Schwarz, wie die Hoffnung von MarySae (- Wenn es nichts mehr gibt, was dich auffängt - [leichtes NamiXRuffy]) ================================================================================ Kapitel 17: Das Meer vergisst nicht ----------------------------------- Kapitel 17 – Das Meer vergisst nicht Ihr Schrei legte sich wie eine unsichtbare Glocke über das Schlachtfeld und drückte schwer auf die wenigen Anwesenden. „Er ist mein Vater… Ich bin zur Diebin geboren! Ich kann nicht anders, als zu stehlen… Ich bin keine Piratin! Nur eine dreckige Diebin und Mörderin!“ Tränen wallten in ihren Augen hoch, als sie mit leiser Stimme ihr Leid klagte. Sie empfand einen brennenden Hass auf sich selbst, als ihr das Ausmaß ihrer Worte erneut bewusst wurde. Wie sollte sie damit ihren Freunden gegenübertreten? Ruffy wandte sich um und starrte sie wie gebannt an. Zahlreiche Gefühle wechselten durch seine Gedanken, bis er endlich verstand. Endlich wusste er, was sie so bedrückte! Endlich hatte sie keine Geheimnisse mehr vor ihm! Ein unendlich glückliches Lächeln erschien auf seinem zerkratzten Gesicht. Er fühlte sich in diesem Moment so wohl, wie schon lange nicht mehr. Es gab keinen finsteren Gedanken mehr in ihm. Nur noch dieser eine Lichtblick. Nur noch seine Nami. Er ging noch einige Schritte auf sie zu, doch Nami wich zurück. Fast schon so etwas wie Angst und Enttäuschung funkelte in ihren weit aufgerissenen Augen. „Na und?“ Diese zwei Worte standen zwischen den alten Freunden, die sich nun tief in die Augen starrten. „Was heißt hier „na und“? Hast du mir überhaupt zugehört?“, schrie Nami den Schwarzhaarigen an, als sie sich wieder etwas gefangen hatte. „Es ist doch absolut egal, wer dein Vater ist! Das ändert doch nichts an der Person, die du bist!“, lächelte er. Erneut zuckte Nami zusammen. Auch sie hatte diesen Gedanken bereits gehabt, ihn aber immer für Unsinn gehalten, doch jetzt… Wenn diese Worte aus seinem Mund kamen, klangen sie auf einmal so logisch. So glaubhaft. So… richtig. „Mein Vater ist der meistgesuchte Mann der Welt! Und mich stört das auch nicht!“ Sein Lachen klang so glücklich, so befreit, wie es sonst kein Mensch es jemals sein konnte. „Es reicht. Es reicht ein für alle Mal! Ich werde euch unangespitzt in den Boden rammen! Euch alle!“ Die Stimme des Schwarzen Panthers ertönte, als er sich triefend nass aus dem Meer erhob. Seine dunklen Augen glänzten vor Mordlust. „Versuch es doch!“, gab Ruffy zurück, der sich von Nami abwandte. Endlich wusste er, was sie bedrückte und auch, wenn es ihm egal war, wie der Kerl zu seiner Navigatorin stand, wusste er doch, wie sehr es sie mitnehmen musste. „Nami, ich werde dir zeigen, wo du wirklich hingehörst. Jemand, der dich so unglücklich macht, hat es nicht verdient sich dein Vater zu nennen!“ Namis Körper gefror, als sich der Schwarzhaarige wieder auf den Diebesboss warf. Nach nur wenigen Schlägen, hatte er Ruffy wieder erwischt, was ihn erneut in Namis Richtung lenkte. „Ruffy! Du hast alleine keine Chance!“, schrie sie ihm zu, doch er bremste seinen Flug aus, in dem er sich in den weichen Sand krallte. Ein Anflug eines Lächelns machte sich auf seinem Gesicht breit. „Ich kämpfe ja auch nicht alleine!