los?" "Kann ich dir vertrauen?", rückte er mit der momentan wichtigsten Frage heraus. "Was sagt dir dein Herz dazu? Was sagt dein Instinkt?", bekam er ruhig zurück. "Mein Herz hat nichts zu sagen. Und mein Instinkt rät mir, allen Menschen zu misstrauen." "Wieso hat dein Herz nichts zu sagen?" "Meine Gefühle haben mir zu oft Falsches gesagt." Er seufzte, als er sich schmerzhaft an seine letzte Beziehung erinnerte. Dieses verdammte... Er hatte auf sein Herz gehört, hatte blind vertraut und war schrecklich ausgenutzt worden. "Deine Ex", schlussfolgerte Kouki. Ayame musste lachen. "Nicht ganz", gluckste er. "Das heißt?" "Ich mag Frauen, aber ich kann nur bei Männern mehr als Freundschaft fühlen. Im Klartext: Ich bin schwul." Abwartend legte Kouki den Kopf schief und betrachtete das Gesicht des Jüngeren. Er war zwar immer noch amüsiert, aber er scherzte anscheinend nicht. "Oh." Intelligente Bemerkung, Kouki. Toll. "Überrascht?", fragte Ayame frech grinsend. "Ja. Oder nein? Keine Ahnung." Noch mehr intelligente Aussagen. Das wurde ja immer besser. "Wenn das ein Problem sein sollte,..." "Ayame, bleib ruhig. Das ist kein Problem, ich stehe ja selbst auf Männer. Und eigentlich würde ich gern etwas ausprobieren." Sanft strich er dem Jüngeren über die Wange und legte seine Hand in dessen Nacken. Langsam zog er dessen Gesicht zu seinem. Ayame war mit der Situation ein wenig überfordert. Erstens lebte er seit gestern bei seinem Retter. Zweitens sah dieser gut aus und machte einen vertrauenswürdigen Eindruck. Und drittens war dieser auch schwul und würde ihn gleich küssen. Erwartungsvoll schloss er die Augen. Ein Schauer lief durch seinen Körper, als er die fremden Lippen auf seinen spürte. Ein leises Seufzen entkam ihm. Leicht zog er Kouki näher zu sich und schob dessen Shirt ein Stück nach oben. Seine Haut war so warm und seidig... Kouki rutschte mit Ayame auf dem Schoß ein Stück vor, legte sich dann hin und zog den Kleineren mit sich. Schweratmend löste Ayame den Kuss, entfernte sich aber nicht weit von ihm. Er schmeckte den Atem des anderen auf seinen Lippen. "Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee wäre, weiter zu gehen", flüsterte Kouki sanft. "Noch nicht." "Wahrscheinlich hast du Recht", murmelte Ayame zurück und bettete seinen Kopf auf Koukis Brust. "Und selbst wenn nicht, ich habe es nicht eilig. Wir haben Zeit." Sanft streichelte er den Kleineren. Stumm lagen sie einfach nur da und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Das Telefon riss Kouki aus seinen Gedanken. Entnervt griff er nach dem lauten Ding. "Moshi moshi?" "Hikaru desu. Hast du Zeit?" Verwundert zog er eine Augenbraue hoch. Hikaru klang verheult. Hikaru klang verheult?! "Habe ich Zeit?", fragte er scheinbar sich selbst. Zart schüttelte Ayame den Kopf. "Eigentlich nicht", antwortete er dem Gitarristen am anderen Ende der Leitung. Schnell stellte er das Telefon auf laut und kraulte Ayames Nacken. "Kouki, bitte. Es ist wichtig!" Mit fragendem Blick sah er zu dem kleinen Blonden, der nur leicht mit den Schultern zuckte. "Worum geht's denn?" "Minase. Ich mache mir Sorgen. Wir haben uns gestritten und er hat mir eine gescheuert. Bist du zuhause?" "Nein, ich laufe mit dem Haustelefon durch die Stadt. Natürlich bin