“, stieß er hervor, ehe seine Worte in einen Angriffsschrei übergingen. Nami schaltete schnell. Sie wusste, was er meinte. W e n er meinte. Und dennoch verstand sie nicht warum. Hatte sie ihm nicht gerade gesagt, dass sie sich nicht gegen ihren eigenen Vater stellen konnte? Er war ihr eigenes Fleisch und Blut! Konnte sie das wirklich so einfach ignorieren? Ihn verraten? Auch wenn er ihren eigenen Tod scheinbar billigend in Kauf nahm. Ihr Kopf drohte zu zerplatzen, ehe sie ein merkwürdiges Gewicht in ihren Händen spürte. Ihr Klimataktstock. Wo kam der denn her? Sie schüttelte angestrengt ihren Kopf. „Aber was soll ich denn machen? Er ist mein Vater! Er muss es sein! Er weiß Dinge über mich, die kein anderer wissen kann!“, meinte Nami. Man hörte ganz deutlich, dass sie ihre eigenen Worte nicht mehr zu glauben schien. „Nein, das ist er nicht.“ Die Anwesenden erschraken bei der fremden Stimme und wandten sich in die Richtung, als der sie gekommen war. Mehrere Gestalten schälten sich aus dem Dunkel des Waldes heraus. Allen stockte der Atem, als sie die Mitglieder der Strohhutbande erkannten. Sanji führte die Gruppe an. Ein kleines Buch in seiner Hand. Namis Augen weiteten sich, als sie ihre alten Freunde erkannte. Sie waren verletzt, dass konnte sie sehen, aber sie waren am Leben. Sie waren alle gekommen. Doch noch mehr verdutzte sie die Aussage, die von Sanji gekommen war. „Was?“ Er hob das kleine Buch in die Luft und Namis Herz machte einen Aussetzer, nachdem sie das so vertraute Papier betrachtete. „Dein Tagebuch, Nami-swan. Wir haben es auf dem Schiff dieser Typen gefunden. Besser gesagt in der Kapitäns-Kajüte.“ Die Wucht von Sanjis Worten übermannte sie. Alles prasselte plötzlich auf sie herein. Es ergab alles Sinn! Daher wusste er so viel über sie! Ihre geheimsten Wünsche und Gedanken, die nicht einmal ein Vater wissen konnte! Und natürlich hatte sie mehr als einmal die Geschichte ihrer Ankunft bei Bellemere erwähnt. „Das heißt, er… ist nicht mein Vater?“ Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Es war nicht mehr als ein Flüstern, was aus ihrer Kehle entwischte. „Das… können wir so nicht sagen, Fräulein Navigatorin.“ Robins ruhige Stimme mischte sich in das Gespräch. „Aber alles was er über dich weiß, alles, was er je gesagt hat, weiß er aus deinem Tagebuch.“ Kraftlos ließ sie ihre Arme sinken. Sie hatte vermutet, dass ihre Gedanken durch ihren Kopf rasen würden, so, wie sie es die letzte Zeit immer getan haben, aber zu ihrem Entsetzen, war das nicht der Fall. Wie in Zeitlupe sortierten sich alle Fakten und Vermutungen, die sie in letzter Zeit gehört hatte. Alles lag vor ihr; in erschreckender Deutlichkeit. Dieser Typ war vielleicht gar nicht ihr Vater. Wahrscheinlich war alles nur gespielt. Alles gelogen. Und dennoch war die Möglichkeit gegeben, dass er es doch war. Sie hatte viele Parallelen zwischen ihr und ihm entdeckt. Doch trotz allem, was sie getan hatte, waren alle gekommen. Alle ihre Freunde, die sie so vermisst hatte. Ruffy kämpfte für sie. Er hatte sie nicht aufgegeben. Nicht einmal nachdem sie ihn so schwer verletzt hatte! Und selbst dieses fremde Mädchen, Misaki, die sie überhaupt nicht kannte, hatte mehr als einmal ihr Leben für Nami riskiert. Es war so einfach, so klar, wo sie hingehörte. Wie hatte sie nur jemals daran zweifeln können? Ihr Blick wanderte zurück zu den beiden Kämpfenden. Sie sah, wie Ruffys Bewegungen plötzlich ganz langsam wurden und er erneut einige Schläge abbekam. Die Navigatorin wusste nicht, woher diese Kräfte kamen, aber es war ihr egal. Es gab da schon lange einen Gedanken, der sie die letzten Wochen nicht losgelassen hat. „Ruffy!“ Ihr Schrei hallte über den langen Sandstrand, als sie mit ihrem Klimataktstock eine große Gewitterwolke entstehen ließ, die sich in einem kräftigen Schlag entlud. Genau auf den Schwarzen Panther. Sein Schlag ging ins Leere und sein spitzer Schmerzensschrei erfüllte die Luft. Sie hatte also Recht gehabt. Mit einem gekonnten Sprung landete der Schwarzhaarige neben der Navigatorin. „Nami!“, sagte er mit einem Grinsen auf den Lippen, ehe seine Beine unter ihm nachgaben und er sich mit einem Knie im Sand abstützen musste. Der Orangehaarigen zerriss es beinahe das Herz. „Er kann sich nur auf einen konzentrieren! Er kann nur eine Person verlangsamen! Nicht mehrere!“, erläuterte sie ihre Entdeckung und half dem Schwarzhaarigen dabei, sich wieder aufzurichten. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir ihn zusammen angreifen!“ „Klingt nach einem Plan.“, meinte er mit einem Grinsen und wandte sich dem vor Wut kochenden Diebesboss zu. „Ich vertraue dir und habe nie damit aufgehört.“ Namis Augen weiteten sich. Mit jeder Sekunde wurde ihr mehr bewusst, wie dämlich sie sich verhalten hatte. Wie sehr sie ihren Freunden wehgetan hatte… Und das nicht nur körperlich. Sie hatte ihnen nicht vertraut. Schon wieder nicht. Hatte alles in sich hinein gefressen und gedacht, dass ihr eh keiner helfen kann. Sie war egoistisch und dumm. Sie hatte solche Freunde überhaupt nicht verdient. Mit einem wilden Schrei eröffnete Ruffy die letzte Runde dieses Kampfes und hielt mit seiner Faust direkt auf den Schwarzen Panther zu. Nami folgte ihm in einigem Abstand. Ihr war klar, was der Schwarzhaarige vor hatte und sie würde ihm folgen. Egal wohin. Als Nami näher kam, bemerkte sie die merkwürdige Kraft des Diebes. Die Luft um Ruffy schien zu flimmern und seine Bewegungen verlangsamten sich augenblicklich. Das war ihre Chance. Die Navigatorin erschuf eine große Gewitterwolke direkt hinter ihrem Feind und ließ einen starken Blitz auf ihn herab fahren. Ein grelles Licht erfüllte den Strand und der Schrei des Mannes jagte hinterher. Ruffy, der jetzt wieder seine normale Geschwindigkeit hatte, ließ sein Gum-Gum-Gattling auf ihn einprasseln und beförderte den Dieb damit über den Strand, bis er mit einem lauten Knall in einem großen Felsbrocken landete. Ein leises Lachen kam von dem Schwarzhaarigen. „Das funktioniert ja wirklich.“, kicherte er und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor. „Er wird müde. Dein Kampf gegen dich scheint doch seine Spuren hinterlassen zu haben“, sagte Nami, als sie sich neben den Schwarzhaarigen gesellte. Dieser lachte. So frei und glücklich. Die Navigatorin hatte nie gedacht, dieses Lachen noch einmal hören zu können. „Ihr miesen Ratten!“ Seine Stimme schwappte ihnen bedrohlich entgegen, als er sich aus dem Fels schälte. Zahlreiche Schnittwunden zierten seinen Oberkörper. Von seiner schlichten, schwarzen Kleidung war nicht mehr viel zu sehen. Sein Körper hatte echten Schaden erlitten. „Nami, wie konntest du nur deinen eigenen Vater verraten?“ Nami kniff die Augen zusammen. Sie ignorierte den kleinen Stich, den diese Worte in ihr Herz rammten, bevor sie ihren Blick wieder auf ihren Vater richtete. „Ich habe keinen Vater. Nur eine Mutter. Bellemere wird immer mein einziges Elternteil sein. Ich brauche keinen Vater, dem es die letzten 20 Jahre egal war, was mit mir passiert ist. Es ist mir egal, ob du die Wahrheit sagst, oder nicht. Ich war so dumm überhaupt darauf reinzufallen. Ich habe alles, was ich mir je erträumt hatte. Und beinahe hätte ich alles ruiniert.“ Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, den sie versuchte herunterzuschlucken. Sie hatte einen großen Fehler gemacht und den würde sie nie wieder gutmachen können. Doch sie würde nicht aufhören, es zu versuchen. „Es reicht jetzt!