ich zuhause! Aber ich kann gerade nicht vom Sofa aufstehen." "Kouki! Würdest du deinen Arsch bitte zur Tür schwingen? Ich stehe nämlich davor." Seufzend unterbrach Kouki die Verbindung. Murrend setzte Ayame sich wieder richtig hin. Der Ältere stand auf und ging zur Tür. Ein ziemlich verzweifelt aussehender Hikaru stand ihm gegenüber. "Komm rein. Ich hab Besuch, aber das ist jetzt gerade nicht so wichtig. Willst du was trinken?" Kouki war zwar irgendwie genervt, dass der niedliche Gitarrist ausgerechnet heute stören musste, aber er war wirklich verzweifelt. Da konnte man ihm doch gar nicht böse sein. "Kaffee bitte. Ins Wohnzimmer?" "Hm. Ich komm gleich nach." Als er ins Wohnzimmer kam, saßen Ayame und Hikaru sich schweigend gegenüber und musterten den jeweils anderen unauffällig. Oder versuchten es zumindest. "Seid nicht so misstrauisch, ihr seid euch gar nicht so unähnlich. Hikaru, Ayame und umgedreht. Also, Hikaru-chan, was ist passiert?" Ruhig setzte er sich neben Ayame und legte ihm einen Arm um die Schultern. Zufrieden kuschelte dieser sich an ihn. "Ich war bei Minase und er war betrunken. Ich habe ihn gebeten, sich helfen zu lassen, ich habe ihm gesagt, dass ich glaube, dass er krank ist. Wir haben uns angeschrien, er hat mir eine gescheuert, dann haben wir uns weitergestritten und er hat mich gegen die Wand gestoßen. Danach bin ich einfach abgehauen. Warum versteht er nicht, dass ich ihm nur helfen will?" "Hast du ihm inzwischen gesagt, dass du ihn liebst?" "Nein, aber darum geht es doch auch gar nicht!" "Vielleicht würde er dir dann eher glauben, dass du es gut mit ihm meinst. Liebe ist die passende Begründung für Vieles." "Mag ja sein, aber er soll gefälligst nüchtern sein, wenn ich mit ihm über meine Gefühle rede." Kouki seufzte. Auch er machte sich Sorgen um ihren Drummer, aber sobald man das Thema Alkohol in seiner Gegenwart auch nur erwähnte, rastete er aus. "Ich weiß auch nicht, was wir tun sollen. Wie kommst du darauf, dass ich dir helfen kann?" Ayame räusperte sich. "Falls ich mal etwas dazu sagen dürfte, ich kenne diesen Minase zwar nicht, aber es muss irgendeinen Grund haben, dass er trinkt. Es heißt ja auch, dass Liebe alle Wunden heilt. Vielleicht solltest du ihn einfach mehr oder weniger überfallen." "Vielleicht. Aber jetzt seid ihr mal dran, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern." Hikaru hatte offenbar keine Lust mehr, weiter über sein Problem zu reden. "Was willst du wissen?", fragte Kouki ihn lächelnd. "Seid ihr zusammen?" Kouki sah Ayame einen Moment lang an. "Hai. So wie es jetzt aussieht." "Wie lange?" "Was 'Wie lange'?" "Wie lange kennt ihr euch? Woher kennt ihr euch? Wie lange seid ihr zusammen?" "Seit gestern, ich hätte ihn beinahe überfahren, weil er sich vor meinem Auto auf die Straße gesetzt hat, jetzt seit vielleicht zwei Stunden." "Oh." Hikaru räusperte sich. "Dann will ich nicht stören." Schnell trank er seinen Kaffee aus und ging. Kapitel 3: Trí -------------- Und das letzte Chapter.. Es ist kurz, eher sowas wie ein Epilog. Bedenkt man, dass das hier eigentlich ein One-Shot werden sollte, ist es relativ lang. ö.ö Nun gut. Auf jeden Fall ist mit diesem wunderbaren Kapitel(chen) dieser erste Teil der Reihe abgeschlossen. Der zweite ist in Arbeit und hat den Nebentitel 'Breaking the rules'. Mehr zu meiner Planung steht in meinem Steckbrief.