“ Ein weiterer Blitz jagte über die Insel, der sein Ziel jedoch verfehlte. Ihr Körper fühlte sich an, als sei er in Watte gepackt. Als umgäbe sie eine schwere Decke, die ihre Bewegungen verlangsamte. Das war das erste Mal, dass sie diese Kräfte am eigenen Leib spürte. Doch bevor sie das Gefühl richtig fassen konnte, verschwand es plötzlich wieder. Verwirrt musterte Nami die Szene und bemerkte, wie sich der Diebesboss wieder vom Boden aufrappelte und sich die verletze Wange hielt. Sie hatte Ruffys Attacke nicht einmal kommen sehen. „Du hast meinen Freunden wehgetan. Dafür wirst du jetzt bezahlen.“ Ein starker Wind fegte plötzlich über die Insel und heiße Dampfschwaden strömten von dem jungen Mann aus. Nami wusste, was jetzt kam und trat automatisch einen Schritt zurück. Ruffy biss sich in seinen Daumen und ließ seine Faust auf gigantische Ausmaße anschwellen. „Gum-Gum-Gigant-Pistol!“ Ruffys Schrei erschien unnatürlich laut in ihren Ohren, als sie Monster-Faust auf den Schwarzen Panther zuraste. Die Orangehaarige bemerkte noch, wie dieser verzweifelt versuchte seine Technik anzuwenden, doch gegen das Ausmaß dieses Angriffs hatte er keine Chance. Ein kurzer Aufschrei, das Krachen mehrerer umstürzender Bäume und dann Stille. Ein leiser Aufschlag neben Nami ließ sie ihren Blick von der Schneise der Verwüstung abwenden und sah auf den kleinen Ruffy herunter, der sich auf dem Rücken liegend im warmen Sand ausruhte. Obwohl er schwer atmete, zierte ein breites Lächeln sein Gesicht. „Ha! Gewonnen!“, quietschte er mit zu hoher Stimme, worauf auch Nami lächeln musste. „Ja.“ „Nicht schlecht, Ruffy.“ Zorros Stimme erschreckte die beiden. Ihre Freunde waren zu ihnen gestoßen, ein Lächeln im Gesicht. „Und dabei sehe ich noch besser aus, als du“, lachte der inzwischen wieder groß gewordene Kapitän und zeigte auf die vielen Schnittwunden, die der Schwertkämpfer davon getragen hatte. „Das bezweifle ich“, gab dieser zurück und musterte den angeschlagenen Körper seines Kapitäns. Ebenfalls grinsend. „Das war es jetzt aber, oder?“ Ruffy schrecke auf, kam wackelig auf die Beine und blickte zwischen seinen Freunden hindurch, als Chopper sich durch die Reihen schob, dich gefolgt von ihrem Gast. „Misaki!“, grüßte er die Rothaarige freundlich, die ihm entgegenlächelte. „Bist du ok?“ „Klar. Das ist nichts, was ich nicht überleben könnte.“ Sie grinste. „Mach dir keine Sorgen, Ruffy! Sie ist nicht schwer verletzt“, gab nun auch Chopper seine professionelle Meinung dazu, was den Schwarzhaarigen sichtlich entspannte. „Ein Glück!“ Eine leichte Röte erschien auf Misakis Gesicht, ehe sie sich von dem Piratenkapitän abwandte und zu Nami herüber sah. „Wir kennen uns ja noch gar nicht“, grinste sie und streckte der Orangehaarigen ihre Hand zum Gruß entgegen. „Ich heiße Misaki und freue mich, dich kennen zu lernen. Da der Strohhut mein Boot versenkt hat, bin ich gerade als Gast auf eurem Schiff dabei.“ Nami zögerte einen Moment, brachte dann aber ein breites Grinsen zustande und nahm die Hand der Rothaarigen. „Ich bin Nami und die Navigatorin auf der Sunny. Und Sorry, wegen deinem Boot. So etwas macht er leider öfter.“ „Ja, das glaube ich dir sogar.“ Der ganzen Crew schlich sich ein Lächeln auf ihre Gesichter und selbst Ruffy, der sich verlegen am Kopf kratze, lachte ausgiebig. „Dann bleibt nur noch die Frage, was wir mit den Amuletten machen.“ Robins Worte zogen die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. „Jetzt haben wir ja alle Vier! Yohohoho!“, bemerkte Brook und Robin nickte ihm zu. „Nami, weißt du etwas darüber?“ Diese zuckte nur mit den Schultern. „Nicht wirklich. Er hat mir nie viel darüber verraten. Er hat nur immer was von einer Karte gefaselt.“ „Eine Karte?“, wiederholte Misaki und zog ihre rote Kette unter ihrer Kleidung hervor. Gebannt blickten alle auf den Edelstein, doch niemandem schien etwas daran aufzufallen. „Vielleicht ist nicht der Stein selbst die Karte…“, überlegte Robin laut. „Vielleicht gibt es noch etwas anderes, was dafür benötigt wird.“ „Wir sollten uns den Kerl mal genauer ansehen. Wahrscheinlich war er so siegessicher, dass er die anderen Steine sogar dabei hat.“, schlug Sanji vor und sie gingen hinüber zu der Stelle, an der der Schwarze Panther bewusstlos auf dem Waldboden lag. Gesicht sah ziemlich anders aus, als noch vor einigen Minuten. Man konnte kaum glauben, dass das immer noch derselbe Mensch war. Sanji durchwühlte die Taschen des Mannes und zog einen Beutel heraus, den er Misaki überreichte. Als diese die Schnüre öffnete und den Inhalt in ihre Handfläche schüttete, funkelten ihr drei weitere Edelsteine entgegen. Sie hatten dieselbe Form, wie ihr eigenes Schmückstück und es schien dieselbe Intensität in ihnen zu brennen. „Cyan, gelb und schwarz.“, meinte sie leise, nahm ihre eigene Kette ab und legte diesen Stein inmitten der anderen. Plötzlich keuchte sie auf, was den anderen einen ziemlichen Schrecken einjagte. „Misaki? Alles okay?“, fragte Chopper leise, doch die Rothaarige antwortete nicht. Gehetzt blickte sie sich um, ehe sie ohne ein Wort zu sagen zurück in die Richtung des Strandes lief. Die Strohhutbande folgte ihr sofort und als sie sie fanden, saß sie im weißen Sand und blickte gen Boden. „Misaki, was…?“, setzte Ruffy an, doch Robin unterbrach ihn. „Nicht schlecht. Ich bin beeindruckt.“ Die Schwarzhaarige lächelte, als sie auf die Entdeckung der Rothaarigen hinab sah. Ein verwundertes Staunen lag in der Luft. „Die Steine zeigen die Karte erst, wenn sie alle beieinander sind. Man muss sie nur auf eine glatte Oberfläche legen“, erklärte sie und betrachtete die wilden Linien, die plötzlich auf den vier Steinen zu sehen waren. „’Das Unhörbare wird Hörbar. Wissen ist die größte Macht. Leid und Freude liegen nah beieinander.’“ Sie alle starrten auf die kleinen Wörter, die Misaki gerade vorgelesen hatte. „Denke nur ich so, oder klingt das nicht gerade freundlich?“ Franky kratzte sich fragend am Kopf. „Es klingt nach einer Menge Arbeit für uns.“, kommentierte Zorro. „Kein Wunder, dass der Kerl das haben wollte. Das klingt, als ob man viel Schaden damit anrichten kann.“ Lysopp zog sich seine Mütze zurecht. Wieder wandten sie ihren Blick den merkwürdigen Linien zu, die sich wie ein Spinnennetz über die Oberfläche der vier Steine zogen. Niemand schien so recht schlau daraus zu werden. „Das heißt, wir müssen nur dieser Karte folgen, um diesen merkwürdigen Schatz zu finden?“ Choppers leise Stimme war eine Oktave höher als normal, was seine Angst vor der Antwort auf seine Frage verriet. „Aber was machen wir damit? Das Ding könnte ziemlich gefährlich werden, wenn es der Falsche in die Hände bekommt.“ Frankys Einwand brachte einen fragenden Ausdruck auf die Gesichter seiner Freunde. Niemand schien so recht eine Antwort darauf zu haben. „Ich mach das.“ Es dauerte einige Sekunden, ehe die Bedeutung der Worte zu jedem durchgedrungen war. Sie blickten auf und sahen der breit lächelnden Misaki entgegen, die sich von dem sandigen Boden erhoben hatte und gerade die letzen Körnchen von ihrer Kleidung wischte. „Was meinst du damit?