^^ Ich hoffe, ich habe einige neue Leser gefunden, und kann auch für die weiteren Teile dieser Reihe begeistern. Hikari _________________________________________________________________________________ Seit zwei Wochen war Ayame jetzt bei Kouki. Ja, sie waren zusammen und genossen jeden Moment, den sie gemeinsam verbringen konnten. Ayame war einmal mit Kouki in die Stadt gefahren und hatte ihm seine Wohnung gezeigt und ein paar Sachen geholt. Auch hatte er Sono, seinen besten Freund, besucht und dem Rest der 'Clique' ausrichten lassen, dass es ihm gut ging. Bei Sono hatte er Koukis Festnetznummer als Kontaktierungsmöglichkeit hinterlegt. Danach hatte er noch darauf bestanden, seine Stammbar aufzusuchen. Böser Fehler. Schon vor der Tür begann er zu zittern und griff nach Koukis Hand. Beschützend nahm dieser ihn in den Arm. "Niemand wird dir etwas tun", flüsterte der Ältere ihm zu. Kurz danach waren sie wieder zu Kouki gefahren. Jetzt hatten sie es sich wie so oft auf dem Sofa gemütlich gemacht und saßen schweigend da. Ayame sah schon die ganze Zeit auf seine Hände und überlegte, wie er das Thema ansprechen könnte. "Koibito, was ist los?", seufzte Kouki nach einer Weile gespielt verzweifelt. "Ich... Es geht um... Ach, vergiss es einfach", nuschelte er und lehnte sich an den Größeren. "Du möchtest irgendwas, und wenn ich nicht weiß, was, kann ich dir auch nicht weiterhelfen. Jetzt sag schon." Mit einer schnellen, fließenden Bewegung drehte er sich um und drückte seinen Freund aufs Sofa. Schüchtern stahl er dem Älteren einen Kuss. "Ich will dich." "Koi, du hast mich doch schon." Kouki war offensichtlich verwirrt. Seufzend küsste Ayame ihn, allerdings ohne auch nur ein Anzeichen von Schüchternheit. Spielerisch forderte er ihn zu einem Kampf heraus, der mit der Zeit immer leidenschaftlicher wurde. Ein Keuchen entkam Kouki, als Ayames Hand sich unter sein Shirt verirrte. Augenblicklich wurde ihm bewusst, was der Kleinere wollte. Sanft löste er den Kuss und sah seinen Freund abschätzend an. "Und du bist ganz sicher, dass du das jetzt schon möchtest?", fragte er noch leise nach. "Hai, bin ich. Ich liebe dich und ich vertraue dir. Warum nicht auch noch den letzten Schritt gehen?", flüsterte Ayame zurück. Was sprach eigentlich dagegen? Ayame hatte die Initiative ergriffen, also war doch alles in Ordnung, oder nicht? Schnell drehte Kouki sie herum, stand auf und hob den anderen hoch. Dann ging er mit dem Kleineren in sein - beziehungsweise mittlerweile ihr gemeinsames - Schlafzimmer und legte ihn auf das Bett. Liebevoll strich er dem Jüngeren über den Kopf und küsste ihn auf die Stirn. "Kouki", sprach Ayame ihn mit noch leicht geröteten Wangen an. "Hai." "Zwei Dinge. Erstens können wir das gern mal wiederholen. Und zweitens..." Er räusperte sich. "Aishiteru." Lächelnd küsste Kouki ihn. "Aishiteru mo." Nach einem Blick auf die Uhr setzte er hinzu: "Versuch jetzt am Besten zu schlafen, es ist schon spät. Oder früh, je nachdem." Schüchtern küsste Ayame ihn nocheinmal und legte dann seinen Kopf auf dessen Brust. Glücklich vor sich hin lächelnd schlief er ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)