“, fragte Brook. „Ich werde diesen Schatz suchen und dafür sorgen, dass er niemals jemandem in die Hände fällt. Meine Familie war im Besitz eines der Schlüssel, was bedeutet, dass sie schon seit langer Zeit dieses Geheimnis hüteten. Also werde ich herausfinden, was es damit auf sich hat.“ Sie grinste breiter. „Ich werde das fortführen, was meine Eltern mir anvertraut haben.“ „Dann… trennen sich also unsere Wege?“, fasste Robin die Situation zusammen. „Ja.“ „Du sollst aber meiner Crew beitreten!“, meinte Ruffy aufgebracht und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Ich habe bereits abgelehnt, Ruffy.“ Die Rothaarige lächelte. „Ich bin keine Piratin und war nie eine. Ich bin da in etwas hineingeraten, dem ich nicht gewachsen war und was ich beinahe mit dem Leben bezahlt hätte.“ Sie dachte an die riesige Narbe, die ihren Rücken zierte und ein kalter Schauer rann über ihren Körper. „Und dieses Mal war es auch nicht anders. Ich bin keine Kämpferin. So, wie ich es ursprünglich geplant hatte, werde ich mich zurückziehen.“ „Misaki…“ Namis leise geflüstertes Wort, ließ die Rothaarige aufsehen. „Ich habe dir gesagt, ich habe deinen Platz nicht angerührt. Das hatte ich nie vor. Ich werde gehen. Auf der Lola-Lola-Insel leben ein paar Bekannte von mir. Dort werde ich mich auf meine Reise vorbereiten. Und ein neues Boot werde ich da wohl auch bekommen. Das ist es, was ich schon so lange gesucht habe: Eine Aufgabe.“ Auch, wenn sie versuchten es zu verbergen, Misaki konnte es ganz deutlich sehen: den Hauch von Traurigkeit in ihren Augen. Sie lächelte. „Jetzt macht nicht solche Gesichter! Das ist das Beste, was mir je passiert ist! Endlich hat mein Leben wieder einen Sinn! Und da ihr mir ja versprochen habt, mich zu der Insel zu bringen, haben wir auch noch ein paar Tage, an denen wir etwas zusammen unternehmen können!“ Sie sah jedem kurz in die Augen, ehe sie fort fuhr. „Und außerdem habe ich eine Sache gelernt: Man sieht sich immer zweimal im Leben!“ ***** Das Gefühl, einen schlimmen Fehler begangen zu haben, lässt einen nie wieder los. Die Gewissheit, etwas zerstört zu haben, ist wie ein unübersehbarer Schatten Teil der Gedanken. Und die Tatsache, dass einem der Fehler verziehen wurde, macht diesen Schatten manchmal nur noch größer. Aber das ist etwas, mit dem man leben kann. Man leben muss. Zum Wohl derer, die man verletzt hat. Das mit dem Glücklich sein ist so eine Sache. Die, die man liebt, sollen glücklich sein, egal, was es kostet. Und doch funktioniert das so nicht. Wenn man sein eigenes Glück für das seiner Freunde opfert, stützt das beide Seiten ins Verderben. Echte Freunde sind nur glücklich, solange man selber glücklich ist. Es ist schwer den richtigen Weg zu gehen. Immer nach vorne zu sehen. An die Zukunft zu glauben und seine Träume nicht zu vergessen. Und dennoch gibt es immer wieder Menschen, die einem zeigen, wie wichtig genau das ist. Die einem sagen, man soll nicht aufgeben. Die letzten vier Tage waren wie im Flug vergangen. Sie hatten es nicht eilig gehabt und trotzdem war die Sunny nur so über das Meer geflogen. Und jetzt standen sie dort. In einem kleinen Hafen der Lola-Lola-Insel. Sie waren bereit zum Aufbruch. Die Segel waren gehisst. Neue Abenteuer warteten bereits. Aber es gab etwas, was sie zurück hielt. Vor ihnen stand ein junges Mädchen, dessen rote Haare wie Feuer im Licht der strahlenden Sonne leuchteten. Ein breites Grinsen zierte ihr Gesicht, auch wenn jedem der kleine Schatten in ihren Augen aufgefallen war. Es war ein Abschied. Wahrscheinlich für immer. Und auch, wenn jeder wusste, dass es das Beste für alle war, gab es einen kleinen Platz in ihren Herzen, der sich dagegen wehrte. „Ihr müsst los, bevor die Marine hier noch auftaucht.“ Ihre leisen Worte, die nur für ihre Freunde bestimmt war, gingen beinahe in dem Rauschen des Meeres und des Windes unter. „Danke, Misaki. Für alles.“ Nami war die erste, die ihre Stimme wieder fand. Tränen brannten in ihren Augen, denn obwohl sie sich kaum kannten, wusste sie, was sie diesem Mädchen zu verdanken hatte. „Es hat wirklich Spaß gemacht“, gab sie nur als Antwort und ihr Lächeln wurde breiter. „Falls du mal wieder Hilfe brauchst, komm einfach vorbei, okay?“ Ruffy lächelte bei seinen Worten. Hingegen seines sonstigen Verhaltens, hatte er Misakis Abfuhr schnell akzeptiert. Auch wenn er es immer wieder probiert hatte, sie umzustimmen, so drängend wie bei Nami oder Franky hatte er es bei ihr nie versucht. „Danke, Ruffy. Ich werde es mir merken, auch wenn ich hoffe, nicht darauf zurückkommen zu müssen.“ Sie blickte in die Runde, der auf dem Steg stehenden Piraten. „Danke auch an euch. Für alles.“ „Misaki-chwaaan! Ich werde dich vermissen.“ Sanji schien sich beinahe die Augen auszuweinen, was die Rothaarige zum Schmunzeln brachte. „Pass auf dich auf!“, meinte Chopper. „Wir sehen uns, Schwester!“, kam es von Franky, der seine Arme in seinem Lieblingsposing in die Luft streckte. „Wenn du stärker geworden bist, lass mich mal gegen dich antreten“, grinste Zorro und sah sie herausfordernd an. „Klar! Aber nicht, dass du das bereust“, gab Misaki als Antwort und grinste verschwörerisch. „Pass gut auf dich auf, Fräulein Misaki.“ Robin legte ihr zum Abschied kurz eine Hand auf die Schultern, ehe sie als erste das Schiff betrat. „Man sieht sich!“, grinste Lysopp und folgte der Archäologin. „Es war mir eine große Freude, dich kennen zu lernen!“, lächelte Brook, bevor er sich verbeugte. Nach und nach verschwanden die Piraten auf dem Schiff, bis nur noch Ruffy und Nami bei der Rothaarigen standen. Nami suchte fieberhaft nach den richtigen Worten, mit denen sie ihren Dank aussprechen konnte, doch der Kloß in ihrem Hals sorgte dafür, dass kein Ton ihre Lippen verließ. „Ich muss dann auch los. Ich habe noch einiges vor!“, lächelte Misaki. „Es war wirklich schön mit euch. Passt aufeinander gut auf, ja?“ „Ich schwöre es dir“, gab Ruffy als Antwort mit einem Ernst in der Stimme, die beide Mädchen aufhorchen ließ. „Das freut mich. Lebt wohl. Und denkt immer daran: Das Meer vergisst keine Freundschaft!“ ***** Das letzte, was sie von der Rothaarigen gesehen hatte, waren ihre feuerroten Haare, die wie eine Flamme um ihr lächelndes Gesicht wallten. Ihr Arm war zum Abschied nach oben gestreckt, als sie die lange Straße hinauf in das Dorf rannte. Nami hob ihren Blick. Still starrte sie den Sternen entgegen. Die Nacht auf See war kalt und doch fühlte sie die niedrigen Temperaturen kaum. Trotz des T-Shirts und der kurzen Hose, welche sie immer noch trug. Das Schiff hatte sich nicht verändert, während sie weg war. Misakis Gästebett war verschwunden und nichts erinnerte noch an den kurzweiligen Gast auf der Thousand Sunny. Und doch spürte die Navigatorin eine Veränderung, die sich einfach nicht leugnen ließ. Aber es lag weder an dem Schiff noch an den anderen: Es lag an ihr. Sie war diejenige, die sich verändert hatte. Sie hatte tatenlos zugesehen, wie Menschen umgebracht wurden. Nur, um einer Macht hinterherzulaufen, die der Welt nur noch mehr Schaden bringen würde. Ihre Freunde hatten ihr vergeben. Sie alle hatten ihre Entschuldigungen angehört und sie ohne zögern angenommen. Sie waren froh, ihre Navigatorin wieder zu haben. Doch sie selbst hatte sich noch lange nicht vergeben. Eine neue Narbe brannte auf ihrem Herzen. Gleich neben der Arlong-Narbe. Doch das war nichts, womit sie nicht leben konnte. Das würde von nun an ein Teil ihrer Selbst sein. Sie konnte nur versuchen ihre Zukunft so zu gestalten, dass die Narben wenigstens nicht mehr schmerzten. „Meine Güte. Seit wann bin ich so verdammt melancholisch? Das ist ja widerlich.“ Ihre Stimme huschte wie ein leises Flüstern über das leere Deck. Die anderen waren bereits im Bett, doch Nami konnte einfach nicht schlafen. Zu viel ging ihr durch den Kopf. Ließ sie einfach nicht in Ruhe. Genau wie die letzten Tage. Schlaf war echt Mangelware. Und jetzt, wo Misaki weg war, war es irgendwie noch schlimmer geworden. „Du solltest wirklich mal schlafen.“ Seine Stimme ließ sie aufschrecken. Ihre Augen suchten nach der dunklen Gestalt, die nur wenige Meter hinter ihr stand. Sein Lächeln entblößte seine strahlend weißen Zähne, die durch das Mondlicht schauderhaft glühten. „Das sagt der Richtige.“, gab sie zurück und wandte sich ab. Nur wenige Augenblicke später saß er bereits neben ihr. „Du hast schon seit Tagen nicht geschlafen. Chopper macht sich echt Sorgen um dich.“ Ein kleines Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. „Es tut mir leid. Es ist viel passiert, was ich selbst erst Mal verdauen muss. Ich habe mich verändert und das ist selbst für mich ziemlich gruselig.“ Gruselig. Das war das richtige Wort. „Ich habe viel Mist gebaut, Ruffy, und ich muss sehen, wie ich damit klar komme.“ Ihre Stimme versagte. Der Kloß blockierte ihre Kehle und sie brachte nur einen lauten Seufzer zustande. Doch, als Ruffy plötzlich anfing zu lachen, sah Nami auf. Ein wenig wütend darüber, dass er bei ihren Worten kicherte. „Weißt du, Misaki ist ein ganz toller Mensch. Sie hat mir mehr als einmal aus der Patsche geholfen. Und vor allem hatte sie mit ihren Worten immer recht. Ich mag ihren Spruch. Das Meer vergisst keine Freundschaft. Daran möchte ich glauben.“ Seine Augen glänzten, als er die Sterne über ihnen beobachtete, und diese sich in seinen Augen spiegelten. Der bloße Anblick ihres besten Freundes ließ die Navigatorin bis ins Innerste entspannen. Den roten Schimmer, der im Moment auf ihrem Gesicht liegen musste, ignorierte sie einfach. „Ich wünschte, ich hätte sie besser kennen lernen können.“ Nami seufzte. „Aber ich bin mir sicher, dass sie ein ganz besonderer Mensch ist.“ „Ja, das ist sie. Immerhin hat sie uns geholfen, dich zurück zu holen.“ „Und dafür werde ich ihr immer dankbar sein.“ Plötzlich legte sich ein Arm um ihre Schultern und zog sie ein wenig zur Seite, bis ihr Körper gegen seinen stieß. Nami verkrampfte sich, als sich der Griff seiner Hand verstärkte. So, als wollte er sie nie wieder los lassen. Die Navigatorin atmete einmal tief durch und lehnte sich an ihren Kapitän. In diesem Moment ging es ihr wieder gut. Ihre Welt war wieder ganz und das nur dadurch, dass Ruffy da war. Er gab ihr mehr, als er ahnte. „Und ich erst.“ Sein Kommentar zu ihrem letzten Satz ließ sie lächeln. Hier war sie Zuhause und das war alles, was zählte. „Das Meer vergisst keine Freundschaft. Wir werden sie bestimmt wiedersehen.“ Die Sterne, die hoch am Himmel funkelten, erhellten die Nacht und ihre tiefen Schatten. Und Nami war sich sicher: Misaki sah in diesem Moment ebenfalls genau diese Sterne über ihr funkeln. Sie teilten nun gemeinsame Erinnerungen und das würde sie für immer miteinander verbinden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)